3
fahren nur vereinbar, wenn der Beschuldigte in unmiss- versta ¨ndlicher Weise auf sein Recht auf Teilnahme an der HV verzichtet hat oder – eindeutige – konkrete An- haltspunkte fu ¨r die Absicht des Beschuldigten, sich dem Strafverfahren u ¨ berhaupt durch Flucht zu entzie- hen, vorliegen, wobei ein wirksamer Verzicht auf das An- wesenheitsrecht die gerichtliche Versta ¨ ndigung des Be- schuldigten von dem gegen ihn eingeleiteten Strafverfah- ren – sowie, soweit mo ¨glich, auch vom Termin der HV – voraussetzt (EGMR, F.C.B. gegen Italien, O ¨ JZ 1992/2 [MRK], EuGRZ 1992, 539 f; T gegen Italien, O ¨ JZ 1993/ 13 [MRK], EuGRZ 1992, 541 f; Sejdovic gegen Italien, Newsletter Menschenrechte 2006/2, 69 ff, 2004/6, 280 ff; EuGRZ 2004, 779 ff; Murschetz, Auslieferung und Euro- pa ¨ ischer Haftbefehl [2007] 203, 205; Gaede, Fairness als Teilhabe – Das Recht auf konkrete und wirksame Teilha- be durch Verteidigung gema ¨ß Art 6 MRK [2007] 294 ff, 743). Rechtsgrundlagen fu ¨ r die Beurteilung der Zula ¨ ssig- keit einer Auslieferung zur Vollstreckung einer in einem Abwesenheitsurteil verha ¨ ngten Strafe nach Italien sind im Hinblick auf den vorliegend vor dem 7. 8. 2002 gelege- nen Tatzeitpunkt (§ 77 Abs 4 EU-JZG) die Bestimmun- gen des Art I Abs 2 des Vertrages zwischen der Republik O ¨ sterreich und der Italienischen Republik u ¨ber die Er- ga ¨ nzung des Europa ¨ ischen Auslieferungsu ¨ bereinkom- mens und die Erleichterung seiner Anwendung (BGBl 1977/559) und des (in Kapitel III enthaltenen) Art 3 Abs 1 des Zweiten Zusatzprotokolls zum Europa ¨ ischen Auslieferungsu ¨ bereinkommen (BGBl 1983/297). Die zu- letzt genannte spa ¨tere, den durch die erstbezeichnete Be- stimmung eingera ¨ umten Rechtsschutz erweiternde Rege- lung sieht einen Hinderungsgrund fu ¨ r die Auslieferung zur Vollstreckung einer in einem Abwesenheitsurteil ver- ha ¨ngten Strafe vor, wenn „in dem diesem Urteil vorange- gangenen Verfahren nicht die Mindestrechte der Vertei- digung gewahrt worden sind, die anerkanntermaßen je- dem einer strafbaren Handlung Beschuldigten zustehen‘‘, und verweist damit auf den die Einhaltung der Mindest- verteidigungsrechte gewa ¨ hrleistenden Schutzbereich des Art 6 Abs 1 MRK (EBRV 1233 BlgNR 15. GP, 9, 11; JAB 1427 BlgNR 15. GP; Schomburg in Schomburg/Lagod- ny/Gleß/Hackner , Internationale Rechtshilfe in Strafsa- chen 4 Art 1 Europa ¨ isches Auslieferungsu ¨ bereinkommen Rz 6a; Vogel, JZ 2002, 467; vgl auch Rohlff, Der Europa ¨ i- sche Haftbefehl 107). Wurde jener – durch Art 6 Abs 1 MRK grundrechtlich gewa ¨ hrleistete – Mindeststandard der Verteidigung in dem in Abwesenheit des Verurteilten durchgefu ¨ hrten Strafverfahren nicht eingehalten, so ist die Auslieferung nach Art 3 Abs 1 (zweiter Satz) des Zweiten Zusatzprotokolls zum Europa ¨ ischen Ausliefe- rungsu ¨ bereinkommen nur dann zula ¨ ssig, wenn „die ersu- chende Vertragspartei eine als ausreichend erachtete Zu- sicherung gibt, der Person, um deren Auslieferung er- sucht wird, das Recht auf ein neues Gerichtsverfahren zu gewa ¨hrleisten, in dem die Rechte der Verteidigung ge- wahrt werden‘‘. Die den eingangs genannten Beschlu ¨ ssen des LG Feld- kirch und des OLG Innsbruck zu Grunde gelegten, vorer- wa ¨ hnten Tatsachenannahmen lassen die Beurteilung einer den dargestellten Kriterien der Judikatur des EGMR entsprechenden, den Anforderungen des Art 6 MRK konformen Durchfu ¨ hrung des ausla ¨ ndischen Ab- wesenheitsverfahrens nicht zu. Denn konkrete Anhalts- punkte fu ¨r eine einen Verzicht auf Anwesenheit in der HV implizierende – zudem eine gerichtliche Versta ¨ ndi- gung vom Verhandlungstermin vereitelnde – Flucht des nach den Beschlusskonstatierungen in den Verhand- lungsprotokollen des italienischen Strafverfahrens nur unsubstantiiert ohne Nennung na ¨ herer Umsta ¨ nde als „flu ¨ chtig‘‘ bezeichneten, dennoch aber „nach seiner Ent- lassung aus der Untersuchungshaft‘‘ in dem in Italien ge- gen ihn gefu ¨ hrten Strafverfahren – unbehelligt – „zu sei- ner Familie nach Vorarlberg zuru ¨ ckgekehrten‘‘ Beschul- digten sind ihnen nicht zu entnehmen. Entgegen der vom LG Feldkirch und vom OLG Innsbruck vertretenen Rechtsansicht kann aus einer Unterlassung der Versta ¨ n- digung des italienischen Gerichtes von einer Wohnsitz- a ¨ nderung des Beschuldigten in O ¨ sterreich und von des- sen Anhaltung in Haft in der Schweiz eine Verwirkung des Rechtes auf Anwesenheit in der HV nicht abgeleitet werden (EGMR, F.C.B. gegen Italien, O ¨ JZ 1992/2 [MRK], EuGRZ 1992, 540), weil vielmehr umgekehrt das italienische Gericht zur effektiven Wahrung der von Art 6 Abs 1 MRK gewa ¨hrleisteten Verfahrensgarantien vor Einleitung eines Abwesenheitsverfahrens zu Nach- forschungen u ¨ ber einen – wenn nicht ohnehin bekannten – ausla ¨ndischen Aufenthaltsort des Beschuldigten ver- halten gewesen wa ¨ re (EGMR, T gegen Italien, EuGRZ 1992, 541; O ¨ JZ 1993/13 [MRK], 213 f; Gaede, aaO 295). Eine die somit gegenwa ¨rtig nicht beurteilbare Grund- rechtskonformita ¨ t des Abwesenheitverfahrens jedenfalls herstellende, nach dem zuvor angefu ¨ hrten Beurteilungs- maßstab des EGMR hinreichend effektive Gewa ¨ hrleis- tung einer Verfahrenserneuerung nach dem (auch aktuel- len) italienischen Strafprozessrecht (vgl dazu EGMR, Sejdovic gegen Italien, Newsletter Menschenrechte 2006/2, 71; Schomburg/Hackner , aaO § 15 IRG Rz 33e) bedu ¨ rfte einer die Zula ¨ ssigerkla ¨ rung der Auslieferung bedingenden, die effektive Gewa ¨ hrleistung eines ent- sprechenden Verfahrenserneuerungsrechtes beinhalten- den Zusicherung des ersuchenden Staates (Art 3 Abs 1 zweiter Satz des Zweiten Zusatzprotokolls zum Europa ¨ i- schen Auslieferungsu ¨ bereinkommen; vgl BGH 16. 10. 2001, NJW 2002, 228 f); eine solche wurde aber den Be- schlu ¨ ssen des LG Feldkirch und des OLG Innsbruck nicht als Bedingung der Zula ¨ ssigerkla ¨ rung der Ausliefe- rung zu Grunde gelegt. Die Zula ¨ ssigerkla ¨ rung einer Auslieferung mit Bezie- hung auf ein im ersuchenden Staat durchgefu ¨ hrtes Straf- verfahren, das den von Art 6 Abs 1 MRK geforderten Ver- fahrensgarantien offenkundig nicht entsprochen hat („flagrant denial of justice‘‘), versto ¨ßt (ihrerseits) gegen Art 6 Abs 1 MRK (EGMR, Einhorn gegen Frankreich, O ¨ JZ-MRK 2003/1; vgl dazu VfGH 12. Dezember 2002, G 151, 152/02 = JBl 2003, 437 [443]; Meyer-Ladewig, EMRK 2 , Art 6 Rz 60b). Die auf eine die Bejahung einer Konventionskonformita ¨ t des in Italien gegen Marko L. gefu ¨hrten Abwesenheitsverfahrens nicht zulassende Tat- sachengrundlage gestu ¨ tzte Zula ¨ ssigerkla ¨ rung der Auslie- ferung durch die Beschlu ¨ sse des LG Feldkirch und des OLG Innsbruck verletzt daher (zum Nachteil des Auszu- liefernden) das Grundrecht auf ein faires Verfahren nach Art 6 Abs 1 MRK. In Stattgebung des Antrages des Marko L. waren somit gem § 363b Abs 3 StPO (per analogiam) in nichto ¨ffentli- cher Beratung die Beschlu ¨ sse des LG Feldkirch vom 10. 1. 2007, GZ 28 Ur 129/06d-28, und des OLG Innsbruck als Beschwerdegericht vom 22. 8. 2007, AZ 6 Bs 329/07v, auf- zuheben und die Auslieferungssache an das LG Feld- kirch zu neuer Entscheidung – mit Blick auf eine im auf- gezeigten Sinn zu verbreiternde Tatsachengrundlage – zu verweisen. Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes bei gravierendem Fehlverhalten eines Verteidigers DOI 10.1007/s00503-008-1569-2 §§ 33, 43a StPO aF; §§ 23, 63 StPO nF; § 11 RAO; Art 6 Abs 3 lit c MRK: Nachteilen, die dem Angeklagten durch einen „offen- kundigen Mangel“ der Verteidigung (also durch falsches 2009, Heft 1 Januar 58 # Springer-Verlag 2009 Rechtsprechung

Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes bei gravierendem Fehlverhalten eines Verteidigers

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes bei gravierendem Fehlverhalten eines Verteidigers

fahren nur vereinbar, wenn der Beschuldigte in unmiss-verstaÈndlicher Weise auf sein Recht auf Teilnahme ander HV verzichtet hat oder ± eindeutige ± konkrete An-haltspunkte fuÈ r die Absicht des Beschuldigten, sichdem Strafverfahren uÈ berhaupt durch Flucht zu entzie-hen, vorliegen, wobei ein wirksamer Verzicht auf das An-wesenheitsrecht die gerichtliche VerstaÈndigung des Be-schuldigten von dem gegen ihn eingeleiteten Strafverfah-ren ± sowie, soweit moÈglich, auch vom Termin der HV ±voraussetzt (EGMR, F.C.B. gegen Italien, OÈ JZ 1992/2[MRK], EuGRZ 1992, 539 f; T gegen Italien, OÈ JZ 1993/13 [MRK], EuGRZ 1992, 541 f; Sejdovic gegen Italien,Newsletter Menschenrechte 2006/2, 69 ff, 2004/6, 280 ff;EuGRZ 2004, 779 ff; Murschetz, Auslieferung und Euro-paÈ ischer Haftbefehl [2007] 203, 205; Gaede, Fairness alsTeilhabe ± Das Recht auf konkrete und wirksame Teilha-be durch Verteidigung gemaÈû Art 6 MRK [2007] 294 ff,743). Rechtsgrundlagen fuÈ r die Beurteilung der ZulaÈssig-keit einer Auslieferung zur Vollstreckung einer in einemAbwesenheitsurteil verhaÈngten Strafe nach Italien sindim Hinblick auf den vorliegend vor dem 7. 8. 2002 gelege-nen Tatzeitpunkt (§ 77 Abs 4 EU-JZG) die Bestimmun-gen des Art I Abs 2 des Vertrages zwischen der RepublikOÈ sterreich und der Italienischen Republik uÈ ber die Er-gaÈnzung des EuropaÈ ischen AuslieferungsuÈ bereinkom-mens und die Erleichterung seiner Anwendung (BGBl1977/559) und des (in Kapitel III enthaltenen) Art 3Abs 1 des Zweiten Zusatzprotokolls zum EuropaÈ ischenAuslieferungsuÈ bereinkommen (BGBl 1983/297). Die zu-letzt genannte spaÈtere, den durch die erstbezeichnete Be-stimmung eingeraÈumten Rechtsschutz erweiternde Rege-lung sieht einen Hinderungsgrund fuÈ r die Auslieferungzur Vollstreckung einer in einem Abwesenheitsurteil ver-haÈngten Strafe vor, wenn ¹in dem diesem Urteil vorange-gangenen Verfahren nicht die Mindestrechte der Vertei-digung gewahrt worden sind, die anerkanntermaûen je-dem einer strafbaren Handlung Beschuldigten zustehen`̀ ,und verweist damit auf den die Einhaltung der Mindest-verteidigungsrechte gewaÈhrleistenden Schutzbereich desArt 6 Abs 1 MRK (EBRV 1233 BlgNR 15. GP, 9, 11; JAB1427 BlgNR 15. GP; Schomburg in Schomburg/Lagod-ny/Gleû/Hackner, Internationale Rechtshilfe in Strafsa-chen4 Art 1 EuropaÈ isches AuslieferungsuÈ bereinkommenRz 6a; Vogel, JZ 2002, 467; vgl auch Rohlff, Der EuropaÈ i-sche Haftbefehl 107). Wurde jener ± durch Art 6 Abs 1MRK grundrechtlich gewaÈhrleistete ± Mindeststandardder Verteidigung in dem in Abwesenheit des VerurteiltendurchgefuÈ hrten Strafverfahren nicht eingehalten, so istdie Auslieferung nach Art 3 Abs 1 (zweiter Satz) desZweiten Zusatzprotokolls zum EuropaÈ ischen Ausliefe-rungsuÈ bereinkommen nur dann zulaÈssig, wenn ¹die ersu-chende Vertragspartei eine als ausreichend erachtete Zu-sicherung gibt, der Person, um deren Auslieferung er-sucht wird, das Recht auf ein neues Gerichtsverfahrenzu gewaÈhrleisten, in dem die Rechte der Verteidigung ge-wahrt werden`̀ .

Die den eingangs genannten BeschluÈ ssen des LG Feld-kirch und des OLG Innsbruck zu Grunde gelegten, vorer-waÈhnten Tatsachenannahmen lassen die Beurteilungeiner den dargestellten Kriterien der Judikatur desEGMR entsprechenden, den Anforderungen des Art 6MRK konformen DurchfuÈ hrung des auslaÈndischen Ab-wesenheitsverfahrens nicht zu. Denn konkrete Anhalts-punkte fuÈ r eine einen Verzicht auf Anwesenheit in derHV implizierende ± zudem eine gerichtliche VerstaÈndi-gung vom Verhandlungstermin vereitelnde ± Flucht desnach den Beschlusskonstatierungen in den Verhand-lungsprotokollen des italienischen Strafverfahrens nurunsubstantiiert ohne Nennung naÈherer UmstaÈnde als¹fluÈ chtig`̀ bezeichneten, dennoch aber ¹nach seiner Ent-lassung aus der Untersuchungshaft`̀ in dem in Italien ge-

gen ihn gefuÈ hrten Strafverfahren ± unbehelligt ± ¹zu sei-ner Familie nach Vorarlberg zuruÈ ckgekehrten`̀ Beschul-digten sind ihnen nicht zu entnehmen. Entgegen dervom LG Feldkirch und vom OLG Innsbruck vertretenenRechtsansicht kann aus einer Unterlassung der VerstaÈn-digung des italienischen Gerichtes von einer Wohnsitz-aÈnderung des Beschuldigten in OÈ sterreich und von des-sen Anhaltung in Haft in der Schweiz eine Verwirkungdes Rechtes auf Anwesenheit in der HV nicht abgeleitetwerden (EGMR, F.C.B. gegen Italien, OÈ JZ 1992/2[MRK], EuGRZ 1992, 540), weil vielmehr umgekehrtdas italienische Gericht zur effektiven Wahrung der vonArt 6 Abs 1 MRK gewaÈhrleisteten Verfahrensgarantienvor Einleitung eines Abwesenheitsverfahrens zu Nach-forschungen uÈ ber einen ± wenn nicht ohnehin bekannten± auslaÈndischen Aufenthaltsort des Beschuldigten ver-halten gewesen waÈre (EGMR, T gegen Italien, EuGRZ1992, 541; OÈ JZ 1993/13 [MRK], 213 f; Gaede, aaO 295).

Eine die somit gegenwaÈrtig nicht beurteilbare Grund-rechtskonformitaÈ t des Abwesenheitverfahrens jedenfallsherstellende, nach dem zuvor angefuÈ hrten Beurteilungs-maûstab des EGMR hinreichend effektive GewaÈhrleis-tung einer Verfahrenserneuerung nach dem (auch aktuel-len) italienischen Strafprozessrecht (vgl dazu EGMR,Sejdovic gegen Italien, Newsletter Menschenrechte2006/2, 71; Schomburg/Hackner, aaO § 15 IRG Rz 33e)beduÈ rfte einer die ZulaÈssigerklaÈrung der Auslieferungbedingenden, die effektive GewaÈhrleistung eines ent-sprechenden Verfahrenserneuerungsrechtes beinhalten-den Zusicherung des ersuchenden Staates (Art 3 Abs 1zweiter Satz des Zweiten Zusatzprotokolls zum EuropaÈ i-schen AuslieferungsuÈ bereinkommen; vgl BGH 16. 10.2001, NJW 2002, 228 f); eine solche wurde aber den Be-schluÈ ssen des LG Feldkirch und des OLG Innsbrucknicht als Bedingung der ZulaÈssigerklaÈrung der Ausliefe-rung zu Grunde gelegt.

Die ZulaÈssigerklaÈrung einer Auslieferung mit Bezie-hung auf ein im ersuchenden Staat durchgefuÈ hrtes Straf-verfahren, das den von Art 6 Abs 1 MRK geforderten Ver-fahrensgarantien offenkundig nicht entsprochen hat(¹flagrant denial of justice`̀ ), verstoÈût (ihrerseits) gegenArt 6 Abs 1 MRK (EGMR, Einhorn gegen Frankreich,OÈ JZ-MRK 2003/1; vgl dazu VfGH 12. Dezember 2002,G 151, 152/02 = JBl 2003, 437 [443]; Meyer-Ladewig,EMRK2, Art 6 Rz 60b). Die auf eine die Bejahung einerKonventionskonformitaÈ t des in Italien gegen Marko L.gefuÈ hrten Abwesenheitsverfahrens nicht zulassende Tat-sachengrundlage gestuÈ tzte ZulaÈssigerklaÈrung der Auslie-ferung durch die BeschluÈ sse des LG Feldkirch und desOLG Innsbruck verletzt daher (zum Nachteil des Auszu-liefernden) das Grundrecht auf ein faires Verfahren nachArt 6 Abs 1 MRK.

In Stattgebung des Antrages des Marko L. waren somitgem § 363b Abs 3 StPO (per analogiam) in nichtoÈffentli-cher Beratung die BeschluÈ sse des LG Feldkirch vom 10. 1.2007, GZ 28 Ur 129/06d-28, und des OLG Innsbruck alsBeschwerdegericht vom 22. 8. 2007, AZ 6 Bs 329/07v, auf-zuheben und die Auslieferungssache an das LG Feld-kirch zu neuer Entscheidung ± mit Blick auf eine im auf-gezeigten Sinn zu verbreiternde Tatsachengrundlage ± zuverweisen.

Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzesbei gravierendem Fehlverhalten eines Verteidigers

DOI 10.1007/s00503-008-1569-2

§§ 33, 43a StPO aF; §§ 23, 63 StPO nF; § 11 RAO; Art 6Abs 3 lit c MRK:

Nachteilen, die dem Angeklagten durch einen ¹offen-kundigen Mangelª der Verteidigung (also durch falsches

2009, Heft 1Januar58

# Springer-Verlag 2009

Rechtsprechung

Page 2: Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes bei gravierendem Fehlverhalten eines Verteidigers

oder fehlerhaftes Verhalten des Verteidigers, das einekonkrete und wirksame Verteidigung, wie sie mit Blickauf Art 6 Abs 3 lit c MRK erforderlich waÈre, nicht mehrgewaÈhrleistet) entstehen, kann von der Generalprokura-tur im Rahmen einer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wah-rung des Gesetzes begegnet werden.

OGH 7. 11. 2007, 13 Os 109/07i (13 Os 110/07m) (LGSt Wien 13. 8. 2007, 444Hv 2/07m)*)

Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschworenen beru-henden angefochtenen Urteil wurden Selcuk T. und Is-mail OÈ . der Verbrechen des schweren Raubes nach§§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB (A/I), der Verbrechendes versuchten schweren Raubes nach §§ 15, 142, 143zweiter Fall StGB (A/II) und des Verbrechens des ver-suchten Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1 StGB (B) schuldigerkannt.

Danach haben sie im Zeitraum 20. 6. 2006 bis 4. 10.2006 in Wien und NiederoÈsterreich im bewussten und ge-wollten Zusammenwirken als MittaÈ ter (§ 12 StGB) Ge-wahrsamstraÈgern im Urteilstenor naÈher bezeichneterUnternehmen durch Drohung mit gegenwaÈrtiger GefahrfuÈ r Leib oder Leben (§ 89 StGB) fremde bewegliche Sa-chen, naÈmlich BargeldbetraÈge, mit auf unrechtmaÈûigeBereicherung gerichtetem Vorsatz

A. unter Verwendung einer WaffeI. in insgesamt neun Angriffen weggenommen, und

zwar in acht FaÈ llen GewahrsamstraÈgern der im Spruchbezeichneten Tankstellen insgesamt ³ 9.140,± und ineinem weiteren Fall GewahrsamstraÈgern der B. AG³ 400,±, indem sie die Opfer mit einer Pistole bedrohten,die UÈ bergabe von Geld forderten und in sechs FaÈ llenauch einen Pfefferspray zum Einsatz brachten;

II. in zwei Angriffen wegzunehmen versucht, und zwarGewahrsamstraÈgern der B. AG und einer B.-Tankstelle,indem sie die Opfer mit einer Pistole bedrohten und dieUÈ bergabe von Bargeld forderten und

B. wegzunehmen versucht, indem sie den Gewahr-samstraÈger einer B.-Tankstelle maskiert mit dem Zuruf¹UÈ berfall`̀ bedrohten. Gegen dieses Urteil meldeten bei-de Angekl durch ihren jeweiligen Wahlverteidiger (recht-zeitig) am 11. 5. 2007 NB und Ber an.

Nach Urteilszustellung an den Wahlverteidiger des An-gekl Ismail OÈ . am 26. 6. 2007 (RS im unjournalisiertenAV-Bogen) gab dieser mit Schriftsatz vom 6. 7. 2007, ein-gelangt bei Gericht am 11. 7. 2007, bekannt, dass der An-gekl ¹das VollmachtsverhaÈ ltnis zu Herrn RechtsanwaltDr. Thomas K. ... aufgeloÈst habe ...`̀ . Mit ¹VerfuÈ gung`̀vom 13. 7. 2007 ordnete das ErstG (ohne darauf abzie-lende Antragstellung des Angekl) die Beigebung einesVerteidigers nach § 41 Abs 2 StPO fuÈ r Ismail OÈ . sowiedie Zustellung einer Urteilsausfertigung an den zu be-stellenden Verteidiger unter Hinweis darauf an, dassdas Urteil dem bisherigen Wahlverteidiger bereits zuge-stellt worden sei und der Angekl NB und Ber angemeldethabe (im fortgesetzten unjournalisierten AV-Bogen).

Eine AusfuÈ hrung der NB langte bis zum 24. 7. 2007,dem Ablaufdatum der durch die Zustellung an den bishe-rigen Wahlverteidiger ausgeloÈsten vierwoÈchigen Frist der§§ 285 Abs 1 erster Satz, 344 zweiter Satz StPO, nichtein, weshalb das Rechtsmittel mit dem angefochtenenBeschluss der Vorsitzenden vom 13. 8. 2007 gem §§ 285aZ 2, 344 zweiter Satz StPO zuruÈ ckgewiesen wurde.

Der dagegen vom Angekl Ismail OÈ . erhobenen Be-schwerde, in der unter Ber auf § 43a StPO ein neuer Be-ginn der Rechtsmittelfrist mit dem Zeitpunkt der Zustel-lung des Bescheides uÈ ber die Verteidigerbestellung (am

27. 7. 2007) behauptet wird, kommt keine Berechtigungzu:

Vorauszuschicken ist zunaÈchst, dass die in der StPObestimmten Fristen nicht verlaÈngert werden koÈnnen,wenn das Gegenteil nicht ausdruÈ cklich verfuÈ gt ist (§ 6Abs 1 erster Satz StPO). Nach § 43a StPO, dem solcherartAusnahmecharakter zukommt, wird die Frist zur Aus-fuÈ hrung einer NB nur durch einen innerhalb dieser Fristgestellten Antrag des Angekl auf Beigebung eines Ver-fahrenshilfeverteidigers (erster Satz) oder dann unter-brochen, wenn dem Angekl ohne seinen Antrag ein Ver-fahrenshilfeverteidiger (§ 41 Abs 4 StPO) beigegebenwird (zweiter Satz). Weitere Ausnahmen sieht das Gesetz± abgesehen vom Fall der Verteidigerumbestellung nach§ 45 Abs 4 RAO ± nicht vor (EvBl 1999/121).

Die Anwendung des § 43a StPO auf bereits durch einenVerteidiger vertretene Angekl lehnt der OGH in teleologi-scher Reduktion dieser Bestimmung nach mittlerweilestRsp ab (RIS-Justiz RS0116182).

Zu beachten ist weiters, dass im Zeitpunkt eines auf-rechten VollmachtsverhaÈ ltnisses nach § 79 Abs 4 StPObewirkte Zustellungen an den Verteidiger auch dannrechtswirksam bleiben, wenn er dem Gericht nachtraÈg-lich die Beendigung des VollmachtsverhaÈ ltnisses mitteilt.Denn § 11 Abs 2 RAO verpflichtet einen Rechtsanwaltdazu, seine Partei noch durch 14 Tage, von der KuÈ ndi-gung der Vertretung an gerechnet, insoweit zu vertretenals noÈtig ist, um sie vor Rechtsnachteilen zu schuÈ tzen.ZwischenfaÈ lle in den Beziehungen zwischen dem Angeklund seinem gewaÈhlten Verteidiger waÈhrend der AusfuÈ h-rungsfrist beeinflussen deren Lauf nicht, allfaÈ lligeSaÈumnisse des Verteidigers muss der Angekl gegen sichgelten lassen. Die Verpflichtung nach § 11 Abs 2 RAOentfaÈ llt nur, wenn die Partei dem Rechtsanwalt das Man-dat widerruft (vgl die Grundsatzentscheidung 11 Os 147/98 und die dort angefuÈ hrten Literaturhinweise, RIS-Jus-tiz RS0111615).

Der Beschwerdeauffassung zuwider differenziert dasGesetz nicht zwischen einer KuÈ ndigung durch denRechtsanwalt und jener durch den Mandanten, sondernbloû zwischen KuÈ ndigung (durch Rechtsanwalt oder Par-tei; § 11 Abs 2 RAO) und Widerruf des Mandats durch diePartei (Abs 3 leg cit).

Das Abgrenzungskriterium zwischen der KuÈ ndigungund dem Widerruf einer Vollmacht durch den Machtge-ber gem § 11 Abs 2 oder Abs 3 RAO ist mit RuÈ cksichtauf den Sinn des Gesetzes darin zu erblicken, dass derin § 11 Abs 3 RAO ausnahmsweise Wegfall der nachAbs 2 dieser Gesetzesstelle vorgesehenen Verpflichtungdes Rechtsanwaltes zur Fortsetzung seiner Vertretungs-taÈ tigkeit uÈ ber die Dauer des aufrechten Bestandes derVollmacht hinaus auf FaÈ lle beschraÈnkt ist, in denen derMandant den ihm durch § 11 Abs 2 RAO angebotenenSchutz zuruÈ ckweist, indem er seinem vormaligen Vertre-ter eine derartige TaÈ tigkeit untersagt oder auf sie dochimmerhin unmissverstaÈndlich verzichtet (vgl AnwBl1953/166; 15 Os 23/88 [15 Os 24/88, 15 Os 34/88]). Derar-tiges ist der Mitteilung uÈ ber die AufloÈsung des Voll-machtsverhaÈ ltnisses nicht zu entnehmen und wurde auchin der Beschwerde nicht behauptet.

Die durch Zustellung einer Urteilsausfertigung an denWahlverteidiger am 26. 6. 2007 ausgeloÈste Rechtsmittel-frist wurde demzufolge durch die am 13. 7. 2007 vonAmts wegen erfolgte Beigabe eines Verteidigers nach§ 41 Abs 2 StPO nicht gem § 43a StPO unterbrochen.Auch war der Angekl waÈhrend des gesamten Fristenlaufsdurch einen Wahlverteidiger vertreten. Dieser waÈre gem§ 11 Abs 2 RAO verpflichtet gewesen, den ± hier sogarnoch innerhalb der 14-Tages-Frist liegenden ± Ablaufder Rechtsmittelfrist zu beachten und die angemeldetenRechtsmittel auszufuÈ hren (vgl dazu auch § 63 Abs 2

2009, Heft 1Januar 59

# Springer-Verlag 2009

*) Vgl ergaÈnzend zum nachstehenden Beschluss das in derselben Sacheergangene Urteil des OGH vom selben Tag, veroÈffentlicht in JBl 2008, 602(mit Anm Benner).

Rechtsprechung

Page 3: Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes bei gravierendem Fehlverhalten eines Verteidigers

StPRefG, mit welcher Bestimmung diese Rsp ausdruÈ ck-lich normiert wird).

Nachteilen, die dem Angekl durch einen ¹offenkundi-gen Mangel`̀ der Verteidigung (also durch falsches oderfehlerhaftes Verhalten des Verteidigers, das eine konkreteund wirksame Verteidigung, wie sie mit Blick auf Art 6Abs 3 lit c MRK erforderlich waÈre, nicht mehr gewaÈhr-leistet) entstehen, kann im UÈ brigen von der GenProkim Rahmen einer NBzWdG nach § 33 Abs 2 StPO begeg-net werden (vgl das Erk des EGMR vom 10. 10. 2002, Cze-kalla gegen Portugal, Nr 38830/97; NL 2002, 209). Bezo-gen auf den Inhalt der (zugleich mit der Beschwerde) am22. 8. 2007 eingebrachten ± mit der rechtzeitig erhobenenNB des Angekl Selcuk T. wortidenten ± AusfuÈ hrung derNB des Angekl Ismail OÈ . bestand hiefuÈ r kein Anlass.

UÈ ber die NB des Angekl Selcuk T., die Ber beider An-gekl und uÈ ber die Beschwerde des Angekl Selcuk T. (§ 498Abs 3 StPO) wird bei einem mit gesonderter VerfuÈ gunganberaumten Gerichtstag zur oÈffentlichen Verhandlungentschieden werden, fuÈ r den sich der OGH eine ± beideAngekl betreffende ± Maûnahme nach §§ 290 Abs 1 zwei-ter Satz, 344 zweiter Satz StPO vorbehaÈ lt.

**

*

Die vorstehende E verdient Aufmerksamkeit. Soweitersichtlich, ist es das erste Mal, dass der OGH zur Kom-pensation von Nachteilen, die dem Beschuldigten auseinem gravierenden Fehlverhalten seines Verteidigers er-wachsen, die MoÈglichkeit der Erhebung einer Nichtig-keitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes ins Spielbringt. Die im Leitsatz wiedergegebene Aussage solltefreilich nicht dahin verstanden werden, dass man den ge-nannten Rechtsbehelf direkt gegen den Verteidigerfehlereinsetzen koÈnnte. Anzunehmen, dass sich die E uÈ ber denklaren Wortlaut des § 33 Abs 2 StPO aF bzw des § 23Abs 1 StPO nF hinwegsetzen wollte, wonach eine Wah-rungsbeschwerde allein gegen ein gesetzwidriges Verhal-ten eines Strafgerichts vorgesehen ist, besteht kein An-lass. Offenbar gemeint ist vielmehr, dass beim Auftreteneines die GewaÈhrleistung einer wirksamen VerteidigungiS des Art 6 Abs 3 lit c MRK in Frage stellenden Verteidi-gerfehlers mit der in Rede stehenden Beschwerde ein imUmfeld dieses Fehlers auffindbares gesetzwidriges Vor-gehen des Gerichts bekaÈmpft werden kann. Wie man sichdas konkret vorzustellen hat, ist in literarischen AÈ usse-rungen des Vorsitzenden des erkennenden Senats nach-zulesen, der sich mit der sensiblen Materie verdienstli-cherweise bereits mehrfach beschaÈftigt hat. Vgl zuletztRatz, Grundrechte in der Strafjudikatur des OGH, OÈ JZ2006, 318 (323), wo als Mittel zur Kompensation von Ver-saÈumnissen des Verteidigers neben der Nichtigkeitsbe-schwerde zur Wahrung des Gesetzes auch die auûeror-dentliche Wiederaufnahme gemaÈû § 362 StPO sowie dasamtswegige Eingreifen zugunsten des Beschuldigten ge-maÈû dem zweiten Satz des § 290 Abs 1 StPO eroÈrtert wer-den.

Vorschnell waÈre es wohl, aus der gegenstaÈndlichen Eabzuleiten, dass der OGH kuÈ nftig jeden im Blick aufArt 6 Abs 3 lit c MRK relevanten Verteidigerfehler miteinem Gerichtsfehler verknuÈ pfen will. Ob eine solcheVerknuÈ pfung in concreto moÈglich ist, wird vielmehr nachwie vor jeweils gesondert zu pruÈ fen sein. Wieweit dieneue E eine Distanzierung von der Rechtsprechung si-gnalisiert, wonach die Kontrolle der GewaÈhrleistungeiner wirksamen Verteidigung durch den beigegebenenAnwalt in OÈ sterreich letztlich nicht dem Gericht, son-dern den Rechtsanwaltskammern obliegt (vgl die E inEvBl 2002/210 und JBl 1994, 767), bleibt abzuwarten.Auf weitere Ausagen des ± in Grundrechtsfragen zuletzt

bekanntlich uÈ beraus kreativen ± OGH zur problemrei-chen Umsetzung der Judikatur des EGMR zu Verteidiger-fehlern im oÈsterr Recht duÈ rfen wir jedenfalls gespanntsein.

em. o. Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. Manfred Burgstaller

Potenzielle Auslieferungshindernisse aus der MRK

DOI 10.1007/s00503-008-1535-z

§ 89 Abs 2 und § 363a StPO; § 33 Abs 2 ARHG; Art 2, 3, 6und 8 MRK:

Eine unzulaÈssige Beschwerde gegen den Beschluss desOberlandesgerichts ist, wenn die Verletzung in verfas-sungsgesetzlich gewaÈhrleisteten Rechten nach Art 2, 3,6 und 8 MRK geltend gemacht wird, der Sache nach alsAntrag auf Erneuerung des Strafverfahrens (§ 363aStPO) zu werten. Dem Betroffenen steht nur ein Erneue-rungsantrag in Betreff ein- und derselben Sache zu. § 89Abs 2 StPO gilt nicht fuÈ r das Erneuerungsverfahren.

Art 3, 6 und 8 MRK koÈnnen unter eng begrenzten Vor-aussetzungen in Zusammenhang mit einer Auslieferungeine Konventionsverletzung bewirken.

OGH 13. 2. 2008, 13 Os 150/07v (OLG Wien 23. 10. 2007, 22 Bs 234/07h)

Auf Grund sicherheitsbehoÈrdlicher Mitteilungen uÈ bereinen Haftbefehl des Gespanschaftsgerichts Zagreb vom9. 3. 2007 und uÈ ber Hinweise auf einen inlaÈndischen Auf-enthaltsort des VerdaÈchtigen erlieû der U-Richter desLGSt Wien am 12. 3. 2007 einen Haftbefehl gegenDipl.-Ing. Vladimir Z. Der Gesuchte wurde am 13. 3.2007 festgenommen und gemaÈû einem Beschluss des U-Richters vom 15. 3. 2007 nach Erlag einer Sicherheitsleis-tung am 16. 3. 2007 gegen Anwendung auch anderer ge-linderer Mittel enthaftet.

Das von der Festnahme verstaÈndigte Justizministeriumder Republik Kroatien ersuchte mit Note vom 21. 3. 2007das oÈsterr BMJ auf Grund des EuropaÈ ischen Ausliefe-rungsuÈ bereinkommens und eines Vertrags zwischen derRepublik OÈ sterreich und der Sozialistischen FoÈderativenRepublik Jugoslawien vom 1. 2. 1982 um Auslieferungdes kroatischen StaatsangehoÈrigen Dipl.-Ing. VladimirZ. zur Strafverfolgung wegen der im erwaÈhnten Haftbe-fehl des Gespanschaftsgerichts in Zagreb vom 9. 3. 2007,Zahl V-Kio-I-50/07, beschriebenen Straftat.

Diesem Haftbefehl zufolge soll Dipl.-Ing. Vladimir Z.(zusammengefasst) am 7. 9. 1993 als AmtstraÈger des Ver-teidigungsministeriums der Republik Kroatien vomdeutschen StaatsangehoÈrigen Josef R. eine nicht naÈherfeststellbare Menge an Edelsteinen als Garantie dafuÈ r,dass R. dem Verteidigungsministerium AusruÈ stung fuÈ rdie uÈ bernommenen Devisenmittel in HoÈhe von 5 MioUS-Dollar liefern wird, uÈ bernommen, die UÈ bernahmenicht amtlich dokumentiert, es am 17. 2. 2000, als er sei-nes Amtes als ¹Ministerhelfer`̀ des Verteidigungsministe-riums enthoben worden sei, unterlassen haben, sich derEdelsteine zu entlasten und diese dem Verteidigungsmi-nisterium zur VerfuÈ gung zu stellen, und die Steine statt-dessen widerrechtlich aus den RaÈumlichkeiten des Ver-teidigungsministeriums entfernt haben, wodurch er sicheinen rechtswidrigen VermoÈgensvorteil in der HoÈhe vonmindestens 5 Mio US-Dollar verschafft und gleichzeitigdie Republik Kroatien um diesen Betrag geschaÈdigt ha-ben soll, weil R. weder fuÈ r die uÈ bernommenen Devisen-mittel Lieferungen erbracht noch die Mittel zuruÈ ckge-zahlt habe.

Mit Beschluss vom 25. 7. 2007, GZ 285 Ur 39/07p-80,sprach die U-Richterin des LGSt Wien mit eingehenderBegruÈ ndung aus, dass die vom Justizministerium der Re-publik Kroatien begehrte Auslieferung des Dipl.-Ing.Vladimir Z. wegen der im erwaÈhnten Haftbefehl des Ge-

2009, Heft 1Januar60

# Springer-Verlag 2009

Rechtsprechung