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634 Buchbesprechungen der im Brackwasser lebenden Organismen. Der Abschnitt Brackwasser-Biotope bringt einige Angaben iiber das Plankton, iiber die Besiedelung von Sand und Schlamm und uber Aufwuchsbildung, die auf Epibiosen bei Tieren und Pflanzen beschriinkt ist. Die Rolle der Mikroorganismen bei der Aufwuchsbildung und die anorganischen Substrate werden nicht behandelt. I n der Beschreibung der Vaucheria-Decken von KOLBE (1927) und des Farb- streifenwatts mit den Zonen der Schwefelpurpurbakterienfindet der Leaer einen der wenigen Hinweise auf das Vorkommen von Mikroorganismen. Eingehender werden Hydrographie und Biologie der schon erwiihnten Brackwasser-Gebiete behandelt. Fur C. SCHLIEPER stehen Fragen der Salinitiitsbereiche, der osmotischen Toleranz und osmotischen Regula- tion, der Beziehungen zwischen Salinitiit und 'Stoffwechsel bei Brackwasser-Organismen, auch mit einzelnen Hinweisen auf das Verhalten von Pilzen (HOHNK)und Bakterien (ZOBELL) im Mittelpunkt. Fur den Mikrobiologen hat die ,,Brackwasser-Biologie" den Wert einer allgemeinen Einfuhrung in das Besondere der Standortbedingungen. Sucht er mehr, so mu8 er sich an die Spezialliteratur in den Zeitschriften fur Limnologie und marine Bio- logie halten. - Die Literatur ist bis etwa 1968, vereinzelt bis 1970 erfal3t. W. SCHWARTZ (Braunschweig-Stockheim) P. F. SMITH, The Biology of Mycoplasmas. 257 S., 68 Abb., 24 Tab. New York-London 1971 : Academic Press. $ 14.50. Wiihrend der vergangenen 60 Jahre hat die wissenschaftliche Bearbeitung der unter dem Namen Mycoplasmen zusammengefaDten Organismen sttindig zugenommen. Sie sind aln Ursache verschiedener Krankheiten bei Mensch, Tier und Pflanze erkannt worden. Auf Grund ihrer geringen GroBe und des Fehlens einer Zellwand stellen sie ein Modellsystem besonderer Art dar, das zur Untersuchung molekularbiologischer Probleme, besonders der Membranforschung, grode Bedeutung erlangt hat. Das vorliegende Buch nimmt im Schrift- tum iiber die Mycoplasmen eine Sonderstellung ein, da hier aus der Sicht des Autors, der seit iiber 20 Jahren mit groI3em Erfolg die Biologie und Biochemie dieser Organismen untersucht hat, eine Gesamtdarstellung gegeben wird. In 6 Kapiteln werden die Geschichte der Mycoplasmenforschung, die systematische Stel- lung und Abgrenzung zu den bakteriellen L-Formen, die Morphologie, Ultrastruktur, Biochemie, Physiologie, Immunologie sowie die Wirt-Parasit-Beziehungen der pathogenen Arten behandelt. Dabei liegen die Schwerpunkte auf den verschiedenen Erniihrungs- und Stoffwechseltypen und den strukturellen und biochemischen Eigenschaften der Membran. Der Verfasser stellt ein eigenes Modell zur Diskussion, nach dem die Mycoplasmenmembran eine aus Iamelliiren und korpuskuliiren Komponenten bestehende Mosaikstruktur darstellt. Im letzten Kapitel wird ein Ausblick auf die Bedeutung dieser kleinsten Organismen fur die Aufkliirung grundlegender biochemischer und genetischer Prozesse und ihre mogliche Be- teiligung an Krankheiten unbekannter Atiologie (z. B. auch der Arteriosklerose) gegeben. Die weitgehende Gliederung des Stoffes ermoglicht eine schnelle und spezifische Infor- mation. Die ausfuhrlichen Literaturangaben am Ende jedes Kapitels (insgesamt 23 Seiten) machen das Buch zu einem ausgezeichneten Nachschlagewerk. Auf methodische Einzel- heiten wird nur selten eingegangen. Das vorliegende Buch ist als zusammenfassende Darstellung des heutigen Wissens uber die Mycoplasmen gleichermaDen wichtig fur alle naturwissenschaftlichen und medizinischen Mikrobiologen und molekularbiologisch arbeitenden Biochemiker und Biophysiker, die sich mit diesen Organismen befassen. J. GUMPERT (Jena) N. V. TIMOFEEFF-RESSOVSKY, V. I. IVANOV und V. J. KOROQODIN, Die Anwendung des Trefferprinzips in der Strahlenbiologie. 196 S., 60 Abb., 16 Tab. Jena 1972: VEB Gustav Fischer M 29,50 Die Wirkungen energiereicher Strahlen auf Organismen sind durch ihr ,,statistisches" Auftreten, d. h. bei meist nur einem Bruchteil der bestrahlten Zellen, charakterisiert. Diese uneinheitlich-zufiillige Reaktionsweise kann dadurch erkliirt werden, daD die beob- achtbare Reaktion einer Zelle, z. B. Totung oder Mutation, eingeleitet wird durch den ,,zu- fiilligen" Treffer eines (oder weniger) Strahlungsquants, einer Ionisation oder Gruppe von solchen in einem empfindlichen Bereich der Zelle von submikroskopischer GroDe, z. B. in einem Chromosomensegment, einem Gen oder einer anderen in nur einem (oder wenigen) Exemplar(en) in der Zelle vorhandenen lebenswichtigen Struktur. Diese Treffertheorie ergibt quantitativ formulierbare Zusammenhiinge zwischen Strahlendosis und Effekthiiufigkeit

N. V. Timofeeff-Ressovsky, V. I. Ivanov und V. J. Korogodin. Die Anwendung des Trefferprinzips in der Strahlenbiologie. 196 S., 60 Abb., 16 Tab. Jena 1972: VEB Gustav Fischer M 29,50

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634 Buchbesprechungen

der im Brackwasser lebenden Organismen. Der Abschnitt Brackwasser-Biotope bringt einige Angaben iiber das Plankton, iiber die Besiedelung von Sand und Schlamm und uber Aufwuchsbildung, die auf Epibiosen bei Tieren und Pflanzen beschriinkt ist. Die Rolle der Mikroorganismen bei der Aufwuchsbildung und die anorganischen Substrate werden nicht behandelt. I n der Beschreibung der Vaucheria-Decken von KOLBE (1927) und des Farb- streifenwatts mit den Zonen der Schwefelpurpurbakterien findet der Leaer einen der wenigen Hinweise auf das Vorkommen von Mikroorganismen. Eingehender werden Hydrographie und Biologie der schon erwiihnten Brackwasser-Gebiete behandelt. Fur C. SCHLIEPER stehen Fragen der Salinitiitsbereiche, der osmotischen Toleranz und osmotischen Regula- tion, der Beziehungen zwischen Salinitiit und 'Stoffwechsel bei Brackwasser-Organismen, auch mit einzelnen Hinweisen auf das Verhalten von Pilzen (HOHNK) und Bakterien (ZOBELL) im Mittelpunkt. Fur den Mikrobiologen hat die ,,Brackwasser-Biologie" den Wert einer allgemeinen Einfuhrung in das Besondere der Standortbedingungen. Sucht er mehr, so mu8 er sich an die Spezialliteratur in den Zeitschriften fur Limnologie und marine Bio- logie halten. - Die Literatur ist bis etwa 1968, vereinzelt bis 1970 erfal3t.

W. SCHWARTZ (Braunschweig-Stockheim)

P. F. SMITH, The Biology of Mycoplasmas. 257 S., 68 Abb., 24 Tab. New York-London 1971 : Academic Press. $ 14.50.

Wiihrend der vergangenen 60 Jahre hat die wissenschaftliche Bearbeitung der unter dem Namen Mycoplasmen zusammengefaDten Organismen sttindig zugenommen. Sie sind aln Ursache verschiedener Krankheiten bei Mensch, Tier und Pflanze erkannt worden. Auf Grund ihrer geringen GroBe und des Fehlens einer Zellwand stellen sie ein Modellsystem besonderer Art dar, das zur Untersuchung molekularbiologischer Probleme, besonders der Membranforschung, grode Bedeutung erlangt hat. Das vorliegende Buch nimmt im Schrift- tum iiber die Mycoplasmen eine Sonderstellung ein, da hier aus der Sicht des Autors, der seit iiber 20 Jahren mit groI3em Erfolg die Biologie und Biochemie dieser Organismen untersucht hat, eine Gesamtdarstellung gegeben wird.

I n 6 Kapiteln werden die Geschichte der Mycoplasmenforschung, die systematische Stel- lung und Abgrenzung zu den bakteriellen L-Formen, die Morphologie, Ultrastruktur, Biochemie, Physiologie, Immunologie sowie die Wirt-Parasit-Beziehungen der pathogenen Arten behandelt. Dabei liegen die Schwerpunkte auf den verschiedenen Erniihrungs- und Stoffwechseltypen und den strukturellen und biochemischen Eigenschaften der Membran. Der Verfasser stellt ein eigenes Modell zur Diskussion, nach dem die Mycoplasmenmembran eine aus Iamelliiren und korpuskuliiren Komponenten bestehende Mosaikstruktur darstellt. I m letzten Kapitel wird ein Ausblick auf die Bedeutung dieser kleinsten Organismen fur die Aufkliirung grundlegender biochemischer und genetischer Prozesse und ihre mogliche Be- teiligung an Krankheiten unbekannter Atiologie (z. B. auch der Arteriosklerose) gegeben.

Die weitgehende Gliederung des Stoffes ermoglicht eine schnelle und spezifische Infor- mation. Die ausfuhrlichen Literaturangaben am Ende jedes Kapitels (insgesamt 23 Seiten) machen das Buch zu einem ausgezeichneten Nachschlagewerk. Auf methodische Einzel- heiten wird nur selten eingegangen.

Das vorliegende Buch ist als zusammenfassende Darstellung des heutigen Wissens uber die Mycoplasmen gleichermaDen wichtig fur alle naturwissenschaftlichen und medizinischen Mikrobiologen und molekularbiologisch arbeitenden Biochemiker und Biophysiker, die sich mit diesen Organismen befassen. J. GUMPERT (Jena)

N. V. TIMOFEEFF-RESSOVSKY, V. I. IVANOV und V. J. KOROQODIN, Die Anwendung des Trefferprinzips in der Strahlenbiologie. 196 S., 60 Abb., 16 Tab. Jena 1972: VEB Gustav Fischer M 29,50

Die Wirkungen energiereicher Strahlen auf Organismen sind durch ihr ,,statistisches" Auftreten, d. h. bei meist nur einem Bruchteil der bestrahlten Zellen, charakterisiert. Diese uneinheitlich-zufiillige Reaktionsweise kann dadurch erkliirt werden, daD die beob- achtbare Reaktion einer Zelle, z. B. Totung oder Mutation, eingeleitet wird durch den ,,zu- fiilligen" Treffer eines (oder weniger) Strahlungsquants, einer Ionisation oder Gruppe von solchen in einem empfindlichen Bereich der Zelle von submikroskopischer GroDe, z. B. in einem Chromosomensegment, einem Gen oder einer anderen in nur einem (oder wenigen) Exemplar(en) in der Zelle vorhandenen lebenswichtigen Struktur. Diese Treffertheorie ergibt quantitativ formulierbare Zusammenhiinge zwischen Strahlendosis und Effekthiiufigkeit

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und erlaubt aus beobachteten Kurven Aussagen iiber GroBe, Zahl und Art der zu treffenden Bereiche zu machen. TIMOFEEFF-RESSOVSKY gehort zu der Genetikergruppe, die in den dreiBiger Jahren erstmalig diese Theorie auf Mutationsvorgiinge anwandte und die mole- kulartige Beschaffenheit von Genen daraus ableitete. Nach einer Periode ablehnender Kritik, die zumeist auf MiBinterpretation der Theorie beruhte, ist die Treffertheorie heute ein wichtiges Model1 und Hilfsmittel der Erklarung biologischer Strahleneffekte geworden. Ihre zuniichst abstrakt-formellen Erkenntnisse sind inzwischen, wenigstens z. T., durch konkrete Aussagen iiber die chemische Natur der Treffbereiche nnd der darin und von da aus stattfindenden Reaktionen ergiinzt worden. Die Autoren behandeln diese Konkreti- sierungen jedoch nicht naher, sondern konzentrieren sich auf die mehr formalen Analysen mit Hilfe der Treffertheorie. Es werden auch die nach dem Treffer ablaufenden Vorgange einbezogen, insbesondere die reparative Entfernung von Trefferprodukten sowie die son- stige Behebung von deren Schiidlichkeit Dabei wird uber entsprechende sehr interessante Studien sowjetischer Autoren, u. a. an Hefe, berichtet, die bei uns zumeist nicht bekannt wurden. Das Buch ist keine lehrbuchartige Monographie, sondern eine Darstellung der treffertheoretischen Aspekte aus der Sicht einer erfahrenen Gruppe von Radiobiologen. Es ist daher vor allem fur Fachkollegen wichtig, aber auch andere Biophysiker und Biologen werden Nutzen daraus ziehen. R. W. KAPLAN (Frankfurt)

G. UHLENBRUCK, Immunbiologie. Eine Einfiihrung. 407 S , 284 Abb., 58 Tab. Munchen 1971 : Wilhelm Goldmann DM 33,OO

An einfiihrenden Darstellungen der Immunbiologie und Immunchemie in deutscher Sprache gibt es in den letzten Jahren glucklicherweise keinen Mange1 mehr. Aus der Feder berufener Autoren liegen hierzu mehrere, teilweise sehr empfehlenswerte Werke vor. Das Buch von UHLENBRWCK nimmt darunter insofern eine Sonderstellung ein, als es vom iib- lichen Schema in der Behandlung dieses Stoffes abweicht und durch Betonung bestimmter Teilgebiete ganz neue Akzente setzt.

Sein Hauptanliegen sieht der Autor in der Darstellung der molekularbiologischen Aspekte der Immunbiologie. Das gilt sowohl fur die Kapitel uber die Antikorper als auch fur die breitangelegte Beschreibung der Antigene. Einleitend werden die Beziehungen zwischen Immunbiologie und Immunchemie dargestellt sowie die Struktur der Antikorper beschrie- ben. Das Kapitel iiber Nachweise von Antikorpern enthillt die gewohnten Beschreibungen der Prazipitation, Agglutination, Komplementbindungsreaktion etc., geht aber anderer- seits durch eine ausfuhrliche Behandlung der physikochemischen Vorgiinge bei der Aggluti- nation der Erythrozyten weit uber die iiblichen Darstellungen hinaus. Ein weiterer Ab- schnitt befaBt sich mit speziellen Antikorpern, wie cytophilen und cytotoxischen Anti- korpern sowie Reaginen. Hier werden erstmals in einer Einfuhrung auch die antikorper- ahnlichen Lektine (Phytagglutinine) und Protektine besprochen, an deren Erforschung der Autor beteiligt war. I m Kapitel ,,Antigen-Antikorperreaktion" werden die in vim-Reak- tionen (pathologische Immunphiinomene) abgehandelt. Ihm schlieBen sich immun- chemische Betrachtungen zur Allergie vom verzogerten Typ an, wobei auch die Transplan- tations- und Tumorimmunologie gestreift werden.

Die knappe zweite Hiilfte des Buches ist der Immunchemie der Antigene vorbehalten. Dabei werden typische Vertreter eller einschlagigen antigenen Substanzklassen behandelt. Das Hauptgewicht der Darstellung liegt aber bei der Immunchemie der Glykolipoide und Glykoproteine, insbesondere der Blutgruppensubstanzen. Der Autor kann hier wieder am einer Piille eigener Untersuchungsergebnisse schopfen und gibt eine umfassende ubersicht, wie sie sonst in keinem vergleichbaren einfiihrenden Werk zu finden ist.

Damit wurde einer der Vorziige dieses Werkes bereits genannt. Ein weiterer liegt in der fliissigen und ansprechenden Darstellung sowie in der Verwendung einer groBen Zahl sehr anschaulicher und einpragsamer Skizzen, die das Ganze zu einem wirklichen ,,Lehrbuch" machen. Andererseits werden verschiedene grundlegende immunbiologische Probleme bzw. Teildisziplinen nur gestreift oder gar nicht erwlhnt ; auf Begriffsklarungen und Definitionen wird kein groBer Wert gelegt. Gelegentlich widersprechen sich Aussagen (z. B. hinsichtlich der Immunreaktionen bei Petromyzon, p. 28 u. 29) oder es erscheinen etwas ungliicklich gewlhlte Ausdriicke (kaltgeschmolzener Agar, biologischer Stoff). Leider gibt es auch viele Druckfehler. Diese Anmerkungen sollen den Wert des Buches nicht schmllern. Es ist fur ein einfiihrendes Studium der Immunbiologie durchaus zu empfehlen, wobei man bei den etwas stiefmutterlich behandelten Gebieten noch zu weiterer Literatur greifen sollte. Ver- schiedene Kapitel, vor allem die Immunchemie der Glykolipoide und Glykoproteine, wird auch der Fortgeschrittene mit groBem Gewinn lesen. M. WAQNER (Jena)