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Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in einem modernen Glascockpit zur Vermeidung der Überschreitung der Ultimate Load vorgelegt von Diplom-Ingenieur Gunther Daser von der Fakultät V - Verkehrs- und Maschinensysteme der Technischen Universität Berlin zur Erlangung des akademischen Grades Doktor der Ingenieurwissenschaften - Dr.-Ing. - genehmigte Dissertation Promotionsausschuß: Vorsitzender: Prof. Dr.-Ing. Peter Mnich Berichter: Prof. Dr.-Ing. Manfred Fricke Berichter: Prof. Dr.-Ing. Knut Wilhelm Tag der wissenschaftlichen Aussprache: 23. April 2002 Berlin 2002 D 83

Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

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Darstellung von Belastungsparametern und

Steuerbefehlen in einem modernen Glascockpit zur Vermeidung der Überschreitung

der Ultimate Load

vorgelegt von

Diplom-Ingenieur

Gunther Daser

von der Fakultät V - Verkehrs- und Maschinensysteme

der Technischen Universität Berlin

zur Erlangung des akademischen Grades

Doktor der Ingenieurwissenschaften

- Dr.-Ing. -

genehmigte Dissertation

Promotionsausschuß:

Vorsitzender: Prof. Dr.-Ing. Peter Mnich

Berichter: Prof. Dr.-Ing. Manfred Fricke

Berichter: Prof. Dr.-Ing. Knut Wilhelm

Tag der wissenschaftlichen Aussprache: 23. April 2002

Berlin 2002

D 83

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"Die Luftfahrt leidet heute sehr darunter, daß man allgemein behauptet, weiter zu sein, als man es in Wirklichkeit ist."

Prof. Claude Dornier, 8 Monate vor dem Erstflug seiner legendären Do X

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Danksagung

Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr.-Ing. Manfred Fricke, Leiter des Fachge-biets Flugführung und Luftverkehr, und Herrn Prof. Dr.-Ing. Knut Wilhelm, Leiter des Fachgebiets Flugmechanik und Flugregelung, für die Begleitung dieser Arbeit. Beide haben mir wertvolle Hinweise und Unterstützung während meiner gesamten Promotionszeit gegeben.

Herrn Prof. Dr.- Ing. Peter Mnich, der mich bereits bei meiner Diplomarbeit unter-stützte, danke ich für die Übernahme des Vorsitzes des Promotionsausschusses.

Außerdem danke ich meinen Kollegen am Fachgebiet Flugführung und Luftver-kehr für die vielen Anregungen, insbesondere Herrn Oliver Lehmann, und der ZFB-Crew, hier seien vor allen Dingen Herr Thomas Funke und Herr Mike Haupt-vogel genannt, für die Unterstützung am Simulator und an der SRF. Herrn Dipl.-Ing. Oliver Schmidt sei an dieser Stelle Dank gesagt für seine Hilfe bei der Integra-tion der Simulation auf der SP2.

Herrn Dipl.-Ing. Hans-Peter Beggel von der IABG München danke ich für die Be-antwortung fachspezifischer Fragen im Bereich Bauteildimensionierung.

Weiterhin möchte ich allen Piloten danken, die an den verschiedenen Tests und Umfragen teilgenommen haben, besonderer Dank gilt hier Herrn Holger Philipp.

Frau Schünke von der Siemens AG Berlin und Herrn Boris Biere von der Volkswa-gen AG Wolfsburg danke ich für das sorgfältige Korrekturlesen.

Als letztes danke ich meiner Frau Katja für die moralische Unterstützung und mei-nen drei Kindern, die alle während dieser Arbeit geboren wurden, für die vielen schönen Stunden zwischen den langen Tagen im Institut.

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SEITE VII

Inhaltsverzeichnis

EXTRAKT....................................................................................XI

TEIL I: SITUATIONS- UND PROBLEMANALYSE 1

1 MOTIVATION UND PROBLEMSTELLUNG........................................... 1

2 MEGALINER ................................................................................. 6

2.1 Ultra High Capacity Aircraft- und Megalinerprojekte ...................................6

2.2 Airbus A340-500 / -600...............................................................................8

2.3 Airbus A380 ..............................................................................................11

2.4 Boeings Megalinerprojekte .......................................................................16

3 STAND DER TECHNIK BEI AIRBUS ................................................ 20

3.1 Flugregelsysteme des Airbus A330/A340 .................................................20

3.1.1 Flight Modes und Flight Control Laws ................................................21

3.1.2 Autopilot .............................................................................................26

3.1.3 Flight Director.....................................................................................28

3.1.4 Flight Envelope Protection .................................................................29

3.1.5 Care-free Handling.............................................................................30

3.1.6 Turbulence Damping Function ...........................................................32

3.1.7 Maneuver Load Allevation..................................................................33

3.2 Neuigkeiten in der Anzeigetechnologie des Airbus A380..........................34

4 VERBUNDVORHABEN "DYNAMIK DES FLEXIBLEN FLUGZEUGES"..... 36

5 SIMULATIONSUMGEBUNG FÜR DIE EXPERIMENTE........................... 38

5.1 Airbus A330/A340 Full Flight Simulator ....................................................38

5.2 Experimentalumgebung: Scientific Research Facility ...............................39

5.3 Experimentalumgebung: Simulationsrechner SP2....................................43

5.4 Simulationsumgebung ..............................................................................43

5.4.1 Simulationsverwaltungsprogramm SIMex-Plus ...............................43

5.4.2 Gemeinsam nutzbarer Speicherbereich Common Data Base............44

INHALTSVERZEICHNIS

Page 8: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE VIII

5.4.3 Echtzeitmonitorprogramm CTS-Plus..................................................45

5.4.4 Programmiersprachen........................................................................45

5.5 Entwicklungssystem TIGERS ................................................................46

5.5.1 TIGERS Grafikeditor .......................................................................46

5.5.2 TIGERS Windows Manager ............................................................46

5.5.3 Konvertierungsprogramm b2a............................................................48

5.5.4 Konvertierungsprogramm a2b............................................................48

5.6 Grafisches Subsystem HRGC ..................................................................48

5.6.1 Einbindung einer Page in das HRGC-System....................................49

5.6.2 Ansteuerung der Pages .....................................................................49

TEIL II: REALISIERUNG 51

6 LÖSUNGSANSATZ....................................................................... 51

6.1 Das flexible Flugzeug................................................................................51

6.2 Grundsätze der Bauteildimensionierung ...................................................53

6.3 Neuer Lösungsansatz für bestimmte Bauteile ..........................................54

6.4 Begriffsfindung und -definition ..................................................................59

6.5 Eingangsgrössen in die Belastungsmaßzahl ............................................60

6.6 Bestimmung der Belastungsmaßzahl .......................................................60

6.6.1 Spannungs- und Dehnungsgesetze ...................................................60

6.6.2 Statische Spannungs- und Dehnungsmessung .................................61

6.7 Wichtung der Belastungsmaßzahl und Berechnung der Steuerbefehle....63

7 UMSETZUNG DER DARSTELLUNG IM COCKPIT ............................... 65

7.1 Grundsätzliche Gedanken zur Darstellung ...............................................65

7.1.1 Zusätzliche Funktionen der Flight Envelope Protection .....................65

7.1.2 Bedingungen und Modi der Darstellung .............................................65

7.1.3 Wahl des Displays..............................................................................65

7.2 Darstellung von Spannungs- und Verformungsparametern ......................68

7.2.1 Grundsätzlicher Aufbau des PFD.......................................................68

7.2.2 Version Eins der Spannungsparameterdarstellung ............................70

7.2.3 Version Zwei der Spannungsparameterdarstellung ...........................73

INHALTSVERZEICHNIS

Page 9: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE IX

7.2.4 Version Drei der Spannungsparameterdarstellung ............................75

7.2.5 Akustische Warnungen ......................................................................77

7.3 Darstellung von Steuerbefehlen................................................................78

7.3.1 Herkömmliche Darstellung von Steuerbefehlen .................................78

7.3.2 TCAS-Anzeigephilosophie .................................................................81

7.3.3 Steuerbefehl für Höhenruder..............................................................83

7.3.4 Steuerbefehl für Seitenruder ..............................................................83

7.3.5 Steuerbefehl für Querruder ................................................................85

7.3.6 Steuerbefehl für Geschwindigkeitsänderung......................................86

7.3.7 Akustische Steuerbefehle ..................................................................87

7.3.8 Festlegung von Handlungsprioritäten.................................................87

7.4 Unterdrückung, Dämpfung und Trägheit der Anzeige...............................88

8 ZUVERLÄSSIGKEITS- UND SICHERHEITSKONZEPT.......................... 91

8.1 Redundanz und Ausfallwahrscheinlichkeit ................................................91

8.2 Gefahrenanalyse und Funktionskritikalität ................................................94

Teil III: EXPERIMENTE, ERGEBNISSE UND AUSBLICK 97

9 EXPERIMENTE UND UNTERSUCHUNGEN........................................ 97

9.1 Internetbefragung .....................................................................................97

9.1.1 Versuchsszenario der Internetumfrage ..............................................98

9.1.2 Ergebnisse der Internetumfrage.......................................................109

9.2 Experimente im A330/A340 Simulator ....................................................116

9.2.1 Aufbau der Testreihe 1.....................................................................116

9.2.2 Versuchsszenario.............................................................................118

9.2.3 Ergebnisse der Testreihe 1 ..............................................................119

9.2.4 Aufbau der Testreihe 2.....................................................................120

9.2.5 Ergebnisse der Testreihe 2 ..............................................................121

10 DISKUSSION UND AUSBLICK...................................................... 123

10.1 Diskussion und Interpretation der Ergebnisse......................................123

10.1.1 Immer neue Computer? ...................................................................123

INHALTSVERZEICHNIS 10.1.2 Diskussion der in dieser Arbeit entwickelten Anzeigen ....................123

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SEITE X

10.1.3 Aspekte des Konstruierens ..............................................................124

10.1.4 Cockpitassistenzsystem CASSY......................................................125

10.2 Verbesserungsvorschläge für neue Anzeigevarianten .........................126

10.3 Zusammenfassung...............................................................................132

10.4 Ausblick................................................................................................135

10.4.1 Onlinemeßergebnisse fließen direkt in die Protections ein ..............135

10.4.2 Übertragung der Anzeige in Flugzeuge ohne Protections ................135

ABBILDUNGSVERZEICHNIS ........................................................ 137

TABELLENVERZEICHNIS ............................................................ 139

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS ....................................................... 141

GLOSSAR ................................................................................ 149

LITERATURVERZEICHNIS ........................................................... 154

ANHANG 1 ............................................................................... 160

ANHANG 2 ............................................................................... 161

ANHANG 3 ............................................................................... 162

LEBENSLAUF ........................................................................... 167

INHALTSVERZEICHNIS

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SEITE XI

EXTRAKT Mit der vorliegenden Arbeit wird ein neuer Ansatz, nach dem ausgewählte Bauteile in einem Flugzeug, insbesondere mit Blick auf sogenannte Megaliner, „kritischer“ ausgelegt werden, um Gewicht zu sparen, vorgestellt. Das entstehende Risiko wird über ein neukonzipiertes Warn- und Anzeigesystem kompensiert. Der Schwerpunkt liegt auf der Beschreibung der technischen Machbarkeit, nicht auf der wirtschaftlichen Bewertung.

Hintergrund dieser Arbeit ist das ungebrochen hohe jährliche Wachstum in der zivilen Luftfahrt verbunden mit Kapazitätsengpässen auf so gut wie allen größeren internationalen Verkehrsflughäfen. Ein denkbarer Ausweg aus diesem Dilemma ist die Entwicklung eines Boeing 747-Nachfolgers, der seinen Vorgänger an Größe und Wirtschaftlichkeit deutlich übertrifft. Doch das stetige Wachstum der Flug-zeuggröße führt unweigerlich an die technologischen Grenzen, die durch das so-genannte Square-Cube-Law beschrieben werden. Flugzeuge können nur so lange weiter wachsen, wie es den Konstrukteuren gelingt, diese technologische Grenze durch neue, festere Materialien, neuartige Bauweisen und Technologien hinaus-zuschieben. Die sogenannten Megaliner, zu denen die aktuellen Airbusprojekte A340-500, A340-600 und die A380-Familie sowie Boeings Pläne für einen Nach-folger der 747-400 zählen, stehen mit ihren modernen Glascockpits im Blickpunkt dieser Arbeit, da sie aufgrund ihrer Größe die umfangreichsten Einsparpotentiale hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit bieten.

Die Folgerung aus dem oben beschriebenen Ansatz ist eine neue Anzeige für Spannungsparameter und Steuerbefehle im Cockpit, die im Falle der Degradie-rung des Flight Control Law sicherstellt, daß der Pilot Strukturbelastungen auch bei manueller Flugführung im unkritischen Bereich, also im Belastungsgrenzbe-reich, hält.

Dafür werden bei der Bauteildimensionierung belastete Flugzeugbauteile in zwei Gruppen der Belastung unterteilt: in Bauteile, die kritisch für äußere Einflüsse (z.B. Böen) sind, das heißt, sie sind nicht durch den Piloten beeinflußbar, und in solche, die kritisch für Manöverlasten (z.B. zu starkes Abfangen) sind, das heißt, sie sind durch den Piloten beeinflußbar. Die Bauteile, die kritisch bezüglich der Manöverla-sten sind, haben eine Sicherheitsmarge, die für die Ultimate Load reduziert wer-den kann. Für diese Bauteile wird in dieser Arbeit eine neue Bauteildimensionie-rungskategorie eingeführt. Als Beispiel sei die Belastung des Höhenleitwerks bei einem übermäßig starken Abfangmanöver oder die des Seitenleitwerks bei einem Ausgleichsmanöver nach einem Triebwerksausfall genannt.

Die Umsetzung des neuen Ansatzes ist die Darstellung der neuen Anzeige im Primary Flight Display im Cockpit am Beispiel des Airbus A330/340.

Die neue Anzeige wurde durch zwei verschiedene Arten auf Plausibilität geprüft: eine Internetumfrage und Experimente im Cockpit des Airbus A330/340 Full Flight Simulator des Zentrums für Flugsimulation der TU Berlin.

Die Ergebnisse der Umfrage und der Experimente im Simulator waren erfolgreich.

EXTRAKT

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TEIL I: SITUATIONSANALYSE UND PROBLEMANALYSE SEITE 1

TEIL I: SITUATIONS- UND PROBLEMANALYSE

1 MOTIVATION UND PROBLEMSTELLUNG Das jährliche weltweite Wachstum in der zivilen Luftfahrt liegt nach Prognosen von Airbus, Boeing und der internationalen zivilen Luftfahrt Organisation ICAO in den nächsten 15 - 20 Jahren durchschnittlich bei ca. 5 Prozent. Das entspricht einer Verdopplung des Verkehrsaufkommens in 15 Jahren und einer Verdreifachung in 22 Jahren. Das jährliche Wachstum soll zu 3,1 % durch mehr Flugzeuge, 0,6 % durch eine bessere Auslastung der Flugzeuge und 1,3 % durch größere Flugzeu-ge abgedeckt werden.1 Unter "größeren Flugzeugen" sind nicht die bestehenden Großraumflugzeuge gemeint, sondern völlig neue Entwürfe, deren Kapazität noch eine Weiterentwicklung und ein weiteres Wachstum erlaubt. Die Vergrößerung von Flugzeugen kann die Wirtschaftlichkeit verbessern und damit die Kosten pro Sitz-kilometer senken. Damit würde nach einer längeren Pause seit der Einführung der Boeing 747, die für über 30 Jahre den Standard in der Langstreckenverkehrsluft-fahrt festlegte, wiederum ein neuer höherer Standard eingeführt.

Ein wesentlicher Grund für die Entwicklung eines Flugzeuges, das deutlich größer als die heutige Boeing 747 ist, besteht auch in der Tatsache, daß auf nur 63 Strecken weltweit 50 % und auf 100 Strecken 66 % aller Passagiere transportiert werden.

Proteste gegen alle Ausbauplanungsprojekte, speziell bei den europäischen Flug-häfen, zeigen, daß eine Kapazitätserhöhung durch den Bau neuer Flughäfen nur sehr schwer durchsetzbar ist, und auch die Erweiterung vorhandener Flughäfen durch zusätzliche Startbahnen nur sehr eingeschränkt realisierbar ist. Da heute schon ein Fehlbedarf an Flughäfen besteht und immer mehr Flughäfen an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen, erscheint als bester Ausweg aus dieser Zwangslage nur die deutliche Vergrößerung der Flugzeuge.2 Dies ist ein weiterer Grund für die Entwicklung eines neuen Großraumflugzeuges, das die Boeing 747 an Größe und Leistung deutlich übertrifft.

Ein B747-Nachfolger ist nicht nur aus strategischen Gründen notwendig, sondern auch wirtschaftlich sinnvoll, denn die steigenden Leistungsanforderungen für neue Flugzeugentwicklungen können, verbunden mit dem wirtschaftlichen Druck, die Direct Operating Costs (DOC) zu minimieren, mit den traditionellen Entwicklungs-prozessen im Flugzeugbau nicht mehr erfüllt werden.3 Wegen seiner sehr großen Abmessungen trifft dies besonders auf die Entwicklung des Megaliners4 zu. Das 1 Gerhards, Roland: Vortrag an der TU Berlin über die zukünftigen Projekte und Programme bei Airbus am

18.11.1999 2 Wilhelm, Knut: Abschlußbericht Verbundvorhaben "Dynamik des flexiblen Flugzeugs", AP 5: Flugeigenschaf-

ten sehr großer, elastischer Flugzeuge, TU Berlin, 1999, S. 4 3 Hönlinger, Heinz: Verbundvorhaben "Dynamik des flexiblen Flugzeugs", erschienen in: BMBF und BMWi

(Hrsg.): Statusseminar Leitkonzept Megaliner, 9./10.6.1997, TU Hamburg-Harburg, Bonn, 1997, S. 21

1 MOTIVATION UND PROBLEMSTELLUNG

4 vgl. Kapitel 2: Megaliner

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SEITE 2 TEIL I: SITUATIONSANALYSE UND PROBLEMANALYSE

Projekt nähert sich den Grenzen des Machbaren und stellt für alle Entwickler eine extreme technologische Herausforderung dar.5

Dies wird besonders mit Blick auf die Steuerbarkeit und Stabilität eines neuen Me-galiners deutlich, denn diese müssen genauso gewährleistet sein wie bei einem herkömmlichen Flugzeug, obwohl der Megaliner ein erheblich trägeres Flugverhal-ten hat. Da die Steifigkeit der Flugzeugstruktur nicht im gleichen Umfang erhöht werden kann wie die angreifenden Kräfte zunehmen, können insbesondere an der Tragflügel- und Seitenleitwerkswurzel schneller kritische Belastungszustände er-reicht werden.

Das stetige Wachstum der Flugzeuggröße führt unweigerlich an die technologi-schen Grenzen. Diese natürliche Begrenzung wird durch das sogenannte Square-Cube-Law (SQL) erklärt:

Das Square-Cube-Law beschreibt, daß

die Größe (Länge) mit der 1. Potenz wächst,

der Querschnitt (Fläche) mit der 2. Potenz und

das Gewicht (Volumen) mit der 3. Potenz.

Bei Verdoppelung der linearen Parameter (d.h. der Größe) vervierfacht sich der Querschnitt, zum Beispiel der des Fahrwerks, des Flügelholms usw. und jeder an-deren zweidimensionalen Größe (d.h. der Flächen). Die dreidimensionalen Grö-ßen wie das Volumen (z.B. der Tankinhalt, das Gewicht usw.) verachtfachen sich jedoch, und die daraus resultierenden Belastungen wachsen durch die entspre-chende Massenzunahme eben auch mit dieser dritten Potenz der Vergrößerung.

Bei Vergrößerung von Körpern nehmen die Zug- und Druckspannungen im Mate-rial also deshalb zu, weil das Gewicht um eine Potenz mehr wächst als der tra-gende Querschnitt.

Dieser Zusammenhang erlaubt das Anwachsen der Größe von Flugzeugen nur so lange, wie es Menschen gelingt, diese Grenze durch neue, festere Materialien, neuartige Bauweisen und Technologien hinauszuschieben.

Man sieht in der folgenden Tabelle 1, daß dies auch durch den Einsatz neuer Ma-terialien nur begrenzt möglich ist. Aus der Tabelle 1 wird deutlich, daß das spezifi-sche Gewicht eines Flugzeuges, Dry Operating Weight (DOW) und Maximum Zero Fuel Weight6 (MZFW) jeweils pro Sitzplatz und pro Meter Spannweite, mit zuneh-mender Flugzeuggröße ansteigt.

5 Hönlinger, Heinz: Verbundvorhaben "Dynamik des flexiblen Flugzeugs", erschienen in: BMBF und BMWi

(Hrsg.): Statusseminar Leitkonzept Megaliner, 9./10.6.1997, TU Hamburg-Harburg, Bonn, 1997, S. 21 6 vgl. "Dry Operating Weight" und "Maximum Zero Fuel Weight" im Glossar

1 MOTIVATION UND PROBLEMSTELLUNG

Page 15: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

TEIL I: SITUATIONSANALYSE UND PROBLEMANALYSE SEITE 3

CRJ-700 (*)

Do 928 JET (**)

A319 (***)

A300-600 (***)

B747-400 (****)

A380-800 (***)

Sitzplätze 70 95 124 266 416 555 spezifisches DOW [kg/ Sitzplatz]

281 306 323 339 435 496

spezifisches MZFW [kg/ Sitzplatz]

418 424 459 488 605 645

Spannweite [m] 23,24 28,81 34,09 44,84 64,40 79,80 spezifisches DOW [kg/ m (Spannweite)]

848 975 1176 2009 2811 3446

spezifisches MZFW [kg/ m (Spannweite)]

1261 1398 1672 2899 3913 4486

(*) http://www.aerospace.bombardier.com/ (**) http://www.faidor.de/aircraft/regional/728family/index.htm (***) http://www.airbus.com/ (****) http://www.boeing.com/commercial/747-400/product.html

Quelle: Eigene Darstellung

Tabelle 1: Vergleich von spezifischen Gewichten

Bei einem Megaliner treten also im Vergleich zu bisherigen kleineren Flugzeugen besonders hohe Lasten auf. Diese erfordern eine höhere Steifigkeit und Festigkeit, was, bedingt durch das Square-Cube-Law, ein sehr viel höheres Gewicht zur Fol-ge hat, denn die Auslegungsbedingungen der Zivilluftfahrtbehörden müssen für Megaliner genauso eingehalten werden wie für kleinere Flugzeuge.

Da jedes Bauteil bei der strukturellen Auslegung eines Flugzeugs den verschiede-nen Lastfällen unterschiedlich stark ausgesetzt ist, muß für jedes Bauteil der für die Dimensionierung kritische Lastfall identifiziert und entsprechend berücksichtigt werden.

Die Flugzeugstruktur muß generell für zweierlei Arten von Belastungen ausgelegt werden:

Äußere Lasten, z.B. Einwirken von Böen im Flug, Rollen oder Landestoß. •

• Manöverlasten, z.B. Lasten durch Kursänderung oder Abfangbogen.

Da auf äußere Einwirkungen wie Böen kein Einfluß genommen werden kann, müs-sen diese Lastfälle bereits bei der Strukturauslegung berücksichtigt werden.

Dagegen können Manöverlasten bei der Dimensionierung von Bauteilen berück-sichtigt werden, denn diese Bauteile werden entweder so dimensioniert, daß sie allen flugmechanisch möglichen Belastungen Stand halten (militärische Flugzeu-ge) oder daß der Manöverbereich eingeschränkt wird (zivile Luftfahrt). Diese Ein-

1 MOTIVATION UND PROBLEMSTELLUNG

Page 16: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 4 TEIL I: SITUATIONSANALYSE UND PROBLEMANALYSE

schränkung des Manöverbereichs kann, z.B. durch Anzeigen und Warnings oder Protections (Betriebsgrenzenregelung) erfolgen. Ein Beispiel für eine angewandte Betriebsgrenzenregelung ist das sogenannte "Normal Law" bei Airbus, bei dem das Flugzeug innerhalb der globalen Auslegungsparameter (s.u.) bewegt wird. Somit wird das Flugzeug generell vor Strukturschäden geschützt und der sichere Betrieb wird z.B. durch Überwachung der Geschwindigkeiten, Beschleunigungen und Lagewinkel gewährleistet.

Der überwiegende Teil der wissenschaftlichen und technischen Ausarbeitungen beschäftigt sich heute mit der Überwachung der globalen Parameter, wie Ge-schwindigkeit, Beschleunigung und Winkeländerungen. Gegenstand dieser Arbeit ist die sogenannte "lokale Überwachung" der Belastung der kritischen Stellen an den einzelnen Bauteilen, bei der besonders auf die technische Erfassung Rück-sicht genommen wird sowie die optische und akustische Vermittlung der "Correcti-ve Indications" innerhalb des Cockpits.

Diese Philosophie kann sowohl als Backup nach dem Ausfall der Protections oder aber für kleinere Flugzeuge ohne Protections als Stand-alone-Lösung realisiert werden. Die Umsetzung wird in dieser Arbeit beschrieben und erläutert.

Auf der linken Seite der folgenden Abbildung 1 ist der bisherige Weg der Flug-zeugauslegung beschrieben, wie er nach der heutigen Gesetzgebung7 in der Zivil-luftfahrt nur möglich ist: Eine Flugzeugvergrößerung führt nach dem Square-Cube-Law zu steigenden Stukturbelastungen, und diese erfordern eine höhere Steifigkeit und Festigkeit, was automatisch ein spezifisch höheres Gewicht bedeutet. Dieses höhere Gewicht kann zum Teil durch neue modernere Werkstoffe, wie carbonfa-serverstärkter Kunststoff (CFK)8, ausgeglichen werden.

In der rechten Spalte wird in groben Zügen der neue Ansatz dieser Arbeit darge-stellt: Eine Anzeige von kritischen Lasten bei Ausfall der Protections (Failure Ca-se9) in Form von Spannungs- und Verformungsparametern und den zugehörigen Steuerbefehlen im Cockpit bewirkt, daß man sich bei Bauteilen, die auf der Basis von kritischen Manöverlasten dimensioniert werden, durch das exakte Monitoring der Belastungszustände den Grenzlastfällen nähern kann. Dadurch läßt sich Ge-wicht im Vergleich zu einem Flugzeug der gleichen Größe einsparen. Eine Ge-wichtseinsparung im Flugzeug bedeutet automatisch eine höhere Wirtschaftlich-keit10.

7 JAR-25, FAR-25 8 in der Umgangssprache wird CFK oft auch als kohlefaserverstärkter Kunststoff bezeichnet 9 Der Begriff "Failure Case" wird hier und im weiterem Verlauf der Arbeit im Sinn des Ausfalls der Protections

verwendet, das heißt, statt des Normal Law ist das Alternate Law oder das Direct Law aktiv. 10 vgl. "Öko-Leichtbau" im Glossar

1 MOTIVATION UND PROBLEMSTELLUNG

Page 17: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

TEIL I: SITUATIONSANALYSE UND PROBLEMANALYSE SEITE 5

Steigende Strukturbelastung

Höhere Steifigkeit und Festigkeit Indikation zur Vermeidung hoher Lastenan bestimmten Bauteilen im Failure Case

Höheres GewichtGewichtsersparnis

Höhere Wirtschaftlichkeit

bisheriger Ansatz neuer Ansatz

Vergrößerung des Flugzeuges

SQL

Quelle: Eigene Darstellung

Abbildung 1: Prinzipielle Darstellung des neuen Ansatzes

Zur Realisierung dieses neuen Ansatzes sind folgende Punkte zu klären:

Analyse der Anzeigegeräte in heutigen Cockpits, mit denen die Spannungs- und Verformungsparameter dargestellt werden können.

• Vorschlag für die Darstellung der Spannungs- und Verformungsparameter so-wie der korrespondierenden Steuerbefehle auf vorhandenen Anzeigegeräten im Cockpit.

Die Realisierung beinhaltet einerseits die Darstellung des Konzepts und die not-wendigen Sicherheitsbetrachtungen sowie andererseits die Bewertung der Mensch-Maschine-Schnittstelle im Simulator und die umfangreiche Befragung von Piloten zur Akzeptanz eines solchen Systems.

In den folgenden Kapiteln werden Megaliner und der Stand der Technik im Airbus-cockpit näher untersucht und die Randbedingungen für die Versuche beschrieben, bevor der neue Ansatz in Kapitel 6 wieder aufgegriffen und näher auf ihn einge-gangen wird.

1 MOTIVATION UND PROBLEMSTELLUNG

Page 18: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 6 TEIL I: SITUATIONSANALYSE UND PROBLEMANALYSE

2 MEGALINER

2.1 ULTRA HIGH CAPACITY AIRCRAFT- UND MEGALINERPROJEKTE Bereits zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts hatten einige Ingenieure Visio-nen von Großraumflugzeugen. Professor Claude Dornier verwirklichte nach nur vier Jahren Entwicklungsarbeit mit dem zwölfmotorigen Flugschiff Dornier Do X als erster einen sogenannten Megaliner. Bei ihrem Erstflug 1929 war die Do X der Zeit weit voraus und galt als technische Meisterleistung. Mit 48 m Spannweite, 40 m Länge und einem maximalen Abfluggewicht (MTOW) von 48 t erreichte die Do X zwar nicht die Maße der heutigen Megalinerstudien, doch sie war um ein Vielfaches größer als alle damaligen Flugzeuge.

In den folgenden Jahren wurden immer größere Landflugzeuge gebaut, die für ihre Zeit ebenfalls Megaliner waren:

Focke-Wulf Fw 200 Condor (1937), 26 Passagiere, MTOW 25 t, Reichweite (RW) bis zu 5.500 km11

Die Focke-Wulf Fw 200 war das erste moderne, viermotorige Landflugzeug der Welt. Die von ihr vorgegebene Linie blieb im zivilen Großflugzeugbau bis zur Einführung der großen Düsenverkehrsflugzeuge rund zwei Jahrzehnte später bestimmend. "Hätte es keinen Krieg gegeben, wäre die "Condor" mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Exportschlager geworden."12

Boeing 307 Stratoliner (1938), 33 Passagiere, RW 4.000 km

Die Boeing 307 Stratoliner war das erste Verkehrsflugzeug mit Druckkabine, das somit "über dem Wetter" fliegen konnte. Durch die geringe Nachfrage auf-grund des 2. Weltkriegs wurden nur 10 Stratoliner gebaut, die z.T. allerdings bis in die 60er Jahre im Einsatz waren.13

Lockheed L. 1049 Super Constellation (1949), max. 109 Passagiere, MTOW 72 t, RW 8.000 km

Mit der Super Constellation wurde erstmalig der interkontinentale Flugverkehr über den Atlantik möglich, wenn auch noch mit Zwischenlandungen im irischen Shannon. Die Super Constellation und ihr großer Konkurrent, die Douglas DC-7, bildeten Mitte der 50er Jahre das Ende der Kolbenmotor/ Propellerflugzeug-ära, bevor sie von den Flugzeugen mit Strahlantrieb verdrängt wurden.

Boeing 707 (1957), max. 219 Passagiere, MTOW 151 t, RW 9.200 km

Obwohl die Boeing 707 nach der britischen Comet von De Havilland das zweite zivile Strahlverkehrsflugzeug war, wird sie aufgrund der zahlreichen Abstürze der Comet mit dem Beginn der Ära der Düsenverkehrsflugzeuge in Verbindung

11 Reichweite: 1300 km: zivile Version 1937, 5500 km: militärische Version 1943 12 Bansemir, Host und Roeder, Jean: Die Fw 200 Condor, erschienen im DGLR Jahrbuch 1998, Bonn, 1998 13 http://aviation-history.com/boeing/307.html

2 MEGALINER

Page 19: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

TEIL I: SITUATIONSANALYSE UND PROBLEMANALYSE SEITE 7

gebracht. Die Boeing 707 hatte, verglichen mit Lockheed L. 1049 Super Con-stellation, bei doppelter Geschwindigkeit und doppelter Sitzzahl die vierfache Transportkapazität, im Vergleich zu anderen Konkurrenzmodellen verzehnfach-te sich die Transportkapazität.

In einem der letzten großen Wettläufe um Megalinerprojekte setzte sich 1965 Lockheed gegen Boeing und McDonnell Douglas durch: Damals hatte die United States Air Force (USAF) Aufträge für große Militärtransporter ausgeschrieben; das Konzept "Galaxy" überzeugte gegenüber den Modellen von Boeing und McDonnell Douglas. Boeing begann nach dem verlorenen Wettbewerb mit der Konstruktion eines kommerziellen Transportflugzeuges. Die Boeing 747, auch Jumbo-Jet ge-nannt, absolvierte 1969 ihren Erstflug. Die erste Version hatte ein MTOW von 322 t und konnte 385 Passagiere über eine Entfernung von 9100 km transportieren.

In den 70er und 80er Jahren des 20. Jahrhunderts führten verschiedene deutsche und amerikanische Firmen Projektstudien und Vorentwicklungen für zum Teil wag-halsige Großflugzeuge mit Startgewichten zwischen 500 und 1000 t durch. Keines der damaligen Projekte, unter anderem auch Projekte der Firmen Boeing, Douglas, Dornier und Lockheed, wurde jemals verwirklicht.

Der nächste Schritt in Richtung Großflugzeug nach der Boeing 747 war 1989 das russische Frachtflugzeug Antonov An 225. Mit einem Startgewicht von 600 t hatte die An 225 an ihrem oben liegenden Flügel 6 Triebwerke.

Nachdem sich Dornier und Lockheed aus der Planung von Großflugzeugen zu-rückgezogen hatten, begann Airbus Industrie als dritter großer Flugzeughersteller den Nachfolger des Jumbos zu entwickeln. Der allgemeine Name für die neuen Projekte von Airbus und Boeing hieß UHCA: Ultra High Capacity Aircraft.

Airbus Industrie startete ihr UHCA-Projekt 1988 unter dem Titel "Very Large Air-craft" (VLA). Boeing nannte es "New Large Aircraft" (NLA) und McDonnell Douglas numerierte mit der Bezeichnung MD-12 einfach ihr Flottenprogramm fort. Alle drei Entwürfe sahen sehr ähnlich aus: Die äußeren Abmaße lagen knapp unter 80 x 80 m, die Flugzeuge hatten drei Decks, zwei für Passagiere und eins für Fracht, die zwischen 490 und 800 Passagieren aufnehmen sollten.

Schon früh mischten sich auch einige Fluggesellschaften in die UHCA-Projekte ein. British Airways (BA) kam zu dem Schluß, daß der wachsende Verkehr der Zukunft auf Langstrecken nur befriedigt werden könne, wenn ihre Flotte ein Flug-zeug beinhaltet, das ein größeres Sitzplatzangebot als die 400-sitzige Boeing 747-400 aufweist und zu Beginn dieses Jahrtausends einsatzbereit ist. Im September 1991 wurde bei BA eine New Large Aircraft-Projektgruppe gegründet.

Gleichzeitig zu den eigenen Entwicklungen unterzeichneten die Airbus Partnerfir-men und Boeing ein Memorandum of Understanding über die gemeinsame Kon-struktion eines UHCA-Flugzeugs, und im Januar 1993 begannen gemeinsame UHCA-Studien unter dem Projektnamen "Very Large Commercial Transport"

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SEITE 8 TEIL I: SITUATIONSANALYSE UND PROBLEMANALYSE

(VLCT). Doch genau drei Jahre später endete das gemeinsame Projekt, und die zwei Firmen gingen von nun an getrennte Wege in der Entwicklung.14

Durch die Übernahme von McDonnell Douglas durch Boeing im Jahre 1997 wurde das MD-12 Projekt eingestellt, und auch Boeing stoppte die Entwicklungsarbeit an dem doppelten Passagierdeckflugzeug. Statt dessen arbeitete Boeing gleichzeitig an einer modernisierten Version der 747 und einem neuen konventionellen Ent-wurf mit einem Passagierdeck über drei Gänge für bis zu 550 Passagieren unter dem Projektnamen 763-246.15

Die UHCA-Projekte von Boeing können genauso wie die Airbusentwürfe als flexi-ble Flugzeuge (vgl. hierzu Kapitel 4, Verbundvorhaben "Dynamik des flexiblen Flugzeuges") gesehen werden.

In dieser Arbeit wird konkret auf die Airbusprodukte A340-500, A340-600 und A380 eingegangen, die in den nächsten beiden Unterkapiteln vorgestellt werden. Der schon in den ersten Kapiteln angesprochene Begriff "Megaliner" bezieht sich auch auf diese Flugzeuge, da die Dimensionen der B747 erreicht und zum Teil übertroffen werden.

2.2 AIRBUS A340-500 / -600 Der europäische Hersteller Airbus, dessen Anteile zu 80 % die European Aeronau-tic Defence and Space Company N.V. (EADS) und zu 20 % die British Aerospace Systems (BAE Systems) hält, trat 1991/92 mit dem Doppelprogramm A330/340 in den Mittel- und Langstreckenmarkt ein. Zu dieser Zeit wurde der Markt von Mc-Donnell Douglas und Boeing beherrscht. Die A330 sollte eine Alternative zur Boe-ing 767 und McDonnell Douglas MD-11 und zu der in Planung befindlichen Boeing 777 sein, während sich die A340 als Konkurrenzprodukt zur B747 mit einer Reich-weite von 13.350 km im Markt etablierte.

Die Airbusmodelle A340-500/ -600 sind weiterentwickelte und verlängerte Versio-nen der A340-300. Die A340-500 ist eine Ultralangstreckenversion, die 313 Pas-sagiere über eine Reichweite von mehr als 8.500 NM (15.750 km) befördern kann. Die A340-600 hat mit 380 Passagieren eine Reichweite von 7.500 NM (13.890 km). Beide Flugzeuge haben vier Triebwerke und sind im Gegensatz zu dem zweistrahligen Konkurrenten Boeing 777-300X von den ETOPS-Regeln (Extended Twin Operations) ausgenommen. Doch Airbus sieht die A340-600 nicht als direk-ten Wettbewerber zur Boeing 777-300X, die über eine vergleichbare Passagier-zahl verfügt, sondern vielmehr als Ersatz für die früheren Boeing 747-Modelle. Die A340-600 besitzt nicht nur eine um 700 NM größere Reichweite als die Boeing, sondern auch eine größere Flexibilität in der Kabinengestaltung.

39

14 Roeder, Jean: Design Aspects of Very Large Aircraft, vorgetragen: 9th European Aerospace Congress, Berlin, 14.-15.5.1996

15 Proctor, Paul: Boeing Hones New 550-Seat Transport Design, erschienen in: Aviation week & space technology, April 26, 1999, P.

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In der nachfolgenden Abbildung 2 sind die beiden gestreckten Versionen -500 und -600 gegenüber der A340-300 dargestellt.

Quelle: Airbus (Hrsg.): The A340-500/-600, AI/CM 310.0092/'97 01-98/Issue3, Blagnac Cedex (F), 1998

Abbildung 2: Airbus A340-300 / -500 / -600

Auch wenn die beiden neuen Typen ihrer Vorgängerversion auf den ersten Blick sehr ähnlich sehen, gibt es im Inneren große Unterschiede. "Die zentrale Sektion, die im Flugzeug den größten Spannungen ausgesetzt ist, muß dem Gesamtge-wichtszuwachs von 100 Tonnen Rechnung tragen."16 Deshalb werden in der zen-tralen Mittelsektion die Holme der Bodenstruktur aus CFK gefertigt, was eine Weltpremiere im Flugzeugbau darstellt, und andere Teile aus dem neuen Alumini-um-Kohlenstoff-Titan-Sandwichmaterial GLARE®. GLARE® hat die Eigenschaft, daß es rund 20 % leichter ist als die neuesten Aluminiumlegierungen und sich Ris-se nur bis zur nächsten Materialschicht ausdehnen; die Ermüdung der Zelle wird hinausgezögert. Wartungsarbeiten müssen erst später als bisher durchgeführt werden oder können sogar entfallen, wenn dies eine eingehende Inspektion ergibt. Ein weiterer Vorteil von GLARE® ist, daß es viermal langsamer als herkömmliche

16 Sarazin, James: A340-500/600, erschienen in: Aerospace, Magazin der DaimlerChrysler Aerospace AG,

München, Ausgabe 1/2000, S. 28

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Aluminiumlegierungen brennt.17 Auch das Höhenleitwerk mit einer Spannweite von 23 m wurde zum ersten Mal bei Airbus komplett aus CFK gefertigt.

Im Gegensatz zur A340-300 wird der Rumpf der A340-500 um 3,2 m (6 Spanten) und der der A340-600 um 10,6 m (20 Spanten) gestreckt. Durch Einsetzen einer sogenannten Wing Box über die komplette Länge der Spannweite und einer zu-sätzlichen Spannweitenverlängerung um 3,3 m wurde die Flügelfläche um rund 20 % vergrößert.18 Das Treibstoffvolumen wurde bei der 500er Version um 45 % und bei der 600er Version um 31 % gesteigert. In der typischen Dreiklassenausle-gung19 bietet die A340-500 Raum für 313 Passagiere und die A340-600 für 380 Passagiere. Mit maximaler Bestuhlung finden sogar 440 Passagiere in der A340-500 und 485 Fluggäste in der A340-600 Platz.20

Die folgende Tabelle gibt eine Übersicht über die wichtigsten Daten und Abmaße der drei Airbus Modelle A340-300/ -500/ -600 und die Abbildung 3 zeigt eine Fo-tomontage der A340-600 im Flug.

A340-300 A340-500 A340-600 Spannweite 60,30 m * 63,50 m * Länge 63,60 m * 67,80 m *** 74,80 m *** 21 Sitzplatzkapazität 295 * 313 *** 380 *** MTOW 275 t * 365 t *** 365 t *** MLW 190 t * 236 t *** 254 t *** MZFW 178 t * 222 t ** 240 t ** Tankvolumen 148.700 l * 214.800 l *** 194.880 l *** Reichweite 7.300 NM * 8.500 NM ** 7.500 NM ** Triebwerk CFM56-5C4 * Trent 553 ** Trent 556 **

(*) Taylor, John W. R. (Hrsg.): Jane's all the world's aircraft, 1999-2000, Coulsdon (GB), 2000, (**) Airbus (Hrsg.): The A340-500/-600, AI/CM 310.0092/'97 01-98/Issue3, Blagnac Cedex (F), 1998 (***) Thomalla, Volker K.: King Size Airbus - Airbus A340-600 nimmt Formen an, erschienen in: Flug Revue, Stuttgart, Ausgabe Oktober 2000, S. 30

Quelle: Eigene Darstellung

Tabelle 2: A340-500/-600 Daten und Abmaße

17 Flottau, Jens: Airbus A3XX, erschienen in: Aerospace, Magazin der DaimlerChrysler Aerospace AG, Mün-

chen, Ausgabe 1/2000, S. 12 18 Airbus (Hrsg.): The A340-500/-600, AI/CM 310.0092/97 01-98/Issue3, Blagnac Cedex (F), 1998 19 95 kg pro Passagier 20 Thomalla, Volker K.: King Size Airbus - Airbus A340-600 nimmt Formen an, erschienen in: Flug Revue,

Stuttgart, Ausgabe Oktober 2000, S. 29 21 Mit 74,80 m ist der Airbus A340-600 derzeit das längste Flugzeug der Welt.

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Quelle: Airbus Photo CD-ROM, 1999, Bild 84.

Abbildung 3: Airbus A340-600

Die Firma Rolls-Royce ist zur Zeit exklusiver Triebwerkslieferant für die beiden neuen A340-Modelle. Für die A340-500 wurden das Modell Trent 553 mit 236 kN und für die A340-600 das etwas stärkere Modell Trent 556 mit 249 kN neu entwik-kelt.

Für beide Flugzeuge liegen schon 63 Bestellungen und 64 Optionen22 vor. Als Erstbesteller der A340-500 wird Air Canada die ersten Flugzeuge voraussichtlich im September 2002 erhalten. Die erste Auslieferung der A340-600 an den Erstbe-steller Virgin Atlantic Airways ist für April 2002 geplant.23 Der Rollout der A340-600 war am 23. März 2001 und der Erstflug fand am 23. April 2001 statt.

2.3 AIRBUS A380 Das Go-ahead für den Airbus A380 war am 23. Juni 2000, als die beiden Anteils-eigner sich auf die Kriterien für den offiziellen Programmstart einigten und für den Bauentscheid eine Mindestbestellmenge von 50 Flugzeugen beschlossen. Am 19. Dezember 2000 fiel der offizielle Startschuß für den Airbus A380, nachdem vier Tage vorher von Virgin Atlantic Airways sechs verbindliche Kaufabsichten und sechs Optionen eingegangen waren. Damit erhöhte sich die Zahl der von Luftver-kehrsgesellschaften eingegangenen Kaufabsichten auf die erforderlichen 50 Ein-heiten.24

22 Stand Oktober 2000 23 Thomalla, Volker K.: King Size Airbus - Airbus A340-600 nimmt Formen an, erschienen in: Flug Revue,

Stuttgart, Ausgabe Oktober 2000, S. 31 24 o.V.: Airbus A3XX vor dem Start, erschienen in: Neue Züricher Zeitung, Ausgabe vom 16./17.12.2000, Zü-

rich (CH)

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Die folgenden sechs Gesellschaften haben zusammen die nötigen 50 Festbestel-lungen und 42 Optionen ausgesprochen: Air France, Emirates, International Lease Finance Corporation, Qantas, Singapore Airlines und Virgin Atlantic Airways.25

Erst zu dem offiziellen Programmstart wurde das bisher als A3XX bezeichnete Flugzeug in A380 umbenannt.

Mit 600 t maximalem Startgewicht (MTOW) übertreffen die beiden Airbusse A380-800R und -900 das MTOW von 395 t des derzeit größten zivilen Passagierflug-zeugs, der Boeing 747-400, um rund 50 %. Die folgenden beiden Bilder zeigen Computersimulationen des Airbus A380-800.

Quelle: http://www.airbus.com und Airbus Photo CD-ROM, 1999, Bild 85.

Abbildung 4: Airbus A380-800

Neben der Basisversion A380-800 mit einem MTOW von 560 t, einer Reichweite von 14.200 km und 555 Passagieren in der Dreiklassenbestuhlung gibt es die bei-den Langstreckenversionen A380-700 und A380-800R mit einer Reichweite von jeweils 16.200 km. Die um 8 Spanten verkürzte A380-700 hat bei gleichem MTOW wie die A380-800 eine auf 480 Plätze reduzierte Sitzkapazität. Die A380-800R hat bei gleicher Sitzkapazität wie die A380-800 ein erhöhtes Abfluggewicht von 600 t. Das vierte Mitglied der A380-Familie ist die um 10 Spanten verlängerte A380-900 mit einer auf 656 Passagiere erhöhten Sitzplatzkapazität in der klassischen Drei-klassenbestuhlung. Die A380-900 hat die gleiche Reichweite wie die A380-800 von 14.200 km und das gleiche erhöhte MTOW wie die A380-800R von 600 t. In einer Einklassenauslegung bietet die A380-900 974 Passagieren Platz.

Die A380-800 und die -800R haben beide eine maximale Nutzlast von 85 t, die sich aus 555 Passagieren in der typischen Dreiklassenbestuhlung und etwas über 30 t Fracht zusammensetzt. Wenn man das Nutzlast-Reichweite-Diagramm der A380-800 und der -800R betrachtet (Abbildung 6), erkennt man einen grundsätzli-chen Unterschied zu dem Kurvenverlauf der A310 Modelle (Abbildung 5). Das Dia-gramm der A310 ist ein typisches Nutzlast-Reichweite-Diagramm, das durch

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25 http://www.airbus.com, Stand: Dezember 2000

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0

5000

10000

15000

20000

25000

30000

35000

40000

0 2000 4000 6000 8000 10000 12000Reichweite [km]

Nut

zlas

t [kg

]

A310-200

A310-300

1 2

3

4

Quelle: Eigene Darstellung, Daten aus Airbus (Hrsg.): FCOM A310, Vol. 1, Toulouse (F)

Abbildung 5: Nutzlast-Reichweite-Diagramme der A310-200, -300

0

10000

20000

30000

40000

50000

60000

70000

80000

90000

0 2000 4000 6000 8000 10000 12000Reichweite [NM]

Nut

zlas

t [kg

]

A380-800

A380-800R

21

3

Quelle: Eigene Darstellung, Daten aus Airbus (Hrsg.): Briefing A3XX 1st Quarter 2000, Blagnac Cedex (F), 2000, P. 20

Abbildung 6: Nutzlast-Reichweite-Diagramme der A380-800, -800R

verschiedene Faktoren begrenzt wird. Die Linie zwischen Punkt 1 und 2 wird durch das Maximum Zero Fuel Weight (MZFW) limitiert. Im Punkt 2 wird die maximale Reichweite bei maximaler Nutzlast erreicht. Von Punkt 2 zu Punkt 3 wird Nutzlast durch Treibstoff substituiert. Diese Linie ist durch das Maximum Take-off Weight (MTOW) beschränkt. Im Punkt 3 ist die Tankkapazität erschöpft und eine Reich-weitenerhöhung kann in Richtung Punkt 4 nur durch Reduktion der Nutzlast er-reicht werden. Die Linie von Punkt 3 zu Punkt 4 ist also folglich die Limitierungsli-nie der Tankkapazität. Durch den großen Flügel leidet die A380-800 und -800R nicht an Tankkapazität. So entfällt bei der A380-800 und -800R der Punkt 4 auf

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dem Nutzlast-Reichweite-Diagramm, denn die Erhöhung der Reichweite wird nur durch das MTOW begrenzt und nicht durch die Kapazität der Tanks.

Das Nutzlast-Reichweite-Diagramm der A380-900 mit der erhöhten Zuladung ent-spricht im Prinzip dem der A310. Die größten Reichweiten werden bei diesem Mo-dell also auch durch die Tankkapazität begrenzt und nicht durch das MTOW, wie bei der A380-800 und -800R.

Die folgende Tabelle 3 stellt die unterschiedlichen A380-Versionen gegenüber:

A380-700 A380-800 A380-800R A380-900 alte Bezeichnung A3XX-50R A3XX-100 A3XX-100R A3XX-200 Spannweite 79,8 m Länge 67,9 m 73,0 m 79,4 m Höhe 24,1 m Sitzplatzkapazität 480*/608** 555*/822** 656*/974** MTOW 560 t 600 t MLW 362 t 386 t 394 t 418 t MZFW 339 t 361 t 369 t 391 t Reichweite 16.200 km 14.200 km 16.200 km 14.200 km Schub 298 kN 333 kN Max. Zuladung 73 t 85 t 95 t

(*) Dreiklassenversion (Very Long Range), (**) Einklassenversion (Maximum Capacity)

Quelle: Eigene Darstellung, Daten aus: Airbus (Hrsg.): Briefing A3XX 1st Quarter 2000, Blagnac Cedex (F), 2000 und Airbus (Hrsg.): Data Basis Design, A380, AI/LE-C 821.018/01, Blagnac Ce-dex (F), 2001

Tabelle 3: A380 Passagierversion - Daten und Abmaße

Neben den vier Passagiermodellen werden zwei Combitypen und eine reine Frachtversion auf Basis der A380-800R gebaut. Die A380-800R C7 substituiert ihre um 82 Passagiere reduzierte Sitzkapazität mit 7 zusätzlichen Paletten im mitt-leren Deck, die A380-800R C11 134 Passagiere mit 11 Paletten ebenfalls im mitt-leren Deck. Die reine Frachtversion kann im mittleren Deck 28 Paletten und im oberen Deck 17 Paletten aufnehmen und hat bei einem MTOW von 590 t eine Reichweite von 10.410 km.26 In Tabelle 4 sind die Daten und Abmaße der zwei Combiversionen und die der reinen Frachtversion dargestellt.

26 Airbus (Hrsg.): Briefing A3XX 1st Quarter 2000, Blagnac Cedex (F), 2000, P. 18-22

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TEIL I: SITUATIONSANALYSE UND PROBLEMANALYSE SEITE 15

A380-800R C7 A380-800R C11 A380-800F alte Bezeichnung A3XX-100R C7 A3XX-100R C11 A3XX-100F Sitzplatzkapazität 473 421 -- MTOW 590 t MLW 397 t 407 t 427 t MZFW 372 t 382 t 402 t Reichweite 13.500 km 12.940 km 10.410 km Schub 334 kN Max. Zuladung 96 t 107 t 150 t Quelle: Eigene Darstellung, Daten aus: Airbus (Hrsg.): Briefing A3XX 1st Quarter 2000, Blagnac Cedex (F), 2000 und Airbus (Hrsg.): Data Basis Design, A380, AI/LE-C 821.018/01, Blagnac Ce-dex (F), 2001

Tabelle 4: A380 Frachtversionen - Daten und Abmaße

Der reine Frachter erreicht mit 150 t Nutzlast fast die Nutzlast des Transportluft-schiffes CargoLifter CL 160 mit geplanten 160 t Zuladung. Der Vergleich hinkt hier, denn der CargoLifter ist eher für den Transport von sperrigen Gütern über kürzere Strecken ausgelegt und operiert in niedrigen Flughöhen, während der Frachtairbus A380-800F weniger sperrige in großen wetterunabhängigen Höhen über Reichwei-ten bis zu 10.410 km transportieren kann. Bei einer Zuladung von 100 t hat der Airbusfrachter noch eine Reichweite von ca. 13.000 km.

Nicht nur in der Zuladung, sondern auch in der Wirtschaftlichkeit setzt die A380 neue Maßstäbe. Durch ihre Größe erreicht sie bereits bei einem niedrigeren Sitz-ladefaktor den Break-even als der größte heutige Konkurrent, die Boeing 747-400. In der A380-800 reichen schon 323 zahlende Passagiere aus, das entspricht ei-nem Sitzladefaktor von 58 %, um den Megaliner in die Gewinnzone fliegen zu las-sen. Verglichen mit dem Break-even-Sitzladefaktor von 70 % bei der Boeing 747-400, braucht die A380-800 nur 33 Passagiere mehr als die 747-400, um wirt-schaftlich zu operieren. Die A380-800 hat demnach 109 Sitzplätze als zusätzliches Profitpotential.27 Obwohl der Bedarf an Megalinern nur 10 % des heutigen Ge-samtmarktes substituiert, spiegelt dieses Potential von ca. 1.500 Flugzeugen ei-nen Auftragswert von 25 % wider.28 Mehr als 50 % des vermuteten Absatzmarktes für Megaliner liegen im asiatisch pazifischen Raum.

Die folgende Abbildung 7 zeigt einen Größenvergleich zwischen der A380-800 und einem typischen Londoner Doppeldeckerbus. Die Abmaße des zukünftigen Mega-liners werden beispielhaft am Vergleich der Triebwerke mit dem Doppeldeckerbus sichtbar. 27 Airbus (Hrsg.): Briefing A3XX 1st Quarter 2000, Blagnac Cedex (F), 2000, P. 9 28 Airbus (Hrsg.): Briefing A3XX 1st Quarter 2000, Blagnac Cedex (F), 2000, P. 3

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SEITE 16 TEIL I: SITUATIONSANALYSE UND PROBLEMANALYSE

Quelle: http://www.airbus.com

Abbildung 7: Größenvergleich A380 zu Doppeldeckerbus

Als Triebwerke können das Rolls-Royce Trent 900-14A oder das GP7200 der Gemeinschaftsproduktion von General Electric und Pratt&Whitney gewählt wer-den. Die maximale Machzahl des A380 liegt bei Mmo=0,89, die maximale Flughöhe ist FL 430.

2.4 BOEINGS MEGALINERPROJEKTE Im Gegensatz zu Airbus haben Boeings Marktforscher einen deutlich geringeren Bedarf im Marktsegment der Megaliner berechnet und gehen davon aus, daß der Markt kein größeres Flugzeug als die Boeing 747-400 rechtfertigt. Für das pro-gnostizierte Wachstum reicht die Kapazität der heute verfügbaren Großraumflug-zeuge wie Boeing 777 und 747-400 aus.29 30

Nur einen Tag, nachdem Airbus am 23. Juni 2000 seinen offiziellen Programmstart für die A380 bekannt gegeben hatte, erklärte Boeing, daß sie eine verlängerte Version der Boeing 747-400 anbieten würden. Die neue Boeing 747-400 soll um 10 m verlängert werden und somit zu den bisherigen 416 Passagieren weiteren 100 Passagieren Platz bieten.31 In einer Einklassenbestuhlung sollen bis zu 660 Passagiere Platz finden. 32

Boeing plant neben der um 10 m verlängerten Boeing 747, die den Projektnamen 747X Stretch trägt, zwei weitere neue Modelle in der 747-Familie: Die 747-400X und die 747X.

29 Thomalla, Volker K.: Der Gigant rollt an den Start, erschienen in: Flug Revue, Stuttgart, Ausg. Juli 2000, S.

25 30 o.V.: Boeing Chef hält Super-Airbus für nicht rentabel, erschienen in: Berliner Morgenpost, am 24.12.2000 31 o.V.: Antwort auf A3XX, Boeing will Super-Jumbo, erschienen in: Spiegel Online 25/2000,

http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/0,1518,82551,00.html vom 24.6.2000 32 o.V.: Super-Airbus, Boeing greift an, erschienen in: Spiegel Online 27/2000,

http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/0,1518,840841,00.html vom 7.7.2000

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TEIL I: SITUATIONSANALYSE UND PROBLEMANALYSE SEITE 17

Die 747-400X entspricht äußerlich der heutigen 747-400, wird im Inneren jedoch einer Modernisierung unterzogen, um eine größere Reichweite oder eine höhere Nutzlast zu ermöglichen. Es sollen neue Werkstoffe zum Einsatz kommen, so daß das MTOW erhöht werden kann. Damit können Strecken wie New York - Hong-kong künftig nonstop geflogen werden.

Am 28. November 2000 wurde der offizielle Produktionsbeginn der 747-400X be-kanntgegeben; ihr wurde der Name "Longer-Range 747-400" gegeben.33

Die folgende Abbildung 8 zeigt die erste Longer-Range 747-400, die im Jahr 2002 für die australische Fluggesellschaft Qantas in den Liniendienst gehen wird und Abbildung 9 eine Fotomontage der Boeing Longer-Range 747-400 und der zwei Projekte 747X und 747X Stretch.

Quelle: http://www.boeing.com/news/feature/747x/k60964.html

Abbildung 8: Boeing Longer-Range 747-400 von Qantas of Australia

33 o.V.: The Boeing 747X Familiy - Brief Description, erschienen in: Boeing Homepage,

http://www.boeing.com/news/feature/747x/facts.html vom 3.1.2001

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SEITE 18 TEIL I: SITUATIONSANALYSE UND PROBLEMANALYSE

Quelle: http://www.boeing.com/news/feature/747x/gal_exterior.html

Abbildung 9: Boeing Longer-Range 747-400, 747X und 747X Stretch

Das Modell 747X hat einen um ca. 3 m verlängerten Rumpf und eine um ca. 5 m verlängerte Spannweite gegenüber der 747-400 beziehungsweise der Longer-Range 747-400. Das entspricht 8 % mehr Spannweite und einer zusätzlichen Flü-gelfläche von 17 %. Dadurch kann sie 27 % mehr Treibstoff aufnehmen. In der typischen Dreiklassenbestuhlung kann die 747X bis zu 442 Passagiere aufneh-men und sie bis zu 16640 km transportieren. Diese Entfernung entspricht einem 18-Stundenflug, und sie ist nochmals etwas größer als die Reichweite der A380-800R mit 16200 km. Die Entwicklungskosten des neuen Boeing 747-Modells lie-gen mit den geplanten 4 Milliarden Dollar deutlich unter den von Airbus mit 12-15 Milliarden Dollar angesetzten Projektkosten der A380.

Das dritte Modell ist die 747X Stretch, die im Vergleich zur heutigen 747-400 eine 25% höhere Kapazität hat. Wie auch die A380 wird sie eine Länge von 80 m errei-chen. In der Dreiklassenbestuhlung bietet sie 522 und in der Einklassenbestuhlung 660 Passagieren Platz. Damit entspricht sie von der Kapazität her der A380-800, soll aber laut Boeing in allen Disziplinen dem Konkurrenten von Airbus überlegen sein: Die Betriebskosten der A380-800 liegen 10 %, und die spezifischen Kosten pro Sitzmeile 3 bis 5 % über denen der 747X Stretch. Die Reichweite ist 700 NM länger, die Frachtkapazität ist trotz geringerem MTOW größer, die Reisege-schwindigkeit höher, Mach 0,86 im Vergleich zu 0,844 der A380-800, und letztlich sind die spezifischen Treibstoffkosten pro Sitz um 12 % niedriger. 34 35 Die folgen-

34 Thomalla, Volker K.: Kampf der Giganten - Boeing entwickelt den Nachfolger der 747-400, erschienen in:

Flug Revue, Stuttgart, Ausg. September 2000, S. 36 35 o.V.: The Boeing 747X Family - an elegant solution for the Market, erschienen in: Boeing Homepage

http://www.boeing.com/news/feature/747x/background.html vom 3.1.2001

2 MEGALINER

Page 31: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

TEIL I: SITUATIONSANALYSE UND PROBLEMANALYSE SEITE 19

de Tabelle stellt die wichtigsten Daten und Abmaße der 3 Konkurrenzmodelle von Boeing, der Longer-Range 747-400, der 747X und der 747X Stretch dar.

Longer-Range 747-400

747X 747X Stretch

Spannweite 64,44 m 69,77 m Länge 70,66 m 73,47 m 80,55 m Höhe 19,38 m 21,44 m 19,86 m Sitzplatzkapazität 416*/568** 442 522*/660** MTOW 412 t 473 t Tankvolumen 228.280 l 247.720 l Reichweite 14.200 km 16.640 km 14.450 km Schub 264 - 283 kN 302 kN

(*) Dreiklassenversion, (**) Einklassenversion

Quelle: Eigene Darstellung, Daten aus: http://www.boeing.com/news/feature/747x/facts.html

Tabelle 5: Daten und Abmaße der verschiedenen Boeing 747-Projekte

Bis zum 29. März 2001 hatte sich lediglich die australische Fluggesellschaft Qan-tas für eines der Boeing-Projekte entschieden. Boeing erklärte daraufhin am 29.3. in einer Pressemitteilung36, daß die Entwicklung der 747X und der 747X Stretch eingestellt würde. Das Unternehmen wolle sich zukünftig auf Langstreckenflug-zeuge konzentrieren und sähe keinen Bedarf oberhalb der 747-400 beziehungs-weise der Longer-Range 747-400.

Das neue Langstreckenprojekt nennt Boeing Sonic Cruiser. Er soll mit Mach 0,95 rund 15 % schneller als die heutigen Verkehrsflugzeuge fliegen, in einer Flughöhe von 13 km operieren und eine Reichweite von mehr als 16.600 km haben. Somit könnte z.B. die Strecke Frankfurt-Sidney nonstop geflogen werden.

36 o.V.: Boeing Focuses Commercial Airplanes Long-Range Product Strategy, Pressemitteilung vom

29.3.2001, erschienen in: Boeing Homepage http://www.boeing.com/news/releases/2001/q1/news_release_010329a.html vom 29.3.2001

2 MEGALINER

Page 32: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 20 TEIL I: SITUATIONSANALYSE UND PROBLEMANALYSE

3 STAND DER TECHNIK BEI AIRBUS

3.1 FLUGREGELSYSTEME DES AIRBUS A330/A340 "Flugregelung dient der Erfüllung regelungstechnischer Aufgaben in einem Fahr-zeug, das sich in sechs Freiheitsgraden in einem weiten Bereich von Höhe und Machzahl bewegt, das von einem Menschen geführt wird und in dem Menschen transportiert werden."37

Flugregler sind Reglerbediengeräte, die Vorgaben von einem Flugmanagement-rechner (Flight Management Computer) bekommen. In bestimmten Reglerbe-triebsarten gibt der Pilot Sollwerte selbst vor.

Fünf Flight Control Computer (FCC) verarbeiten die Eingaben der Piloten und des Autopiloten in Abhängigkeit von den Steuergesetzen. Diese sind das normale Steuergesetz (Normal Law), das alternative Steuergesetz (Alternate Law (ALT)), das direkte Steuergesetz (Direct Law) und die mechanische Notsteuerung (Me-chanical Backup). Von den fünf Regelungscomputern sind drei PRIM (primär)-Computer, auch Flight Control Primary Computer (FCPC) genannt, und zwei SEC (sekundär)-Computer, die auch Flight Control Secondary Computer (FCSC) ge-nannt werden. Die PRIM-Computer unterstützen das Normal Law, Alternate Law und Direct Law, während die SEC-Computer nur das Direct Law kontrollieren.38,39

Die PRIM- und SEC-Computer beziehen ihre Daten unter anderem aus dem Air Data and Inertial Reference System (ADIRS). Das System umfaßt drei identische ADIRUs (Air Data and Inertial Reference Unit), von denen sich jede ADIRU in zwei Teile gliedert. Bei einem Ausfall kann jeder Computer unabhängig von dem ande-ren arbeiten:

Die ADR (Air Data Reference) Einheit stellt die barometrische Höhe, die Ge-schwindigkeit, die Machzahl, den Anstellwinkel, die Temperatur und die Overspeed-Warnungen bereit.

Die IR (Inertial Reference) Einheit liefert Daten der Fluglage, des Flight Path Vectors, des Kurses über Grund, des Steuerkurses, der Beschleunigungswerte, der Geschwindigkeit über Grund, der Winkelraten und der Flugzeugposition.

Da wie erwähnt ADR und IR unabhängig voneinander arbeiten, lassen sich im Overheadpanel mit Hilfe von 6 Schaltern (3x ADR + 3x IR) alle Systeme getrennt voneinander aus- und einschalten.

37 Brockhaus, Rudolf: Flugregelung, Berlin, Heidelberg, 1994, S. VII 38 vgl. Abbildung 10: Übersicht über die verschiedenen Flight Modes und Flight Laws 39 Airbus (Hrsg.): FCOM A 340, Vol. 1, Chap. 1.27.10, REV 10, P. 3

3 STAND DER TECHNIK BEI AIRBUS

Page 33: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

TEIL I: SITUATIONSANALYSE UND PROBLEMANALYSE SEITE 21

3.1.1 FLIGHT MODES UND FLIGHT CONTROL LAWS

Im Airbus A330/A340 gibt es zwei verschiedene Flight Director/Autopilot Betriebs-modi: den Managed Guidance Mode und den Selected Guidance Mode. Sind der Managed Guidance Mode, Flugmanagementrechner und Autopilot aktiv, berech-net der Flugmanagementrechner laterale, vertikale und Geschwindigkeitsprofile anhand von Randbedingungen (z.B. Cruise Flight Level (FL), Cost Index), die vor-her über die MCDU (Multipurpose Control and Display Unit) vor- und eingegeben werden. Im Selected Guidance Mode wird das Flugzeug nach den Vorgaben ge-steuert, die von den Piloten an der FCU (Flight Control Unit) eingegeben werden.

Im manuellen Betrieb (Manual) werden vier Steuergesetze unterschieden: Im Normal Law wird die Flugzeugkontrolle um alle drei Achsen (Auto Trimm) geregelt, und die Full Flight Envelope Protections40 und die Maneuver Load Allevation41 (Abminderung statischer und dynamischer Manöverlasten) sind aktiv. Durch Pro-tections werden die Grenzen, wie z.B. maximale und minimale Geschwindigkeit, maximaler Anstellwinkel, Lastvielfaches, Quer- und Längsneigung, überwacht und automatisch eingehalten, so daß der Pilot den ganzen Flugbereich jederzeit ge-fahrlos ausnutzen kann, ohne daß Sicherheitsgrenzen unbeabsichtigt überschrit-ten werden.42 Abhängig vom Grad der Kombination und der Menge der im Flug-führungssystem aufgetretenen Fehler, gibt es drei verschiedene Rekonfigurations-ebenen: das Alternate Law, das Direct Law und das Mechanical Backup.

Das Alternate Law wird darüber hinaus noch in zwei Ebenen untergliedert: ALT1 und ALT2. Im ALT1-Modus sind gegenüber des ALT2-Modus noch einige Protec-tions mehr verfügbar.43

Im Direct Law hingegen sind alle Protections und die automatische Trimmung ausgefallen. Die Steuersignale werden elektrisch in proportionale Stellsignale um-gesetzt, wobei der Gierdämpfer (Yaw Damper) mit einer reduzierten Autorität in Funktion bleibt.

Bei einem Totalausfall der elektrischen Energie kann das Flugzeug mechanisch mit Hilfe von Trimmrad und Pedalen gesteuert und notfalls auch gelandet werden (Mechanical Backup). Die Steuerung erfolgt dabei über die Höhenflosse und das Seitenruder.

In der folgenden Abbildung 10 sind die verschiedenen Flight Modes und Flight Control Laws und in Abbildung 11 die Unterschiede zwischen ALT1, ALT2 und Direct Law dargestellt. Im oberen Teil der Abbildung 11 sind die möglichen Fehler, die eine Reduzierung der Flight Control Laws bewirken, aufgeführt. In diesem Zu-sammenhang bedeutet fail eine Fehleranzeige und fault einen Funktionsausfall. Im unteren Teil ist dargestellt, in welchem Steuergesetz welche Protections ausgefal-len sind, welche noch vollständig oder welche nur eingeschränkt funktionieren.

40 vgl. Kapitel 3.1.4 Flight Envelope Protection41 vgl. Kapitel 3.1.7 Maneuver Load Allevation42 Brockhaus, Rudolf: Flugregelung, Berlin, Heidelberg, 1994, S. 716-717 43 vgl. Abbildung 11: Unterschiede zwischen ALT1, ALT2 und Direct Law

3 STAND DER TECHNIK BEI AIRBUS

Page 34: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 22 TEIL I: SITUATIONSANALYSE UND PROBLEMANALYSE

⇒ ⇒ ⇒

FMS+Autopilot+ATHR

− Managed Guidance Mode: A/C is steered along the lateral, vertical and speed Profiles according to the Data inserted by the Crew in the MCDU.

Autopilot+ATHR:

− Selected Guidance Mode: A/C is steered according to Target Values se- lected by the Crew and displayed in the FCU Windows

Manual:

− Normal Law 3 Axis Control Automatic Trim Flight Envelope Protection44 - Load Factor Limitation (+2,5 g bis -1 g) - Pitch Attitude Protection (+30° bis -15°) - High Angle of Attack Protection - High Speed Protection - Bank Angle Protection (max. 67° Bank Angle) Maneuver Load Allevation 45

− Alternate Law 1 (ALT1)

− Alternate Law 2 (ALT2)

− Direct Law: no Protections, no Automatic Trim

− Mechanical Backup: no Protections, no automatic Trim (Rudder + Manual Trim only)

Quelle: Eigene Darstellung, Daten aus: Airbus (Hrsg.): FCOM A340, Vol. 1, Chap. 1.27.20, REV 7, P. 1ff und Chap. 1.27.30, REV 8, P. 1 ff

Abbildung 10: Übersicht über die verschiedenen Flight Modes und Flight Control Laws

44 vgl. Kapitel 3.1.4 Flight Envelope Protection45 vgl. Kapitel 3.1.7 Maneuver Load Allevation

3 STAND DER TECHNIK BEI AIRBUS

Page 35: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

TEIL I: SITUATIONSANALYSE UND PROBLEMANALYSE SEITE 23

Quelle: Virgin Atlantic (Hrsg.): FCOM A340, Vol. 1, Chap. 1.27.30, REV 12, P. 1

Abbildung 11: Unterschiede zwischen ALT1, ALT2 und Direct Law

Abbildung 11 zeigt die verschiedenen Möglichkeiten, wie das Alternate Law und das Direct Law erreicht werden können, beziehungsweise verschiedene Ursachen, wie die beiden Steuergesetze erreicht werden, die im oberen Teil dieser Abbildung dargestellt sind. Die folgenden Tabellen 6 und 7 lassen erkennen, welche Ursa-chen zum Verlust des Normal Law führen können und welches die Gründe für die Degradierung zum Alternate Law und zum Direct Law sind. Des weiteren wird ge-zeigt, wie man diese Zustände herbeiführen kann und wie die PFD- (Primary Flight Display) und Flight Director-Anzeigen dann aussehen.

3 STAND DER TECHNIK BEI AIRBUS

Page 36: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 24 TEIL I: SITUATIONSANALYSE UND PROBLEMANALYSE

Ursache Simulation PFD-Anzeige FD-Anzeige Double IR fault

Zwei IRs im Overheadpanel ausschalten

Auf einer Seite (CPT/FO) keine Anzeige

Auf einer Sei-te, alternativ CPT/FO

Double ADR fault

Zwei ADRs im Overheadpanel ausschalten

Auf einer Seite (CPT/FO) keine Anzeige

Auf einer Sei-te, alternativ CPT/FO

All Spoilers fault

Malfunctions "spoil-ers/speedbrake"

Komplette Anzeige, 6 kleine rote Kreuze erscheinen für die Begrenzung der max. Ruderausschläge46

Ja

Triple ADR fail

Drei ADRs im Overheadpanel ausschalten

Keine Geschwindigkeit keine Höhe

Nein

All ENG out Engines in Center Pedestal ausschal-ten

Komplette Anzeige, 6 kleine rote Kreuze erscheinen für die Begrenzung der max. Ruderausschläge

Ja

Quelle: Eigene Darstellung nach Simulatortest

Tabelle 6: Ursachen für das Alternate Law

Ursache Simulation PFD-Anzeige FD-Anzeige Triple IR fail

Drei IRs im Overheadpanel ausschalten

Keine Fluglage, kein Kurs Nein

Triple PRIM fail

3 PRIMs im Overheadpanel ausschalten

Keine Änderung der PFD-Anzeige

Ja

Two ELEV fault

Malfunctions "ele-vator/stabilizer"

Zusätzlich rote Anzeige "Man Pitch Trim only"

Ja

All ENG out + PRIM 1 inop47

Alle Triebwerke + PRIM 1 ausschal-ten

Zusätzliche Anzeige in am-ber "Use man Pitch Trim" und in rot "SPD LIM"

Ja

46 siehe Abbildung 12: Informationen im PFD über den Status des Flight Control Law47 Laut Abbildung 11 sind "All ENG out + PRIM 1 inop" Ursachen für das Direct Law. Bei Tests im A330/340

Simulator wurde in der Degradierungsebene nur das Alternate Law erreicht.

3 STAND DER TECHNIK BEI AIRBUS

Page 37: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

TEIL I: SITUATIONSANALYSE UND PROBLEMANALYSE SEITE 25

Ursache Simulation PFD-Anzeige FD-Anzeige Triple IR+ADR fail

Alle IR + alle ADR im Overheadpanel ausschalten

Keine Fluglage, kein Kurs, keine Geschwindigkeit, keine Höhe, keine Vertikalgeschwin-digkeit

Nein

Quelle: Eigene Darstellung nach Simulatortest

Tabelle 7: Ursachen für das Direct Law

Die amber-farbenen48 Kreuze im PFD stehen für den Wegfall einer Protection oder mehrerer Protections: Die amber-farbenen Kreuze stehen anstatt der kleinen par-allelen grünen Striche an den Grenzen der Protections, wie z.B. Bank Angle Protection. Folgende Kreuze können sichtbar sein: 2 Kreuze für den Bank Angle bei 67° und 4 für die Pitch Attitude bei +30° und -15°. In der nachfolgenden Abbildung 12 werden diese angesprochenen Striche beziehungsweise Kreuze gezeigt. Der Pilot hat so ständig neben den Informationen auf dem Electronic Centralized Aircraft Monitor (ECAM)-Display auch eine Anzeige im PFD über den Status des Control Law.

Quelle: Airbus (Hrsg.): The Airbus Fly-by-wire, AI/ST-D.FBW, Blagnac Cedex (F), 2000, P. 121

Abbildung 12: Informationen im PFD über den Status des Flight Control Law

3 STAND DER TECHNIK BEI AIRBUS

48 amber entspricht der Farbe bernsteinfarben oder gelb-braun beziehungsweise ocker

Page 38: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 26 TEIL I: SITUATIONSANALYSE UND PROBLEMANALYSE

Vereinfacht kann gesagt werden, daß im Normal Law aus dem Nickkommando am Side Stick ein Beschleunigungsfaktor errechnet wird, der bis zum Maximalwert von +2,5 g/ -1 g proportional zum Side Stick Ausschlag ist.

Bei der Betrachtung der in Abbildung 10 dargestellten Protections im Normal Law stellt sich die Frage, welche Probleme nach Ausfall der Protections im Alternate und Direct Law sowie im Mechanical Backup entstehen können, um die maximal zulässigen Betriebsgrenzen einzuhalten. In dieser Arbeit sollen daher neue Mög-lichkeiten entwickelt und untersucht werden, die Beanspruchungen, die aus den Festigkeitsgrenzen resultieren, sicher einzuhalten, wenn das Flugzeug im Alterna-te Law, Direct Law oder Mechanical Backup fliegt.

Die gewählte Darstellungsform von Spannungs- und Verformungsparametern im Cockpit, die dem Piloten bei Ausfall der Protections Überlastgefahren anzeigt, soll proportional zu dieser Überlast sein.

3.1.2 AUTOPILOT

Die Aufgabe des Autopiloten (AP) ist die Regelung der Flugzeuglage im Raum, die Einhaltung des Flugweges einschließlich der automatischen Landung sowie das Durchstarten.

Der Pilot kann zwischen "manueller" Steuerung (Manual, Manual Control), das heißt, Vorgaberegelung über das Fly-by-Wire-System EFCS (Electronic Flight Control System) und dem Autopilotenbetrieb wählen. Der Pilot kann zwischen ei-ner manuellen Eingabe der Sollwerte für •

die Geschwindigkeit,

die Machzahl,

die Höhe,

die Vertikalgeschwindigkeit,

den Steuerkurs,

den Flugbahnneigungswinkel

am Reglerbediengerät Flight Control Unit (Autopilot im Selected Guidance Mode) oder der direkten Vorgabe dieser Werte durch den Flugmanagementrechner (Au-topilot im Managed Guidance Mode) wählen.49

49 Airbus (Hrsg.): FCOM A340, Vol. 1, Chap. 1.22.30, REV 2, P. 7 ff und Brockhaus, Rudolf: Flugregelung,

Berlin, Heidelberg, 1994, S. 725 f

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TEIL I: SITUATIONSANALYSE UND PROBLEMANALYSE SEITE 27

Funktionen des Autopiloten50

Speed/ Mach Mode - Geschwindigkeitsregelung/ Vortriebsregelung

− Managed Speed/ Mach Mode - Regelung der Geschwindigkeit durch das Au-tothrust System

− Selected Speed/ Mach Mode - Regelung einer vorgewählten Geschwindig-keit (ebenfalls durch das Autothrust System)

Vertical Mode - Autopilotfunktionen in der Längsbewegung (vertikale Flugfüh-rung)

− Vertical Speed Mode - Regelung der Vertikalgeschwindigkeit − Flight Path Angle Mode - Regelung eines konstanten Steig- oder Sinkflug-

vektors − Altitude Hold Mode - Regler für konstante Höhe − Altitude Acquision Mode - Höhenvorgaberegler, Flugbahnregelung bei Errei-

chen einer Sollhöhe − Climb Mode/ Descent Mode - Steig-/Sinkflug nach Leistungsvorgaben aus

dem FMS (Flight Management System) Der Climb/ Descent Mode ist ein Managed Mode. Die Geschwindig-keitskontrolle erfolgt hier über die Schubregelung, die Höhen- und Gleitweg-regelung mit dem Höhenruder.

− Open Climb Mode, Open Descent Mode - Steig-/Sinkflug mit vorgewählter Geschwindigkeit und Triebwerksleistung Der Open Climb/ Open Descent Mode ist ein Selected Mode. Im Gegensatz zum Managed Mode wird hier mit einer festen Leistungseinstellung geflogen. Bei dieser konstanten Leistungsvorgabe wird die Geschwindigkeit über das Höhenruder geregelt.

Lateral Mode - Autopilotenfunktionen für die Seitenbewegung (horizontale Flug-führung)

− Heading Select Mode - Regelung des Steuerkurses − Track Select Mode - Regelung des Kurses über Grund − Lateral Path Mode - Flugwegführung entlang des im FMGS (Flight Manage-

ment Guidance and Envelope System) aktivierten, vorprogrammierten Flug-plans. Der Lateral Path Mode ist ein Managed Mode.

− Localizer Mode - horizontale Führung auf dem Kursleitstrahl des Instrumen-ten-Landesystems (ILS)

Common Modes - Autopilotenfunktionen für Start und Landung

− Take-off Mode - Automatischer Start (5 sek. nach dem Abheben verfügbar)

50 Airbus (Hrsg.): FCOM A340, Vol. 1, Chap. 1.22.30, REV 2, P. 13 ff und Brockhaus, Rudolf: Flugregelung,

Berlin, Heidelberg, 1994, S. 726-736

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Page 40: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 28 TEIL I: SITUATIONSANALYSE UND PROBLEMANALYSE

− Approach Mode - Automatischer Anflug Der Approach Mode wird weiter in Localizer and Glideslope Mode, Land Mode, Flare Mode und Roll-out Mode unterteilt.

− Go-around Mode - Automatisches Durchstarten Wenn der Pilot die Schubhebel in Take-off/ Go-around-Stellung bringt, wird der Approach-Mode aufgehoben und die an der FCU eingewählte Höhe wird als Sollwert für den Autopiloten gültig.

3.1.3 FLIGHT DIRECTOR

Der Flight Director (FD) gibt dem Piloten die Flugführungsinformation, also Steuer-signale für Bewegungen um die Quer- (Pitch-) und Längs- (Roll-) achse, die er aus Abweichungen von Sollwerten ermittelt. Diese Steuerbefehle werden vom FMGC (Flight Management Guidance and Envelope Computer) berechnet. Deshalb wird der Flight Director auch Flugkommandoanlage genannt. Diese Steuersignale wer-den dem Piloten in einer Kommandoanzeige in der Normaldarstellung "Heading – Vertical Speed" (HDG – V/S-Darstellung) mit Hilfe von zwei vertikalen und horizon-talen Balken im PFD angezeigt. Bei der anderen Darstellungsform "Track – Flight Path Angle" (TRK – FPA) gibt das Symbol des Flight Path Vector dem Flugzeug den aktuellen Flight Path Angle und Drift Angle (Track) vor (Abbildung 13).

Quelle: Airbus (Hrsg.): System Description Note A340, 31-64-00, Toulouse (F), 1992, P. 23 und 26

Abbildung 13: Darstellungsformen des Flight Director

Ohne eingeschalteten FD ist der AP nicht aktivierbar. Im Normal Law können die Vorgaben für den FD durch das FMS oder Vorgaberegelung in der FCU erfolgen.

3 STAND DER TECHNIK BEI AIRBUS

Page 41: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

TEIL I: SITUATIONSANALYSE UND PROBLEMANALYSE SEITE 29

Der Flight Director wird auch im Alternate Law und Direct Law angezeigt51. Aller-dings kommt die Signalvorgabe dann nicht vom FMS, sondern von den vorgewähl-ten Werten in der FCU.

3.1.4 FLIGHT ENVELOPE PROTECTION

Unter Flight Envelope Protection versteht man die Betriebsgrenzenregelung in der Nick-, Roll- und Gierachse. Dieses System hält im Normal Law automatisch die Betriebsgrenzen ein, die durch die erhöhte Manövrierfähigkeit des Fly-by-wire-Systems erforderlich sind.

Die Reglerfunktionen limitieren in Grenzsituationen

die Längsneigung (Pitch Attitude Protection):

Die Längsneigung wird im Falle eines zu großen Pilotenkommandos auf eine positive Längsneigung (Nose up) von +30°, im Langsamflug +25°, und auf eine negative Längsneigung (Nose down) von -15° begrenzt. Diese Funktion unter-stützt die Grenzregelung von Geschwindigkeit und Anstellwinkel (s.u.).52

das Lastvielfache (Load Factor Limitation):

Bei eingefahrenen Klappen ist das Lastvielfache (nz) automatisch auf +2,5 g bis -1 g und bei ausgefahrenen Klappen auf +2 g bis 0 g limitiert.

die Geschwindigkeit (High Speed Protection):

Die High Speed Protection verhindert ein Überschreiten der zulässigen betrieb-lichen Höchstgeschwindigkeit (Maximum Operating Speed) Vmo und Mmo . Sie wird bei Überschreitung von Vmo um +4 kt und bei Überschreitung von Mmo um +0,006 aktiv. Selbst wenn der Pilot den Side Stick in den Anschlag nach vorne drückt, ist die Geschwindigkeit auf Vmo +16 kt und Mmo +0,04 begrenzt.53

den Anstellwinkel (High-α-protection oder High Angle of Attack Protection):

In Abhängigkeit von der Machzahl und von Vorflügel- und Landeklappenstellung werden die Grenzwinkel αprot , αfloor und αlim vorgegeben. Bei voll ausgefahre-nen Klappen betragen diese Werte z.B. αprot = 12°, αfloor = 14,5° und αlim (= αmax) = 15°.54 In der folgenden Abbildung 14 sind die verschiedenen An-stellwinkel in Abhängigkeit des Auftriebskoeffizienten CL dargestellt.

51 vgl. und Tabelle 6: Ursachen für das Alternate Law Tabelle 7: Ursachen für das Direct Law52 Brockhaus, Rudolf: Flugregelung, Berlin, Heidelberg, 1994, S. 724 53 Virgin Atlantic (Hrsg.): FCOM A340, Vol. 1, Chap. 1.27.20, REV 14, P. 5 54 Brockhaus, Rudolf: Flugregelung, Berlin, Heidelberg, 1994, S. 723

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Page 42: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 30 TEIL I: SITUATIONSANALYSE UND PROBLEMANALYSE

Quelle: Airbus (Hrsg.): The Airbus Fly-by-wire, AI/ST-D.FBW, Blagnac Cedex (F), 2000

Abbildung 14: Grenzwerte des Anstellwinkels

die Querneigung (Bank Angle Protection):

Bei einem seitlichen Ausschlag des Side Stick wird der Querruder-, Seitenru-der- und Spoilerausschlag vom Flight Control Computer berechnet. Dabei er-folgt die Regelung so, daß der Side-Stick-Ausschlag proportional zur Rollge-schwindigkeit des Flugzeugs ist. Bei der Neutralstellung des Side Stick wird ei-ne erreichte Querneigung (Bank Angle) von max. 33° gehalten. Wird der Side Stick bei einer Querneigung von mehr als 33° losgelassen, stellt sich automa-tisch eine Querneigung von 33° ein. Eine Querneigung von mehr als 33° benö-tigt ein ununterbrochenes Steuerkommando. Die maximale Querneigung be-trägt 67°. 67° entspricht bei einer unbeschleunigten Horizontalkurve einem Lastvielfachen von 2,5 g.55

3.1.5 CARE-FREE HANDLING

Mit den Begriffen Flight Envelope Protection und Care-free Handling (Care-free Maneuvering) werden Regleraufgaben beschrieben, die verhindern sollen, daß das Flugzeug den sicheren Betriebsbereich verläßt. Dieses Verlassen des siche-

3 STAND DER TECHNIK BEI AIRBUS

55 Airbus (Hrsg.): FCOM A340, Vol. 1, Chap. 1.27.20, REV 7, P. 7

Page 43: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

TEIL I: SITUATIONSANALYSE UND PROBLEMANALYSE SEITE 31

ren Betriebsbereiches kann durch starke äußere Störungen oder falsche Steuer-eingaben des Piloten ausgelöst werden.56

Der Pilot soll sich ganz seiner eigentlichen Flugaufgabe widmen und den verfüg-baren Flugbereich voll ausnutzen können, ohne sich auf Fliegbarkeitsgrenzen konzentrieren zu müssen.57 Das heißt aber nicht, daß die Flight Envelope Protec-tions den Piloten vor "falschen" Manövern schützt, er sozusagen beliebige Manö-ver fliegen und nach eigenem Ermessen handeln kann. In ungünstigen Fällen kann der Pilot die Flight Envelope Protections "überlisten" und die Flugzeugstruk-tur überlasten.

Daß Care-free Handling den Piloten nicht vor sorglosem oder gar mutwillig negati-vem Handeln bewahrt, zeigen die Airbusunfälle am 26.5.1988 in Habs-heim/Frankreich und am 14.2.1990 in Bangalore/Indien.58

Wird zum Beispiel das Seitenruder schnell abwechselnd nach links und rechts ausgeschlagen und dabei eine ungünstige Frequenz getroffen, kann dies schnell zum Aufschwingen und zum Bruch führen.59

Durch "brutales Abfangen" kann ein Flugzeug, insbesondere ein Verkehrsflugzeug ohne Protections beziehungsweise bei ausgefallenen Protections, dazu gebracht werden, daß es die "Ohren anlegt".60 61

Im Rahmen eines Versuchs im A330/A340 Simulator an der Technischen Universi-tät Berlin wurden das Querruder und das Seitenruder in die entgegengesetzte Richtung maximal ausgeschlagen. Da die Wirkung des Querruders größer als die Wirkung des Seitenruders ist, neigt sich das Flugzeug in Richtung des Querruder-steuerbefehls. Wenn kurz vor Erreichen des maximalen Bank Angle von 67° der Steuerbefehl des Seitenruders schlagartig in die gleiche Richtung des Querruder-steuerausschlags geändert wird, überschießt das Flugzeug den Grenzwert von 67°. Bei dem Simulatortest im Normal Law wurde so der maximale Bank Angle von 67° überschritten, und das Flugzeug verlor dieses Steuergesetz und flog im Alternate Law ohne Bank Angle Protection weiter. Durch Reinitialisieren (reset) der PRIM-Computer im Flug konnte das Normal Law wieder hergestellt werden.

Eine weitere Gefahr geht von der beschriebenen Selbstdegradierung der Protecti-ons aus: Wenn es einem Piloten im Normal Law gelingt, durch extreme Manöver die Flight Envelope Protections zu überschreiten, degradieren diese sich selbst.

56 Brockhaus, Rudolf: Flugregelung, Berlin, Heidelberg, 1994, S. 359 57 Brockhaus, Rudolf: Flugregelung, Berlin, Heidelberg, 1994, S. 534 58 vgl. Kapitel 7.3.6 Steuerbefehl für Geschwindigkeitsänderung59 Persönliches Gespräch mit Herrn Hans-Gerd Gisseler, EADS Airbus Hamburg, Abt. EDC am 1.12.2000 60 Kassera, Winfried: Flug ohne Motor, 11. Auflage, Stuttgart, 1991, S. 34 61 vgl. Kapitel 6.3 Neuer Lösungsansatz für bestimmte Bauteile

3 STAND DER TECHNIK BEI AIRBUS

Page 44: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 32 TEIL I: SITUATIONSANALYSE UND PROBLEMANALYSE

Die zwei kleinen grünen Striche62 der Endmarkierung des Bank Angle-Bereiches werden nach Überschreiten zu einem roten Kreuz, was die Steuergesetzdegradie-rung anzeigt.

Diese "Selbstdegradierung" der Steuergesetze ist insofern interessant, als in die-ser Arbeit eine Anzeige für den Failure Case, also den Ausfall der Protections, entwickelt wird.

3.1.6 TURBULENCE DAMPING FUNCTION

Die Abminderung von Böenlasten (Gust Load Allevation) ist besonders für Flüge mit einer Reiseflughöhe unterhalb der Tropopause, also im Bereich des Wetterge-schehens, wichtig. Da die Tropopausenhöhe zum Äquator hin auf 14 km ansteigt, können Passagierflugzeuge dieses Höhenband nur teilweise überfliegen. Im Be-reich des Äquators ist auch in der Reiseflughöhe noch mit tropischen Gewitteraus-läufern der Innertropischen Konvergenzzone zu rechnen; in anderen Gebieten tre-ten Böen in Form von Clear Air Turbulence auf.

Die aus Böen resultierenden Beschleunigungen des Flugzeugs mindern nicht nur den Flugkomfort der Passagiere erheblich, sondern die dabei auftretende dynami-sche Belastung der Flugzeugzelle reduziert deren Lebensdauer. Dies kann durch konstruktive oder regelungstechnische Maßnahmen aufgefangen werden. Rege-lungstechnische Maßnahmen erlauben oft eine Reduktion des Strukturgewichts. Da die elastischen Freiheitsgrade des Flugzeugs meist nur schwach gedämpft sind, werden sie in Turbulenzen leicht angeregt. Strukturschwingungen sind bei großen, flexiblen Flugzeugen besonders stark ausgeprägt.63 Die Dämpfung von Strukturschwingungen erfolgt durch erweiterte Regler, verschiedene Beschleuni-gungsmesser im Schwerpunkt und im Flügel und entsprechende Steuerklappen. Dabei werden die durch Böenlasten erzeugten Spitzenlasten am Flügel ausgere-gelt und damit gleichzeitig das Flügelwurzelmoment reduziert; das heißt aber nicht, daß alle Bauteile an einem Flügel durch die Belastung von Böen dimensio-niert werden. Ganz im Gegenteil gibt es im Flügel einige Teile, die durch Manöver-lasten dimensioniert sind.

Die PRIMs berechnen einen Steuerbefehl zur Abminderung der Böenlasten, der auf den Steuerbefehl des Normal Law für die Höhenruder und die Gierdämpfer addiert wird.

Airbus nennt diese Funktion der Abminderung der Böenlasten Turbulence Dam-ping Function. Diese Funktion ist nur aktiv, wenn sich das Flugzeug im Flug befin-det, die Geschwindigkeit über 200 Knoten liegt und der Autopilot oder das Normal Law aktiv sind.64

62 vgl. Abbildung 12: Informationen im PFD über den Status des Flight Control Law63 Brockhaus, Rudolf: Flugregelung, Berlin, Heidelberg, 1994, S. 525 64 Airbus (Hrsg.): FCOM A340, Vol. 1, Chap. 1.27.20, REV 7, P. 9

3 STAND DER TECHNIK BEI AIRBUS

Page 45: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

TEIL I: SITUATIONSANALYSE UND PROBLEMANALYSE SEITE 33

3.1.7 MANEUVER LOAD ALLEVATION

Die Abminderung statischer und dynamischer Manöverlasten (Maneuver65 Load Allevation - MLA) reduziert den Auftrieb über dem Flügel, um diesen von hohen strukturellen Lasten am äußeren Flügel zu befreien. Die MLA benutzt bei der A330/340 als Steuerklappen die äußeren 3 Spoiler (Spoiler 4, 5, 6) und die Quer-ruder und wird aktiv, wenn der Side Stick weniger als 8° gezogen wird und die Be-schleunigung (Load Factor) größer als 2 g ist. Dabei werden die Querruder und die Spoiler im Gegensatz zum normalen (Kurven-)Flug symmetrisch nach oben aus-geschlagen. Zeitgleich wird das Höhenruder ausgeschlagen, um das Nickmoment zu kompensieren, das durch den Ausschlag der Querruder und Spoiler erzeugt wird.

Die Maneuver Load Allevation wird nur aktiv, wenn die Geschwindigkeit über 250 Knoten liegt und die Klappen eingefahren sind und mindestens das Alternate Law gilt.

In der folgenden Abbildung 15 ist die Abminderung der Belastung über der Spann-weite eines Airbus A320 dargestellt. Diese Abminderung der Lasten wird bei diesem Flugzeugtyp durch den Klappenausschlag der Querruder und der äußeren beiden parallelen Spoiler erreicht.

Quelle: Hopkins, Harry: The state of the art, erschienen in: Flight International, 12 December 1987, P. 25.

Abbildung 15: Abminderung von Manöverlasten am Beispiel der A320

3 STAND DER TECHNIK BEI AIRBUS

65 Brockhaus schreibt "Manœuvre": Brockhaus, Rudolf: Flugregelung, Berlin, Heidelberg, 1994, S. 525

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SEITE 34 TEIL I: SITUATIONSANALYSE UND PROBLEMANALYSE

3.2 NEUIGKEITEN IN DER ANZEIGETECHNOLOGIE DES AIRBUS A380 Airbuspiloten werden sich im A380-Cockpit schnell zurecht finden. Im Cockpit des neuen Megaliners bleibt Airbus seiner Ende der achtziger Jahre mit der A320 ein-geführten Designphilosophie treu. Das Cross Crew Qualification Principle, das Pi-loten eines Airbustyps ermöglicht, in relativ kurzer Zeit sich durch zusätzliches Training für ein anderes Airbusmodell zu qualifizieren, und das Fly-by-Wire-System sind die wichtigsten Indizien für die hohe Ähnlichkeit des neuen Cockpits.

Es gibt jedoch einige Merkmale im neuen Cockpit, die die Steuerung des Megali-ners für die Crew einfacher und leichter machen. Durch neue heute verfügbare Technologien werden zahlreiche Verbesserungen an den Cockpitsystemen zum Einsatz kommen.

Die auffälligste Änderung des A380-Cockpits im Gegensatz zum A330/A340-Cockpit betrifft die Größe, die Anzahl und die Technologie der Bildschirme. Anstel-le von sechs quadratischen Röhrenbildschirmen, wie bei heutigen Airbus Flugzeu-gen, verfügt das Flugdeck der A380 über insgesamt acht rechteckige Flüssigkri-stallbildschirme, die 15 cm breit und 20 cm hoch sind.

Die großen LCD-Bildschirme im Cockpit können interaktiv bedient werden. Dazu hat jeder Pilot auf der Mittelkonsole ein Zeige- und Eingabegerät, mit dem die Bild-schirme menügesteuert geändert werden können. Diese sogenannten Cursor Control Device, eine Art Computermaus, ermöglichen dem Piloten eine größere Übersicht und einen direkten Zugriff auf die Bildschirme. Für die alphanumerische Eingabe von Daten für zum Beispiel Funk- und Navigationssysteme stehen den Piloten jeweils zwei Eingabetastaturen zur Verfügung. Je ein kleines Keyboard ist in der Mittelkonsole neben jedem Piloten eingebaut und jeweils ein größeres im Falttisch der Instrumentenkonsole. Die neuen Dateneingabegeräte sind in der fol-genden Abbildung 16 und die vorläufige Gestaltung des Cockpits ist in der Abbildung 17 dargestellt.

Quelle: A3XX - Das Cockpit des 21. Jahrhunderts, erschienen in: Aerospace, Magazin der Daim-lerChrysler Aerospace AG, München, Ausgabe 1/2000, S. 18

Abbildung 16: Dateneingabe im Cockpit des Airbus A380

3 STAND DER TECHNIK BEI AIRBUS

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TEIL I: SITUATIONSANALYSE UND PROBLEMANALYSE SEITE 35

Die in heutigen Airbusglascockpits66 üblichen drei MCDUs67, die für die Bedienung des FMS nötig sind, fallen weg. Die MCDUs werden auf den äußeren beiden der mittleren drei nebeneinander liegenden Bildschirme auf der Mittelkonsole optisch aufbereitet. Die Daten der MCDUs werden über die schon beschriebenen Tastatu-ren im Falttisch oder in der Mittelkonsole eingegeben.

Andere neue Aspekte des A380-Cockpits sind die vertikale Darstellung des Flug-weges auf dem unteren Teil des Navigation Displays (ND), das sichere Flughöhen grafisch dokumentiert, wobei die Darstellung mit den Konturen des überflogenen Geländes, die von einer Datenbank geliefert werden, unterlegt wird. Neue Anzei-gen sind außerdem eine computergenerierte Rollwegführung, eine präzisierte Triebwerksparameteranzeige und zusätzliche Überwachungsgeräte, unter ande-rem für die Startbeschleunigung.

Die Piloten können über ein Onlinehilfesystem zusätzliche Hilfe bei Fragen zur Funktionsweise des Systems anfordern, wobei die Antworten dann auf den Bild-schirmen angezeigt werden. Diese elektronische Hilfe verringert den Umfang an gedruckter Dokumentation, die an Bord mitgeführt werden muß. Für den Airbus A380 wird ein Onbord-Informationssystem entwickelt, das sowohl Datenbanken beinhaltet als auch Software vom Betreiber. 68 69

Quelle: Der Gigant rollt an den Start, erschienen in: Flug Revue, Stuttgart, Ausgabe Juli 2000, S. 25

Abbildung 17: Cockpit des Airbus A380

66 vgl. "Glascockpit" im Glossar 67 in der A320-Familie sind es 2 MCDUs 68 Hess, Christopher: Kommandobrücke - Das Cockpit des Airbus A3XX, erschienen in: Flug Revue, Ausgabe

März 2000, S. 78-83 69 Daniel, Jean-Pierre: A3XX - Das Cockpit des 21. Jahrhunderts, erschienen in: Aerospace, Magazin der

DaimlerChrysler Aerospace AG, München, Ausgabe 1/2000, S. 18

3 STAND DER TECHNIK BEI AIRBUS

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SEITE 36 TEIL I: SITUATIONSANALYSE UND PROBLEMANALYSE

4 VERBUNDVORHABEN "DYNAMIK DES FLEXIBLEN FLUG-ZEUGES"

In dem Forschungsverbundvorhaben "Dynamik des flexiblen Flugzeuges" des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) wurde vom Institut für Luft- und Raumfahrt, Fachgebiet Flugmechanik und Flugregelung, der Techni-schen Universität Berlin (Arbeitspaket 5: Flugeigenschaften sehr großer, elasti-scher Flugzeuge) und vom Institut für Flugmechanik und Flugregelung der Univer-sität Stuttgart (Arbeitspaket 6: Flugmechanische und aeroelastische Modellbildung und Regelung von Verkehrsflugzeugen) untersucht, welche Auswirkungen die Ela-stizität großer Verkehrsflugzeuge auf die Flugmechanik und damit auf die Ausle-gung des Flugregelungssystems hat.

Es sollten grundlegende Untersuchungen zu Flugeigenschaften und Steuerbarkeit sehr großer, flexibler Transportflugzeuge durchgeführt werden.

Während für derzeitige Flugzeugtypen die Flugmechanik und Aeroelastizität noch als entkoppelt angesehen werden, kann diese Annahme für zukünftige Megaliner nicht mehr getroffen werden. Die niedrigsten Eigenfrequenzen der aeroelastischen Schwingungsformen überschneiden sich mit der Frequenz der Anstellwinkel-schwingung. Es muß also ein Reglerentwurf für ein gekoppeltes Reglermodell vor-genommen werden.

Im Vordergrund stehen dabei die Entwicklung eines gekoppelten Entwurfsmodells Flugmechanik/Aeroelastik und die Auslegung eines integrierten Flugregelungssy-stems. Zielsetzung dieses integrierten Flugregelungssystems ist es, die ge-wünschten Flugeigenschaften des Flugzeuges sicherzustellen und gleichzeitig eine aktive Dämpfung der aeroelastischen Schwingungen zu erreichen. Somit können die Strukturbelastungen begrenzt und der Passagierkomfort erhöht wer-den.

Ausgehend von dem integrierten Flugmechanik- und Aeroelastikmodell wird ver-sucht, ein leistungsfähiges Flugregelungssystem auszulegen.

Ziele des Reglerentwurfs sind die Verbesserung der Flugdynamik, die Senkung der Vibrationsbelastung im Hinblick auf Passagierkomfort und Materialermüdung, die Robustheit des Reglers bezüglich Änderungen des Lastzustandes, des Ar-beitspunktes sowie der Stellglied- und Meßfühlerdynamik und einfache Implemen-tierbarkeit und Zertifizierbarkeit.

Bei der Vorbereitung des Reglerentwurfs stellt sich zunächst die Frage, welche Meßgrößen über den Regler zurückgeführt werden können. Informationen über die elastische Verformung des Flugzeugs können durch Beschleunigungsmessun-gen an verschiedenen Punkten der Struktur gewonnen werden.

Nach der Auswahl der Meßgrößen können aus dem komplexen Flugmechanik- und Aeroelastikmodell (~ 100 Zustände) einfachere Reglerentwurfsmodelle (~20 - 30 Zustände) abgeleitet werden.

4 VERBUNDVORHABEN "DYNAMIK DES FLEXIBLEN FLUGZEUGES"

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TEIL I: SITUATIONSANALYSE UND PROBLEMANALYSE SEITE 37

Anhand des Reglerentwurfsmodells kann nun der Reglerentwurf erfolgen. Dabei werden zum einen die klassischen Reglerentwurfsverfahren und zum andern mo-derne Mehrgrößenreglungsverfahren eingesetzt. Der Vorteil der klassischen Ver-fahren liegt in der klaren, einfachen Struktur des resultierenden Reglers, mit den Mehrgrößenverfahren lassen sich dagegen bessere Leistung und Robustheit er-zielen.

Der mit dem Reglerentwurfsmodell ausgelegte Regler wird am komplexen Ge-samtmodell getestet und durch Simulationen validiert.

Im Rahmen des Verbundvorhabens "Dynamik des flexiblen Flugzeugs" wurde an der Universität Stuttgart ein digitalisierter Flug- und Aeroelastikregler für ein gro-ßes Verkehrsflugzeug entworfen und im Flugsimulator der TU Berlin in bemannter Echtzeitsimulation getestet.

Die am Simulator vorhandenen Simulationsmodelle einer A330, A340-200 und A340-300 waren für die vorgesehenen Untersuchungen nicht geeignet, da sie auf der Betrachtung eines quasi-starren Flugzeugs beruhen. So wurde an der TU Ber-lin mit Unterstützung der Industrie ein elastisches echtzeitfähiges flugmechani-sches Modell, das sogenannte Loads-Modell, für den Airbus A340-300 entwickelt. Dieses Softwaremodell wurde in die Echtzeitsimulationsumgebung SIMex70 des Airbus A330/340 Full Flight Simulators71 implementiert. Dieses Modell läßt sich allerdings nur in dem degradierten Control Law des Direct Law fliegen.

Selbst das Direct Law ist noch um die Funktion des Gierdämpfers reduziert (Re-duced Direct Law).

Die anfänglichen Unterschiede der Stuttgarter und Berliner Modelle konnten im Zuge der Modellweiterentwicklung erheblich reduziert werden. Außerdem wurde ein Modellvergleich mit Flugversuchsdaten des A340-300 durchgeführt. Die Er-gebnisse der Modellvergleiche kann man in Folge der großen Übereinstimmung der Daten als gut bezeichnen, das Ergebnis des Vergleichs mit den Flugversuchs-daten sogar als "sehr gut". 72 73

Die EADS Airbus GmbH (früher: DaimlerChrysler Aerospace AG, DASA) in Bre-men und Hamburg beteiligte sich mit ihrem Industrievorhaben "Flexible Aircraft" an dem Verbundvorhaben "Dynamik des flexiblen Flugzeuges". Neben der Unterstüt-zung in Form von Informations- und Erfahrungsaustausch zur Modellierung wur-den Daten für das Loads-Modell bereitgestellt.

70 vgl. Kapitel 5.4.1 Simulationsverwaltungsprogramm SIMex-Plus71 vgl. Kapitel 5.1 Airbus A330/A340 Full Flight Simulator72 vgl. Institut für Flugmechanik und Flugregelung (IFR) der Universität Stuttgart: http://www.ifr.uni-stuttgart.de

/Research/aer-de.html 73 vgl. Wilhelm, Knut: Abschlußbericht Verbundvorhaben "Dynamik des flexiblen Flugzeugs", AP 5: Flugeigen-

schaften sehr großer, elastischer Flugzeuge, TU Berlin, 1999

4 VERBUNDVORHABEN "DYNAMIK DES FLEXIBLEN FLUGZEUGES"

Page 50: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 38 TEIL I: SITUATIONSANALYSE UND PROBLEMANALYSE

5 SIMULATIONSUMGEBUNG FÜR DIE EXPERIMENTE

5.1 AIRBUS A330/A340 FULL FLIGHT SIMULATOR 1993 wurde das Zentrum für Flugsimulation Berlin GmbH (ZFB) mit den Anteilsei-gnern74 Lufthansa Flight Training Berlin (LFT Berlin) (50 %), Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) (16,66 %), Deutsche Aerospace Airbus GmbH, jetzt European Aeronautic Defence and Space Company N.V. Airbus GmbH (EADS Airbus GmbH) (16,66 %) und der Herstellerfirma Firma Canadian Aviation Elec-tronics (CAE) (16,66 %) aus Montreal, gegründet. Finanziell unterstützt wurde das Projekt sowohl durch die Bundesregierung und den Berliner Senat, vor allem aber durch die Deutsche Lufthansa AG, die sich vertraglich gebunden hat, einen gro-ßen Anteil von Simulatorstunden abzunehmen. In der folgenden Abbildung 18 ist das Cockpit des Simulators dargestellt.

Quelle: Zentrum für Flugsimulation Berlin GmbH

Abbildung 18: A330/A340 Simulator für Training und Forschung an der TU Berlin

5 SIMULATIONSUMGEBUNG FÜR DIE EXPERIMENTE

74 Stand Dezember 2000

Page 51: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

TEIL I: SITUATIONSANALYSE UND PROBLEMANALYSE SEITE 39

Das ZFB betreibt einen eigenen Airbussimulator, einen sogenannten Full Flight Simulator (FFS), der vom Luftfahrt-Bundesamt (LBA), der englischen Civil Aviation Authority, United Kingdom (CAA UK) und dem französischen Departement Gene-ral de l’Aviation Civile (DGAC) zertifiziert ist. Diese Zertifizierungen entsprechen dem Zertifizierungsgrad Level D der amerikanischen Federal Aviation Administra-tion (FAA), das heißt, der FFS hat 6 Freiheitsgrade, 3 rotatorische und 3 translato-rische. Im Laufe der Zeit wuchs der Bedarf an Simulatoren, und so entschloß sich das ZFB, den Simulator der Version A340 um die Version Airbus A330 zu erwei-tern.

Der Simulator kann in den Versionen A340-200 und -300 mit den Triebwerken CFM56 und der Version A330-300 mit den Triebwerken PW 4168 oder GE CF6-80E1 betrieben werden.

Da sich das Cockpit des A330 und A340 nur in wenigen Bedienelementen im Overheadpanel und im Center Pedestal unterscheidet, ist der Umbau von einem auf ein anderes Modell dank einer Quick-Change-Vorrichtung in rund 20 Minuten inklusive des Ladens der neuen Software zu realisieren. Im Cockpit müssen hier-für die Schubhebel und Teile des Overheadpanel ausgetauscht werden. Weiterhin ist der Austausch diverser Avionikkomponenten, wie z.B. der Flight Management Guidance and Envelope Computer (FMGEC), erforderlich. Nach erfolgtem Umbau wird die typenspezifische Simulationssoftware geladen. Sie ist für beide Flugzeug-typen getrennt vorhanden und vom LBA abgenommen.

5.2 EXPERIMENTALUMGEBUNG: SCIENTIFIC RESEARCH FACILITY Bei dem Simulator handelt es sich um den weltweit ersten kommerziellen Flugsi-mulator mit einer speziellen Forschungserweiterung, der sogenannten Scientific Research Facility (SRF). Die Idee dabei ist, daß der Simulator mit verschiedenen Computern betrieben werden kann, entweder vom Trainings- oder von einem der Forschungscomputer. Die spezielle Konstruktion dieses Simulators macht es mög-lich, für Forschung und Training unterschiedliche Host-rechner zu benutzen. Über ein komplexes Interfacesystem kann zwischen diesen Host-rechnern (Training und Research) umgeschaltet werden.

Auf dem Trainingscomputer liegt die Originalsoftware für den Trainingsbetrieb der Luftverkehrsgesellschaften, und auf den Forschungscomputern können neue Mo-dule in vorhandene Simulatorprogramme eingefügt oder die bestehenden Pro-gramme geändert werden. In der folgenden Abbildung 19 werden vereinfacht die wichtigsten Komponenten des Simulators dargestellt.

5 SIMULATIONSUMGEBUNG FÜR DIE EXPERIMENTE

Page 52: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 40 TEIL I: SITUATIONSANALYSE UND PROBLEMANALYSE

Forschungs-computer

(SP2)

Forschungs-computer

(SRF)

Trainings-computer

A330/340 Full-Flight-Simulator

Cockpit mit Sicht- und Bewegungssystem

Quelle: Eigene Darstellung

Abbildung 19: Vereinfachte Darstellung der A330/A340 Simulatornutzung

Die SRF bildet die vorhandene Original-Flugzeugavionik (FMS, Autopilot, EFIS) softwaremäßig nach. Hierdurch ist es möglich, Veränderungen an diesen Syste-men ohne Hardwaremodifikationen durchzuführen. So kann intensive Entwick-lungsarbeit in den Bereichen Flight Management, Bildschirmentwicklung und Flug-leistungen/ Flugeigenschaften geleistet werden.

Durch die softwaremäßige Nachbildung ist auch ein sogenannter "Stand-alone" Betrieb der SRF (ohne Cockpit) bei gleichzeitigem Trainingsbetrieb möglich. Für weiterführende Versuche kann die SRF auch mit Cockpit betrieben werden. Modi-fikationen an der Softwareavionik, die, wie bereits erwähnt, Zielstellung vieler For-schungsprojekte sind, können so unter annähernd realistischen Bedingungen ein-gehend getestet werden.75

Die wesentlichen Ausstattungsmerkmale der SRF beschreibt Lehmann in seiner Arbeit ausführlich.

An der SRF ist es derzeit nicht mehr möglich, den Typ A340 zu simulieren, da in den letzten Jahren der komplette Forschungsbetrieb schrittweise vom Typ A340 auf den (neueren) Typ A330 umgestellt wurde.

75 vgl. Lehmann, Oliver: Erweiterung eines Airbus Navigation Displays zur Integration bordgestützter Kollisi-

onsrisikomodelle, Diplomarbeit, TU Berlin, 2000

5 SIMULATIONSUMGEBUNG FÜR DIE EXPERIMENTE

Page 53: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

TEIL I: SITUATIONSANALYSE UND PROBLEMANALYSE SEITE 41

In der folgenden Abbildung 20 kann man sehen, daß während des laufenden Trai-ningsbetriebes des Simulators der Forschungscomputer (RESEARCH, CAB.S2) auch alleine im sogenannten Stand-alone-modus betrieben werden kann. Dies ermöglicht Forschern ihre Programme am Forschungscomputer, also an der SRF, zu entwickeln und zu testen. Falls Tests im Simulatorcockpit notwendig sind, kön-nen Tests optimal vorbereitet und die teure Cockpitzeit minimiert werden.

Neben dem Trainingsmodus und dem SRF Stand-alone-modus sind die folgenden Anwendungen an der SRF möglich:

Audioaufzeichnung (6 Kanäle) •

Videoaufzeichnung (im Cockpit mit 3 Kameras)

Datenaufzeichnung (bis zu 60.000 Parameter mit 60 Hz)

Anhand der Farbcodierung am rechten Rand der Abbildung 20 (folgende Seite) können die drei verschiedenen Komponenten (ZFB-Simulator, SRF, Extern Con-nections) unterschieden werden. In den unteren Ecken dieser Abbildung sind die schon angesprochenen Computer dargestellt, links unten der Trainingscomputer (TRAINING, CAB.S1) und rechts unten der Forschungscomputer.

5 SIMULATIONSUMGEBUNG FÜR DIE EXPERIMENTE

Page 54: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 42 TEIL I: SITUATIONSANALYSE UND PROBLEMANALYSE

Quelle: Schubert, Ekkehart: Analyse und Darstellung des bordseitigen Flugführungsregelkreises am Beispiel des Airbus A340 Flight Management Guidance and Envelope Systems, sowie des elektronischen Flugsteuerungssystems, Studienarbeit, TU Berlin, 2000

Abbildung 20: A330/A340 Full Flight Simulator Block Diagram

5 SIMULATIONSUMGEBUNG FÜR DIE EXPERIMENTE

Page 55: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

TEIL I: SITUATIONSANALYSE UND PROBLEMANALYSE SEITE 43

5.3 EXPERIMENTALUMGEBUNG: SIMULATIONSRECHNER SP2 Der Simulationsrechner SP276 ist ein RS6000/SP2 der Firma IBM und ein Nach-folgemodell des SRF Host-rechners, einem Modell 7013-580. Mit diesem Rechner kann, genauso wie mit dem Host-rechner der SRF, A330/340 Simulation betrieben werden. Auf der SP2 läuft das Loads-Modell77 von Airbus, das den elastischen Megaliner simuliert.

Die SP2 steht nicht im Simulatorraum des ZFB, sondern in den Räumen des Fachgebiets Flugmechanik und Flugregelung, und ist über eine TCP/IP-Verbindung mit dem A330/340-Simulator verbunden.

5.4 SIMULATIONSUMGEBUNG Für effektives Arbeiten ist es unumgänglich, die zum Simulationsprozeß notwendi-gen Programme und Daten zu organisieren und zu verwalten. Dafür stehen an der SRF und an der SP2 diverse Hilfsprogramme zur Verfügung.

5.4.1 SIMULATIONSVERWALTUNGSPROGRAMM SIMEX-PLUS

Der Hersteller des A330/A340 FSS benutzt für den Ablauf und die Verwaltung der Simulation das eigens dafür entwickelte Simulations Management Utility SIMex-Plus, ein Aufsatz für das IBM Betriebssystem AIX (Advanced Interactive Executive Operating System). SIMex stellt Kapazitäten zur Verfügung, die unter anderem folgende wichtige Funktionalitäten beinhalten:

Verwaltung und Revisionskontrolle von Quelltexten und dazugehörigen Object-files für unterschiedliche Programmiersprachen

Dispatcher für synchrone und asynchrone Simulationsprozesse

Verknüpfung von Programmodulen zu einem ausführbaren Programm

globaler Datenaustausch zwischen allen Programmen ist über eine Common Data Base (CDB) möglich

Verwaltung von Zusatzeinrichtungen, z.B. dem grafischen Subsystem mit sei-nen Anzeigeelementen

Die Verwaltung der zur Simulation gehörenden Daten und Programme geschieht in sogenannten Konfigurationen. SIMex-Plus kann dabei beliebig viele, nur durch die Festplattenkapazität beschränkte, Konfigurationen verwalten. So werden den einzelnen Forschungsprojekten unterschiedliche Konfigurationen zugewiesen. Je-

76 Die zeigt, wie die SP2 prinzipiell in

den Simulator eingebunden ist. Abbildung 19: Vereinfachte Darstellung der A330/A340 Simulatornutzung

77 vgl. Kapitel 4 Verbundvorhaben "Dynamik des flexiblen Flugzeuges"

5 SIMULATIONSUMGEBUNG FÜR DIE EXPERIMENTE

Page 56: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 44 TEIL I: SITUATIONSANALYSE UND PROBLEMANALYSE

des Forschungsprojekt kann beliebige Änderungen an der eigenen Konfiguration vornehmen, ohne andere zu beeinflussen.

Basis jeder Forschungskonfiguration ist dabei die aktuelle, vom LBA abgenomme-ne Trainingskonfiguration. Diese Trainingskonfiguration wird vom Simulatorherstel-ler CAE und vom Betreuungsteam des ZFB ständig gewartet und den Modifikatio-nen des realen Luftfahrzeuges angepaßt. Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit, in bestimmten Zeitabständen die Forschungskonfigurationen mit der aktuellen Trai-ningskonfiguration abzugleichen.

Für die Bearbeitung, Erstellung und Ausführung der einzelnen Konfigurationen und ihrer Elemente stellt SIMex-Plus diverse Befehle zur Verfügung. Diese Befehle sind ausführlich bei Lehmann erläutert.

5.4.2 GEMEINSAM NUTZBARER SPEICHERBEREICH COMMON DATA BASE

Die Common Data Base (CDB) ist ein auf dem Host-Rechner reservierter Spei-cherbereich, bestehend aus mehreren Segmenten, auf den sämtliche, in der Si-mulation vorhandene Programme zugreifen können. Ein Datenaustausch ist somit leicht möglich. Dort benutzte Variablen werden als Label bezeichnet. Ein Label muß vor Benutzung innerhalb der CDB mit Typ und Namen definiert sein. Diese Definition geschieht durch Anfügen der entsprechenden Parameter an das Ende des jeweiligen Segmentes der CDB. Anschließend ist es notwendig, sämtliche Programme, die auf diese CDB zugreifen, neu zu kompilieren. Dieser Vorgang wird als "CDB Update" bezeichnet und erfordert mehrere Stunden Rechenzeit.

Aus diesem Grund existieren in einem besonderen Segment der CDB sogenannte "CDB Spare Label", welche als Platzhalter dienen. Diese Label können frei defi-niert werden, ohne daß ein CDB Update notwendig wird. Die so eingefügten Label unterliegen keinen funktionalen Einschränkungen gegenüber echten CDB Label. Als Nachteil stellte sich heraus, daß ein einmal definiertes Spare Label nicht mehr in seinem Typ oder Format geändert werden kann.

Die Definition der CDB Spare Label geschieht mit einem von CAE bereitgestellten Hilfsmittel, dem Common Data Base Spare Label Utility, kurz CDBS genannt. Es stehen die klassischen Typen (integer, real, logical usw.) zur Verfügung. Über ei-nen speziellen Pre-compiler für die jeweilige Programmiersprache (für C ist der Pre-compiler CPC zu verwenden) können diese Label als externe Strukturen in den Quelltext des jeweiligen Programmes eingefügt werden. Der Zugriff innerhalb der einzelnen Programme erfolgt dann ausschließlich und direkt über den vorher definierten Namen. Es ergeben sich keine Unterschiede in der Benutzung der CDB Label im Vergleich zu lokalen Variablen.78

78 vgl. Lehmann, Oliver: Erweiterung eines Airbus Navigation Displays zur Integration bordgestützter Kollisi-

onsrisikomodelle, Diplomarbeit, TU Berlin, 2000, S. 73

5 SIMULATIONSUMGEBUNG FÜR DIE EXPERIMENTE

Page 57: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

TEIL I: SITUATIONSANALYSE UND PROBLEMANALYSE SEITE 45

5.4.3 ECHTZEITMONITORPROGRAMM CTS-PLUS

Hierbei handelt es sich um einen Realtime Speichermonitor, der von CAE zur Ver-fügung gestellt wird. Mit CTS-Plus (kurz CTS) ist es möglich, bei laufender Simula-tion CDB Label und lokale Variablen beliebiger Programmodule anzuzeigen und zu verändern. Das Verändern beschränkt sich dabei nicht auf einfache Zuweisun-gen, es können mit diversen Befehlen (ähnlich einer Programmiersprache) Varia-blen dynamisch beeinflußt werden.

Weiter existieren Befehle zur Datenaufzeichnung, um bestimmte Ergebnisse der Simulation dokumentieren zu können und für eine spätere Auswertung bereitzu-stellen. Ferner besteht die wichtige Möglichkeit, einzelne Programmteile der Simu-lation unabhängig von anderen anzuhalten (freeze). Ohne dieses Hilfsmittel wäre eine effektive Programmentwicklung innerhalb dieser komplexen Simulationsum-gebung nicht möglich.

Eine weitere wichtige Funktion von CTS besteht in der Möglichkeit des Abarbei-tens von Scriptfiles. Diese Scriptfiles sind normale ASCII-Files mit der Dateierwei-terung .cts. Ausgeführt werden sie durch Eingabe von @file-name an der CTS-Eingabeaufforderung. Dieses Verfahren erleichtert die Eingabe umfangreicher Va-riablenlisten, wie sie nach dem Start der Simulation oft notwendig sind. Hierzu zählen sowohl die projektspezifische Initialisierung der flugzeugspezifischen Pa-rameter Gross Weight, Fuel, Position usw., als auch das Setzen sogenannter Flags (logischer Variablen), welche die Abarbeitung bestimmter Programmberei-che beeinflussen beziehungsweise bestimmte Funktionalitäten sicherstellen.79

5.4.4 PROGRAMMIERSPRACHEN

Innerhalb der Simulationsumgebung des A330/A340 FFS werden die Program-miersprachen C und FORTRAN unterstützt. Es stehen dafür spezielle Compiler zur Verfügung, um den Besonderheiten des A330/A340 FFS Rechnung zu tragen. Der in dieser Arbeit neu geschaffene Programmcode ist ausschließlich in C pro-grammiert. Die Datei a340pfds.c, welche die Symbolik Spannungs- und Verfor-mungsparameter und auch die Steuerbefehle im PFD steuert und generiert, wird zusätzlich mit einem speziellen, von CAE entwickelten Grafikcompiler kompiliert. Im einzelnen wurden folgende Compiler benutzt:

cpc C - Pre-compiler

c4l C - Compiler

sgac Special Graphic Application Compiler

79 vgl. Lehmann, Oliver: Erweiterung eines Airbus Navigation Displays zur Integration bordgestützter Kollisi-

onsrisikomodelle, Diplomarbeit, TU Berlin, 2000, S. 74

5 SIMULATIONSUMGEBUNG FÜR DIE EXPERIMENTE

Page 58: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 46 TEIL I: SITUATIONSANALYSE UND PROBLEMANALYSE

5.5 ENTWICKLUNGSSYSTEM TIGERS Bei dem Entwicklungssystem TIGERS handelt es sich um ein sehr komplexes Softwaresystem zur Entwicklung von Anzeigeelementen für Echtzeitbedingungen. Mit diesem System ist es möglich, eigene Anzeigekonfigurationen in den Simulati-onsprozeß einzubinden und im Cockpit zu testen. Ein großer Vorteil besteht in der Möglichkeit, auch ohne Cockpit die entsprechenden Anzeigen erproben zu kön-nen.

Zum Erstellen einer eigenen Seite steht ein spezieller Grafikeditor zur Verfügung; außerdem existieren einige spezielle Werkzeuge zum Nachbearbeiten von bereits bestehenden Seiten. Die wichtigsten sollen im folgenden erwähnt werden.

5.5.1 TIGERS GRAFIKEDITOR

Im TIGERS Grafikeditor wird, ähnlich wie in einem Zeichenprogramm, eine Gra-fik entworfen. Diese Grafik ist hierarchisch aufgebaut. Man unterscheidet Primitive Items (z.B. Linien, gefüllte Flächen usw.) und Objekte. Beliebig viele Items können zu Objekten zusammengefaßt werden; Objekte können wiederum mit anderen Objekten kombiniert werden. Sowohl an einzelne Items als auch an Objekte kön-nen gleichzeitig mehrere verschiedene dynamische Ereignisse angebunden wer-den. Dynamische Ereignisse sind z.B. Farbänderungen, Textausgaben, Anzeige-bedingungen, Skalierungen, Verschiebungen, Drehungen usw. Für die Steuerung dieser dynamischen Ereignisse werden Variablen aus der CDB benutzt und aus-gewertet. Die so entstandene Grafik wird im folgenden als Page bezeichnet.

Sollen unterschiedliche Pages auf identische Objekte zugreifen können, müssen diese Objekte in eine externe Library aufgenommen werden. In der jeweiligen Pa-ge ist dann nur noch ein entsprechender Verweis enthalten. 80

5.5.2 TIGERS WINDOWS MANAGER

Die mittels des TIGERS Windows Manager (TWM) entwickelten Pages lassen sich unter der X-Windows Oberfläche anzeigen. Das Besondere dabei ist, daß mehrere Pages gleichzeitig in jeweils eigenen Unterfenstern angezeigt werden können (Abbildung 21). Diese sind frei skalierbar. Für den TWM existieren bereits einige sehr hilfreiche Pages. So sind bereits virtuelle Nachbildungen folgender An-zeigen und Bedienelemente realisiert:

MCDU (Multifunctional Control and Display Unit)

FCU (Flight Control Unit)

80 vgl. Lehmann, Oliver: Erweiterung eines Airbus Navigation Displays zur Integration bordgestützter Kollisi-

onsrisikomodelle, Diplomarbeit, TU Berlin, 2000, S. 76

5 SIMULATIONSUMGEBUNG FÜR DIE EXPERIMENTE

Page 59: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

TEIL I: SITUATIONSANALYSE UND PROBLEMANALYSE SEITE 47

EFIS - Controlpanel •

Thrust Lever

Levers for Flaps and Speed Brakes

vereinfachtes PFD (Primary Flight Display)

stark vereinfachtes ND (Navigation Display)

Quelle: Screenshot an der SRF

Abbildung 21: TWM mit MCDU, PFD, ND, FCU und EFIS - Controlpanel

Im Stand-alone-Betrieb der SRF (ohne Cockpit) ist so eine Bedienung leicht mög-lich. Ohne diese virtuelle Bedienoberfläche müßten entsprechende Parameter der Simulation in der CDB direkt, beispielsweise über CTS, verändert werden.

5 SIMULATIONSUMGEBUNG FÜR DIE EXPERIMENTE

Page 60: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 48 TEIL I: SITUATIONSANALYSE UND PROBLEMANALYSE

5.5.3 KONVERTIERUNGSPROGRAMM B2A

Das Konvertierungsprogramm "b2a" (binary to ASCII) überführt TIGERS Dateien mit den Dateierweiterungen:

.grc (Konfigurationsdatei) •

.g (Page-Datei)

.x (Library-Datei)

in einen ASCII-Quelltext. Komplexe Objektstrukturen können so leichter bearbeitet werden. Auch die exakte Festlegung von beispielsweise Objektgrößen, Farbcodes oder ähnlichem ist hiermit wesentlich leichter möglich als im Grafikeditor.

5.5.4 KONVERTIERUNGSPROGRAMM A2B

Das Konvertierungsprogramm "a2b" (ASCII to binary) bildet das Gegenstück zu "b2a". Um eine Page, Library oder Konfigurationsdatei wieder normal benutzen zu können, wird sie hiermit wieder in das ursprüngliche binäre Format übertragen.

5.6 GRAFISCHES SUBSYSTEM HRGC Neben den originalen Bildschirmen im Cockpit des A330/A340 FFS stehen für ex-perimentelle Versuche spezielle Kathodenstrahlröhren (Cathode Ray Tube =CRT) mit RGB (red green blue)-Ansteuerung zur Verfügung. Diese CRT sind in ihren Abmaßen mit den original Cockpitbildschirmen identisch und werden im Bedarfs-fall direkt anstelle dieser eingebaut. Für die Ansteuerung werden jeweils 2 Grafik-karten im Master/Slave-Modus benutzt. Die RGB-Signale beider Karten werden zusammengeführt und auf je einem CRT abgebildet. Derzeit sind 4 Grafikkarten (High Resolution Graphic Card = HRGC) installiert und ermöglichen somit den gleichzeitigen Betrieb von 2 CRT. Zusätzlich zur Darstellung auf den CRT im Cockpit besteht die Möglichkeit, die RGB-Ausgangssignale des HRGC-Systems auf 2 herkömmlichen Monitoren abzubilden (identische Darstellung). Für die An-zeigenentwicklung im Stand-alone-Betrieb der SRF (ohne Cockpit) ist dieses be-sonders wichtig.

Die Software zur Ansteuerung der CRT wird ebenfalls durch SIMex-Plus verwaltet. Es besteht die Möglichkeit, TIGERS-Pages auf diesen Displays darzustellen. Hier-für ist es notwendig, die bereits erstellten Seiten mit einem vom Simulatorherstel-ler bereitgestellten speziellen Compiler zu kompilieren und anschließend in die Simulation einzubinden. Aus bereits genannten Gründen müssen somit für die Darstellung auf einem CRT je eine Master-Page und eine Slave-Page erstellt und kompiliert werden.

Eine weitere Möglichkeit der grafischen Darstellung mit dem HRGC-System ist das programmgesteuerte Zeichnen von einzelnen grafischen Objekten. Dieses Verfah-

5 SIMULATIONSUMGEBUNG FÜR DIE EXPERIMENTE

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TEIL I: SITUATIONSANALYSE UND PROBLEMANALYSE SEITE 49

ren wird unter anderem bei der Darstellung von Flugplänen benutzt. Beide Verfah-ren können gleichzeitig verwendet werden. So ist es möglich, sowohl das PFD als auch das ND des Airbus A330/A340 mit allen Funktionalitäten nachzubilden.

5.6.1 EINBINDUNG EINER PAGE IN DAS HRGC-SYSTEM

Die fertigen Pages müssen mit dem Programm hrg_cmp kompiliert werden, wobei das Programm hrg_cmp selbst entsprechende Unterprogramme (gplink, gpconv u.s.w.) startet. Zuvor müssen alle zum Kompilieren notwendigen Dateien bereitgestellt werden. Diese Dateien stehen unter der Verwaltung von SIMex-Plus.

In die Dateien a340_master.def und a340_slave.def sind die Pages, sofern nicht bereits vorhanden, entsprechend einzutragen. Hierdurch wird die Position der jeweiligen Page für die weitere Ansteuerung festgelegt. Im weiteren wird eine Page nur noch durch ihre laufende Nummer (Position innerhalb dieser Datei) refe-renziert.81

5.6.2 ANSTEUERUNG DER PAGES

Grundsätzlich ist das Verfahren der Ansteuerung einer Page unabhängig von de-ren Inhalt. Innerhalb dieser Arbeit wird jedoch ausschließlich das PFD behandelt. Alle gemachten Aussagen sind also in diesem Zusammenhang zu bewerten.

Bei der Ansteuerung der Pages muß unterschieden werden zwischen der Beein-flussung einzelner Objekte einer Page einerseits und der grundsätzlichen Auswahl der aktuell angezeigten Page. Wie im vorherigen Kapitel 5.6.1 erwähnt, werden die unterschiedlichen Pages anhand ihrer Position in den Dateien a340_master.def und a340_slave.def referenziert.

Beim Laden der gewählten SIMex-Plus-Konfiguration werden alle vorhandenen Pages als einziges Downloadfile zu den Grafikkarten des HRGC-Systemes über-tragen. Um nun eine Page auf einem CRT anzuzeigen, muß die Referenznummer der jeweiligen Page der entsprechenden Grafikkarte übermittelt werden.

Die zweite Möglichkeit der Ansteuerung einer Page ist die direkte Beeinflussung von dynamischen Objekten durch CDB-Labels. Einfachstes Verfahren ist die so-genannte Display-Condition. Ein grafisches Objekt wird dabei mit einem CDB-Label verknüpft. Dieses CDB-Label wird über Vergleichsoperatoren ausgewertet.82

81 vgl. Lehmann, Oliver: Erweiterung eines Airbus Navigation Displays zur Integration bordgestützter Kollisi-

onsrisikomodelle, Diplomarbeit, TU Berlin, 2000, S. 79 82 vgl. Lehmann, Oliver: Erweiterung eines Airbus Navigation Displays zur Integration bordgestützter Kollisi-

onsrisikomodelle, Diplomarbeit, TU Berlin, 2000, S. 81

5 SIMULATIONSUMGEBUNG FÜR DIE EXPERIMENTE

Page 62: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 50 TEIL I: SITUATIONSANALYSE UND PROBLEMANALYSE

Lehmann beschreibt in seiner Arbeit noch ausführlicher die Einbindung einer Page in das HRGC-System und die verschiedenen Möglichkeiten zur Ansteuerung von diesen Pages.

Die hier beschriebenen Teile der Experimental- und Simulationsumgebung stellen die Grundlage für die Entwicklung von Forschungsarbeiten im Cockpitbereich am Institut für Luft- und Raumfahrt der TU Berlin dar. Diese Experimental- und Simu-lationsumgebung war ebenfalls Voraussetzung für die in dieser Dissertation ent-wickelten Anzeigen und die damit verbundenen Experimente.

5 SIMULATIONSUMGEBUNG FÜR DIE EXPERIMENTE

Page 63: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

TEIL II: REALISIERUNG SEITE 51

TEIL II: REALISIERUNG

6 LÖSUNGSANSATZ Wie bereits in Kapitel 1 erwähnt, unterliegt ein Megaliner infolge seiner Masse und Größe besonders hohen Bauteilbelastungen und kann so sehr schnell in kritische Spannungsbereiche gelangen.

Durch die exakte Kenntnis des Belastungszustandes an den kritischen Stellen ei-nes Bauteils und dessen Anzeige im Failure Case83 der Protections in Form von Spannungs- und Verformungsparametern und den zugehörigen Steuerbefehlen im Cockpit können bestimmte Bauteile, deren kritische Lastfälle die Manöverlastfälle sind, gleichmäßiger ausgelastet werden, mit der Folge, daß dadurch gegebenen-falls schon bei der Auslegung Gewicht eingespart werden kann. Diese Gewichts-reduzierung bedeutet automatisch eine höhere Wirtschaftlichkeit.

Anders ausgedrückt, um eine höhere Wirtschaftlichkeit zu erreichen, müssen die Belastungsgrenzen der Bauteile in bestimmten Fällen mehr als bisher ausge-schöpft werden. Die Sicherheitszuschläge können bei der Dimensionierung des-halb kleiner sein, weil mehr Informationen über den aktuellen Spannungszustand vorliegen. Das setzt aber voraus, daß der Belastungszustand des jeweiligen Bau-teils zu jeder Zeit bekannt ist und im Bedarfsfall rechtzeitig Gegenmaßnahmen eingeleitet werden können, die im Cockpit angezeigt werden. Dieses Verfahren kann allerdings nur auf Bauteile angewendet werden, auf deren dimensionierende Belastung manöverbedingt Einfluß genommen werden kann.

Die Realisierung dieses Ansatzes ist das Ziel der vorliegenden Arbeit.

Es ist vorstellbar, daß dieses Verfahren auch im Zusammenhang mit einer Le-bensdauererhöhung von Flugzeugen zum Einsatz kommen könnte, bei der durch Monitoring der aufgetretenen (geringeren) Lasten an kritischen Bauteilen eine Ver-längerung der Überholintervalle gestattet werden könnte.

6.1 DAS FLEXIBLE FLUGZEUG Im Gegensatz zu den bisherigen Flugzeugen treten durch die hohen Belastungen insbesondere bei Flugzeugen wie der A340-500/-600 und der A380 am Tragflügel und am Seitenleitwerk Verformungen auf, da die Steifigkeit der Flugzeugstruktur mit zunehmender Flugzeuggröße nicht im gleichen Maße erhöht werden kann, wie die angreifenden Kräfte zunehmen.84 Man bezeichnet diese Flugzeuge deshalb als elastische Flugzeuge.

83 siehe Fußnote Seite 4 84 siehe Abschnitt Square-Cube-Law in Kapitel 1

6 LÖSUNGSANSATZ

Page 64: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 52 TEIL II: REALISIERUNG

Die Verformungen können zur Folge haben, daß die Steuerwirkung an den Steuer-flächen der Flügel, wie z.B. Querruder und Landeklappen, wegen des deutlich schlechteren Schwingungsverhaltens geringer wird.

Die folgende Abbildung 22 stellt das unterschiedliche Schwingungsverhalten um die Längsachse nach einem Querruderausschlag bei einem starren und einem flexiblen Flugzeug dar. Die beiden Kurven zeigen die Reaktion zweier Flugzeuge, die die gleiche Masse, die gleichen Abmessungen und die gleichen Massenträg-heitsmomente, aber unterschiedliche Struktursteifigkeiten haben. Die obere Kurve zeigt, daß das starre Flugzeug im Vergleich zu dem flexiblen schneller und direkter auf Ruderausschläge reagiert. Die Ruderwirksamkeit des starren Flugzeugs ist größer.

Quelle: Eigene Darstellung, Grafik aus: Wilhelm, Knut: Flugeigenschaften sehr großer, elastischer Flugzeuge, erschienen in: BMBF und BMWi (Hrsg.): Statusseminar Leitkonzept Megaliner, 9./10.6.1997, TU Hamburg-Harburg, Bonn, 1997, S. 44

0,20

0,15

0,10

0,05

0,000 10 30 4020 50 60

starr

flexibel

Hän

gew

inke

l [ra

d]

Zeit [sec]

Abbildung 22: Hängewinkel85 nach Querrudersprung-Anregung

Auch der Einfluß der Torsionssteifigkeit betrifft die Wirksamkeit von Querrudern und Klappen. Ein Querruderausschlag nach unten bewirkt z.B. gleichzeitig ein un-erwünschtes Torsionsmoment, das anstellwinkelreduzierend wirkt. Bei torsions-weichen Flügeln kann dieser Effekt so stark ausgeprägt sein, daß die Steuerflä-chen ihre Wirkung verlieren und im ungünstigsten Fall kann sogar das Gegenteil des Steuerbefehls auftreten.86

85 Hängewinkel = Bank Angle 86 Wilhelm, Knut: Abschlußbericht Verbundvorhaben "Dynamik des flexiblen Flugzeugs", AP 5: Flugeigen-

schaften sehr großer, elastischer Flugzeuge, TU Berlin, 1999, S. 5

6 LÖSUNGSANSATZ

Page 65: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

TEIL II: REALISIERUNG SEITE 53

6.2 GRUNDSÄTZE DER BAUTEILDIMENSIONIERUNG Ein Bauteil muß einerseits die höchsten auftretenden Belastungen sicher ertragen können (statische Festigkeit) und darf andererseits unter der Einwirkung häufig auftretender Belastung nicht versagen (Ermüdungsfestigkeit).

Für die Dimensionierung eines Bauteils ist es notwendig, sämtliche auf das Bauteil einwirkende Lasten und Belastungen genau zu kennen. Die für die Dimensionie-rung maßgeblichen Lasten treten in der Regel nie oder aber im Extremfall einmal pro Flugzeugleben auf. Man spricht deshalb auch von der sicheren Last (die si-cher(lich) im Betrieb auftreten kann) oder der Limitlast. Bei dieser Last darf kein Versagen und noch keine plastische Verformung auftreten. Die Funktionsfähigkeit des Bauteils beziehungsweise der Komponente muß vollständig erhalten bleiben.

Um die Sicherheit gegen gänzliches Bauteilversagen nochmals zu erhöhen, wer-den die höchsten, zu erwartenden Belastungen (sichere Last) um den Sicherheits-faktor 1,5 erhöht. Diese Belastung führt zur Ultimate-Last. Das Bauteil muß diese Last einmalig für 3 Sekunden ertragen können, ohne daß es komplett versagt.87 Plastische Verformungen sind zulässig und die Funktionsfähigkeit muß anschlie-ßend nicht mehr in vollem Umfang gewährleistet sein.

Durch die Erfüllung dieser beiden Anforderungen an ein Bauteil werden die not-wendige und hinreichende Dimensionierung hinsichtlich statischer Festigkeit si-chergestellt.

Da die ständige, unregelmäßige Belastung eines Bauteils, wie sie im Flugbetrieb auftritt, ebenfalls zu einem Versagen führen kann, muß auch diese untersucht werden. Die Auslegung gegen diese Belastung nennt man Auslegung gegen Er-müdung, beziehungsweise Fatigue-Auslegung. Hierzu muß ein Lastkollektiv ermit-telt werden, das die Auftretenshäufigkeit und die Höhe der einzelnen Lasten be-schreibt. Dieses Kollektiv muß der Belastungsfähigkeit eines Bauteils zugrunde gelegt werden. Das Bauteil darf unter Einwirken dieses Lastkollektives über einen bestimmten Zeitraum nicht versagen.

Dieser Zeitraum erstreckt sich bei Strukturbauteilen in der Regel über die Lebens-dauer eines Flugzeuges, die in Flugzyklen ausgedrückt wird. Als Flugzyklus wird jeweils ein Flug mit Start und Landung angesehen. Das Flugzeug muß die Anzahl der Flugzyklen, die zumeist per Experiment oder analytischer Nachweisführung vom Flugzeughersteller zu demonstrieren sind, ohne Strukturschäden überstehen. Dieses Ziel der Auslegung wird auch Design Service Goal genannt.

Für den Fall einer negativen Überprüfung der Ermüdungsfestigkeit eines Bauteils ist es dem Hersteller überlassen, a) die Lebensdauer zu limitieren oder b) nachzu-dimensionieren.

Langstreckenflugzeuge werden aufgrund längerer Flugzeiten auf eine niedrigere Anzahl von Flugzyklen ausgelegt als Kurz- oder Mittelstreckenflugzeuge. So wird beispielsweise eine Dornier 328JET (Kurzstreckenflugzeug) auf 65.000 Flugzy-

87 JAR-25, § 303 factor of safety

6 LÖSUNGSANSATZ

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SEITE 54 TEIL II: REALISIERUNG

klen, ein Airbus A330 (Mittelstreckenflugzeug) auf 30.000 Flugzyklen und ein Air-bus A340-600 und A380 (Langstreckenflugzeug) auf nur etwa 20.000 Flugzyklen ausgelegt.

Die Zahl der Flugzyklen hat bei bestimmten Strukturbauteilen direkten Einfluß auf die Dimensionierung hinsichtlich der Ermüdungsfestigkeit. So werden zum Beispiel der Rumpf und die Kabine besonders im Steig- und Sinkflug infolge des Differenz-druckes zwischen Kabine und Umgebung sehr stark belastet. Ähnliches gilt für die Fahrwerke, die bei Start und Landung sowie beim Rollen stark belastet werden.

Als negatives Beispiel, wozu eine hohe Ermüdungsbelastung führen kann, sei hier der Unfall der Boeing 737-200 auf Hawaii genannt. Die Flugbedingungen zwischen den Inseln von Hawaii sind so schlecht wie kaum sonst irgendwo auf der Erde. Die extrem warme, feuchte und salzhaltige Luft belastet und schwächt die Flugzeuge zusätzlich zu den extrem kurzen Flügen.88 Dieser Umstand dürfte am 29.4.1988 zu dem o.a. Unfall geführt haben, der durch ein Strukturversagen ausgelöst wur-de. Dabei wurde der größte Teil der oberen Bugsektion des Rumpfes abgerissen. Das Flugzeug hatte zum Unglückszeitpunkt fast 90.000 Flugzyklen hinter sich ge-bracht und war schon seit 20 Jahren unter den oben genannten, extrem schlech-ten klimatischen Bedingungen im Einsatz.89

Andere Teile eines Flugzeugs, wie z.B. die Tragflächen, Leitwerke sowie ebenfalls der Rumpf (infolge Biegung), werden bei Flügen durch turbulentes Wetter beson-ders beansprucht.

Im folgenden Kapitel 6.3 werden die wichtigsten Aspekte des neuen Lösungsan-satzes kurz erklärt. Die einzelnen Punkte des Lösungsansatzes werden in den weiteren Unterkapiteln des Kapitels 6 und im Kapitel 7 detailliert erläutert.

6.3 NEUER LÖSUNGSANSATZ FÜR BESTIMMTE BAUTEILE Wie schon in Kapitel 6.2 beschrieben wurde, gilt nach der Joint Aviation Require-ments JAR-25 § 303 folgender Zusammenhang:

Ultimate-Lastfall = 1,5 * Limitlastfall

Bei einem kleinen Flugzeug bewirkt diese Sicherheitsanforderung von 50 % bei Belastungen von der Limit Load hin zur Ultimate Load infolge des Square-Cube-Law90 nur eine relativ kleine Querschnittserhöhung bei tragenden Querschnitten, wie z.B. im Fahrwerk und Flügelholm. Eine kleine Querschnitterhöhung hat nur eine geringe Gewichtserhöhung zur Folge, die wiederum kaum die Wirtschaftlich-keit negativ beeinflußt.

88 Der Durchschnittsflug von Aloha Airlines dauert nur 30 Minuten. Quelle:

http://www.alohaairlines.org/oahu.htm 89 Richter, Jan-Arwed und Wolf, Christian: Jet-Airliner-Unfälle seit 1952, Karlsruhe, 1997, S. 357 90 vgl. Kapitel 1 Motivation und Problemstellung

6 LÖSUNGSANSATZ

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TEIL II: REALISIERUNG SEITE 55

Bei einem Megaliner hingegen erhöht sich der Querschnitt der tragenden Bauteile aufgrund des Square-Cube-Law bei der erwähnten Sicherheitsanforderung jedoch erheblich. Anders als bei kleineren Flugzeugen wirkt sich die Gewichtserhöhung, die, im Vergleich zu linearen Parametern wie der Größe, in der dritten Potenz wächst, sehr viel stärker aus.

Die Limit Loads sind feste Größen. Änderbar sind nur die Ultimate Loads, denn diese werden extrem selten, das heißt laut den gesetzlichen Vorschriften91 nur einmal im Flugzeugleben, erreicht.

Ob eine Änderung der Ultimate Loads grundsätzlich für alle Bauteile oder eher nur für bestimmte Bauteile möglich ist, hängt von dem dimensionierenden Lastfall ab, denn jedes Bauteil hat einen anderen kritischen Lastfall, nach dem es dimensio-niert wird. In der folgenden Tabelle 8 sind beispielhaft verschiedene Bauteile mit den jeweiligen kritischen Lastfällen dargestellt. Dabei werden die Lastfälle in zwei Gruppen unterteilt: In die Lastfälle, die mit einer Protection geschützt werden (kri-tisch für Manöverlasten (z.B. zu starkes Abfangen92)) und die Lastfälle, die nicht mit einer Protection geschützt werden (kritisch für äußere Einflüsse (z.B. Böen)).

Die Bauteile, die kritisch bezüglich der Manöverlasten sind, haben ein so großes Potential, daß die Sicherheitsmarge für die Ultimate Load reduziert werden kann. Die Bauteile, die in diese Kategorie fallen, werden in dieser Arbeit als sogenannte PMF-Bauteile bezeichnet. Die entsprechende Kategorie wird PMF-Kategorie ge-nannt. PMF steht für "Potential for Reduction of the Margin in the Failure Case".

Bauteil kritischer Lastfall Protection Kategorie Fahrwerk Landestoß (10 ft/s bei MLW) nein Flügelwurzel Böen (30 ft/s) nein Sitzschiene Crash (9 g/ 16 g)* nein Höhenruder Abfangbogen ja PMF Seitenruder TW-Ausfall kurz nach V1 ja PMF

* 9 g bezüglich der Längsachse (X-Richtung) und 16 g bezüglich der Hochachse (Z-Richtung).

Quelle: Eigene Darstellung

Tabelle 8: Vergleich der kritischen Lastfälle für verschiedene Bauteile

Es lassen sich also ausschließlich die Ultimate Loads reduzieren, die durch Manö-verlasten hervorgerufen werden. Als Beispiel sei hier die Belastung des Höhen-leitwerks genannt, das durch übermäßig starkes Abfangen nach einem steilen Sinkflug beansprucht wird. Nochmals wird an dieser Stelle erwähnt, daß bei Bela-stungen oberhalb der Limit Loads die Protections nicht mehr aktiv sind, denn die 91 JAR-25 § 303 92 vgl. Kapitel 3.1.5 Care-free Handling

6 LÖSUNGSANSATZ

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SEITE 56 TEIL II: REALISIERUNG

Lastannahmen der Limitlastfälle (Limit Loads) sind identisch mit den Ober- und Untergrenzen der Protections (z.B. 67° Bank Angle ≈ 2,5 g).

Nicht reduziert werden können solche Lastfälle, die der Pilot nicht selbst beeinflus-sen kann. Ein Beispiel hierfür ist ein übermäßig großer Landestoß. Im Landeend-anflug in Bodennähe kann ein Pilot eine Böe von oben (Windshear) unter Umstän-den nicht mehr durch ein Manöver ausgleichen. Der kritische und deshalb der di-mensionierende Lastfall für das Fahrwerk ist daher der Landestoß. Das Fahrwerk von Passagierflugzeugen wird in der Regel für einen Landestoß von maximal 10 ft/s ausgelegt. Ein anderes Beispiel für ein Bauteil, das durch äußere Einflüsse dimensioniert wird, ist die Flügelwurzel. Das sichere Lastvielfache (Limit Load) liegt bei Motorflugzeugen in Bereichen von -1,0 bis 2,5, bei Segelflugzeugen - 2,6 bis 5,3 plus jeweils einen Sicherheitsfaktor von 1,5. Durch "brutales Abfangen" kann ein Flugzeug, auch ein Segelflugzeug, ohne Protections, beziehungsweise bei ausgefallenen Protections dazu gebracht werden, daß es die "Ohren anlegt".93,

94 Selbst bei intakten Protections kann in stark dynamischen Manövern nicht voll-ständig verhindert werden, daß diese Grenzen überschritten werden.95 Ein bei-spielhaftes Manöver, wie der Pilot die Protections überschreiten kann, wurde in Kapitel 3.1.5 beschrieben.

Die Beispiele verdeutlichen, daß die Lastannahmen der Ultimate Loads der Bau-teile, deren Belastung durch äußere Einflüsse hervorgerufen wird, nicht reduziert werden können.

Im Gegensatz dazu wird für Bauteile der PMF-Kategorie nicht mehr generell eine 1,5-fache Sicherheit der Limit Load gefordert, sondern nur noch eine reduzierte Marge für den Failure Case beziehungsweise eine reduzierte Ultimate Load. Die Reduzierung hängt von der Redundanz, der Ausfallwahrscheinlichkeit und der Wahrscheinlichkeit des Auftretens des Lastfalls ab.

Die folgende Abbildung 23 stellt grafisch diesen neuen Ansatz der Arbeit dar. Links ist der frühere Ansatz für die Auslegung von Lasten dargestellt, nach dem z.B. die Airbusse A300 und A310 ausgelegt wurden. In der Mitte wird der heutige Ansatz gezeigt, nach dem die modernen Airbusse mit Fly-by-Wire-Steuerung, wie z.B. die A320, A330 und A340, ausgelegt werden.96 Rechts ist der neue Ansatz zu sehen, in dem die Marge für bestimmte Bauteile (PMF-Kategorie) für den Failure Case, also das Direct Law, in Richtung Limitlast (Limit Load) reduziert wird.

93 Kassera, Winfried: Flug ohne Motor, 11. Auflage, Stuttgart, 1991, S. 34 94 vgl. Kapitel 3.1.5 Care-free Handling95 Brockhaus, Rudolf: Flugregelung, Berlin, Heidelberg, 1994. S. 722 96 Persönliches Gespräch mit Herrn Hans-Martin Besch, Airbus Industries, Abt. AI/LE am 1.9.2000

6 LÖSUNGSANSATZ

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TEIL II: REALISIERUNG SEITE 57

Marge für Failure Case

Ansatzheute

neuer Ansatz fürbestimmte Bauteileder PMF-Kategorie

Marge für Normal Law

Belastung

UltimateLoad

LimitLoad

Reduzierung der Margefür Failure Case

Marge für Failure Case

} Indikation zurVermeidung hoher

Lastenim Failure Case

Ansatzfrüher

Quelle: Eigene Darstellung

Abbildung 23: Grafische Darstellung des neuen Ansatzes für bestimmte Bauteile der PMF-Kategorie

Da bei Bauteilen der PMF-Kategorie der Bereich zwischen Limit Load und Ultimate Load durch die Reduzierung der Marge für den Failure Case (Direct Law) schma-ler ist, ist die Ultimate Load kleiner und wird schneller erreicht.

Im Normal Law übernimmt die Automatik die Dämpfung, etc., im Direct Law aller-dings nicht, deshalb werden, um auszuschließen, daß die Ultimate Load über-haupt erreicht wird, im Cockpit die kritischen Lasten und die Steuerbefehle, um diese Lasten manuell zu reduzieren, angezeigt. In Abbildung 1 und Abbildung 23 heißt dieser Punkt des neuen Ansatzes "Indikation zur Vermeidung hoher Lasten im Failure Case".

Durch diese Anzeige kann der Pilot schneller reagieren und wird praktisch "visuell" daran gehindert, die ursprüngliche Ultimate Load zu erreichen. Man kann diesen Ansatz auch als eine "halbautomatische Protection" bezeichnen, die visuell umge-setzt werden muß. Die neue Anzeige könnte gewährleisten, daß der Pilot bei Be-

6 LÖSUNGSANSATZ

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SEITE 58 TEIL II: REALISIERUNG

achtung der Steuerbefehle und selbst bei Ausfall der Protections das Flugzeug nur bis zur Limitlast belastet.

Da alle kritischen Lastfälle von Bauteilen der PMF-Kategorie und die zugehörigen kritischen Spannungen und Stellen, an denen sie auftreten, durch die rechnerische Nachweisführung und die statischen und dynamischen (Fatigue-) Versuche be-kannt sind, werden diese Stellen mit Dehnmeßstreifen (DMS) versehen und online überwacht.

Bauteilspannungen werden mit Hilfe der von DMS in oder an den Bauteilen ge-messenen Dehnungen ermittelt. Der DMS wird in der Regel auf das Bauteil ge-klebt. Die Messung eines elektrischen Widerstandes, der sich je nach Dehnungs-zustand des Bauteils und damit des DMS ändert, gibt Aufschluß über den Span-nungszustand des Bauteils. Im Kapitel 6.6.2 wird näher auf DMS eingegangen und deren Funktionsweise und Einsatzmöglichkeiten genauer erläutert.

Wenn sich die Bauteilspannungen den kritischen Spannungen nähern, bestimmt ein Rechner, der neu entwickelt werden muß, a) den Grad der kritischen Bela-stung und b) den zugehörigen Steuerbefehl, um die kritische Belastung wieder zu reduzieren.

Zur Anzeige kommen a) Spannungs- und Verformungsparameter und b) Steuerbefehle. Die Anzeige für die Spannungs- und Verformungsparameter wird in Kapitel 6.6 und in Kapitel 7 näher erläutert. Die Steuerbefehle für das Querruder, das Seitenruder, das Höhenruder und die Geschwindigkeit werden in den Unterkapiteln des Kapitels 7.3 erklärt.

Hier ein Beispiel für die Darstellung eines Steuerbefehls:

Ausfall des Normal Law und damit Ausfall der Protections.

Auftreten einer kritischen Spannung in einem Bauteil der PMF-Kategorie.

Ein Steuerbefehl wird angezeigt, um dem Piloten zu zeigen, wie er die hohe Spannung reduzieren und Lasten (z.B. Momente) wieder aus dem kritischen Bereich bringen kann.

Der Pilot folgt mit dem Side Stick und/oder dem Seitenruder dem Steuerbefehl auf dem PFD und leitet Manöver ein.

Damit werden die kritischen Spannungen reduziert.

Die Steuerbefehlanzeige geht in die Ausgangsposition zurück.

Die Spannungsanzeige geht wieder in ihre Normalposition zurück, das heißt, es gibt keine kritischen Spannungen mehr.

Die folgende Abbildung 24 stellt schematisch den beschriebenen Regelkreis dar. Neben den Informationen über die gewünschte Flugbahn kommen von den DMS, die an den kritischen Stellen angebracht sind, Daten, die in dem neuen Rechner, dem "Rechner für kritische Spannungen", verarbeitet werden. Die Informationen des Rechner sind auf der einen Seite die Anzeige für die kritischen Spannungen und auf der anderen Seite die Anzeige für die Steuerbefehle. Der Pilot befolgt die-

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TEIL II: REALISIERUNG SEITE 59

se Steuerbefehle mit z.B. dem Side Stick, der wiederum die Klappen zum Aus-schlagen bringt.

Sollbahn

DMS ankritischenStellen

Rechner fürkritischeSpannungen

Anzeige fürkritischeSpannungen

Anzeige desSteuerbefehls

Erkennung vonpotentiellen Gefahrendurch Pilot

Pilot folgt Steuerbefehlen Bedienelemente(Side Stick, ...)

Klappen-system

Quelle: Eigene Darstellung

Abbildung 24: Blockschaltbild des neuen Regelsystems

6.4 BEGRIFFSFINDUNG UND -DEFINITION Bei der Darstellung von Spannungs- und Verformungsparametern im Cockpit stellt sich primär die Frage, welche Parameter angezeigt werden sollen beziehungswei-se angezeigt werden müssen, das heißt, wesentliche Daten müssen ausgewählt und reduziert werden.

Damit ist auch die Frage zu klären, wie viele verschiedene Informationen der Pilot zusätzlich in einer kritischen Situation aufnehmen und verarbeiten kann und resul-tierend daraus, welche Daten mindestens angezeigt werden müssen. Grundsätz-lich gilt: so wenig wie möglich, aber soviel wie nötig.

Nötig ist sicherlich die Darstellung einer einzigen Information, die alle kritischen Fälle abdeckt, wobei es eine Optimallösung wäre, alle einzelnen Spannungs- und Verformungsparameter in einer Größe zusammenzufassen und eben nur diesen einen Wert darzustellen.

Diese eine Information könnte zum Beispiel

Maßzahl der Belastung, •

Belastungsmaßzahl,

Kennzahl der Belastung oder

Belastungskennzahl

heißen. Der Begriff "Zahl" kann genauso gut durch "Wert" ersetzt werden. Im wei-teren Verlauf dieser Arbeit wird "Belastungsmaßzahl" verwendet. Die Belastungs-maßzahl spiegelt so die Summe aller belasteten Bauteile oder auch die am stärk-sten belastete Stelle wider, je nachdem welcher Einzelwert, der in die Bela-stungsmaßzahl eingeht, überwiegt.

6 LÖSUNGSANSATZ

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SEITE 60 TEIL II: REALISIERUNG

6.5 EINGANGSGRÖSSEN IN DIE BELASTUNGSMASSZAHL Die Belastungsmaßzahl wird "BMZ" abgekürzt und setzt sich aus einzelnen ge-messenen Spannungs- und Verformungsparametern b1, b2, b3, ... bn zusammen. Die BMZ ist folglich eine Funktion aus b1, b2 b3, ... bn:

BMZ = f (b1, b2, b3, ... bn)

Kritische Werte an einem Megaliner, die Einfluß auf die Belastungsmaßzahl ha-ben, sind Kräfte und insbesondere Momente zum Beispiel an der Flügelwurzel, der Seitenleitwerkswurzel, an der Triebwerksaufhängung, am Höhenleitwerk usw.

6.6 BESTIMMUNG DER BELASTUNGSMASSZAHL

6.6.1 SPANNUNGS- UND DEHNUNGSGESETZE

Bei der Bestimmung der Belastungsmaßzahl stellt sich die Frage, wie die Ein-gangsgrößen der Belastungsmaßzahl gemessen beziehungsweise berechnet wer-den können. Da dem Piloten Steuerbefehle angezeigt werden sollen, ist eine kontinuierliche Messung, eine sogenannte Onlinemessung97, notwendig.

Die Belastungen sind in der Regel Kräfte, die auf eine Fläche wirken. Diese Flä-chenkräfte nennt man Spannungen und sie haben die SI-Einheit98 Newton pro Quadratmeter [N/m2]. Meistens werden die Spannungen aber in [MPa] oder [N/mm2] angegeben. Bei den meisten Metallen hängen die Spannung σ und die Dehnung ε linear zusammen, solange die auftretende Spannung kleiner als die Elastizitätsgrenze σe ist. Unterhalb der Elastizitätsgrenze σe wird der Zusammen-hang von Spannung und Dehnung auch Hookesche Gerade genannt. In diesem Bereich sind die Verformungen elastisch, das heißt, die Abmessungen des Werk-stoffes gehen nach einer Belastung wieder in die ursprüngliche Größe zurück. Oberhalb der Elastizitätsgrenze σe tritt bleibende Dehnung (plastische Verfor-mung) auf, die bei Belastungen am Flugzeug vermieden werden muß. Die Propor-tionalitätskonstante ist eine Werkstoffkenngröße, die Aufschluß über das Verfor-mungsverhalten des Werkstoffes gibt. Sie wird Elastizitätsmodul E genannt und liegt für Aluminium bei ca. 70.000 N/mm2 und bei Stahl bei ca. 210.000 N/mm2. Die Gleichung lautet:

εσ ⋅= E (Hookesches Gesetz).

Die Dehnung ε, auch spezifische Längenänderung genannt, ist definiert durch die Längenänderung ∆l geteilt durch die Ausgangslänge l und wird in Prozent ange-

geben: ll∆

= ε .

97 vgl. Helmke, Hartmut und Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (Hrsg.): Ein wissenbasiertes Modell

für die Online-Überwachung und -Diagnose technischer Systeme, Braunschweig, 1999 98 SI (système International d'unités) -Einheiten sind die international festgelegten gesetzlichen Maßeinheiten

6 LÖSUNGSANSATZ

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TEIL II: REALISIERUNG SEITE 61

Die negative Dehnung heißt Stauchung.

6.6.2 STATISCHE SPANNUNGS- UND DEHNUNGSMESSUNG

Da Spannung und Dehnung im elastischen Bereich nach dem Hookeschen Gesetz linear zusammenhängen, ist es theoretisch unerheblich, ob Spannungen oder Dehnungen gemessen werden, denn der jeweils andere Wert läßt sich über den Elastizitätsmodul berechnen. Diese Berechnung ist immer dann nicht oder nur schwer möglich, wenn der Elastizitätsmodul, wie z.B. von Beton oder einigen Kunststoffen, schlecht bestimmt werden kann. Sind die Beziehungen zwischen Spannung und Dehnung nicht bekannt, wird man die interessierende Größe, also σ oder ε, direkt messen.99

Spannungsmessung

Die Spannungsmessung wird normalerweise nur durchgeführt, wenn eine Berech-nung der Spannungen aus den Dehnungen schwer möglich ist.

Bei der Spannungsmessung auf der Oberfläche von Bauteilen gibt es zwei grund-legende Spannungsaufnehmer: Die Spannungsaufnehmer liegen entweder auf der Oberfläche oder sie sind in das Bauteil integriert, so daß ihre Oberfläche mit der Oberfläche des Bauteils bündig abschließt. Die Messung kann über Spannungs-meßstreifen, Druckkissen oder Druckdosen erfolgen. Es wird an dieser Stelle aber nicht weiter auf die Spannungsmessung eingegangen, da ja, wie schon erwähnt, die Spannungen in festen Körpern leichter über die Dehnungen indirekt ermittelt werden.

Dehnungsmessung

Das häufigste Instrument zur elektrischen Dehnungsmessung ist heute der DMS, der eine Dehnung in ein elektrisches Signal umformt. Mit DMS können nur Deh-nungen (Längenänderungen) und keine Spannungen gemessen werden. Die un-bestrittenen Vorteile des DMS liegen in der einfachen Handhabbarkeit und in dem geringen Gewicht.

Das Prinzip des DMS beruht auf der Tatsache, daß sich der elektrische Wider-stand eines Leiters verändert, wenn das Material dieses Leiters gedehnt oder ge-staucht wird. Die Widerstandsänderungen des Leiters haben zwei Ursachen, er-stens die Formänderung und zweitens die Änderung des spezifischen Wider-stands. Die erste Ursache erscheint logisch, weil der elektrische Widerstand (R) eines gedehnten Drahts zunimmt, wenn dieser länger und dünner geworden ist. Die zweite Ursache ist die Folge der im Material auftretenden mechanischen Spannungen. 100

99 Rohrbach, Christoph (Hrsg.): Handbuch für experimentelle Spannungsanalyse, Düsseldorf, 1989, S. 46 100 Potma, Thomas: Dehnungsmeßstreifentechnik, Hamburg, 1968, S. 4

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SEITE 62 TEIL II: REALISIERUNG

Ein DMS ist also ein Widerstandsdraht101, der auf einem Objekt, dessen Dehnung bestimmt werden soll, mit Hilfe eines sogenannten Trägers, meist ein Klebstoff auf Kunstharzbasis102, befestigt ist. Aus der Messung der Widerstandsänderung (∆R) kann die Dehnung berechnet werden, denn zwischen den beiden Größen besteht eine nahezu lineare Beziehung:

ε⋅=∆

=∆ K

llK

RR

Die Proportionalitätskonstante K, auch K-Faktor genannt, gibt die Beziehung zwi-schen der spezifischen Widerstandsänderung und der spezifischen Längenände-rung (ε) des Meßdrahts an und ist DMS-spezifisch. Im Gegensatz zu anderen Dehnungsaufnehmern, bei denen nur die absolute Längenänderung (∆l) gemes-sen werden kann, kann beim DMS die spezifische Längenänderung (ε) bestimmt werden. Die K-Faktoren liegen bei gebräuchlichen metallischen Meßdrahtwerkstof-fen zwischen 2,0 und 4,0.103

DMS lassen sich innerhalb eines sehr breiten Temperaturspektrums, nämlich zwi-schen -270 bis 800 °C, verwenden. Die durch Temperaturänderung hervorgerufe-ne Änderung des K-Faktors ist aus Sicht einer durchzuführenden Spannungsana-lyse relativ gering; sie führt bei einer Temperaturänderung von 80°C zu einer rela-tiven Empfindlichkeitsänderung von 6%. Temperaturänderungen verursachen Wi-derstandsänderungen in den Dehnmeßstreifen, weil jeder elektrische Leiter seinen Widerstand mehr oder weniger mit der Temperatur ändert. Durch spezielle Legie-rungen kann diese unerwünschte Erscheinung relativ klein gehalten werden. Die unterschiedlichen thermischen Längenausdehnungskoeffizienten der Werkstoffe von Meßdraht und Meßobjekt der aufgeklebten DMS bewirken bei einer Tempera-turänderung eine Dehnung beziehungsweise Stauchung, die aber durch der Her-stellung spezieller Kompensations-Dehnungsmeßstreifen ausgeglichen werden kann. Temperaturänderungen können auch durch bestimmte Verschaltungen mehrerer DMS (Brückenschaltung) kompensiert werden.

DMS eignen sich nicht nur aufgrund ihrer Temperaturunempfindlichkeit und dem großen Temperatureinsatzspektrum zum Einsatz im Flugzeug, sondern auch, weil sie in großem Umfang dynamische Belastungen aufnehmen können. DMS sind problemlos bei Lastspielzahlen von 105 und unter besonderen Umständen auch bis 107 einsetzbar.104 Brüche treten bei hohen dynamischen Belastungen eher an den Lötstellen der Leitungsanschlüsse auf als im Meßstreifen selbst. Somit eignen sich DMS, um Schwingungen aufzunehmen.

Eine große Gefahr für DMS im Flugzeug ist Blitzeinschlag, der durch hohe elektri-sche Ströme die DMS zerstören kann.

101 z.B. Konstatan: 55%Cu + 45% Ni, Ni-Cr-Legierungen: 80% Ni + 20% Cr 102 z.B.: Phenolharz, Acrylharz, Epoxyharz, Epoxyphenolharz, Poliamid, ... 103 Keil, Stefan: Beanspruchungsermittlung mit Dehnungsmeßstreifen, Zwingenberg, 1995, S. 36-40 104 Keil, Stefan: Beanspruchungsermittlung mit Dehnungsmeßstreifen, Zwingenberg, 1995, S. 87-93

6 LÖSUNGSANSATZ

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TEIL II: REALISIERUNG SEITE 63

Durch fotochemische Herstellungsmöglichkeiten lassen sich im Prinzip alle vor-stellbaren Formen und Konfigurationen von DMS produzieren, so daß sich DMS speziell hinsichtlich geometrischer Anforderungen anpassen lassen.105

Im Flugzeugbau kann der DMS bei der Messung der kritischen Größen der Bela-stungsmaßzahl z.B. in der Flügelwurzel verwendet werden. Wie schon Helmke106 in seiner Arbeit geschrieben hat, ist die Onlinemessung in technischen Systemen nicht nur durchführbar, sondern auch empfehlenswert. Zur Validierung von Last-annahmen in militärischen und zivilen Serienflugzeugen werden heute schon DMS verwendet.

6.7 WICHTUNG DER BELASTUNGSMASSZAHL UND BERECHNUNG DER STEUERBEFEHLE

Wie schon in Kapitel 6.4 angesprochen, soll im Cockpit möglichst nur ein Wert dargestellt werden, um den Piloten nicht mit Informationen zu überlasten.

Alle Spannungs- und Verformungsparameter werden also zu der sogenannten Belastungsmaßzahl zusammengefaßt, und nur diese Belastungsmaßzahl wird un-ter bestimmten Bedingungen im zukünftigen Cockpit eines Megaliners dargestellt.

Die Belastungsmaßzahl BMZ setzt sich aus unterschiedlichen Parametern (b1, b2, b3, ... bn) zusammen. In dieser Arbeit wird die Belastungsmaßzahl nicht gewichtet, und es werden auch nicht die Steuerbefehle berechnet.

Grundsätzlich muß aber gewährleistet sein, daß die Belastungsmaßzahl "an-springt", auch wenn nur ein einziger von n verschiedenen Parametern in den kriti-schen Bereich kommt. Das heißt, es muß ein Algorithmus gefunden werden, der auf der einen Seite jeden einzelnen Parameter berücksichtigt und auf der anderen Seite mehrere Parameter wichtet und einen gemeinsamen Steuerbefehl für die optimale Reduzierung der kritischen Lasten generiert.

Von jedem gemessenen Dehnungszustand jedes einzelnen DMS ist die Verfor-mung und die zugehörige Last des jeweiligen Bauteils bekannt. Um dieser Bela-stung entgegenzuwirken beziehungsweise diese Belastung zu reduzieren, müssen aus den bekannten Lasten die Belastungsmaßzahl für die visuelle Warnung und Steuerbefehle berechnet werden.

Zu den Steuerbefehlen, deren Art der Darstellung im folgenden Kapitel 7 be-schrieben wird, ist noch zu untersuchen, welche Priorität die Kursinformation im Vergleich zur Information der Belastungsreduzierung hat. Dabei wird sicherlich die Flugphase auch eine entscheidende Rolle spielen, denn im Streckenflug kann der

105 Keil, Stefan: Beanspruchungsermittlung mit Dehnungsmeßstreifen, Zwingenberg, 1995, S. 19 106 vgl. Helmke, Hartmut und Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (Hrsg.): Ein wissenbasiertes Modell

für die On-line-Überwachung und -Diagnose technischer Systeme, Braunschweig, 1999

6 LÖSUNGSANSATZ

Page 76: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 64 TEIL II: REALISIERUNG

Anteil des Steuerbefehls zur Reduzierung der kritischen Lasten am gesamten an-gezeigten Steuerbefehl größer sein als beispielsweise im Landeanflug, wenn das Erreichen der Landebahn kurz bevor steht.

Im nächsten Kapitel 7 wird der neue Ansatz aus Kapitel 6 im Cockpit umgesetzt. Die verschiedenen Anzeigen und Anzeigemöglichkeiten werden besprochen und Vor- und Nachteile abgewogen, bis das Optimum aus Sicht des Verfassers her-ausgearbeitet ist.

6 LÖSUNGSANSATZ

Page 77: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

TEIL II: REALISIERUNG SEITE 65

7 UMSETZUNG DER DARSTELLUNG IM COCKPIT

7.1 GRUNDSÄTZLICHE GEDANKEN ZUR DARSTELLUNG

7.1.1 ZUSÄTZLICHE FUNKTIONEN DER FLIGHT ENVELOPE PROTECTION

Die Betriebsgrenzenregelungen der Nick-, Roll- und Gierachse werden bei einem zukünftigen Megaliner prinzipiell beibehalten. Aufgrund der größeren Abmaße, der höheren Belastungen und des flexibleren Rumpfs und Flügels werden die in Kapi-tel 3.1.4, Flight Envelope Protection, beschriebenen Limitierungen des Airbus A330/340 gegenüber einem Megaliner sicherlich zum Teil geändert, aber auch um zusätzliche Funktionen ergänzt.

7.1.2 BEDINGUNGEN UND MODI DER DARSTELLUNG

Die Darstellung der Spannungs- und Verformungsparameter soll nur dann erfol-gen, wenn sie notwendig ist. "Notwendig" heißt in diesem Zusammenhang, daß die Darstellung der Spannungs- und Verformungsparameter keine reine Informati-onsdarstellung sein soll, sondern daß sie vom Piloten eine unmittelbare Handlung erfordert, um die Spannungen zu reduzieren.

Wenn die in Kapitel 3.1.4 beschriebenen Protections also aktiv sind, das heißt, das Flugzeug fliegt mindestens im Normal Law, soll keine Darstellung der Spannungs- und Verformungsparameter stattfinden. Wenn die Protections hingegen ausgefal-len sind, das heißt, das Flugzeug fliegt im Alternate Law, Direct Law oder mit dem Mechanical Backup, sollen die Steueranweisungen dargestellt werden.

7.1.3 WAHL DES DISPLAYS

Um Piloten möglichst flexibel einsetzen zu können, wird von den Fluggesellschaf-ten und auch den Herstellern eines zukünftigen Megaliners gleichermaßen gefor-dert, daß ein neues Cockpit sich nur minimal von den bisherigen Cockpits unter-scheidet. Piloten sollen ohne große Probleme Typenberechtigungen sowohl für ein herkömmliches Großraumflugzeug als auch für den neuen Megaliner der gleichen Familie erwerben beziehungsweise auch erhalten. Mit anderen Worten soll also die Cockpitphilosophie im Megaliner beibehalten werden und nur noch durch zu-sätzliche Funktionen ergänzt werden.107

Für die Darstellung der Spannungs- und Verformungsparameter und Steuerbefeh-le bieten sich in erster Linie folgende Instrumente im Cockpit eines Megaliners, angelehnt an den A330/340, an:

107 vgl. Kapitel 3.2 Neuigkeiten in der Anzeigetechnologie des Airbus A380

7 UMSETZUNG DER DARSTELLUNG IM COCKPIT

Page 78: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 66 TEIL II: REALISIERUNG

das Primary Flight Display (PFD), •

das Navigation Display (ND),

das System Display (SD),

das Engine and Warning Display (E/W D) und

die Multipurpose Control and Display Unit (MCDU).

In Abbildung 25 ist die Anordnung der Displays auf dem Hauptinstrumentenbrett (Main Instrument Panel) dargestellt: Das PFD und das ND sind zweifach, das SD und das E/W D sind nur einfach vorhanden. Die MCDU ist dreifach im sogenann-ten Pedestal unterhalb des SD eingebaut.

Quelle: Airbus (Hrsg.): A330 Technical description, Volume 3A Systems, Issue 2, Blagnac Cedex (F), 1990, S. 25-09

Abbildung 25: Main Instrument Panel der A330/340

Die geforderte Darstellung der Verformungs- und Spannungsparameter und der Steuerbefehle ist nur für den Notfall vorgesehen, bei dem schon mehrere den Pilo-ten unterstützende Computer ausgefallen sind.

Um sicherzustellen, daß der Pilot in einer solchen Situation die Spannungs- und Verformungsparameter und Steuerbefehle zur Kenntnis nimmt, ist es notwendig, diese auf einem Anzeigeinstrument darzustellen, das im Blickfeld beider Piloten liegt, das im Gefahrenfall konstant zu beobachten ist und im Falle der Steuerde-gradierung häufig von dem Piloten benutzt wird.

Es erscheint zwar nicht notwendig, aber sinnvoll, die Spannungs- und Verfor-mungsparameter und die Steuerbefehle auf demselben Anzeigeinstrument darzu-stellen.

7 UMSETZUNG DER DARSTELLUNG IM COCKPIT

Page 79: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

TEIL II: REALISIERUNG SEITE 67

Die MCDU erfüllt die genannten Anforderungen nicht, da der MCDU-Anzeige-bildschirm für den Piloten in seiner normalen Sitzposition schlecht sichtbar ist. Die MCDU liegt nicht im Hauptinstrumentenbrett, sondern unterhalb im Pedestal. Normalerweise muß der Pilot sich nach vorne beugen, um den Bildschirm zu se-hen und um die MCDU bedienen zu können.

Ein weiterer Grund, der gegen die Verwendung der MCDU spricht, ist, daß die MCDU als Eingabegerät für Langzeitänderungen (z.B. Flugplan, Flughöhe, ...) und weniger als ein Gerät zur kurzfristigen Informationsdarstellung dient.

Auch das System Display erfüllt die genannten Anforderungen nur unzureichend. Im SD können die folgenden verschiedenen 14 Seiten dargestellt werden:108

ENGINE (sekundäre Triebwerksparameter)

BLEED (Zapfluft)

CAB PRESS (Kabinendruckbelüftung)

ELEC AC (elektrische Wechselstromversorgung)

ELEC DC (elektrische Gleichstromversorgung)

HYD (Hydraulik)

C/B (Sicherungen)

APU (Hilfstriebwerk)

COND (Klimaanlage)

DOOR/OXY (Türen / Sauerstoffversorgung)

WHEEL (Fahrwerk, Bremsen, Bremsklappen)

F/CTL (Flugsteuerungsklappen)

FUEL (Treibstoff)

CRUISE (Reiseflug)

Man könnte zwar eine 15. Seite einfügen, die automatisch im Notfall zur Anzeige gebracht wird, aber das SD, das ein Teil des Electronic Centralized Aircraft Moni-tor (ECAM) ist und sich in der Mitte des Hauptinstrumentenbretts befindet, liegt nicht in der direkten Blickrichtung des Piloten.

Das E/W D zeigt im Gegensatz zum SD nur eine einzige Seite mit den primären Triebwerksparametern und Warnmeldungen. Eine Anzeige auf dem E/W D er-scheint zwar sinnvoller als auf dem SD, weil das E/W D schon von der Grundfunk-tionalität her eine Warnanzeige ist und es nur eine Anzeigeseite gibt, aber aus den schon beim SD genannten Grund, nämlich der eingeschränkten Sicht auf den Bild-schirm, ist eine Anzeige auch hier ungünstig.

108 Airbus (Hrsg.): FCOM A 340, Vol. 1, Chap. 1.31.20, REV 1, P. 1

7 UMSETZUNG DER DARSTELLUNG IM COCKPIT

Page 80: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 68 TEIL II: REALISIERUNG

Das ND ist neben dem PFD das einzige Anzeigeinstrument, das die genannten Anforderungen erfüllt. Beide Instrumente gehören zum Electronic Flight Instrument System (EFIS). Eine Anzeige von Spannungs- und Verformungsparametern sowie Steuerbefehlen ist daher in einem dieser Instrumente empfehlenswert. Wie in der Arbeit von Hüttig und Tautz109 untersucht wurde, bietet es sich an, das heutige ND in seiner Höhe etwas zu komprimieren und oberhalb der bisherigen Navigations-darstellung eine zusätzliche Zeile mit Informationen einzublenden. In dieser Zeile könnten, so Tautz, Informationen der Bord-Boden- und der Bord-Bord-Kommunikation dargestellt werden. Der Pilot könnte damit Steuerbefehle im ND erkennen, allerdings erscheint diese Anzeige für Streßsituationen mit Systemaus-fällen fraglich, da dann das Hauptaugenmerk des Piloten auf dem PFD liegt. Da das ND aber, auch vom Namen her, eher ein Anzeigeinstrument für Navigations-daten und nicht für Flugdaten ist, wäre eine Anzeige auf dem PFD sinnvoller.

Hinsichtlich der Anordnung und der Sichtbarkeit der Anzeigeinstrumente heißt es in den Lufttüchtigkeitsforderungen110: "Die Flugüberwachungs- und Navigationsge-räte müssen übersichtlich angeordnet und für jeden Flugzeugführer leicht abzule-sen sein." Diese Forderungen müssen auch analog für die Darstellung der Span-nungs- und Verformungsparameter gelten.

Das PFD erfüllt diese Anforderungen. Eine Darstellung im PFD bietet sich also an, denn in einer Situation mit partiellen Systemausfällen ist die Hauptaufgabe des Piloten die Steuerung des Flugzeuges mit der richtigen Lage im Raum. Wenn also einige Control Laws111 ausgefallen sind, das heißt, das Flugzeug fliegt in Alternate Law, Direct Law oder im Mechanical Backup, wird der Pilot in Streßsituationen hauptsächlich das PFD überwachen. Der Pilot muß die wesentlichen Informatio-nen direkt im Blick haben.

7.2 DARSTELLUNG VON SPANNUNGS- UND VERFORMUNGSPARAMETERN

7.2.1 GRUNDSÄTZLICHER AUFBAU DES PFD

Laut den Lufttüchtigkeitsforderungen112 müssen folgende vier Flugüberwachungs-instrumente im Instrumentenbrett in der klassischen T-Form angeordnet sein: In der Mitte der Künstliche Horizont mit der Fluglageanzeige, links daneben der Fahrtmesser (Geschwindigkeitsmesser), rechts daneben der barometrische Hö-henmesser. Unter dem Fluglageanzeigeinstrument befindet sich der Kurskreisel, der die Flugrichtung anzeigt (vgl. Abbildung 26 links). Rechts neben dem Kurskrei- 109 Hüttig, Gerhard; Tautz, Andreas; Hotes, Andreas; Anders, Geerd und Lanfer, Andreas: Abschlußbericht

zum Forschungsvorhaben: Untersuchung der Arbeitssituation im Cockpit moderner Verkehrsflugzeuge bei Einführung neuer Informationsverarbeitungs- und -darstellungsmöglichkeiten, Az: Hü 345/4-2, Berlin, 1997

110 Bundesministerium der Justiz (Hrsg.): Lufttüchtigkeitsforderungen, 1.DV LuftBauO - JAR-22 Change 5, JAR 22.1321, Bonn, 1998, S. 33

111 vgl. Abbildung 10: Übersicht über die verschiedenen Flight Modes und Flight Control Laws112 Bundesministerium der Justiz (Hrsg.): Lufttüchtigkeitsforderungen, 1.DV LuftBauO - JAR-22 Change 5,

JAR 22.1303, Bonn, 1998, S. 33

7 UMSETZUNG DER DARSTELLUNG IM COCKPIT

Page 81: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

TEIL II: REALISIERUNG SEITE 69

sel befindet sich außerhalb der T-Anordnung noch das Variometer und rechts ne-ben dem Höhenmesser der Kompaß.

Wenn man das PFD eines modernen Glascockpits in der folgenden Abbildung 26 rechts und 27 sieht, sind alle eben beschriebenen Instrumente prinzipiell genauso angeordnet wie im klassischen Cockpit.

Das PFD beinhaltet abhängig von Flugführungs- und Degradationsmodus unter-schiedliche Informationen. Die Informationen werden zwar nicht ständig angezeigt, aber dennoch muß der entsprechende Platz im PFD dafür frei gehalten werden, damit in bestimmten Situationen die Anzeige möglich ist. Das gleiche gilt für die Darstellung der Spannungs- und Verformungsparameter und der Steuerbefehle. Auch sie werden während eines normalen Fluges ohne Systemausfälle nicht an-gezeigt.

Quelle: TU Berlin, verschiedene Vorlesungsskripte

Abbildung 26: T-Anordnung der primären Flugführungsanzeigen bei her-kömmlicher Instrumentierung und im PFD

Eine weitere Überlegung ist, ob die Spannungs- und Verformungsparameter in einem neuen Symbol dargestellt oder in ein schon vorhandenes Symbol integriert werden sollen. Da der Platz auf dem PFD, wie schon erwähnt, beschränkt ist, liegt es nahe, bei einem vorhandenen Symbol die Erscheinung zu verändern.

Besonders gut geeignet ist hierfür der Attitude Reference Bar, denn er liegt in der Mitte des Bildschirms. Der Attitude Reference Bar symbolisiert die Flügel des Flug-zeuges und stellt damit die Lage des Flugzeuges gegenüber dem Horizont dar. Der schwarz und amber-farben umrandete Attitude Reference Bar ist in der folgenden Abbildung 27 links und rechts im künstlichen Horizont des PFD zu se-hen.

7 UMSETZUNG DER DARSTELLUNG IM COCKPIT

Page 82: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 70 TEIL II: REALISIERUNG

Quelle: Screenshot an der SRF

Abbildung 27: Herkömmliche Darstellung eines Primary Flight Display

Die geforderte Darstellung der Spannungs- und Verformungsparameter erfolgt in der schrittweisen Einfärbung des Attitude Reference Bar von außen nach innen mit zunehmendem Belastungsgrad.

Anhand der verschiedenen Versionen dieser Anzeigenart werden in den nächsten Kapiteln Vor- und Nachteile diskutiert.

7.2.2 VERSION EINS DER SPANNUNGSPARAMETERDARSTELLUNG

In einer ersten Version (Version Eins) erfolgt die im vorherigen Kapitel beschrie-bene Einfärbung des Attitude Reference Bar in 5 verschiedenen Farben.

Es liegt nahe, die international bekannten Farben der Verkehrsampeln zu verwen-den, denn auch hier werden verschiedenen Gefahrengraden verschiedene Farben zugeordnet. Die Farben grün, gelb und rot werden noch durch zwei Zwischentöne ergänzt: Hellgrün und hellrot. Es stehen also fünf Farben zur Verfügung: Grün, hellgrün, gelb, hellrot und rot, die die in dieser Reihenfolge ansteigenden Gefah-rengrade anzeigen sollen.

Der Attitude Reference Bar wird zum Zweck der schrittweisen Einfärbung in 7 ver-schiedene Felder unterteilt. Durch diese Einfärbung des Attitude Reference Bar

7 UMSETZUNG DER DARSTELLUNG IM COCKPIT

Page 83: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

TEIL II: REALISIERUNG SEITE 71

von außen nach innen entstehen 11 verschiedene Darstellungen, eine Grundein-stellung und 10 Gefahrengrade.113 (vgl. Abbildung 28)

Wenn alle Protections aktiv sind, das heißt, das Flugzeug fliegt im Normal Law, und die Überlastgefahren werden nicht angezeigt, ist der Attitude Reference Bar nach wie vor schwarz mit einem amber-farbenen Rand. Sobald das Flugzeug im Alternate Law, im Direct Law oder im Mechanical Backup fliegt, wird der Attitude Reference Bar grün mit schwarzer Umrandung.

Quelle: Screenshot an der SRF

Abbildung 28: Version Eins der Spannungsparameterdarstellung

Im Laufe der Untersuchung kamen Zweifel auf, ob die gewählten Farben in den drei Ampelfarben mit zwei Zwischentönen sinnvoll sind, oder ob nur Farben ver-wendet werden sollten, die im Rahmen der Airbusfarbphilosophie114 bereits defi-niert sind.

In einer Fragebogenaktion115 sollte geklärt werden, ob aktive Linienpiloten eine Darstellung von Spannungs- und Verformungsparametern mit Hilfe eines verän-derten Attitude Reference Bars im PFD prinzipiell akzeptieren würden, ob sie eine Anzeige für sinnvoll erachten und ob sie eventuell grundsätzliche Änderungen wünschen.

113 Grundeinstellung + 7 Felder mit der ersten neuen Farbe + 3 weitere Farben = 11 Darstellungsmöglichleiten 114 Die Airbusfarbanzeigephilosophie beinhaltet folgende Farben: Unbeleuchtet, weiß, grün, blau, amber, rot. 115 Fragebogen dieser Fragebogenaktion siehe Anhang 1

7 UMSETZUNG DER DARSTELLUNG IM COCKPIT

Page 84: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 72 TEIL II: REALISIERUNG

Insgesamt wurden 9 Piloten befragt. Zuerst wurde ihnen die Problematik des flexi-blen Flugzeuges kurz erläutert, dann wurde die entworfene Darstellungsform er-klärt und anschließend wurde der Fragebogen mit fünf Fragen vorgelegt.

Auf die Frage "Ist die Anzeige im Attitude Reference Bar sinnvoll?" gab es folgen-de Antworten:

- sehr sinnvoll 7 sinnvoll 1 unentschieden 1 eher nicht sinnvoll - überhaupt nicht sinnvoll

Frage Nummer zwei lautete: "Ist die Farbgebung in der Anzeige in den Ampelfar-ben mit zwei Untertönen sinnvoll, oder sollten nur Farben verwendet werden, die in der Airbusfarbphilosophie schon vorkommen?" Folgende Antworten wurden ge-geben:

1 Farbgebung in den Ampelfarben mit 2 Untertönen OK 1 Egal, Hauptsache logisch 7 Nur Farben der Airbusfarbphilosophie

Auf Frage Nummer drei "Wünschen Sie sich außer dem Belastungsgrad und den Steuerbefehlen, um einen kritischen Belastungsgrad zu reduzieren, noch andere Informationen im Cockpit, wie z.B. "Wo tritt die kritische Belastung auf? " " waren die Antworten eindeutig:

- Ja: _________________________________________ 9 Nein

Hinsichtlich Frage Nummer vier "Sollten die Steuerbefehle mit Hilfe des Flight Di-rector dargestellt werden?", gab es dagegen keine gemeinsame Meinung:

1 Ja, Flight Director ohne Farbänderung 4 Ja, Flight Director mit Farbänderung 4 Nein, neue beziehungsweise andere Anzeige, z.B. _________________

Die letzte Frage über die Realisierung der Darstellung lautete: "Können Sie sich eine solche Anzeige im praktischen Einsatz vorstellen?"

6 Ja, absolut. 2 Ja, aber _______________________________________ 1 Nein. Warum nicht? _____________________________

Als Folgerung und Ergebnis der Fragebogenaktion wurde auf der einen Seite fest-gestellt, daß der eingeschlagene Weg prinzipiell als richtig angesehen wird, auf der anderen Seite aber Änderungen gewünscht und empfohlen werden.

7 UMSETZUNG DER DARSTELLUNG IM COCKPIT

Page 85: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

TEIL II: REALISIERUNG SEITE 73

Aus den Auswertungen dieser ersten Fragebogenaktion wurde die Version Zwei des folgenden Kapitels entwickelt.

7.2.3 VERSION ZWEI DER SPANNUNGSPARAMETERDARSTELLUNG

Die Modifikation von der Version Eins hin zur Version Zwei ist die Änderung der Farben. In der Version Zwei werden ausschließlich die Farben der Airbusfarbphi-losophie verwendet.

Während die erste Version mit 5 Farben in 7 Feldern 11 verschiedene Darstellun-gen (Grundeinstellung + 10 Gefahrengrade)116 anzeigt, gibt es in der Version Zwei 3 Farben (rot, amber, grün) in ebenfalls 7 Feldern. Dies führt zu 10 verschiedenen Darstellungen, also einer Grundeinstellung und 9 Gefahrengraden117.

Die schrittweise Einfärbung, das heißt die Zunahme der Gefahr, zeigen beispiel-haft die folgenden vier Abbildungen 29-32: Grundeinstellung, Gefahrengrad Drei, Sechs, Neun.

Quelle: Screenshot an der SRF

Abbildung 29: Grundeinstellung der Spannungsparameterdarstellung

116 Grundeinstellung + 7 Felder mit der ersten neuen Farbe + 3 weitere Farben = 11 verschiedene Darstellun-

gen 117 Grundeinstellung + 7 Felder mit der ersten neuen Farbe + 2 weitere Farben; 2 weitere Farben, weil die

erste neue Farbe (amber) doppelt kommt = 10 verschiedene Darstellungen

7 UMSETZUNG DER DARSTELLUNG IM COCKPIT

Page 86: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 74 TEIL II: REALISIERUNG

Quelle: Screenshot an der SRF

Abbildung 30: Gefahrengrad Drei der Spannungsparameterdarstellung

Quelle: Screenshot an der SRF

Abbildung 31: Gefahrengrad Sechs der Spannungsparameterdarstellung

7 UMSETZUNG DER DARSTELLUNG IM COCKPIT

Page 87: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

TEIL II: REALISIERUNG SEITE 75

Quelle: Screenshot an der SRF

Abbildung 32: Gefahrengrad Neun der Spannungsparameterdarstellung

7.2.4 VERSION DREI DER SPANNUNGSPARAMETERDARSTELLUNG

Version Zwei hat aber ebenso wie schon Version Eins einen gravierenden Nach-teil:

Bei der Darstellung von vielen verschiedenen Gefahrengraden besteht zuneh-mend Unsicherheit auf Seite der Piloten, welche adäquaten Gegenmaßnahmen im Einzelfall eingeleitet werden sollen. Der Pilot müßte also zu den 9 dargestellten Gefahrengeraden der Version Zwei 9 verschiedene Handlungen118 unterscheiden, die sich nach dem Grad der Gefahrenanzeige richten.

Gespräche mit A340 Linienpiloten haben ergeben, daß Piloten zu jeder unter-schiedlichen Gefahrengradanzeige eine klare Handlungsanweisung haben wollen, um nicht unter starker Belastung intuitiv handeln zu müssen.

Untersuchungen haben ergeben, daß in Streßsituationen die geistige Leistungsfä-higkeit auf einen Bruchteil zurückgeht. Professor Rainer Dietrich, Psycholinguist an der Humboldt-Universität zu Berlin, hat herausgefunden: Je größer die Streßsi-tuation ist, desto weniger sind Pilot und Copilot in der Lage, wichtige, ja überle-benswichtige Sachverhalte überhaupt sprachlich auszudrücken. Extreme Notfallsi-tuationen wirken derart lähmend auf das Gehirn und damit die Handlungsfähigkeit

7 UMSETZUNG DER DARSTELLUNG IM COCKPIT

118 vgl. Kapitel 7.3 Darstellung von Steuerbefehlen

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SEITE 76 TEIL II: REALISIERUNG

des versierten Flugkapitäns, daß selbst das beste Training nicht weiterhilft.119 Ba-sierend auf dieser Erkenntnis wurde die Version Drei entwickelt.

Während es in der Version Zwei eine Grundeinstellung und 9 Gefahrengrade gab, gibt es in der dritten Version nur noch zwei Gefahrengrade. Der erste Gefahren-grad soll den Piloten warnen, während in der zweiten Gefahrenstufe konkrete Handlungen erforderlich sind.

Im Gefahrengrad 1 wird der ganze Attitude Reference Bar amber-farben. Diese Gefahrenstufe soll dem Piloten signalisieren, daß er aufpassen muß, daß er das Flugzeug nicht noch stärker belastet und er so in die zweite Gefahrenstufe kommt. Dem Piloten werden in dieser Stufe auch schon Steuerbefehle120 angezeigt, aller-dings braucht er sie nicht unbedingt zu befolgen, sofern er das Flugzeug nicht wei-ter an seine Belastungsgrenzen führt. Falls es die Situation also erfordert, kann er die Steuerbefehle ignorieren.

Im zweiten Gefahrengrad hingegen ist eine Handlung nach den Steuerbefehlen zwingend erforderlich. Der Attitude Reference Bar ist komplett rot eingefärbt und hat genauso wie die Gefahrenstufe 1 eine schwarze Umrandung.

Die hier vorgesehene Farbphilosophie entspricht auch den Lufttüchtigkeitsforde-rungen121: "Wenn Warn-, Vorwarn- oder Betriebsleuchten im Führerraum einge-baut sind, müssen sie, wenn von der Behörde nicht anders zugelassen, (a) rot sein, wenn es sich um Warnleuchten handelt (Leuchten, die eine Gefahr anzeigen, die eine sofortige Abhilfemaßnahme erfordern könnte); (b) gelb [entspricht amber] sein, wenn es sich um Vorwarnleuchten handelt (Leuchten, die die mögliche Not-wendigkeit einer späteren Abhilfemaßnahme anzeigen); ... ."

Die folgende Tabelle 9 zeigt eine Übersicht der beiden Gefahrengrade der dritten Version und die notwendigen Handlungen. In Tabelle 10 sind die unterschiedli-chen Einfärbungen des Attitude Reference Bars in Abhängigkeit der Gefahrengra-de dargestellt.

Das kleine Quadrat in der Mitte des PFD zwischen den beiden Teilen des Attitude Reference Bar verfärbt sich nur von der Normalversion des Normal Law zur Nor-malversion im Failure Case (Alternate Law, Direct Law und Mechanical Backup) in der gleichen Weise wie der Attitude Reference Bar. Bei einer weiteren Einfärbung des Attitude Reference Bar bei zunehmenden Gefahrengraden, bleibt das Quadrat unverändert in der Normalversion des Failure Case (vgl. Farbangaben in Tabelle 10).

In der weiteren Arbeit wird die Version Drei verwendet. Es ist allerdings nicht aus-zuschließen, daß einigen Piloten die Version Zwei mehr zusagt. In umfangreichen Tests mit einer größeren Stichprobe müßte dies näher untersucht werden.

119 o.V.: Manuskript der Tagung "Kommunikation an hochriskanten Arbeitsplätzen" in Zürich, gesendet im

Deutschlandfunk in der Sendung "Forschung aktuell" am 16.10.2000 120 vgl. Kapitel 7.3 Darstellung von Steuerbefehlen121 Bundesministerium der Justiz (Hrsg.): Lufttüchtigkeitsforderungen, 1.DV LuftBauO - JAR-22 Change 5,

JAR 22.1321, Bonn, 1998, S. 33

7 UMSETZUNG DER DARSTELLUNG IM COCKPIT

Page 89: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

TEIL II: REALISIERUNG SEITE 77

Gefahrengrad Farbe des Attitude Reference Bars

Bedeutung/ Handlung

1 Amber - Einschränkung von bestimmten Manövern - Warnung - Erhöhung der Aufmerksamkeit

2 (vgl. Abbildung 32)

Rot - Handlung sofort erforderlich

Quelle: Eigene Darstellung

Tabelle 9: Übersicht über Gefahrengrade der Version Drei der Spannungspa-rameterdarstellung

Farbe der Innenfläche des Attitude Reference Bars

Farbe der Umran-dung

Normalversion (Normal Law) (vgl. Abbildung 27)

schwarz amber

Normalversion im Failure Ca-se (Alternate Law, Direct Law, Mech. Backup) (vgl. Abbildung 29)

grün schwarz

Gefahrengrad 1 amber schwarz Gefahrengrad 2 (vgl. Abbildung 32)

rot schwarz

Quelle: Eigene Darstellung

Tabelle 10: Einfärbung des Attitude Reference Bar

7.2.5 AKUSTISCHE WARNUNGEN

Neben den visuellen Warnungen für die Piloten in verschiedenen Anzeigeinstru-menten gibt es beim A330/340 verschiedene akustische Warnungen, die von ei-nem Computer erzeugt werden, z.B. Pieptöne (Beep), oder ein Läuten oder Klin-geln. Neben diesen akustischen Signalen gibt es auch gesprochene Worte in Form von Befehlen und Warnungen, mit denen die Piloten auf kritische Situationen aufmerksam gemacht werden sollen. Sie werden in der Regel 3x wiederholt.

7 UMSETZUNG DER DARSTELLUNG IM COCKPIT

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SEITE 78 TEIL II: REALISIERUNG

"Windshear, Windshear, Windshear" und "Speed, Speed, Speed "122 sind zwei Beispiele solcher akustischen Warnungen.

Für den Fall der kritischen Belastungen würde sich zum Beispiel der Callout: "Lo-ads, Loads, Loads" anbieten, denn dieser Ausruf des Computers würde in die bis-herige Philosophie passen und die Warnung Loads ist in diesem Zusammenhang sicherlich verständlich.

Neben der Loads-Warnung könnten auch Pieptöne verwendet werden, wobei ein einfacher, ein doppelter oder ein dreifacher Piepton möglich wäre (Beep, Double Beep, Triple Beep).

In diversen Gesprächen haben Linienpiloten bestätigt, daß der Callout "Loads, Loads, Loads" sich am besten eignen würde und im Gegensatz zu Pieptönen nicht zu verwechseln ist.

7.3 DARSTELLUNG VON STEUERBEFEHLEN

7.3.1 HERKÖMMLICHE DARSTELLUNG VON STEUERBEFEHLEN

Die Darstellung der Steuerbefehle im Flug und die Darstellung der Spannungs- und Verformungsparameter sollten auf dem Display möglichst nahe beieinander liegen, um eine Änderung der Spannungsanzeige nach einer aktiven Steuermaß-nahme sofort zu sehen und diese auch während des Reagierens direkt im Auge zu haben. Als Anzeigeinstrument bietet sich deshalb nur das PFD an.

Bei der Untersuchung der Anzeigen, die Steuerbefehle darstellen, kommen in Fra-ge: •

der Yaw Bar,

das White Cross und

der Flight Director (FD) - Bar.

Der Yaw Bar eignet sich vom Prinzip her nur zur Darstellung von Seitenrudersteu-erbefehlen. Da aber auch Steuerbefehle für das Höhenruder und für das Querru-der notwendig sind, erscheint diese Anzeigeform ungeeignet, es sei denn, für je-des Ruder wird eine eigene Anzeige entwickelt. Eine Yaw Bar-Anzeige ist in der folgenden Abbildung 33 dargestellt.

122 vgl. Lufthansa (Hrsg.): AOM A 340, Vol. 1, Chap. 1.22.60, REV 8, P. 1

7 UMSETZUNG DER DARSTELLUNG IM COCKPIT

Page 91: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

TEIL II: REALISIERUNG SEITE 79

Quelle: Screenshot an der SRF

Abbildung 33: Steuerbefehldarstellung mit Hilfe des Yaw Bar

Die Steuerbefehldarstellung mit dem White Cross erscheint zuerst recht logisch, da sie wie der FD-Bar auch Lateral- und Vertikalkommandos darstellt. Die her-kömmliche White Cross-Anzeige ist aber nur am Boden verfügbar. Aus diesem Grund ist sie für die Darstellung von Steuerbefehlen während des Fluges nicht geeignet, denn der Pilot könnte in der Streßsituation die Anzeige falsch interpretie-ren und vermuten, daß er sich im Ground Mode befindet. Die White Cross-Anzeige dient am Boden der Überprüfung der Funktion des Side Sticks. In Abbildung 34 ist das White Cross im PFD zu sehen. Die Gefahr einer Fehlinterpre-tation wurde in Gesprächen mit Airbus-Linienpiloten bestätigt.

7 UMSETZUNG DER DARSTELLUNG IM COCKPIT

Page 92: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 80 TEIL II: REALISIERUNG

Quelle: Screenshot an der SRF

Abbildung 34: Steuerbefehldarstellung mit Hilfe des White Cross

Quelle: Screenshot an der SRF

Abbildung 35: Steuerbefehldarstellung mit Hilfe des Flight Director

7 UMSETZUNG DER DARSTELLUNG IM COCKPIT

Page 93: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

TEIL II: REALISIERUNG SEITE 81

Die Flight Director-Anzeige, wie sie in Abbildung 35 dargestellt ist, ist den Piloten in nahezu allen Fluglagen vertraut. Sie besteht aus zwei Balken, deren Schnitt-punkt den Steuerbefehl darstellen, wobei der horizontale Balken das vertikale Steuerkommando und der vertikale Balken das laterale Steuerkommando vorgibt. Die Anzeige ist eine Kommandoanzeige, das heißt, das Anzeigesymbol befindet sich dort, wohin der Pilot steuern soll beziehungsweise muß.

Obwohl es keine begründeten Argumente gegen die Verwendung einer Steuerbe-fehlanzeige mit Hilfe des Flight Director-Bar gibt, besteht eine weitere Möglichkeit, die Steuerbefehle darzustellen. Diese Entwicklung ist im nächsten Kapitel 7.3.2 dargestellt.

7.3.2 TCAS-ANZEIGEPHILOSOPHIE

Das TCAS (Traffic Alert and Collision Avoidance System) ist ein bordautonomes Kollisionsschutzsystem, dessen Entwicklung bis in die späten fünfziger Jahre zu-rückreicht. Es soll drohende Kollisionen erkennen, die Besatzung darüber infor-mieren und dem Piloten Ausweichempfehlungen geben. Während das System in der ersten Phase (Version TCAS I) dem Piloten nur Verkehrsanweisungen als Un-terstützung zur Sichterkennung gab, liefert TCAS II dem Piloten neben den Ver-kehrsanweisungen auch vertikale Ausweichempfehlungen. Alle Flugzeuge mit mehr als 30 Sitzplätzen, Frachtmaschinen ausgenommen, müssen seit dem 30.12.1993 innerhalb des US-amerikanischen Luftraums mit TCAS II ausgerüstet sein.

Im Airbus A330/340 werden die Verkehrsinformationen auf dem ND und die verti-kalen Ausweichempfehlungen auf dem Variometer (Vertical Speed-Anzeige) auf dem PFD dargestellt. Neben diesen Anzeigen gibt es auch akustische Warnun-gen.

Auf dem Variometer gibt es verschiedene Darstellungsformen, jedoch unterliegen alle der gleichen Philosophie: Der rote Bereich zeigt die Steig- beziehungsweise Sinkrate mit einer hohen Kollisionswahrscheinlichkeit und der grüne Bereich die empfohlene Steig- beziehungsweise Sinkrate an. In der folgenden Abbildung 36 sind einige Beispiele dargestellt.

7 UMSETZUNG DER DARSTELLUNG IM COCKPIT

Page 94: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 82 TEIL II: REALISIERUNG

Quelle: Airbus (Hrsg.): System Description Note, TCAS, 34-43-00, P. 61

Abbildung 36: TCAS-Anzeige im Variometer

Die TCAS-Anzeigephilosophie im PFD mit Hilfe einer Einfärbung des Variometers mit rot und gegebenenfalls auch grün erscheint für die Darstellung von Steuerbe-fehlen, um strukturelle Überlastungen zu vermeiden, sinnvoll, was in Gesprächen mit Piloten immer wieder bestätigt worden ist. Die Anzeige aller Steuerbefehle im Variometer ist allerdings nicht möglich, andere "Instrumente" müssen ebenfalls verwendet werden.

Die Steuerbefehle für Steigen und Sinken, also für das Höhenruder, können in der gleichen Art und Weise erfolgen wie die Darstellung der Ausweichempfehlungen des TCAS Systems. Die Steuerbefehle für das Seitenruder lassen sich mit Hilfe des Sideslip Index (vgl. Kapitel 7.3.4) und die Befehle für das Querruder in der Bank Angle-Anzeige (vgl. Kapitel 7.3.5) darstellen.123

123 vgl. Airbus (Hrsg.): A340 System Description Note 34-43-00, P. 55-62 und Lufthansa (Hrsg.): FCOM,

1.34.80, REV 8, P. 1-14

7 UMSETZUNG DER DARSTELLUNG IM COCKPIT

Page 95: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

TEIL II: REALISIERUNG SEITE 83

7.3.3 STEUERBEFEHL FÜR HÖHENRUDER

Der Steuerbefehl für das Höhenruder wird genauso dargestellt wie in der TCAS-Anzeige (vgl. vorheriges Kapitel 7.3.2 TCAS-Anzeigephilosophie). Mit Hilfe der Einfärbung des Variometers gibt man als Steuerbefehl einen roten Bereich vor, in dem die grüne Anzeigenadel nicht stehen darf. Diese Anzeige ist in der folgenden Abbildung 37 links dargestellt.

Quelle: Screenshots an der SRF

Abbildung 37: Steuerbefehldarstellung und reduzierte Steuerbefehldarstellung für Höhenruder

Sofern sich in weiterführenden Analysen herausstellt, daß der Steuerbefehl nur von einer Seite und nicht von zwei Seiten eingeschränkt werden muß, kann für das Höhenruder eine reduzierte Steuerbefehldarstellung, wie in Abbildung 37 rechts dargestellt, verwendet werden. Die reduzierte Steuerbefehldarstellung für das Höhenruder entspricht der reduzierten TCAS-Darstellung (vgl. Abbildung 36 links und Mitte).

7.3.4 STEUERBEFEHL FÜR SEITENRUDER

Die Steuerbefehlanzeige für das Seitenruder erfolgt mit Hilfe des Sideslip Index, der normalerweise bei Triebwerksausfall, bei Landung mit Seitenwind und seitli-chen Beschleunigungen am Boden angezeigt wird. In der nachfolgenden Abbildung 38 ist eine Sideslip-Anzeige dargestellt.

7 UMSETZUNG DER DARSTELLUNG IM COCKPIT

Page 96: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 84 TEIL II: REALISIERUNG

Quelle: Lufthansa (Hrsg.): FCOM 1.31.40, REV 8, P. 4, "Sideslip Index"

Abbildung 38: Sideslip Index Darstellung im Airbus-Cockpit

Der Sideslip Index ist genauso wie z.B. der Flight Director eine Kommandoanzei-ge, das heißt, das Anzeigesymbol ist dort, wohin der Pilot steuern soll. In diesem Fall ist das Indexsymbol nach links ausgeschlagen, das heißt, der Pilot muß nach links steuern und deshalb das linke Pedal des Seitenruders treten, um den Schie-beflugzustand zu reduzieren.

Im Falle eines Triebwerkausfalls bei der Take-off- oder Go-around-Konfiguration wechselt die Sideslip-Anzeige die Farbe von gelb nach blau. Am Boden beim Rol-len repräsentiert es laterale Beschleunigungen des Flugzeugs, im Flug Querbe-schleunigungen, die von den ADIRS gemessen werden. Ein Zentimeter Ausschlag in der Anzeige entspricht einer Beschleunigung von 0,2 g.124

Für den Fall des Steuerbefehls aufgrund von hohen Spannungen ändert sich im Vergleich zur bisherigen Sideslip Index-Anzeige nur die Farbe. Anstatt der gelben und blauen Anzeige wird der Sideslip Index rot. Die folgenden beiden Bilder der Abbildung 39 zeigen verschiedene Darstellungen.

Quelle: Screenshots an der SRF

Abbildung 39: Steuerbefehldarstellung für Seitenruder

124 vgl. Lufthansa (Hrsg.): FCOM 1.27.20, REV 8, P. 8, "Sideslip Target" und Lufthansa (Hrsg.): FCOM

1.31.40, REV 8, P. 4, "Sideslip Index"

7 UMSETZUNG DER DARSTELLUNG IM COCKPIT

Page 97: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

TEIL II: REALISIERUNG SEITE 85

Links sieht man die Ausgangsposition. Auf der rechten Seite ist im Falle eines Schiebezustands ein Steuerbefehl für das Seitenruder dargestellt, dieses nach links auszuschlagen, um den Schiebezustand beziehungsweise die strukturelle Überbelastung zu vermeiden. Dieser Steuerbefehl kann im Falle, daß der Pilot das Seitenruder rechts getreten hat, auch bedeuten, daß anstatt links den Druck zu erhöhen, er den Druck rechts verringern soll.

7.3.5 STEUERBEFEHL FÜR QUERRUDER

Die Steuerbefehlanzeige für das Querruder erfolgt durch die Einfärbung des Bank Angle Indicators. Dieses Prinzip der Einfärbung gleicht der TCAS-Philosophie und der Steuerbefehlanzeige für das Höhenruder. Der Bank Angle Indicator wird dort rot unterlegt, wo die Anzeigenadel nicht stehen darf (Abbildung 40). Da der Steu-erbefehl voraussichtlich geringfügig ist, wird in der folgenden Abbildung eine Ein-färbung bis jeweils zur 30° Marke dargestellt. Die Farbmarkierung könnte natürlich auch bis zur nächsten Markierung, der 45° Marke, gehen.

Quelle: Screenshot an der SRF

Abbildung 40: Steuerbefehldarstellung für Querruder

Wie bei der reduzierten Steuerbefehldarstellung für das Höhenruder (vgl. Abbildung 37 rechts) käme nach entsprechenden Tests auch eine reduzierte Steu-erbefehldarstellung für das Querruder in Betracht, die in der umseitigen Abbildung 41 gezeigt wird.

7 UMSETZUNG DER DARSTELLUNG IM COCKPIT

Page 98: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 86 TEIL II: REALISIERUNG

Quelle: Screenshot an der SRF

Abbildung 41: Reduzierte Steuerbefehldarstellung für Querruder

7.3.6 STEUERBEFEHL FÜR GESCHWINDIGKEITSÄNDERUNG

Auch für die Steuerbefehlanzeige einer Geschwindigkeitsänderung wird die bisher vorgestellte Philosophie für die Steuerbefehle beibehalten. So wie bei den anderen Steuerbefehlen der Bank Angle Indicator beziehungsweise der Vertical Speed In-dicator teilweise eingefärbt wird, wird der Geschwindigkeitssteuerbefehl für die Geschwindigkeitsanzeige teilweise eingefärbt. Die rot eingefärbten Bereiche zei-gen dem Piloten die Geschwindigkeiten, die er vermeiden soll. Der graue nicht eingefärbte Bereich stellt die optimale Geschwindigkeit dar, mit der er aus der kri-tischen Situation herauskommt (Abbildung 42). Im Direct Mode (Alternate Law be-ziehungsweise Direct Law sind aktiv) wird die Geschwindigkeit manuell geregelt.

Quelle: Screenshot an der SRF

Abbildung 42: Steuerbefehldarstellung für Geschwindigkeitsänderung 7 UMSETZUNG DER DARSTELLUNG IM COCKPIT

Page 99: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

TEIL II: REALISIERUNG SEITE 87

Da zivile Strahltriebwerke ca. 7 Sekunden benötigen, wenn die Schubhebeleinstel-lung von Leerlauf auf Maximalschub gestellt wird, bis das Triebwerk reagiert125, ist es fraglich, wie sinnvoll eine solche Anzeige überhaupt ist. Da die Geschwindigkeit auch sehr schnell über den Anstellwinkel geändert werden kann, auf jeden Fall schneller als über die Schubregelung, könnte man den Steuerbefehl für eine Ge-schwindigkeitsänderung auch mit dem Vertical Speed Indicator darstellen. Eine solche Anstellwinkeländerung ist allerdings nichts anderes als ein Abfangmanöver, bei dem wiederum zusätzliche Belastungen auftreten.

Insofern ist bei späteren Analysen noch zu untersuchen, ob die Darstellung von Steuerbefehlen für Geschwindigkeitsänderungen mit Hilfe des Steuerbefehls des Höhenruders im Variometer ausreichend ist.

7.3.7 AKUSTISCHE STEUERBEFEHLE

Neben der optischen Warnung mit der Einfärbung des Attitude Reference Bar, der akustischen Warnung mit dem Ausruf "Loads, Loads, Loads" und den eben be-schriebenen Steuerbefehlen, stellt sich die Frage, ob ein akustischer Steuerbefehl noch notwendig ist.

Wenn die bestehende Airbusphilosophie der Ausrufe126 befolgt wird, die in Kapitel 7.2.5, Akustische Warnungen, beschrieben ist, müßte nach der akustischen War-nung "Loads, Loads, Loads" z.B. der verbale Steuerbefehl "Descent, Descent, Descent" oder "Left, Left, Left" kommen. Da ein Steuerbefehl zur Reduktion von Lasten aber keine Kollisionswarnung ist, bei der ein zu stark ausgeführter Steuer-befehl in der Regel besser ist als eine zu zögerliche Reaktion, besteht die Gefahr des sogenannten Übersteuerns. Mit Übersteuern ist gemeint, daß der Pilot nach einem akustischen Signal nicht genau weiß, wie intensiv dieser Steuerbefehl aus-geführt werden soll. Da aber ein zu stark ausgeführter Steuerbefehl ebenfalls kriti-sche Spannungen hervorrufen kann, wird hier von einem akustischen Steuerbefehl abgeraten und abgesehen.

7.3.8 FESTLEGUNG VON HANDLUNGSPRIORITÄTEN

Bei Betrachtung der Steuerbefehle für die Verminderung von Überlasten muß na-türlich geklärt sein, nach welcher Priorität Steuerbefehle und Warnungen generiert und angezeigt werden.

Die höchste Priorität hat in diesem Zusammenhang die Abwendung von Bodenbe-rührungen, denn dies bedeutet in der Regel eine hohe Zahl an Todesopfern und 125 Das langsame Hochfahren der Triebwerke war auch der Grund, warum die beiden A320-Abstürze am

26.6.1988 in Habsheim/Frankreich und am 14.2.1990 in Bangalore/Indien nicht mehr verhindert werden konnten, als eine zu niedrige Schubeinstellung bemerkt wurde. Quelle: Richter, Jan-Arwed und Wolf, Chri-stian: Jet-Airliner-Unfälle seit 1952, Karlsruhe, 1997, S. 359 und 389

126 vgl. Lufthansa (Hrsg.): AOM A 340, Vol. 1, Chap. 1.22.60, REV 8, P. 1

7 UMSETZUNG DER DARSTELLUNG IM COCKPIT

Page 100: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 88 TEIL II: REALISIERUNG

den Verlust des Flugzeuges. Im A330/340 gibt es zwei Systeme, die vor dieser Gefahr der Bodenberührung warnen. "Windshear" ist eine akustische und visuelle Warnung, die die Piloten insbesondere im Landeanflug vor der Gefahr der Wind-scherungen warnt. Das "Ground Proximity Warning System" (GPWS) warnt den Piloten vor Bodenberührung und Hindernissen, wenn er während des Fluges un-terhalb einer bestimmten Höhe über Grund (Height) fliegt.

Die zweithöchste Priorität hat der Steuerbefehl des TCAS-Systems, das die Kolli-sion zweier Flugzeuge in der Luft verhindern soll. Zweithöchste Priorität deshalb, weil zumindest theoretisch die Möglichkeit besteht, daß das andere Flugzeug aus-weicht.

Die in dieser Arbeit neu entwickelten Steuerbefehle zur Vermeidung von Überlast-gefahren werden in der Wichtigkeit erst hinter den zwei oben genannten Prioritä-ten eingestuft, da die Überlastgefahren nur in Extremfällen zu katastrophalen Er-eignissen führen und in der Regel keine oder nur strukturelle Schäden hinterlas-sen.

Die Prioritäten sind in folgender Reihenfolge aufgebaut:

1. Windshear (Gefahr der Bodenberührung)

2. Ground Proximity Warning System (Gefahr der Bodenberührung)

3. TCAS (Gefahr der Kollision)

4. Spannungen (Gefahr der Beschädigung des Flugzeuges)

Im nächsten Kapitel wird das Trägheitsverhalten der Reaktion der Piloten und die Trägheit der Anzeigen angesprochen und die daraus resultierenden Probleme und die geschlossenen Folgerungen diskutiert.

7.4 UNTERDRÜCKUNG, DÄMPFUNG UND TRÄGHEIT DER ANZEIGE Durch die Trägheit der menschlichen Reaktionsfähigkeit macht es keinen Sinn, Anzeigen, die zum Handeln animieren sollen, also Anzeigen für Steuerbefehle, schneller zu ändern, als ein Durchschnittspilot darauf reagieren kann.

Wenn die Spannungs- und Verformungsparameter im Attitude Reference Bar zum Beispiel mit einer sehr hohen Wiederholrate beziehungsweise Aktualisierungsrate angezeigt werden, nützt eine Onlineanzeige den Piloten nur beschränkt, weil er unter Umständen auf diese nicht schnell genug reagieren kann. Eine Anzeige von Steuerbefehlen macht nur dann Sinn, wenn Steuerkommandos so stark gedämpft werden, daß ein Pilot sie auch befolgen kann. Dämpfung heißt in diesem Zusam-menhang, daß sie sich so langsam verändern, daß der Pilot eine Chance hat, die Steuerbefehle zu realisieren und ihnen zu folgen.

7 UMSETZUNG DER DARSTELLUNG IM COCKPIT

Page 101: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

TEIL II: REALISIERUNG SEITE 89

Anderenfalls wäre eine Unterdrückung der Anzeige von kurzfristigen Spannungs-spitzen eine logische Konsequenz. Wenn Spannungsspitzen sich hingegen regel-mäßig oder auch öfters unregelmäßig wiederholen und einen kritischen Wert über-schreiten, sollte eine Anzeige der Spannungs- und Verformungsparameter und der Steuerbefehle dargestellt werden.

Ein weiteres Kriterium dafür, ob eine Kommandoanzeige für einen Steuerbefehl aufgrund einer Spannungsspitze erfolgen soll oder nicht, ist die Schwingungsdau-er von Beginn bis zum Ende der Amplitude im kritischen Bereich. Wenn in dieser Zeit eine bestimmte Größe erreicht wird, die möglicherweise auch mehrere Minu-ten andauern kann, ist von einer Unterdrückung abzuraten. Bis zu welcher Ampli-tude eine Unterdrückung stattfinden sollte, ist in gesonderten Umfragen und Expe-rimenten, die nicht im Rahmen dieser Arbeit liegen, zu untersuchen.

In der folgenden Abbildung 43 sind zwei Reihen mit unterschiedlichen Span-nungsamplituden dargestellt. Die Schwingungsdauer ist in diesem Beispiel bei al-len Amplituden gleich und liegt nach der Definition des letzten Abschnitts im zu unterdrückenden Bereich. Die Größe der Amplituden, also die Stärke der Überlast, variiert allerdings stark.

Reihe 1 liegt überwiegend im "grünen Bereich" (grüne Anzeige des Attitude Refe-rence Bar), der amber-farbene Bereich wird selten erreicht und der rote Bereich nur einmal. Da auf eine einzelne kurze Spannungsspitze nicht zu reagieren ist, wird sie unterdrückt.

Reihe 2 hat unregelmäßige Ausschläge, die immer wieder in den "roten Bereich" hineinreichen. Jeder einzelne Ausschlag liegt zwar im zu unterdrückenden Be-reich, allerdings wiederholen sich die Ausschläge immer wieder, wenn auch unre-gelmäßig. Hier wäre eine Unterdrückung der Steuerbefehle nicht sinnvoll.

Schwingungsdauer

Am

plitu

de

Reihe1Reihe2

Quelle: Eigene Darstellung

Abbildung 43: Darstellung von Spannungsspitzen

7 UMSETZUNG DER DARSTELLUNG IM COCKPIT

Page 102: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 90 TEIL II: REALISIERUNG

Diese zwei dargestellten Spannungsverläufe sind sehr unterschiedlich, und es stellt sich die Frage, wie auf Belastungskurven reagiert werden soll, die genau zwi-schen diesen beiden Belastungskurven liegen.

Bei Airbus kommen bereits heutzutage sogenannte Unterdrückungszeiten (De-bounce Time) zur Anwendung, die besagen, mit welcher Verzögerungszeit z.B. eine Warnung für zu niedrigen Öldruck (Hydraulic Low Pressure Indication) ange-zeigt wird.

Im folgenden Kapitel wird ein Zuverlässigkeits- und Sicherheitskonzept für das neue System aufgebaut und neben der Ausfallwahrscheinlichkeit auch die Funkti-onskritikalität untersucht.

7 UMSETZUNG DER DARSTELLUNG IM COCKPIT

Page 103: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

TEIL II: REALISIERUNG SEITE 91

8 ZUVERLÄSSIGKEITS- UND SICHERHEITSKONZEPT

8.1 REDUNDANZ UND AUSFALLWAHRSCHEINLICHKEIT Die möglichst geringe Ausfallwahrscheinlichkeit (Fehlern)127, die von Systemen gefordert wird, muß um so kleiner werden, je schwerwiegender die möglichen Auswirkungen auf das Gesamtsystem Flugzeug und seine Passagiere sind. Abge-sehen davon, daß nur hochzuverlässige Systeme Verwendung finden, werden diese redundant ausgelegt.

Der Redundanzgrad orientiert sich dabei an der Bedeutung des einzelnen System-teils. Viele lebenswichtige Systeme in einem modernen Flugzeug sind deshalb dreifach redundant. So sind im Airbus A330/A340 drei Hydrauliksysteme ("Yellow", "Blue", "Green"), drei MCDUs, drei PRIMs, drei Trägheitsnavigationsplattformen (Air Data and Inertial Reference Unit), usw. vorhanden, um einige Beispiele zu nennen.

Im Luftverkehr spricht man bei der Auslegung von Systemen von dem sogenann-ten Safe-Life-Prinzip. Dies heißt, daß diese Systeme lebensdauersicher ausgelegt werden. Das Safe-Life-Prinzip sieht vor, daß alle sicherheitstechnischen Bauteile so zuverlässig ausgelegt sind, daß bestimmte Gefährdungswahrscheinlichkeiten nicht überschritten werden. Dabei gelten die folgenden Grundsätze:128

Das System geht fehlerfrei in Betrieb.

Die Betrachtungsebene ist die Funktion (Funktionalität).

Die Ausfälle einer Funktion oder Fehlfunktion bleiben im Rahmen der zulässi-gen Wahrscheinlichkeit.

Im Rahmen des Nachweisverfahrens mittels eines System Safety Assessments (SSA) ist die Zuverlässigkeit sowohl qualitativ als auch quantitativ zu ermitteln. Bei einem SSA kann in einigen Fällen, wenn z.B. Fehlerauswirkungen mit "minor" klassifiziert werden können und wenn ein System gleichzeitig einen geringen In-novationsgrad und eine geringe Komplexität aufweist, auf den quantitativen Nach-weis der Zuverlässigkeit verzichtet werden.

Nach den Bauvorschriften für den Flugzeugbau FAR und JAR 25.1309 müssen Systeme und Komponenten für sich und bezüglich ihrer Einwirkungen auf andere Systeme folgende Bedingungen erfüllen:129

127 vgl. Definition von "Ausfall" und "Fehler" im Glossar 128 vgl. Meyna, Arno: Zuverlässigkeitsbewertung zukunftsorientierter Technologien, Braunschweig/ Wiesba-

den, 1994, S. 198 und Airbus Document No. 466.099/89 129 vgl. Meyna, Arno: Zuverlässigkeitsbewertung zukunftsorientierter Technologien, Braunschweig/ Wiesba-

den, 1994, S. 200

8 ZUVERLÄSSIGKEITS- UND SICHERHEITSKONZEPT

Page 104: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 92 TEIL II: REALISIERUNG

Das Auftreten eines Fehlers, der die sichere Flugdurchführung und Landung verhindert, muß äußerst unwahrscheinlich (extremely improbable) sein.

Das Auftreten eines Fehlers, der die Flugfähigkeit wesentlich einschränkt oder die Möglichkeiten der Flugzeugbesatzung beschränkt, mit außergewöhnlichen Betriebszuständen zurechtzukommen, muß unwahrscheinlich (improbable) sein.

Unter Zugrundelegung aller möglichen Fehler wird in der Luftfahrt gefordert, daß ein Unfall aufgrund von Systemfehlern höchstens alle zehn Millionen Flugstunden auftreten darf. Das entspricht einer Ausfallrate des Gesamtsystems Flugzeug von kleiner 10-7 pro Flugstunde (Fh-1).

Eine Ausfallwahrscheinlichkeit130 von 10-6 bis 10-7 Fh-1 ist durch Tests nachweis-bar. Ab einer Nachweisbarkeit einer Ausfallwahrscheinlichkeit von 10-8 Fh-1 und kleiner muß objektiv von "Philosophie" gesprochen werden, denn dann ist die Aus-fallwahrscheinlichkeit durch Tests nicht mehr realistisch nachweisbar.

Man geht deshalb von der willkürlichen Annahme aus, daß es in einem Flugzeug etwa einhundert Fehlerereignisse gibt, die eine sichere Durchführung des Fluges verhindern, und die damit extrem unwahrscheinlich gemacht werden müssen. Für solche Fehler wird dementsprechend eine Fehlerrate von 10-9 Fh-1 gefordert. Sie dürfen somit nur einmal innerhalb einer Milliarde Flugstunden auftreten.131

Nach der Federal Aviation Regulation FAR 25.1309, die von der US-amerikanischen Federal Aviation Administration (FAA) herausgegeben wird, und dem europäischen Joint Aviation Requirement JAR 25.1309, die von den Joint Aviation Authorities (JAA) veröffentlicht wird, werden die Auswirkungen der Feh-lerereignisse einheitlich in vier Gefahrenklassen unterschieden. Hinsichtlich der Auftretenswahrscheinlichkeiten (Fehlerwahrscheinlichkeiten) kennt die FAR drei und die JAR fünf Abstufungen.

Die Ermittlung der Auswirkungen eines spezifischen Fehlers und die Zuordnung einer zulässigen Auftretenswahrscheinlichkeit wird auch Hazard-Assessment132 genannt und ist in der folgenden Abbildung 44 dargestellt.

130 vgl. Definition von "Ausfallwahrscheinlichkeit" im Glossar 131 vgl. Meyna, Arno: Zuverlässigkeitsbewertung zukunftsorientierter Technologien, Braunschweig/ Wiesba-

den, 1994, S. 202 132 Hazard-Assessment kann sinngemäß mit Gefährdungsabschätzung übersetzt werden.

8 ZUVERLÄSSIGKEITS- UND SICHERHEITSKONZEPT

Page 105: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

TEIL II: REALISIERUNG SEITE 93

unbedeutend(minor)

bedeutend(major)

gefährlich(hazardous)

katastrophal(catastrophic)

Auswirkungen:(effects)

häufig

(frequent)

ziemlichwahrscheinlich

(reasonablyprobable)

fernliegend

(remote)

äußerstfernliegend(extremely

remote)

Auftretender Fehler:

10-7 10-910-5

Ausfallwahrscheinlichkeit/ Fehlerrate pro Flugstunde

akzeptabel

nichtakzeptabelFähig-

keit, denFehler

zu korri-gieren

1

0

äußerstunwahrschein-

lich(extremely

improbable)

10-3

wahrscheinlich(probable)

unwahrscheinlich(improbable)FAR

JAR

10-3 10-5 10-7 10-9

Quelle: Eigene Darstellung nach Federal Aviation Administration (Hrsg.): FAR 25, Large Aeropla-nes, FAR 25.1309, 1994, Meyna, Arno: Zuverlässigkeitsbewertung zukunftsorientierter Technolo-gien, Braunschweig/Wiesbaden, 1994, S. 195ff und Society of Automotive Engineers (SAE) (Hrsg.): Guidelines and Methods for Conducting the Safty Assessment Process on Civil Airborne Systems and Equipment, SAE ARP4761, Warrendale, PA, USA, 1996

Abbildung 44: Aufbau des Hazard-Assessments

Die nach rechts sinkende Kurve der Abbildung 44 zeigt: Je mehr die Fähigkeit, den Fehler zu korrigieren abnimmt, desto gefährlicher ist der Fehler und desto weniger akzeptabel ist das Auftreten dieses Fehlers.

Die Auswirkungen werden in folgende vier Klassen unterteilt133:

133 Quelle: Federal Aviation Administration (Hrsg.): FAR 25, Large Aeroplanes, FAR 25.1309, 1994 und Mey-

na, Arno: Zuverlässigkeitsbewertung zukunftsorientierter Technologien, Braunschweig/Wiesbaden, 1994, S. 203

8 ZUVERLÄSSIGKEITS- UND SICHERHEITSKONZEPT

Page 106: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 94 TEIL II: REALISIERUNG

1. Unbedeutende Auswirkungen, wahrscheinliches Auftreten des Fehlers a. häufiges Auftreten des Fehlers (> 10-3 Fh-1) b. ziemlich wahrscheinliches Auftreten des Fehlers (10-3 - 10-5 Fh-1)

2. Bedeutende Auswirkungen, fernliegendes Auftreten des Fehlers (10-5 - 10-7 Fh-1)

3. Gefährliche Auswirkungen, äußerst fernliegendes Auftreten des Fehlers (10-7 - 10-9 Fh-1)

4. Katastrophale Auswirkungen, äußerst unwahrscheinliches Auftreten des Fehlers (< 10-9 Fh-1)

Die Ausfallwahrscheinlichkeit muß also bei einem Systemausfall, der katastropha-le Auswirkungen hat, besser (geringer) als 10-9 Fh-1 sein.

8.2 GEFAHRENANALYSE UND FUNKTIONSKRITIKALITÄT Bei der Untersuchung und der Bestimmung von Ausfallwahrscheinlichkeiten von Computern sind nicht nur solche Fälle relevant, die direkt durch Hardware- und Softwarefehler eines Untersystems verursacht werden, sondern auch Kombinati-onsfehler, an denen mehrere Untersysteme beteiligt sein können.134

Um die Ausfallwahrscheinlichkeit des neu entwickelten Systems zu verringern (verbessern) und die Zuverlässigkeit zu erhöhen, müssen die neuen Systeme eine größtmögliche Unabhängigkeit von allen bisherigen Systemen haben.

Das erweiterte System gemäß Abbildung 24 hat folgende Aufgaben:

Aufnahme der kritischen Spannungen, die mit den DMS gemessen werden,

Berechnung der Anzeige der Spannungs- und Verformungsparameter,

Generierung der Anzeige der Spannungs- und Verformungsparameter im PFD,

Berechnung der Steuerbefehle unter Berücksichtigung der Sollbahn,

Anzeige der Steuerbefehle im PFD und

Generierung der akustischen Warnungen.

Um diese Aufgaben erfüllen zu können, muß für die neuen Geräte ein Mindest-maß an Unabhängigkeit gewährleistet sein, und zwar:

Unabhängigkeit von der Stromversorgung: Das neue System hängt über einen Wandler direkt an den Gleichstrombatterien.

134 vgl. Meyna, Arno: Zuverlässigkeitsbewertung zukunftsorientierter Technologien, Braunschweig/ Wiesba-

den, 1994, S. 209

8 ZUVERLÄSSIGKEITS- UND SICHERHEITSKONZEPT

Page 107: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

TEIL II: REALISIERUNG SEITE 95

Größtmögliche Unabhängigkeit von den fehlerhaften Eingaben der anderen Computer

• Unabhängigkeit von der Informationsbeschaffung (Inputs von Rudern und Pitots direkt)

Die beste und sicherste Lösung ist ein komplett unabhängiges System mit einer entsprechend hohen Redundanz.

Bei der Untersuchung, welchen Einfluß der Ausfall des neuen Systems auf den sicheren Betrieb des Flugzeugs hat, werden zwei Fälle unterschieden:

a) Das neue System ist Non Essential: Der Ausfall des neuen Systems hat keinen Einfluß auf die Sicherheit des Flugzeugs.

b) Das neue System ist Essential: Das neue System wird als Ersatzsystem/ Not-system mitgeführt. Bei dessen Einsatz gibt es keine weiteren Notsysteme. Ein Flugzeug darf deshalb ohne dieses funktionierende System nicht starten.

Die geschätzte Auswirkung der Fehlerbedingung des neuen Systems, die die größte Gefahr für das Flugzeugsystem darstellt, ist nach der folgenden Tabelle 11 Catastrophic.

Geht man in dieser Tabelle dann horizontal nach rechts, ist die Funktionskritikalität für Komponenten, die ohne weitere Fehlfunktionen oder unerwünschte Ereignisse verursacht wird, Critical. Die Funktionskritikalität für die Komponenten, die die Auswirkung mehrerer Fehlfunktionen oder unerwünschter Ereignisse sind, ist Es-sential.

Funktionskritikalität der Komponenten Geschätzte Auswirkung der Fehlerbedingung des betrachteten Systems, die die größte Gefahr für das Flugzeugsystem darstellt

Fehlerbedingung, die oh-ne weitere Fehlfunktionen oder unerwünschte Erei-gnisse verursacht wird

Fehlerbedingung ist die Auswirkung mehrerer Fehlfunktionen oder un-erwünschter Ereignisse

Catastrophic Critical Essential Hazardous Essential Essential

Major Essential Non Essential Minor Non Essiential Non Essential

Quelle: Meyna, Arno: Zuverlässigkeitsbewertung zukunftsorientierter Technologien, Braunschweig/ Wiesbaden, 1994, S. 210

Tabelle 11: Funktionskritikalität

8 ZUVERLÄSSIGKEITS- UND SICHERHEITSKONZEPT

Page 108: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 96 TEIL II: REALISIERUNG

Die Ausfallwahrscheinlichkeit für das bisherige System kann jetzt höher sein (z.B. Extremely Remote), denn die Gesamtwahrscheinlichkeit eines Ausfalls muß < 10-9 Fh-1 sein; das heißt, die Differenz von dem bisherigen System, von dem die An-sprüche jetzt nicht mehr so hoch sein müssen, bis zur Ausfallwahrscheinlichkeit von 10-9 Fh-1 übernimmt das neue System.

Nach der Bestimmung der Funktionskritikalität werden die Komponenten unter-sucht, aus denen das System aufgebaut ist. Auch hierbei wird unterschieden, ob der Ausfall einer Komponente allein einen gefährlichen Zustand hervorrufen kann oder dieser nur in Verbindung mit anderen Fehlfunktionen auftreten kann.135 Diese Komponentenklassifizierung ist in der nachfolgenden Tabelle 12 dargestellt.

Die Komponenten des neu eingeführten Systems haben die Kritikalität Critical be-ziehungsweise Essential. Nach Tabelle 12 ist der zugehörige Software-Level Level 1 beziehungsweise Level 2.

Hardware Kritikalität, Software-Level Fehlerbedingung ist die Konse-quenz ...

Kritikalität der Funktion, an der die Kompo-nente beteiligt ist ... eines Hard-

warefehlers ... eines Soft-warefehlers

Fehlerbedingung ist die Kon-sequenz von Ausfällen mehre-rer Komponenten, uner-wünschter Ereignisse und/oder Softwarefehlern

Critical Critical Level 1 Essential Level 2 Essential Essential Level 2 (Non) Essential Level 2 (3)

Non Essential Non Essential Level 3 Non Essential Level 3 Quelle: Meyna, Arno: Zuverlässigkeitsbewertung zukunftsorientierter Technologien, Braunschweig/ Wiesbaden, 1994, S. 211

Tabelle 12: Komponentenklassifizierung

Wenn das Flugzeug im Direct Law fliegt, sind bereits zahlreiche Systeme bezie-hungsweise Teilsysteme ausgefallen136, aber die neue Anzeige funktioniert noch. Dies bedeutet, daß die Ausfallwahrscheinlichkeit der neu entwickelten Anzeige und aller dazugehörigen Systeme niedriger (besser) als die der bisherigen Compu-ter sein und nach dem Hazard-Assessment137 mindestens 10-9 Fh-1 betragen muß.

135 vgl. Meyna, Arno: Zuverlässigkeitsbewertung zukunftsorientierter Technologien, Braunschweig/ Wiesba-

den, 1994, S. 210 136 vgl. Abbildung 11: Unterschiede zwischen ALT1, ALT2 und Direct Law137 vgl. Abbildung 44: Aufbau des Hazard-Assessments

8 ZUVERLÄSSIGKEITS- UND SICHERHEITSKONZEPT

Page 109: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 97

Teil III: EXPERIMENTE, ERGEBNISSE UND AUSBLICK

9 EXPERIMENTE UND UNTERSUCHUNGEN Beim Aufbau eines validierbaren Tests stellt sich die Frage, welcher oder welche Kombination der Darstellung der in Kapitel 7 entwickelten Steuerbefehle sich am besten für einen Versuch eignet.

Entwickelt wurden Steuerbefehle für das Höhenruder (Kapitel 7.3.3), für das Sei-tenruder (Kapitel 7.3.4), für das Querruder (Kapitel 7.3.5) und für eine Geschwin-digkeitsänderung (Kapitel 7.3.6).

Ein typisches Szenario für einen kritischen Spannungszustand ist der Trieb-werksausfall bei hoher Geschwindigkeit: Das Flugzeug befindet sich in einem schnellen flachen Steigflug mit Climb Power im Failure Case wenn ein Triebwerk ausfällt. Dadurch entsteht ein sehr großes Moment an der Seitenleitwerkswurzel. Der Pilot tritt instinktiv ins Seitenruder um das Moment auszugleichen. Da das Sei-tenruder durch Manöverlasten dimensioniert wird - es ist ein Bauteil der sogenann-ten PMF-Kategorie -, kann dieser Steuerimpuls bei ausgefallenen oder ausge-schalteten Protections leicht dazu führen, daß Lasten in den kritischen Bereich kommen. Ein Steuerbefehl für das Seitenruder ist notwendig, damit der Pilot mög-lichst weit von den kritischen Lasten entfernt bleibt.

Um die entwickelten Anzeigen bewerten und beurteilen zu können, wurde einer-seits eine Internetumfrage (Kapitel 9.1) und andererseits Simulatortests (Kapitel 9.2) auf dem A330/A340 Full Flight Simulator des ZFB durchgeführt.

9.1 INTERNETBEFRAGUNG Die Internetbefragung hatte zur Zielsetzung, eine größere Gruppe von Piloten mit minimalem finanziellen Aufwand die entwickelten Seiten beurteilen zu lassen.

Die Internetbefragung bestand aus vier Teilen:

I. Anschreiben138

II. Einleitung und Erklärung

III. Beschreibung der Tests139

IV. Fragebogen140

138 vgl. Anhang 2 139 siehe Kapitel 9.1.1 Versuchsszenario 140 vgl. Anhang 3

9 EXPERIMENTE UND UNTERSUCHUNGEN

Page 110: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 98

Im ersten Teil wurde den Befragten der Hintergrund und die Motivation der Arbeit, im zweiten Abschnitt die entworfenen Cockpitanzeigen anhand von Beispielen er-läutert. Im Teil III wurde das Versuchsszenario in 8 Schritten (8 Seiten in der Inter-netumfrage) beschrieben. Diese werden im nächsten Kapitel sinngemäß wieder-gegeben. Zum Schluß folgte ein Fragebogen, der online auszufüllen und anonym zurückzusenden war.

9.1.1 VERSUCHSSZENARIO DER INTERNETUMFRAGE

Die Beschreibung des Versuchsszenarios im Internet:

Seite1

Ausgangssituation:

Der Airbus A330 befindet sich im Direct Law, wobei es hier darauf ankommt, daß die Protections nicht aktiv sind.

Es ist also ohne Bedeutung, ob das Direct Law durch den Ausfall von verschiede-nen Systemen gilt oder bewußt die relevanten Geräte beziehungsweise Systeme ausgeschaltet wurden.

Bei dem getesteten Szenario befindet sich das Flugzeug nach dem Start in Frank-furt/Main auf der Startbahn 25L in einem schnellen und flachen Steigflug mit Climb Power in Flugfläche 116141. Der Steuerkurs beträgt 250° mwN, die Nicklage ca. 5°-8° und die Geschwindigkeit (Indicated Air Speed) rund 300 kts.

In der folgenden Abbildung 45 ist das PFD in der Ausgangsposition (Steigflug) dargestellt. In Tabelle 13 sind alle Variablen, die von dem C-Programm a340pfds.c gesteuert werden, mit den entsprechenden Werten tabellarisch auf-gelistet. In der linken Spalte den nächsten 8 Tabellen, beginnend mit der Tabelle 13, sind die Variablen des Simulationsprogramms beschrieben und in der rechten Spalte sind die entsprechenden CDB-Variablen mit den zugehörigen Werten auf-gelistet.

141 Es wurde eine Flugfläche oberhalb von FL 100 gewählt, da hier Flugzeugen keine Geschwindigkeitsbe-

schränkung mehr auferlegt ist.

9 EXPERIMENTE UND UNTERSUCHUNGEN

Page 111: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 99

Quelle: Screenshot an der SRF

Abbildung 45: PFD im Steigflug (Seite 1)

Simulatorvariable CDB-Variable Simulationszeit zwischen 0 und 200 sek. 0 < ytsimtm < 200 Bank Angle (Querlage) = 0° qerzdattro = 0 Pitch (Nicklage) = +5° qerxpitch = 5 Speed (Geschwindigkeit) = 297 kts qerxspd = 297.00 Altitude (Höhe): FL 116 (ca. 11.670 ft) qerxaltsca = 11.67

qeixdrum = 1167 Vertical speed (Vertikalgeschwindigkeit) = +30 ft/min qerxpvsp = -30 Heading (Steuerkurs) = 250° mwN qerhdgsc = 25.0 Steuervariablen für die Steuerbefehlanzeige des Seitenru-ders

rudanz = t

Steuervariable für die Farbe des Attitude Reference Bar wert2 = grün Quelle: Eigene Darstellung

Tabelle 13: PFD-CDB Variablen im Steigflug

9 EXPERIMENTE UND UNTERSUCHUNGEN

Page 112: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 100

Seite 2

Ein Triebwerk fällt aus, wodurch ein sehr großes Moment an der Seitenleitwerks-wurzel entsteht.

Beim vorliegenden Szenario fällt beim Airbus A330 das rechte Triebwerk (ENG 2) aus. Das Flugzeug "schiebt" dadurch nach rechts. Wie in Abbildung 46 zu sehen ist, ändert sich das Heading von 250° mwN auf z.B. 254° mwN. In Tabelle 14 ste-hen alle geänderten Variablen mit den zugehörigen neuen Werten.

Quelle: Screenshot an der SRF

Abbildung 46: PFD nach Triebwerksausfall (Seite 2)

Heading = 254° mwN qerhdgsc = 25,4 Steuervariablen für die Steuerbefehlanzeige des Seitenruders rudanz = t Steuervariable für die Farbe des Attitude Reference Bar wert2 = grün

Quelle: Eigene Darstellung

Tabelle 14: PFD-CDB Variablen nach Triebwerksausfall

9 EXPERIMENTE UND UNTERSUCHUNGEN

Page 113: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 101

Um das Moment auszugleichen und das Flugzeug auf Kurs (Kurs über Grund) zu halten, tritt der Pilot instinktiv ins Seitenruder.

In dem Beispielszenario tritt der Pilot auf das linke Seitenruderpedal, um ein Mo-ment nach rechts auszugleichen.

Durch den Ausfall der Protections kann es bei einem starken und schnellen Sei-tenruderausschlag, wie es z.B. bei einem einseitigen Triebwerksausfall vom Pilo-ten zu erwarten ist, dazu kommen, daß die Spannung in der Seitenleitwerkswurzel sich dem kritischen Bereich nähert oder diesen auch erreicht.

Die Kurve 1 in der folgenden Abbildung 47 zeigt schematisch die geregelte Span-nungszunahme mit Protections, das heißt, das Flugzeug befindet sich im Normal Law. Die Kurve 2 stellt den schnellen steilen Anstieg der Spannung dar, wenn die Protections nicht aktiv sind, das heißt, das Flugzeug fliegt im Direct Law, und da-nach ein allmähliches Absinken auf die erste Kurve. Die Kurve 3 zeigt einen Span-nungsverlauf, in dem beispielhaft gezeigt wird, wie eine Spannungsreduktion grafisch aussehen kann, wenn der Pilot nach Anzeige der hohen Spannung inter-veniert und die Steuerbefehle zur Spannungsreduktion befolgt. Die Zeitpunkt der Intervention liegt an dem Punkt, an dem sich Kurve 2 und 3 sich trennen.

1

2

3

Spannung

Zeit Quelle: Eigene Darstellung

Abbildung 47: Vergleich der Spannungsspitzen nach Seitenruderausschlag

9 EXPERIMENTE UND UNTERSUCHUNGEN

Page 114: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 102

Seite 3

Darstellung der Spannungs- und Verformungsparameter142:

Die hohe Spannung, in diesem Fall in der Seitenleitwerkswurzel, wird dem Piloten mit Hilfe der Einfärbung des Attitude Reference Bar im PFD angezeigt. Der Attitu-de Reference Bar verfärbt sich erst von grün nach amber (Abbildung 48) und dann von amber nach rot (Abbildung 49). Der Schiebewinkel und das Heading haben sich auf Grund des Steuerruderausschlags etwas verringert. Die Tabelle 15 enthält die Werte der geänderten Variablen der Abbildung 48.

Quelle: Screenshot an der SRF

Abbildung 48: PFD nach der ersten Einfärbung des Attitude Reference Bar (Seite 3)

Simulationszeit zwischen 200 und 205 sek. 200 ≤ ytsimtm < 205 Heading = 253° mwN qerhdgsc = 25,3 Steuervariable für die Farbe des Attitude Reference Bar wert2 = amber

Quelle: Eigene Darstellung

Tabelle 15: PFD-CDB Variablen nach der ersten Einfärbung des Attitude Re-ference Bar

9 EXPERIMENTE UND UNTERSUCHUNGEN

142 vgl. Kapitel 7.2 Darstellung von Spannungs- und Verformungsparametern

Page 115: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 103

Seite 4

Weitere Einfärbung des Attitude Reference Bar:

Die nachfolgende Abbildung 49 zeigt die weitere Farbveränderung des Attitude Reference Bar von amber nach rot und Tabelle 16 die dazugehörigen Variablen.

Quelle: Screenshot an der SRF

Abbildung 49: PFD nach der weiteren Einfärbung des Attitude Reference Bar (Seite 4)

Simulationszeit zwischen 205 und 210 sek. 205 ≤ ytsimtm < 210 Steuervariable für die Farbe des Attitude Reference Bar wert2 = rot

Quelle: Eigene Darstellung

Tabelle 16: PFD-CDB Variablen nach der weiteren Einfärbung des Attitude Reference Bar

9 EXPERIMENTE UND UNTERSUCHUNGEN

Page 116: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 104

Seite 5

Darstellung des Steuerbefehls:143

Ein Steuerbefehl wird angezeigt, um den Piloten darauf hinzuweisen, wie er die hohen Spannungen reduzieren kann.

Im vorliegenden Szenario wird ihm angezeigt, wie er das Wurzelbiegemoment im Seitenleitwerk wieder aus dem kritischen Bereich herausführen kann. Der Sideslip Index schlägt nach links aus. Das bedeutet, daß der Pilot rechts ins Seitenruder treten muß, beziehungsweise in diesem Fall links den Druck nachlassen muß. Da-durch verringert sich der Schiebewinkel noch weiter (Abbildung 50). Der Tabelle 17 sind alle geänderten Variablen mit den zugehörigen neuen Werten zu entneh-men.

Quelle: Screenshot an der SRF

Abbildung 50: PFD bei Anzeige des Steuerbefehls (Seite 5)

Simulationszeit zwischen 210 und 240 sek. 210 ≤ ytsimtm < 240 Heading = 251° mwN qerhdgsc = 25,1 Steuervariablen für die Steuerbefehlanzeige des Seitenru-ders

rudanz = f

Steuervariablen für die Steuerbefehlanzeige des Seitenru-ders

anz1 = t

Quelle: Eigene Darstellung

Tabelle 17: PFD-CDB Variablen bei Anzeige des Steuerbefehls

9 EXPERIMENTE UND UNTERSUCHUNGEN

143 vgl. Kapitel 7.3 Darstellung von Steuerbefehlen

Page 117: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 105

Seite 6

Der Pilot folgt mit dem Side Stick und/oder dem Seitenruder dem Steuerbefehl auf dem PFD und leitet ein Manöver ein.

In diesem Fall geht der Pilot nur dem Steuerbefehl des Sideslip Index nach, indem er den Druck auf dem linken Seitenruderpedal etwas verringert.

In Abbildung 51 verschiebt sich der Steuerbefehl des Sideslip Index etwas nach rechts, das heißt, der Ausschlag verringert sich geringfügig, da der Pilot den Druck nachläßt. In Tabelle 18 stehen alle geänderten Variablen mit den zugehörigen neuen Werten.

Quelle: Screenshot an der SRF

Abbildung 51: PFD nach dem Rückgang des Steuerbefehls (Seite 6)

Simulationszeit zwischen 240 und 250 sek. 240 ≤ ytsimtm < 250 Steuervariablen für die Steuerbefehlanzeige des Seitenru-ders

anz1 = f

Steuervariablen für die Steuerbefehlanzeige des Seitenru-ders

anz3 = t

Quelle: Eigene Darstellung

Tabelle 18: PFD-CDB Variablen nach dem Rückgang des Steuerbefehls

9 EXPERIMENTE UND UNTERSUCHUNGEN

Page 118: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 106

Seite 7

Durch das Befolgen des Steuerbefehls kommt die Spannung aus dem kritischen Bereich heraus. Abbildung 52 zeigt beispielhaft wie der Attitude Reference Bar sich wieder von rot nach amber verfärbt. Dadurch geht die Steuerbefehlanzeige auch wieder in die Ausgangsposition zurück.

Im konkreten Szenario verringert der Pilot solange den Druck auf dem linken Sei-tenruderpedal, bis sich der Sideslip Index wieder in der Mitte unter dem Dreieck des Bank Angle Indicators einpendelt. Tabelle 19 enthält alle geänderten Varia-blen mit den zugehörigen neuen Werten.

Quelle: Screenshot an der SRF

Abbildung 52: PFD nach dem Rückgang der Einfärbung des Attitude Refe-rence Bar (Seite 7)

Simulationszeit zwischen 250 und 255 sek. 250 ≤ ytsimtm < 255 Steuervariable für die Farbe des Attitude Reference Bar wert2 = amber Simulationszeit zwischen 255 und 260 sek. 255 ≤ ytsimtm < 260 Steuervariablen für die Steuerbefehlanzeige des Seiten-ruders

anz3 = f

Steuervariablen für die Steuerbefehlanzeige des Seiten-ruders

rudanz = t

Quelle: Eigene Darstellung

Tabelle 19: PFD-CDB Variablen nach dem Rückgang der Einfärbung des Atti-tude Reference Bar

9 EXPERIMENTE UND UNTERSUCHUNGEN

Page 119: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 107

Seite 8

Die Spannungsanzeige im Attitude Reference Bar des PFD wird wieder "grün", das heißt, es gibt keine kritischen Spannungen mehr.

Die Spannungs- und die Steuerbefehlanzeige im PFD gehen wieder in ihre Aus-gangslage zurück. Der PFD der Abbildung 53 entspricht wieder der in Abbildung 45. In Tabelle 20 sind alle geänderten Variablen mit den zugehörigen neuen Wer-ten ersichtlich.

Quelle: Screenshot an der SRF

Abbildung 53: PFD in der Ausgangssituation (Seite 8)

Simulationszeit ≥ 260 sek. ytsimtm ≥ 260 Heading = 250° qerhdgsc = 25,0 Steuervariable für die Farbe des Attitude Reference Bar wert2 = grün

Quelle: Eigene Darstellung

Tabelle 20: PFD-CDB Variablen in der Ausgangssituation

9 EXPERIMENTE UND UNTERSUCHUNGEN

Page 120: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 108

Zwischen der Auslenkung des Seitenruders einerseits, also der Stärke des Tritts ins Seitenruderpedal, mit entsprechender Overload-Anzeige im Attitude Reference Bar und dem Ausschlag der Steuerbefehlanzeige anderseits besteht eine Propor-tionalität. Diese Proportionalität soll dem Piloten helfen, die Stärke des Steuerbe-fehls besser abschätzen zu können.

Als Alternative zu dem Tritt ins linke Seitenruderpedal kann man die linke Tragflä-che "hängen lassen", um ein Moment nach rechts auszugleichen. Diese Möglich-keit ist in der folgenden Abbildung 54 dargestellt.

Tests im Simulator haben gezeigt, daß man die linke Fläche um ca. 5° "hängen lassen" muß, um das durch den Triebwerksausfall auftretende Moment komplett auszugleichen. Dabei ist das rechte Triebwerk abgeschaltet und das linke Trieb-werk steht auf CLB-Power (Climb-Power). Die Differenz zwischen Heading (HDG) und Track (TRK) beträgt dann ca. 2-3°.

Quelle: Screenshot an der SRF

Abbildung 54: PFD-Darstellung für Alternative, um einen Triebwerksausfall zu kompensieren

Die Standardprozedur bei Triebwerksausfall ist die Seitenrudertrimmung (Rudder Trim). 1,4° Trimmung des Seitenruderausschlags kompensiert den Triebwerks-ausfall nicht ganz, was bedeutet, daß sich das Flugzeug langsam nach rechts dreht. Das HDG ist um ca. 1° größer als der TRK. Durch das Hängenlassen des linken Flügels um ca. 4° kann die Rechtsdrehung kompensiert werden. 2,6° Trim-mung kompensiert den Triebwerksausfall. Die Flügel hängen dabei nicht.

9 EXPERIMENTE UND UNTERSUCHUNGEN

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SEITE 109

Wirtschaftlich gesehen ist eine Seitenrudertrimmung ohne ein Hängenlassen der Flügel in der Regel sinnvoller, denn es entsteht zwar ein Trimmwiderstand am Sei-tenruder, dessen Effekt aber kleiner ist als der Schiebewiderstand des Rumpfes.

Wenn eine Seitenrudertrimmung im Reiseflug z.B. wegen zu hoher statischer Be-lastungen unerwünscht ist, nimmt man lieber einen wirtschaftlich ungünstigeren Flugzustand in Kauf, z.B. durch das Hängenlassen eines Flügels. Dieser Flugzu-stand ist insofern ungünstiger, weil zusätzlicher Widerstand durch die Querruder-flächen und den Schiebezustand des Rumpfes erzeugt wird.

Anzumerken ist hier, daß das Flügelhängenlassen mit Handsteuerung erfolgen muß, da ein Fly-by-wire-Flugzeug wie der Airbus im Gegensatz zur Seitenruder-trimmung keine Querrudertrimmung besitzt. Das Einhalten eines stationären Flug-zustands ist schwierig zu erreichen.

9.1.2 ERGEBNISSE DER INTERNETUMFRAGE

Die Piloten wurden gebeten, den Fragebogen (Questionnaire)144 nach der Be-schreibung der Tests direkt online auszufüllen, das heißt, die Fragebögen wurden auf institutsfremden Rechnern ausgefüllt und dann per e-mail versendet.

Der Fragebogen "Post-Study System Usability Questionnaire (PSSUQ)" von Ja-mes R. Lewis145 ist wissenschaftlich überprüft und somit auswertbar. Es wäre mit Blick auf die luftfahrttechnischen Belange gut gewesen, wenn der Fragebogen von Lewis etwas anders gestaltet und einige Fragen verändert worden wären, aber Psychologen haben darauf hingewiesen, daß ausschließlich validierte Fragebögen verwendet werden dürfen, weil nur für diese eine wissenschaftliche Auswertbarkeit nachgewiesen ist.

Außerdem ist auf diese Weise das Ergebnis mit anderen Untersuchungen, deren Grundlage der gleiche Fragebogen ist, vergleichbar, auch wenn einige Fragen eventuell nicht optimal in den Zusammenhang passen. Selbst entworfene und for-mulierte Fragebögen sind wissenschaftlich und statistisch zwar auswertbar, aber die Aussagekraft ist wegen der Objektivität in Frage gestellt, da die Gefahr besteht, daß Suggestivfragen gestellt werden.

Um Mißverständnissen vorzubeugen, wurden die Fragen von Lewis auch nicht übersetzt, sondern in der englischen Originalsprache verwendet.

144 vgl. Anhang 3 145 Lewis, James R.: IBM Computer Usability Satisfaction Questionnaires, Psychometric Evaluation and In-

structions for Use, erschienen in: International Journal of Human-Computer Interaction, Volume 7, Number 1, January - March 1995

9 EXPERIMENTE UND UNTERSUCHUNGEN

Page 122: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 110

Brämer146 und Lehmann147 haben in ihren Arbeiten ebenfalls auf diesen Fragebo-gen zurückgegriffen.

Der vorliegende Fragebogen enthält insgesamt 23 Fragen. Die Fragen 1 bis 19 stammen aus dem Fragebogen PSSUQ von Lewis. Lewis hat die 19 Fragen in 4 Teilgruppen (Bewertungsgruppen) unterteilt: OVERALL, SYSUSE (system useful-ness), INFOQUAL (information quality), INTERQUAL (interface quality).

Da es aber zusätzlich zu den von Lewis formulierten Fragen noch weitere Fragen an die Piloten gab, wurden noch vier Fragen (Fragen 20-23) selbst entworfen und an den PSSUQ-Fragebogen angehängt (Gruppe OWN). Die genaue Unterteilung der Fragen in die verschiedenen Gruppen ist in Tabelle 21 dargestellt.

Name der Bewertungsgruppe Fragen OVERALL 1 - 19 SYSUSE 1 - 8 INFOQUAL 9 - 15 INTERQUAL 16 - 19 OWN 20 - 23

Quelle: Eigene Darstellung nach: Lewis, James R.: IBM Computer Usability Satisfaction Question-naires, Psychometric Evaluation and Instructions for Use, erschienen in: International Journal of Human-Computer Interaction, Volume 7, Number 1, January - March 1995, Table A1, P. 77

Tabelle 21: Übersicht über die Fragebogen-Bewertungsgruppen

An der Umfrage haben 24 Probanden teilgenommen (P1 - P24 jeweils in der ober-sten Zeile in Tabelle 22 und 24). Von den 24 Teilnehmern waren 17 Piloten mit Glascockpiterfahrung, 2 Piloten ohne Erfahrung in Glascockpit und 5 Ingenieure der Luft- und Raumfahrt.

Die Antworten der Gruppen OVERALL, SYSUSE, INFOQUAL und INTERQUAL sind in der Tabelle 22 und die Antworten der Gruppe OWN in Tabelle 24 darge-stellt.

Der Wertungsbereich der einzelnen Fragen ging von 1 (volle Zustimmung) bis 7 (volle Ablehnung). Außer zwei Piloten (P21 und P22) haben alle Teilnehmer alle Fragen angekreuzt und keine bei der Beantwortung ausgelassen.

146 Brämer, Emanuel: Experimenteller Entwurf eines Bord-Interfaces zur Verhandlung von Flugplanänderun-

gen unter Free-Flight-Bedingungen, Dissertation, TU Berlin, 2000 147 Lehmann, Oliver: Erweiterung eines Airbus Navigation Displays zur Integration bordgestützter Kollisionsri-

sikomodelle, Diplomarbeit, TU Berlin, 2000

9 EXPERIMENTE UND UNTERSUCHUNGEN

Page 123: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 111

Für die Auswertung wurden nach den folgenden Formeln der Mittelwert, der Medi-an und die Standardabweichung berechnet:

Mittelwert: ∑∑==

==k

1iii

n

1ii na

n1 x

n1 x 148 •

Der Mittelwert (MW) wird auch arithmetisches Mittel oder Durchschnitt genannt.

Median •

Der Median oder auch Zentralwert gibt denjenigen Wert an, der die Verteilung (Antworten) halbiert, so daß jeder Teil 50% aller Fälle enthält.149

Standardabweichung: ²ss = = Varianz

Die Standardabweichung (SAW) ist Wurzel der Varianz.

Varianz (=Streuung):

−=−= ∑∑∑

===

n

1 i

2i

n

1 i

2i

k

1 ii

2i )x(

n1x

n1 n)x(a

n1 ²s 150

ai Ausprägungen des Merkmals a1, a2, ..., ak

xi Ermittelte Stichprobenwerte x1, x2, ..., xn

ni absolute Häufigkeit (ai tritt ni-mal auf)

Nach Haseloff und Hoffmann151 wird die Standardabweichung mit einem Stich-

probenumfang von weniger als 30 mit dem Faktor 1n

n−

multipliziert.

Für die Standardabweichung gilt dann:

−= ∑∑

==

n

1 i

2i

n

1 i

2i )x(

n1x

1-n1 s

148 Sieber, Helmut: Mathematische Tafeln mit Formelsammlung E, Stuttgart, 1981, S. 28 149 Haseloff, Otto Walter und Hoffmann, Hans Jürgen: Kleines Lehrbuch der Statistik, Berlin, 1965, S. 47 150 Sieber, Helmut: Mathematische Tafeln mit Formelsammlung E, Stuttgart, 1981, S. 28 151 Haseloff, Otto Walter und Hoffmann, Hans Jürgen: Kleines Lehrbuch der Statistik, Berlin, 1965, S. 120

9 EXPERIMENTE UND UNTERSUCHUNGEN

Page 124: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 112

P1 P2 P3 P4 P5 P6 P7 P8 P9 P10 P11 P12 P13 P14

Frage Nr.1 3 4 2 3 2 3 2 2 2 3 2 3 3 5Frage Nr.2 4 2 3 3 2 3 2 2 4 2 2 2 4 5Frage Nr.3 2 3 2 3 2 3 3 2 3 3 5 4 2 5Frage Nr.4 3 3 2 3 2 1 2 3 5 2 2 4 3 5Frage Nr.5 2 2 3 3 2 1 2 2 4 2 4 4 3 6Frage Nr.6 3 4 2 3 2 3 3 2 6 3 2 3 3 4Frage Nr.7 4 2 1 1 2 3 2 2 3 3 2 2 2 3Frage Nr.8 3 2 2 2 2 3 4 2 5 3 5 2 3 4Frage Nr.9 6 3 4 4 2 3 2 2 4 2 4 5 3 4Frage Nr.10 5 3 3 4 2 4 2 2 4 4 4 4 3 4Frage Nr.11 3 5 1 3 2 4 2 2 3 2 2 3 3 2Frage Nr.12 3 6 2 2 2 2 1 2 7 4 2 3 2 3Frage Nr.13 3 4 1 2 2 3 2 2 2 4 2 2 3 3Frage Nr.14 2 3 2 3 2 3 2 2 6 3 2 3 3 4Frage Nr.15 2 3 1 2 2 2 1 2 1 2 2 3 3 3Frage Nr.16 2 3 2 2 2 4 2 2 2 3 2 3 3 5Frage Nr.17 2 3 2 2 2 4 2 2 2 3 2 5 3 5Frage Nr.18 2 4 3 5 2 1 2 2 1 3 3 3 2 5Frage Nr.19 3 3 2 3 2 3 2 2 5 4 3 3 3 5MW (OVERALL: 1-19) 3,000 3,263 2,105 2,789 2,000 2,789 2,105 2,053 3,632 2,895 2,737 3,211 2,842 4,211MW (SYSUSE: 1-8) 3,000 2,750 2,125 2,625 2,000 2,500 2,500 2,125 4,000 2,625 3,000 3,000 2,875 4,625MW (INFOQUAL: 9-15) 3,429 3,857 2,000 2,857 2,000 3,000 1,714 2,000 3,857 3,000 2,571 3,286 2,857 3,286MW (INTERQUAL: 16-18) 2,000 3,333 2,333 3,000 2,000 3,000 2,000 2,000 1,667 3,000 2,333 3,667 2,667 5,000SAW (OVERALL: 1-19) 1,106 1,046 0,809 0,918 0,000 0,976 0,658 0,229 1,739 0,737 1,098 0,918 0,501 1,032SAW (SYSUSE: 1-8) 0,756 0,886 0,641 0,744 0,000 0,926 0,756 0,354 1,309 0,518 1,414 0,926 0,641 0,916SAW (INFOQUAL: 9-15) 1,512 1,215 1,155 0,900 0,000 0,816 0,488 0,000 2,116 1,000 0,976 0,951 0,378 0,756SAW (INTERQUAL: 16-18) 0,000 0,577 0,577 1,732 0,000 1,732 0,000 0,000 0,577 0,000 0,577 1,155 0,577 0,000

P15 P16 P17 P18 P19 P20 P21 P22 P23 P24 Mittelwert SAW MedianFrage Nr.1 4 3 2 4 3 2 4 2 3 3 2,875 0,850 3Frage Nr.2 4 4 2 3 3 1 4 2 3 4 2,917 1,018 3Frage Nr.3 4 3 3 3 2 2 3 2 2 2 2,833 0,917 3Frage Nr.4 4 3 4 3 4 2 3 4 2 2 2,958 1,042 3Frage Nr.5 4 4 3 3 3 2 3 2 3 4 2,958 1,083 3Frage Nr.6 4 4 3 4 2 3 4 1 2 3 3,042 1,042 3Frage Nr.7 4 2 1 3 2 1 2 1 2 2 2,167 0,868 2Frage Nr.8 4 2 2 3 2 1 3 1 2 2 2,667 1,090 2Frage Nr.9 5 4 2 5 4 3 x x 3 3 3,500 1,144 3,5Frage Nr.10 5 3 2 6 3 4 x 2 4 3 3,478 1,082 4Frage Nr.11 3 2 3 6 2 3 5 1 3 3 2,833 1,204 3Frage Nr.12 5 3 7 6 3 2 5 1 3 2 3,250 1,800 3Frage Nr.13 3 2 4 4 2 2 4 1 3 1 2,542 0,977 2Frage Nr.14 4 2 3 4 3 4 5 2 4 4 3,125 1,076 3Frage Nr.15 3 4 4 4 2 2 6 1 3 3 2,542 1,179 2Frage Nr.16 3 4 3 6 2 4 5 1 3 3 2,958 1,197 3Frage Nr.17 4 4 1 4 2 4 5 2 3 2 2,917 1,176 2,5Frage Nr.18 6 3 2 5 2 3 6 5 3 4 3,208 1,474 3Frage Nr.19 5 3 3 5 2 2 5 2 4 3 3,208 1,103 3MW (OVERALL: 1-19) 4,105 3,105 2,842 4,263 2,526 2,474 4,235 1,833 2,895 2,789 2,946 2,946 0,325 3MW (SYSUSE: 1-8) 4,000 3,125 2,500 3,250 2,625 1,750 3,250 1,875 2,375 2,750 2,802 2,802 0,280 3MW (INFOQUAL: 9-15) 4,000 2,857 3,571 5,000 2,714 2,857 5,000 1,333 3,286 2,714 3,044 3,039 0,407 3MW (INTERQUAL: 16-18) 4,333 3,667 2,000 5,000 2,000 3,667 5,333 2,667 3,000 3,000 3,028 3,028 0,158 3SAW (OVERALL: 1-19) 0,809 0,809 1,344 1,147 0,697 1,020 1,147 1,098 0,658 0,855 0,719SAW (SYSUSE: 1-8) 0,000 0,835 0,926 0,463 0,744 0,707 0,707 0,991 0,518 0,886 0,689 1 3 4 5SAW (INFOQUAL: 9-15) 1,000 0,900 1,718 1,000 0,756 0,900 0,707 0,516 0,488 0,951 0,910 2SAW (INTERQUAL: 16-18) 1,528 0,577 1,000 1,000 0,000 0,577 0,577 2,082 0,000 1,000 1,054

Quelle: Eigene Berechnung

Tabelle 22: Auswertung des ersten Teils des PSSUQ-Fragebogens

Der Mittelwert und die Standardabweichung sind jeweils mehrfach berechnet wor-den: Einmal für jede Frage (unterer Block, drittletzte und zweitletzte Spalte) und viermal für die verschiedenen Bewertungsgruppen nach Tabelle 21 für jeden der 24 Teilnehmer (jeweils die acht letzten Zeilen jedes Blocks). Der Median wurde nur je einmal pro Frage berechnet (unterer Block, ganz rechte Spalte).

In Feld 1 und 2 des grau unterlegten Bereichs (unterer Block, unten rechts) der Tabelle 22 wurden die vier Mittelwerte und vier Standardabweichungen für die verschiedenen Bewertungsgruppen aus den 24 Mittelwerten der Teilnehmer errechnet.

In Feld 3 und 4 wurden die vier Mittelwerte und vier Standardabweichungen für die verschiedenen Bewertungsgruppen aus den 19 Mittelwerten/ Standardabweichun-

9 EXPERIMENTE UND UNTERSUCHUNGEN

Page 125: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 113

gen der Fragen ermittelt. Die Werte des Feldes 1 und 3 sind bis auf den dritten Wert identisch, was von der Nichtbeantwortung von drei Fragen der Teilnehmer 21 und 22 herrührt. Um diesen Unterschied deutlich zu machen, wurden die Mittel-werte und Standardabweichungen auch auf 3 Stellen hinter dem Komma berech-net.

In Feld 5 wurden die vier Mediane für die verschiedenen Bewertungsgruppen aus den 19 Medianen der Fragen berechnet.

In der folgenden Tabelle 23 sind die eben besprochenen Felder 1, 2 und 5 noch einmal dargestellt.

Mittelwert Standard- abweichung

Median

Gesamteindruck (OVERALL): Fragen 1-19 2,946 0,719 3 Bedienbarkeit (SYSUSE): Fragen 1-8 2,802 0,689 3 Informationsqualität (INFOQUAL): Fragen 9-15 3,044 0,910 3 Interfacequalität (INTERQUAL): Fragen 16-18 3,028 1,054 3

Quelle: Tabelle 22

Tabelle 23: Zusammenfassung der Auswertung des PSSUQ-Fragebogens

Feld 1 und 3 lassen eine Aussage darüber zu, wie unterschiedlich die verschiede-nen Piloten das System bewerten. Die vier Mittelwerte liegen alle relativ eng bei-sammen, und die Standardabweichung der einzelnen Bewertungsgruppen ist nur im Fall der Interfacequalität größer als eins. Dies wird auch in der Abbildung 55 deutlich, in der die Felder 1 und 2 der Tabelle 22 grafisch dargestellt sind. Obwohl die Standardabweichung der Informationsqualität kleiner ist als die der Interface-qualität, ist der Mittelwert der Informationsqualität größer als der der Interfacequalität. Die vereinfachte Darstellung des Versuchsablaufs in acht Schrit-ten und die gleichzeitige Aufteilung auf acht Internetseiten kann der Grund dafür sein, daß die größte Standardabweichung die der Interfacequalität ist.

Wenn der Mittelwert und der Median, der die Ergebnismenge in zwei gleich große Hälften teilt, annähernd gleich groß sind, ist das ein Indiz für die relativ geringe Streuung der Meßdaten. In den vorliegenden Ergebnissen haben alle Mediane den Wert 3 und alle Mittelwerte liegen zwischen 2,80 und 3,04.

Die Standardabweichung für die verschiedenen Bewertungsgruppen aus den 19 Mittelwerten/Standardabweichungen der Fragen (Feld 4 der Tabelle 22) ist z.B. deutlich geringer als die Standardabweichungen von Brämer152. Das spricht dafür,

152 Brämer, Emanuel: Experimenteller Entwurf eines Bord-Interfaces zur Verhandlung von Flugplanänderun-

gen unter Free-Flight-Bedingungen, Dissertation, TU Berlin, 2000, Tabelle 7, Seite 106

9 EXPERIMENTE UND UNTERSUCHUNGEN

Page 126: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 114

daß die Piloten die Darstellung der Cockpitanzeigen und den Fragebogen ver-standen und die Fragen relativ homogen beantwortet haben.

1,0

2,0

3,0

4,0

5,0

6,0

7,0

OVERALL SYSUSE INFOQUAL INTERQUAL

Quelle: Tabelle 23

Abbildung 55: Mittelwerte und Standardabweichungen aus dem PSSUQ-Fragebogen

In der folgenden Tabelle 24 sind die Ergebnisse der einleitenden Fragen zum Be-rufsstand der Piloten und der schon angesprochenen zusätzlichen Fragen, die von den Piloten beantwortet wurden, dargestellt. Die ersten drei Spalten beinhalten die Antworten zum Alter, zu den Flugstunden im Glascockpit und zum Beruf. Diese zusätzlichen Fragen (Fragen 20-23, Gruppe OWN der Tabelle 21) wurden selbst entworfen und an den PSSUQ-Fragebogen153 als sogenanntes PSSUQ-Add On angehängt.

Von den 24 Teilnehmern waren 18 (75%) zwischen 30 und 40 Jahren alt. Der Mit-telwert lag bei 36,6 und der Median bei 34,5. Die Streuung war nach oben relativ groß, denn der jüngste Teilnehmer ist 26 Jahre alt, während der älteste ein 63-jähriger ehemaliger Testpilot der Bundeswehr ist.

Bei der Frage nach den Flugstunden im Glascockpit lassen sich die Teilnehmer in zwei Gruppen gliedern: Zum einen die Piloten mit mindestens 1000, in der Regel mehreren 1000 Stunden im Glascockpit (17 Teilnehmer), zum anderen die Ingeni-eure (5 Teilnehmer, Berufsgruppe 6) und Piloten, die bisher ihre Erfahrung in her-

9 EXPERIMENTE UND UNTERSUCHUNGEN

153 vgl. Anhang 3

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SEITE 115

kömmlichen Cockpits gesammelt haben (2 Teilnehmer, P14 + P15), mit einigen wenigen bis zweihundert Flugstunden im Glascockpit.

Bei der Frage nach der bevorzugten Darstellung des Steuerbefehls in der Ge-schwindigkeitsanzeige (Frage 20)154, gab es keine klare Antwort: 58% (14 mal "left") sind für die breite Darstellung und 42% (10 mal "right") für die schmale Dar-stellung, bei der die rote Markierung nicht mehr den Bereich der Zahlen abdeckt.

Die Mehrheit der Teilnehmer hat sich positiv auf die Frage ausgesprochen, ob es notwendig ist, neben den visuellen auch noch akustische Steuerbefehle zu geben (Frage 21): Der Mittelwert ist 2,8, wobei auch hier 1 die stärkste Zustimmung und 7 die niedrigste Zustimmung zum Ausdruck bringt. Vier Piloten haben allerdings mit 6 geantwortet und erklärt, daß sie eine zusätzliche akustische Warnung für unnötig halten und als störend empfinden würden.

In der Frage 22 wurde gefragt, ob die Teilnehmer andere Vorschläge haben, Spannungs- und Verformungsparameter in Cockpit anzuzeigen. Wenn diese Fra-ge positiv beantwortet wurde, wurden Sie gebeten, in einem freien Feld näher dar-auf einzugehen. Sieben Teilnehmer haben diese Möglichkeit genutzt und haben zusätzlich Bemerkungen und Kommentare abgegeben, konstruktive Kritik geäu-ßert und z.T. sinnvolle Vorschläge und Anregungen gegeben, die die entworfenen Displays und/oder auch grundsätzliche andere Darstellungsmöglichkeiten umfas-sen. Diese Punkte werden in Kapitel 10.2, Verbesserungsvorschläge für neue An-zeigevarianten, diskutiert.

Die Frage 23, ob die ganze entworfene Anzeige überhaupt sinnvoll ist, wurde deutlich bejaht: Der Mittelwert beträgt 2,2 und es gab neben den zwei neutralen Antworten (Wert vier) nur eine negative Antwort mit dem Wert sechs.

P1 P2 P3 P4 P5 P6 P7 P8 P9 P10 P11 P12 P13 P14

Alter 44 41 35 32 34 35 31 51 26 33 30 33 33 37Flugstunden im Glascockpit 8000 4000 200 50 6000 200 200 1100 2200 7000 100 5500 3000 4Beruf * 1,2,3 4 6 6 2 6 6 3 4 1,4 6 3 4 3Frage Nr.20 ** r r l l r r l l r r l l l lFrage Nr.21 1 1 1 2 6 1 2 6 6 3 2 2 2 2Frage Nr.22 *** y y n n n y n n n n n n y yFrage Nr.23 4 2 1 1 4 2 1 2 6 3 2 3 1 3

P15 P16 P17 P18 P19 P20 P21 P22 P23 P24 Mittelwert MedianAlter 63 43 35 31 38 33 31 30 31 31 36,58 34,5Flugstunden im Glascockpit 4 5000 3000 4000 5500 4500 3400 5000 2000 3700 3069 3200Beruf * 5 3 4 4 3 3 4 3 4 3Frage Nr.20 ** l l l r r l r l r l 10.r,14.lFrage Nr.21 6 2 4 3 3 2 2 4 3 2 2,83Frage Nr.22 *** y n n n n n n n n y 7.y,17.nFrage Nr.23 1 1 2 3 2 1 1 2 3 2 2,21

* 1: Ausbilder, 2: Checkpilot, 3: Pilot, 4: Copilot, 5: Testpilot, 6: anderer Beruf (hier: Ingenieure) ** l: left, r: right *** y: yes, n: no

Quelle: Eigene Berechnung

Tabelle 24: Auswertung des zweiten Teils des PSSUQ-Fragebogens

9 EXPERIMENTE UND UNTERSUCHUNGEN

154 Abbildung der Geschwindigkeitsanzeigen (Frage 20) in Anhang 3

Page 128: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 116

Bei der Betrachtung der Ergebnisse sollte aber bedacht werden, daß nicht jeder Teilnehmer die gleiche Versuchsumgebung hatte: Die Größe der Monitore, die Auflösung und die Geschwindigkeit der Rechner waren verschieden und somit war auch das Empfinden und die Ansicht der Internetumfrage unterschiedlich. Die Tendenz der Antworten ist klar erkennbar, und somit lassen sich die Ergebnisse auch auswerten, jedoch ist Lewis von einer einheitlichen Versuchsumgebung aus-gegangen. Dafür hätten die Versuchspersonen alle an dem gleichen Monitor und Computer, mindestens aber an Monitoren und Computern der gleichen Leistungs-klasse, die Umfrage betrachten und beantworten müssen.

Die Tendenz der Ergebnisse und Aussagen ist erkennbar, jedoch sollte man bei der Auswertung der Signifikanzkriterien "vorsichtig sein" und nicht "zu viel" in die Ergebnisse hinein interpretieren.

9.2 EXPERIMENTE IM A330/A340 SIMULATOR

9.2.1 AUFBAU DER TESTREIHE 1

Mit Hilfe des Entwicklungssystems TIGERSTM 155 wurden an der SRF156 die in Ka-pitel 7 beschriebenen Displays programmiert und erstellt. Diese RGB-Anzeigen können neben der Darstellung an der SRF auf den Monitoren des HRGC-Systems auch über einen Link157 auf Experimentalbildröhren der Firma Terabit in den A330/A340 Simulator übertragen werden und ersetzen dort die konventionellen Kathodenstrahlröhren (CRTs).

Das Fachgebiet Flugmechanik und Flugregelung der TU Berlin unter Leitung von Prof. Dr.-Ing. K. Wilhelm hat einen eigenen IBM SP2 Computer, auf dem das Lo-ads-modell eines flexiblen Airbus A340 des Verbundvorhabens "Dynamik des fle-xiblen Flugzeugs"158 installiert ist. Dieses Loads-Modell liefert die Variable des Wurzelbiegemoments des Seitenleitwerks (mx_fin) mit 60 Hz. Dies ist genau die Variable, die sich für ein Experiment am A330/A340 Simulator anbietet.

Nun gibt es theoretisch zwei Möglichkeiten, die Variable des Wurzelbiegemoments der SP2 in den A330/A340 Simulator zu transferieren:

Die erste Möglichkeit sieht vor, das komplette Loads-Modell (Airbus A340) in der SRF (Airbus A330) zu implementieren und neue CDB-Labels für die zusätzlichen Werte zu kreieren. Die SRF wurde 1997 von der Version A340 auf die Version A330 umgestellt, um die Administration der SRF vor Ort und nicht mehr durch die Lufthansa Zentrale in Frankfurt zu regulieren. Dadurch hat sich die SIMex- und CAELIB-Umgebung zwischen den Modellen A330 und A340 völlig verändert, und

155 vgl. Kapitel 5.5 Entwicklungssystem TIGERS156 vgl. Kapitel 5.2 Experimentalumgebung: Scientific Research Facility157 vgl. Abbildung 20: A330/A340 Full Flight Simulator Block Diagram158 vgl. Kapitel 4 Verbundvorhaben "Dynamik des flexiblen Flugzeuges"

9 EXPERIMENTE UND UNTERSUCHUNGEN

Page 129: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 117

die Möglichkeit eines Kompletttransfers aller Module ist aus Zeit- und Personal-gründen nicht ohne weiteres realisierbar. Der Transfer inklusive der Implementie-rung in die neue A330-Umgebung (CAELIB Version 17) hat nach einer Schätzung der SRF-Betreuer des ZFB einen Arbeitsumfang von mindestens 3 Mannjahren.

Die andere Möglichkeit ist, die HRGC-Monitore direkt von der SP2 anzusteuern. Dazu müßte man alle Variablen der CDB in die SP2 integrieren. Dies ist aus dem gleichen Grund nicht möglich, denn die SIMex- und CAELIB-Umgebung zwischen den Modellen A330 und A340 sind völlig verschieden und nicht kompatibel.

In der nachfolgenden Tabelle 25 sind die verschiedenen Versionen der beiden Modelle A340 (alt) und A330 (neu) vor und nach der Umrüstung an der SRF gegenübergestellt.

A340 A330 SIMex_PLUS Version 2.5 4.3e CAELIB Revision 13 17 TIGERS Revision 1.0 5.4 AIX Version 3.2.4.0 4.2.0.0

Quelle: Zentrum für Flugsimulation Berlin (ZFB)

Tabelle 25: Softwareversionen der SRF des A330/340 FFS

Aufgrund der gravierenden Änderungen gerade bei TIGERS, welches die Grund-lage für die Grafikentwicklung ist, lassen sich alte Grafikanwendungen nicht ohne weiteres in die neue A330 Version implementieren. Alle anderen Softwaremodule, die flugzeug- oder simulatorspezifische Belange betreffen, sind nur unter großem Aufwand (Anpassung an die neue CAELIB) integrierbar.

Aus diesem Grund ist es nicht möglich, die vorhandene geregelte Variable159 für den Simulatortest ohne Einschränkung zu nutzen. Ohne diese geregelte Variable wird der 'Test mit Piloten' zu einer 'Demonstration für Piloten'. Den Piloten wird das Szenario im Cockpit demonstriert, und sie können eingreifen und auch die neu entwickelten Steuerbefehle befolgen. Wenn sie allerdings bei der Befolgung der Steuerbefehle einen Fehler machen oder diese völlig ignorieren, ist das Ergebnis trotzdem immer gleich. Dies bedeutet, daß es keinen Regelkreis gibt, denn dem Steuerbefehl liegt nicht der Spannungszustand des simulierten Manövers zu Grun-de.

Durchgeführt wird der Test (Demonstration) im Simulator auf dem Typ Airbus A330, da die SRF nur noch diesen Flugzeugtyp simuliert.

159 'Geregelt' heißt in diesem Zusammenhang, daß der Regelkreis geschlossen ist. So folgt z.B. auf eine

Handlung eine Auswirkung, die gemessen wird und wieder Einfluß auf eine neue Handlung hat.

9 EXPERIMENTE UND UNTERSUCHUNGEN

Page 130: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 118

Durch den Wechsel der bisherigen Originalbildschirme in RGB-Displays lassen sich nach wie vor so gut wie alle Parameter und Variablen im PFD geregelt dar-stellen. Einige Darstellungen im Flight Mode Annunciator (FMA), der Bezugswert des Luftdrucks (QNH/STD) und die Machzahl werden in der reduzierten Darstel-lung auf dem RGB-Display nicht angezeigt.

In der nachfolgenden Abbildung 56 sieht man auf der linken Seite das Original-PFD und auf der rechten Seite die reduzierte Darstellung auf einem RGB-Display.

Quelle: Foto aus dem A330/A340 Simulator

Abbildung 56: Vergleich des Original-PFD mit der reduzierten RGB-Darstellung

Auf dem RGB-Monitor kann nur das Display angezeigt werden, das vorher an der SRF ausgewählt wurde. Auf dem Original-CRT können wahlweise mit dem Um-schaltknopf im Cockpit PFD und ND angezeigt werden. Die in Abbildung 56 ne-beneinander dargestellten PFDs wurden so nicht während des Simulatortests ver-wendet. Die Abbildung 56 dient zum Vergleich der beiden PFD-Darstellungen. Während der Simulatortests war auf der linken Seite das ND auf dem Original-Display und auf der rechten Seite das reduzierte PFD auf dem RGB-Monitor zu sehen.

9.2.2 VERSUCHSSZENARIO

Das Versuchsszenario der Simulatortests ist das gleiche wie das der Internetum-frage160:

Der Airbus A330 befindet sich im Direct Law.

9 EXPERIMENTE UND UNTERSUCHUNGEN

160 siehe Kapitel 9.1 Internetbefragung

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SEITE 119

Nach dem Start in Frankfurt/Main auf der Startbahn 25L fällt während des schnel-len und flachen Steigflugs mit Climb Power das rechte Triebwerk (ENG 2) aus, wodurch ein sehr großes Moment an der Seitenleitwerkswurzel entsteht. Das Flug-zeug "schiebt" dadurch nach rechts. Das Heading wird größer.

Um das Moment nach rechts auszugleichen und das Flugzeug auf Kurs zu halten, tritt der Pilot instinktiv ins linke Seitenruderpedal.

Durch den Ausfall der Protections kann es bei einem starken und schnellen Sei-tenruderausschlag dazu kommen, daß die Spannung in der Seitenleitwerkswurzel sich dem kritischen Bereich nähert oder die Grenze dazu überschreitet.

Die hohe Spannung in der Seitenleitwerkswurzel wird dem Piloten mit Hilfe der Einfärbung des Attitude Reference Bar im PFD angezeigt. Der Attitude Reference Bar verfärbt sich erst von grün nach amber und dann von amber nach rot. Der Schiebewinkel und das Heading haben sich auf Grund des Seitenruderausschlags etwas verringert.

Ein Steuerbefehl wird angezeigt, um den Piloten darauf hinzuweisen, wie er die hohen Spannungen reduzieren kann.

Um das Wurzelbiegemoment im Seitenleitwerk wieder aus dem kritischen Bereich herauszuführen, schlägt der Sideslip Index nach links aus. Das bedeutet, daß der Pilot rechts ins Seitenruder treten beziehungsweise in diesem Fall links den Druck nachlassen muß. Dadurch verringert sich der Schiebewinkel noch weiter. Der Pilot folgt dem Steuerbefehl auf dem PFD, indem er den Druck auf dem linken Seiten-ruderpedal etwas verringert.

Durch das Befolgen des Steuerbefehls kommt die Spannung aus dem kritischen Bereich heraus, der Attitude Reference Bar verfärbt sich wieder von rot über am-ber nach grün. Dadurch geht die Steuerbefehlanzeige auch wieder in die Aus-gangsposition zurück.

Der Pilot verringert solange den Druck auf das rechte Seitenruderpedal, bis sich der Sideslip Index wieder in der Mitte unter dem Dreieck des Bank Angle Indica-tors einpendelt. Die Spannungsanzeige im Attitude Reference Bar des PFD wird wieder "grün", das heißt, es gibt keine kritischen Spannungen mehr.

9.2.3 ERGEBNISSE DER TESTREIHE 1

Die Piloten161, die an der Testreihe 1 teilgenommen haben, haben mehr oder we-niger übereinstimmend bemängelt, daß das Experiment nur eine Demonstration und kein Test im eigentlichen Sinn war. Sie haben einvernehmlich bestätigt, daß sie sich die Anzeige so gut mit Hilfe des eingefärbten Attitude Reference Bar vor-stellen können, aber sie würden sie gerne richtig in einem Test benutzen und nicht

161 An der ersten Testreihe im FFS haben 5 Linienpiloten und 6 Ingenieure der Luft- und Raumfahrt teilge-

nommen.

9 EXPERIMENTE UND UNTERSUCHUNGEN

Page 132: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 120

nur demonstriert bekommen. Eine zweite Testreihe mit einer "geregelten" Anzeige der Spannungs- und Verformungsparameter ist nötig.

9.2.4 AUFBAU DER TESTREIHE 2

Auf Grund dieser nicht zufriedenstellenden Experimente der Testreihe 1 wurde nach einer Lösung gesucht. Es galt, die geregelte Variable des Loads-Modells ins Cockpit zu bringen. Warum die ersten beiden naheliegenden Lösungen nicht funk-tionierten, wurde im Kapitel 9.2.1 beschrieben. Als dritte Möglichkeit entstand der Gedanke, nicht die HRGC-Monitore von der SP2 aus anzusteuern, weil dies auf-grund mangelnder Kompatibilität nicht möglich ist, sondern die Darstellung der modifizierten Displays auf einer anderen UNIX-Oberfläche im Cockpit vorzuneh-men.

Dies ist z.B. umsetzbar, indem man auf einem herkömmlichen Windows-Laptop über das Programm Exceed ein X-Window öffnet und dort das geänderte Display des PFD anzeigt. So kann die notwendige UNIX-Oberfläche im Cockpit auf einem Windows-Computer emuliert und dargestellt werden.

Das Cockpit des Airbus A330/340 eignet sich aufgrund der fehlenden Steuersäule sehr gut, da man auf den herausziehbaren Tisch ohne Probleme einen Laptop stellen kann. In der folgenden Abbildung 57 ist zu erkennen, wie der aufgebaute Laptop schräg vor dem PFD und ND auf dem Tisch der Seite des Kopiloten steht.

Quelle: Foto aus dem A330/A340 Simulator

Abbildung 57: Versuchsaufbau im Simulatorcockpit bei der Testreihe 2

Voraussetzung für diesen Versuch war das Implementieren der entsprechenden Dateien von der SRF auf die SP2. Die beiden Grafikdateien a340qp001.g und a340_pfd.x, die die neu entwickelten Seiten mit den Änderungen des PFDs in

9 EXPERIMENTE UND UNTERSUCHUNGEN

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SEITE 121

TIGERSTM beinhalteten, wurden von der SRF auf die SP2 kopiert und dort in be-stehende PFD-Seiten eingebunden. Durch die schon besprochenen unterschiedli-chen CAELIB-Umgebungen mußten a) die in der SRF neu entworfenen CDB-Labels auch in die CDB der SP2 eingefügt werden und b) viele Variablen innerhalb der entwickelten Seiten geändert werden. Diese Änderungen konnten nicht pau-schal durchgeführt werden, da einige Variablen in der A330- und A340-Version gleich, viele aber unterschiedlich waren.

Über eine TCP/IP-Leitung gelangten die Simulationsdaten des elastischen Flug-zeugs von der SP2 in den Simulator.

Anzumerken ist, daß nicht wie bisher der A330 sondern der A340 simuliert wurde, da das zur Verfügung stehende Loads-Modell ein A340-Modell ist. Dies ist aber ohne große Relevanz, da sich die Cockpits der beiden Modelle bis auf die zusätz-lichen Bediengeräte und Ableseinstrumente, die wegen der Mehrzahl der Trieb-werke des vierstrahligen A340 gegenüber des zweistrahligen A330 notwendig sind, nahezu gleichen.

9.2.5 ERGEBNISSE DER TESTREIHE 2

Es zeigte sich, daß die Anzeige zwar auf einem Laptop-Monitor im Cockpit darge-stellt werden konnte, sie war aber anfangs sehr träge.

Wenn man die Variablen, die über CTS angezeigt wurden, mit der PFD-Anzeige verglichen hatte, "hinkte" die Anzeige ca. 1 Sekunde hinter den Steuereingaben beziehungsweise den CTS-Werten hinterher. Diese erste Anzeige war zu träge und somit ungeeignet, sinnvoll damit zu experimentieren und danach zu fliegen.

Die emulierte X-Windows Oberfläche war nicht echtzeitfähig. Da dieses Problem offenbar an nicht geeigneter Hardware lag, war zu überlegen, ob man die Wieder-holfrequenz von 60 Hz auf z.B. 30 Hz heruntersetzt, die grafische Auflösung her-absetzt, die Farbtiefe des Laptops auf z.B. nur 265 Farben ändert oder einen ins-gesamt leistungsfähigeren Laptop benutzt, um die Anzeige zu "beschleunigen". Ein leistungsfähigerer Laptop (PIII, 450 MHz) löste das Problem zufriedenstellend.

Um einen reproduzierbaren Versuch durchzuführen, muß der Ausgangszustand der Simulation immer der gleiche sein. Dies ist im Forschungsmodus des Simula-tors über die SP2 mit vordefinierten Positionsszenarien möglich. Diese werden über CTS gesteuert. Bei den folgenden Experimenten wurde immer in einer vorde-finierten Position begonnen, die FL 200 und ca. 220 Knoten TAS entspricht.

Nach dem Seitenruderausschlag bauten sich immer Eigenschwingungen auf, die sich mit den Steuermanövern überlagerten. Diese Resonanzschwingung trat rela-tiv unabhängig von der Schnelligkeit und der Stärke des Ausschlags auf. Sie hing aber stark von der Fluggeschwindigkeit ab. Die Schwingungsdauer lag zwischen ca. 7,2 s bei 220 Knoten und ca. 6,0 s bei 320 Knoten TAS.

9 EXPERIMENTE UND UNTERSUCHUNGEN

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Die Schwingung wirkte sich störend auf den Versuch aus, denn sie belastete auch das Seitenruder und die Seitenleitwerkswurzel, deren Belastung (Biegemoment) die Grundlage für die Anzeige ist. Selbst für erfahrene A340 Linienpiloten war die-se Schwingung sehr ungewohnt und gewöhnungsbedürftig.

Eine Versuchsauswertung, die zeigt, daß die Belastung der Seitenruderwurzel mit Hilfe der entwickelten Anzeige nach z.B. einem Triebwerksausfall und einem an-schließenden Manöver durch den Piloten kleiner ist als ohne diese Anzeige, ist sicherlich wünschenswert und Ziel der Experimente. Das läßt sich zwar theore-tisch zeigen, in der Praxis haben die Versuche jedoch gezeigt, daß die Piloten re-lativ lange brauchten, um sich an die neue Anzeige zu gewöhnen.

Obwohl den Piloten162 vor den Versuchen die Methodik der Belastungsanzeige und der Steuerbefehle erklärt wurde, haben viele nicht sofort richtig gehandelt. Nach einem "Ah, so ist das gemeint" haben die meisten Piloten die Anzeigen rich-tig interpretiert und dann so gesteuert, daß die hohen Belastungen geringer und kürzer waren.

Wenn also Piloten diesen Versuch mehrmals wiederholen, gewöhnen sie sich auf-grund des Lerneffekts an die für sie völlig ungewohnte Schwingung. Dadurch wird die Meßreihe allerdings fragwürdig; denn welche Meßreihe läßt sich mit welcher Meßreihe vergleichen?

Aus diesem Grund wurde auf eine Statistik verzichtet und die Ergebnisse der Ver-suche qualitativ ausgewertet: Die Piloten haben trotz der auftretenden Schwingun-gen die Experimente als realistisch und durchführbar bewertet. Trotz dieser Er-schwernis durch die Eigenschwingungen kamen alle Teilnehmer, wie Piloten, In-genieure und die Betreuer zu dem abschließenden Ergebnis, daß die Belastung der Seitenleitwerkswurzel kleiner und die kritische Belastung kürzer war, je öfter die Piloten den Versuch nachflogen. Die Ergebnisse und die Experimente sind so durchaus positiv zu bewerten und sie haben gezeigt, daß der Ansatz richtig und die Anzeige leicht verständlich und nachvollziehbar ist, und daß vor allen Dingen die Anzeige so akzeptiert worden ist.

162 An der zweiten Testreihe im FFS haben 4 Linienpiloten und 4 Ingenieure der Luft- und Raumfahrt teilge-

nommen.

9 EXPERIMENTE UND UNTERSUCHUNGEN

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SEITE 123

10 DISKUSSION UND AUSBLICK

10.1 DISKUSSION UND INTERPRETATION DER ERGEBNISSE Wenn man ein Cockpit mit neuen Anzeigen und neuen Instrumenten ausrüsten möchte, stellen sich generell zwei Fragen: Wie hoch ist der Preis für die Neuent-wicklung beziehungsweise für die Änderung und wieviel wiegt sie? Das Gewicht und der Preis sind neben Nutzen und Sicherheitsaspekten die sensibelsten Punkte bei der Einführung neuer Systeme in Flugzeuge.

10.1.1 IMMER NEUE COMPUTER?

Schon im Kapitel 8 wurde diskutiert, ob es sinnvoll ist, einen neuen Computer in ein System zu installieren, der einen anderen Computer nach dessen Ausfall er-setzen soll. Folgende Punkte sind bei dieser Untersuchung besonders zu berück-sichtigen:

Neue Computer verursachen immer höhere Kosten.

Zusätzliche Geräte haben einen zusätzlichen Stromverbrauch, dieser kann grö-ßere Generatoren nötig machen, was wiederum ein höheres Flugzeuggewicht zur Folge hat.

Für die Zulassung und den Betrieb ist die Erstellung einer neuen Dokumentati-on notwendig.

Die Integration des neuen Systems in andere Teilsysteme ist nicht unproblema-tisch.

Neue und zusätzliche Systeme erfordern eine entsprechende Ersatzteilhaltung.

Das zusätzliche Gewicht dieser Systeme löst einen Ketteneffekt aus. Eine Ge-wichtseinsparung wirkt sich um so stärker aus, je größer das Verhältnis von Tragstrukturgewicht zur Nutzlast ist. Der Vergrößerungsfaktor liegt bei Flugzeu-gen zwischen 4 bis 10, das heißt, jedes zusätzliche Kilo bedeutet 4-10 Kilo zu-sätzliche Tragstruktur.163

Diese Punkte sind zu berücksichtigen und gegen die Vorteile der neuen Anzeige abzuwägen.

10.1.2 DISKUSSION DER IN DIESER ARBEIT ENTWICKELTEN ANZEIGEN

Es sollte überlegt werden, ob nicht in einem ersten Schritt für eine kurzfristige dy-namische Belastung nur eine Anzeige der kritischen Spannungen eingesetzt wer-

163 Wiedemann, Johannes: Leichtbau, Band I, Elemente, Berlin, 1996, S. 2

10 DISKUSSION UND AUSBLICK

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den kann, ohne einen Steuerbefehl zu generieren, denn beim Test (ein Trieb-werksausfall kann zu einem großen Seitenruderausschlag führen) ist eine Steuer-befehldarstellung sehr schwierig, da die erforderlichen Reaktionszeiten für die Pi-loten eigentlich zu kurz sind.

Eine Gefahr für das Flugzeug sind die Pilot-induced Oscillations (PIO). Pilot-induced Oscillations sind Schwingungen, die dadurch entstehen, daß der Pilot der hohen Änderungsgeschwindigkeit der Regelgröße(n) nicht mehr folgen kann und so die Schwingungen weiter anregt und verstärkt.

Auch andere Szenarien sind nicht beziehungsweise schwer fliegbar, da sich re-gelmäßig die Eigenschwingung (Taumelschwingung) des Rumpfes mit den Steu-ermanövern überlagert, die eigentlich aus dem kritischen Bereich führen sollten. Obwohl die Steuerbefehle befolgt werden, kann das Flugzeug durch diese Reso-nanz schnell wieder in den kritischen Bereich kommen.164

Eine Möglichkeit, dies zu vermeiden, könnte sein, ein anderes Szenario zu fliegen, oder den Versuch mit einem kleineren Flugzeug durchzuführen, das keine Eigen-schwingung hat, beziehungsweise mit einem Modell, das die Eigenschwingungen nicht simuliert oder unterdrückt. Der ursprüngliche Ansatz für die neu entwickelten Anzeigen kam zwar von dem flexiblem Flugzeug, doch sollte man Vorversuche mit einem starren Flugzeugmodell durchführen.

10.1.3 ASPEKTE DES KONSTRUIERENS

Heino Caesar, der ehemalige erste Sicherheitspilot der Deutschen Lufthansa über 21 Jahre hinweg, referierte 1992 in einem Vortrag vor der Flight Safty Foundation in den USA über die Problematik der immer 'moderneren' Cockpits und die wach-sende Belastung der Piloten durch die steigende Komplexität im Cockpit:

"Das Redundanz-, Ersatz-, Unterstützungssystem für den unverzichtbaren Men-schen [Piloten] wird wieder ein Mensch sein und bleiben müssen. Die neuen Flug-zeuge müssen also [an] den Menschen als taugliche, beherrschbare Werkzeuge angepaßt werden und nicht umgekehrt. Es kann deshalb auch nicht sinnvoll sein, den Menschen als 'zu störanfällig' aus dem Cockpit 'herauskonstruieren' zu wollen, worauf die modernsten Flugzeuge hinzudeuten scheinen."165

Ingenieure entwickeln Cockpitsysteme für Piloten, die diese später im Cockpit oft unter Zeitdruck, in komplexer, vielleicht lebensbedrohlicher Situation, unter Streß oft instinktgesteuert bedienen müssen. Viele Piloten verfallen, fachlich und tech-nisch zwar oft hochqualifiziert, aber medizinisch und psychologisch nicht vorgebil-det, vom Flugzeughersteller oder anderen Testern zu Rate gezogen, nicht selten

164 vgl. Kapitel 10.2 Verbesserungsvorschläge 165 Caesar, Heino: Vortrag vor der Flight Safty Foundation in Long Beach/Kalifornien, November 1992, zitiert

in: van Beveren, Tim: Runter kommen sie immer, Frankfurt, 1995, S. 159

10 DISKUSSION UND AUSBLICK

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der Anziehungskraft des Neuen, Modernen, Herausfordernden, lassen sich begei-stern und stimmen Neuentwicklungen zu.166

Bemerkungen und Aussagen wie "Wir entwickeln moderne Flugzeuge, und die Piloten müssen lernen, damit umzugehen"167 und "Die Maschine ist das Wesentli-che, und der Mensch hat sich ihr anzupassen"168 sind aus heutiger Ingenieurssicht vielleicht typisch, verdeutlichen aber das Dilemma von immer neuen Systemen und Computern im Flugzeug, die eigentlich den Piloten entlasten sollen, ihn aber oft überfordern.

In dieser Arbeit wurde, wie in so vielen auch zuvor, eine neue Anzeige entwickelt, die von Piloten positiv bewertet wurde. Ist es also auch eine Arbeit, die aus an-thropotechnischer Sicht offensichtlich in die richtige Richtung geht, sich aber im Einsatz im Cockpit anders verhält als bei den Pilotentests im Simulator?

Tim van Beveren schreibt zur diesem Aspekt sehr kritisch, daß das technisch Machbare da seine Grenze finden muß, wo es das uralte 'System Mensch' mit seiner 30.000 bis 50.000 Jahre alten 'Software' zu überfordern droht.169 Doch wie-viel kann man einem Piloten zumuten? Wieviel mehr darf man von einem Piloten verlangen, nur um immer wirtschaftlicher und immer weiter fliegen zu können?

Im nächsten Kapitel wird versucht diese Fragen mit Hilfe des Beispiels des Cock-pitassistenzsystems CASSY zu beantworten.

10.1.4 COCKPITASSISTENZSYSTEM CASSY

Professor Onken von der Universität der Bundeswehr München hat folgende Grundforderungen an Unterstützungssysteme von Cockpitbesatzungen gestellt:

1) "Es ist im Rahmen der technischen Hilfen zur Präsentation eines Gesamtbildes der Flugsituation sicherzustellen, daß der Cockpitbesatzung die objektiv richtige Situation stets bewußt ist, mit der folgerichtigen Konsequenz, daß sich die Auf-merksamkeit der Besatzung immer der situationsgemäß objektiv dringlichsten Aufgabe beziehungsweise Teilaufgabe bewußt zuwendet."

2) "Ist Grundforderung 1 erfüllt, und tritt eine Situation mit Überforderung der Cockpitbesatzung ein, dann ist diese Situation mit technischen Mitteln auf eine normal handhabbare [Situation] zurückzuführen." 170

Es muß das Ziel von neuen Cockpitsystemen sein, den Grad der Anforderungen an die Piloten und deren Arbeitsbelastung in allen Situationen auf einem normalen 166 van Beveren, Tim: Runter kommen sie immer, Frankfurt, 1995, S. 160 167 Ziegler, Bernhard: Rundfunkinterview, zitiert in: van Beveren, Tim: Runter kommen sie immer, Frankfurt,

1995, S. 161 168 van Beveren, Tim: Runter kommen sie immer, Frankfurt, 1995, S. 161 169 van Beveren, Tim: Runter kommen sie immer, Frankfurt, 1995, S. 160 170 Onken, Reiner: Funktionsverteilung Pilot-Maschine: Umsetzung von Grundforderungen im Cockpitassi-

stenzsystem CASSY, DGLR-Tagung des Fachausschusses Anthropotechnik, Berlin, 1993

10 DISKUSSION UND AUSBLICK

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Niveau zu halten. Daher sind weltweit Bemühungen im Gange, mit Methoden der künstlichen Intelligenz ein wissensbasiertes, unterstützendes Computersystem zu entwickeln. Oft wird dies als elektronisches Besatzungsmitglied bezeichnet, das zusammen mit den Piloten ein enges Team bildet. Eine solche Entwicklung ist das Cockpitassistenzsystem CASSY, das in Zusammenarbeit der Universität der Bun-deswehr München und der Dornier Luftfahrt GmbH in Oberpfaffenhofen entwickelt wurde.

Im Vorfeld der Entwicklung von CASSY wurde deutlich, daß die gegenwärtig ver-fügbaren Flugführungssysteme Auslegungsschwächen aufweisen, die ein Nach-denken über das gesamte Cockpit- und Automatisierungskonzept erforderlich ma-chen.

Versuche und Tests haben ergeben, daß die realisierten Unterstützungsfunktionen die in CASSY gesetzten Erwartungen erfüllt und die Akzeptanz der Piloten gefun-den haben.171

Bei der Entwicklung der Darstellung von Spannungs- und Verformungsparametern im Cockpit von Megalinern ist die oben genannte Forderung von Professor Onken, daß die Cockpitbesatzung nicht überfordert werden darf und daß die Aufmerk-samkeit der Piloten immer der situationsgemäß objektiv dringlichsten Aufgabe be-wußt zugewendet werden muß, zu beachten. Wenn ein Pilot im Direct Law fliegt beziehungsweise fliegen muß, fehlen ihm viele im Normalbetrieb (Normal Law) gewohnten Hilfen und Unterstützungen, wie z.B. die Protections. In dieser Situati-on ist der Pilot natürlich sehr anfällig gegen Überforderung. Aber gerade deswe-gen ist die Anzeige der Spannungs- und Verformungsparameter und der Steuer-befehle bewußt einfach gewählt. Der Pilot soll in einer solchen Abnormal Situation alle Anzeigen schnell und ohne viel Überlegen ablesen und interpretieren können.

Die Tests mit den Piloten in der Internetumfrage und im Simulator haben dies nach einer Gewöhnungsphase bestätigt.

10.2 VERBESSERUNGSVORSCHLÄGE FÜR NEUE ANZEIGEVARIANTEN Einer der von Testteilnehmern genannten Verbesserungsvorschläge war, die Farbphilosophie der Steuerbefehlanzeige leicht zu ändern. Statt einem grauen und einem oder zwei roten Bereichen soll der Steuerbefehl mit Hilfe von einem grünen und einem oder zwei roten Bereichen dargestellt werden. Diese Farbphilosophie wird schon in der TCAS-Anzeige benutzt.172 In Abbildung 36 sieht man im dritten und vierten Balken von links die jetzige TCAS-Anzeige und im ganz rechten Bal-ken die TCAS-Anzeige, deren Farbphilosophie auch für die Farbgebung der Steu-erbefehle vorgeschlagen wird.

171 Onken, Reiner; Wittig, Thomas und Zeller, H.: Entwicklungsperspektiven intelligenter Flugführungssysteme,

erschienen im DGLR Jahrbuch 1994, Bonn, 1994, S. 529-536 172 vgl. Abbildung 36: TCAS-Anzeige im Variometer

10 DISKUSSION UND AUSBLICK

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Es läßt sich natürlich darüber streiten, ob lieber der Bereich kenntlich gemacht werden soll, in den der Pilot die vorgestellten Flugzustandsparameter bringen soll, oder der Bereich gekennzeichnet werden soll, den es zu vermeiden gilt. Im ersten Fall bietet sich die in Kapitel 7 vorgestellte Anzeige an, in der ein oder zwei Berei-che, die vermieden werden sollten, rot eingefärbt werden (vgl. Abbildung 37 links und rechts). Im zweiten Fall würde man den grauen Bereich des Variometers grün einfärben. Da auch die Variometeranzeige grün ist, müßte bei dieser die Farbe geändert werden, z.B. nach amber. Bei dem Steuerbefehl für das Querruder (vgl. Abbildung 40 und 41) wäre eine grüne Einfärbung des Sollbereichs gut möglich.

Zum Vorschlag der Übernahme der TCAS-Farbphilosopie mit einem grün-roten Bereich zur Steuerbefehldarstellung kann entgegnet werden, daß er nur sinnvoll ist, wenn dieser Vorschlag konsequent bei allen Steuerbefehlen angewendet wer-den kann. Da dies nicht der Fall ist und dieser Vorschlag noch weitere Änderun-gen nach sich ziehen würde, sollte eine Steuerbefehlanzeige nach den in Kapitel 7 beschriebenen Beispielen erfolgen.

Ein anderer Verbesserungsvorschlag sah die Darstellung der Spannungs- und Verformungsparameter mit Hilfe eines sogenannten Spannungskreises173 vor. Diese Idee wurde von einem Anzeigeinstrument des deutsch-französischen Kampfflugzeuges Alpha Jet abgeleitet. Bei Kunst- und Kampfflugzeugen ist es schwierig, sich nach extremen Manövern wieder zu orientieren und in den horizon-talen Geradeausflug zu kommen. Besonders problematisch ist dies bei einem senkrechten Flug nach oben oder nach unten, wenn der Pilot nur in sein Headup-Display schaut, in dem ihm der künstliche Horizont nur monochrom dargestellt werden kann. Deshalb wurde im Cockpit des Alpha Jets erstmals die Anzeige des Segmenthorizonts für das Headup-Display entwickelt, in dem ein Kreis mit einer Öffnung dem Piloten symbolisiert, wie er am schnellsten wieder in den Horizontal-flug kommen kann. Im Geradeausflug ist unterhalb des Flugzeugsymbols ein Halbkreis, der sogenannte Segmenthorizont, dargestellt (Abbildung 58a). Bei ei-nem größer werdenden Steigflug wird der Halbkreis immer kleiner, bis z.B. bei ei-nem Anstellwinkel von 80° nur noch ein Restkreis von 20° bleibt (Abbildung 58b). Bei einem Flug senkrecht nach oben verschwindet der Kreis völlig (Abbildung 58c). Wenn das Flugzeug in Richtung Boden fliegt, kann der Pilot in der Regel nicht erkennen, ob er sich in einem Winkel von knapp 90° oder in einem Winkel von über 90° der Erdoberfläche nähert. Im ersten Fall (Abbildung 58d) muß er den Steuerknüppel ziehen und im zweiten Fall (Abbildung 58e) muß er erst das Flug-zeug um 180° drehen, bevor er den Steuerknüppel zieht, um wieder in Richtung Horizontalflug zu kommen. Diese relativ simple Anzeige, die den Piloten gerade in kritischen Situationen, wie z.B. nach einem Luftkampf oder einem Kunstflugmanö-ver, dabei unterstützen soll, wieder in einen sicheren Flugzustand zu kommen, kann teilweise für die Darstellung von Spannungs- und Verformungsparametern in einem Megaliner übertragen werden.

173 Der hier verwendete Begriff "Spannungskreis" hat nichts mit dem "Mohr'schen Spannungskreis" zu tun,

sondern hat vielmehr die Bedeutung eines Kreises gleicher Spannung.

10 DISKUSSION UND AUSBLICK

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b) c)

e)d)

a)

a) Geradeausflug b) Steigflug mit einem Anstellwinkel von ca. 80° c) Flug senkrecht nach oben d) Flug in Richtung Boden mit einem Winkel von knapp 90° e) Flug in Richtung Boden mit einem Winkel von knapp über 90°

Quelle: Eigene Darstellung

Abbildung 58: Hilfsanzeige zum Ausleiten eines Kunstflugmanövers

Auf der übertragenen Anzeige für das PFD kann ein Kreis um den Mittelpunkt des Attitude Reference Bar die Strukturspannung symbolisieren. Deshalb wird dieser Kreis in der folgenden Beschreibung Spannungskreis genannt. Bei einer symme-trischen Belastung ist der Spannungskreis ein normaler Kreis. Bei unsymmetri-scher Belastung wird der Spannungskreis zu einem Oval beziehungsweise hat eine Delle von der Überlagerung verschiedener Spannungen, die durch zwei gleichzeitige Manöver herrühren können.

Ein sehr kritisches Beispiel dafür ist das gleichzeitige Fliegen von einem Abfang-bogen und dem Aufrichten des Flugzeuges aus einer Querlage. Die Ausgangssi-tuation ist dabei ein Flugzustand mit einer großen Querlage (z.B. 45°) bei einem gleichzeitigen Sinkflug (z.B. 15° Nose down). Normalerweise wird ein solcher Flug-zustand nacheinander - erst das Aufrichten, dann das Abfangen - im Streßfall aber oft zeitgleich ausgeleitet.

Da bei so einem Manöver die kritischen Grenzen überschritten werden können, ist die neu entwickelte Anzeige notwendig.

10 DISKUSSION UND AUSBLICK

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In der folgenden Abbildung 59 wird die Strukturspannung mit einem Spannungs-kreis angezeigt, wobei der Mittelpunkt des Attitude Reference Bar niemals außer-halb des Spannungskreises liegen sollte. Auf der linken Seite sieht man ein Ab-fangmanöver ohne Querlage. Das Flugzeug hat noch einen negativen Anstellwin-kel von ca. 10°, der sich aber verringert. Der Spannungskreis ist um den Mittel-punkt des Attitude Reference Bar nicht mehr symmetrisch, das heißt, der Mittel-punkt des Spannungskreises liegt nicht mehr auf dem Attitude Reference Bar. Er wandert nach unten aus, da die Belastung auf Grund des Abfangbogens steigt, bleibt aber trotzdem ein Kreis, da es sich um eine symmetrische Belastung han-delt. Als zusätzliche Option könnte ein Trendvektor in Form eines Pfeils, analog zum Trendvektor in der Geschwindigkeitsanzeige, dargestellt werden. Der schwar-ze Pfeil in der Abbildung zeigt dies beispielhaft. Wenn bei einem statischen Belastungszustand kein sogenannter Trend herrscht, erfolgt auch keine Pfeilan-zeige (Trendvektor).

Im dargestellten Fall ragt der Trendvektor über den Spannungskreis hinaus. Der Pilot sollte daher den Abfangbogen abflachen, damit die Belastung nachläßt und der Trendvektor sich innerhalb des Spannungskreises befindet.

Die rechte Skizze zeigt ein Abfangmanöver mit gleichzeitiger Querlage nach links. Durch diese unsymmetrische Belastung wird der Kreis zu einem Oval. Auch in die-sem Beispiel handelt es sich um einen dynamischen Belastungszustand, daher wird ein Trendvektor angezeigt.

Beim Trendvektor besteht eine gewisse Gefahr, daß er mit einem Steuerbefehl verwechselt werden kann. Diese Verwechslungsgefahr wird aber weitestgehend durch die heutige Airbusphilosophie ausgeschlossen, da ein Pfeilsymbol einen Trend und keinen Befehl anzeigt.

symbolischer Horizont

Attitude Reference Bar

Spannungskreis

Trendvektor

Quelle: Eigene Darstellung

Abbildung 59: Darstellung der Spannung mit Hilfe eines Spannungskreises

10 DISKUSSION UND AUSBLICK

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Bemängelt wurde von einer Person, daß die Umfrage zu subjektiv sei. Ein objekti-ver Test sei z.B., wenn man einem Piloten ein Bild von einer Anzeige und eventu-ell auch einem Steuerbefehl zeigt, um es nach z.B. 10 Sekunden wieder auszu-blenden und ihn dann zu fragen, was er gesehen hat und wie er die Symbolik in-terpretiert. In einer weiterführenden Studie könnten mit einem größeren Teilneh-merkreis von Linienpiloten Tests durchgeführt werden, bei dem die Piloten nach-einander z.B. Dias von Anzeigen für eine bestimmte Zeit gezeigt bekommen und diese dann in einem Fragebogen bewerten und interpretieren.

Ein weiterer Vorschlag zur Anzeige der Spannungs- und Verformungsparameter war, daß die auftretende Spannung beziehungsweise Dehnung symbolisiert wer-den sollte. Mit der "Symbolisierung der Spannung beziehungsweise Dehnung" ist gemeint, daß statt einer Farbänderung bei auftretender Spannung ein Element gezeigt werden sollte, das gedehnt wird. Die Dehnung kann sehr einfach z.B. mit einer Längenzunahme und einer gleichzeitigen Verjüngung eines Symbols darge-stellt werden. Eine solche Darstellung wird in Abbildung 60 gezeigt.

Quelle: Eigene Darstellung

Abbildung 60: Symbolische Darstellung von Dehnung

Diese symbolische Darstellung von Dehnung kann man in das PFD integrieren, indem man z.B. den Attitude Reference Bar nach dem oben beschriebenen Prinzip verformt. Der Attitude Reference Bar wird nach außen und unten etwas gestreckt und bei dieser Streckung wird er verjüngt (Abbildung 61).

Quelle: Eigene Darstellung

Abbildung 61: Symbolische Darstellung der Dehnung auf dem Attitude Refe-rence Bar

10 DISKUSSION UND AUSBLICK

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Die Idee einer symbolischen Dehnungsdarstellung ist zwar prinzipiell gut, ein Nachteil dieser Darstellung ist aber, daß der Attitude Reference Bar oder ein ande-res Symbol stark in seiner Form verändert werden muß, um den Unterschied zu der Ausgangssituation deutlich erkennen zu können. Dieser Nachteil besteht bei einer Farbänderung nicht. Bei einer kontrastreichen Farbänderung kann ein Pilot schnell und unmißverständlich die verschiedenen Informationen aus der Anzeige ablesen. Deshalb wird an dieser Stelle eine symbolische Dehnungsdarstellung nur bei gleichzeitiger Farbänderung empfohlen, denn sonst kann die Informationsdar-stellung zu schnell übersehen werden.

Bei einer gleichzeitigen Änderung der Farben und einer symbolischen Darstellung von Dehnungen wird allerdings die Dehnungsdarstellung noch weniger gesehen, und sie wird im Vergleich zu der Farbänderung kaum wahrgenommen.

Einigen Piloten kam es "ein wenig unheimlich vor", daß im Falle einer manuellen Steuerung des Flugzeugs der Gefahr von Überlastung nur noch mit Computern begegnet werden kann. Diese Befürchtung ist zwar verständlich, aber in der mo-dernen Fliegerei nicht berechtigt, denn zivile Flugzeuge werden über kurz oder lang auch über eine Technologie verfügen, wie sie heute schon bei vielen militäri-schen Flugzeugen üblich ist. Militärische Flugzeuge fliegen im instabilen Bereich nur noch mit Hilfe von Computern und können somit im herkömmlichen Sinne nicht mehr manuell geflogen werden.

Akustische Steuerbefehle174 zur Unterstützung der optischen Anzeige werden von den meisten Piloten gefordert. Der Mittelwert der Frage 21, ob akustische Steuer-befehle auch nötig sind, ist 2,87 und der Median 2. Auf einer Skala von 1 bis 7 liegt dieser Wert im Drittel mit der größten Zustimmung. Im Gegensatz zu dieser Antwort wird in Kapitel 7.3.7 von akustischen Steuerbefehlen abgeraten, da eine verbale Steuerbefehlvorgabe nur sehr schwer zu quantifizieren ist und die Gefahr besteht, daß ein Pilot den Steuerbefehl zu stark ausführt. Zusammenfassend kann gesagt werden, daß ein akustischer Steuerbefehl wünschenswert wäre, es aber sichergestellt sein muß, daß dieser im richtigen Maß ausgeführt wird. Da dies aber schwer möglich ist, sollte im Zweifelsfall lieber darauf verzichtet werden.

Statt des Steuerbefehls "Left" oder "Right", bei denen der Pilot schlecht die Stärke abschätzen kann, mit der er in diesem Fall z.B. das Querruder ausschlagen soll, ist der Steuerbefehl "Reduce Bank" sicherlich leichter zu quantifizieren.

Als weitere Vorschläge akustischer Warnungen175 anstatt des Callouts "Loads, Loads, Loads" gab es den Vorschlag "Work-load" und "High Load".

Einige Piloten haben die Version 2176 mit 10 verschiedenen Darstellungen (Grund-einstellung + 9 Gefahrengrade) ganz klar der Version 3177 (Grundeinstellung + 2 Gefahrengrade), mit der das Experiment gemacht wurde, vorgezogen. Sie be-

174 vgl. Kapitel 7.3.7 Akustische Steuerbefehle175 vgl. Kapitel 7.2.5 Akustische Warnungen176 vgl. Kapitel 7.2.3 Version Zwei der Spannungsparameterdarstellung177 vgl. Kapitel 7.2.4 Version Drei der Spannungsparameterdarstellung

10 DISKUSSION UND AUSBLICK

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gründeten dies damit, daß sie mit einer größeren Anzahl von Gefahrengraden eher einschätzen könnten, wie weit sie sich schon im kritischen Bereich befinden, beziehungsweise wie weit sie noch von der Grenze entfernt sind.

"Der Mensch hat so viel Sinne, von denen Airbus keinen Gebrauch macht", schrieb ein Umfrageteilnehmer. Er fügte als Beispiel die optische Wahrneh-mungsmöglichkeit außerhalb der Displays an, den Tastsinn in den Händen, wenn sich die Schubhebel und der Sidestick aktiv bewegen würden. Dann könnten die Piloten eher merken, wenn der Sitznachbar "mitmischt". Der prinzipielle Einwand beziehungsweise theoretische Verbesserungsvorschlag ist, daß Entwickler sich von der Cockpitphilosophie lösen und durchaus neue Wege einschlagen sollten. Er erkannte aber auch, daß es schwierig ist, sich "sinnvoll" von der bisherigen Phi-losophie zu lösen und das auch noch, wenn die Versuche in einem Airbussimula-tor gemacht werden.

10.3 ZUSAMMENFASSUNG Die vorliegende Arbeit beschreibt einen neuen Ansatz, nach dem Bauteile "kriti-scher" ausgelegt werden können, um Gewicht zu sparen, und daraus folgend, die Wirtschaftlichkeit eines Großflugzeugs zu erhöhen.

Eine neue Anzeige für Spannungsparameter und Steuerbefehle im Cockpit stellt im Falle der Degradierung des Flight Control Law sicher, daß der Pilot Strukturbe-lastungen auch bei manueller Flugführung im Bereich der Protections hält.

Diese neuen Anzeigen wurden entworfen und ihre Tauglichkeit in Experimenten nachgewiesen.

Die Arbeit ist in drei Teile gegliedert:

Der erste Teil (Situations- und Problemanalyse) beinhaltet die Motivation (Kapitel 1), den Stand der Technik (Kapitel 2 und 3) und die Randbedingungen (Kapitel 4 und 5).

Im zweiten Teil (Realisierung) wird der theoretische Lösungsansatz (Kapitel 6) und die Umsetzung in die Praxis (Kapitel 7 und 8) beschrieben.

Der dritte Teil (Experimente, Ergebnisse und Ausblick) bildet mit der Beschreibung des Versuchsaufbaus und den Ergebnissen der Experimente (Kapitel 9) und der Diskussion, der Zusammenfassung und dem Ausblick (Kapitel 10) den Abschluß der Arbeit.

In der Motivation sind neben dem Hintergrund und den Beweggründen für diese Arbeit auch die wichtigste physikalische Gesetzmäßigkeit, das sogenannte Square-Cube-Law, und die Folgen daraus für den Bau von Megalinern beschrie-ben. Ein neuer Ansatz zur Wirtschaftlichkeitserhöhung beim Bau von Megalinern ist in seinen wichtigsten Punkten dargelegt. Der letzte elementare Punkt der Moti-vation ist eine kurze Beschreibung, wie dieser neue Ansatz bei Megalinern umge-setzt werden kann.

10 DISKUSSION UND AUSBLICK

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Da sich das Square-Cube-Law und damit der neue Ansatz am stärksten auf Me-galiner auswirkt und dadurch am ehesten bei dieser Kategorie von Flugzeugen zum Einsatz kommen wird, folgt eine Beschreibung von bisherigen Megalinern und Megalinerstudien bis hin zu den aktuellen Airbusprojekten, der A340-500, A340-600 und der A380-Familie, und Boeings Plänen für die Nachfolger der 747-400.

Die Umsetzung des neuen Ansatzes findet im Cockpit statt. Deshalb werden die Avioniksysteme, die von dieser Umsetzung berührt werden, erklärt. Dies sind un-ter anderem die Flugregelsysteme, der Autopilot, die Flight Envelope Protection und die Abminderungsfunktionen von Böen- und Manöverlasten.

Die Experimente, die im A330/340 Flugsimulator an der TU Berlin durchgeführt wurden, basieren auf dem Lastenmodell eines Verbundvorhabens des Bundesmi-nisteriums für Bildung und Forschung, an dem die TU Berlin, die Universität Stutt-gart und der Flugzeughersteller EADS Airbus GmbH teilgenommen haben. Dieses Verbundvorhaben wird in seinen wichtigsten Punkten kurz dargelegt.

Die Beschreibung der Simulationsumgebung für die Experimente ist das nächste Kapitel. Hier werden die Hardware, wie der Airbus A330/A340 Full Flight Simulator des Zentrums für Flugsimulation Berlin (ZFB) und die beiden Experimentalumge-bungen SRF und SP2, und die Software, wie das Simulationsverwaltungspro-gramm SIMexTM-Plus, die Common Data Base, das Echtzeitmonitorprogramm CTS-Plus, das grafische Entwicklungssystem TIGERSTM und das grafische Anzei-gesystem HRGC, die für die Experimente verwendet wurden, erläutert.

Nach dem Stand der Technik und den Randbedingungen wird im zweiten Teil der vorliegenden Arbeit die Realisierung mit dem theoretischen Lösungsansatz darge-legt, der in der Motivation nur kurz angesprochen wurde. Dabei werden die Grundsätze der Bauteildimensionierung, wie die statische und dynamische Bela-stung, der Limit- und der Ultimate-Lastfall in bezug auf den neuen Lösungsansatz beschrieben. In diesem neuen Lösungsansatz der Bauteildimensionierung werden belastete Flugzeugbauteile in zwei Gruppen der Belastung unterteilt: In Bauteile, die kritisch für äußere Einflüsse (z.B. Böen) sind, das heißt, sie sind nicht durch den Piloten beeinflußbar, und in solche, die kritisch für Manöverlasten (z.B. zu starkes Abfangen) sind, das heißt, sie sind durch den Piloten beeinflußbar.

Die Bauteile, die kritisch bezüglich der Manöverlasten sind, haben eine Sicher-heitsmarge, die für die Ultimate Load reduziert werden kann. Für diese Bauteile wird in dieser Arbeit eine neue Bauteildimensionierungskategorie eingeführt: Die sogenannte "Potential for Reduction of the Margin in the Failure Case"-Kategorie, kurz PMF-Kategorie genannt.

Es können also ausschließlich die Ultimate Loads reduziert werden, die durch Ma-növerlasten hervorgerufen und für die das Flugzeug ausgelegt werden. Ein Bei-spiel dafür ist die Belastung des Höhenleitwerks bei einem übermäßig starken Ab-fangmanöver oder die des Seitenleitwerks bei einem Ausgleichsmanöver nach einem Triebwerksausfall.

Die Lastannahmen der Ultimate Loads der Bauteile, deren Belastung durch äuße-re Einflüsse hervorgerufen wird, können nicht reduziert werden.

10 DISKUSSION UND AUSBLICK

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SEITE 134

Aus diesen Gründen wird nicht mehr generell eine 1,5-fache Sicherheit der Limit Load gefordert, sondern für Bauteile der PMF-Kategorie nur noch eine reduzierte Marge für den Failure Case beziehungsweise eine reduzierte Ultimate Load. Die Reduzierung hängt von der Redundanz, der Ausfallwahrscheinlichkeit und der Auf-tretenswahrscheinlichkeit ab.

Als Maß für die Belastung wurde eine Belastungsmaßzahl, die letztendlich im Cockpit angezeigt wird, eingeführt.

Die Umsetzung des neuen Ansatzes ist die Darstellung der neuen Anzeige im Cockpit. Die verschiedenen Anzeigen und Anzeigemöglichkeiten und -arten wer-den besprochen und Vor- und Nachteile abgewogen. Als beste Lösung hat sich die Einfärbung des Attitude Reference Bar erwiesen.

Das Zuverlässigkeits- und Sicherheitskonzept des neuen Systems wird diskutiert. Anhand von anderen Systemen wird das neue System in Hinsicht auf Redundanz und Ausfallwahrscheinlichkeit in das Gesamtsystem eingeordnet. Dabei wird auch eine Gefahrenanalyse durchgeführt und die Funktionskritikalität geprüft.

Die neue Anzeige wurde durch zwei verschiedene Arten auf Plausibilität geprüft, eine Internetumfrage und Experimente im Cockpit des A330/340 FFS. Erst wurde eine Internetbefragung durchgeführt, an der 24 Piloten und Ingenieure teilgenom-men haben. Die Internetbefragung bestand aus vier Teilen: Dem Anschreiben, der allgemeinen Erklärung, der Beschreibung der Tests (des Versuchsszenarios) und einem abschließenden Fragebogen.

Die Ergebnisse der Umfrage waren durchweg positiv: Die überwiegende Mehrheit der 24 Umfrageteilnehmer hat die entwickelten Cockpitanzeigen befürwortet und die Darstellung als übersichtlich, leicht interpretierbar und logisch bewertet. Das relativ homogene Beantworten der Fragen spricht dafür, daß die Piloten die Dar-stellung der Cockpitanzeigen und den Fragebogen verstanden haben. Dieses gute Ergebnis wurde trotz einer sehr inhomogenen Teilnehmerstruktur erreicht.

Die zweite Reihe der Experimente wurde im Airbus A330/A340 Full Flight Simula-tor des ZFB durchgeführt. Das Versuchsszenario war das gleiche wie in der Inter-netumfrage: Während eines schnellen flachen Steigfluges fällt ein Triebwerk aus, worauf der Pilot ins Seitenruder tritt und dann die Belastung der Seitenleitwerks-wurzel kritische Werte annehmen kann. In dem Loads-Modell des BMBF-Forschungsprojektes "Dynamik des flexiblen Flugzeugs" wird die Belastung der Seitenleitwerkswurzel online gemessen. Diese Meßgröße paßt ideal zu dem Ver-such und dient so als Basisgröße für die neue Cockpitanzeige.

Die an dem Versuch teilgenommenen 8 Piloten und Ingenieure haben die neue Anzeige positiv bewertet. Auch wenn sich einige Piloten erst an das Experiment gewöhnen mußten, heißt das Fazit der Tests: Die Belastung der Seitenleitwerkswurzel wurde geringer und die kritische Belastungszeit kürzer.

10 DISKUSSION UND AUSBLICK

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SEITE 135

10.4 AUSBLICK

10.4.1 ONLINEMESSERGEBNISSE FLIESSEN DIREKT IN DIE PROTECTIONS EIN

Die in Kapitel 6.5 angesprochenen kritischen Werte, wie zum Beispiel das Biege-moment in der Flügel- und Seitenleitwerkswurzel, werden, wenn sie online gemes-sen werden, eigene kritische Grenzwerte haben. Die automatischen Regler ver-hindern im Normal Law, daß einzelne Strukturbelastungsgrößen in den kritischen Bereich, also dem plastischen Verformungsbereich zu nahe kommen. Es wäre also sinnvoll, die Onlinemeßergebnisse direkt in die Protections einfließen zu las-sen.

10.4.2 ÜBERTRAGUNG DER ANZEIGE IN FLUGZEUGE OHNE PROTECTIONS

Im Kapitel 6.3 wurde der neue Ansatz dieser Arbeit und die damit verbundene "In-dikation zur Vermeidung hoher Lasten im Failure Case" diskutiert. Der ganze An-satz beruht auf dem Ausfall der Protections, der sogenannten Degradierung von Steuergesetzen. Es ist jetzt zu überlegen, ob die in Kapitel 7 entworfene Anzeige auch auf Flugzeuge ohne Protections wie z.B. Segelflugzeuge, Motorsportflugzeug oder Businessjets, übertragen werden kann.

10 DISKUSSION UND AUSBLICK

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SEITE 137

ABBILDUNGSVERZEICHNIS Abbildung 1: Prinzipielle Darstellung des neuen Ansatzes......................................5

Abbildung 2: Airbus A340-300 / -500 / -600.............................................................9

Abbildung 3: Airbus A340-600...............................................................................11

Abbildung 4: Airbus A380-800...............................................................................12

Abbildung 5: Nutzlast-Reichweite-Diagramme der A310-200, -300.......................13

Abbildung 6: Nutzlast-Reichweite-Diagramme der A380-800, -800R....................13

Abbildung 7: Größenvergleich A380 zu Doppeldeckerbus ....................................16

Abbildung 8: Boeing Longer-Range 747-400 von Qantas of Australia ..................17

Abbildung 9: Boeing Longer-Range 747-400, 747X und 747X Stretch..................18

Abbildung 10: Übersicht über die verschiedenen Flight Modes und Flight Control Laws ...............................................................................................22

Abbildung 11: Unterschiede zwischen ALT1, ALT2 und Direct Law ......................23

Abbildung 12: Informationen im PFD über den Status des Flight Control Law ......25

Abbildung 13: Darstellungsformen des Flight Director...........................................28

Abbildung 14: Grenzwerte des Anstellwinkels .......................................................30

Abbildung 15: Abminderung von Manöverlasten am Beispiel der A320 ................33

Abbildung 16: Dateneingabe im Cockpit des Airbus A380 ....................................34

Abbildung 17: Cockpit des Airbus A380 ................................................................35

Abbildung 18: A330/A340 Simulator für Training und Forschung an der TU Berlin38

Abbildung 19: Vereinfachte Darstellung der A330/A340 Simulatornutzung...........40

Abbildung 20: A330/A340 Full Flight Simulator Block Diagram .............................42

Abbildung 21: TWM mit MCDU, PFD, ND, FCU und EFIS - Controlpanel.............47

Abbildung 22: Hängewinkel nach Querrudersprung-Anregung..............................52

Abbildung 23: Grafische Darstellung des neuen Ansatzes für bestimmte Bauteile der PMF-Kategorie .........................................................................57

Abbildung 24: Blockschaltbild des neuen Regelsystems.......................................59

Abbildung 25: Main Instrument Panel der A330/340 .............................................66

Abbildung 26: T-Anordnung der primären Flugführungsanzeigen bei herkömmlicher Instrumentierung und im PFD ................................69

Abbildung 27: Herkömmliche Darstellung eines Primary Flight Display ................70

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

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SEITE 138

Abbildung 28: Version Eins der Spannungsparameterdarstellung.........................71

Abbildung 29: Grundeinstellung der Spannungsparameterdarstellung..................73

Abbildung 30: Gefahrengrad Drei der Spannungsparameterdarstellung ...............74

Abbildung 31: Gefahrengrad Sechs der Spannungsparameterdarstellung............74

Abbildung 32: Gefahrengrad Neun der Spannungsparameterdarstellung .............75

Abbildung 33: Steuerbefehldarstellung mit Hilfe des Yaw Bar...............................79

Abbildung 34: Steuerbefehldarstellung mit Hilfe des White Cross.........................80

Abbildung 35: Steuerbefehldarstellung mit Hilfe des Flight Director ......................80

Abbildung 36: TCAS-Anzeige im Variometer.........................................................82

Abbildung 37: Steuerbefehldarstellung und reduzierte Steuerbefehldarstellung für Höhenruder................................................................................83

Abbildung 38: Sideslip Index Darstellung im Airbus-Cockpit .................................84

Abbildung 39: Steuerbefehldarstellung für Seitenruder .........................................84

Abbildung 40: Steuerbefehldarstellung für Querruder ...........................................85

Abbildung 41: Reduzierte Steuerbefehldarstellung für Querruder .........................86

Abbildung 42: Steuerbefehldarstellung für Geschwindigkeitsänderung.................86

Abbildung 43: Darstellung von Spannungsspitzen ................................................89

Abbildung 44: Aufbau des Hazard-Assessments...................................................93

Abbildung 45: PFD im Steigflug (Seite 1) ..............................................................99

Abbildung 46: PFD nach Triebwerksausfall (Seite 2) ..........................................100

Abbildung 47: Vergleich der Spannungsspitzen nach Seitenruderausschlag......101

Abbildung 48: PFD nach der ersten Einfärbung des Attitude Reference Bar (Seite 3) ........................................................................................102

Abbildung 49: PFD nach der weiteren Einfärbung des Attitude Reference Bar (Seite 4) ........................................................................................103

Abbildung 50: PFD bei Anzeige des Steuerbefehls (Seite 5) ..............................104

Abbildung 51: PFD nach dem Rückgang des Steuerbefehls (Seite 6) ................105

Abbildung 52: PFD nach dem Rückgang der Einfärbung des Attitude Reference Bar (Seite 7) .................................................................................106

Abbildung 53: PFD in der Ausgangssituation (Seite 8)........................................107

Abbildung 54: PFD-Darstellung für Alternative, um einen Triebwerksausfall zu kompensieren ...............................................................................108

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

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SEITE 139

Abbildung 55: Mittelwerte und Standardabweichungen aus dem PSSUQ-Fragebogen ..................................................................................114

Abbildung 56: Vergleich des Original-PFD mit der reduzierten RGB-Darstellung118

Abbildung 57: Versuchsaufbau im Simulatorcockpit bei der Testreihe 2 .............120

Abbildung 58: Hilfsanzeige zum Ausleiten eines Kunstflugmanövers..................128

Abbildung 59: Darstellung der Spannung mit Hilfe eines Spannungskreises ......129

Abbildung 60: Symbolische Darstellung von Dehnung ........................................130

Abbildung 61: Symbolische Darstellung der Dehnung auf dem Attitude Reference Bar...............................................................................130

Abbildung 62: Gegenüberstellung von Stereomechanik und Festigkeitslehre.....151

TABELLENVERZEICHNIS Tabelle 1: Vergleich von spezifischen Gewichten....................................................3

Tabelle 2: A340-500/-600 Daten und Abmaße ......................................................10

Tabelle 3: A380 Passagierversion - Daten und Abmaße.......................................14

Tabelle 4: A380 Frachtversionen - Daten und Abmaße.........................................15

Tabelle 5: Daten und Abmaße der verschiedenen Boeing 747-Projekte ...............19

Tabelle 6: Ursachen für das Alternate Law............................................................24

Tabelle 7: Ursachen für das Direct Law.................................................................25

Tabelle 8: Vergleich der kritischen Lastfälle für verschiedene Bauteile .................55

Tabelle 9: Übersicht über Gefahrengrade der Version Drei der Spannungsparameterdarstellung....................................................77

Tabelle 10: Einfärbung des Attitude Reference Bar...............................................77

Tabelle 11: Funktionskritikalität .............................................................................95

Tabelle 12: Komponentenklassifizierung ...............................................................96

Tabelle 13: PFD-CDB Variablen im Steigflug ........................................................99

Tabelle 14: PFD-CDB Variablen nach Triebwerksausfall ....................................100

Tabelle 15: PFD-CDB Variablen nach der ersten Einfärbung des Attitude Reference Bar...............................................................................102

Tabelle 16: PFD-CDB Variablen nach der weiteren Einfärbung des Attitude Reference Bar...............................................................................103

Tabelle 17: PFD-CDB Variablen bei Anzeige des Steuerbefehls ........................104

TABELLENVERZEICHNIS

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SEITE 140

Tabelle 18: PFD-CDB Variablen nach dem Rückgang des Steuerbefehls ..........105

Tabelle 19: PFD-CDB Variablen nach dem Rückgang der Einfärbung des Attitude Reference Bar .................................................................106

Tabelle 20: PFD-CDB Variablen in der Ausgangssituation..................................107

Tabelle 21: Übersicht über die Fragebogen-Bewertungsgruppen .......................110

Tabelle 22: Auswertung des ersten Teils des PSSUQ-Fragebogens ..................112

Tabelle 23: Zusammenfassung der Auswertung des PSSUQ-Fragebogens.......113

Tabelle 24: Auswertung des zweiten Teils des PSSUQ-Fragebogens ................115

Tabelle 25: Softwareversionen der SRF des A330/340 FFS ...............................117

TABELLENVERZEICHNIS

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SEITE 141

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS α Anstellwinkel ε Dehnung = spezifische Längenänderung σ Spannung ν Querdehnungszahl σe Elastizitätsgrenze = Proportionalitätsgrenze ∆l (absolute) Längenänderung ∆R Widerstandsänderung °C Grad Celsius A Airbus AA American Airlines A/C Aircraft a2b ASCII to binary AC Alternating Current ADF Automatic Direction Finder ADIRS Air Data and Inertial Reference System ADIRU Air Data and Inertial Reference Unit ADR Air Data Reference AIL Aileron AIX Advanced Interactive Executive Operating System (Com-

puterbetriebssystem von IBM) ALT alternate, Altitude An Antonov AOA angle of attack AOM Airplane Operations Manual (Lufthansa Bezeichnung des

FCOM) AP Autopilot APU Auxiliary Power Unit ARINC Aeronautical Radio Incorporation ARP Aerospace Recommended Practice (von der SAE heraus-

gegeben) ASCII American Standard Code for Information Interchange ASI Air Speed Indicator ATHR Autothrust AW&ST Aviation Week & Space Technology B Boeing b2a binary to ASCII

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

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SEITE 142

BA British Airways BAE British Aerospace BMBF Bundesministeriums für Bildung und Forschung

vor 1998: Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, For-schung und Technologie

BMWi Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie vor 1998: Bundesministerium für Wirtschaft

BMZ Belastungsmaßzahl bn Parameter der Belastungsmaßzahl BMZ (kritische Werte) C Programmiersprache C/B Circuit Brakers c4l C - Compiler CAA UK Civil Aviation Authority, United Kingdom CAB Cabine; Cabinet (SRF) CAE Canadian Aviation Electronics (kanadischer Simulatorher-

steller) CAELIB CAE-Library CASSY Cockpitassistenzsystem CD Compact Disk CDB Common Data Base CDBS Common Data Base Spare Label Utility CD-ROM Compact Disk - Read Only Memory CFK carbonfaserverstärkter Kunststoff CH Conföderatio Helvetica Chap. Chapter CL Auftriebskoeffizient CL CargoLifter CLB Climb COND (Air) Conditioning CPC C - Pre-Compiler CPT Captain CRJ Canadair Regional Jet CRT Cathode Ray Tube CTS Simulationsprogramm von CAE Dasa DaimlerChrysler Aerospace AG (1998-2000)

Daimler-Benz Aerospace AG (1995-1998) Deutsche Aerospace AG (1989-1994)

DC Direct Current

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

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SEITE 143

DDRMI Digital Distance and Radio Magnetic Indicator DGAC Departement General de l’Aviation Civile DGLR Deutsche Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt - Lilienthal-

Oberth e.V. DIN Deutsche Industrie Norm, Deutsches Institut für Normung e.V. DIR Direction, direct DLR Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt DMC Display Management Computer DMS Dehnmeßstreifen Do Dornier Do X Großflugschiff Dornier Do X DOC Direct Operating Costs DOW Dry Operating Weight DV Durchführungsverordnung E Elastitzitätsmodul E/W D Engine and Warning Display EADS European Aeronautic Defence and Space Company N.V.

früher Dasa ECAM Electronic Centralized Aircraft Monitor EFCS Electronic Flight Control System EFIS Electronic Flight Instrument System ELEC Electricity ELEV Elevation ENG Engine ETOPS Extended Twin Operations F Frankreich f false F/CTL Flight Controls FAA Federal Aviation Agency (USA, 1958-1967)

Federal Aviation Administration (USA, seit 1967) FAC Flexible Aircraft FAR Federal Aviation Regulations (von der FAA herausgegeben) FCC Flight Control Computer FCM Flight Crew Manual (Hrsg. u.a. Lufthansa) FCOM Flight Crew Operating Manual (Hrsg. u.a. Airbus) FCPC Flight Control Primary Computer FCSC Flight Control Secondary Computer FCU Flight Control Unit

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

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SEITE 144

FD Flight Director FE Finite Elemente; Flight Envelope FFS Full Flight Simulator FG Flight Guidance Fh, Fh-1 Flugstunde, pro Flugstunde FIDS Fault Isolation and Detection System FL Flight Level FM Flight Management FMA Flight Mode Annunciator FMGC, FMGEC Flight Management Guidance and Envelope Computer FMGS Flight Management Guidance and Envelope System FMS Flight Management System FO First Officer FPA Flight Path Angle ft Foot/ Feet, 1ft = 0,3048 m Fw Focke-Wulf g Gravitation, Erdbeschleunigung (g = 9,81 m/s²) GB Großbritannien GE General Electric GLARE® GLAss REinforced GPWS Ground Proximity Warning System HDG Heading HRGC High Resolution Graphic Card Hrsg. Herausgeber HYD Hydraulic Hz Hertz IBM International Business Machines Corporation ICAO International Civil Aviation Organization IFR Institut für Flugmechanik und Flugregelung der Universität

Stuttgart ILS Instrumenten-Landesystem INFOQUAL Information Quality INOP inoperative INR inner INS Inertial Navigation System INTERQUAL Interface Quality IOS Instructor Operating Station

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

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SEITE 145

IR Inertial Reference IRIG Inter-Range Instrumentation Group IRS Inertial Reference System JAA Joint Airworthiness Authorities (1970-1987)

Joint Aviation Authorities (seit 1987) JAR Joint Aviation Requirements (von der JAA herausgegeben) K Proportionalitätskonstante = K-Faktor kg Kilogramm km Kilometer kn Konstanten kN Kilonewton, 1 kN = 103 Newton kt, kts Knoten, 1 kt = 1,852 km/h L Left l Ausgangslänge; Liter; links, left LAT Latitude LBA Luftfahrt-Bundesamt lbsf lbs force LCD Liquid Crystal Display LDG Landing LFT Lufthansa Flight Training LIM Limitation LuftBauO Bauordnung für Luftfahrtgerät m Meter MBB Messerschmidt-Bölkow-Blohm, jetzt Teil der EADS MCDU Multipurpose Control and Display Unit MD-12 McDonnell Douglas MD-12 ME Resultierendes Moment min Minute MLA Maneuver (Manœuvre) Load Allevation MLW Maximum Landing Weight Mmo Maximum Operating Mach Number MPa Megapascal = 106 Pascal, 1 Pa = 1 N/m2 = 10-5 bar MTOW Maximum Take-off Weight MW Mittelwert mwN mißweisend Nord MZFW Maximum Zero Fuel Weight N Newton, 1 N = 1 kg m/s²

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

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SEITE 146

n no ND Navigation Display NLA New Large Aircraft NM Nautische Meilen NTSB National Transportation and Safty Board nz Lastvielfache o.V. ohne Verfasser OXY Oxygen P Pilot (Nr.) P. Page PF Pilot Flying PFD Primary Flight Display PIO Pilot-induced Oscillations PMF Potential for Reduction of the Margin in the Failure Case POS Position PRESS Pressure PRIM Primary Computer PROT Protection PSSUQ Post-study System Usability Questionaire PW Pratt & Whitney (US-amerikanischer Triebwerkshersteller) QNH Druck auf der Höhe des Meerespiegels, der aus dem Normal-

druckverlauf aus dem auf Platzhöhe gemessenen Druck be-rechnet wird

r rechts, right R Widerstand REV Revision RGB red green blue RJ Regional Jet (von Canadair) RW Reichweite S Seite s Sekunde

s Starndardabweichung 2

s Varianz, Streuung

SAE Society of Automotive Engineers SAW Standardabweichung SD System Display SEC Secondary Computer

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

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SEITE 147

sek Sekunde sgac Special Graphic Application Compiler SI Système International d'Unités SIMex Simulator Executive Simulationsprogramm von CAE SPD Speed SPLRS Spoilers SQL Square-Cube-Law SRF Scientific Research Facility SSA System Safty Assessments STD Standardluftdruck der Normalatmosphäre auf Meereshöhe

(1013,25 hPa) SYSUSE System Usefulness t true; Tonnen T/O Take-off tan Tangens TCAS Traffic Alert and Collision Avoidance System TCP/IP Transmission Control Protocol/ Internet Protocol THS Trimmable Horizontal Stabilizer TIGERS The Interactive Graphics Environment for Real-time Systems TOGA Take-off/ Go-around TOW Take-off Weight TRK Track TU Technische Universität TW Triebwerk TWM TIGERS Windows Manager UHCA Ultra High Capacity Aircraft UNIX Abkürzung für: UNICS - UNiplexed Information and Computing

Service USAF United States Air Force V/S Vertical Speed V1 Entscheidungsgeschwindigkeit VHF Very High Frequency VHS Video-Home-System VLA Very Large Airplane VLCT Very Large Commercial Transport VLS Lowest Selectable Speed Vmo Maximum Operation Speed

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

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SEITE 148

Vol. Volume VOR VHF Omnidirectional Range VS Stalling Speed

x Mittelwert X-(Fenster) Abkürzung für: UNIX-(Fenster) y Yes ZFB Zentrum für Flugsimulation Berlin GmbH

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

Page 161: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 149

GLOSSAR

Ausfall (-erkennung)/ Fehler (-erkennung)

Ein Ausfall (Failure) ist die Beendigung der Funktionsfähigkeit einer materiellen Einheit im Rahmen der zugelassenen Beanspruchung; der Ausfall führt zum Ver-sagen.178 Messerschmidt-Bölkow-Blohm (MBB)179 übersetzt Ausfall mit "Ausset-zen der Ausführung einer festgelegten Aufgabe einer Einheit aufgrund einer in ihr selbst liegenden Ursache ... ".

Ein Fehler (=Defekt) (Defect, Error) ist die Nichterfüllung einer Forderung180 und eine unzulässige Abweichung eines Merkmals181; der Fehler kennzeichnet einen Zustand. Ein Fehler kann verschiedene Ursachen haben, z.B. Planungsfehler, Realisierungsfehler, Fehler während der Nutzung, Entwurfsfehler, Fertigungsfeh-ler.182 Aber auch ein Ausfall kann eine Ursache für einen Fehler sein.

Zur Beziehung zwischen Ausfällen und Fehlern: •

Nicht jeder Ausfall muß zu einem Fehler führen, denn einerseits sind in einem Flugzeug alle wichtigen Komponenten und Systeme redundant, wie z.B. Com-puter und Reifen, so daß es trotz eines Ausfalls nicht unbedingt zu einer Fehl-funktion kommen muß, allerdings kann es zu einer Degradation der Funktions-fähigkeit führen. Andererseits führt ein Ausfall nicht zu einem Fehler, wenn das ausgefallene Gerät zu dem Zeitpunkt des Ausfalls gar nicht benutzt wird.

Nicht jeder Fehler muß aufgrund eines Ausfalls auftreten. So kann ein komple-xes System, bei dem alle Komponenten einwandfrei funktionieren, trotzdem Fehlfunktionen haben, die durch nicht vorhergesehene Einflüsse von außen oder auch von innen verursacht wurden.

Eine Ausfallerkennung ist wichtig, damit die ausgefallene Komponente bezie-hungsweise das ausgefallene System repariert beziehungsweise ausgewechselt werden kann.

Die Fehlererkennung ist wichtig, da besonders Fehlfunktionen oft nicht objektiv erkannt werden.

178 Deutsches Institut für Normung (Hrsg.): DIN 40041, 1990, S. 4 179 Messerschmidt-Bölkow-Blohm GmbH (Hrsg.): Technische Zuverlässigkeit, 3. Auflage, Berlin, Heidelberg,

1986, S. 40 180 Deutsches Institut für Normung (Hrsg.): DIN 40041, 1990, S. 3 181 Messerschmidt-Bölkow-Blohm GmbH (Hrsg.): Technische Zuverlässigkeit, 3. Auflage, Berlin, Heidelberg,

1986, S. 41 182 Deutsches Institut für Normung (Hrsg.): DIN 40041, 1990, S. 3

GLOSSAR

Page 162: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 150

Ausfallwahrscheinlichkeit

Wahrscheinlichkeit, daß die Lebensdauer (s.u.) eine betrachtete Betriebsdauer ab Anwendungsbeginn nicht erreicht.183

Biochemischer Prozeß/ biochemische Wandlung

In der biochemischen Energiewandlung wird Kohlenwasserstoff und Sauerstoff mit Hilfe der chemischen Prozesse in den Zellen direkt in mechanische Energie um-gewandelt.

Dry Operating Weight (DOW)

Flugzeugleergewicht (ohne Passagiere, Nutzlast und Kraftstoff, aber mit komplet-ter Ausrüstung)

Elastische Körper, starre Körper, Festigkeit

In der Stereomechanik wird der Sonderfall behandelt, daß der Körper sich unter dem Einfluß von Kräften, Momenten und Spannungen nicht oder nur vernachläs-sigbar wenig verformt. Man spricht hier von der Fiktion des starren Körpers, der durch Belastung nicht deformiert wird. In der Festigkeitslehre hingegen ist die Re-striktion der Starrheit der Körper aufgehoben.184

Die Festigkeit eines Bauteils gewährleistet, daß die auftretenden Belastungen mit ausreichender Sicherheit aufgenommen werden können, ohne dass es dadurch zu unzulässig großen Verformungen oder Dehnungen, zum Bruch oder Instabilwer-den des Bauteils führt. Dabei unterscheidet man die statische Festigkeit, bei der das Bauteil auf die einmalige Aufbringung einer Belastung ausgelegt werden muß und der Betriebsfestigkeit, bei der das Bauteil mehrmals belastet wird.185

Elektrochemischer Prozeß/ elektrochemische Wandlung

Zwei für die zukünftige Mobilität wesentliche elektrochemische Wandlungsprozes-se sind seien kurz erläutert: Beim ersten wird in der sogenannten Elektrolyse mit elektrischer Energie Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt. Beim zweiten wird in der Brennstoffzelle Wasserstoff und Sauerstoff verbrannt. Dabei entsteht elektrischer Strom (Energie) und Wasser. Kohlenwasserstoffe können über die Brennstoffzelle in elektrische Energie gewandelt werden, die sich dann über einen Elektromotor mechanische Energie umformen lassen.

183 Deutsches Institut für Normung (Hrsg.): DIN 40041, 1990, S. 7 184 Gummert, Peter und Reckling, Karl-August: Mechanik, 2. Auflage, Braunschweig/Wiesbaden, 1987, S. 200,

266 185 vgl. Beitz, Wolfgang und Küttner, Karl-Heinz (Hrsg.): Dubbel - Taschenbuch für den Maschinenbau, 14.

Auflage, Berlin, Heidelberg, 1981, S. 179

GLOSSAR

Page 163: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 151

Festigkeitslehre

In der folgenden Abbildung 62 sind die Stereomechanik und die Festigkeitslehre gegenüber gestellt. Die Festigkeitslehre wird noch einmal in elastische Verformun-gen und plastische Verformungen unterschieden.186

keine Deformationstarrer Körper

Stereomechanik

elastische Verformung

kleine Deformation

plastische Verformung

große Deformation

Festigkeitslehre

Kontinuumsmechanik

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Gummert, Peter und Reckling, Karl-August: Mechanik, 2. Auflage, Braunschweig/Wiesbaden, 1987, S. 4.

Abbildung 62: Gegenüberstellung von Stereomechanik und Festigkeitslehre

Die Festigkeitslehre soll Spannungen und Verformungen in einem Bauteil ermitteln und nachweisen, daß sie mit ausreichender Sicherheit gegen Versagen des Bau-teils aufgenommen werden. Ein Versagen kann in unzulässig großen Verformun-gen oder Dehnungen, im Auftreten eines Bruches oder im Instabilwerden des Bau-teils bestehen. 187

Glascockpit

Der Begriff "Glascockpit" beschreibt Cockpits moderner Verkehrsflugzeuge mit hochautomatisierten Systemen und fortgeschrittener Anzeigetechnologie auf Flachbildschirmen.

Lebensdauer

Betriebsdauer einer nichtinstandzusetzenden Einheit vom Anwendungsbeginn bis zum Zeitpunkt des Versagens.188

186 vgl. Kapitel 7.3.1 und 7.3.2 187 Beitz, Wolfgang und Küttner, Karl-Heinz (Hrsg.): Dubbel - Taschenbuch für den Maschinenbau, 14. Aufla-

ge, Berlin, Heidelberg, 1981, S. 179 188 Deutsches Institut für Normung (Hrsg.): DIN 40041, 1990, S. 6

GLOSSAR

Page 164: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 152

Lebensdauerverteilung

Verteilungsfunktion der Lebensdauer (s.o.) 189

Maximum Zero Fuel Weight (MZFW)

Maximales Gewicht ohne Kraftstoff, aber mit Passagieren und Nutzlast

Öko-Leichtbau

Die Gewichtseinsparung wirkt sich indirekt über die Energieeinsparung aus. Dieser Effekt (Schneeballeffekt durch Vergrößerungsfaktor) wirkt sich um so stärker aus, je größer das Verhältnis von Tragstrukturgewicht zur Nutzlast ist. Er ist in der Raumfahrt über 100, bei Flugzeugen 4 bis 10 und bei Eisenbahnen 1,5 bis 3.190

Qualität

Beschaffenheit einer Einheit bezüglich ihrer Eignung, festgelegte und vorausge-setzte Erfordernisse zu erfüllen.191

Redundanz

Redundanz ist das Vorhandensein von mehr funktionsfähigen Mitteln in einer Ein-heit, als für die Erfüllung der geforderten Funktionen notwendig sind.192 Sie wird unterschieden in:193

Funktionsbeteiligte (heiße) Redundanz (active Redundancy): Redundanz, bei der die zusätzlichen Mittel nicht nur ständig in Betrieb, sondern auch an der Ausführung der vorgesehenden Aufgabe beteiligt sind.

Standby-Redundanz (standby Redundancy): Redundanz, bei der die zusätzli-chen Mittel eingeschaltet sind, aber erst bei Störung oder Ausfall an der Ausfüh-rung der vorgesehenen Aufgabe beteiligt werden.

Kalte Redundanz (cold Redundancy): Redundanz, bei der die zusätzlichen Mit-tel zur Ausführung der vorgesehenen Aufgabe erst bei Störung oder Ausfall eingeschaltet werden.

Steifigkeit

Die Steifigkeit charakterisiert das Verhalten von Bauteilen als Reaktion auf innere oder äußere Belastungen. Das Verhalten kann sich in Form von Verformungen, Durchbiegung oder Verdrehung äußern.194

189 Deutsches Institut für Normung (Hrsg.): DIN 40041, 1990, S. 7 190 vgl. Wiedemann, Johannes: Leichtbau, Band I, Elemente, Berlin, 1996, S. 2 191 Deutsches Institut für Normung (Hrsg.): DIN EN ISO 8402, 1995, S. 2 192 Deutsches Institut für Normung (Hrsg.): DIN 40041, 1990, S. 9 193 Messerschmidt-Bölkow-Blohm GmbH (Hrsg.): Technische Zuverlässigkeit, 3. Auflage, Berlin, Heidelberg,

1986, S. 42

GLOSSAR

Page 165: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 153

Störung

Fehlende, fehlerhafte oder unvollständige Erfüllung einer geforderten Funktion ... . 195

Versagen

Entstehen einer Störung (s.o.) bei zugelassenem Einsatz der Einheit aufgrund ei-ner in ihr selbst liegenden Ursache.196

Zuverlässigkeit

Zuverlässigkeit (Dependability) ist die Beschaffenheit einer Einheit bezüglich ihrer Eignung, während oder nach vorgegebenen Zeitspannen (Betriebszyklen) bei vor-gegebenen Anwendungsbedingungen die Zuverlässigkeitsanforderung zu erfüllen. Zuverlässigkeit darf nicht mit Reliability übersetzt werden. Reliability bedeutet Funktionsfähigkeit oder Überlebenswahrscheinlichkeit.197

194 vgl. Beitz, Wolfgang und Küttner, Karl-Heinz (Hrsg.): Dubbel - Taschenbuch für den Maschinenbau, 14.

Auflage, Berlin, Heidelberg, 1981, S. 1070 195 Deutsches Institut für Normung (Hrsg.): DIN 40041, 1990, S. 3 196 Deutsches Institut für Normung (Hrsg.): DIN 40041, 1990, S. 4 197 Deutsches Institut für Normung (Hrsg.): DIN 40041, 1990, S. 2

GLOSSAR

Page 166: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 154

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Helmke, Hartmut und Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (Hrsg.): Ein wis-senbasiertes Modell für die Online-Überwachung und -Diagnose techni-scher Systeme, Braunschweig, 1999

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o.V.: Im Airbus A3XX ..., erschienen in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, am 1.2.2000, Nr. 26, Seite T 10

LITERATURVERZEICHNIS

Page 169: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

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Richter, Jan-Arwed und Wolf, Christian: Jet-Airliner-Unfälle seit 1952, Karlsruhe, 1997

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Thomalla, Volker K.: Der Gigant rollt an den Start, erschienen in: Flug Revue, Stuttgart, Ausgabe Juli 2000, S. 22-27

Thomalla, Volker K.: Kampf der Giganten - Boeing entwickelt den Nachfolger der 747-400, erschienen in: Flug Revue, Stuttgart, Ausg. September 2000, S. 36-38

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Gerhards, Roland: Vortrag an der TU Berlin über die zukünftigen Projekte und Programme bei Airbus am 18.11.1999

LITERATURVERZEICHNIS

Page 171: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 159

Institut für Flugmechanik und Flugregelung (IFR) der Universität Stuttgart: http://www.ifr.uni-stuttgart.de/Research/aer-de.html

Persönliches Gespräch mit Herrn Hans-Gerd Gisseler, EADS Airbus Hamburg, Abt. EDC am 1.12.2000

Persönliches Gespräch mit Herrn Hans-Martin Besch, Airbus Industrie, Abt. AI/LE am 1.9.2000

The Aviation History Online Museum: http://aviation-history.com/boeing/307.html

The Boeing 747X Familiy: http://www.boeing.com/news/feature/747x/background.html http://www.boeing.com/news/feature/747x/facts.html

LITERATURVERZEICHNIS

Page 172: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 160

ANHANG 1

Fragen zu der Arbeit "Darstellung von Spannungs- und Verformungsparametern im Cockpit eines Megaliners":

1. Ist die Anzeige im Attitude Reference Bar sinnvoll?

1 - sehr sinnvoll 1 2 3 4 5 2 - sinnvoll

3 - unentschieden 4 - eher nicht sinnvoll 5 - überhaupt nicht sinnvoll

2. Ist die Farbgebung in der Anzeige in den Ampelfarben mit zwei Untertö-

nen sinnvoll, oder sollten nur Farben verwendet werden, die in der Air-busfarbphilosophie schon vorkommen?

Farbgebung in den Ampelfarben mit 2 Untertönen OK Egal, Hauptsache logisch Nur Farben der Airbusfarbphilosophie

3. Wünschen Sie sich außer

- dem Belastungsgrad und - den Steuerbefehlen, um einen kritischen Belastungsgrad zu reduzieren, noch andere Informa-tionen im Cockpit, wie z.B. "Wo tritt die kritische Belastung auf?"

Ja: _________________________________________ Nein

4. Sollten die Steuerbefehle mit Hilfe des Flight Director dargestellt wer-

den?

Ja, Flight Director ohne Farbänderung Ja, Flight Director mit Farbänderung Nein, neue beziehungsweise andere Anzeige,

z.B. __________________________________ 5. Können Sie sich eine solche Anzeige im praktischen Einsatz vorstellen?

Ja, absolut. Ja, aber _______________________________________ Nein. Warum nicht? _____________________________

ANHANG 1

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ANHANG 2

ANHANG 2

Page 174: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 162

ANHANG 3

QUESTIONNAIRE

Dear Pilot, please give us some information for statistical use. All data acquired will be kept confidential. Thank you in advance. Gunther Daser

Before continuing make sure you entered our project key. You will find the project key in the head of my letter:

Your hours in glass cockpit:

Your age:

Which job do you actually perform?

Instructor Check Pilot Captain First Officer Test Pilot O O O O O O

Post-Study System Usability Questionnaire (PSSUQ)

This questionnaire gives you an opportunity to tell us your reactions to the system you used. Your responses will help us to understand which aspects of the system you are particularly concerned about and which satisfy your needs. To the greatest degree possible, think about all the tasks that you have performed with the system while you answer these questions. Please read each statement and indicate how strongly you agree or disagree with the statement by marking a number on the scale. Please write comments at the end of this questionnaire.

Thank you!

Note: There are 23 questions. At the end of this questionnaire you can send your an-swers by pressing the SEND button. The answers will be sent by e-mail.

This questionnaire was composed by James R. Lewis: IBM Computer Usability Satisfaction Questionnaires, Psychometric Evaluation and Instructions for Use, International Journal of Human-Computer Interaction, Volume 7, Number 1, Janu-ary - March 1995, P.58-78.

ANHANG 3

Page 175: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 163

1. Overall, I am satisfied with how easy it is to use this system.

strongly 1 2 3 4 5 6 7 strongly agree O O O O O O O disagree

2. It was simple to use this system.

strongly 1 2 3 4 5 6 7 strongly agree O O O O O O O disagree

3. I could effectively complete the tasks and scenarios using this system.

strongly 1 2 3 4 5 6 7 strongly agree O O O O O O O disagree

4. I was able to complete the tasks and scenarios quickly using this system.

strongly 1 2 3 4 5 6 7 strongly agree O O O O O O O disagree

5. I was able to efficiently complete the tasks and scenarios using this system.

strongly 1 2 3 4 5 6 7 strongly agree O O O O O O O disagree

6. I felt comfortable using this system.

strongly 1 2 3 4 5 6 7 strongly agree O O O O O O O disagree

7. It was easy to learn to use this system.

strongly 1 2 3 4 5 6 7 strongly agree O O O O O O O disagree

8. I believe I could become productive quickly using this system.

strongly 1 2 3 4 5 6 7 strongly agree O O O O O O O disagree

ANHANG 3

Page 176: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 164

9. The system gave error messages that clearly told me how to fix problems.

strongly 1 2 3 4 5 6 7 strongly agree O O O O O O O disagree

10. Whenever I made a mistake using this system, I could recover easily and quickly.

strongly 1 2 3 4 5 6 7 strongly agree O O O O O O O disagree

11. The information (such as on-screen messages, and other documentation) pro-vided with this system was clear.

strongly 1 2 3 4 5 6 7 strongly agree O O O O O O O disagree

12. It was easy to find the information I needed.

strongly 1 2 3 4 5 6 7 strongly agree O O O O O O O disagree

13. The information provided for the system was easy to understand.

strongly 1 2 3 4 5 6 7 strongly agree O O O O O O O disagree

14. The information was effective in helping me complete the tasks and scenarios.

strongly 1 2 3 4 5 6 7 strongly agree O O O O O O O disagree

15. The organisation of information on the systems screens was clear.

strongly 1 2 3 4 5 6 7 strongly agree O O O O O O O disagree

16. The interface of this system was pleasant.

strongly 1 2 3 4 5 6 7 strongly agree O O O O O O O disagree

ANHANG 3

Page 177: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 165

17. I liked using the interface of this system.

strongly 1 2 3 4 5 6 7 strongly agree O O O O O O O disagree

18. This system has all the functions and capabilities I expect it to have.

strongly 1 2 3 4 5 6 7 strongly agree O O O O O O O disagree

19. Overall, I am satisfied with this system.

strongly 1 2 3 4 5 6 7 strongly agree O O O O O O O disagree

PSSUQ Add-on

This Add-on to the PSSUQ gives you further opportunity to feed back your feelings and impressions gained with the "Presentation of stress- and deformation-parameters and guidance-commands in a cockpit of a megaliner."

This tool was developed separately and I would be very glad if you also could sum up your personal thinking about this tool by answering the following questions. I promise you that this would be the last four...

20. If you look at the steeringcommand of the speedscale, which of the both dis-play configurations would you apply?

O left O right

ANHANG 3

Page 178: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 166

21. In the description of the system you have learned about optical warnings, acoustic warnings and the display of the guidance-commands in the cockpit.

Do you think it is necessary also to have acoustic guidance-commands?

strongly 1 2 3 4 5 6 7 strongly agree O O O O O O O disagree

22. Do you have another suggestion to display high loads in the structure and to give the pilot an advice, how he can reduce them?

O yes O no If you marked "yes", please write your suggestion in the text area.

23. After all, do you think it makes sense, to display high loads in the structure and display them in the cockpit?

strongly 1 2 3 4 5 6 7 strongly agree O O O O O O O disagree

If you have a comment to a specific question from above, please add the number of the question to your comment.

Now you can send your answers by pressing the SEND QUESTIONNAIRE button. The answers will be sent by e-mail. All of your answers will be kept confidential. Thank you again!

ANHANG 3

Page 179: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 167

LEBENSLAUF

Persönliche Angaben:

Geburtsdatum, -ort: 20.08.1966 in Goslar

Familienstand: verheiratet, 3 Kinder

Staatsangehörigkeit: deutsch

Beruflicher Werdegang:

Febr. 1996- April 2001 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Luft- und Raumfahrt, Fachgebiet Flugführung und Luftverkehr der TU Berlin, als Lehrassistent zuständig für die Lehrveran-staltungen Flugsicherung, Betriebsausrüstung, Flugpla-nung und Flughafenplanung

Jan. 2000- April 2001 Freier Mitarbeiter in der Patentabteilung der Siemens AG, Berlin

seit Mai 2001 Patentingenieur bei der Volkswagen AG, Wolfsburg

Wissenschaftlicher Werdegang:

Mai 1987 Abitur am Karl-Maybach-Gymnasium, Friedrichshafen ein-schließlich halbjährigem Aufenthalt an der Archbishop Al-ter High School, Kettering, Ohio, USA

Okt. 1989- Sept. 1992 Studium der Luft- und Raumfahrttechnik an der Universität Stuttgart, sowie 5-monatiger Aufenthalt bei Israel Aircraft Industies, Lod, Israel

Okt. 1992- Jan. 1996 Fortsetzung des Luft- und Raumfahrttechnikstudiums an der Technischen Universität Berlin mit Vertiefung im Be-reich Flugführung und Luftverkehr

Febr. 1993 Vordiplom

März 1995- Juli 1995 Studienarbeit im Bereich Projektaerodynamik am Techni-on - Israel Institute of Technology in Haifa/ Israel

Sept. 1995- Jan. 1996 Diplomarbeit zum Thema Systemvergleich Magnet-schnellbahn - Kurzstreckenluftverkehr bei der Firma Dor-nier SystemConsult

Januar 1996 Abschluß des Studiums mit dem Diplom (Note: 1,6)

Febr. 1996 Stipendium für den wissenschaftlichen Beitrag der Di-plomarbeit vom Deutschen Verkehrsforum in Bonn

LEBENSLAUF

Page 180: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE 168

Wehrdienst:

Okt. 1987- Dez. 1988 Grundausbildung im Luftwaffenausbildungsregiment Leipheim/ Donau; weitere Verwendung als Stabsdienst-soldat in der Personalabteilung des Bundesministeriums der Verteidigung, Bonn

LEBENSLAUF

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SEITE N - 1

NACHWORT zu der Dissertation

(Dieses Nachwort ist nicht Bestandteil der Dissertation und der Inhalt des Nach-worts floß somit auch nicht in die Beurteilung der Berichter ein. Der Verfasser ist lediglich der Meinung, daß der Inhalt des Nachworts eine wesentliche Ergänzung zu dieser Arbeit darstellt und deshalb keinem Leser vorenthalten werden sollte.)

Luftfahrtunfälle, die das Ergebnis dieser Arbeit wesentlich beeinflußt haben

Seit Abgabe der Dissertation im September 2001 und der wissenschaftlichen Rücksprache im April 2002 haben sich zwei Luftfahrtunfälle ereignet, die die ge-samte Luftfahrt und auch diese Arbeit wesentlich beeinflußt haben:

Auf der einen Seite sind das die islamistischen Terrorattentate mit vollbesetzten Linienflugzeugen auf das World Trade Center in New York und das Pentagon in Washington D.C. am 11. September 2001. Seit diesen Attentaten wird nicht mehr von einem weltweiten Wachstum des Luftverkehrs von jährlich durchschnittlich 5 Prozent ausgegangen.N-1 Ganz im Gegenteil, viele große Flughäfen und Verkehrsfluggesellschaften haben einen deutlichen Rückgang der Passagierzahlen im Vergleich zu den Vorjahren hinnehmen müssen. Einige Ausbauprojekte von Verkehrsflughäfen wurden hinausgeschoben oder werden bis auf weiteres nicht mehr weiter verfolgt, wie zum Beispiel der neue Großflughafen von Paris.N-2 Genauso haben etliche Fluggesellschaften ihre Bestellungen für neue Flugzeuge gestrichen oder um mehrere Jahre nach hinten verschoben. Die Krise hat somit Flughafenbetreiber, Luftfahrtgesellschaften und die Industrie gleichermaßen, wenn auch unterschiedlich stark, getroffen.

Der andere große Luftfahrtunfall, der vor allen Dingen das Ergebnis dieser Arbeit beeinflußt hat, war der Absturz von Flug American Airlines (AA) 587 am 12. No-vember 2001 über Belle Harbour, New York, mit insgesamt 265 Opfern, alle 260 Passagiere und Besatzungsmitglieder an Bord und 5 Personen am Boden. Die folgende Abbildung N–1 zeigt Rettungskräfte am Unfallort.

N-1 vgl. Kapitel 1, 1. Absatz N-2 vgl. Kapitel 1, 3. Absatz

NACHWORT

Page 184: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE N - 2

Quelle: Spiegel Online: http://www.spiegel.de

Abbildung N-1: Absturz von AA 587 über Belle Harbour, New York

Der Airbus A 300-600R von Flug AA 587 kam 5 Minuten nach dem Start vom John F. Kennedy International Airport in New York in eine Wirbelschleppe einer voraus-fliegenden Boeing 747 (Japan Airlines Flight 47). Der Pilot hat das Seitenruder innerhalb weniger Sekunden fünf mal abwechselnd rechts/links bis zur Begren-zung des Rudderlimiters, die bei dieser Geschwindigkeit bei ca. 10° liegt, ausge-schlagen, um sein Flugzeug auf Kurs zu halten (vgl. Tabelle N-1). Die Belastung war trotz Rudderlimiter so groß, daß sie zum Bauteilversagen führte. Rund sieben Sekunden nach der ersten Belastung brach das Seitenruder von AA 587 ab. Ab-bildung N–2 zeigt, wie das Seitenruder in der Nähe der Absturzstelle aus der Jamaica Bay geborgen wird. N-3

Ruderausschlag Dauer der Belastung 11° rechts 0,5 Sekunden 10,5° links 0,3 Sekunden

10,5 - 11° rechts 2 Sekunden 10° links 1 Sekunde

9,5° rechts bis Bruch Quelle: Dornheim, Michael A.: Crash Probe Triggers Rudder Design Scrutiny, erschienen in: Avia-tion Week & Space Technology, April 1, 2002, P. 44

Tabelle N-1: Ruderausschlag und Dauer der Belastung bei AA 587

N-3 Dornheim, Michael A.: Did Rudder Motions Snap Off A300 Fin?, erschienen in: Aviation Week & Space

Technology, January 21, 2002, P. 24 und Dornheim, Michael A.: Crash Probe Triggers Rudder Design Scrutiny, erschienen in: Aviation Week & Space Technology, April 1, 2002, P. 44

NACHWORT

Page 185: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

SEITE N - 3

Quelle: Spiegel Online: http://www.spiegel.de

Abbildung N-2: Bergung des Seitenruders von AA 587

Bauteildimensionierung nach FAR/JAR-25

Bei der Bauteildimensionierung nach FAR/JAR-25 sind für die statische Festigkeit die Limit Load (=Design Load) und die Ultimate Load die maßgeblichen Größen:

Die Limit Load ist die für die Dimensionierung maßgebliche Last. Sie tritt i.d.R. nie oder aber im Extremfall einmal pro Flugzeugleben auf. Bei der Limitlast darf kein Versagen und noch keine plastische Verformung auftreten. Die Funktionsfähigkeit des Bauteils beziehungsweise der Komponente muß vollständig erhalten blei-ben.N-4

Um die Sicherheit gegen gänzliches Bauteilversagen nochmals zu erhöhen, wer-den die höchsten, zu erwartenden Belastungen (sichere Last) um den Sicherheits-faktor 1,5 erhöht. Diese Belastung führt zur Ultimate Load. Das Bauteil muß diese Last einmalig für 3 Sekunden ertragen können, ohne daß es komplett versagt. Plastische Verformungen sind zulässig und die Funktionsfähigkeit muß anschlie-ßend nicht mehr in vollem Umfang gewährleistet sein.N-5

Nach der FAR/JAR-25 § 351 müssen in der Lastanalyse für Bauteile vier Fälle nachgewiesen werden, die in Abbildung N-3 und N-4 dargestellt sind:

A: Geradeausflug mit starkem Ruderausschlag (hier: 10° links)

B: Ruder halten (hier: 10° links) und Flugzeug zum max. Schiebewinkel schwin-gen lassen (hier: 13° Nase links), der aufgrund des Trägheitsmoments des Rumpfes jenseits des Gleichgewichtszustands liegt

N-4 vgl. Kapitel 6.2 Grundsätze der Bauteildimensionierung

Grundsätze der BauteildimensionierungN-5 vgl. Kapitel 6.2

NACHWORT

Page 186: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

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C: Ruder halten (hier: 10° links) und Flugzeug zum Gleichgewichtszustand (hier: 10° Nase links) zurückschwingen lassen

D: Ruder, während sich das Flugzeug noch im Gleichgewichtszustand (hier: 10° Nase links) befindet, gerade stellen

Nicht berücksichtigt werden in dieser Lastanalyse die folgenden drei Lastfälle:

Z: Ruder, während sich das Flugzeug noch im überschwingenden Schiebezu-stand (hier: 13° Nase links) befindet, gerade stellen

X: Ruder, während sich das Flugzeug noch im Gleichgewichtszustand (hier: 10° Nase links) befindet, in die entgegengesetzte Richtung wie der Gleichge-wichtszustand ausschlagen (hier: 10° rechts)

Y: Ruder, während sich das Flugzeug noch im überschwingenden Schiebezu-stand (hier: 13° Nase links) befindet, in die entgegengesetzte Richtung wie der Schiebezustand ausschlagen (hier: 10° rechts)

In Abbildung N-3 sind in der oberen Zeile die vier Lastfälle dargestellt, die in der Lastanalyse nach FAR/JAR-25 § 351 nachgewiesen werden müssen. In der unte-ren Zeile sind die Lastfälle, die in der Lastanalyse nicht berücksichtigt werden, zu sehen.

REGULÄREBEDINGUNGEN

C D

Gleichgewichts-zustand

ÜBERLAST-BEDINGUNGEN

XY

BA

Z Quelle: Eigene Darstellung nach: Dornheim, Michael A.: Did Rudder Motions Snap Off A300 Fin?, erschienen in: Aviation Week & Space Technology, January 21, 2002, P. 24

Abbildung N-3: Lastanalyse nach FAR/JAR-25 § 351

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Page 187: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

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In der folgenden Abbildung N-4 sind die sieben in Abbildung N-3 besprochenen Lastfälle in einer Grafik für einen Airbus A300-600R dargestellt. Der Auftriebskoef-fizient des Seitenruders (linke Y-Achse) und die Seitenkraft am Seitenruder (rech-te Y-Achse) sind über dem Schiebewinkel (X-Achse) aufgetragen.

Die schwarze Linie von links oben nach rechts unten verlaufend stellt die neutrale Ruderstellung, die rote Linie das Seitenruder 10° nach links und die blaue Linie das Seitenruder 10° nach rechts ausgeschlagen, dar. Bei 250 kt ist durch die Be-grenzung des Rudderlimiters kein größerer Ausschlag als 10° nach rechts/links möglich. Die dunkelgrüne Linie zeigt einen Schiebewinkel von 10°, was dem Gleichgewichtszustand entspricht, während die hellgrüne Linie den überschwin-genden Schiebezustand bei einem Schiebewinkel von 13° markiert. Bei einem Schiebewinkel von 15° haben alle drei Linien der Ruderstellungen einen Knick, weil ab diesem Schiebewinkel der maximale Auftrieb durch den Rumpfeinfluß ge-mindert wird. Der gelb eingefärbte Bereich ist der Bereich innerhalb der Limit Lo-ad, der rosa Bereich außerhalb der Limit Load.

(Links) -1,2

-1,0

-0,8

-0,6

-0,4

-0,2

0

0,2

0,4

0,6

0 10 13 20Schiebewinkel [Grad] (Nase links)

Gleichgewichts-zustand

ÜberschwingenderSchiebezustand

A

BD

XY

C

SeitenkraftamSeitenruderbei 250 kt.[1000 lbf.]

50

0

50

10010 Grad R Ruder

10 Grad L RuderNeutrales Ruder

Auftriebs-koeffizient

desSeitenleitwerks

Z

Quelle: Eigene Darstellung nach: Dornheim, Michael A.: Did Rudder Motions Snap Off A300 Fin?, erschienen in: Aviation Week & Space Technology, January 21, 2002, P. 24

Abbildung N-4: Auftriebskoeffizient des Seitenruders über Schiebewinkel und Darstellung der Lastanalyse nach FAR/JAR-25 § 351

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Page 188: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

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Abbildung N-4 zeigt, daß die Punkte A,B,C und D innerhalb der bzw. gerade auf der Limit Load liegen, so wie es FAR/JAR-25 § 303 die Lastanalyse nach FAR/JAR-25 § 351 fordern. Die Punkte X, Y und Z liegen jedoch jenseits der Limit Load, X und Y sogar oberhalb der Ultimate Load. Nach Definition der Limit Load darf dies aber nicht „bei normalen Ruderausschlägen“ passieren.

Der Einfluß des Absturzes von AA 587 auf die Dissertation

Der Ansatz, Bauteile in zwei Gruppen der Belastung zu unterteilen und die Sicher-heitsmarge für die Ultimate Load für Bauteile, die kritisch bezüglich Manöverlasten sind, zu reduzieren, kann natürlich nicht auf ein Seitenruder übertragen werden, das nur nach den vier vorgeschriebenen Lastfällen A,B,C,D nach Abbildung N-3 dimensioniert wird. Der Ansatz kann nur auf Bauteile übertragen werden, die streng nach FAR/JAR-25 §303 ausgelegt wurden: Die Limit Load darf dabei nie oder aber im Extremfall einmal pro Flugzeugleben auftreten.

Das Seitenruder der A300-600R wurde offensichtlich nicht nach diesen Kriterien ausgelegt, wie die Analysen von der Zeitschrift Aviation Week & Space Technolo-gy (AW&ST)N-6 und vom amerikanischen National Transportation and Safty Board (NTSB)N-7 gezeigt haben, denn „einfache Ruderausschläge beim Airbus A300-600R, der Flugzeugtyp des Absturzes von Flug American Airlines 587, können am Seitenruder Kräfte verursachen, die die Ultimate Load überschreiten und mögli-cherweise zu dessen Bruch führen.“ Piloten sollten mit „einfachen Ruderausschlä-gen“ die Limit Load natürlich nie überschreiten können.Die Aufzeichnungen schei-nen zu zeigen, daß bei Flug AA 587 zum ersten Mal in der Geschichte der zivilen Luftfahrt ein Seitenruder auf Grund von aerodynamischen Lasten abgebrochen ist.

Bauteile sollten theoretisch bei 151% der Limitlast versagen, sonst sind sie laut Bauvorschrift überdimensioniert. Der Punkt X liegt allerdings bei rund 160% der Limit Load (Punkt D) und der Punkt Y sogar bei 180%. Beide Punkte liegen also nicht nur deutlich jenseits der Limit Load, sondern sogar jenseits der Ultimate Lo-ad. Ein Versagen war also vorprogrammiert.

Nochmals sei zum Schluß deutlich gesagt, daß der in dieser Arbeit entwickelte Ansatz also nur angewendet werden kann, wenn die entsprechenden Bauteile streng nach FAR/JAR-25 §303 dimensioniert wurden. Die Limit Load-Linie würde sich beispielsweise nach Abbildung N-4 vom Punkt D waagerecht zum Punkt Y verschieben. Wenn die Limit Load-Linie nun durch den Punkt Y verläuft, läßt sich die Sicherheitsmarge von 1,5 bei bestimmten Bauteilen, z.B. die der in Kapitel 6 eingeführten Kategorie PMF N-8, reduzieren, wenn gleichzeitig die Belastungen N-6 Dornheim, Michael A.: Did Rudder Motions Snap Off A300 Fin?, erschienen in: Aviation Week & Space

Technology, January 21, 2002, P. 24 und Dornheim, Michael A.: Crash Probe Triggers Rudder Design Scrutiny, erschienen in: Aviation Week & Space Technology, April 1, 2002, P. 44

N-7 National Transportation and Safety Board (Hrsg.): Safety Recommendation A-02-01 and –02, 8. February 2002, Washington D.C., 2002

N-8 vgl. Kapitel 6.3 Neuer Lösungsansatz für bestimmte Bauteile

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Page 189: Darstellung von Belastungsparametern und Steuerbefehlen in

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gemessen, berechnet und im Cockpit den Piloten angezeigt werden, so wie es in dieser Arbeit beschrieben und getestet wurde.

Gunther Daser

Juni 2002

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