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Unfallchirurg 2009 · 112:923–928 DOI 10.1007/s00113-009-1634-x Online publiziert: 23. Juli 2009 © Springer Medizin Verlag 2009 M. Krüger Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie, Klinikum Magdeburg gGmbH Nachwuchsmangel in der Chirurgie Worin liegen die Probleme einer Reform der Weiterbildung? Sichtweise eines Betroffenen Berufspolitisches Forum Die hervorragende ärztliche Behandlungs- und Versorgungsqualität in Deutschland ist auch ein Ergebnis der guten Weiterbil- dung und des Engagements der Weiterbil- dungsbefugten sowie der Weiterbildungs- kliniken im Schulterschluss mit den ärzt- lichen Standesvertretungen und den Fach- gesellschaften. Dies ist unbestritten. In den vergangenen Jahren zeigte sich jedoch, dass der ärztliche Nachwuchs al- ternative Berufsfelder außerhalb der Ku- ration attraktiver zu finden scheint als die kurative Chirurgie. Die chirurgischen Fächer haben ein ernstes Nachwuchs- problem. Vielfach können Assistenzarzt- stellen in Weiterbildung, Facharzt- und/ oder Oberarztstellen nicht adäquat besetzt werden, weil der Nachwuchs fehlt oder sich in anderen Tätigkeitsfeldern wohl- er fühlt als in der einstmaligen Domäne der Medizin, der Chirurgie. Woran mag das liegen? Die Ursachen sind vielfältig und haben sicherlich auch mit den verän- derten gesundheitspolitischen Strukturen wie gesundheitsökonomischen Ressour- cen in den letzten 8–10 Jahren in Deutsch- land zu tun. Es scheint aber zu einfach zu sein, wenn man diese Entwicklung rein auf die außermedizinischen Rahmenbe- dingungen zu fokussieren versucht. Die chirurgische Gemeinschaft, getra- gen von den einzelnen Fachgesellschaften, Standesvertretungen, Berufsverbänden, Ordinarien und Chefärzten, haben die- se Neugestaltungen unterschätzt. Die zu- nehmenden Frustrationen der Ärzte mit den sich rapide verschlechternden Rah- menbedingungen der kurativen Medizin, insbesondere mit den chirurgischen Wei- terbildungsbedingungen in Deutschland, wurden teilweise ignoriert. Zukunftsfä- hige Konzepte, die sich an den heutigen Rahmenbedingungen orientieren und ar- rangieren, scheinen zu fehlen. Nun, wo der Nachwuchsmangel zähl- und fühlbar wird, setzt ein Umdenken ein, und es wird nach möglichen Ursachen gefahndet. Ei- ne der Hauptursachen ist die chirurgische Weiterbildung in Deutschland und deren scheinbare Unreformierbarkeit. Zurzeit ist es mondän, sich auf Kongressen, Sympo- sien und Tagungen mit dem Nachwuchs- mangel in der Medizin und der Chirur- gie zu beschäftigen. Man referiert aber vielfach nur über den „Ist“-Zustand, wie wichtig der Nachwuchs ist und dass dieser unbedingt gefördert werden muss. Leider gelingt es nur sehr selten, wirklich etwas Substanzielles auf den Weg zu bringen. Aber beginnen wir von vorn. Die An- zahl der Humanmedizinstudenten und Absolventen ist in den letzten 10 Jah- ren nahezu konstant geblieben. So sind laut Statistischem Bundesamt ca. 80.000 Medizinstudenten jährlich immatriku- liert und ca. 15.000–16.000 Absolventen verlassen jährlich die medizinischen Fa- kultäten. Laut einem Projektbericht der Hochschul-Informations-System GmbH des Absolventenjahrgangs 2006 der Stu- dienanfänger 1999–2001 beträgt die Stu- diumsabbruchquote lediglich 5%, wobei der Anteil der Frauen mit 6% höher liegt als der der Männer mit 3%. Es beenden ca. 90% der immatrikulierten Medizin- studenten ihr Studium erfolgreich. Insge- samt betrug die so genannte Schwundbi- lanz (Differenz zwischen Abbruch- und Zuwanderungsquote) für den betrachte- ten Zeitraum in der Humanmedizin le- diglich 2% [1]. Konnten sich vor Beginn des Praktischen Jahres noch gut 12% der Medizinstudenten eine Weiterbildung in der Chirurgie vorstellen, so sind es an des- sen Ende nur noch 5% [2]. Wir verlieren im Praktischen Jahr gut 60% der poten- ziellen Chirurgen. Dieser Verlust ist ein- deutig zu viel, und uns alle, die an der Ausbildung unserer zukünftigen Ärzte mitwirken, sollte diese Zahl nachdenk- lich stimmen. Viele sehen dies als Desas- ter an. Ein Desaster wird es jedoch nur, wenn wir von den 5% noch weitere durch eine unstrukturierte und schlechte chir- urgische Weiterbildung verlieren. Begrei- fen wir dies lieber als Chance, diesen 5% eine hervorragende Weiterbildung zu er- möglichen. Attraktivität der chirurgischen Weiterbildung Wir haben kein Zugangs- und/oder Ab- solventenproblem in der Chirurgie, son- dern scheinbar ein Attraktivitätsproblem. Was macht nun etwas attraktiv? Einem psychosozialen Definitionsversuch nach ist Attraktivität keine Eigenschaft, son- dern die Bewertung einer Wirkung oder Wirkungsbeziehung. Sie hängt ab von der Redaktion H. Siebert, Berlin Grundlage des Artikels ist ein Vortrag des Autors auf der 15. Haupttagung der Leitenden Kranken- hauschirurgen im Januar 2009 in Hamburg. 923 Der Unfallchirurg 10 · 2009 |  

Nachwuchsmangel in der Chirurgie

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Page 1: Nachwuchsmangel in der Chirurgie

Unfallchirurg 2009 · 112:923–928DOI 10.1007/s00113-009-1634-xOnline publiziert: 23. Juli 2009© Springer Medizin Verlag 2009

M. KrügerKlinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie, Klinikum Magdeburg gGmbH

Nachwuchsmangel in der ChirurgieWorin liegen die Probleme einer Reform der Weiterbildung? Sichtweise eines Betroffenen

Berufspolitisches Forum

Die hervorragende ärztliche Behandlungs- und Versorgungsqualität in Deutschland ist auch ein Ergebnis der guten Weiterbil-dung und des Engagements der Weiterbil-dungsbefugten sowie der Weiterbildungs-kliniken im Schulterschluss mit den ärzt-lichen Standesvertretungen und den Fach-gesellschaften. Dies ist unbestritten.

In den vergangenen Jahren zeigte sich jedoch, dass der ärztliche Nachwuchs al-ternative Berufsfelder außerhalb der Ku-ration attraktiver zu finden scheint als die kurative Chirurgie. Die chirurgischen Fächer haben ein ernstes Nachwuchs-problem. Vielfach können Assistenzarzt-stellen in Weiterbildung, Facharzt- und/oder Oberarztstellen nicht adäquat besetzt werden, weil der Nachwuchs fehlt oder sich in anderen Tätigkeitsfeldern wohl-er fühlt als in der einstmaligen Domäne der Medizin, der Chirurgie. Woran mag das liegen? Die Ursachen sind vielfältig und haben sicherlich auch mit den verän-derten gesundheitspolitischen Strukturen wie gesundheitsökonomischen Ressour-cen in den letzten 8–10 Jahren in Deutsch-land zu tun. Es scheint aber zu einfach zu sein, wenn man diese Entwicklung rein auf die außermedizinischen Rahmenbe-dingungen zu fokussieren versucht.

Die chirurgische Gemeinschaft, getra-gen von den einzelnen Fachgesellschaften, Standesvertretungen, Berufsverbänden, Ordinarien und Chefärzten, haben die-se Neugestaltungen unterschätzt. Die zu-nehmenden Frustrationen der Ärzte mit den sich rapide verschlechternden Rah-menbedingungen der kurativen Medizin,

insbesondere mit den chirurgischen Wei-terbildungsbedingungen in Deutschland, wurden teilweise ignoriert. Zukunftsfä-hige Konzepte, die sich an den heutigen Rahmenbedingungen orientieren und ar-rangieren, scheinen zu fehlen. Nun, wo der Nachwuchsmangel zähl- und fühlbar wird, setzt ein Umdenken ein, und es wird nach möglichen Ursachen gefahndet. Ei-ne der Hauptursachen ist die chirurgische Weiterbildung in Deutschland und deren scheinbare Unreformierbarkeit. Zurzeit ist es mondän, sich auf Kongressen, Sympo-sien und Tagungen mit dem Nachwuchs-mangel in der Medizin und der Chirur-gie zu beschäftigen. Man referiert aber vielfach nur über den „Ist“-Zustand, wie wichtig der Nachwuchs ist und dass dieser unbedingt gefördert werden muss. Leider gelingt es nur sehr selten, wirklich etwas Substanzielles auf den Weg zu bringen.

Aber beginnen wir von vorn. Die An-zahl der Humanmedizinstudenten und Absolventen ist in den letzten 10 Jah-ren nahezu konstant geblieben. So sind laut Statistischem Bundesamt ca. 80.000 Medizinstudenten jährlich immatriku-liert und ca. 15.000–16.000 Absolventen verlassen jährlich die medizinischen Fa-kultäten. Laut einem Projektbericht der Hochschul-Informations-System GmbH des Absolventenjahrgangs 2006 der Stu-dienanfänger 1999–2001 beträgt die Stu-diumsabbruchquote lediglich 5%, wobei der Anteil der Frauen mit 6% höher liegt als der der Männer mit 3%. Es beenden ca. 90% der immatrikulierten Medizin-studenten ihr Studium erfolgreich. Insge-

samt betrug die so genannte Schwundbi-lanz (Differenz zwischen Abbruch- und Zuwanderungsquote) für den betrachte-ten Zeitraum in der Humanmedizin le-diglich 2% [1]. Konnten sich vor Beginn des Praktischen Jahres noch gut 12% der Medizinstudenten eine Weiterbildung in der Chirurgie vorstellen, so sind es an des-sen Ende nur noch 5% [2]. Wir verlieren im Praktischen Jahr gut 60% der poten-ziellen Chirurgen. Dieser Verlust ist ein-deutig zu viel, und uns alle, die an der Ausbildung unserer zukünftigen Ärzte mitwirken, sollte diese Zahl nachdenk-lich stimmen. Viele sehen dies als Desas-ter an. Ein Desaster wird es jedoch nur, wenn wir von den 5% noch weitere durch eine unstrukturierte und schlechte chir-urgische Weiterbildung verlieren. Begrei-fen wir dies lieber als Chance, diesen 5% eine hervorragende Weiterbildung zu er-möglichen.

Attraktivität der chirurgischen Weiterbildung

Wir haben kein Zugangs- und/oder Ab-solventenproblem in der Chirurgie, son-dern scheinbar ein Attraktivitätsproblem. Was macht nun etwas attraktiv? Einem psychosozialen Definitionsversuch nach ist Attraktivität keine Eigenschaft, son-dern die Bewertung einer Wirkung oder Wirkungsbeziehung. Sie hängt ab von der

RedaktionH. Siebert, Berlin

Grundlage des Artikels ist ein Vortrag des Autors auf der 15. Haupttagung der Leitenden Kranken- hauschirurgen im Januar 2009 in Hamburg.

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chirurgischeWeiterbildung

Zeitraum / Zeitpunk- zunehmende Globalisierung

Betrachter- Assistenten- Chefärzte- Fachgesellschaften

Situation- Arbeitsbedingungen- andere Betätigungsfelder- Leben und Arbeiten

Abb. 1 9 Struktur der Wirkungsbeziehungen der Attraktivität der chirurgischen Weiter-bildung

Befindlichkeit (Verfassung) der Beurtei-lerin und von der Befindlichkeit des Be-urteilungsobjekts, von den Situationen und den verschiedenen Zeitpunkten oder Zeiträumen [3]. Wollen wir dies auf die Chirurgie und deren Weiterbildung über-tragen, ergeben sich die in . Abb. 1 dar-gestellten Verbindungen.

In den letzten 10 Jahren haben sich die Befindlichkeiten der Beurteiler (Weiter-bildungsassistent vs. Weiterbilder), die Si-tuation und der Zeitpunkt, in der chirur-gische Weiterbildung durchgeführt wer-den muss, massiv und z. T. grundlegend gewandelt. Leider haben sich Inhalte und Durchführung des Beurteilungsob-jekts chirurgische Weiterbildung nicht im gleichen Maße verändert. Der Wahrneh-mungsprozess der an der Weiterbildung beteiligten Protagonisten und Institutio-nen verlief sehr schleppend und war z. T. von Ignoranz geprägt. Es wurde vielfach nach dem Motto verfahren: „Was nicht sein darf, das nicht sein kann“.

Die chirurgische Weiterbildung befin-det sich in einer Krise, weil sie sich zu sehr auf ihren elitären Status fixiert und dabei gesamtgesellschaftliche Veränderungspro-zesse ignoriert hat. Einige waren und sind heute noch zutiefst frustriert. Mit Frus-trierten kann man aber keine Verände-rungen machen. Wir brauchen Leute, die die Krise, die scheinbar verschlechterten deutschen Rahmenbedingungen, die neue „nicht belastbare junge Generation“ und die Klinikverwaltungen nicht als Ausrede dafür missbrauchen, was sie selbst „ver-masselt“ haben.

Die Chirurgie ist nicht attraktiv, nur weil die Generationen vor uns dies so emp-fanden. Sie muss aber auch nicht in den nächsten Jahren unattraktiv bleiben. Die Attraktivität der Chirurgie für den me-dizinischen Nachwuchs muss jeden Tag

aufs Neue erkämpft und gelebt werden. Der Nachwuchs kann aus seiner ureige-nen Verantwortung, Weiterbildung auch zu wollen, nicht entlassen werden. Die in der Attraktivitätsdefinition genannten Wirkungsbeziehungen müssen erkannt und hinsichtlich der chirurgischen Wei-terbildung analysiert werden. Dafür ist es unabdingbar, dass man alle Beteiligten an diesem Workflow unter Berücksichtigung veränderter Rahmenbedingungen in den dringend benötigten Reformierungspro-zess aktiv mit einbindet.

Neue Weiterbildungsordnung – Gescheiterter Reformversuch?

Die neue Weiterbildungsordnung hat aus meiner Sicht die hohen Erwartungen, die an sie gestellt wurden, nicht erfüllen kön-nen. Es gibt nun eine grobe Struktur mit einer für alle chirurgischen Säulen ein-heitlichen Basischirurgie, an die sich ein so genanntes assoziiertes Jahr und danach eine 3-jährige Spezialisierung entspre-chend den möglichen Säulen anschließen. Der junge Assistent benötigt aber rein formal ein Jahr länger zu seinem ersten Facharzt. Nun wird offen eine Novellie-rung dieser Weiterbildungsordnung dis-kutiert. Mit Einführung der neuen Wei-terbildungsordnung sind auch neue ope-rative Leistungskataloge für die einzelnen Säulen bestimmt wurden, die sehr schnell gezeigt haben, dass sie weit weg von der klinischen Realität am grünen Tisch „er-träumt“ wurden.

In . Tab. 1 wird aufgezeigt, dass es trotz Verkürzung der Weiterbildungszeit – wenn man die Basischirurgie als eigen-ständigen Abschnitt mit eigenen Eingriff-zahlen separat betrachtet – zu einem An-stieg der Leistungszahlen ungeachtet der klinischen Realität gekommen ist. Nie-

mand kann plausibel und an evidenten Daten das Zustandekommen der vorge-schriebenen und in der Weiterbildungs-ordnung verbindlich aufgeführten Zah-len benennen. Dies genügt leider nicht den modernen Anforderungen an Trans-parenz und lässt Willkür vermuten. Es wurde allen sehr schnell bewusst, dass die strukturellen, organisatorischen und z. T. auch inhaltlichen Defizite der neuen Wei-terbildungsordnung in den nächsten Jah-ren eine erneute Überarbeitung dringend notwendig machen.

In den Jahren 2004 und 2007 hat der Berufsverband der Deutschen Chirurgen gemeinsam mit der Deutschen Gesell-schaft für Chirurgie und der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie eine Um-frage unter den chirurgischen Assisten-ten durchgeführt. Die Ergebnisse wur-den publiziert [4] und zeichnen ein er-nüchterndes Bild der chirurgischen Wei-terbildung in Deutschland. Gaben im Jahr 2004 noch 56% der Befragten an, dass ih-re Klinik über keine strukturierte Wei-terbildung verfügt, so gaben dies im Jah-re 2007 77% an. Hier ist eine Verschlech-terung der chirurgischen Weiterbildungs-struktur in Deutschland eingetreten: 95% der Befragten verneinten, über einen Wei-terbildungsplan zu verfügen. Gleichzei-tig ist aber für 98% der Befragten wichtig, dass ihnen eine strukturierte Weiterbil-dung mit Vorgabe oder Vereinbarung fes-ter und verbindlicher Lernziele und Kenn-zahlen angeboten wird. Das Potenzial der neuen Weiterbildungsordnung mit deren Chancen unter Berücksichtigung der An-forderungen der Assistenten ist scheinbar in der Praxis bei den Weiterbildungsbe-fugten noch nicht angekommen. Erstaun-lich ist, dass 81% der Weiterbildungsstätten sowie 58% der Weiterbildungsassistenten kein laut Weiterbildungsordnung verbind-lich zu führendes Logbuch einsetzen.

Mitarbeitergespräche zur Personal-entwicklung, -motivation und -bindung werden sträflich in den Weiterbildungs-kliniken ignoriert. Was in der freien Wirtschaft als unabdingbare Vorausset-zung einer erfolgreichen Unternehmens-strategie fungiert, wird von den Chirur-gischen Kliniken überhaupt nicht ge-nutzt. Es ist nicht erklärbar, dass bei über 60% der Befragten kein mindestens jähr-lich einmal durchzuführendes Weiterbil-

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Berufspolitisches Forum

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dungsgespräch stattfindet oder dass 80–90% der Befragten angaben, dass sich der Krankenhausträger weder für die Weiter-bildung noch für deren Fortschritt inter-essiert. Ganz zu schweigen davon, dass er die Fort- und Weiterbildung in seine Un-ternehmensstrategie einbindet. Hier wird enormes Potenzial verschenkt. Hinsicht-lich der operativen Tätigkeit von Wei-terbildungsassistenten zeigte sich, dass knapp 70% nur 3 Operationen in der Wo-che durchführen konnten. Die Vergabe der Operationen erfolgt dabei jedoch we-der nach didaktischen noch objektiven Kriterien, sondern bei ca. 93% der Be-fragten nach rein subjektiven Gesichts-punkten. Gerade dem Tätigkeitsbereich, der die Chirurgie so attraktiv macht und sie von den anderen Disziplinen unter-scheidet, wird zu wenig Beachtung ge-widmet. Dies muss den Nachwuchs de-motivieren und an die Reformierbarkeit der deutschen chirurgischen Weiterbil-dung zweifeln lassen.

Kernpunkte einer modernen Weiterbildung

Ist die chirurgische Gemeinschaft wirklich bereit zu einer umfassenden Reform der Weiterbildung, um diese für den Nach-wuchs attraktiver zu machen, müssen fol-gende Bereiche novelliert werden:1. Schaffung moderner zeitgerechter

Rahmenbedingungen (. Infobox 1),2. Etablierung eines klinikinternen Weiter-

bildungsmanagements (. Infobox 2),3. Evaluierung der Weiterbildung mit

zeitnahen Konsequenzen (. Infobox 3).

Die Schaffung moderner Rahmenbedin-gungen ist naturgemäß Aufgabe der Ge-sellschaft. Man muss sich im Klaren sein, dass die Sicherung der ärztlichen Be-handlungs- und Versorgungsqualität in Deutschland und damit auch die chirur-gische Weiterbildung nur ungenügend im DRG-System abgebildet ist. Eine leis-tungsorientierte zusätzliche Vergütung der Weiterbildung ist dringend notwen-dig. Weiterbildung darf für die Kliniken nicht zu einem finanziellen Nachteil füh-ren. Die zunehmende Feminisierung der Medizin und die Vereinbarkeit von Be-ruf und Familie sind vordringliche Auf-gaben, um den Beruf des Chirurgen wie-

Zusammenfassung · Abstract

Unfallchirurg 2009 · 112:923–928   DOI 10.1007/s00113-009-1634-x© Springer Medizin Verlag 2009

M. Krüger

Nachwuchsmangel in der Chirurgie. Worin liegen die Probleme einer Reform der Weiterbildung? Sichtweise eines Betroffenen

ZusammenfassungDer Nachwuchsmangel in der kurativen  Medizin und insbesondere in der Chirurgie ist jeden Tag erlebbar. Hauptargumente des Nachwuchses sind die fehlende Struktur der Weiterbildung, die mitunter suboptimalen deutschen Rahmenbedingungen im Gesund-heitswesen und die fehlende Einbeziehung des Nachwuchses in strukturelle und inhalt-liche Aspekte einer Reform der Ärztekam-mern, Fachgesellschaften und Berufsverbän-de. Die mitunter gut gemeinten „Ansätze  einer Reform“ der neuen Weiterbildungs- ordnung sind leider nicht in der Lage, diese Defizite zu beheben. Neuere Umfragen schei-nen zu belegen, dass es sogar zu einer Ver-schlechterung der Weiterbildungssituation gekommen ist. Wir brauchen eine neue Wei-terbildungskultur, die vom Willen geprägt ist, auch Weiterbildung zu wollen. Diesen Willen müssen alle Protagonisten (Weiterbilder,  Weiterbildungsassistent und Weiterbildungs-klinik) jeden Tag aufs Neue erkämpfen. Die Verbesserung von Rahmenbedingungen, die 

Einführung eines klinikinternen Weiterbil-dungsmanagements und die sehr wichtige zeitnahe und kritische Evaluierung der Wei-terbildungsqualität an deutschen Kliniken sind unabdingbare Voraussetzungen für eine  Verbesserung der chirurgischen Weiterbil-dung. Die Etablierung eines graduierenden chirurgischen Weiterbildungssiegels, das sich am dynamischen Prozess der Weiterbildung orientiert und mit transparenten Konse-quenzen verbunden ist, würde enorme  Innovationskräfte freisetzen. Weiterhin wäre  es auch ein Benchmarking im Kampf um die „Besten“. Man sollte sich dies abseits von eventuellen Eitelkeiten bewusst machen.  Die Chirurgie ist ein medizinisches Berufsfeld, das nicht noch mehr an Attraktivität bei den jungen Absolventinnen und Absolventen verlieren darf.

SchlüsselwörterWeiterbildung · Chirurgie · Qualitätsmanage-ment · Nachwuchsmangel

Shortage of new recruits in surgery. Where do the problems of a reform of further education lie? Position of a person affected

AbstractThe shortage of young people in curative medicine and particularly in surgery can be experienced every day. The main arguments  of the new generation are the lacking struc-ture of further education, the sometimes  suboptimal German framework conditions in the health service and the non-inclusion of the young generation in structural and content  aspects of a reform of the General Medical Council, professional organizations and asso-ciations. Unfortunately, the sometimes well-meant approaches to a reform of the new fur-ther education rules are not in a position to rectify these deficits. Newer surveys seem to  show that there has even been a deteriora-tion of the further education situation. We need a new further education culture which is marked by the will to also want further  education. All protagonists (educationalists, further education assistants and further  education clinics) must regain this will every  day. An improvement in framework conditions,  

the introduction of clinic internal further management and the very important con-temporary and critical evaluation of further education quality in German clinical com-plexes are indispensable prerequisites for an improvement in further education in surgery. The establishment of a progressive surgical further education seal which is oriented  to the dynamic process of further education  and coupled with transparent consequences would instigate enormous innovative powers.  Furthermore, it would also be a benchmarking  in the fight for the best candidates. One should consciously separate oneself from possible vanities. Surgery is a medical pro-fessional field which should not be allowed to lose even more attractiveness for young graduates.

KeywordsFurther education · Surgery · Quality manage-ment · Shortage of new recruits

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der attraktiv zu machen. Work-life-Ba-lance spielt in unserer Gesellschaft ei-ne immer größere Rolle. Nur Unterneh-men bzw. Kliniken, die darauf eine ad-äquate Antwort haben, sind zukunfts-fähig. Natürlich benötigen wir auch ei-ne Bedarfsplanung an chirurgischen Weiterbildungsstellen, damit die immer knapper werdenden Ressourcen optimal eingesetzt werden können. Dafür müs-sen aber an den Kliniken Strukturen ge-schaffen werden, um das ärztliche chir-urgische Personal effektiv einsetzen zu können. Aber nicht nur Strukturen, son-dern auch die Klinikorganisation müssen effektiviert werden.

Weiterbildung fängt mit Ausbildung an. Eine schon im Studium beginnende chirurgische Spezialisierung für interes-sierte Studenten muss generell möglich sein. Den allwissenden Mediziner gab es nie und wird es in Zukunft auch nicht ge-ben. Unser Medizinstudium suggeriert dies jedoch immer noch. Die Komplexi-tät der Medizin ist nicht mehr studierbar. Was hindert uns daran, den Medizinstu-denten schon früh aufzufordern, sich zu entscheiden, ob er in ein operatives Fach gehen möchte und die Ausbildungsinhalte daran stärker zu orientieren. Jeder Lehr-amtsstudent muss sich entscheiden, ob er den Weg an die Haupt- und Realschu-le, Gymnasium oder Berufsschule gehen möchte. Daran werden dann die Inhalte des Studiums festgelegt. Warum geht dies nicht in der Medizin?

E Es bleibt festzuhalten: Wir benötigen moderne Rahmenbedingungen mit einer Modernisierung der Weiterbildungsstrukturen mit flachen Hierarchien auf der Basis eines teamorientierten Lernprozesses. Weiterbildung ist nicht nur an Personen gebunden.

Aus meiner Sicht ist die Etablierung eines klinischen Weiterbildungsmanagements unabdingbar. Die chirurgische Weiterbil-dung ist kein Nebenprodukt der täglichen Arbeit. Sie zu organisieren bedarf ein ho-hes Maß an Organisations- und Personal-management, was durch eine Person nicht mehr abbildbar ist. Die chirurgische Wei-terbildung bedarf eines modernen prozes-sorientierten Qualitätsmanagements von

der Struktur- über die Prozess- bis hin zur Ergebnisqualität.

Die Vergabe der Weiterbildungsbefug-nisse durch Ärztekammern und an Per-sonen gebunden ist nicht mehr zeitge-mäß. Die Ärztekammern haben gezeigt, dass sie mit der Durchsetzung und Über-prüfung der Weiterbildungskriterien per-sonell wie inhaltlich überfordert sind. Hier müssen völlig neue Strukturen ähn-lich einem TÜV geschaffen werden. Die Weiterbildungsbefugnisse sollten an Kli-niken vergeben werden, da eine qualitäts-gerechte Weiterbildung nur im Schulter-schluss mit ökonomischer wie ärztlicher Leitung und den klinikinternen organi-satorisch-strukturellen Gegebenheiten möglich ist. Diese multifaktoriellen Vor-aussetzungen sollten individuell geprüft und dann graduierend anhand von Le-vels (1–3) vergeben werden.

Weiterbildung ist aber auch an die Ex-pertise des Weiterbilders gebunden. Es bedarf einer noch verbindlicheren und konsequenteren Schulung im Sinne von „Train-the-trainer-Kursen“. Die Teilnah-me an diesen Kursen muss in der Wei-terbildungsordnung eingefordert werden. Genauso wichtig ist die Erarbeitung von Musterweiterbildungscurricula mit rea-listischen und machbaren Operationsleis-tungskatalogen, die den Nachwuchs mehr motivieren als demotivieren. Die Frage ist zu stellen, was ein Assistenzarzt am En-de seiner Facharztweiterbildung wirklich an operativer Leistung eigenverantwort-lich beherrschen soll. Hier ist auf die Re-alität zu fokussieren und nicht auf traum-hafte Wünsche bzw. völlig realitätsferne Ansprüche. Eine gesetzliche Verpflich-tung zur Durchführung interner Weiter-bildungsveranstaltungen und zur Etablie-rung eines klinischen Risikomanagements der Weiterbildung gehört für mich eben-falls zu einem modernen Weiterbildungs-management. Die Einbeziehung moder-ner didaktischer Prinzipien und Metho-den der Erwachsenenqualifizierung soll-te selbstverständlich sein. Diese Anforde-rungen zu implementieren ist Aufgabe der chirurgischen Fachgesellschaften und Be-rufsverbände abseits von Macht- und Be-sitzstandswahrungen.

Den dritten Kernbereich stellt die Evaluierung der Weiterbildungsqualität mit zeitnahen Konsequenzen dar. In ei-

Infobox 1  Rahmenbedingungen einer modernen chirurgischen Weiterbildung

F  Berücksichtigung einer zunehmenden Feminisierung in der Chirurgie

F  Vernünftige Vereinbarkeit von Beruf und Familie

F  Bedarfsplanung an chirurgischen Weiter-bildungsstellen

F  Leistungsorientierte zusätzliche Finanzie-rung der Weiterbildung an den Kliniken –  Weiterbildung muss sich lohnen

F  Stärkere Fokussierung der Chirurgie im universitärem Studium im Sinne einer operativen Spezialisierung

F  Modernisierung der Weiterbildungsstruk-turen in Deutschland mit flachen Hierar-chien auf Basis eines teamorientierten Lernprozesses

Infobox 2  Weiterbildungsmanage-ment der chirurgischen Weiterbildung

F  Modernes prozessorientiertes Qualitäts-management der chirurgischen Weiterbil-dung: Strukturqualität → Prozessqualität → Ergebnisqualität

F  Vergabe der Weiterbildungsbefugnisse an Kliniken (Level 1, 2 und 3)

F  Qualifizierung der Weiterbilder,  „train the trainer“

F  Strukturierte an der Praxis orientierte Weiterbildungscurricula

F  Realistische und machbare operative Qualifizierung der Weiterbildungs- assistenten

F  Gesetzliche Verpflichtung zur Durchfüh-rung einer klinikinternen Weiterbildung und Etablierung eines klinischen Risiko-managements der Weiterbildung

F  Vermittlung der Weiterbildungsinhalte und -fähigkeiten nach modernen didak-tischen Prinzipien und Modellen,  „train the player“

Infobox 3  Evaluierung der Weiterbil-dung an Chirurgischen Kliniken

F  Etablierung von Evaluierungsinstrumenten,  die ein regelmäßiges Feedback der chirur-gischen Weiterbildungsqualität von Seiten der Weiterbilder und Weiterzubildenden ermöglichen und Veröffentlichung der Ergebnisse → Benchmarking

F  Öffentliche Transparenz bei der Vergabe der Weiterbildungsbefugnisse

F  Erarbeitung eines indikatorbezogenen Abmahnsystems bei schlechter Weiter-bildungsqualität

F  Einrichtung einer ständigen Konsensus-konferenz der chirurgischen Weiterbildung  zur kontinuierlichen Diskussionsmöglichkeit

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Berufspolitisches Forum

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ner modernen Weiterbildungsordnung sollte die Verpflichtung zur Etablierung von Evaluierungsinstrumenten, die ein regelmäßiges Feedback der Weiterbil-dungsqualität ermöglichen, aufgenom-men und verpflichtend geregelt werden. Die Veröffentlichung dieser Daten kann dann als Benchmarking genutzt werden. Eine Evaluierung ist aber nur so gut wie die Konsequenzen, die aus deren Erhe-bung gezogen werden. Eine reine Alibi-funktion ist konterkarierend. Es muss je-dem klar sein, mit welchen Sanktionen er rechnen muss, wenn er bei dem Evaluie-rungsprozess schlecht abschneidet. Soll-te eine zusätzliche finanzielle Vergütung der Weiterbildung erfolgen, sind wir den Beitragszahlern ein derartiges Eva-luierungssystem schuldig, damit die zu-sätzlichen Gelder nicht nach dem „Gieß-kannenprinzip“ wahllos verteilt werden. Hilfreich ist in diesem Zusammenhang die Einrichtung einer ständigen Konsen-suskonferenz der chirurgischen Weiter-bildung, die sich einmal pro Jahr trifft, neue Aspekte der Weiterbildung auf Ex-perten- und Betroffenenebene disku-tiert und so Tendenzen frühzeitig er-kennt, um mit Programmen und Verän-derungen gegenzusteuern. Wie viel Kon-trolle wollen bzw. benötigen wir? Dies ist eine Frage, die wir zuerst aus unseren ei-genen Reihen beantworten sollten und nicht der Politik überlassen dürfen.

Brauchen wir ein chirurgisches Weiterbildungssiegel?

Ein sehr pragmatischer erster Schritt kann die Schaffung eines graduierenden chir-urgischen Weiterbildungssiegels sein. Hier sollte unter der Schirmherrschaft der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie und des Berufsverbandes der Deutschen Chirurgen sowie unter Einbeziehung der einzelnen Fachgesellschaften ein unab-hängiges fachspezifisches Qualitätssie-gel implementiert werden. Ein Graduie-rungsvorschlag wurde von mir schon pu-bliziert [5]. Diese zusätzliche Graduierung ist neu, sollte aber unbedingt mit einflie-ßen. Deutschland ist zurzeit von einer fast epidemieartigen Krankheit der „Zentritis“ befallen. Überall schießen Darm-, Brust- und Gefäßzentren wie Pilze aus dem Bo-den. Dahinter stecken vielfach pekuniäre

Interessen der Anbieter und vermeintliche Marketingeffekte der Kliniken unter dem Deckmantel der Qualitätssicherung.

Die Sicherung der Behandlungs- und Versorgungsqualität fängt aber mit der ärztlichen Aus- und Weiterbildung an. Es ist nicht erklärlich, warum diese nicht zer-tifiziert werden sollte. Der streckenweise doch erhebliche verwaltungstechnische Aufwand einer Zertifizierung wird in an-deren Bereichen nicht gescheut. Ein mög-licher Beurteilungskriterienkatalog ist in . Tab. 2  dargelegt und dient als Vor-schlag und Diskussionsgrundlage. Er ori-entiert sich an der Prozesshaftigkeit der chirurgischen Weiterbildung in Deutsch-land. Dieses Qualitätssiegel kann unab-hängig von der Bundesärztekammer ein-gerichtet und sollte unter Federführung der chirurgischen Gemeinschaft imple-mentiert werden. Ich bin auf die frucht-baren Diskussionen gespannt.

Fazit für die Praxis

Die kurative Chirurgie hat mit einem zu-nehmenden Attraktivitätsproblem zu kämpfen, das den medizinischen Nach-

wuchs von einer Tätigkeit in der Chirur-gie abzuhalten vermag. Die Ursachen sind allen bekannt und werden gebets-mühlenartig auf Kongressen, Symposien und anderen Veranstaltungen vorgetra-gen. Substanzielles geändert hat sich lei-der bis heute nur sehr wenig. Die Weiter-bildungssituation scheint sich sogar ver-schlechtert zu haben. Einer der Kernkri-tikpunkte des Nachwuchses ist die feh-lende Planbarkeit und Strukturiertheit der chirurgischen Weiterbildung. An den gesellschaftlichen und gesundheitsöko-nomischen Rahmenbedingungen kön-nen wir nur sehr begrenzt etwas verän-dern. Die Organisation der chirurgischen Weiterbildung obliegt jedoch der chir-urgischen Gemeinschaft. Hier müssen in den nächsten Jahren die Weichen für ei-ne moderne Weiterbildung gestellt wer-den. Kernpunkte der Diskussionen soll-ten sich auf die Schaffung moderner Rah-menbedingungen, der Implementierung eines Weiterbildungsmanagements und der zeitnahen Evaluierung der Weiterbil-dung fokussieren. Ein chirurgisches Wei-terbildungssiegel vermag zu sensibilisie-ren und Fehler in der Weiterbildung zu 

Tab. 2  Beurteilungskriterien eines chirurgischen Weiterbildungssiegels

Struktur Personal (Verhältnis Facharzt/Weiterbildungsassistent)Klinikinterne Weiterbildungsstruktur (Internet, Fachbibliothek, Lehrkabinett usw.)DiagnostikmöglichkeitenWeiterbildungsbudget

Qualität Prozentualer Anteil von Ausbildungsoperation, Operationsspektrum der KlinikKlinikinterne und -externe WeiterbildungenQualität der Lehrassistenzen, OperationsbesprechungenKlinikinterne Weiterbildungscurricula, JournalClubOutcomeanalysen (M&M und Indikationskonferenzen)

Evaluierung Durchführung von MitarbeitergesprächenBefragung der Assistenten über das InternetVisitorenbesuch mit Teilnahme an Lehrassistenzen

Tab. 1  Vergleich ausgewählter operativer Leistungsbereiche der alten und neuen WBO zum Facharzt für Allgemeinchirurgie in Sachsen-Anhalt

Leistungskatalog Alte WBO (5 Jahre) Neue WBO (4 Jahre)

Kopf/Hals 15 25

Brustwand/Brusthöhle 25 10

Bauchwand/Bauchhöhle 127, davon 15 CCE, 20 Hernien 200, davon 25 CCE, 50 Hernien

Stütz- und Bewegungsapparat 175 (mit 50 Repositionen) 100 (ohne 50 Repositionen)

Gefäß- und Nervensystem 25 25

Versorgung Wunden 0 25

SUMME 367 385, mit Repositionen 435485 einschließlich Basischirurgie

WBO Weiterbildungsordnung,CCE Cholezystektomie.

927Der Unfallchirurg 10 · 2009  | 

Page 6: Nachwuchsmangel in der Chirurgie

erkennen und zu korrigieren. Es ermög-licht den beteiligten Kliniken, im Bench-marking ihre Qualität der Weiterbildung graduierend abzubilden und im Kampf um die Besten unabhängig darzustellen, denn 75% der Weiterbildungsassistenten können sich eine Weiterbildung im Aus-land vorstellen, wobei 65% als Grund ei-ne höhere Qualität der Aus- und Weiter-bildung angaben.Wir sollten endlich dazu übergehen, die Wünsche und Anforderungen an eine strukturierte und planbare chirurgische Weiterbildung unseres Nachwuchses ernst zu nehmen und in eine moderne Weiterbildungsordnung einfließen zu lassen. Dies bedeutet aber nicht, dass wir den Nachwuchs aus seiner Verantwor-tung entlassen dürfen, auch Weiterbil-dung mit eigenem persönlichem Enga-

gement zu wollen und zu betreiben. Dies ist im Spannungsfeld des immer stärke-ren Kostendrucks auf die Chirurgischen Kliniken nicht leicht, sollte uns aber nicht davon abhalten, innovative und moder-ne Weiterbildungsbedingungen zu schaf-fen. Das Potenzial ist gegeben und soll-te unabhängig von möglichen Generati-onsunterschieden und/oder Macht- und Besitzstandswahrungen unterstützt wer-den.

KorrespondenzadresseDr. M. KrügerKlinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie,  Klinikum Magdeburg gGmbHBirkenallee 34, 39130 [email protected]

Interessenkonflikt.  Der korrespondierende Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Literatur

  1.  Heublein U, Schmelzer R, Sommer D, Wank J (2008) Die Entwicklung der Schwund- und Studie-nabbruchquoten an den deutschen Hochschulen. Statistische Berechnungen auf der Basis des Absol-ventenjahrgangs 2006. Projektbericht, S 11ff. ht-tp://www.his.de/pdf/21/his-projektbericht-studie-nabbruch_2.pdf

  2.  Via medici: Motivationsbaraometer 2006: Teil II. Viele künftige Ärzte zieht es ins Ausland. http://www.thieme.de/viamedici/aktuelles/politik/moti-vationsbarometer2.html

  3.  http://www.sgipt.org/gipt/sozpsy/attrak0.htm#Beispiele%20zum%20Einstieg

  4.  Ansorg J, Schröder W, Krones CJ et al (2008) Qua-lität der chirurgischen Weiterbildung in Deutsch-land: Entwicklungsanalyse von 2004 bis 2007. Chirurg BDC 47:292–297

  5.  Krüger M (2008) Die chirurgische Weiterbildung in Deutschland und die Rolle des Weiterbilders. Eine Assistentensichtweise. Chirurg BDC 47:301–304

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