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„Die tun ja echt nichts“ Hinz&Künztler auf süßer Mission: Imker Erhard Klein hat uns zur Ernte besten Biohonigs eingeladen Von Beatrice Blank (Text) und Mauricio Bustamante (Fotos) 4 MF MF WWW_24-27_bienen-04.indd 24 02.11.2009 13:55:32 Uhr

Naturkost

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Naturkost magazin

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„Die tun ja echt nichts“Hinz&Künztler auf süßer Mission: Imker Erhard Klein hat uns zur Ernte besten Biohonigs eingeladenVon Beatrice Blank (Text) und Mauricio Bustamante (Fotos)

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Wir Imker: Torsten (oben links) zerstampft die Waben, Balu assistiert. Isabel Schwartau füllt die Masse zum Filtern um. Unser Lohn: zäh fließendes süßes Gold

erhard klein. „hier finden die Bienen im näheren umkreis die unterschiedlichsten Pflanzen – und das macht den guten, leckeren honig aus.“

Bio-honig produziert laut eu-Richtlinien, wer unter an-derem die tiere artgerecht hält und auf Chemikalien bei der ernte und der Behandlung von krankheiten verzichtet. hin-gegen ist es kein Bio-kriterium, dass die Bienen nur Pflanzen bef liegen, die nach streng ökologischen Gesichtspunkten gezogen werden. das ist auch unmöglich: „in der gesamten eu gibt es keine ökologische Fläche, die Bio-kriterien ent-spricht und groß genug wäre, um den Flugradius der Bienen abzudecken“, sagt erhard klein, dessen honig kein Bio-Siegel hat, weil er ihn nicht verkauft, sondern lieber an Freunde verschenkt und selbst schlemmt.

zusammen mit Mellifera, dem Verein für wesensgemäße Bienenhaltung, hat er ein konzept entwickelt, das imkern ganz einfach macht. Man braucht dazu tatsächlich kaum mehr als eine holzkiste und zwölf Stunden zeit im Jahr. idealerweise stellt man seinen Bienenstock im Garten auf. Aber eine dachterrasse oder ein Balkon würden es auch tun. „hauptsache, die Bienen haben Platz, um raus- und reinzu-fliegen.“

Ob den nachbarn das gefällt? Auch in erhard kleins Gartenkolonie waren anfangs nicht alle Schreber begeistert: „Familien mit kindern haben eher Angst. Ältere Menschen weniger.“ denn diese wüssten auch: Mit einem Bienenvolk kann jeder einen wirklich wertvollen Beitrag zum umwelt-schutz leisten – und zur Volkswirtschaft. „nach kuh und

Schwein ist die Biene das wichtigste nutztier in deutschland“, sagt erhard klein. ihr Beuteflug sorgt dafür, dass nutz- und zierpflanzen bestäubt werden. das ist überlebenswichtig für viele Obstbäume und Beerensträucher.

hinz&kunzt-Verkäufer torsten trägt eine verirrte Biene aus dem Schuppen, in dem wir unseren selbst geernteten honig in einmachgläser gefüllt haben. „du bist der Bienen-retter“, sagt Jürgen. „du bist mutig.“ erhard kleins Lächeln wird breiter: „na ja, begrenzt mutig.“

trotzdem findet er, wir haben uns jeder ein honig-brötchen verdient. und beim gemütlichen Frühstück in der Morgensonne erklärt erhard klein sie uns noch mal genau, die Sache mit den Bienchen und den Blümchen.

Imkern für Jedermann

Mit Erhard Kleins Konzept „Die Bienenkiste“ ist Imkern ganz ein-

fach. Die Ausrüstung, wie Smoker, Eimer, Handfeger und Tücher

zum Honigfiltern kostet einmalig rund 120 Euro. Die Bienenkiste

können Heimwerker selbst aus Holz bauen. Das ist besonders

güns tig, wenn man zum Beispiel alte Regalbretter (nur aus unbe-

handeltem Holz) verwendet. Eine Bauanleitung steht unter

www.bienenkiste.de. Etwas teurer wird es, wenn man sich die

Kiste von einem Schreiner anfertigen lässt. Bienenvölker kann

man von anderen Imkern kostenlos oder gegen eine kleine

Aufwands entschädigung bekommen. Auf seiner Homepage

betreibt Erhard Klein auch eine Bienenvölkerbörse, vermittelt

Anfänger an erfahrene Imker und gibt Tipps zur Bienenhaltung.

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Muscheln

Darf man nun Muscheln ganzjährig essen oder

nicht? Auf der Website www.kochmesser.de wird

die Frage so beantwortet: In unseren Breiten haben

Muscheln in den Monaten September bis April

Saison und werden vorwiegend aus deutscher und

niederländischer Ernte angeboten. Muschelvergif-

tungen treten nur in heißen Monaten (ohne den

Buchstaben „R“ im Namen) auf, da dann Algen

blühen und während der Blüte Toxine bilden. Durch

Filtriervorgänge nehmen Muscheln die Algentoxine

mit dem Wasser auf. Die Toxine können sich so

in gefährlichen Konzentrationen in den Muscheln

anreichern. Außerdem herrschten früher schlech-

tere Lager- und Transportbedingungen, die eher

zum Verderb führten. So war es nur logisch, in den

heißen Monaten auf Muscheln zu verzichten. Heute

ist durch eine umfassende EU-Gesetzgebung gewähr-

leistet, dass ganzjährig sowohl die Aufzuchtgebiete

an den Küsten bezüglich Algen und Bakterien, als

auch alle für die Ernte von Muscheln relevanten

Küstenbereiche über ein Frühwarnsystem für Algen-

toxine kontrolliert werden. In den Reinigungs- und

Verpackungszentren werden die Muscheln erst nach

Kontrolle auf Unbedenklichkeit für den Verzehr frei-

gegeben. So wird eine gesundheitliche Beeinträchti-

gung der Verbraucher durch Algentoxine und durch

schädliche Bakterien weitgehend ausgeschlossen.

der Männer. „Und ganz erstaunt stellte er fest, dass viele von ihnen hier bei uns sind.“ Eigentlich wollten wir ja die Kolle-gen von der Brücke zum Essen einladen, aber die winken nur ab. „Wir wissen, dass ihr von Hinz&Kunzt seid“, sagt einer lächelnd. „Aber Fisch mögen wir trotzdem nicht.“

Wir fangen zwar nichts, aber wir reden mal so, als ob … „Wenn so ein Fisch einen Haken ins Maul kriegt, ist das gar nicht so schlimm“, behaupten Tommy, Fritz und Harald uni-sono. Angeblich haben Fische im Maul so eine Art Hornplatte und keine Nerven. „Manchmal reißt die Angelschnur, und der Fisch schwimmt weg mit dem Haken – und lebt munter weiter“, sagt Tommy.

Tommy redet überhaupt viel dafür, dass er vom Angeln keine Ahnung hat. „Wieso angeln? Fische kann man doch im Geschäft kaufen!“, ist seine Devise. Getötet hat er Fische allerdings schon … Das war so: Tommy war bei der Bun-deswehr, und es gab eine Übung mit Handgranaten, er hatte verstanden, dass er sie wegwerfen sollte. Jedenfalls warf er die Handgranate weit von sich, die landete im Karpfenteich, die Handgranate explodierte und … Man kann es sich lebhaft vorstellen. Für den Wahrheitsgehalt dieser Räuberpistole würde ich allerdings nicht die Hand ins Feuer legen.

Die Muscheln sind fertig, wir haben Suppenteller dabei und richtiges Besteck. „Wär’ doch nicht nötig gewesen“, sagt Harald. Der Sud ist durch den vielen Wein zu bitter geraten. Aber wir essen die Muscheln so, ohne den Sud, den ich sonst

eigentlich mit am liebsten mag. Fotograf Mauricio Busta-mante hält sich zurück. „Ich esse nicht so gerne Fisch“, sagt er. „Eher Brathähnchen. Am liebsten so, wie es meine Mutter gemacht hat.“

Jetzt, beim Essen von Discounterfischen, kommen die bes­ten Anglergeschichten auf den Tisch. Fritz behauptet, er habe hier schon Zander und Hecht geangelt. Am Kaispeicher, wo er Platte gemacht hat, sogar Aal und Butt. Hecht mag er am liebsten – ganz rustikal: In einer Pfanne Butter zerlassen, Hecht rein, Salz, Pfeffer, Zitrone. Das war’s. Dazu ein Stück Brot. „Hecht ist wunderbar“, schwärmt Fritz mit einem Sei-tenblick auf die Angel, die bewegungslos im Wasser hängt. „Hat auch so wenig Gräten.“

Da, da hat sich doch was bewegt! Sollte etwa doch, jetzt wo wir satt sind, ein Fisch angebissen haben? Harald zieht die Angel raus. Und das glaubt uns jetzt keiner: Da hängt weder eine Forelle noch ein Zander dran, auch kein Stiefel oder Fahrrad, sondern eine Muschel. Eine sehr kleine noch dazu. Harald und Fritz feixen. Ich setze mein Pokerface auf. Zeige weder Erstaunen noch Misstrauen. Aber ich bin mir sicher, hier unter der Kennedybrücke haben wir gerade die neueste Form des Anglerlateins entwickelt: Andere prahlen mit den größten Fischen, wir mit der kleinsten Muschel.

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Brathähnchen

Bustamantevon Mauricio Bustaman-

tes Mutter

Zutaten

1 Hähnchen

12 mittelgroße Kartoffeln

2 Zwiebeln

1 Paprikaschote

2 Knoblauchzehen

1 grüner Apfel

Olivenöl

2 TL Senf

Saft von 1 Zitrone

1 EL Oregano

Zubereitung

Das Hähnchen waschen

und trockentupfen. Senf,

Zitronensaft und 2 EL

Olivenöl mischen. Hähn-

chen damit bestreichen.

Kartoffeln, Zwiebeln und

Apfel schälen. Kartoffeln

und Zwiebeln halbieren,

Apfel entkernen und ach-

teln. Paprika in Streifen

schneiden. Knoblauch-

zehen halbieren, nicht

schälen.

Das Hähnchen in einen

Bräter legen, restliche

Zutaten darum herum.

Etwas Olivenöl darüber

geben und kräftig salzen.

Für 1/2 Stunde bei 200°C

in den Ofen geben. Dann

herausnehmen, alles

einmal wenden, damit es

nicht festbackt. Oregano

darüber streuen und

nochmal für ca. 40 Min.

in den Ofen.

Dazu gibt es bei Busta-

mantes Salat mit Toma-

ten und Zwiebeln und

Ciabattabrot. Das Brot in

Scheiben schneiden, mit

Olivenöl beträufeln und

5 Min. mit im Backofen

rösten.

Oben: Hackebeil zum Holzschlagen. Unten: Kräuterbaguette zu den Muscheln

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Doch, doch! Schutzkleidung wollen wir schon. Jaja, passiert schon nichts, ist klar. Trotzdem! Wir schnallen die Schleier fest und stopfen die Hosenbeine in die Socken. „Könnte sein, dass die Bienen da unten reinfliegen und nicht mehr rausfinden.“

Wir sind extra früh aufgestanden, um mit Imker Erhard Klein in seinem Altonaer Schrebergarten Honig zu ernten. Denn morgens sind die Bienen schläfrig und noch weniger angriffslustig als sowieso schon, erklärt uns Erhard Klein. Der 40-Jährige ist überhaupt sehr gelassen im Umgang mit dem geschäftigen Insektenvolk, er macht das ja auch schon seit sieben Jahren. „Keine Angst“, beruhigt er uns. „Wenn eine Biene sich auf euch setzt, denkt die sich nichts dabei. Die tun nichts.“ Einmal durchatmen – manche von uns tiefer als andere – und ran an den süßen Speck.

Ein bisschen gemein kommen wir uns schon vor. Denn zuerst müssen wir die schläfrig summenden Majas und Willis in Panik versetzen: Erhard Klein simuliert mit einer Rauch-maschine, dem Smoker, einen Waldbrand. „Jetzt denken sie, sie müssen den Stock evakuieren“, erklärt er. „Sie packen sozusagen ihre Sachen, also ihren Honig.“ Dafür haben die Tiere extra einen sogenannten Honigmagen – kein Verdau-ungsorgan, sondern ein Lagerraum. Später werden die Bienen bemerken, dass sie einem Fehlalarm aufgesessen sind. Dann können sie den eingepackten Honig wieder auswürgen.

Aufgeschreckt durch den Rauch ziehen die Bienen sich ins Innere des Stocks zurück, aggressiv hat sie der vermeint-liche Brand aber nicht gemacht. Im Gegenteil: Eine fliehende Biene mit vollem Honigmagen fliegt besonnen und vermeidet Feindkontakt.

Gefahrlos können wir jetzt den Stock öffnen und die Wände mit den Waben herausnehmen – die sind zu unserem Glück immer noch prall mit Honig gefüllt, denn alles konnten die Bienen so schnell nicht wegfuttern.

Satte 15 Kilo erntet Erhard Klein im Jahr aus jedem sei-ner fünf Stöcke. Es könnte sogar noch mehr sein. „Aber dann würde ich den Tieren ihre Wintervorräte nehmen und müsste sie mit Zucker füttern.“ Konventionelle Imker machen das so. Ihre Rechnung geht auf, weil Zucker wesentlich billiger ist als Honig.

Erhard Klein aber imkert „wesensgemäß“. Das bedeutet, die Tiere nicht auszubeuten. Sie dürfen bei Imker Erhard Klein das tun und lassen, was ihrer Natur entspricht, zum Beispiel schwärmen: Die Hälfte der Gruppe verlässt im Ge-

folge der Bienenkönigin den Stock und setzt sich ein Stück-chen weiter in einen Baum oder Strauch. Von da aus suchen Kundschafter ein neues Zuhause für das Volk. Den Schwarm kann der Imker meist wieder zurückholen – dafür gibt es extra Transportkisten. Manchmal sind die Tiere aber auch unerreichbar oder haben einen neuen Stock gefunden, bevor der Imker sie erwischt. Dann hat er diesen Teil seiner Bienen verloren und sie stellen keinen Honig mehr für ihn her. Um das zu verhindern, stutzen manche Imker der Königin die Flügel. Denn wo sie ist, bleiben auch ihre Arbeiterinnen. Das finden wir noch viel gemeiner, als einen Waldbrand zu simu-lieren und den Bienenstock zu plündern.

Feige sind wir nicht, aber doch ganz froh, dass Balu vor-prescht. Er hat – genau wie der stoisch im geschäftigen Ge-summe stehende Torsten – auf Schutzkleidung verzichtet. „Ich hab das als Kind schon gemacht“, winkt Balu lässig ab und fegt ein paar Bienen weg, die sich in den Waben versteckt haben. Mit langsamen Bewegungen, ganz ruhig. Da werden auch die anderen Hinz&Künztler mutiger.

„Die tun ja echt nichts“, sagt Isabel Schwartau, die bei Hinz&Kunzt für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. Trotzdem: Als der Bienenkistendeckel zufällt, sind nicht nur die Tiere erleichtert. Fotograf Mauricio Bustamante liegt bäuchlings vor dem Eingang zur Kiste und knipst noch ein paar heimkehrende Bienen. Gut, dass er nicht hört, was Imker Erhard Klein uns erklärt: „Den Ein- und Ausgang sollte man den Bienen nicht versperren, da fühlen sie sich dann doch bedroht.“

Den heikelsten Teil der Imkerarbeit haben wir hinter uns. Jetzt müssen wir aus den Wachswaben-Platten goldglän-zenden, zäh fließenden Brotaufstrich machen. Dazu zerklei-nern wir die Waben in einem Eimer und filtern die Masse anschließend durch ein großes Tuch. Jeder darf mal ran.

Während Torsten noch die letzte Fuhre Waben mit einem großen Holzstock zerstampft, naschen Isabel und Jürgen schon mal: „Der schmeckt wirklich ganz anders als der aus dem Supermarkt.“ Imker Erhard Klein lächelt stolz.

Er erstellt hauptberuflich Webseiten und imkert, weil es ihm Spaß macht, nicht um Geld zu verdienen. „Als ich mir vor zehn Jahren diesen Schrebergarten zugelegt habe, hatte ich die Idee von der Selbstversorgung in der Stadt“, sagt er. Und dazu sollte auch hochwertiger Bio-Honig gehören. Bie-nen in der Stadt? Das klingt komisch. Dabei sei es ideal, sagt

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Imker Erhard Klein öffnet vorsichtig die vierte seiner fünf Bienenkisten und nimmt die prall mit Honig gefüllten Wabenwände aus dem Stock

Honig-Soja-

Hähnchenvon Erhard Klein

Zutaten

8 Hähnchenbrustfilets

4 EL Pflanzenöl

5 EL Honig

5 EL Sojasoße

2 Knoblauchzehen

1/4 TL Pfeffer

Zubereitung

Öl, Honig, Sojasoße

und Pfeffer in einer

Schüssel verrühren.

Vor der Zugabe der

Hähnchenfilets etwas

Marinade beiseitestel-

len. Hähnchenfilets und

Knoblauch in die Schüs-

sel geben, mindes-

tens zwei Stunden im

Kühlschrank marinie-

ren – je länger, desto

besser.

Auf dem Grill oder im

Ofen zubereiten.

Beim Grillen Fleisch mit

der Marinade einpin-

seln und öfter wenden.

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Der bunte Schatz der Erdekartoffeln sind kostbar. welches andere Gemüse kann schon mit so ausgefallenen namen wie Rote emma und Blaue elise, Angelner zapfen und Bamberger hörnchen aufwarten? das blasse Volksgemüse hat sich zur vielfarbigen delikatesse gemausert. Auf einem Biohof in der Lüneburger heide können neugierige und Feinschmecker mehr als dreißig Sorten der tollen knolle neu entdecken.

Von Joachim Wehnelt (Text) und Mauricio Bustamante (Fotos)

Landwirt Karsten Ellenberg baut exquisite Erdäpfel an

Linda, Agata, Saskia und Co. haben viele Liebhaber. Das Wort Kartoffel leitet sich von „tar-

tuffolo“, italienisch für Trüffel, ab. In Brandenburg sagt man Knulle, auf Plattdeutsch Tüfte

oder Pipper. Im Norden Niederösterreichs wird die Knolle Bramburi genannt

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Lotta bellt. Die Hündin tapst an der Scheune und dem Tre-cker vorbei zu dem Gewächshaus, aus dem Karsten Ellen-berg kommt. eben noch schaute der 47-Jährige nach seinen hochgewachsenen Pflanzkartoffeln, prüfte angelner Zapfen und heideniere, die einmal auf seinem 65 hektar großen Feld hinter der straße gesetzt werden sollen. Jetzt folgt ihm seine hündin schwanzwedelnd über den bauernhof zur küche. es ist mittagszeit in der Lünebürger heide. karsten ellenbergs Frau Petra hat gekocht. eine Verkostung der ungewöhnlichen art beginnt. auf weißen tellern liegen blaue, rote und gelbe kartoffeln und dampfen.

„Das ist die blaue elise“, sagt karsten ellenberg und zeigt auf die knolle mit der dunklen schale und dem lila Fleisch. 2004 züchtete er sie auf seinem hof. erste kostprobe: sie schmeckt fast wie eine marone aus dem backofen, nur ist sie weicher, zerfällt sanft im mund.

Die knolle daneben, mit der glatten schale und dem gelben herz, löste fast einen Volksaufstand aus: „Linda sollte 2005 vom markt verschwinden, weil der sortenschutzinhaber die Zulassung zurückgezogen hatte, um mit neuen sorten mehr Lizenzgebühren zu kassieren“, erzählt der bauer. Im namen eines Linda-Freundeskreises stellte karsten ellenberg

beim bundessortenamt einen antrag auf Verlängerung der Zulassung. nach jahrelangen klagewellen, während derer die kartoffel zeitweise verplombt in der scheune lagern musste und sie es sogar in die tagesthemen schaffte, siegte Linda nun endgültig – am 19. august 2009 wurde sie in großbritannien neu zugelassen und ist nun eine freie eu-kartoffel. es hat sich gelohnt: sie zergeht auf der Zunge.

Die rote emma, die sich länglich auf dem teller streckt und ihr rotes Fleisch unter einer glatten schale verbirgt, züchtete bauer ellenberg wie die blaue elise auf seinem gut. „Die rote emma kann man auch gut für gnocchi nehmen“, sagt karsten ellenberg. Die vorwiegend festkochende knolle schmeckt würzig und zart. Der unterschied zu den anderen kartoffeln wird vor allem durch die Farbe sichtbar. Der gaumen braucht seine Zeit. „Wir müssen das schmecken von kartoffeln erst wieder lernen“, sagt der Vater von zwei söhnen. „Für die Industrie war es lukrativer, wenige sorten anzubauen.“

Im hofladen warten weitere kulinarische entdeckungen. In holzkisten und Jutesäcken liegen bamberger hörnchen mit gelbrosa schale, edzell blue mit weißem Fleisch, Dési-rée mit roter schale und gelbem Fleisch – 33 sorten können

Schlosskartoffelnvon Petra Ellenberg

Zutaten

1 kg kleine Kartoffeln

Olivenöl

verschiedene frische

oder getrocknete

Kräuter (wie Rosmarin,

Schnittlauch, Petersilie,

Oregano)

Zubereitung

Öl in einen Topf schütten,

bis der Boden bedeckt

ist. Kräuter darauf

streuen. Kartoffeln

waschen, feucht lassen

und in den Topf geben.

Etwa eine halbe Stunde

bei mittlerer Hitze mit

geschlossenem Deckel

garen lassen.

Das 65 Hektar große Land beackert der Bauer in Fruchtfolge und baut zum Beispiel Klee an, damit sich der Boden immer wieder erholt

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Himmel und Erdevon Ruth Ellenberg

Zutaten

1,5 Kilo Kartoffeln

1 Kilo Äpfel

eine Handvoll Speck

1 große Zwiebel

Zubereitung

Kartoffeln und entkernte

Äpfel in einen Topf füllen

und nach Belieben mit

Zucker bestreuen. Etwa

25 Minuten lang kochen.

Unterdessen Speck und

Zwiebel in einer Pfanne

braten und über Kartof-

feln und Äpfel gießen,

wenn sie auf dem Teller

liegen.

Im Rheinland werden

dazu Röstzwiebeln und

Blut- oder gebratene

Leberwurst serviert.

In der hofeigenen Genbank lagern 170 Sorten (oben links), einige, wie die Huecco, stammen aus Peru (unten links). Rechts: Kartoffeln wachsen an sogenannten Stolonen

Feinschmecker hier erstehen. Manche erdäpfel wurden einst in Schottland gezüchtet wie die kepplestone kidney. die cremige La Bonnotte wurde zur königin der französischen kartoffeln. die Sorten kosten zwischen 88 Cent und 5 euro pro kilo. wer neue Sorten ausprobieren möchte und nicht extra bis hinter Bad Bevensen fahren will, kann sich alles per Post schicken lassen. Manche Pakete reisen bis nach Griechenland und Finnland. die meisten Lieferungen gehen allerdings nach hamburg. im mit einem Michelin-Stern prä-mierten Restaurant „Le Canard nouveau“ an der elbchaussee werden Bio-Linda serviert. Acht Angestellte arbeiten auf dem hof, dazu kommt das Bauernpaar: „Vielfalt macht Arbeit, sie schafft aber auch Arbeit.“

in einem kleinen haus schräg gegenüber der Scheune hat die Vielfalt ihr zuhause. in der eigenen Genbank des hofes lagern 170 Sorten kartoffeln. heike dammann ist die hüterin des grünen Grals. in einem kahlen Raum legt die Landwirtschaftlich-technische Assistentin den langen hebel einer massiven tür um, wie bei einem Safe. dahinter sind die gezüchteten unikate sicher – nicht vor einbruch, sondern vor Schädlingen. 9 Grad Celsius zeigt ein rotes display an. neon-beleuchtung taucht das kühlhaus in kaltes Licht. in durch-

sichtigen Plastikbehältern, die sich in den Regalen reihen, wachsen die Pflänzchen, auf den deckeln stehen ihre namen: von Mamanpapa bis Reichskanzler. heike dammann nimmt ein kästchen und geht damit aus dem kühlsafe zur sterilen werkbank. Mit Skalpell und Pinzette zerschneidet die 43-Jäh-rige vorsichtig das Pflänzchen einer Solanum tuberosum, wie die kartoffel wissenschaftlich heißt, und setzt die Stängel in eine nährlösung, damit neue Ableger wachsen. innerhalb von zwei wochen bilden sie wurzeln. Sobald die Pflanzen groß genug sind, kommen sie in das Gewächshaus nebenan. „Bald wollen wir noch ein neues Gewächshaus dazubauen“, sagt heike dammann.

Als der hof im 15. Jahrhundert gebaut wurde, kannten die europäer kartoffeln noch gar nicht. erst hundert Jahre später entdeckten die Spanier die „Papa“. die inkas begannen schon lange vor unserer zeitrechnung, sie anzubauen. Oft wird sie mit der Batate, der Süßkartoffel, verwechselt, ist aber nicht mit ihr verwandt.

Anfangs bewunderten die europäer das nachtschatten-gewächs einzig für die schönen Blüten, von lila bis weiß. erst im 18. Jahrhundert begann in deutschland der Siegeszug als Grundnahrungsmittel. Am 24. März 1756 erließ Friedrich der

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Große eine Circular-Ordre mit dem Befehl, möglichst viele Kartoffeln anzubauen, damit das Volk keinen Hunger mehr leiden möge. Aus einer Knolle, der sogenannten Mini-Tuber, können in fünf Jahren bis zu 50.000 Knollen entstehen. So wurde die Kartoffel im 19. Jahrhundert zum Sinnbild für einfaches Leben, wie das Gemälde „Die Kartoffelesser“ von Vincent van Gogh zeigt. Darauf sind Menschen zu sehen, die um einen Tisch herum sitzen und ihre karge Mahlzeit essen.

Karsten Ellenberg macht die Kartoffel zum Ereignis. Er bietet Hofführungen an, lädt auf Märkten zu Verkostungen der bunten Knollen ein und gibt auf seiner Website gute Tipps – vom Anbau bis zu empfehlenswerten Kochbüchern. 1990 stellte er den Hof, auf dem er aufwuchs, auf Bio-Anbau um. Seitdem erforscht er immer wieder gemeinsam mit Instituten, welche Qualitäten die Erdäpfel haben. Die Kartoffel, die wie der Mensch zu drei Vierteln aus Wasser besteht, liefert wert-volle Stärke, also Kohlenhydrate, und jede Menge Vitamine wie A und C. Deshalb wird sie auch die Zitrone des Nordens genannt.

Damit sie ihre wertvollen Zutaten entfalten kann, gibt es klare Regeln: Wenn sie grün sind, dann wegschmeißen, weil sich durch Licht der Giftstoff Solanin gebildet hat. Im Laden gilt: „Es ist gut, wenn sich die Kartoffel bewegt.“ Denn wird sie immer wieder umgeschichtet, ist sie nicht so stark dem Neonlicht ausgesetzt. Im Kochtopf gilt: „Immer mit Schale kochen.“ Darin liegen die meisten Vitamine. Selbst, wenn sie dann geschält wird, bleiben noch Vitamine erhalten, denn die liegen auch am äußeren Rand der Frucht. Ob die Schale mitgegessen werden soll, darüber streiten sich die Gelehrten seit Jahrzehnten. Momentan lautet die Devise: nein. Denn die Kartoffeln bilden in der Schale sogenannte Alkaloide, um sich vor Fressfeinden zu schützen. Studien zufolge können sie beim Menschen zu Vergiftungserscheinungen wie Übelkeit führen.

Ansonsten gilt: „In der Kartoffel sind Anthocyane enthalten – das fördert die Gesundheit und stabilisiert den Kreislauf“, sagt der Landwirt. Wie beim Wein gibt es auch bei Kartoffeln gute und schlechte Jahrgänge. „Je mehr Sonne, desto mehr Stärke bildet sich. Das macht ein stärkeres Aro-ma.“ 2007 war eine ziemliche Katastrophe, weil die Krautfäule um sich griff, ein Pilz, der in nasskalten Sommern besonders gedeiht. „2009 ist ein guter Jahrgang, das ist schon klar“, sagt Karsten Ellenberg auf der Terrasse gegenüber der Scheune und streichelt Hündin Lotta. Gute Aussichten für einen Ge-nuss mit den bunten Schätzen der Erde.�

Bioland Bauernhof Karsten ellenBerg

Ebstorfer Str. 1, 29576 Barum, Telefon: 05806/304,

www.kartoffelvielfalt.net

H A M Bu RG E R NAT u R KO S T 2 0 0 9 / 2 0107 0 w i r s a m m l e r

Reporter Joachim Wehnelt (oben) folgte der Spur der Kartoffeln

vom Acker bis in den ersten Stock der Scheune (Mitte), wo die

Hof-Mitarbeiter aus der Ernte Erdklumpen und zu kleine Erdäpfel

aussortieren. Karsten Ellenberg (unten) lagert die sortierten Knol-

len in der kühlen Scheune

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Miesmuschelnvon Fritz

Zutaten

2,5 kg frische Mies­

muscheln

4 Zwiebeln

2 Karotten

1/2 Sellerieknolle

1 Lorbeerblatt

6 Wacholderbeeren

1/2 l Kräuterbionade

1 EL Zitronensaft

2 Knoblauchzehen

grob gemahlener Pfeffer

Zubereitung

Die Muscheln bürsten

und unter fließendem

Wasser gründlich wa­

schen. Offene Muscheln

wegwerfen.

Karotten, Sellerie und

Zwiebeln in Streifen

schneiden, den Knob­

lauch würfeln.

Zusammen mit den Ge­

würzen und der Bionade

in einen Topf geben und

aufkochen lassen.

Die Muscheln darin 5 bis

10 Minuten zugedeckt

kochen lassen. Den Topf

ab und zu schütteln,

damit sich die Muscheln

gleichmäßig öffnen.

Sind sie offen, heißt

das, dass sie gar sind.

Ungeöffnete Muscheln

wegwerfen, sie sind

ungenießbar.

Die Brühe abschmecken

und über die in Suppen­

teller gefüllten Muscheln

gießen.

Tipp: Dazu Stangenweiß­

brot mit Knoblauch­ oder

Kräuterbutter essen.

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Viel Rauch um nichts Fische fangen unter Hamburgs Brücken – geht das denn? Wir Hinz&Künztler haben den Versuch gewagt. Mit erstaunlichem Ergebnis …Von Birgit Müller (Text) und Mauricio Bustamante (Fotos)

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Forelle Müllerin Artvon Harald

Zutaten

4 Forellen

40 g Mehl

3 EL Öl

40 g Butter

50 g gehobelte Mandeln

2 unbehandelte Zitronen

Salz und Pfeffer

Zubereitung

Forellen unter flie-

ßendem kalten Wasser

abspülen, trocken tupfen

und säuern. Innen und

außen mit Salz und Pfef-

fer einreiben und in Mehl

wenden. Öl erhitzen,

die Forellen von beiden

Seiten darin anbraten.

Butter hinzufügen,

zerlassen, die Forellen in

etwa 6 Min. garen. Geho-

belte Mandeln mitbräu-

nen lassen und über die

Forellen geben. Forellen

mit Zitronenscheiben

garnieren. Dauert insge-

samt etwa 20 Minuten.

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Fritz schwört Stein und Bein, dass er hier schon die fettesten Fische gefangen hat. hier, direkt unter der kennedybrücke! und er ist felsenfest überzeugt davon, dass wir auch heute glück haben werden. es gibt ja so etwas wie anglerlatein …

aber sicher ist sicher, und deshalb haben wir uns für alle eventualitäten gewappnet. Wir waren beim Discounter ein-kaufen: eineinhalb kilo muscheln. und das mitten im Juni, einem monat ohne r. Das soll man eigentlich nicht machen, weil die muscheln in dieser Zeit mehr gifte gespeichert haben könnten. aber Fritz und harald, die heute das sagen haben, sehen das nicht so eng. außerdem im einkaufskorb: ein Dut-zend Forellen für uns und die kollegen im Vertrieb.

Vorne baumelt die Angel, ganz allein. Wir haben Zeit, Zeit zum klönen, was im alltag viel zu kurz kommt. Fritz (51)kommt aus Cuxhaven, die ganze Familie angelte, sein onkel fuhr mit dem kutter zur see. Jahrelang fuhr Fritz auf einem Fabrikschiff, auf dem die Fische gleich verarbeitet wurden. „bis grönland und neufundland sind wir gefahren“, sagt er. und der alkohol hatte ihn im griff. 130 tage war er nicht an Land. Das war wohl zu viel für ihn, jedenfalls bekam er irgendwann urlaub, fuhr nach marokko und kehrte nicht mehr an bord zurück.

Fritz und harald (54) und angeln seit ihrer kindheit, beide mit ihren Vätern. harald kommt aus der eifel, hat noch zwei brüder, aber die waren nicht so naturverbunden wie er. Die eltern hatten eine gaststätte mit Landwirtschaft – und

da kam dann der selbst gefangene Fisch und das selbst erlegte reh oder ein hase auf den tisch. ganz legal.

Der Vater war auch noch Jagdhüter: „Wir gingen zusam-men die rehe zählen“, sagt harald. ungläubiges staunen, erst denken wir, er macht einen Witz. nein, sagt harald ganz ernst. „Ich kannte jede ecke, wo die tiere wohnen.“ Jagdhüter zählen die tiere. und das ist angeblich gar nicht so schwer, denn: „rehe sind ausgesprochen reviertreu“, sagt harald, sie entfernen sich nur zwei bis vier kilometer von ihrem „trampelpfad“, und man muss nur ihren spuren folgen, um zu wissen, wo sie sind. man merkt es schon: rehe mag harald besonders gern, „weil sie Feinschmecker sind“. „sie suchen sich immer die guten kräuter und knospen aus.“

Vera erzählt, dass sie ans angeln ganz schöne erinne-rungen hat. Ihre mutter hatte fünf kinder von drei verschie-denen männern – und war trotzdem alleinerziehend. „Was ich ihr wirklich hoch anrechne: sie hatte echt wenig geld, aber sie hat uns ermöglicht, dass wir manchmal alle zusammen in urlaub fahren konnten – nach terschelling. Dort habe ich dann mit meinem bruder und meinem onkel geangelt. meine mutter hat die Fische kaputt gehauen und gleich gebraten“, sagt sie. „Ich weiß nicht mehr, was für Fische das waren, ich weiß nicht mehr, wie sie die zubereitet hat, aber es schmeckte herrlich.“ und dazu gab es immer kartoffelsalat.

Apropos herrlich schmecken: Wir haben Kohldampf! blick auf die angel: Da tut sich nichts. harald legt eine angel auf

Hinz&Künztler am Alsterufer um die Kennedybrücke. Oben rechts: Fritz hat heute keinen Fisch gefangen und greift auf Ware aus dem Discounter zurück

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Angeln macht hungrig: Es gibt Forellen frisch aus dem Räucherofen und Muscheln

Grund: „Vielleicht beißt dann ein köderfisch an.“ klar ist es doof, dass kein Fisch anbeißt, denn Fritz nennt eine wun-derhübsche kugelige Feldküche sein eigen und einen Räu-cherofen, „hab ich mal beim Baumarkt für um die 40 euro geschossen“, sagt er. Jeweils, natürlich.

Ofen und Feldküche haben wir mit dem hinz&kunzt-Bus an die Alster fahren lassen. zu meinem großen entsetzen leert Fritz gerade ordentlich wein aus tetrapaks in den topf für die Muscheln. Schließlich kochen wir bei hinz&kunzt ausdrücklich nicht mit Alkohol. die Männer stellen sich stur: haben wir immer so gemacht! und jetzt ist es eh zu spät. Aber natürlich schmort nicht nur der Fusel im topf, sondern auch ordentlich Suppengrün.

die Forellen sind schon fast fertig. Fritz hat sie in den Ofen gehängt. dort werden sie zwei Stunden lang bei 70 Grad geräuchert.

Fritz und sein Ofen. ich finde ihn in Sachen Räuchern ganz schön arrogant. Über die Räuchermethode einer Freundin von mir kann er nur verächtlich schnauben. Aber es hat schließlich nicht jeder einen Räucherofen. Meine Freundin und ich hatten nur eine keksdose aus Blech, die wir vorher komplett leer futtern mussten. wir schütteteten wacholder-späne aus dem Baumarkt in die dose, bastelten ein Gitter aus Maschendraht und legten die Fische nebst thymian und Rosmarin darauf. Auf das Gitter passen so zwei Forellen. Man verschließt die dose und bohrt Luftlöcher in den de-

ckel. Stellt das Ganze bei mittlere hitze auf den herd oder vielleicht besser: draußen auf den holzkohlengrill. ich fand das so toll damals! Muss aber zugeben, dass die wohnung noch wochen später gestunken hat. Fritz findet das widerlich: „eine totale Schweinerei!“

„Forelle ist mein Lieblingsfisch“, sagt harald mit vollem Mund. denn inzwischen sind die Räucherfische fertig, und wir essen sie rustikal aus der hand, nur mit einem Stück Brot. die schmecken soo gut! „Am liebsten mag ich allerdings ‚Forelle Müllerin Art‘“, fügt harald noch hinzu.

Wir bekommen Besuch: Mehrere entenfamilien wackeln nä-her und bleiben staunend vor uns stehen. wir sind auch baff: Merkwürdig, dass es hier so viele entenfamilien gibt. Später erfahren wir warum: Sie werden gefüttert.

unter der kennedybrücke, auf der Seite, auf der wir angeln, haben sich nämlich einige Obdachlose häuslich einge-richtet. das sieht sogar richtig gut aus: Alle haben die gleichen zelte – genauer gesagt: Muscheln. die nennt man so, weil sie die typische halbrunde Form haben.

Als die jetzigen entenmütter noch „schwanger“ waren, haben die Männer unter der Brücke sie gefüttert. Jetzt sind sie immer noch ganz zutraulich und kommen mit ihrem ganzen nachwuchs.

ein bisschen stolz sind die Männer schon auf diese ganz besondere Freundschaft. „neulich kam ein Mann vorbei, der rund um die Alster radelte und die enten suchte“, sagt einer

Angeln in HAmburg

Um in Hamburg angeln zu dürfen,

braucht man einen gültigen Fi-

schereischein. Zusätzlich wird ein

Erlaubnisschein für die Nutzung

der Verbandsgewässer benötigt, den

man als Mitglied in einem der dem

Angelsport-Verband Hamburg e.V.

angeschlossenen Vereine oder in Form

von Gastkarten erhält. Verbands-

gewässer sind unter anderem der

Alsterkanal, die Billwerderbucht, der

Goldbek-Kanal, der Heidbergteich,

der Flughafenteich, der Hummel-

see, der Isebek-Kanal, Kiwittsmoor,

Kuhmühlenteich, Raakmoor und die

Susebek. Außerdem ist in Hamburg

das Angeln für Fischereischeininhaber

an allen nicht verpachteten Gewässern

und im Hafen frei. Mit etwas Geschick

lassen sich zum Beispiel am Gras-

brookhafen Aale oder Zander aus dem

Wasser fischen. Ansonsten kann man

in Hamburg Äsche, Bachforelle, Dö-

bel, Flunder, Hasel, Hecht, Karpfen,

Lachs, Meerforelle, Quappe, Rapfen,

Schleie, Wels und Zope angeln.

Weitere Informationen beim Hambur-

ger Angelsport-Verein e.V., Hansastra-

ße 5, 20149 Hamburg, Tel. 44 16 93 10,

[email protected]

Veras Kartoffelsalat

Zutaten

2,5 kg Kartoffeln

750 g süßsauer einge-

legte Gewürzgurken

(am liebsten Gurken-

sticks von Aldi)

ein 3/4 Ring Fleischwurst

(nicht Geflügel, schmeckt

nach nichts)

4 harte Eier, kleingehackt

1 Glas Mayo (die Billig-

marke von Aldi oder Lidl

schmeckt besser als alle

Markenmayos)

1 Apfel

2 Scheiben Speck klein

schneiden und im eige-

nen Fett kross braten.

Tomaten und Petersilie

zum Garnieren

Zubereitung

Alles zusammenmixen,

etwas Gurkensaft bei-

mischen, mit Tomaten-

vierteln und Petersilie

garnieren.

Veras Mayonnaise

Zutaten

1 großes Eigelb

(Zimmertemperatur)

1 TL Dijon-Senf

Saft von 1/2 Zitrone

170 ml Olivenöl

Salz und Pfeffer

Zubereitung

Eigelb, Senf, die Hälfte

des Zitronensafts, Salz

und Pfeffer in einer

Schüssel zu einer sä-

migen Creme schlagen.

Das Öl tropfenweise

darunter schlagen, bis

das ganze Öl verarbeitet

ist. Eventuell mit dem

restlichen Zitronensaft

abschmecken. Tipp:

Möchte man eine weniger

fette Mayonnaise, kann

ein Teil durch Frisch-

käse ersetzt werden.

Die Mayonnaise kann

abgedeckt 24 Stunden

kühl aufbewahrt werden.

Wenn eine Mayonnaise

gerinnt, erneut mit

einem Eigelb beginnen

und tropfenweise die

geronnene Mayonnaise

hineinrühren. Wichtig:

Alle Zutaten sollten

zimmerwarm sein. Für

Remoulade: einfach klein

geschnittene Gurke, Ei

und Kräuter dazugeben.

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