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Zeitschrift fiir anorganische Chemie - Dezember 1948 Heft 5-6, S. 223-348 -__ - Band 252 Neue Verfahren zur Darstellungvan Kaliumpentathio nat und von Kaliumhexathionat Yon MARGOT GOEHRING und URSVLA FELDMAKN Inhaltsubersicht Es mird ein Verfahren zur Darstellung von K,S,O, bzw. ron K,S,O, beschrieben, das auf der Umsetzung Ton Schwefeldichlorid bzw. Dischwefeldichlorid niit Thiosulfat in sanrer Losung beruht. W e wir in fruheren Mitteilungen l) gezeigt haben, bildet sich bei der Urpsetzung von Thioschwefelsiiure mit Derivaten des Schwefel(I1)- hydroxyds - z. B. mit dem Ester, S(OC,H,),, oder dem Saurechlorid, SCI,, - in glatter Reaktion Pentathionsaure, z. B. nach: XCI2 -+ 2 H,O + S(OH), + 2 H’ + 2 C1’ (1) (2) S(OH), + 2 S,Oy + 2 H‘ +- S,Oy -1- 2 H20. Die Umsetzung zwischen S(OH), und Thioschwefelsiiure verlauft so rasch, da13, wenn man aquivalente Mengen anwendet, keine der beiden sehr unbestandigen Schwefelsauerstoffsauren zerfallen kann, bevor sie reagiert hat. Die Umsetzung mit Thioschwefelsiiiure kanri daher ge- radezu zuni Kachweis von S( OH), in Reaktionsgemischen verwendet werden,). Es lag nahe, diese Reaktion auch zur priiiparativen Darstel- lung von Pentathionaten auszunutzen. Die analoge Reaktion des Di- schwefeldichlorids niit Thioschwefelsaure 3) S,CI, + 2 H,O -+ S,(OH), + 2 H’ + 2 C1’ (3) (4) sollte zur Darstellung von Hexathionaten geeignet sein. Nach unseren fruheren Erfahrungen4)muflte man dafur sorgen, dalJ die Umsetzung der Schwefelchloride mit Wasser allein unterdruckt &(OH), + 2 S,Oy + 2 H’ +. S,O: + 2 H,O 1) &I. GOEHRING, H. STAMM u. U. FELUMANN, 2. anorg. allg. Chem. 250, 56 (1942); *) Vgl. z. B. M. GOEHRINO, Xaturwiss. 82, 42 (1944). 3) M. GOEERIKG, H. XTAMM u. U. FELDMANN, 2. agorg. allg. Chem. 250, 62 (1942); vgl. a. M. GOE~INC, Ber. dtsch. chem. Ues. 76, 742 (1943). 4) H. STAMM, &I. GOEHRING u. U. FELDMANN, 2. anorg. allg. Chem. 460, 226 (1942). X. GOEHRIKG, Z. anorg. allg. Chem. 253, 304 (1947). %. anorg. Chemie. Bd. 257. 16

Neue Verfahren zur Darstellung von Kaliumpentathionat und von Kaliumhexathionat

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Zeitschrift fiir anorganische Chemie -

Dezember 1948 Heft 5-6, S. 223-348 -__ -

Band 252

Neue Verfahren zur Darstellung van Kaliumpentathio nat und von Kaliumhexathionat

Yon MARGOT GOEHRING und URSVLA FELDMAKN

Inhaltsubersicht Es mird ein Verfahren zur Darstellung von K,S,O, bzw. ron K,S,O, beschrieben,

das auf der Umsetzung Ton Schwefeldichlorid bzw. Dischwefeldichlorid niit Thiosulfat in sanrer Losung beruht.

W e wir in fruheren Mitteilungen l) gezeigt haben, bildet sich bei der Urpsetzung von Thioschwefelsiiure mit Derivaten des Schwefel(I1)- hydroxyds - z. B. mit dem Ester, S(OC,H,),, oder dem Saurechlorid, SCI,, - in glatter Reaktion Pentathionsaure, z. B. nach:

XCI2 -+ 2 H,O + S(OH), + 2 H’ + 2 C1’ (1) ( 2 ) S(OH), + 2 S,Oy + 2 H‘ +- S,Oy -1- 2 H20.

Die Umsetzung zwischen S(OH), und Thioschwefelsiiure verlauft so rasch, da13, wenn man aquivalente Mengen anwendet, keine der beiden sehr unbestandigen Schwefelsauerstoffsauren zerfallen kann, bevor sie reagiert hat. Die Umsetzung mit Thioschwefelsiiiure kanri daher ge- radezu zuni Kachweis von S( OH), in Reaktionsgemischen verwendet werden,). Es lag nahe, diese Reaktion auch zur priiiparativen Darstel- lung von Pentathionaten auszunutzen. Die analoge Reaktion des Di- schwefeldichlorids niit Thioschwefelsaure 3)

S,CI, + 2 H,O -+ S,(OH), + 2 H’ + 2 C1’ (3)

(4)

sollte zur Darstellung von Hexathionaten geeignet sein. Nach unseren fruheren Erfahrungen4) muflte man dafur sorgen, dalJ

die Umsetzung der Schwefelchloride mit Wasser allein unterdruckt

&(OH), + 2 S,Oy + 2 H’ +. S,O: + 2 H,O

1) &I. GOEHRING, H. STAMM u. U. FELUMANN, 2. anorg. allg. Chem. 250, 56 (1942);

*) Vgl. z. B. M. GOEHRINO, Xaturwiss. 82, 42 (1944). 3) M. GOEERIKG, H. XTAMM u. U. FELDMANN, 2. agorg. allg. Chem. 250, 62 (1942);

vgl. a. M. G O E ~ I N C , Ber. dtsch. chem. Ues. 76, 742 (1943). 4) H. STAMM, &I. GOEHRING u. U. FELDMANN, 2. anorg. allg. Chem. 460, 226 (1942).

X. GOEHRIKG, Z . anorg. allg. Chem. 253, 304 (1947).

%. anorg. Chemie. Bd. 257. 16

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wurde, und das gelingt, wenil mail die Schwefelchloride stark verduiiiit init einem iridifferenten organischen Losungsrnitt el verwendet . Die Keak- tion zwischen Schwefelchlorid und Thioschwefelsaure inuO man in stark sauIem Medium vornehmen, da nur in eiiier solchen Losung die hoheren Polythionsaureii hinreichend bestandig sind. Es zeigte sich nun, dalJ die Pentathionat- bzw. Hexathionat-Losungen, die man so durch Umsetzen \?on Thioschwefelsaure mit SCI, bzw. r r i i t SzC1, erhalt. sich nieht ohne weiteres unzersetzt konzentrieren lassen, urid das ist auch verstandlich, denn die spontane Zersetzung von Polythionatlosungen wird durch Thio- sulfation katalytiseh beschleunigt 5 ) . Man muO deshalb tXas uberschixssige Thiosulfat sofort nach Beendigung der UmFetzung entfernen. Dazu er- wies es sich ; t l ~ zweckmiOig, das Thiosulfat mit Eisen(II1)-ion zu oxydieren

2 Fe”’ + 2 S,Oi = 2 Fe” + S,Oi. (5) Da bei der Urnsetzurig zwischen Thiosch~efelsaure und dem Schwefel- chlorid auch immer etwas SO, entstehen kann, und da dieses das hohere Pdlythionat abbaut 6)

S,Oi + HRO; + S,Oy + S,Oy + H‘, (6) so rnuO man auch das Schuefeldioxyd miiglichst rasch nach dem Um- setzen dureh Evakuieren entfernen: etwa nach G1. (6) neu entstandenes Thiosulfat wird durch ilberschussiges Eisen(II1)-salz sofort unschadlich gemacht .

Unsere Vor schriften beziehen sich auf die Darstellung der Kalium- salze der Pentathionsaure und cler Hexathionsaure; diese Salze lassen sicli ver haltnismd3ig gut durch Umkristallisiereii reinigen und sintl des- halb gute Ausgangssubstanzen fur die Darstellung vori anderen Poly- thionaten. Neutralisiert man die nach unseren Verfahren er haltenen Polythionsaurelosungen nicht mit Kalilauge sondern mit anderen Laugen, so kann man aus ihnen auch direkt andere Pentathionate bzw. Hexa- thionate hcrstellen. Wir glauben, dalJ unsere Vorschriften gegenuber den alteren Verfahren von F. RASCHIC.~) bzw. A. KURTENACKER und W. FLUSS~) fur die Darstellung von Pentsthionat und von E. WEITZ und F. ACHTERBERG s, fur die Darstellung von Hexathionat den Vorteil besitzen, sehr rasch und verhaltnisrnafiig glatt zuni Ziele zu fuhren.

5) x. GOEHRING, W. HELBTNG u. I. APPEL, Z. anorg. allg. Chem. 2.54, 188 (1947). 6 ) Vgl. dazu H. STAMM, 0. SETPOLD u. &I. GOEHRING, Z. anorg. allg. Chem. 237,

7 ) F. RASCHIG, Schwefel- und Stickstoff-Studlen (1924) S. 274. “7 (1911).

*) A. KURTEY.4CKER U. 1%’. l k U S S , z. anorg. a&. Chem. 210, 127 (1933); Vgl. a. H. STAMM, 0. 8EIPOLI) U. fix. GOERRING, z. anorg. d g . Chem. 247, 281 (1911).

g, E. WEITZ u. I?. ACHTERBERG, Ber. dtsch. chem. Ges. 61, 399 (1928).

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Darst ellang von Haliumpentathionat Man lost 51 g (etwa Mol) Schwefeldichlorid in 200 c1n3 Tetrachlorkohlellstoff,

bringt die Losung in eine weithalsige Flasche von etwa 2 Liter Inhalt und kiihlt die Flus- sigkeit auf -15" ab. Ferner wird cine Losung von 260 g Na,S,O,. 5 H,O in 400 em3 Wasser bereitet (man verwendct ctwa 1% mehr Thiosulfat als sich nach den GI. 1 und 2 hrechnen niirde) und auf 0" gekiiblt. In einem dritten GefaB inischt man ZOO em3 Salzsiiure (36proz.) mit 200 om3 Wasser und kuhlt auf 0". Nun giel3t man die Thiosulfatlosung und die Salz- saure gleichzeitig rasch zur Schwefeldichloridlosung. Man verstopft die Flasche und schiittclt sofort kraftig durch. Dabei entfarbt sich die L6sung fast augenblicklich, spate- stens aber im.erhalb von 20 Sekunden. Die waisserige Schicht i s t fast klar, sie darf nur ganz schwach von ausgeschicdencni Schwefel gctriibt sein. Wahrend der Umsetzung sol1 sich die gcsanitc Lasung hdchstens auf etwa 0" erwarmen. Xu dem Reaktionsgemisch gibt man unwrzuglich so vie1 einer 0,3molaren LGsung von Eisen(II1)-chlorid, die man vorher auf 0' abgekiihlt, hatte, dd.3 die wiisserige Schicht hellgelb aussieht. D a m sind etwa 120 em3 der Losung erforderlich. Wahrend des Zugebens des Eisen(IJ1)-chlorids farbt sich die LGsung inkrrnediar dunki.1; aber dime Farbung, die von dcm Eisen(I1I)-Thio- sulfat-Komplex herriihrt, vcrschwindet sehr rasch wieder. Nun bringt man das Reaktions- gemisch in einen Scheidetrichter, und man trennt wasserige Losung und Tctrachlor- kohlenstoff. Die wasserige Lijsung, die schwach nach SO, riccht, dampft man sofort bei einem Druck von 12 mm Hg und cincr Badtempcratur von 35" bis 40" auf etwa 170 em3 ein. Wiihrend des Eindampfens scheidet sich Iiochsalz aus. Das Konzentrat wird durch Eiltrieren uber einen Buehnerhichter vom Natriumchlorid befreit, und dann kiihlt masn es auf 0" ab. Zu dieser LosunglBRt man unter dauerndem kraftigen Riihren ails einem Tropf- trichter eine auf 0" gekiihlte Iijsung von Kaliumhydrosyd in Nethanol (etwa 20 g KOH auf 100 ems Methanol) zuflieRen. Man gibt die Kalilauge tropfcnweise oder in einem diinnen Strahl zu und achtet darauf, daR die Temperatur der Losung niemals iiber +lo" steigt,. An dcr Eintropfstelle entsteht zunachst immer etmas Eisen(III):hydroxyd, das aber sofort wieder aufgelost wird; sobald an der Eintropfstcllc sich intermediar schwarz- griiries Hydroxyd abzuschciden beginnt (etwa bei pH = 3), unterbricht man die Zugabe -dcr Kalilauge. Man kiihlt die Fliissigkeit wieder auf 0" ah und saugt dann den ausgeschie- denen Kristallbrei ab. Das gelbliche Produkt yird mit etwas Aceton ausgewaschcn, bis es weiC aussieht, und dann auf eirieni Tonteller getrocknet. Man erhalt so 102 g eines Salzes, das 8506 K,S,O, . l ,5 H,O enthalt. Aus der Mutterlauge IaRt sich durch yeiteren Zusatz von a,lkoholischer Kalilauge (bis p~ = 5) noch etwa 60 g eines Produktes fallen, das 30% K,S,O, .-1,5 H,O und etwa 60% K,S,O, enthalt.

Das 85proz. Produkt enthalt als Verunreinigung Kaliumchlorid. Um das Erstprodukt mi reinigen, erhitzt man 100 em3 0,5 n Salzsaure auf 60" und

triigt in dicsc Losung 50 g des 85proz. Rohproduktes ein; dabei kiihlt sich die Losung stark ab, man erhitzt sie rasch wieder auf 50". Nun filtriert man durch einen Warmwasser- trichter und bringt die klare Losung in eine auf Eis gestellte Schale. Es schciden sich sternchenfijrinige Kristalle aus, die man absaugt unci mit Alkohol wascht. Die Ausbeute betragt etwa 23 g 100proz. K,S,O, . 1,5 H,O. Aus der Mutterlauge lassen sich durch Zu- satz von Methanol noch ctwa 13 g eines etwa 8Oproz. Kaliumpentathiona,tes ausfallen.

Darstellung yon Kaliumhexathionat Man _,st 27 g (etwa ' i5 Mol) Dischwefeldichlorid in 100 em3 Tetrachlorkohlenstoff,

bringt diem Losung in eine weithalsigc Flasche von etwa 1 Liter Inhalt und kiihlt die Losung auf -15' ab. Ferrier bereitet man in 300-ems-Erlenmeyerkolben eine Losung

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von 100 g hTa,,SaO, 5 H,O in 150 cm3 Wasser, und in einem zweiten Erlenmeyerkolben mischt man 80 em3 36proz. Salzsaure mit 80 em3 Wasser. Diese Lijsungen kiihlt nian suf O6 ab. Nun gibt man Thiosulfatlikung und SaIzs+ure gleichzeitig in einem GuIj zu der Uischwcfeldichloridlasung. Das Rcaktionsgemisch wird sofort. kriift.ig gcschuttelt, bis es nach etwa 20 Sekunden farblos aussieht. Dann versetzt man unverziiglich mit gekiihlter etwa 0,6 molarer Eisen(II1)-chloridlosung, bis die wasserige Schicht schwach gelb gefkrbt ist. Dazu sind etwa 15 ems der Eisen(III)-chloridl6sung erforderlich. Kun bringt man die Flussigkeit, die durch ausgeschicdcnen Schwefel nur gane schwach getriibt sein darf, in einen Scheidetrichter und trennt die wasserige Schicht ab. Die wiisserige Losung, die schwach nach SO, riecht, dampft man sofort bei einem Druck von 12 rnrn Hg und cincr Badtcmpcratur von 35" auf etwa 50 em3 ein. Dabei scheidet sich Kochsalz &us, das abgesaugt wird. Das Konzentrat wird mit Idistvasser gekuhlt. Man versetzt es unter dauerndem kraftigem Ruhren tropfenweise mit einer auf 0" abgekuhlt,en Losung von etwa 20 g KOH in 100 cm3 Methanol. Wenn der pH-Wert der Losung durch Zugabe der Kalilauge (etwa 40 cm3) etwa auf 1-2 gestiegen ist (Indikatorpapier!), saugt man den ent- standenen Kristallbrei auf einern Biichnertrichter ab. Die fast weiI3en Kristalle wascht, man 2mal rnit je 40 em3 Aceton. Man trocknet auf einem Tonteller und erhiilt so 42 g eines Rohproduktes, das neben ICaliumchlorid 817; K,S,O, enth&lt. Aus der -Mutter- lauge kann nian durch weitere Zugabe von Kalilauge bis zu einem pH von 3 bis 4 noch weitere 6 g eines Rohproduktes ausfallcn, das 46% KzS,O, cnthiilt.

Zur Reinigung lost man 20 g des 8lproz. Erstproduktes in 30 cm3 2 n Salzsaure. Man erwarrnt die klare Losung schnell auf 60" und la& sic dann sofort in Eiswasser unter gelegentlichem Umschwenken auf 0" abkuhlen. Die ausgeschiedenen Kristalle saugt man ab; man wascht sie rnit Alkohol. &fan erhiilt so etwa 11 g eines 96proz. Kaliumhexa- thionatcs.

Heidelberg, Chemisches Institat der Universitat.

(Bei der Redaktion eingegangen am 24. August 1948.)