Upload
lamtu
View
220
Download
2
Embed Size (px)
Citation preview
Lz
M. Hofbeck
Abteilung Kinderheilkunde II
Klinik für Kinder- und Jugendmedizin
Universität Tübingen
Neue Richtlinien zur Durchführung der SBE-Prophylaxe 2007
Prophylaxe der infektiösen Endokarditis: Neue Richtlinien der AHA 2007
Neue AHA Richtlinien: Circulation 116;1736-1754 (2007)
Bakterielle Endokarditis: PathogeneseVorschädigung meist hervorgerufen durch turbulenten Blutstrom mit konsekutiven Endothelläsionen: Aber bei ca. 15% der Endokarditiden findet sich keine kardiale Vorschädigung (Cave Drogenabusus!)Thrombotische Vegetationen: Fibrin- und Thrombozytenablagerungen im Bereich der Jet Lesions bieten ideale Besiedlungsfläche für Bakterien: Nonbacterial thrombotic endocardits (Locus minoris resistentiae)Im Rahmen einer oft transitorischen Bakteriämie Besiedlung der Läsionen mit Mikroorganismen.
Bakterielle Endokarditis:Pathogenese
Ausgangsort der Bakteriämie meist Regionen die physiologischerweise mit Bakerien besiedelt sind
Kolonisation der thrombotischen Auflagerung führt konsekutiv zu weiterer Anlagerung von Fibrin und Thrombozyten
Entstehung eines geschlossenen Raumes der durch antibiotische Therapie nur schlecht erreicht werden kann
Prophylaxe der infektiösen Endokarditis
Basis der bislang praktizierten gezielten Endokarditisprophylaxe
SBE ist eine seltene aber lebensbedrohliche Erkrankung deren Prävention erstrebenswert ist
Bestimmte Herzerkrankungen prädisponieren zur SBEBakteriämien mit Organismen die SBE verursachen können
finden sich häufig in Assoziation mit invasiven Zahnprozeduren, GI oder Urogenitalprozeduren
Wirksamkeit der Prophylaxe konnte in Tierstudien belegt werden
Annahme, dass diese Prophylaxe auch beim Menschen wirksam sei
Prophylaxe der infektiösen Endokarditis: Lebenslanges Risiko
5 – 7 Fälle auf 100.000 Menschenjahre bei herzgesunden (oder 0.005 auf 100 Jahre)4.6 auf 100.000 Patientenjahre bei Mitralklappenprolaps ohne Herzgeräusch52 auf 100.000 Patientenjahre bei MVP mit Herzgeräusch (0.05 auf 100 Jahre)145 auf 100.000 Patientenjahre bei nicht operiertem VSD (0.145 auf 100 Jahre)271 auf 100.000 Patientenjahre bei angeborener AOST303 – 383 auf 100.000 Patientenjahre bei mechanischem oder biologischem HerzklappenersatzVorangegangene Endokarditis 740 auf 100.000 Patientenjahre (0.7 auf 100 Jahre)
Steckelberg, Wilson: Infec Dis Clin North Am 1993;7:9-19
Gersony et al.: Circulation 1993;87:I 121- I 126
Prophylaxe der infektiösen Endokarditis: Neue AHA Richtlinien
Was hat sich geändert an der Datenlage, warum werden die bisherigen Empfehlungen hinterfragt und geändert
Bisherige Richtlinien haben einen deutlichen Evolutionsprozess mit zahlreichen Änderungen hinter sich
Bisherige Änderungen basierten meist auf Expertenmeinungen, nicht auf harten Daten
Die letzte Aussage, daß ein relevanter Anteil von SBE tatsächlich verhindert werden kann durch gezielte Prophylaxe ist bislang nicht bewiesen
Prophylaxe der infektiösen Endokarditis: Gründe für die Revision der bisherigen AHA Richtlinien
SBE entsteht sehr viel wahrscheinlicher durch eine immer wiederkehrende zufällig Exposition gegenüber Bakteriämien im Rahmen von Alltagsaktivitäten als durch dentale, GI oder Urogenitalprozeduren
Durch eine gezielte SBE-Prophylaxe kann wahrscheinlich nur eine verschwindend geringe Anzahl von SBE-Fällen bei Patienten mit dentalen, GI oder Urogenitalprozeduren verhindert werden
Das Risiko von Antibiotika-assoziierten Nebeneffekten übersteigt den Benefit der prophylaktischen antibiotischen Therapie
Erhaltung einer optimalen Zahngesundheit kann möglicherweise die Inzidenz von täglichen Bakteriämien reduzieren und ist wichtiger als die prophylaktische Antibiotikabehandlung bei Zahneingriffen
Prophylaxe der infektiösen Endokarditis
Prophylaxe der infektiösen Endokarditis
Die meisten Zahnarztbesuche resultieren nach der heutigen Datenlage in einer mehr oder weniger ausgeprägten Bakterimämie
Es existieren keine verlässlichen Daten, welche Art von zahnärztlicher Prozedur mehr oder weniger gefährlich im Hinblick auf eine Bakteriämie ist. Eine Prozedur mit sichtbarer Blutung allein ist kein Unterscheidungskriterium hinsichtlich einer Bakteriämie
Erregerdichte der Bakteriämien ist niedrigBei der überwiegenden Mehrzahl von Patienten ist die
Anamnese leer hinsichtlich einer vorangegangenen dentalen Prozedur
Prophylaxe der infektiösen Endokarditis
Van der Meer: Efficacy of antibiotic prophylaxis for prevention of native valve-endocarditis
Lancet 339;135-139 1992Case Control Study aus den Niederlanden 14 Mio Einwohner über 2 Jahre: 349 native valve endocarditis
197/349 (56%) vorbekannte Herzerkrankung54 hatten Prozedur innerhalb von von 180 Tagen, 25 (12.7%)
innerhalb von 30 Tagen einer Prozedur d.h. ca. 90% hatten wahrscheinlich die SBE anders erworben. Nur 8 Patienten hatten Antibiotikaprophylaxe erhalten
Vergleich mit 200 Kontrollen die ähnliche kardialen Status und ähnliche Prozeduren und keine Endokarditis entwickelten: Kein Unterschied in der Zahl der gefährdenden vorangegangenen Prozeduren, kein Unterschied in der SBE Prophylaxe 17%/26%
Prophylaxe der infektiösen Endokarditis
Transitorsiche Bakteriämien finden sich in großer Häufigkeit auch bei täglichen Routinetätigkeiten
Bakteriämierate beim Zähneputzen 20-68%Bakteriämierate nach Benutzung von hölzernen
Zahnstochern 20-40%Bakteriämierate bei Verwendung von Mundduschen 7 –
50%Die nachgewiesene Erregerdichte der Bakteriämien ist
niedrig, sowohl nach zahnärztlichen Eingriffen als auch bei täglichen Routineaktivitäten (<104 colony-forming units von Bakterien/ml)
Bakteriämien nach Zahneingriffen sind geringer als das Ausmaß einer Bakteriämie, die notwendig ist zur experimentellen Erzeugung einer SBE im Tierversuch (106 –108 colony-forming units von Bakterien/ml)
Prophylaxe der infektiösen Endokarditis
Es existieren keine Informationen zur Rolle der Dauer und des Ausmaßes einer Bakteriämie in der Genese der SBE
Nach Zahnextraktion findet sich ein steiler Abfall der Bakteriämie nach 10 – 30 min
Wahrscheinlich ähnliche Dauer der Bakteriämie bei täglichen Routinemaßnahmen
Relevanz der Bakteriämien nach Zahnarztbesuchen 2/Jahr versus täglichen Prozeduren ??
5370 min/Monat vs. 6-30 min nach Extraktion eines Zahnes??
Prophylaxe der infektiösen Endokarditis
Annahme einer Beziehung zwischen dem Ausmaßeiner Zahn- oder Zahnfleischerkrankung bzw. schlechter Zahnhygiene und dem Ausmass und Dauer der Bakteriämien im Rahmen der täglichen Routinemaßnahmen
Annahme daß gute Mundhygiene und Vermeidung von Zahn-/Zahnfleischerkrankung die Häufigkeit von Bakteriämien verhindert
Wirksamkeit der antibiotischen Prophylaxe der infektiösen Endokarditis
Die Wirksamkeit einer gezielten Antibiotikaprophylaxe die Häufigkeit, das Ausmaß oder die Dauer einer Bakteriämie im Zusammenhang mit Zahneingriffen zu reduzieren oder diese gar vollständig zu unterbinden wird in Studien kontrovers diskutiert
Für Amoxicillin wurde nachgewiesen, daß es signifikant die Inzidenz, das Ausmaß und die Dauer einer Bakteriämie nach Zahnextraktion senkt aber nicht eliminiert
Nach Zahnextraktion vermindern Pen V oder Amoxicillin den Prozentsatz von Strept. Viridans oder Anaerobiern in Blutkulturen, aber es gibt Studien die keine signifikante Verminderung von Patienten mit positiven Blutkulturen fanden
Prophylaxe der infektiösen Endokarditis
Lockhart PB et al.: Bacteremia associated with toothbrushing and dental extraction
Circulation 2008;117:3118 - 3125
Prophylaxe der infektiösen Endokarditis
Es existieren bislang keine prospektiven randomisierten Studien die den Effekt einer gezielten SBE Prophylaxe in der Reduktion der SBE beweisen
Die Interpretation bisheriger retrospektiver Studien ist schwierig durch die Seltenheit der SBE, die Variabilität der durchgeführten oder untersuchten Zahneingriffe sowie die Variabilität der Komplexität der zugrundeliegenden kardialen Grunderkrankungen
Es existieren 3 größere neuere Studien, die den Effekt einer gezielten SBE Prophylaxe auf die Häufigkeit der SBE anzweifeln lassen
Prophylaxe der infektiösen Endokarditis
Case Control Study van der Meer 1992: 8/48 SBE Fällen ereigneten sich trotz Antibiotikaprophylaxe
Strom et al. 1998 Ann Intern Med: Multicenter Case Control Study: Dental treatment, war in dieser Studie kein Risikofaktor,Patienten ohne SBE hatten genausoviele oder mehr vorangegangene Zahneingriffe
Duval et al. 2006: Risiko der SBE nach Zahneingriffen niedrig, durch eine sehr hohe Zahl prophylaktischer Antibiotikgaben läßt sich nur eine geringe Zahl von SBE verhindern
Strom, B. L. et. al. Ann Intern Med 1998;129:761-769
Dental Procedures in Community-Based Case-Patients with Endocarditis and Controls
Dental Procedures in Community-Based Case-Patients with Endocarditis and Controls
Nur 10% der Gesamt-Pat. mit SBE hatten eine zugrundeliegende Herzerkrankung und einen Zahneingriff (29/287) innerhalb der vorangegangenen 3 Monate, 4% der Patienten hatten einen Zahneingriff innerhalb von 1 Monat
38.8 % der diagnostizierten Fälle waren auf Keime der Mund-/Zahnflora zurückzuführen
Nur sehr wenige dieser Patienten (2.2%) erhielten SBE Prophylaxe
Die Studie konnte keine eindeutige Risikoprozedur herausarbeiten, einzige Ausnahme Zahnextraktion
Strom, B. L. et. al. Ann Intern Med 1998;129:761-769
Types of Dental Procedures in the Past 2 Months in Community-Based Case-Patients and Controls
Prophylaxe der infektiösen Endokarditis: Argumentation der AHA
Nachdem die heutige Datenlage dafür spricht, daß das Risiko von Zahneingriffen hinsichtlich einer SBE niedrig ist und
wahrscheinlich durch gezielte Prophylaxe nur eine geringe Zahl von Infektionen verhindert werden kann, sollte die SBE
Prophylaxe nach Auffassung der AHA beschränkt werden
auf die Patienten mit dem höchsten Risiko eines schlechten outcomes nach SBE
und mit dem höchsten Risiko einer SBEPatienten mit höchster Prädisposition tragen auch das höchste
Risiko von Morbidität und Mortalität durch SBEWeiteres Argument der Fokusierung der SBE-Prophylaxe:
Deutliche Steigerung der Resistenz von Str. viridans Isolaten von SBE Patienten: Pen –Resistent 1971 – 1986 0%, 1994 – 2002 13%
Prophylaxe der infektiösen Endokarditis
Obwohl nachgewiesen wurde, daß bei Respirationstrakt-Prozeduren Bakteriämien auftreten können, ist die Datenlage hier noch schlechter als bei Zahneingriffen
SBE Prophylaxe nur noch für Eingriffe bei denen die Mukosa sicher verletzt wird: AT, TE oder Biopsien, aber nicht für diagnostische Bronchoskopie
Keine Empfehlung einer SBE Prophylaxe für GI oder Urorgenitaleingriffe: Berichte von SBE im zeitlichen Zusammenhang mit derartigen Eingriffen sehr selten und anekdotisch, bislang kein Nachweis eines kausalen Zusammenhangs, keine Studien über Effektiviät einer SBE-Prophylaxe in diesem Zusammenhang
Prophylaxe der infektiösen Endokarditis: Was ist neu am AHA Papier
1. Bakteriämie im Rahmen täglicher Manipulationen ist sehr viel wahrscheinlicher Ursache der SBE als Bakteriämien infolge von Zahneingriffen
2. Nur eine extrem geringe Zahl von SBE-Fällen kann durch eine gezielte SBE-Prophylaxe verhindert werden, selbst unter der Annahme, diese Prophylaxe zu 100% effektiv wäre
3. Die SBE Prophylaxe wird nicht mehr allein auf Grund der Tatsache empfohlen, daß für den Patienten ein erhöhtes Endokarditis Risiko besteht
4. Empfehlung zur gezielten SBE-Prophylaxe beschränkt sich nur noch auf die Hochrisikokollektive
Prophylaxe der infektiösen Endokarditis
1. Prophylaxe empfohlen für alle Zahneingriffe die das potentielle Risiko einer Mukosaverletzung beinhalten
2. Keine SBE-Prophylaxe für Massnahmen am GI und am Urogenitaltrakt
3. Prophylaxe am Respirationstrakt (v.a. TE und AT) sowie für Haut und muskoloskelettales Gewebe nur für die definierten Hochrisikokollektive
4. Prozeduren für die eine SBE-Prophylxe nicht empfohlen wird: Ohr- und Körperpiercing, vaginale Entbindung und Hysterektomie
Prophylaxe der infektiösen Endokarditis bei Zahneingriffen
Eingeschlossen sind alle Zahneingriffe, die Zahnfleisch, die Region der Zahnhälse und die orale Mukosa betreffenEingeschlossen sind Biopsien, Nahtentfernungen und Platzierung von kieferorthopädischen Bändern
Nicht notwendig ist die gezielte SBE Prophylaxe bei anästhetischen Injektionen durch nicht infiziertes Zahnfleisch (ausser intraligamentäre Anästhesie), Röntgenaufnahmen, Platzierung oder Anpassung von prothetischen oder kieferorthopädischen Verankerungselementen, Platzierung von kieferorthopädischen Klammern, Blutung von Lippen- oder Mukosatraumen, physiologischer Milchzahnverlust
Prophylaxe der infektiösen Endokarditis: Neue Richtlinien der Deutschen Fachgesellschaften 2007
Kardiologe 2007 1:243-250 www.dgk.org
Prophylaxe der infektiösen Endokarditis: Neue Richtlinien der Deutschen Fachgesellschaften 2007
Wer soll die gezielte SBE-Prophylaxe erhalten: Patienten mit der höchsten Wahrscheinlichkeit eines schweren oder letalen Verlaufs einer infektiösen Endokarditis
Prophylaxe der infektiösen Endokarditis: Neue Richtlinien der Deutschen Fachgesellschaften 2007
Die neuen Richtlinien enthalten keine expliziten Richtlinien für Patienten mit Fontan´scher Kreislauftrennung
Man könnte die Richtlinien dahingehend interpretieren, daß bei Fontanpatienten ein Konduit (sei es als extrakardialer oder intrakardialer Tunnel) angelegt wurde.
Es besteht bei einem Fontan ohne Residuen zwar kein Hochgeschwindigkeitsjet aber dafür eine relativ langsame Blutströmung im Fontanbereich
Erfreulicherweise habe ich bislang keine Endokarditis bei Fontan oder TCPC erlebt, aber ich empfehle derzeit nach Rücksprache mit anderen Kinderkardiologen/Kardiologen bei der noch nicht ganz klaren Situation ein gezielte Prophylaxe bei zahnärztlichen Eingriffen, die eine Mukosaläsion beinhalten
Prophylaxe der infektiösen Endokarditis: Neue Richtlinien der Deutschen Fachgesellschaften 2007
Empfohlene Prophylaxe vor zahnärztlichen Eingriffen
Prophylaxe der infektiösen Endokarditis
Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit