NOËL VAN MIERLO · FOTOS: CAROLINE PIEK | DESIGN: NOËL VAN MIERLO GARTENDESIGN INSPIRATION 5 | 2019 PORTRÄT. 94 95 Seine Vorgehensweise ist jedoch eine andere, Gehölze spielen

  • Upload
    others

  • View
    2

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

  • �� ��

    PORTR˜T

    Für Designer Noºl van Mierlo aus dem

    niederländischen Deurne, Nordbrabant, ist die

    Natur ein Gefühl. Er liebt Bäume und ungewöhnliche

    Architektur. Ob minimalistisch oder naturalistisch,

    auf dem Land oder in der Stadt: Seine Gärten

    bieten stets eine besondere Naturerfahrung.

    Zahlreiche Preise hat van Mierlo bereits erhalten,

    für einen Wassergarten im japanischen Stil jüngst

    zwei Auszeichnungen der britischen Society of

    Garden Designers.

    NO¸L VAN MIERLONATUR ALS WELLNESS

    FOTO : CAROLINE PIEK | DESIGN: NO¸ L VAN M IERLO

  • �� ��G A R T E N D E S I G N I N S P I R AT I O N � | � � � � P O R T R ˜T

    Im Innenhof, von drei Seiten vor Wind geschützt, liegt der Pool. Die umge-

    benden Wände speichern die Wärme, hier ist es sonnig. Wird der Pool nicht

    genutzt, wirkt er wie ein großer Spiegel, der, je nach Blickwinkel, Haus oder

    Himmel re�ektiert. Aus dem Innenhof herausgetreten, ändert sich die Per-

    spektive, und man blickt auf einen von Steinen und hohen Bäumen gepräg-

    ten Garten. Ein kleiner Bach �ießt, gesäumt von Stauden und Gehölzen, gemäch-

    lich über �ache Schiefersteine. Ein Steg aus rostigem Cortenstahl führt hinüber

    zu einer Sitz�äche unter einer Pergola, von der aus sich die Aussicht auf Wasser,

    Steine und P�anzen genießen lässt. Alte Kiefern spenden Schatten, und nur ein

    schlichter Holzzaun trennt den Garten vom umgebenden Wald.

    Die größten Bäume stehen außerhalb des Grundstücks, sagt Noºl van Mierlo.

    Dennoch gehören sie untrennbar dazu: Der Designer hat sie in seine Gestaltung,

    die perfekt auf den Ort abgestimmt ist, eingebunden. Der Bachlauf mit den Stei-

    nen ist inspiriert durch die rund 120 Kilometer weiter südlich gelegenen belgi-

    schen Ardennen, die zum Rheinischen Schiefergebirge gehören. Das Haus hat

    eine Schieferverkleidung, daher habe ich den Stein auch im Garten aufgegri�en.

    Da das Gestein auch rostfarbene Einschlüsse hat, verwendet van Mierlo als wei-

    teres Material Cortenstahl. Mit dem unregelmäßigen Zuschnitt der Platten des

    Steges greift er die Formen der Steine auf. Ein harmonisches Ganzes entsteht

    erfahrbar beim Schwimmen, beim Spazieren oder vom Liegestuhl aus.

    NATUR ALS WELLNESSNO¸L VAN MIERLO

    Ich scha�e ein natural wellness experience, sagt van Mierlo. Das natürliche

    Wellness-Erlebnis ermöglicht er durch die Gestaltung, mit der er Mensch, Natur

    und Architektur verbindet am liebsten auf individuelle und etwas eigenwillige

    Weise. Denn der 46-Jährige will einen ganz eigenen Weg gehen.

    Noºl van Mierlo wuchs im elterlichen Gartenbaubetrieb in Deurne, rund

    20�Kilometer östlich von Eindhoven, auf. Meine Eltern haben immer sehr großen

    Wert auf Qualität gelegt, sagt der Niederländer. Handwerk ist äußerst wichtig.

    Es kommt auf jedes Detail an. Dies hat er zu seiner eigenen Philosophie gemacht.

    Nachdem er lange Jahre im Unternehmen seiner Eltern mitgearbeitet und Gärten

    gebaut hatte, übernahm er die Firma im Jahr 2005 ganz. Bis 2012 führte er den

    Betrieb mit 15 Angestellten weiter. Dann entschied er, sich ganz auf Design zu

    konzentrieren. Nach wie vor arbeitet er eng mit anderen Gewerken zusammen

    und hat heute Projekte in den Niederlanden, in Belgien und Deutschland.

    DIE FASZINATION DER WEITEN LANDSCHAFT

    Natur ist ihm die wichtigste Inspiration. Als ich jung war, bis etwa 26, bin ich

    durch die Welt gereist. Ich war in Australien, Indonesien, habe ein Jahr in Kanada

    gelebt. Auch nach Finnland, Deutschland und Österreich ist er gefahren, immer

    Inspiriert von den Belgischen

    Ardennen ist dieser Garten gestaltet

    mit Schieferstein und farblich

    korrespondierendem Cortenstahl.

    FOTO : PHILIPPE PERDEREAU | DESIGN : NO̧L VAN M IERLO FOTO : PHILIPPE PERDEREAU | DESIGN : NO̧L VAN M IERLO

    FOTO UND DESIGN: NO̧L VAN M IERLO

    TEXT: INA SPERL

    REDAKTION: JÜRGEN BECKER

    LAYOUT: CAROLINE MOHR

  • �� ��

    machen. Schon als Kind bin ich immer mit meinem Hund in den Wald gegangen.

    Die Natur ist wichtig für uns Menschen. Das hat er selbst immer wieder erfah-

    ren: Man kann zur Ruhe kommen, seine Batterien wieder au�aden. Dafür ist der

    Garten ein geeigneter Ort.

    MINI�NATURRAUM

    Doch wie bekommt man in einem kleinen Stadtgarten ein Naturgefühl hin? Bei

    mehr Platz ist es natürlich leichter, sagt van Mierlo. Aber auch auf kleinem Raum

    kann es gelingen das zeigt ein nur 70 Quadratmeter großer Garten, den er vor

    rund zehn Jahren gestaltet hat und der von dem niederländischen Wirtschafts-

    verband der Grünen Branche, VHG, zum Garten des Jahres 2010 gekürt wurde.

    Fünf mehrstämmige Hartriegel bestimmen das kleine Grundstück. Sie wirken

    natürlich und erzeugen fast den Charakter eines kleinen Wäldchens, zumal in

    ihrem Schatten P�anzen wie Kaukasus-Vergissmeinnicht, Purpurglöckchen, Grä-

    ser und Moose wachsen. Menschen �nden auf einer Terrasse und einem hölzer-

    nen Deck am Ende des Gartens Platz.

    Ich versuche, meinen Kunden die Natur nahe zu bringen, sei es mit einem schö-

    nen Baum, sei es mit schönen Stauden. Das sei sein mindset, seine Denkweise:

    Die Intention ist es, einen Ort grüner und natürlicher zu machen. Dann ist es

    unerheblich, ob dieser Ort groß oder klein ist.

    auf der Suche nach Wäldern und Gebirgen, wie er sie in den Niederlanden nicht

    �ndet. Nachdem ich in Kanada war, habe ich diese weite Natur vermisst. Und

    da habe ich es tief in meinem Inneren gespürt: Unseren Gärten wie sie damals

    waren fehlte die Natur. Vor 15, 20 Jahren dominierten klare, moderne For-

    men die Gestaltung erst seit etwa zehn Jahren beginnt sich ein Naturalismus

    durchzusetzen. Noºl van Mierlo wollte anderes scha�en als aufgeräumte Gär-

    ten. Seine Gärten sollten mehr bieten als ˜sthetik, ein Naturerlebnis möglich

    Hartriegel spenden Schatten.

    So wird aus einem Stadtgärtchen

    ein lauschiger Ort. Auch vertikale

    Flächen sind mit rankenden

    P�anzen begrünt.

    Mit dem Bestand arbeiten, den Garten

    auf das Haus abstimmen und viel

    Naturerfahrung ermöglichen, das ist

    Noel van Mierlo wichtig.

    Die Intention ist es, einen Ort grüner und natürlicher zu machen. Dann ist es unerheblich, ob dieser Ort groß oder klein ist.

    FOTO : EMMELY VAN M IERLO | DESIGN : NO¸L VAN M IERLO

    RENDERING: DNA VISUALDESIGN | DESIGN : NO¸L VAN M IERLO

    G A R T E N D E S I G N I N S P I R AT I O N � | � � � � P O R T R ˜T

  • �� ��G A R T E N D E S I G N I N S P I R AT I O N � | � � � � P O R T R A I T

    Gärten sind wichtig, denn sie betonen das Haus, rahmen es, verschönern es.

    Sind sie gelungen, vergrößern sie es sogar, denn der Außenraum kommt zur

    Wohn�äche hinzu. Hier ist die Natur unmittelbar erfahrbar, sagt der Designer:

    Visuell, beim Gehen über Wege oder zum Beispiel eine Brücke. Aber auch ganz

    direkt, wenn man den P�anzen nahekommt, sie zum Beispiel im Vorbeigehen

    streift. Einen Garten zu entdecken, ist immer eine achtsame Erfahrung, und

    immer auch ein Abenteuer.

    GEMEINSAMER PROZESS

    Wenn Noºl van Mierlo einen Garten entwirft, macht er sich zunächst ein Bild

    von den Vorstellungen der Kunden. Der Designprozess beginnt mit einem Ken-

    nenlernen, mit einem ausführlichen Gespräch. Wie wollen die Kunden leben,

    was möchten sie im Garten tun? Mein erstes Design ist immer dazu da, einen

    Kontakt herzustellen. Eine Basis, über die man sich unterhalten kann. Doch

    auch wenn aus seiner Sicht der Entwurf schon optimal ist: Ich habe gar nichts

    dagegen, wenn die Kunden ihn kritisch sehen und Anmerkungen haben. Dann

    werden sie nämlich in den Prozess einbezogen.

    Oftmals dauert es, bis ein Design fertig ist. Auch der Japanische Wassergar-

    ten, für den Noºl van Mierlo Anfang 2019 eine Auszeichnung der britischen

    Der modern interpretierte japanische

    Garten mit Teehaus wurde von

    der britischen Society of Garden

    Designers ausgezeichnet.

    Auch wenn er einen Entwurf bereits

    als optimal emp�ndet, bezieht der

    Designer gerne seine Kunden in den

    Prozess mit ein.

    Society of Garden Designers (SGD) erhielt, wurde nicht nach dem ersten Ent-

    wurf gebaut. Aber der Stil und das Raumgefühl waren schon da. Gemeinsam

    mit den Hausbesitzern modi�zierte er das Design, bis alles perfekt zu Wünschen

    und Anforderungen passte. Entstanden ist, an einem weißen Haus im westlichen

    Stil, eine Art moderner japanischer Wassergarten mit Teehaus. Weite Wasser�ä-

    chen bestimmen das Grundstück, über die Stahlplatten den Weg zum Pavillon mit

    einer Feuerstelle weisen. Manche Gestaltungselemente wie die Platten greifen

    die geraden Formen des Hauses auf, andere wiederum wirken wie einem origi-

    nal japanischen Garten entnommen: Felsen, kleine Kiefern, Gräser. Der Designer

    vermittelt behutsam zwischen zwei Welten. Mutig, vollendet, ausbalanciert und

    FOTO : CAROLINE PIEK | DESIGN : NO̧L VAN M IERLO

    ILLUSTRATIONEN UND DESIGN: NO¸ L VAN M IERLO

  • �� ��

    ehrgeizig urteilte die Jury der SGD und prämiert den Garten als Besten Interna-

    tionalen Garten. Darüber hinaus gewann er auch noch einen Publikumspreis, den

    Peoples Choice Award.

    SCHLÜSSEL ZUM GLÜCK

    Beim Design geht es immer darum, Probleme auf die bestmögliche Art und

    Weise zu lösen: Haus, Umgebung mit Nachbarn oder schöner Landschaft, der

    Lauf der Sonne alles spielt eine Rolle. Vor allem gehe es darum, Privatsphäre

    zu scha�en. Denn das Gefühl, Privatsphäre zu haben, ist der Schlüssel dafür,

    sich wirklich entspannen zu können.

    Vor 20 Jahren entwarf van Mierlo kleine Gärten, heute meist deutlich größere.

    Ich war ambitioniert, und die Dinge haben sich entwickelt. Meine Klienten sind

    mit mir gewachsen. Als jungen Gestalter haben ihn vor allem die Anlagen des

    niederländischen Designers Luc Engelhard inspiriert: Er machte einfach sein

    Ding, das hat mich umgehauen. Das hat mir das Selbstvertrauen gegeben, ein-

    fach meinem Herzen zu folgen und das zu machen, was ich für richtig halte.

    In einer bestimmten Tradition sieht er sich daher nicht. Für die Staudengärten

    des Dutch Wave von Designern wie Piet Oudolf hat er höchsten Respekt.

    Schlichte Stahlplatten führen von

    einem Holzdeck über das Wasser zum

    Pavillon. Abends ist der Garten in

    stimmungsvolles Licht getaucht.

    Weite, �ache Wasser�ächen

    bestimmen den Garten im japanischen

    Stil. Im Teehaus ist ein bequemer,

    geschützter Sitzplatz entstanden.

    FOTOS: CAROLINE PIEK | DESIGN : NO̧L VAN M IERLO

    G A R T E N D E S I G N I N S P I R AT I O N � | � � � � P O R T R ˜T

  • �� ��

    Seine Vorgehensweise ist jedoch eine andere, Gehölze spielen eine wichtigere

    Rolle und auch die verwendeten Materialien: P�anzen sind mir sehr wichtig,

    aber nicht wichtiger als etwa die Wegep�asterung oder die Architektur.

    Seine jetzigen Vorbilder sind eher Architekten: Das Architekturbüro Bergmeis-

    terwolf aus Italien, der Kanadier Brian Mackay-Lyons und der Amerikaner Tom

    Kundig. Wenn ich sehe, wie sie ein Haus in eine Landschaft setzen, lässt das mein

    Herz höher schlagen.

    Selber ist er, wenn es um einen Neubau geht, am liebsten schon früh eingebun-

    den in den Gestaltungsprozess: Denn dann haben die Kunden noch Geld für den

    Garten und sparen vielleicht lieber an einer anderen Stelle. Komme ich erst gegen

    Ende hinzu, wie das meistens ist, ist das Budget schon erschöpft.

    DIE NATUR IM HERZEN

    Als Gartendesigner gestaltet er das Land um ein Haus. Das sind mitunter nur ein

    paar Quadratmeter in der Stadt, manchmal aber auch durchaus größere Dimen-

    sionen. Bei einem weitläu�gen Naturgarten in Nordbrabant konnte van Mierlo

    aus dem Vollen schöpfen und sogar einen 100 Meter langen Bachlauf anlegen.

    Vor vier, fünf Jahren gab es an dem Ort in der Nähe eines Yachthafens an der

    Maas lediglich Grasland und einen Teich. Nun �ndet sich dort ein Garten oder

    eher ein Park der von dem natürlich wirkenden Wasserlauf bestimmt wird. Er

    verbindet einen höher gelegenen mit einem tiefer gelegenen Teich. Das Was-

    ser des Bachs stammt aus der benachbarten Maas: Es ist ständig frisch, und

    wir haben sogar Fische, Krabben und Muscheln darin. Die Landschaft, die van

    Mierlo erscha�en hat, wird bestimmt durch Felsen: Die Eigentümer sind jedes

    Jahr in den Alpen, um zu wandern. Zwischen dem Gestein wachsen Schaublatt

    und Farne. Großstauden wie Wasserdost, hölzerne Stelen, eine uralte Eiche

    sowie neu gep�anzte, bereits hochgewachsene Gehölze geben dem Gelände

    Struktur. Dies ist ein Garten zum Entdecken. Und das nicht nur für die Eigentü-

    mer, sondern auch für Kinder und andere Besucher, die aus dem benachbarten

    Hafen herüberkommen denn ein Teil des Geländes ist zugänglich.

    Meine Gärten sind lebende Bilder, hier verändert sich alles im Laufe der Jah-

    reszeiten. Es gibt immer etwas zu entdecken, sagt van Mierlo. Das ziehe die

    Menschen nach draußen. Es gibt immer etwas, worauf sie sich freuen können.

    Der Garten, die Natur, nimmt eine immer wichtigere Rolle in ihrem Leben ein.

    Und wer die Natur im Herzen hat, wird zu einem besseren Menschen. Das ist

    meine Idee.

    Ein Bachlauf, der von der benachbarten

    Maas gespeist wird, durchzieht diesen

    Garten. Manchmal sind sogar Krabben

    oder Fische darin.

    Und wer die Natur im Herzen hat, wird zu einem besseren Menschen.

    FOTO : CAROLINE PIEK | DESIGN : NO̧L VAN M IERLO

    ILLUSTRATION UND DESIGN : NO¸ L VAN M IERLO

    G A R T E N D E S I G N I N S P I R AT I O N � | � � � � P O R T R ˜T