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SMART IN FLOW CONTROL. Neuer Ansatz für Predictive Maintenance in Prozessanlagen Wenn die Maschine vom Experten lernt Sonderdruck aus CHEMIE TECHNIK September 2018 Autor: Armin Scheuermann Chefredakteur der CHEMIE TECHNIK SONDERDRUCK

Neuer Ansatz für Predictive Maintenance in Prozessanlagen … · 2018-12-03 · 3 Neuer Ansatz für Predictive Maintenance in Prozessanlagen Wenn die Maschine vom Experten lernt

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SMART IN FLOW CONTROL.

Neuer Ansatz für Predictive Maintenance in Prozessanlagen

Wenn die Maschine vom Experten lernt

Sonderdruck aus CHEMIE TECHNIK September 2018

Autor: Armin Scheuermann Chefredakteur der CHEMIE TECHNIK

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Neuer Ansatz für Predictive Maintenance in Prozessanlagen

Wenn die Maschine vom Experten lerntDatenanalyse ist in. Doch ohne verfahrenstechnischen Kontext ist Big Data in der Prozessindustrie wertlos. Und weil das so ist, nutzt die israelische Softwareschmiede Visual Process für ihr System zur prädiktiven Wartung und Anlagendiagnose sowohl moderne Methoden des maschinellen Lernens, als auch Expertenwissen. Seit Juni gehört das Unternehmen zum Ventilspezialisten SAMSON – und der hat damit Großes vor.Vorausschauende Wartung ist als eines der ersten Ge-schäftsmodelle der Industrie 4.0 in aller Munde. Doch bislang erstrecken sich Predictive Maintenance-Maßnah-men in der Prozessindustrie meist auf die Online-Über-wachung einzelner Maschinen und Anlagenkomponen-ten. Die systematische Überwachung ganzer Anlagen für die vorausschauende Wartung erforderte bislang eine aufwändige Modellbildung, die nicht nur aktuelle Betriebsdaten berücksichtigt, sondern auch verfahrens-technische Zusammenhänge. Wenn überhaupt, wurden solche Aufgabenstellungen in der Vergangenheit durch die Installation zusätzlicher Sensoren und mit speziellen Prognosesystemen gelöst.

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Ganze Anlagen vorausschauend wartenUm ganze Anlagen im Sinne von Predictive Maintenance zu erfassen, müssen sehr viele Feldinstrumente, soge-nannte Tags, überwacht werden. Durch den Vergleich mit historischen Daten lassen sich so Abweichungen er-kennen. Was einfach klingt, ist alles andere als trivial. Denn Abweichungen können auch geplante Stillstände, gewollte Änderungen an der Fahrweise oder am Pro-zess sein. Und Fehlalarme untergraben in der Praxis die Akzeptanz von Diagnosesystemen.Doch wie können Expertenwissen und der verfahrens-technische Kontext einer Anlage bei der vorausschauen-den Wartung berücksichtigt werden? Dazu kombiniert das System Precognize maschinelles Lernen und ein As-set- und Prozessmodell mit Informationen über den Ur-sache-Wirkungs-Zusammenhang zwischen Variablen. „Maschinelles Lernen“ meint dabei, dass ein KI-System (künstliche Intelligenz) aus Beispielen lernt und diese nach Beendigung der Lernphase verallgemeinern kann. „Unser Ziel ist es, den Anlagenbetreibern wenige, aber umsetz-bare Warnmeldungen zu liefern“, sagt Chen Linchevski, CEO von Visual Process: „Denn jedes kleine Problem, das rechtzeitig behoben wird, kann ein großes Problem verhindern, das später auftreten würde.“ Die Kunst be-steht darin, Wichtiges von Unwichtigem zu unterschei-den. Kern aufgabe des Systems ist es, normale und ab-normale Datenpunkte zu unterscheiden. Ausgangspunkt dafür ist die Analyse und das maschinelle Lernen aus den Betriebsdaten eines Jahres. So entsteht die sogenannte „baseline“, ein statistisches Modell auf dessen Grundlage künftig neue Daten in Echtzeit untersucht werden. Ob Än-derungen an einem Messwert oder sonstigen Tag norma-le Abweichungen oder die Folge einer sich ankündigen-

den Störung sind, erschließt sich in dem multivarianten Modell aus dem Verhältnis zu den Werten anderer Tags. Um Fehlalarme zu vermeiden, nutzt das System ein zwei-tes Modell, das die Erkenntnisse des statistischen Modells als kausale Zusammenhänge darstellt.

Anlage wird ohne Modellierungs-Kenntnisse beschriebenÜber das Drag-and-drop-Interface des Systems kön-nen Experten des Betreibers ohne Kenntnisse in Mo-dellierung ihre Anlage beschreiben. Dadurch werden die Zusammenhänge zwischen den Eigenschaften der Anlagenkomponenten und den Prozessvariablen identi-fiziert und physische Zusammenhänge abgebildet. „Das Betriebsteam hat den größten Einfluss auf die Qualität des Modells“, erklärt Linchevski. Abhängig von der Zahl der Tags einer Anlage erstellt die Software aus den Vorgaben in einigen Tagen bis wenigen Wochen ein komplettes Modell der Anlage. Dieses wird in Graphen umgesetzt. Abnormale Datenpunkte werden per Gra-phenanalyse verglichen, um zu erkennen, wo die Ursa-

Chen Linchevski ist CEO von Visual Process„Unser Ziel ist es, den An-lagenbetreibern wenige, aber umsetzbare Warn-meldungen zu liefern“

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che für ein Problem liegt. Das Ergebnis ist eine in ihrer Relevanz bewertete Abweichung, für die das System eine mögliche Hauptursache nennt und Abhilfemaßnah-men vorschlägt. Und mit jeder erkannten Abweichung wird das System treffsicherer: beispielsweise dann, wenn die Nutzer dieses nachträglich mit den Ursachen für auf-getretene Probleme füttern.Die Mustererkennung – so die Erkenntnis der Anwen-der – trägt dazu bei, in der betrieblichen Praxis intensive Diskussionen zu kausalen Zusammenhängen und zum Systemverhalten anzustoßen. Dadurch steigt die Quali-tät der Diskussion innerhalb der Betreiberteams.

Mustererkennung hilft teure Havarien zu vermeidenIn der Praxis hat sich das System bereits bewährt: So detektierte die Mustererkennung in einer Gasanlage mit rund 2.500 Sensoren einen leckgeschlagenen Wärme-übertrager, wodurch eine teure Havarie vermieden wer-den konnte. Grundlage der Problemanalyse ist der Zu-

sammenhang zwischen kleinen Temperaturänderungen an den Zu- und Auslassleitungen und der Stellung von Ventilen. In einer anderen petrochemischen Anlage er-kannte das System eine schleichende Verschlechterung des Zustands eines Reaktorventils. Dieses konnte ohne Anlagenstillstand ausgewechselt werden. Ein Ausfall hätte dazu geführt, dass große Mengen des gasförmi-gen Rohstoffs über eine Fackel hätten entsorgt werden müssen.„In Anlagen, in denen Precognize implementiert ist, erhalten die Anlagenfahrer frühzeitig Warnungen zu defekten Sensoren, Leckagen und dem Versagen von Anlagenkomponenten“, erklärt Linchevski. In einer gut gewarteten Anlage, so der Experte, werden jeden Mo-nat fünf bis zehn Sensorfehler identifiziert, die sonst un-entdeckt bleiben würden. Dazu kommen noch einmal fünf bis zehn Anlagenkomponenten, die bereits 1 bis 14 Tage vor ihrem Ausfall erkannt werden. Je nach Anlage lassen sich so zum Teil sehr teure Stillstände vermeiden.

Abb. 1: Mit den derzeit in der Prozessindustrie zur Fehleranalyse genutzten Lösun-gen werden lediglich 2 % der Fehler entdeckt.

Abb. 2: Durch maschinelles Lernen entstehen in der Trainingsphase mit Precognize Cluster des Normalbetriebs (gelb und grau). Für jeden eingehenden Datenzustand (Vektor in tN, der eine Datenzeile darstellt) wird der nächstliegende Cluster des Normalbetriebs gefunden.

Titelthema

25CHEMIE TECHNIK · September 2018

neue Daten in Echtzeit untersucht werden. Ob Änderungen an ei-nem Messwert oder sonstigen Tag normale Abweichungen oder die Folge einer sich ankündigenden Störung sind, erschließt sich in dem multivarianten Modell aus dem Verhältnis zu den Werten anderer Tags. Um Fehlalarme zu vermeiden, nutzt das System ein zweites Modell, das die Erkenntnisse des statistischen Modells als kausale Zusammenhänge darstellt.

Anlage wird ohne Modellierungs-Kenntnisse beschriebenÜber das Drag-and-drop-Interface des Systems können Experten des Betreibers ohne Kenntnisse in Modellierung ihre Anlage be-schreiben. Dadurch werden die Zusammenhänge zwischen den Ei-genschaften der Anlagenkomponenten und den Prozessvariablen identifiziert und physische Zusammenhänge abgebildet. „Das Be-triebsteam hat den größten Einfluss auf die Qualität des Modells“, erklärt Linchevski. Abhängig von der Zahl der Tags einer Anlage erstellt die Software aus den Vorgaben in einigen Tagen bis wenigen Wochen ein komplettes Modell der Anlage. Dieses wird in Graphen umgesetzt. Abnormale Datenpunkte werden per Graphenanalyse verglichen, um zu erkennen, wo die Ursache für ein Problem liegt. Das Ergebnis ist eine in ihrer Relevanz bewertete Abweichung, für die das System eine mögliche Hauptursache nennt und Abhilfemaß-nahmen vorschlägt. Und mit jeder erkannten Abweichung wird das

Valu

e

Technology evolution IoT

Regelung

regelbasiert

spezifische Vorhersage

rein maschinelles Lernen

Precognize

UnbeaufsichtigterProzess

tag1

tag 3

tag 4

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tagN

t N

Normality clusters

gespeichert Baseline ML Modell

historische Daten

mit oder ohne Fehler

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System treffsicherer: beispielsweise dann, wenn die Nutzer dieses nachträglich mit den Ursachen für aufgetretene Probleme füttern.

Die Mustererkennung – so die Erkenntnis der Anwender – trägt dazu bei, in der betrieblichen Praxis intensive Diskussionen zu kausalen Zusammenhängen und zum Systemverhalten anzustoßen. Dadurch steigt die Qualität der Diskussion innerhalb der Betrei-berteams.

Mustererkennung hilft teure havarien zu vermeidenIn der Praxis hat sich das System bereits bewährt: So detektierte die Mustererkennung in einer Gasanlage mit rund 2.500 Sensoren einen leckgeschlagenen Wärmeübertrager, wodurch eine teure Havarie vermieden werden konnte. Grundlage der Problemanalyse ist der Zusammenhang zwischen kleinen Temperaturänderungen an den Zu- und Auslassleitungen und der Stellung von Ventilen. In einer anderen petrochemischen Anlage erkannte das System eine schlei-chende Verschlechterung des Zustands eines Reaktorventils. Dieses konnte ohne Anlagenstillstand ausgewechselt werden. Ein Ausfall hätte dazu geführt, dass große Mengen des gasförmigen Rohstoffs über eine Fackel hätten entsorgt werden müssen.

„In Anlagen, in denen Precognize implementiert ist, erhalten die Anlagenfahrer frühzeitig Warnungen zu defekten Sensoren, Leckagen und dem Versagen von Anlagenkomponenten“, erklärt

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Mit den derzeit in der Prozessindustrie zur Fehleranalyse genutzten Lösungen werden lediglich 2 % der Fehler entdeckt.

Durch maschinelles Lernen entstehen in der Trainingsphase mit Precognize Cluster des Normalbetriebs (gelb und grau). Für jeden eingehenden Datenzustand (Vektor in tN, der eine Datenzeile darstellt) - wird der nächstliegende Cluster des Normalbetriebs gefunden.

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Bild: peshkov – AdobeStock Chen Linchevski ist CEO von Visual Process

„Unser Ziel ist es, den Anlagenbe-treibern wenige, aber umsetzbare Warnmeldungen zu liefern“

Titelthema

25CHEMIE TECHNIK · September 2018

neue Daten in Echtzeit untersucht werden. Ob Änderungen an ei-nem Messwert oder sonstigen Tag normale Abweichungen oder die Folge einer sich ankündigenden Störung sind, erschließt sich in dem multivarianten Modell aus dem Verhältnis zu den Werten anderer Tags. Um Fehlalarme zu vermeiden, nutzt das System ein zweites Modell, das die Erkenntnisse des statistischen Modells als kausale Zusammenhänge darstellt.

Anlage wird ohne Modellierungs-Kenntnisse beschriebenÜber das Drag-and-drop-Interface des Systems können Experten des Betreibers ohne Kenntnisse in Modellierung ihre Anlage be-schreiben. Dadurch werden die Zusammenhänge zwischen den Ei-genschaften der Anlagenkomponenten und den Prozessvariablen identifiziert und physische Zusammenhänge abgebildet. „Das Be-triebsteam hat den größten Einfluss auf die Qualität des Modells“, erklärt Linchevski. Abhängig von der Zahl der Tags einer Anlage erstellt die Software aus den Vorgaben in einigen Tagen bis wenigen Wochen ein komplettes Modell der Anlage. Dieses wird in Graphen umgesetzt. Abnormale Datenpunkte werden per Graphenanalyse verglichen, um zu erkennen, wo die Ursache für ein Problem liegt. Das Ergebnis ist eine in ihrer Relevanz bewertete Abweichung, für die das System eine mögliche Hauptursache nennt und Abhilfemaß-nahmen vorschlägt. Und mit jeder erkannten Abweichung wird das

Valu

e

Technology evolution IoT

Regelung

regelbasiert

spezifische Vorhersage

rein maschinelles Lernen

Precognize

UnbeaufsichtigterProzess

tag1

tag 3

tag 4

tag 2

tagN

t N

Normality clusters

gespeichert Baseline ML Modell

historische Daten

mit oder ohne Fehler

2

System treffsicherer: beispielsweise dann, wenn die Nutzer dieses nachträglich mit den Ursachen für aufgetretene Probleme füttern.

Die Mustererkennung – so die Erkenntnis der Anwender – trägt dazu bei, in der betrieblichen Praxis intensive Diskussionen zu kausalen Zusammenhängen und zum Systemverhalten anzustoßen. Dadurch steigt die Qualität der Diskussion innerhalb der Betrei-berteams.

Mustererkennung hilft teure havarien zu vermeidenIn der Praxis hat sich das System bereits bewährt: So detektierte die Mustererkennung in einer Gasanlage mit rund 2.500 Sensoren einen leckgeschlagenen Wärmeübertrager, wodurch eine teure Havarie vermieden werden konnte. Grundlage der Problemanalyse ist der Zusammenhang zwischen kleinen Temperaturänderungen an den Zu- und Auslassleitungen und der Stellung von Ventilen. In einer anderen petrochemischen Anlage erkannte das System eine schlei-chende Verschlechterung des Zustands eines Reaktorventils. Dieses konnte ohne Anlagenstillstand ausgewechselt werden. Ein Ausfall hätte dazu geführt, dass große Mengen des gasförmigen Rohstoffs über eine Fackel hätten entsorgt werden müssen.

„In Anlagen, in denen Precognize implementiert ist, erhalten die Anlagenfahrer frühzeitig Warnungen zu defekten Sensoren, Leckagen und dem Versagen von Anlagenkomponenten“, erklärt

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Mit den derzeit in der Prozessindustrie zur Fehleranalyse genutzten Lösungen werden lediglich 2 % der Fehler entdeckt.

Durch maschinelles Lernen entstehen in der Trainingsphase mit Precognize Cluster des Normalbetriebs (gelb und grau). Für jeden eingehenden Datenzustand (Vektor in tN, der eine Datenzeile darstellt) - wird der nächstliegende Cluster des Normalbetriebs gefunden.

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Bild: peshkov – AdobeStock Chen Linchevski ist CEO von Visual Process

„Unser Ziel ist es, den Anlagenbe-treibern wenige, aber umsetzbare Warnmeldungen zu liefern“

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Abb. 3: Die Software stellt die Anlage als mathematischen Graphen dar, der die Beziehungen zwischen den Instrumenten beinhaltet.

Abb. 4: Das System „hört“ durch maschinelles Lernen auf kleine Veränderungen beim Betrieb. Durch Graphenanalyse werden solche Anomalien zu Problemen aggregiert.

Titelthema

26 CHEMIE TECHNIK · September 2018

Mehr zum Thema unter www.chemietechnik.de/1809ct600

Linchevski. In einer gut gewarteten Anlage, so der Experte, werden jeden Monat fünf bis zehn Sensorfehler identifiziert, die sonst un-entdeckt bleiben würden. Dazu kommen noch einmal fünf bis zehn Anlagenkomponenten, die bereits 1 bis 14 Tage vor ihrem Ausfall erkannt werden. Je nach Anlage lassen sich so zum Teil sehr teure Stillstände vermeiden.

Dem System wird erhebliches Potenzial zugetraut: Im Juni zeichnete das Weltwirtschaftsforum den Anbieter als „Technologie-pionier“ aus. In der Begründung heißt es : „Die hoch entwickelten Technologien, die Precognize einsetzt, entstammen Bereichen, die sonst kaum zusammenhängen: maschinengestütztes Lernen, Algo-rithmen zur Graphenanalyse und konzeptionelle Systementwick-lungsverfahren.“

Vom Ventilhersteller zum Anbieter von ProzessintelligenzBeim Regelventilhersteller Samson bildet das System inzwischen die Grundlage für das eigene prädiktive Überwachungs- und Diagnose-system SAM Guard. Dieses dient zur vorausschauenden Wartung von mehreren tausend Ventilen und weiteren Feldgeräten im Betrieb von Prozessanlagen. Im Juni hat Samson Visual Process übernom-

men, allerdings soll Precognize weiterhin auch unabhängig angebo-ten werden. „Mit der Übernahme rücken wir unserem Ziel näher, Markt- und Innovationsführer für intelligente, vernetzte Ventiltech-nik in der Prozessautomatisierung zu werden“, begründet Dr. Andre-as Widl, CEO von Samson, die Übernahme.

Das Überwachungs- und Diagnosesystem ist Teil der Digitali-sierungsstrategie des Regelventilherstellers, die dieser in der Pro-duktlinie SAM Digital bündelt. Das Akronym SAM steht dabei für „Samson Asset Management“. Dort will der Hersteller sein Prozess-verständnis mit neuen Technologien und Informationen kombinie-ren und mit den Systemen der Prozessautomation vernetzen. Widl: „Damit unterstreichen wir die Entwicklung von Samson vom rei-nen Ventil- und Regler-Produzenten hin zu einem Anbieter von Prozessintelligenz“. ●

CT: Welche Bedeutung hat die Übernahme von Visual Process für die Digitalisierungsstrategie von Samson?Steckenreiter: Mit der Übernahme von Visual Prozess wird Samson der Einstieg in das Ma-nagement des Lebenszyklus von Anlagen der Prozessindustrie gelingen. Durch die Fähigkeit der Analyse der gesamten Anlage wird planbare, vorausschauende Instandhaltung möglich. Damit steigt die Effizienz der Anlage, d.h. die Verfügbar-keit nimmt zu und unvorhergesehene Ereignisse, wie Abschaltungen und unerkannte Unverfügbar-keit, kommen nicht mehr vor.

CT: Wird das neue Überwachungs- und Diagno-sesystem SAM Guard künftig die „Expert“-Systeme zur Einzelventildiagnose ersetzen?Steckenreiter: Expertensysteme zur Einzelventil-diagnose wird es immer geben und sie werden bei uns mit dem Ziel einer Best-in-Class-Lösung weiter entwickelt. Wer SAM Guard richtig ein-

„Durch die Analyse der gesamten Anlage wird vorausschauende Instandhaltung möglich“

IntervIew mit Dr. thomas Steckenreiter, Samson

Daten

historische Daten

maschinelles Lernen

Baseline ML Modell

Experten

graphische Analyse

System-Modell

anomalies

Eindeutiger Alarm

Ergebnis

4: Das System „hört“ durch maschinelles Lernen auf kleine Veränderungen beim Betrieb. Durch Graphenanalyse werden solche Anomalien zu Problemen aggregiert.

setzt, wird gerade aus der Kombination der Einzel-ventildiagnose mit anderen Prozessgrößen wert-volle Informationen zur Prozessoptimierung ablei-ten können. Das gilt übrigens für jede Art von Sensoren und andere Aktoren in der Anlage.

Die Nutzung von Precognize in SAM Guard zielt zunächst auf die Ventildiagnose, allerdings sind die Möglichkeiten der Mustererkennung deut-lich größer. Welche weiteren Feldgeräte und Anlagenkompoenten wollen Sie künftig mit SAM Guard überwachen?Steckenreiter: Diese Aussage ist nicht ganz rich-tig. Die Ventilüberwachung ist nur eine Unter-menge. Generell soll SAM Guard komplette Anla-gen mit ihren Sensoren, Aktoren, Reaktoren und anderen Teilkomponenten überwachen. Dafür wurde dieses Tool entwickelt. Wenn der Anwen-der nur die Ventile überwacht, dann nutzt er bei weitem nicht die Möglichkeiten, die ihm zur An-lagenoptimierung mit SAM Guard offen stehen.

CT: Wird Precognize weiterhin unabhängig an-geboten werden? Steckenreiter: Selbstverständlich, es ist uns wichtig, dass sich Precognize unabhängig vom Ventilgeschäft schnell weiter entwickelt.

Dr. Thomas Steckenreiter verantwortet als Vorstand bei Samson die Forschung und Entwicklung

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3: Die Software stellt die Anlage als mathematischen Graphen dar, der die Beziehungen zwischen den Instrumenten beinhaltet.

Titelthema

26 CHEMIE TECHNIK · September 2018

Mehr zum Thema unter www.chemietechnik.de/1809ct600

Linchevski. In einer gut gewarteten Anlage, so der Experte, werden jeden Monat fünf bis zehn Sensorfehler identifiziert, die sonst un-entdeckt bleiben würden. Dazu kommen noch einmal fünf bis zehn Anlagenkomponenten, die bereits 1 bis 14 Tage vor ihrem Ausfall erkannt werden. Je nach Anlage lassen sich so zum Teil sehr teure Stillstände vermeiden.

Dem System wird erhebliches Potenzial zugetraut: Im Juni zeichnete das Weltwirtschaftsforum den Anbieter als „Technologie-pionier“ aus. In der Begründung heißt es : „Die hoch entwickelten Technologien, die Precognize einsetzt, entstammen Bereichen, die sonst kaum zusammenhängen: maschinengestütztes Lernen, Algo-rithmen zur Graphenanalyse und konzeptionelle Systementwick-lungsverfahren.“

Vom Ventilhersteller zum Anbieter von ProzessintelligenzBeim Regelventilhersteller Samson bildet das System inzwischen die Grundlage für das eigene prädiktive Überwachungs- und Diagnose-system SAM Guard. Dieses dient zur vorausschauenden Wartung von mehreren tausend Ventilen und weiteren Feldgeräten im Betrieb von Prozessanlagen. Im Juni hat Samson Visual Process übernom-

men, allerdings soll Precognize weiterhin auch unabhängig angebo-ten werden. „Mit der Übernahme rücken wir unserem Ziel näher, Markt- und Innovationsführer für intelligente, vernetzte Ventiltech-nik in der Prozessautomatisierung zu werden“, begründet Dr. Andre-as Widl, CEO von Samson, die Übernahme.

Das Überwachungs- und Diagnosesystem ist Teil der Digitali-sierungsstrategie des Regelventilherstellers, die dieser in der Pro-duktlinie SAM Digital bündelt. Das Akronym SAM steht dabei für „Samson Asset Management“. Dort will der Hersteller sein Prozess-verständnis mit neuen Technologien und Informationen kombinie-ren und mit den Systemen der Prozessautomation vernetzen. Widl: „Damit unterstreichen wir die Entwicklung von Samson vom rei-nen Ventil- und Regler-Produzenten hin zu einem Anbieter von Prozessintelligenz“. ●

CT: Welche Bedeutung hat die Übernahme von Visual Process für die Digitalisierungsstrategie von Samson?Steckenreiter: Mit der Übernahme von Visual Prozess wird Samson der Einstieg in das Ma-nagement des Lebenszyklus von Anlagen der Prozessindustrie gelingen. Durch die Fähigkeit der Analyse der gesamten Anlage wird planbare, vorausschauende Instandhaltung möglich. Damit steigt die Effizienz der Anlage, d.h. die Verfügbar-keit nimmt zu und unvorhergesehene Ereignisse, wie Abschaltungen und unerkannte Unverfügbar-keit, kommen nicht mehr vor.

CT: Wird das neue Überwachungs- und Diagno-sesystem SAM Guard künftig die „Expert“-Systeme zur Einzelventildiagnose ersetzen?Steckenreiter: Expertensysteme zur Einzelventil-diagnose wird es immer geben und sie werden bei uns mit dem Ziel einer Best-in-Class-Lösung weiter entwickelt. Wer SAM Guard richtig ein-

„Durch die Analyse der gesamten Anlage wird vorausschauende Instandhaltung möglich“

IntervIew mit Dr. thomas Steckenreiter, Samson

Daten

historische Daten

maschinelles Lernen

Baseline ML Modell

Experten

graphische Analyse

System-Modell

anomalies

Eindeutiger Alarm

Ergebnis

4: Das System „hört“ durch maschinelles Lernen auf kleine Veränderungen beim Betrieb. Durch Graphenanalyse werden solche Anomalien zu Problemen aggregiert.

setzt, wird gerade aus der Kombination der Einzel-ventildiagnose mit anderen Prozessgrößen wert-volle Informationen zur Prozessoptimierung ablei-ten können. Das gilt übrigens für jede Art von Sensoren und andere Aktoren in der Anlage.

Die Nutzung von Precognize in SAM Guard zielt zunächst auf die Ventildiagnose, allerdings sind die Möglichkeiten der Mustererkennung deut-lich größer. Welche weiteren Feldgeräte und Anlagenkompoenten wollen Sie künftig mit SAM Guard überwachen?Steckenreiter: Diese Aussage ist nicht ganz rich-tig. Die Ventilüberwachung ist nur eine Unter-menge. Generell soll SAM Guard komplette Anla-gen mit ihren Sensoren, Aktoren, Reaktoren und anderen Teilkomponenten überwachen. Dafür wurde dieses Tool entwickelt. Wenn der Anwen-der nur die Ventile überwacht, dann nutzt er bei weitem nicht die Möglichkeiten, die ihm zur An-lagenoptimierung mit SAM Guard offen stehen.

CT: Wird Precognize weiterhin unabhängig an-geboten werden? Steckenreiter: Selbstverständlich, es ist uns wichtig, dass sich Precognize unabhängig vom Ventilgeschäft schnell weiter entwickelt.

Dr. Thomas Steckenreiter verantwortet als Vorstand bei Samson die Forschung und Entwicklung

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3: Die Software stellt die Anlage als mathematischen Graphen dar, der die Beziehungen zwischen den Instrumenten beinhaltet.

Dem System wird erhebliches Potenzial zugetraut: Im Juni zeichnete das Weltwirtschaftsforum den Anbieter als „Technologiepionier“ aus. In der Begründung heißt es: „Die hoch entwickelten Technologien, die Precognize einsetzt, entstammen Bereichen, die sonst kaum zusam-menhängen: maschinengestütztes Lernen, Algorithmen zur Graphenanalyse und konzeptionelle Systementwick-lungsverfahren.“

Vom Ventilhersteller zum Anbieter von ProzessintelligenzBeim Regelventilhersteller SAMSON bildet das System inzwischen die Grundlage für das eigene prädiktive Überwachungs- und Diagnosesystem SAM GUARD. Dieses dient zur vorausschauenden Wartung von meh-reren tausend Ventilen und weiteren Feldgeräten im Be-trieb von Prozessanlagen. Im Juni hat SAMSON Visual Process übernommen, allerdings soll Precognize wei-terhin auch unabhängig angeboten werden. „Mit der Übernahme rücken wir unserem Ziel näher, Markt- und Innovationsführer für intelligente, vernetzte Ventiltechnik in der Prozessautomatisierung zu werden“, begründet Dr. Andreas Widl, CEO von SAMSON, die Übernahme.

Das Überwachungs- und Diagnosesystem ist Teil der Digi-talisierungsstrategie des Regelventilherstellers, die dieser in der Produktlinie SAM DIGITAL bündelt. Das Akronym SAM steht dabei für „SAMSON ASSET MANAGEMENT“. Dort will der Hersteller sein Prozessverständnis mit neuen Technologien und Informationen kombinieren und mit den Systemen der Prozessautomation vernetzen. Widl: „Damit unterstreichen wir die Entwicklung von SAMSON vom reinen Ventil- und Regler-Produzenten hin zu einem Anbieter von Prozessintelligenz“.

Für Betreiber�� Die systematische Überwachung ganzer Anlagen für die vorausschauende Wartung erfordert eine Modell-bidlung, die aktuelle Betriebsdaten und verfahrens-technische Zusammenhänge berücksichtigt. �� Das System Precognize kombiniert dazu maschinelles Lernen und ein Asset- und Prozessmodell mit Informa-tionen über den Ursache-Wirkungs-Zusammenhang zwischen Variablen.�� Ziel des Systems ist es, den Anlagenbetreibern weni-ge, aber umsetzbare Warnmeldungen zu liefern.

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„Durch die Analyse der gesamten Anlage wird vorausschauende Instandhaltung möglich“

CT: Welche Bedeutung hat die Übernahme von Visual Process für die Digitalisierungsstrategie von SAMSON?Steckenreiter: Mit der Übernahme von Visual Prozess wird SAMSON der Einstieg in das Management des Lebenszyklus von Anlagen der Prozessindustrie gelin-gen. Durch die Fähigkeit der Analyse der gesamten Anlage wird planbare, vorausschauende Instandhal-tung möglich. Damit steigt die Effizienz der Anlage, d.h. die Verfügbarkeit nimmt zu und unvorhergesehene Ereignisse, wie Abschaltungen und unerkannte Unver-fügbarkeit, kommen nicht mehr vor.

CT: Wird das neue Überwachungs- und Diagnosesys-tem SAM GUARD künftig die „Expert“-Systeme zur Einzelventildiagnose ersetzen?Steckenreiter: Expertensysteme zur Einzelventildiagno-se wird es immer geben und sie werden bei uns mit dem Ziel einer Best-in-Class-Lösung weiter entwickelt. Wer SAM GUARD richtig einsetzt, wird gerade aus

der Kombination der Einzelventildiagnose mit anderen Prozessgrößen wertvolle Informationen zur Prozessop-timierung ableiten können. Das gilt übrigens für jede Art von Sensoren und andere Aktoren in der Anlage.

Die Nutzung von Precognize in SAM GUARD zielt zunächst auf die Ventildiagnose, allerdings sind die Möglichkeiten der Mustererkennung deutlich größer. Welche weiteren Feldgeräte und Anlagenkompoenten wollen Sie künftig mit SAM GUARD überwachen?Steckenreiter: Diese Aussage ist nicht ganz richtig. Die Ventilüberwachung ist nur eine Untermenge. Generell soll SAM GUARD komplette Anlagen mit ihren Senso-ren, Aktoren, Reaktoren und anderen Teilkomponen-ten überwachen. Dafür wurde dieses Tool entwickelt. Wenn der Anwender nur die Ventile überwacht, dann nutzt er bei weitem nicht die Möglichkeiten, die ihm zur Anlagenoptimierung mit SAM GUARD offen stehen.

CT: Wird Precognize weiterhin unabhängig angeboten werden? Steckenreiter: Selbstverständlich, es ist uns wichtig, dass sich Precognize unabhängig vom Ventilgeschäft schnell weiter entwickelt

INTERVIEW mit Dr. Thomas Steckenreiter, SAMSON

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SMART IN FLOW CONTROL.

SAMSON AKTIENGESELLSCHAFT Weismüllerstraße 3 · 60314 Frankfurt am Main Telefon: +49 69 4009-0 · Telefax: +49 69 4009-1507 E-Mail: [email protected] · Internet: www.samson.de

PRODUKTIONSSTANDORTE – SAMSON Deutschland, Frankfurt, seit 1916

– SAMSON Frankreich, Lyon, seit 1962

– SAMSON Türkei, Istanbul, seit 1984

– SAMSON USA, Baytown, TX, seit 1992

– SAMSON China, Beijing, seit 1998

– SAMSON Indien, Distrikt Pune, seit 1999

– SAMSON Russland, Rostow am Don, seit 2015

– SAMSON AIR TORQUE, Bergamo, Italien

– SAMSON CERA SYSTEM, Hermsdorf, Deutschland

– SAMSON KT-ELEKTRONIK, Berlin, Deutschland

– SAMSON LEUSCH, Neuss, Deutschland

– SAMSON PFEIFFER, Kempen, Deutschland

– SAMSON RINGO, Saragossa, Spanien

– SAMSON SED, Bad Rappenau, Deutschland

– SAMSON STARLINE, Bergamo, Italien

– SAMSON VDH PRODUCTS, Niederlande

– SAMSON VETEC, Speyer, Deutschland

MITARBEITER – Weltweit 4.000 – Europa 3.300 – Asien 500 – Amerika 200 – Frankfurt am Main 1.600

MÄRKTE – Chemie und Petrochemie – Energie – Fernwärme, Fernkälte und Gebäudeautomation

– Industrieanwendungen – Industriegase – Lebensmittel und Getränke – Metallurgie und Bergbau – Öl und Gas – Pharma und Biotechnologie – Schiffsausrüstung – Wasser und Abwasser – Zellstoff und Papier

PRODUKTE – Ventile – Regler ohne Hilfsenergie – Antriebe – Anbaugeräte – Signalumformer – Regler und Automationssysteme – Sensoren und Thermostate – Digitale Lösungen

VERTRIEBSSTANDORTE – Mehr als 50 Tochtergesellschaften in über 40 Ländern

– Über 200 Vertretungen

SAMSON AUF EINEN BLICK

2018

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DE