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NLP und andere Methoden - ausbildungnlp.de€¦ · fühle erleben kann (Richard Bandler). Und das lässt sich ändern. Um negative Gefühle wie Angst zu verlernen, verwendet das NLP

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und Ideen wie die Erbsünde (Altes Testament), die bestän-dige Gefährdung des Menschen durch seine Emotionen(Stoiker), seine Aggressivität, sein Wolfsein (Hobbes), seinenaturgegebene Faulheit und Nachlässigkeit (Taylorismus)und die Disbalance des unregulierten Sexual- und Todes-triebes mit den Anforderungen des Über-Ich (Freud).

NLP und andere Methoden

Unterschiedliche Wahrnehmungs-, Kommunikations- undPhilosophierichtungen werden oft unkritisch „eingemeindet“,mit NLP vermischt und, obwohl von den Grundaussagen in-kompatibel, als Konzept nach außen getragen. Dabei erschei-nen Ansätze, in denen der Coach mehr oder weniger direktiv,interpretierend, „wahrheiterkennend“ vorgeht und den Klien-ten eher als Diagnoseobjekt ansieht denn als Entdecker undGestalter, auch dann problematisch, wenn sie mehr oder we-niger wirken. Zum Beispiel in bestimmten Formen der Auf-stellungsarbeit, in denen subjektive Deutungen des Leiters wieUrteile gesprochen werden, oder bei bestimmten energeti-schen Methoden, wenn ein Anwender für den Klienten testetund Entscheidungen fällt. Ebenso wenig haben stark kathar-sisorientierte Vorgehensweisen etwas mit NLP zu tun, in de-nen der Klient seinem Leiden wieder begegnen soll, um es„abzuarbeiten“. Dieses auf der alten biologistischen Annahmeder Ansammlung von „traumatischer“ Energie beruhendeKonzept trifft als Überlaufmodell die emotionale Selbstorga-nisation des Menschen nicht wirklich. Ähnliche Bedenkengibt es bei kategorisierenden, typisierenden Verfahren wieDISG, Insights, MBTI bis hin zu Spiral Dynamics, HDI undAstrologie, auch wenn sie eine Orientierungshilfe bei Perso-nalauswahl, Förderprogrammen oder Teambildung verspre-chen. Natürlich wirkt diese Arbeit mit Tests und Kategorie-modellen gerade im Businesskontext verführerisch. Was alsFortentwicklung oder Bereicherung erscheint, entpuppt sichoft genug nur als Simplifizierung, Kontrollillusion und An-leitung zur Verarmung von Wahrnehmung.

Es gibt ein Grundproblem all dieser Ansätze. Selbst dann,wenn die Anwender wohlmeinend lediglich eine situativeOrientierung geben wollen, nutzen sie allzu häufig die Er-gebnisse so, als läge ihnen ein faktisch unverrückbarer Per-sönlichkeitsbefund vor (sogenannter Trait-Ansatz). Die„Diagnostizierten“ fühlen sich zu Recht stigmatisiert undwerden oft genug durch die unterschiedliche „Güte“ dereinzelnen Kategorien abgewertet: „Rote wollen wir nicht“,„Introvertierte können nicht führen“, „Typ-5-Leute sindschlecht für Teamarbeit“.

Die Distanz des NLP zu diesen Ansätzen sollte jedem Lehr-trainer offenkundig sein, ist es wohl aber nicht.

Auch wenn es reizvoll erscheinen mag, die Welt durch Ka-tegorisierung zu vereinfachen – es führt zu Konturlosigkeit,

Verwässern und langfristigem Identitätsverlust des NLP. Beieinigen „Endverbrauchern“ kommen Kerngedanken desNLP nur noch in homöopathischen Dosen an. Nahezu un-kenntlich.

NLP war und ist nach wie vor ein deutlicher „State“-An-satz, bei dem die situative Aktivierung der Ressourcen einesKlienten und sein kontextbezogenes Hier-und-Jetzt-Han-deln wichtiger sind als eine angenommene feste (patholo-gische) Persönlichkeitszuschreibung oder die unverrück-bare Charaktereigenschaft etwa des Trait-Ansatzes. Die An-nahme von „Fließeigenschaften“ und der Fokus auf diewechselnden Bedingungen einer Situation sind eine deutli-che psychologische, pädagogische sowie ebenfalls politi-sche Aussage und Kern des Menschenbildes im NLP.

NLP und Hirnforschung

1970 war die Wirksamkeit der Vorgehensweisen, die Band-ler und Grinder zur Veränderung von Verhalten vorschlu-gen, noch nicht zu beweisen. Aus der Perspektive der aka-demischen Psychologie erschienen sie als gewöhnungsbe-dürftige Veränderungsangebote, die in überraschender Ge-schwindigkeit und auf neuen Wegen Probleme lösten. NLPwar neu und spektakulär und stellte allein mit der provo-kanten Namensgebung einen entscheidenden Schritt in einevöllig andere Richtung dar.

Und um es gleich vorwegzunehmen: Bandler und Grinderhatten in vielem recht, was sie damals nur vermuteten.40 Jahre später sind wir beim Verständnis der Wirkprozessedes NLP entscheidende Schritte weitergekommen: durchdie faszinierenden bildgebenden Verfahren der Hirnfor-schung. Der Namensteil „Neuro“ erscheint heute als wei-ser Vorausgriff auf die inneren Prozesse, die NLP anstößt.Unser Gehirn ist tatsächlich ausgestattet mit einem lebens-langen Veränderungspotenzial (Neuroplastizität). Wir kön-nen uns verändern, und zwar bis ins hohe Alter. Das ist et-was, woran das NLP schon immer geglaubt hat. Sollen Ver-änderungen gelingen, brauchen wir neue Spuren im Hirn,und dazu brauchen wir ein „Angebot“, mit dessen Hilfe alteStrukturen stillgelegt, transformiert oder gehemmt und neueWege etabliert oder ausgebaut werden. Das ist seit 40 Jah-ren eine der Grundannahmen des NLP.

„Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr.“ Die-ser Satz ist längst überholt. Sein Gegenteil und die Er-kenntnisse der Epigenetik werden mehr und mehr zum All-gemeingut. Nervenzellen beginnen bei angemessener Sti-mulation bisher nicht genutzte Gensequenzen abzuschrei-ben bzw. andere, nicht mehr gebrauchte wieder stillzulegen.Diese Erkenntnis ist ein Paradigmenwechsel. Ebenso derWeg weg von der Psycho-Reparaturwerkstatt hin zur Po-tenzialentfaltung.

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Die Zielorientierung des NLP

NLP ist eine der wichtigsten Methoden, die auf hirnge-rechte Art solche Veränderungen anstoßen. Das NLP wirdvon seinen Kritikern gern als schlichte, weil zu positive,„amerikanische“ Methode betrachtet, die dem intensiven„Durcharbeiten und Erkennen“ alter Probleme eher zu-rückhaltend gegenübersteht. Die Neurobiologie gibt dieserVorgehensweise der Ziel aktivierung und der Ressourcen-optimierung jedoch ihre Legitimation.

Das tiefe Schürfen in der Vergangenheit mit tränenreichenkathartischen Sequenzen, spektakulären, oft theatralischenDeutungen (bis in die x-te Generation zurück) und Verän-derungen durch vermeintlichen Erkenntnisgewinn sind demNLP eher fremd. Die Analyse des Problems und die Akti-vierung der Problemphysiologie sollten nur insoweit vonBelang sein, wie sie die emotionale „Betriebstemperatur“erhöhen und als Vorbereitung verändernder Interventionendie Transmitterproduktion entsprechend stimulieren. Hiergeht das NLP sehr pragmatisch vor: Wem es schlecht geht,der hat nicht gelernt, wie es ihm gut gehen und er gute Ge-fühle erleben kann (Richard Bandler). Und das lässt sichändern.

Um negative Gefühle wie Angst zu verlernen, verwendet dasNLP vielerlei Modelle: z. B. Phobie-Modell, Ankern, Strate-giearbeit, Arbeit mit Submodalitäten. Die all diesen Model-len ähnliche Vorgehensweise wird durch die Hirnforschungdeutlich bestätigt. In allen Formaten wird mit einer Ressour -ce physiologie gearbeitet, d. h. dem Gehirn wird zunächst einZustand angeboten, der neuronal unvereinbar ist mit Angst(Ressourcephysiologie). Durch Vermischung und Integrationwird die Problemsituation „bearbeitet“.

Ressourcen sind dabei z. B. erinnerte starke, positive Ge-fühle, eigene Kompetenzerwartung bei der Bewältigung desProblems, eine sichere Bindung zum Coach. Sind viele die-ser Ressourcen aktiviert, befindet sich das Gehirn in einemwenig angstbereiten Zustand und es bildet viele gut gebahn -te, angsthemmende Synapsen aus. Zellen und ihre Synap sen,die immer wieder gleichzeitig aktiviert werden, stabilisierensich: „Cells that wire together fire together.“ Alles, was zu-sammen aktiviert wird, wird irgendwann auch zusammenauftreten. Und die eine neuronale Aktivierung löst dann inZukunft auch die andere neuronale Aktivierung aus. Eineder Hauptvorgehensweisen des NLP entspricht diesen Pro-zessen: die Integration dissoziierter psychophysiologischerZustände, gewissermaßen das Schweizer Taschenmesserdes NLP.

Erforderlich sind genügend Lerndurchgänge über einen ge-wissen Zeitraum hinweg, damit die kortikale Angsthem-mung stabil bleibt. Hier braucht es „Future Pace“ in Form

von Übungen, aber vor allem auch die sensible Einbindungdes Verhaltens in neue Einstellungen und Identitätsdefini-tionen (neurologische Ebenen der Veränderung, Ökologie),die das Neue stabil unterstützen. Der NLP-Coach tut gutdaran, bestimmte Modelle, die eine Gesamtintegration vonVeränderungen ermöglichen, immer wieder einmal zu wie-derholen, statt auf eine einmalige „Wunderheilung“ zu hof-fen. Die Erforschung der Funktionsweise des Gehirns undder Einfluss auf die Veränderungsarbeit, Therapie, Pädago-gik und Kommunikation stehen erst am Anfang.

NLP als Wahrnehmungsmethode

Emotionale Aktivierung in sozialen Beziehungen ist un-spezifisch, wie schon Schachter und Singer 1962 in ihrenExperimenten nachweisen konnten. D. h. es ist rein körper-physiologisch ein ähnlicher Zustand, wenn ich verliebt oderärgerlich bin. Die Interpretation, was wohl gerade „dieWahrheit“ ist, wird durch den Inhalt des Arbeitsspeichersim Gehirn und die soziale Situation vorgegeben. D. h. wennein attraktiver Geschlechtspartner vor mir sitzt, deute ichmeine Aufregung als Verliebtheit, nimmt mir jemand meineZeitschrift weg, erlebe ich sie als Ärger. So sichert unserGehirn unsere psychische Konsistenz und vermeidet ko-gnitive Dissonanzen. Doch es verhindert gleichzeitig krea-tive Problemlösungen (Problem space is not solution space).

Denn bewusst erleben wir nur, was sich mindestens für ei-nige Sekunden im Arbeitsspeicher unseres Gehirns befin-det, sein Inhalt ist der Strom unseres Bewusstseins. Leiderhat dieser Speicher nur eine beschränkte Kapazität und deraktuelle Inhalt bestimmt zu einem erheblichen Teil, was alsNächstes darin aufgenommen wird. Wenn man also zulange in der internen „Psycho-Google-Suchmaske“ dasWort „Problem“ stehen hat, bietet die Festplatte, d. h. unserLangzeitgedächtnis, alles an, was wir jemals dazu gespei-chert haben. Aufgrund unseres Konsistenzbedürfnisses neh-men wir nur noch suchwortkonforme Inhalte wahr, in die-sem Falle alles, was zum „Problem“ gehört.

Die große Stärke des NLP besteht darin, dass es Verände-rung möglich macht: durch gezieltes, bewusstes Statema-nagement (Physiologien erkennen, Separator nutzen, ge-schickte Sprachführung, Reframing) und durch eine über-durchschnittliche Fähigkeit des Coaches zur Wahrnehmungund Kalibrierung. Unscharfe Trennung der Zustände bzw.das Arbeiten mit vermischten Zuständen ist ein typischerFehler von Anfängern.

NLP als Beziehungsmodell

Auf welcher Ebene unser Gehirn angesprochen wird undwelches Ausmaß eine Veränderung hat, hängt vom Grad dererlebten Sicherheit und Bindung (Qualität des Rapports)

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TITEL Formate und Freiheit

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