3
NEUE - BISHER UNBEKANNTE - ARZNEIPFLANZEN DES DROGENHANDELS Von Rr. Franz Berger, Wien Lespedeza capitata Mich. Seit einer Reihe von Jahren ist die Gattung Lespedeza Gegenstand eingehender Untersuchungen. Die Gattung Lespedeza, so benannt nach dem spanischen Gouverneur von Florida, umfai3t etwa 40 Arten im atlantischen Nordamerika, in Ost- und Siidasien sowie in Australien. Es sind meist weich bis seidig behaarte Krauter, Halbstraucher oder Straucher mit in der Regel dreizahligen Blattern. Bisher waren die Arten dieser Gattung der Schmetterlingsblutler nur als Zierstraucher in Mitteleuropa bekannt. Sie zeichneten sich durch spates Bluhen und uppigen Blutenschmuck aus. So wurden Lespedeza bicolor Turcz. aus Nordchina, dem Amurgebiet und Sibirien neben Lespedeza formosa Koehne aus Japan und Sibirien wegen ihrer schonen purpurviolett bis pur- purrosa gefarbten Schmetterlingsbliiten in Parkanlagen kultiviert. Da die Bluten beider Arten erst im September oder irn Oktober aufbluhen, ist diese Gattung besonders als dekorativer Herbstschmuck beliebt. Seit dem Jahre 1953 sind in Frankreich umfangreiche Versuche im Gange, die in der Pflanze vorhandenen Flavonderivate zur Palliativtherapie der Niereninsuffizienz heranzuziehen. Fukuda war es, der im Jahre 1932 darauf hinwies, dai3 einige Flavonabkommlinge, z. B. Kaempferol, Myricetin, Quercetin und Rucrol, die Diurese bedeutend starker und verlai3licher anre- gen als die bis dahin bekannten Purinderivate. Im Jahre 1940 untersuchten R. Paris und H. Leclerc das Digitoflavon und seine diuretische Wirkung an Hunden rnit bestem Erfolg. Die Japaner Hattori und Hasefawa veroffent- lichten im gleichen Jahr einen Bericht uber Erfolge, die sie mit Lespidin erzielten. Dieses Lespidin ist ein Flavon aus Lespedeza capitata. B. N. Hal- pern und J. Trolliet, zit. nach B. Schulz, wiederholten im Jahre 1953 die tierexperimentellen Untersuchungen an Kaninchen. Vorher hatte man an den Tieren kunstlich eine subakute Glomerulonephritis (Gefaoknauel in der Nierenrinde am Beginn der Harnkanalchen) erzeugt. Fuhrte man den Tieren oral eine Lespedeza-Tinktur 1 : 10 ein, so konnten die Autoren beweisen, da5 der Reststickstoffgehalt des Blutes bedeutend gesenkt werden konnte. Von den meisten Forschern wird als wirksamer Bestandteil das Lespidin angesehen, welches imstande ist, den Reststickstoffgehalt des Blutes zu sen- ken. Lespidin ist ein Flavon und kann als 3,7-Bi-Rhamnosid des 3,5,7, 1212 Pharmaceutical Biology Downloaded from informahealthcare.com by University of Auckland on 11/06/14 For personal use only.

Neue — Bisher Unbekannte — Arzneipflanzen des Drogenhandels

  • Upload
    franz

  • View
    220

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Neue — Bisher Unbekannte — Arzneipflanzen des Drogenhandels

NEUE - BISHER UNBEKANNTE - ARZNEIPFLANZEN DES DROGENHANDELS

Von Rr. Franz Berger, W i e n

Lespedeza capitata Mich. Seit einer Reihe von Jahren ist die Gattung Lespedeza Gegenstand

eingehender Untersuchungen. Die Gattung Lespedeza, so benannt nach dem spanischen Gouverneur

von Florida, umfai3t etwa 40 Arten im atlantischen Nordamerika, in Ost- und Siidasien sowie in Australien. Es sind meist weich bis seidig behaarte Krauter, Halbstraucher oder Straucher mit in der Regel dreizahligen Blattern. Bisher waren die Arten dieser Gattung der Schmetterlingsblutler nur als Zierstraucher in Mitteleuropa bekannt. Sie zeichneten sich durch spates Bluhen und uppigen Blutenschmuck aus. So wurden Lespedeza bicolor Turcz. aus Nordchina, dem Amurgebiet und Sibirien neben Lespedeza formosa Koehne aus Japan und Sibirien wegen ihrer schonen purpurviolett bis pur- purrosa gefarbten Schmetterlingsbliiten in Parkanlagen kultiviert. Da die Bluten beider Arten erst im September oder irn Oktober aufbluhen, ist diese Gattung besonders als dekorativer Herbstschmuck beliebt.

Seit dem Jahre 1953 sind in Frankreich umfangreiche Versuche im Gange, die in der Pflanze vorhandenen Flavonderivate zur Palliativtherapie der Niereninsuffizienz heranzuziehen. Fukuda war es, der im Jahre 1932 darauf hinwies, dai3 einige Flavonabkommlinge, z. B. Kaempferol, Myricetin, Quercetin und Rucrol, die Diurese bedeutend starker und verlai3licher anre- gen als die bis dahin bekannten Purinderivate. Im Jahre 1940 untersuchten R. Paris und H. Leclerc das Digitoflavon und seine diuretische Wirkung an Hunden rnit bestem Erfolg. Die Japaner Hattori und Hasefawa veroffent- lichten im gleichen Jahr einen Bericht uber Erfolge, die sie mit Lespidin erzielten. Dieses Lespidin ist ein Flavon aus Lespedeza capitata. B. N. Hal- pern und J. Trolliet, zit. nach B. Schulz, wiederholten im Jahre 1953 die tierexperimentellen Untersuchungen an Kaninchen. Vorher hatte man an den Tieren kunstlich eine subakute Glomerulonephritis (Gefaoknauel in der Nierenrinde am Beginn der Harnkanalchen) erzeugt. Fuhrte man den Tieren oral eine Lespedeza-Tinktur 1 : 10 ein, so konnten die Autoren beweisen, da5 der Reststickstoffgehalt des Blutes bedeutend gesenkt werden konnte.

Von den meisten Forschern wird als wirksamer Bestandteil das Lespidin angesehen, welches imstande ist, den Reststickstoffgehalt des Blutes zu sen- ken. Lespidin ist ein Flavon und kann als 3,7-Bi-Rhamnosid des 3,5,7,

1212

Phar

mac

eutic

al B

iolo

gy D

ownl

oade

d fr

om in

form

ahea

lthca

re.c

om b

y U

nive

rsity

of

Auc

klan

d on

11/

06/1

4Fo

r pe

rson

al u

se o

nly.

Page 2: Neue — Bisher Unbekannte — Arzneipflanzen des Drogenhandels

Tetrahydroxy-Flavon definiert werden. Folgende Konstitutionsformel wird angegeben :

0

in

Da es bis

u Zucker - O’Q- ’ ‘OH

OH 0

glykoridischer Bindung \

jetzt kein Heilmittel gibt, das eine kausale Therapie der chronischen oder akuter Niereninsuffizienz gewahrleistet, versuchte man durch die diuretische Wirkung der Lespedeza capitata-Tinktur bzw. daraus hergestellter Extrakte eine Palliativtherapie bei Azotamie (Vermehrung des Stickstoffes im Blut bei Uramie), bei echter Uramie, bei chronischer Glomerulonephritis, Pyelonephritis (gleichzeitige Nierenbecken- und Nie- renentzundung), bei toxischen Nierenschadigungen, Nierentuberkulose, Nephrosen und Schrumpfnieren zu erreichen. Es konnte beobachtet werden, da5 die Einnahme der Lespezeda-Tinktur die Steigerung des Reststickstoff- gehaltes im Blut verhindert. Franzosische Quellen geben als Dosierung dreimal taglich 10-30 Tropfen an.

Derzeit sind in Wien klinische Untersuchungen im Gange, um auf breiterer Basis die Wirkung dieser neuen Droge kennenzulernen. An 20 Fallen konnte eine giinstige palliative Wirkung bei akuter und chronischer Niereninsuffizienz bei guter Vertraglichkeit schon jetzt festgestellt werden.

(Usterreichische Drogistenzeitung, Juli 1959)

Translation LESPEDEZA CAPITATA Mich.

Over the past few years, the genus Lespedeza has been the object of intensive investigations.

The genus Lespedeza, so called after a Spanish governor of Florida, comprises about 40 species in Atlantic North America, eastern and southern Asia, and Australia. They are mostly herbs, undershrubs, or shrubs, covered with soft or silky hairs, and as a rule are trifoliate. Until recently the species of this genus of the family Papilionaceae were only known as decorative plants in Central Europe. They distinguished themselves by their late and luxuriant blossoming. Thus, Lespedeza bicolor Turcz from northern China,

1213

Phar

mac

eutic

al B

iolo

gy D

ownl

oade

d fr

om in

form

ahea

lthca

re.c

om b

y U

nive

rsity

of

Auc

klan

d on

11/

06/1

4Fo

r pe

rson

al u

se o

nly.

Page 3: Neue — Bisher Unbekannte — Arzneipflanzen des Drogenhandels

the Amur region and Siberia, as well as Lespedeza foriizosa Koehne from Japan and Siberia, have been cultivated in parks for their beautiful, purple- violet or rose-purple papilionaceous flowers. As the flowers of both varieties appear only in September or October, this genus is preferred for autumn decoration.

Since the year 1953 intensive investigations have been going on in France, to extract the flavone-derivatives present in the plants, for palliative therapy in cases of kidney insufficiency. It was Fukuda who, in the year 1932, drew attention to the fact that some flavone derivatives, e.g. kaempferol, myricetin and quercetin, stimulate diuresis more strongly and in a much more reliable manner than the purin derivatives known till then. R. Paris and H. Leclerc in the year 1940 examined digitoflavone and its diuretic effect on dogs, with the best results. In the same year, the Japanese Hattori and Hasefawa published a report about the results which they obtained with Lespidin. This Lespidin is a flavone derived from Lespedeza capitata. In the year 1953, B. N. Halpern and J. Trolliet, cited by B. Schulz, repeated the animal experiments with rabbits. For this purpose, a subacute glomeru- lonephritis (inflammation of vascular coils in the cortex of the kidney at the beginning of the urinary tubule) had first been produced artificially. When administering the animals orally a Lespedeza tincture 1 : 10, the authors could prove that the residual nitrogen content of the blood could be dimini- shed considerably.

Most investigators consider Lespidin as the active constituent, which is able to decrease the residual nitrogen content of the blood. Lespidin is a flavone and can be defined as the 3,7-Bi-Rhamnoside of 3,5,7 tetrahydroxy- flavone. (For the structural formula, see the German text).

As there are not yet any medicaments which guarantee a causal therapy of chronic or acute kidney insufficiency, it has been sought to obtain a pallia- tive therapy by means of the diuretic effect of Lespedeza capitata tincture or extracts in cases of azotemia (increase of nitrogen in the blood in uremia), in true uremia, in chronic glomerulonephritis, pyelonephritis (combined inflammation of the pelvis of kidney and kidney), toxic kidney affections, tuberculosis of the kidneys, nephroses, and contracted kidney (kidney atrophy). It could be observed that the intake of Lespedeza tincture prevents the increase of residual nitrogen content in the blood. French sources mention a daily dose of three times 10-30 drops.

At present, clinical trials are being made in Vienna with a view to learn more about the action of this new drug. In 20 cases a favorable pallia- tive effect could be ascertained in acute and chronic kidney insufficiency.

1214

Phar

mac

eutic

al B

iolo

gy D

ownl

oade

d fr

om in

form

ahea

lthca

re.c

om b

y U

nive

rsity

of

Auc

klan

d on

11/

06/1

4Fo

r pe

rson

al u

se o

nly.