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Ausgabe 36/12 Zahnmedizin 18 Die ZahnarztWoche Neue Arbeitsmittel und -geräte erleichtern die Behandlung Dr. Torsten Neuber über die moderne endodontische Therapie (1) In dieser dreiteiligen gemeinsamen Artikelserie der DZW – Die ZahnarztWoche und des Münchner Endodontiespe- zialisten VDW wird ein komprimierter Überblick über den Stand der modernen Endodontie gegeben. Neben dem rein Fachlichen wird immer wieder Bezug zum Praxisalltag und der sukzessiven Einführung eines modernen endodonti- schen Behandlungskonzepts genommen. Hierzu gehören die apparativ-instrumentelle Ausstattung, die fachliche Qua- lifikation sowie Abrechnungsmodalitäten und der Umgang mit dem Patienten. Weltweite Vernetzung und mul- timediale Informationsmöglich- keiten sorgen für eine zunehmend bessere Aufklärung unserer Pati- enten. Die Möglichkeiten der Zahnerhaltung sind immer größe- ren Patientenkreisen bekannt. Der Wunsch nach dauerhaftem Erhalt der eigenen Zähne als na- türliches, unersetzbares Körper- teil nimmt trotz guter Prognosen und steigender Verkaufszahlen in der Implantologie zu. Auch die de- mografische Entwicklung und der generell verbesserte Medizin-/ Zahnmedizinstandard sorgen für eine zusätzliche Nachfrage nach zahnerhaltenden Maßnahmen ge- rade bei Patienten höheren Al- ters. Auf der anderen Seite steht die Zahnärzteschaft in einer von mas- siven Restriktionen geprägten Welt unseres Sozialsystems. Die wirtschaftliche Situation zeichnet sich durch stetig steigenden Kos- tendruck, mangelnde Honorie- rung verbunden mit einer zuneh- mend sinkenden Nachfrage nach prothetischen Behandlungen (als bisheriger Kernumsatz) aus. Frus- tration und Burnout sind auf einem nie dagewesenen Niveau. Unter härteren Wettbewerbsbedingun- gen werden unternehmerisch stra- tegische Überlegungen wie die Definition von Zielgruppen und die Besetzung von Marktnischen immer wichtiger. Warum also nicht aus der Not ei- ne Tugend machen und die stei- gende Nachfrage nach Zahnerhalt durch Endodontie als Chance be- trachten? Die Endodontie hat sich in den vergangenen zwölf bis 15 Jahren explosionsartig weiterentwickelt. Sie ist von einem ungeliebten „Mauerblümchen“ der zurücklie- genden Jahrzehnte zu einer nach- gefragten, vermeintlichen High- techdisziplin aufgestiegen und gehört mittlerweile zu einem der innovativsten Teilbereiche inner- halb der Zahnheilkunde. Maßgeb- lichen Anteil an dieser Entwicklung haben technische Innovationen wie: Operationsmikroskop, Endometriegeräte, Nickeltitaninstrumente, Ultraschall zur Präparation und Aktivierung der Spüllösung, MTA (Mineral-Trioxid- Aggregat), vereinfachte thermoplas- tische Füllmethoden, Glasfaserstifte mit dentinähnlichem E-Modul. Zu den mit der Einführung der oben genannten Technologien ver- bundenen, vorhersagbaren Er- folgsprognosen lassen sich in der Literatur unterschiedliche Anga- ben finden: Primärbehandlungen ohne periradikuläre Parodontitis, insbesondere Vitalexstirpationen, haben mit ca. 90 bis 95 Prozent die besten Prognosen, während Revisionen und Fälle mit bereits bestehender radiologischer Os- teolyse mit ca. 70 Prozent eine ver- gleichsweise schlechtere, aber dennoch beachtliche Erfolgspro- gnose vorweisen (Abb. 1 bis 3). Insgesamt haben sich das Be- handlungsspektrum und die In- dikation zur Zahnerhaltung nicht nur deutlich erweitert, sondern sogar zusätzlich für den Behand- ler zu einer spürbaren Arbeitser- leichterung durch die Geräteun- terstützung bei gleichzeitig ver- bessertem Behandlungskomfort für den Patienten geführt. Betrach- tet man die oben genannten Er- rungenschaften, könnte der Ein- druck entstehen, dass moderne Endodontie sich nur auf den Ein- satz von Hightech beschränken würde. Dies ist nicht der Fall. Wie sieht denn nun der endo- dontische Arbeitsplatz des ver- sierten Generalisten aus, und wie hoch ist das Investitionsvolumen? Nach dem Motto „Ich kann nur das behandeln, was ich sehe“ kommt der Visualisierung eine große Bedeutung zu. Das Dental- mikroskop ist wegen der hohen Kosten und einer relativ langen und intensiven Einarbeitungs- phase und späten Amortisierung eher ein Werkzeug für den Spe- zialisten. Ein Muss für den Generalisten ist eine gute Lupenbrille (mit drei- bis fünffacher Vergrößerung), zwingend mit integrierter Be- leuchtung (die Kosten liegen et- wa zwischen 2.000 bis 3.000 Eu- ro). Die Lupe sollte leicht sein und auch bei längerer Tragezeit keine Druckstellen verursachen. Ein möglichst großer Tiefen- schärfebereich ist wünschens- wert. Mit zunehmender Vergröße- rung muss auch das Instrumen- tarium zierlicher und kleiner wer- den. Zum Mikroinstrumentarium zählen beispielsweise Mikroope- ner, MC-Feilen, spezielle Endo- sonden, Mikroabsaugung, Mikro- spiegel sowie Feinstrosenbohrer mit extralangem Schaft (Abb. 4 bis 6). Die Kosten hierfür sind gering und daher im Gesamtvolu- men unerheblich. Ein Ultraschall- gerät zur Aktivierung der Spüllö- sung (ca. 1.500 Euro inklusive ei- nes Starterkits US-Feilen, Abb. 7 bis 9) sowie ein Endometriegerät (ca. 1.200 Euro) gehören ebenso zwingend zur Ausstattung. Des Weiteren ist der Gebrauch von rotierenden oder reziproken Nickel-Titan-Instrumenten in Ver- bindung mit einem geeigneten Endomotor obligatorisch (je nach System ca. 2.000 Euro inklusive Starterkit mit NiTi-Feilen). Ein wün- schenswertes, nicht sofort benö- tigtes Tool ist das digitale Röntgen direkt am Behandlungsplatz. Rönt- genbilder werden trotz elektroni- scher Längenmessung immer noch nötig sein. Schnelle digitale Sys- teme, egal ob Sensor oder Folie, sind für Patient und Behandler komfortabel und zeitsparend. Die Kosten sind allerdings erheblich. Eine spätere Implementierung ist jederzeit problemlos möglich. Die Anschaffungskosten für die- se nach Ansicht des Autors un- verzichtbaren Geräte liegen zwi- schen 6.000 und 8.000 Euro, ohne auf Details von Herstellern und Systemen sowie Behandlervor- lieben einzugehen. Natürlich ist es mit der bloßen Anschaffung der Hardware nicht getan. Die Gerä- te müssen auch entsprechend be- dient werden. Die Lupenbrille er- fordert ein wenig Gewöhnung, ist ansonsten leicht in den Behand- lungsablauf zu integrieren. Glei- ches gilt für die Benutzung von Ultraschall, egal ob bei der Präpa- ration oder der Aktivierung von Spülflüssigkeit. Die Endometrie erfordert eine intensivere Be- schäftigung mit dem jeweiligen Gerät, um die Vorzüge nutzen zu können (siehe Teil 2). Die Erstbe- nutzung von maschinellen Aufbe- reitungssystemen erweist sich für den klassischen „Handaufbe- reiter“ stellenweise als große Herausforderung. Um Misserfol- ge und Frust zu verhindern, soll- te unbedingt „trocken geübt“ wer- den, nützlich sind hier entspre- chende Arbeitskurse (siehe Teil 2). Ausgehend von den eigenen in- dividuellen Fähigkeiten sollten neue Behandlungsverfahren Schritt für Schritt in den Behand- lungsalltag integriert und nicht mehrere Dinge gleichzeitig neu eingeführt werden. Erst wenn ei- Abb. 1: Zahn 36 mit starkem Zerstörungsgrad und medika- mentöser Einlage, großer api- kaler und riesiger interradi- kulärer Parodontitis Abb. 2: Röntgenkontrolle un- mittelbar nach Wurzelfüllung Abb. 3: Röntgenkontrolle nach 5 Jahren mit vollständiger Aus- heilung Abb. 4: Mikroinstrumentarium mit Adapter für den Speichelzie- her zur Aufnahme von Spülkanü- len zur Mikroabsaugung (ADS) Abb. 5: (von links) Röder Spie- gel Größe 4, Nasopharyngeal- Spiegel (Storz, Tuttlingen), Mi- kro Spiegel (ADS, München) Abb. 6: Feinstrosenbohrer 0,5 Millimeter (mm), 0,8 mm und 1 mm in Länge 31 mm (Drux)

Neue Arbeitsmittel und -geräte erleichtern die Behandlung · ohne periradikuläre Parodontitis, insbesondere Vitalexstirpationen, haben mit ca. 90 bis 95 Prozent die besten Prognosen,

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Ausgabe 36/12Zahnmedizin18 Die ZahnarztWoche

Neue Arbeitsmittel und -geräte erleichtern die BehandlungDr. Torsten Neuber über die moderne endodontische Therapie (1)

In dieser dreiteiligen gemeinsamen Artikelserie der DZW– Die ZahnarztWoche und des Münchner Endodontiespe-zialisten VDW wird ein komprimierter Überblick über denStand der modernen Endodontie gegeben. Neben dem reinFachlichen wird immer wieder Bezug zum Praxisalltag undder sukzessiven Einführung eines modernen endodonti-schen Behandlungskonzepts genommen. Hierzu gehören dieapparativ-instrumentelle Ausstattung, die fachliche Qua-lifikation sowie Abrechnungsmodalitäten und der Umgangmit dem Patienten.

Weltweite Vernetzung und mul-timediale Informationsmöglich-keiten sorgen für eine zunehmendbessere Aufklärung unserer Pati-enten. Die Möglichkeiten derZahnerhaltung sind immer größe-ren Patientenkreisen bekannt.Der Wunsch nach dauerhaftemErhalt der eigenen Zähne als na-türliches, unersetzbares Körper-teil nimmt trotz guter Prognosenund steigender Verkaufszahlen inder Implantologie zu. Auch die de-mografische Entwicklung und dergenerell verbesserte Medizin-/Zahnmedizinstandard sorgen füreine zusätzliche Nachfrage nachzahnerhaltenden Maßnahmen ge-rade bei Patienten höheren Al-ters.

Auf der anderen Seite steht dieZahnärzteschaft in einer von mas-siven Restriktionen geprägten

Welt unseres Sozialsystems. Diewirtschaftliche Situation zeichnetsich durch stetig steigenden Kos-tendruck, mangelnde Honorie-rung verbunden mit einer zuneh-mend sinkenden Nachfrage nachprothetischen Behandlungen (alsbisheriger Kernumsatz) aus. Frus-tration und Burnout sind auf einemnie dagewesenen Niveau. Unterhärteren Wettbewerbsbedingun-gen werden unternehmerisch stra-tegische Überlegungen wie dieDefinition von Zielgruppen unddie Besetzung von Marktnischenimmer wichtiger.

Warum also nicht aus der Not ei-ne Tugend machen und die stei-gende Nachfrage nach Zahnerhaltdurch Endodontie als Chance be-trachten?

Die Endodontie hat sich in denvergangenen zwölf bis 15 Jahren

explosionsartig weiterentwickelt.Sie ist von einem ungeliebten„Mauerblümchen“ der zurücklie-genden Jahrzehnte zu einer nach-gefragten, vermeintlichen High-techdisziplin aufgestiegen undgehört mittlerweile zu einem derinnovativsten Teilbereiche inner-halb der Zahnheilkunde. Maßgeb-lichen Anteil an dieser Entwicklunghaben technische Innovationenwie:• Operationsmikroskop,• Endometriegeräte,• Nickeltitaninstrumente,• Ultraschall zur Präparation

und Aktivierung der Spüllösung,

• MTA (Mineral-Trioxid-Aggregat),

• vereinfachte thermoplas-tische Füllmethoden,

• Glasfaserstifte mit dentinähnlichem E-Modul.

Zu den mit der Einführung deroben genannten Technologien ver-bundenen, vorhersagbaren Er-folgsprognosen lassen sich in derLiteratur unterschiedliche Anga-ben finden: Primärbehandlungenohne periradikuläre Parodontitis,insbesondere Vitalexstirpationen,haben mit ca. 90 bis 95 Prozent

die besten Prognosen, währendRevisionen und Fälle mit bereitsbestehender radiologischer Os-teolyse mit ca. 70 Prozent eine ver-gleichsweise schlechtere, aberdennoch beachtliche Erfolgspro-gnose vorweisen (Abb. 1 bis 3).Insgesamt haben sich das Be-

handlungsspektrum und die In-dikation zur Zahnerhaltung nichtnur deutlich erweitert, sondernsogar zusätzlich für den Behand-ler zu einer spürbaren Arbeitser-leichterung durch die Geräteun-terstützung bei gleichzeitig ver-bessertem Behandlungskomfortfür den Patienten geführt. Betrach-

tet man die oben genannten Er-rungenschaften, könnte der Ein-druck entstehen, dass moderneEndodontie sich nur auf den Ein-satz von Hightech beschränkenwürde. Dies ist nicht der Fall.

Wie sieht denn nun der endo-dontische Arbeitsplatz des ver-sierten Generalisten aus, und wiehoch ist das Investitionsvolumen?Nach dem Motto „Ich kann nurdas behandeln, was ich sehe“kommt der Visualisierung einegroße Bedeutung zu. Das Dental-mikroskop ist wegen der hohenKosten und einer relativ langenund intensiven Einarbeitungs-phase und späten Amortisierungeher ein Werkzeug für den Spe-zialisten.

Ein Muss für den Generalistenist eine gute Lupenbrille (mit drei-bis fünffacher Vergrößerung),zwingend mit integrierter Be-leuchtung (die Kosten liegen et-wa zwischen 2.000 bis 3.000 Eu-ro). Die Lupe sollte leicht seinund auch bei längerer Tragezeitkeine Druckstellen verursachen.Ein möglichst großer Tiefen-schärfebereich ist wünschens-wert.

Mit zunehmender Vergröße-rung muss auch das Instrumen-tarium zierlicher und kleiner wer-den. Zum Mikroinstrumentariumzählen beispielsweise Mikroope-ner, MC-Feilen, spezielle Endo-sonden, Mikroabsaugung, Mikro-spiegel sowie Feinstrosenbohrermit extralangem Schaft (Abb. 4bis 6). Die Kosten hierfür sindgering und daher im Gesamtvolu-men unerheblich. Ein Ultraschall-

gerät zur Aktivierung der Spüllö-sung (ca. 1.500 Euro inklusive ei-nes Starterkits US-Feilen, Abb. 7bis 9) sowie ein Endometriegerät(ca. 1.200 Euro) gehören ebensozwingend zur Ausstattung.

Des Weiteren ist der Gebrauchvon rotierenden oder reziproken

Nickel-Titan-Instrumenten in Ver-bindung mit einem geeignetenEndomotor obligatorisch (je nachSystem ca. 2.000 Euro inklusiveStarterkit mit NiTi-Feilen). Ein wün-schenswertes, nicht sofort benö-tigtes Tool ist das digitale Röntgendirekt am Behandlungsplatz. Rönt-genbilder werden trotz elektroni-scher Längenmessung immer nochnötig sein. Schnelle digitale Sys-teme, egal ob Sensor oder Folie,sind für Patient und Behandlerkomfortabel und zeitsparend. DieKosten sind allerdings erheblich.Eine spätere Implementierungist jederzeit problemlos möglich.

Die Anschaffungskosten für die-se nach Ansicht des Autors un-

verzichtbaren Geräte liegen zwi-schen 6.000 und 8.000 Euro, ohneauf Details von Herstellern undSystemen sowie Behandlervor-lieben einzugehen. Natürlich ist esmit der bloßen Anschaffung derHardware nicht getan. Die Gerä-te müssen auch entsprechend be-dient werden. Die Lupenbrille er-fordert ein wenig Gewöhnung, istansonsten leicht in den Behand-lungsablauf zu integrieren. Glei-ches gilt für die Benutzung vonUltraschall, egal ob bei der Präpa-ration oder der Aktivierung vonSpülflüssigkeit. Die Endometrieerfordert eine intensivere Be-

schäftigung mit dem jeweiligenGerät, um die Vorzüge nutzen zukönnen (siehe Teil 2). Die Erstbe-nutzung von maschinellen Aufbe-reitungssystemen erweist sichfür den klassischen „Handaufbe-reiter“ stellenweise als großeHerausforderung. Um Misserfol-ge und Frust zu verhindern, soll-te unbedingt „trocken geübt“ wer-den, nützlich sind hier entspre-chende Arbeitskurse (siehe Teil 2).

Ausgehend von den eigenen in-dividuellen Fähigkeiten solltenneue BehandlungsverfahrenSchritt für Schritt in den Behand-lungsalltag integriert und nichtmehrere Dinge gleichzeitig neueingeführt werden. Erst wenn ei-

Abb. 1: Zahn 36 mit starkemZerstörungsgrad und medika-mentöser Einlage, großer api-kaler und riesiger interradi-kulärer Parodontitis Abb. 2: Röntgenkontrolle un-

mittelbar nach Wurzelfüllung

Abb. 3: Röntgenkontrolle nach5 Jahren mit vollständiger Aus-heilung

Abb. 4: Mikroinstrumentariummit Adapter für den Speichelzie-her zur Aufnahme von Spülkanü-len zur Mikroabsaugung (ADS)

Abb. 5: (von links) Röder Spie-gel Größe 4, Nasopharyngeal-Spiegel (Storz, Tuttlingen), Mi-kro Spiegel (ADS, München)

Abb. 6: Feinstrosenbohrer 0,5 Millimeter (mm), 0,8 mm und1 mm in Länge 31 mm (Drux)

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Ausgabe 36/12 Zahnmedizin Die ZahnarztWoche 19

ne Behandlungssequenz be-herrscht wird (und zwar vom ge-samten Praxisteam), wird dienächste neu eingeführt. Es machtkeinen Sinn, über warme Füll-techniken nachzudenken, solangedie Wurzelkanalpräparation nichtsicher beherrscht wird (siehe Teil3). Nach dem Prinzip „vom Leich-

ten zum Schweren und vom Ein-fachen zum Komplexen“ sollten inder jeweiligen Übungsphase zuersteher leicht zu beherrschende Si-tuationen und später schwierige-re behandelt werden (zum Bei-spiel Morphologie des Zahns, To-pografie im Mund, Wurzelkrüm-mungen, Obliterationen etc.), umErfolgserlebnisse und Sicherheitin der Behandlung zu bekommen(Abb. 10 bis 16).

Je nach endodontischem Fer-tigkeitsniveau kann die Übungs-

phase bis zur Erzielung des ge-wünschten und planbaren Be-handlungsergebnisses lang undsteinig sein. Hier sind Ausdauerund Hartnäckigkeit gefragt. Fürneue, knifflige Behandlungsse-quenzen sind Ruhe und Gedulderforderlich. Dies lässt sich erfah-rungsgemäß nicht mit den stres-sigen Bedingungen im Praxisalltagvereinbaren. Eine Auslagerungdieser Behandlungen in eigentlichbehandlungsfreie Zeiten (zumBeispiel Mittwoch- oder Freitag-nachmittag) ohne Umsatzzwangist empfehlenswert und als Inves-

tition in die eigene Fachkompetenzzu betrachten. Ebenso ist die Teil-nahme an diversen Fortbildungs-veranstaltungen wie Curricula,strukturierten Veranstaltungen,Kongressen, Hospitationen etc.zu bewerten.

Nach diesen Vorbereitungenist es dann so weit. Ab nun gilt:„Gutes Geld für gute Leistung undgute Leistung für gutes Geld“.Aber wie? Die Abrechnungsmoda-litäten in der GKV sind zwar eindeu-tig geregelt, dennoch werden von

KZV zu KZV unterschiedliche Vor-gehensweisen praktiziert. EineMehrkostenregelung wie in derFüllungstherapie ist unzulässig.Ist eine endodontische Behand-lung nicht richtlinienkonform, soist sie rein privat zu berechnen(Vereinbarung nach Paragraf 4Absatz 5 BMV-Z oder Paragraf 7Absatz 7 EKV-Z als „Eintrittskartein die GOZ“, danach gelten die Re-gelungen der GOZ: Heil- und Kos-tenplan [HKP] und GOZ-Rechnungmit Steigerungsfaktoren, Begrün-dungen etc.).

Wichtig für die Einschätzungder Richtlinienkonformität ist nichtnur der Gebissstatus, sonderndie in jedem Einzelfall vom Zahn-arzt selbst einzuschätzende Schwie-rigkeit und Prognose. Das heißt,dass zum Beispiel ein Zahn 46,der grundsätzlich nach den Endo-richtlinien Bestandteil der Kassen-versorgung wäre, durchaus auchprivat abgerechnet werden könn-te (Obliterationen, Krümmungen,

Kippungen etc.). Neu seit Anfangdes Jahres in der KZV Westfalen-Lippe ist die Möglichkeit der (kom-pletten) Privatabrechnung bei ma-schineller Aufbereitung (und derInstrumente) und bei Behandlungmit dem Dentalmikroskop.

Ebenfalls ist die gesonderteBerechnung von Maßnahmen (zu-sätzlich zum BEMA), deren Leis-tungsinhalte nicht in der BEMA-Leistung enthalten sind, möglich.Hierzu zählen:• elektrometrische

Längenbestimmung GOZ 2400,

• elektrophysikalisch-chemische Methoden 2420,

• Zuschlag 0110 für OP-Mikroskop,

• Zuschlag 0120 für Verwendung Laser,

• präendontontischer Aufbauals Analogleistung.

Auch wenn die letztgenanntenAbrechnungspositionen nur einrelativ geringes Honorarvolumengenerieren, können sie als Ein-stieg in die private Endoliquidati-on dienen.

Die neue GOZ ist für die En-dodontie nahezu unverändert undbildet die Möglichkeiten der mo-dernen Endodontie überhauptnicht ab, sollte aber für leichte bismittelschwere Standardfälle ei-ne adäquate Honorierung gewähr-leisten.

So viel zu den technischen Ab-rechnungsmodalitäten, die ausGründen der Rechtssicherheit

Abb. 7: Endo-Ultraschallgerät

Abb. 8: Ultraschallspitzen (von links) Irri S, ein oberflächenpolier-tes Instrument zur Aktivierung der Spüllösung; Cavi, eine dia-mantierte US-Spitze aus Edelstahl zur Kavitätenpräparation;Redo aus Edelstahl zur Revision; Maxi zur Entfernung von Me-tallstiften (alle VDW, München).

Abb. 9: Sehr komplizierter Zahn23 mit extremer Obliteration,apikal der Zugangskavität desÜberweisers ist röntgenologischkeine Pulpakammer zu erken-nen. Rosenbohrer mit Hand-stück würden die Sicht ver-sperren. Hier muss mit Ultra-schall unter Sicht präpariertwerden.

Abb. 10: Röntgenologische Zwi-schenkontrolle der Achsrich-tung

Abb. 11: Messaufnahme, die ers-te Sondierung mit einer 10er-Feile gelang erst ca. 3 bis 4 mmvor Apex.

Abb. 12: Röntgenkontrolle DownPack (Fortsetzung auf Seite 20)

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Ausgabe 36/12Zahnmedizin/Praxis aktuell20 Die ZahnarztWoche

Neue Arbeitsmittel und -geräte …natürlich wichtig sind und in einemgeregelten Verwaltungsablauf ab-gewickelt werden sollten. In derPraxis wichtiger ist das Auftretengegenüber unseren Patienten. So-lide Untersuchung, verständlicheBefundung und Diagnose und au-thentische Therapieempfehlungunter Darlegung der Alternativenvermitteln schon im Vorfeld Kom-petenz und schaffen Vertrauen.Ein Kostenvergleich der Extraktionmit folgendem Zahnersatz im Ver-hältnis zum Zahnerhalt durch eineWurzelkanalbehandlung relativierthäufig die vordergründig hohe In-

vestition für die endodontischeTherapie. Gleiches gilt für den Ver-gleich von Behandlungs- bezie-hungsweise Operationsaufwand(Endo plus Krone versus Implantatmit Sinuslift plus Krone).

Natürlich fordert auch diese Artvon Vorgehen zunächst Zeit, die alsInvestition betrachtet werden undsich ebenso wie die rein fachlicheKompetenz erst entwickeln muss.Man wird es auch nicht jedem Pa-tienten recht machen können. Dereine oder andere Patient wird un-ter Umständen die Praxis verlas-sen, man wird aber auch neue Pa-tienten gezielt hinzugewinnen.

FazitWem es gelingt, sich bei seinen

Patienten als jemand zu profilieren,der Zähne nicht schnell extrahiert,sondern dauerhaft erhält, schafftsich sein eigenes Marketinginstru-

ment: Zahnerhalt durch Endodon-tie als Mittel zur Patientenbin-dung und Patientengewinnung undnicht zuletzt auch als Mittel, die ei-gene Behandlerzufriedenheit zustärken.Dr. Torsten Neuber,Münster n

(wird fortgesetzt)

(Fortsetzung von Seite 19)

Abb. 13: Klinische Situation Down Pack

Abb. 14: Abschlusskontrolle mitadhäsivem Stift, DT Light Post(VDW) Fotos: Dr. Neuber, Münster