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Im Blickpunkt 49 Dr. Joachim P. Spatz und Prof. Dr. Martin Möller, Abt. Organi- sche Chemie III – Makromolekulare Chemie, Prof. Dr. Paul Ziemann, Abt. Festkörperphysik, Universität Ulm, 89081 Ulm Die selbstorganisierende Anord- nung von Makromolekülen auf Oberflächen ermöglicht es, Sub- strate mit anorganischen Clustern gezielt zu dekorieren. Dabei las- sen sich Strukturgrößen von weni- gen Nanometern erzielen. Dieses Verfahren bildet die Basis für eine Vielzahl fächerübergreifender Ex- perimente und könnte in der Zu- kunft die herkömmlichen Litho- graphieverfahren ergänzen. M it dem Begriff „Nanotech- nologie“ verknüpfen Chemi- ker, Physiker und Ingenieu- re oft verschiedene Vorstellungen. Die daraus resultierenden Unklar- heiten und Kommunikationsschwie- rigkeiten hängen auch damit zu- sammen, daß wichtige Aspekte der Nanotechnologie nicht unbedingt neu, sondern Bestandteil etablierter Wissenschaftsdisziplinen sind. Den- noch tritt die Nanotechnologie zu- nehmend als eigenständiges For- schungsgebiet in Erscheinung. Das läßt sich vor allem auf drei Ent- wicklungen zurückführen: Die Synthese und die Hand- habung nanometergroßer Objekte und Funktionseinheiten machen signifikante Fortschritte. Neue Untersuchungsmethoden wie die Rastersondenmikroskopie und die ortsaufgelöste Spektrosko- pie und Analytik stehen heute in vielen Labors zur Verfügung. Das Zusammenwirken von Na- nostrukturen versteht man immer besser. Man kann es nutzen, um Sy- steme mit neuartigen Eigenschaften herzustellen. Alle drei Punkte zeichnen sich dadurch aus, daß sie über gewach- sene Abgrenzungen zwischen den Disziplinen hinaus von Bedeutung sind. Zum Beispiel wird die Synthe- se kleiner Metall- und Halbleiter- cluster auf sehr verschiedenen Wegen durchgeführt, von den phy- sikalisch geprägten Molekular- strahlverfahren [1] über kolloid- [2] und elektrochemische [3] Präpara- tionstechniken bis zu den metall- organischen Synthesen der Chemie. Neben den Fragen zu Struktur und Eigenschaften wechselwirkungsfrei- er Cluster, die allen Ansätzen ge- mein sind, interessiert man sich zunehmend dafür, solche Nano- Objekte auf einem Substrat in mög- lichst vordefinierter räumlicher Anordnung zu deponieren und miteinander in Wechselwirkung zu bringen. Hierfür lassen sich wieder- um Methoden und Verfahren aus sehr unterschiedlichen Forschungs- bereichen einsetzen und kombinie- ren, zum Beispiel lithographische Techniken, kontrollierte Kristalli- sationsprozesse und die an dem Vorbild der Biologie orientierten Selbstorganisations- und Templat- prozesse mit molekularen Baustei- nen. Unter Templateffekten versteht man dabei die Vorgabe einer defi- nierten, räumlich begrenzten Geo- metrie, die das Wachstum, die Struktur und die Anordnung des darauf aufbauenden Systems kon- trolliert. Damit wird der Versuch unternommen, die Wechselwirkung der Nano-Objekte mit der Unterla- ge bzw. zwischen den Nano-Objek- ten so zu beeinflussen, daß die re- sultierenden Hybridstrukturen neue Funktionen aufweisen. Im ersten Schritt gilt es, die Na- nostrukturen herzustellen. Konven- tionell werden periodische oder aperiodische Mikrostrukturen für elektronische und optische Bauele- mente und Sensoren mit Hilfe ver- schiedener Lithographietechniken wie UV-, Elektronenstrahl- oder Atomstrahl-Lithographie präpariert [4, 5]. Die typischen Abmessungen liegen dabei im Bereich von einigen Mikrometern bis zu einigen zehn Nanometern. Diese Vorgehens- weise, von größeren zu kleineren Strukturen zu gelangen, wird auch als Top-Down-Strukturierung be- zeichnet. Sie stellt den heutigen Standard dar. Im folgenden möchten wir einen alternativen Ansatz vorstellen, der auf der Selbstorganisation von Makromolekülen beruht, die dabei größere Strukturen auf vorgege- benen Substraten ausbilden. Man spricht in diesem Fall auch von ei- nem Bottom-Up-Ansatz. Die dabei entstehenden anorganischen Na- noinseln aus beispielsweise Gold, Silber, Platin, Nickel oder Kobalt sind zunächst in eine organische Matrix eingebettet, lassen sich aber als Masken für konventionelle Ätz- verfahren wie Plasma- und Ionen- strahl-Ätzen einsetzen. Bevor wir Beispiele für diesen Alternativ- ansatz geben, beschreiben wir zu- nächst einige Grundlagen zu den hauptsächlich benutzten Makro- molekülen. Mizellen als Nanoreaktoren Chemisch unterschiedliche Poly- mere, Polymer A und Polymer B, mit ausreichend hohen Molekular- gewichten mischen nicht miteinan- der. Statt dessen bilden sich mehre- re Mikrometer große „Phasen“ aus, bestehend aus Ansammlungen der Polymere A und Ansammlungen der Polymere B [6]. Verknüpft man zwei chemisch unterschiedliche Po- lymere an einem der Enden kova- lent, so erhält man ein Zweiblock- copolymer und zwingt somit die Polymere dazu, sich auf molekula- rer Ebene zu organisieren (Abb. 1). Die Löslichkeiten beider Poly- mere in einem Zweiblockcopolymer unterscheiden sich im allgemeinen. Daraus resultieren wichtige Konse- quenzen. Das Zweiblockcopolymer Polystyrol-Block-Polyvinylpyridin (PS-b-PVP) bildet in dem apolaren Lösungsmittel Toluol sogenannte Zweiblockcopolymer-Mizellen. Ei- ne Mizelle besteht aus einer defi- nierten Anzahl assoziierter Zwei- Nanolithographie mit selbstorganisierenden Masken Mit Polymeren lassen sich Metallcluster geordnet auf einem Substrat deponieren Joachim P. Spatz, Martin Möller und Paul Ziemann Physikalische Blätter 55 (1999) Nr. 12 0031-9279/99/1212-49 $17.50+50/0 © WILEY-VCH Verlag GmbH, D-69451 Weinheim, 1999 Abb. 1: Zwei unterschiedliche Polymere können durch kovalente Bin- dung ein Zweiblockcopolymer bilden (links). Mehrere solcher Copolymere verbinden sich unter geeigneten Bedingungen zu sogenannten Mizellen, in deren Kern sich metallische Nano- cluster einbetten lassen (rechts). Bei der Benetzung von Ober- flächen mit Mizellen-Lösungen ordnen sich die Mizellen in ei- ner Monolage an. Die Nanocluster werden anschließend durch einen Ätzprozeß auf die Substratoberfläche übertragen.

Nanolithographie mit selbstorganisierenden Masken: Mit Polymeren lassen sich Metallcluster geordnet auf einem Substrat deponieren

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Page 1: Nanolithographie mit selbstorganisierenden Masken: Mit Polymeren lassen sich Metallcluster geordnet auf einem Substrat deponieren

Im Blickpunkt

49

Dr. Joachim P. Spatzund Prof. Dr. MartinMöller, Abt. Organi-sche Chemie III –MakromolekulareChemie, Prof. Dr.Paul Ziemann, Abt.Festkörperphysik,Universität Ulm,89081 Ulm

Die selbstorganisierende Anord-nung von Makromolekülen aufOberflächen ermöglicht es, Sub-strate mit anorganischen Clusterngezielt zu dekorieren. Dabei las-sen sich Strukturgrößen von weni-gen Nanometern erzielen. DiesesVerfahren bildet die Basis für eineVielzahl fächerübergreifender Ex-perimente und könnte in der Zu-kunft die herkömmlichen Litho-graphieverfahren ergänzen.

M it dem Begriff „Nanotech-nologie“ verknüpfen Chemi-ker, Physiker und Ingenieu-

re oft verschiedene Vorstellungen.Die daraus resultierenden Unklar-heiten und Kommunikationsschwie-rigkeiten hängen auch damit zu-sammen, daß wichtige Aspekte derNanotechnologie nicht unbedingtneu, sondern Bestandteil etablierterWissenschaftsdisziplinen sind. Den-noch tritt die Nanotechnologie zu-nehmend als eigenständiges For-schungsgebiet in Erscheinung. Dasläßt sich vor allem auf drei Ent-wicklungen zurückführen:� Die Synthese und die Hand-habung nanometergroßer Objekteund Funktionseinheiten machensignifikante Fortschritte. � Neue Untersuchungsmethodenwie die Rastersondenmikroskopieund die ortsaufgelöste Spektrosko-pie und Analytik stehen heute invielen Labors zur Verfügung. � Das Zusammenwirken von Na-nostrukturen versteht man immerbesser. Man kann es nutzen, um Sy-steme mit neuartigen Eigenschaftenherzustellen.

Alle drei Punkte zeichnen sichdadurch aus, daß sie über gewach-sene Abgrenzungen zwischen denDisziplinen hinaus von Bedeutungsind. Zum Beispiel wird die Synthe-se kleiner Metall- und Halbleiter-cluster auf sehr verschiedenenWegen durchgeführt, von den phy-sikalisch geprägten Molekular-strahlverfahren [1] über kolloid- [2]und elektrochemische [3] Präpara-tionstechniken bis zu den metall-organischen Synthesen der Chemie.Neben den Fragen zu Struktur undEigenschaften wechselwirkungsfrei-

er Cluster, die allen Ansätzen ge-mein sind, interessiert man sichzunehmend dafür, solche Nano-Objekte auf einem Substrat in mög-lichst vordefinierter räumlicherAnordnung zu deponieren undmiteinander in Wechselwirkung zubringen. Hierfür lassen sich wieder-um Methoden und Verfahren aussehr unterschiedlichen Forschungs-bereichen einsetzen und kombinie-ren, zum Beispiel lithographischeTechniken, kontrollierte Kristalli-sationsprozesse und die an demVorbild der Biologie orientiertenSelbstorganisations- und Templat-prozesse mit molekularen Baustei-nen. Unter Templateffekten verstehtman dabei die Vorgabe einer defi-nierten, räumlich begrenzten Geo-metrie, die das Wachstum, dieStruktur und die Anordnung desdarauf aufbauenden Systems kon-trolliert. Damit wird der Versuchunternommen, die Wechselwirkungder Nano-Objekte mit der Unterla-ge bzw. zwischen den Nano-Objek-ten so zu beeinflussen, daß die re-sultierenden Hybridstrukturen neueFunktionen aufweisen.

Im ersten Schritt gilt es, die Na-nostrukturen herzustellen. Konven-tionell werden periodische oderaperiodische Mikrostrukturen fürelektronische und optische Bauele-mente und Sensoren mit Hilfe ver-schiedener Lithographietechnikenwie UV-, Elektronenstrahl- oderAtomstrahl-Lithographie präpariert[4, 5]. Die typischen Abmessungenliegen dabei im Bereich von einigenMikrometern bis zu einigen zehnNanometern. Diese Vorgehens-weise, von größeren zu kleinerenStrukturen zu gelangen, wird auchals Top-Down-Strukturierung be-zeichnet. Sie stellt den heutigenStandard dar.

Im folgenden möchten wir einenalternativen Ansatz vorstellen, derauf der Selbstorganisation vonMakromolekülen beruht, die dabeigrößere Strukturen auf vorgege-benen Substraten ausbilden. Manspricht in diesem Fall auch von ei-nem Bottom-Up-Ansatz. Die dabeientstehenden anorganischen Na-noinseln aus beispielsweise Gold,

Silber, Platin, Nickel oder Kobaltsind zunächst in eine organischeMatrix eingebettet, lassen sich aberals Masken für konventionelle Ätz-verfahren wie Plasma- und Ionen-strahl-Ätzen einsetzen. Bevor wirBeispiele für diesen Alternativ-ansatz geben, beschreiben wir zu-nächst einige Grundlagen zu denhauptsächlich benutzten Makro-molekülen.

Mizellen als NanoreaktorenChemisch unterschiedliche Poly-

mere, Polymer A und Polymer B,mit ausreichend hohen Molekular-gewichten mischen nicht miteinan-der. Statt dessen bilden sich mehre-re Mikrometer große „Phasen“ aus,bestehend aus Ansammlungen derPolymere A und Ansammlungender Polymere B [6]. Verknüpft manzwei chemisch unterschiedliche Po-lymere an einem der Enden kova-lent, so erhält man ein Zweiblock-copolymer und zwingt somit diePolymere dazu, sich auf molekula-rer Ebene zu organisieren (Abb. 1).

Die Löslichkeiten beider Poly-mere in einem Zweiblockcopolymerunterscheiden sich im allgemeinen.Daraus resultieren wichtige Konse-quenzen. Das ZweiblockcopolymerPolystyrol-Block-Polyvinylpyridin(PS-b-PVP) bildet in dem apolarenLösungsmittel Toluol sogenannteZweiblockcopolymer-Mizellen. Ei-ne Mizelle besteht aus einer defi-nierten Anzahl assoziierter Zwei-

Nanolithographie mit selbstorganisierenden Masken

Mit Polymeren lassen sich Metallcluster geordnet auf einem Substrat deponieren

Joachim P. Spatz, Martin Möller und Paul Ziemann

Physikalische Blätter55 (1999) Nr. 120031-9279/99/1212-49$17.50+50/0© WILEY-VCH Verlag GmbH,D-69451 Weinheim, 1999

Abb. 1:Zwei unterschiedliche Polymere können durch kovalente Bin-dung ein Zweiblockcopolymer bilden (links). Mehrere solcherCopolymere verbinden sich unter geeigneten Bedingungen zusogenannten Mizellen, in deren Kern sich metallische Nano-cluster einbetten lassen (rechts). Bei der Benetzung von Ober-flächen mit Mizellen-Lösungen ordnen sich die Mizellen in ei-ner Monolage an. Die Nanocluster werden anschließend durcheinen Ätzprozeß auf die Substratoberfläche übertragen.

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Physikalische Blätter55 (1999) Nr. 1250

Im Blickpunkt

blockcopolymere, die ein Kern- undein Schalenvolumen bilden. Imkonkreten Fall assoziieren die pola-ren PVP-Blöcke in der Lösung. Derdadurch entstehende PVP-Kern ei-ner Mizelle wird von einer apolarenPS-Schale umgeben, da letztere inToluol sehr gut löslich ist. Eine sol-che Mizelle ist in Abb. 1 skizziert.Entscheidend ist nun, daß der pola-re Kernbereich einer Mizelle che-misch modifiziert werden kann. Solassen sich die Mizellen in Lösunggleichmäßig mit anorganischen Sal-zen beladen. Besonders interessantist dies, wenn die anorganischenSalze eine metallische Komponentebeinhalten, wie beispielsweiseHAuCl4 [7, 8]. Denn die metalli-schen Komponenten lassen sichdurch einen chemischen Prozeß zueinem einzelnen metallischen Na-nocluster umsetzen, wobei in jedereinzelnen Mizelle ein gleichgroßesTeilchen abgeschieden wird(Abb. 2). Dabei ist die Größe eines

Clusters in jeder Mizelle durch dieeingelagerte Menge an Salz be-stimmt. Sie läßt sich auf einigeNanometer genau einstellen.

Die Mizelle bildet ein „Templat“,welches die Größe und das Wachs-tum des Nanoteilchens kontrolliert.Da es sich in der Mizelle um einennanometergroßen Reaktorraumhandelt, werden die mizellaren Ein-heiten auch als Nanoreaktoren be-zeichnet [9]. Die mizellaren Lösun-gen zeichnen sich durch sehr guteFilmbildung aus: Die Benetzungeiner Festkörperoberfläche mit ei-ner mizellaren Lösung definierterKonzentration resultiert in hochge-ordneten Filmen, deren Dicke aufeine einzige Lage aus Mizellen be-schränkt werden kann (monomizel-lare Filme).

Abbildung 3a zeigt die Raster-kraftmikroskop-Aufnahme einessolchen Films mit Höhenprofil.Während die Rasterkraftmikrosko-pie (AFM) die Topographie des mo-

nomizellaren Films gut darstellt, er-laubt die Transmissionselektronen-mikroskopie, durch die polymereHülle hindurchzuschauen und diedarin eingelagerten 6 nm großenAu-Nanocluster aufgrund der ho-hen Elektronendichte als schwarzePunkte abzubilden (Abb. 3b). DieGrößenverteilung der Cluster inAbb. 3c zeigt, daß 75 % der Clustereine Größe von (6 ± 0,5) nm besit-zen, bzw. 99 % der Cluster eineGröße von (6 ± 1) nm. Die Mizel-len, mit denen die Nanocluster aufder Oberfläche positioniert werden,erscheinen gegenüber den Au-Teil-chen nahezu transparent. Derzeitlassen sich in dieser Qualität Au-,Ag-, Pt-, Pd-, Co-, Ni- und Fe-Na-nocluster zwischen 1 und 20 nmDurchmesser und Abständen zwi-schen 30 und 160 nm synthetisie-ren. Die Clustergröße und -art wirddabei durch die Menge und Art deranorganischen Einwaage und derlaterale Abstand der Cluster durchdie Länge des Zweiblockcopoly-mers eingestellt.

Nanoinseln auf Festkörper-oberflächen Mizellare Hybridsysteme lassen

sich, wie die in Abb. 3 gezeigten Fil-me mit Goldclustern, für die geord-nete Abscheidung metallischer odermetalloxidischer Nanoinseln aufnahezu beliebigen Substraten ver-wenden, wobei die Metallinselnnicht mehr von einer organischenMatrix umgeben sind [10]. Dies ge-lingt durch die rückstandsfreie Ent-fernung der Polymerhülle durcheinen Plasmaprozeß, ohne daß da-bei die bereits bestehende Ordnungder Metallcluster zerstört wird.Dafür verwendet man üblicherweise

Abb. 2: Zweiblockcopolymere wie Polystyrol-Block-Polyvinylpyridin assoziieren inapolaren Lösungsmitteln zu Mizellen.Durch die chemische Modifizierung derpolaren Kerndomäne lassen sich in dasZentrum der Mizelle Metallatome einla-gern. Im skizzierten Fall protoniert dieTetrachlorgoldsäure (HAuCl4) das Stick-stoffatom einer Vinylpyridin-Monomer-einheit des Polyvinylpyridin-Blocks. Diemetallische Vorstufe einer jeden Mizellewird anschließend in einem Reduktions-prozeß mit Hydrazin zu einem einzelnenmetallischen Nanocluster umgesetzt, wo-bei in jeder einzelnen Mizelle ein gleich-großes Teilchen abgeschieden wird. DieGröße eines solchen Clusters wird durchdie Salzkonzentration in der mizellarenLösung kontrolliert [9].

Abb. 3: �� a) Rasterkraftmikroskop-Aufnahme ei-nes monomizellaren Films. Der Höhen-verlauf der schwarzen Linie ist unter derAbbildung ersichtlich. In jeder derZweiblockcopolymer-Mizellen befindetsich ein 6 nm großes Goldteilchen.

�� b) Aufgrund des großen Kontrastunter-schiedes zwischen Goldteilchen undPolymermatrix können die metallischenNanoinseln mittels Transmissionselek-tronenmikroskopie durch die polymereHülle betrachtet werden.

�� c) Die Größenverteilung der Clusterzeigt, daß 75 % der Cluster eine Größevon 6 nm ±± 0,5 nm besitzen, bzw. 99 %der Cluster eine Größe von 6 nm ±± 1 nm.

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Im Blickpunkt

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ein oxidierendes Sauerstoffplasmaoder ein reduzierendes Wasserstoff-plasma. Von praktischer Bedeutungist dabei, daß für die Abscheidungregelmäßiger Goldclusterfelder diemit dem Salz beladenen Mizellendirekt eingesetzt werden können,d. h. das Salz wird durch den Plas-maprozeß direkt zum Metall redu-ziert, ohne Hydrazin.

Die Rasterkraftmikroskop-Auf-nahme in Abb. 4 zeigt das Ergebnisder Sauerstoff-Plasmabehandlungdes auf Glas deponierten monomi-zellaren Polymerfilms aus Abb. 3a.Offensichtlich bleibt die ursprüng-liche mizellare Ordnung der Gold-nanocluster erhalten. Im Vergleichzu Abb. 3a ist der Kontrast der Ab-bildung deutlich erhöht. Währendman in Abb. 3a mit einer hartenSiO2-Nadel eine weiche Polymer-oberfläche abtastete, konnte inAbb. 4 eine harte Substratober-fläche abgebildet werden, was dieAuflösung erhöht. Die Höhenvaria-tion, die man den jeweiligen Hö-henprofilen entnehmen kann, zeigteinen deutlichen Rückgang nachder Plasmabehandlung. Die Gold-nanoteilchen sind mit 8 nm Durch-messer zudem wesentlich kleinerals die komplette Zweiblockcopoly-mer-Mizelle.

Das Konzept der Clusterbildungin Zweiblockcopolymer-Mizellenerlaubt es, die Clusterabstände unddie Clusterdurchmesser gezielt zumanipulieren, indem man die Mole-kulargewichte der eingesetzten Po-lymerblöcke und die anorganischeEinwaage variiert. Abbildung 5zeigt die Clusterhöhen und Cluster-abstände von Goldinseln aufunterschiedlichen Substraten. DieAngabe der lateralen Größe derCluster ist wegen der unvermeidli-chen Faltung mit der Geometrie derAFM-Nadel stark fehlerbehaftet;dagegen läßt sich die Höhe der Clu-ster bis auf wenige Angström genaubestimmen.

Die Nanocluster zeigen eine er-staunlich hohe Haftung auf ver-schiedensten Substraten. So werdensie weder in Kontakt mit polarenLösungsmitteln abgelöst nochdurch die AFM-Technik unter Stan-dardbedingungen verschoben. Diesermöglicht die nachträgliche chemi-sche Modifizierung der Nanoinselnund ihre Verwendung als Punkt-kontakte zur Anbindung einzelnerMakromoleküle.

Strukturierung vonSubstratoberflächen Die bei sorgfältiger Abscheidung

gut geordneten, metallbeladenenmizellaren Monoschichten könnenals Maske zur Übertragung dieserOrdnung in ein unterliegendes Sub-strat dienen [11]. Hierzu wird dasmit der Monoschicht bedeckte Sub-strat einem Ionenstrahl ausgesetzt(typisch 1 keV Ar+), wodurch eslokal abgetragen und damit struktu-riert wird. Dabei läßt sich der fürorganische und anorganische Mas-kenmaterialien stark unterschied-liche Abtragungskoeffizient durchdie Argon-Ionen zur ortsselektivenÄtzung ausnützen, um das durchdie mizellare Kern-Schale-Strukturvorgegebene Muster als Ober-flächenrelief in das Festkörpersub-strat zu übertragen. Dieses Parallel-verfahren ermöglicht die einfacheModifizierung großer Oberflächen,wobei die kleinsten erreichbarenStrukturen durch den Teilchen-durchmesser von 1 – 20 nm vorgege-ben sind. Abbildung 6 zeigt dieStrukturierung eines Substrates miteinem mizellaren Film als Maske.Der Endzustand des Substrats wirddabei maßgeblich durch die in denZweiblockcopolymeren eingebautenanorganischen Komponenten kon-trolliert.

Auf diese Weise lassen sich re-gelmäßige Insel- bzw. Lochreliefs ineine Halbleiterschicht einprägen,wobei aus einem zwei-dimensiona-len Halbleiterschichtsystem eineReihe von null-dimensionalenHalbleiterpunkten hervorgehen.Abbildung 7a zeigt 20 nm hohe In-seln eines GaInAsP-Wafers. Hierwurden Schichten unterschiedlicherDotierkonzentration epitaktisch aufeinen GaAs-Wafer aufgewachsenund anschließend lokal wieder ab-getragen wie in Abb. 6 skizziert.

Abb. 4:Rasterkraftmikroskop-Aufnahmen vonGoldnanoclustern nach der rückstands-freien Entfernung der organischen Matrixdes monomizellaren Films aus Abb. 3a.Man erhält 8 nm große Au-Nanoinselnauf einer Glasoberfläche. Das darunterabgebildete Höhenprofil wurde längs derdurchgezogenen Linie vermessen, dieHöhe des Rahmens entspricht 15 nm. Abb. 5:

Goldcluster unterschiedlicher Größe und Abstände auf Glim-mer. Die folgenden Zahlen in Klammern nach der Polymer-block-Angabe entsprechen der jeweilige Anzahl der Monomer-einheiten. L ist das stöchiometrische Verhältnis zwischen derAnzahl an Vinylpyridin-Einheiten und HAuCl4-Molekülen. � a) PS(800)-b-PVP(860), L = 0,5, ∅∅ = 12 nm, Cluster-Cluster-Abstand = 80 nm auf Glimmer� b) PS(350)-b-PVP(50), L = 0,5, ∅∅ = 2 nm, Cluster-Cluster-Abstand = 25 nm auf Glimmer� c) PS(1700)-b-PVP(450), L = 0,1, ∅∅ = 3 nm, Cluster-Cluster-Abstand = 140 nm auf Glimmer � d) PS(1700)-b-PVP(450), L = 0,5, ∅∅ = 10 nm, Cluster-Cluster-Abstand = 100 nm

Abb. 6: Mizellare Filme als Maske zur Strukturierung von Substraten. �� Links: Punktförmige Inseln entstehen aufgrund der Topogra-phie des mizellaren Films und der Einlagerung eines an dasKernpolymer komplexierten Salzes. �� Rechts: Punktförmige Löcher entstehen aufgrund der Um-wandlung der eingelagerten HAuCl4 zu einem Au-Nanocluster.Gold wird durch das Argon-Ionen-Ätzen deutlich schneller ab-getragen als das aus leichten Elementen aufgebaute Polymer.

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Im Blickpunkt

Pro 1 mm2 Substratfläche werdenbis zu 109 Punkte erzeugt, ein Wert,der an die besten Lithographie-Verfahren heranreicht. Allerdingserlaubt die hier beschriebene Me-thode eine Bedeckung von makro-skopisch großen Flächen. AuchLöcher lassen sich so erzeugen, wie in Abb. 7b gezeigt.

AusblickDer dargestellte Weg, geordnete

Strukturen von metallischen odernicht-metallischen Nanoinseln zupräparieren, eröffnet Perspektiven,die weit über die Anwendung alsdirekte Ätzmasken hinausgehen. So können die Nanoinseln, aufge-bracht auf einkristalline Substrate,als Inhibitoren für epitaktischesWachstum dienen und es erlauben,elektronische Eigenschaften auf der

Nanoskala zu modulieren. Geord-nete Strukturen von magnetischenNanoinseln lassen sich als Zentrenfür Potential- oder Spinstreuungausnutzen. Für biophysikalischeFragestellungen eröffnen die Clu-ster die Möglichkeit, selektiv Pepti-de zu binden, die dann ihrerseitsals Adhäsionszentren für biologi-sche Zellen fungieren. Damit solltesich die Wechselwirkung eines ein-zelnen Peptids mit biologischer Ma-terie untersuchen lassen. Dies istinsbesondere von Interesse, wennman einzelne nanometergroße Clu-ster einige Mikrometer voneinandertrennen und durch lichtmikroskopi-sche Techniken einzeln ansprechenbzw. abfragen kann. Aber selbstver-ständlich sind die Nanocluster undihre Eigenschaften selbst ein span-nendes Forschungsgebiet für denÜbergang vom Atom und Molekülzum Festkörper.

DanksagungDie Arbeit wurde durch die DFG

im Rahmen des Sonderforschungs-bereiches 239 und den Fonds derChemischen Industrie gefördert.Die Autoren bedanken sich für dieHerstellung von exzellenten Halb-leiterschichtsubstraten durch dieAbt. Halbleiterphysik der Univer-sität Ulm (Prof. Dr. Rolf Sauer, PDDr. Klaus Thonke, Karl Bitzer). DieArbeiten wurden in einer Vielzahlvon Diplom- und Doktorarbeitenerstellt. Hierbei gilt der Dank ins-besondere den Diplom-ChemikernStefan Mößmer, Christoph Hart-mann, Oliver Mayer und denDiplom-Physikern Thomas Herzogund Dr. Alfred Plettl.

Literatur[1] K. H. Meiwes-Broer, Phys. Bl.,

Januar 1999, S. 21[2] F. Burmeister, W. Badowsky,

T. Braun, S. Wieprich, J. Boneberg,P. Leiderer, Appl. Surf. Sci. 144,461 (1999)

[3] D. M. Kolb, R. Ullmann, T. Will,Science 275, 1097 (1997)

[4] D. Goldhaber-Gordon, M. S. Mon-temerlo, J. Ch. Love, G. J. Opiteck,J. C. Ellenbogen, IEEE 85, 521(1997)

[5] D. Haubrich, D. Meschede, T. Pfau,J. Mlynek, Phys. Bl., Juni 1997, S.523

[6] G. Krausch, Materials Research Re-ports 14, 1 (1995)

[7] M. Möller, J. P. Spatz, Current Opi-nion in Colloid & Interface Scien-ce 2, 177 (1997)

[8] S. Förster, M. Antonietti, Adv. Mat.10, 195 (1998)

[9] J. P. Spatz, S. Sheiko, M. Möller,Macromolecules 29, 3220 (1996); J. P. Spatz, A. Roescher, M. Möller,Adv. Mat. 8, 337 (1996); J. P. Spatz, S. Mößmer, M. Möller,Chemistry A European Journal 2,1552 (1996)

[10] J. P. Spatz, S. Mößmer, T. Herzog,A. Plettl, P. Ziemann, M. Möller,Langmuir (im Druck)

[11] J. P. Spatz, T. Herzog, S. Mößmer,P. Ziemann, M. Möller, Adv. Mat.11, 149 (1999)

Abb. 7: �� a) 20 nm hohe Türmchen eines GaInAsP-Wafers. �� b) 10 nm tiefe Löcher in einem GaAs-Wafer. �� c) Die mizellare Maske wird in eine Schichtstruktur mit unterschiedlicher Dotierungsdichte eingeprägt.