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Nomenklaturprinzipien und wissenschaftliche Praxis. 1 )ringend gewordene F:riirter-ungea von Franz Heikertinger, \Vien. ~~ - Ex ist pin ebenso allgemein anerkannter wie in der Praxis stets wicder ausser acht mer Satz, dass das massgebende Urteil iiber die Brauchbarkeit, cines Erzeugnisscs nicht dein Erzeuger, sondern dem Gebraucher zusteht. Niclit Schneider und Schuster, die uns Rock und Schuh verfertigt, haben uns zu sagen, ob diese ihren Zweck befricdigend dullen; sie hahcn das Urtcil dariiber von uns, die wir in Rock und Schuh taglich zu wnndcln gczwnngen sind. zu craarten. Nur derjenige, der die Tatsachen des Entsprechens oder Nichtentsprcchens am eigcnen Leibe fuhlte, kann Art und Grad etwaiger Mangel feststellen und darlegen. lIit Riicksic~ht auf diesc Tatsache sei zuviirderst festgelegt, dass die zoologisello Yomenklntur eine Angelegenheit ist, die a 11 e K r e i s e d e r W i s s e n s c h n f t e 11. nicht allein die Zoologie und noch weniger allein die zoologische Systematik betrifft. dass fiir die zoologischc Nomenklatur die Gcsamtheit der Wissenschaften Gebrauc.1ier und damit berechtigtcr Bcurteiler ist. Ja, ich mochte, so wenig die zoologische Fach- systemntik es mir Dank wissen wird, noch weiter gehen: Ahnlich wie das Schuhurteil (lessen, dci. weitum in] Land muss und fremde Gebiete dnrchwandert, sehr oft he- achtenswcrter soin wird a l ~ tlns Urtril tiewen. dcr stets nur dic cigenc Werkstatt durch- schreitet. so mag auch das Nonlenklntururttd dessen, der in dcr Naturn7issenschaft weit,um kommt nnd frcrndc Gebiete begeht. zuweilen bcachtensnrcrter sein als das UrtPil dessen, tler eine ihm ccrtraute systematischc TVcrItstat,t kaum je verllifist. Und ali: ein Mann. dcr meitnm in frcnide Gcbictc muss. wie knim cin zweiter, dcr Gelegenhpit hat, die Vorziige nnd Naehteilc des nomenklatorischm Sclmhwerks am eigcncu Leihe zii ctmpfinden; nls ein solcher Mann erscheint mir der auf a n g e w a n d t - z o o - 1 o g i s c h c m (.; c b i e t e ttitigc Forscher. An ihn sei das Folgende gerichtet. Fast iedes Wort darin gilt den vitalcii IntcresPen der angcwandten Zoologit.. In friihcren inciner AIbciten 1) glaube ich hinreirhend gcgen die in der wissen- schaftlichen Nicht-Systematik zuweilen zutage tretende Gcniigsamkeit in nomenklato- rischen Dingen anfgctreten zu win. iim vor dem Verdarhtc. 1:s sii inir um die Erhaltung cines langst untergegangenen Benmnnngsmodus zn tun. gesichert zu sein. Es kann hcispielswri8c nicht, gphilligt \widen. ncnn unicr tlcin VoryAen. das Ge- dachtnis m6gc nicht mit nrnen Gattungsnamen belastet, wprden. auf alti~~terliclie Ein Wort znr Rcchtfertigung dcr Haltica oleraeeu. Perhantil. d. Zoo1.-hot. Gcsellsch. Wien, 62. Bd., 1912, S. 69--81. - i e Phytiikologie dcr Tiere als selbstandiger Wissenszweig. Wim. Ent. Zeitg. 33. .Tahrg., 1914. S. 15-35, 99-112. - 71 o o 1 o g i s c h e F r n g cn i m P f 1 an z e II 6 c h 11 t z. Zentralblatt f. Bakteriologie, Parasitenkunde usw., 11. Abt., 40. Bd., 1914; S. 284-293. - Psylliodes affiizis Payk., der Kartoffel- H r df 1 oh. - 1) D i e S a g e v o m K o h 1 e r d f 1 o h. Zcitschr. f. angew. Entom. 2. Bd., 1915, S. 17-18

Nomenklaturprinzipien und wissenschaftliche Praxis : Dringend gewordene Erörterungen

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Nomenklaturprinzipien und wissenschaftliche Praxis. 1 )ringend gewordene F:riirter-ungea

von

Franz Heikertinger, \Vien. ~~ -

E x ist pin ebenso allgemein anerkannter wie in der Praxis stets wicder ausser acht mer Satz, dass das massgebende Urteil iiber die Brauchbarkeit, cines Erzeugnisscs

nicht dein Erzeuger, sondern dem Gebraucher zusteht. Niclit Schneider und Schuster, die uns Rock und Schuh verfertigt, haben uns zu sagen, ob diese ihren Zweck befricdigend d u l l e n ; sie hahcn das Urtcil dariiber von uns, die wir in Rock und Schuh taglich zu wnndcln gczwnngen sind. zu craarten. Nur derjenige, der die Tatsachen des Entsprechens oder Nichtentsprcchens am eigcnen Leibe fuhlte, kann Ar t und Grad etwaiger Mangel feststellen und darlegen.

l I i t Riicksic~ht auf diesc Tatsache sei zuviirderst festgelegt, dass die zoologisello Yomenklntur eine Angelegenheit ist, die a 11 e K r e i s e d e r W i s s e n s c h n f t e 1 1 .

nicht allein die Zoologie und noch weniger allein die zoologische Systematik betrifft. dass fiir die zoologischc Nomenklatur die Gcsamtheit der Wissenschaften Gebrauc.1ier und damit berechtigtcr Bcurteiler ist. Ja, ich mochte, so wenig die zoologische Fach- systemntik es mir Dank wissen wird, noch weiter gehen: Ahnlich wie das Schuhurteil (lessen, dci. w e i t u m in] Land muss und fremde Gebiete dnrchwandert, sehr o f t he- achtenswcrter soin wird a l ~ tlns Urtril tiewen. dcr stets nur dic cigenc Werkstatt durch- schreitet. so mag auch das Nonlenklntururttd dessen, der in dcr Naturn7issenschaft weit,um kommt nnd frcrndc Gebiete begeht. zuweilen bcachtensnrcrter sein als das UrtPil dessen, tler eine ihm ccrtraute systematischc TVcrItstat,t kaum je verllifist.

Und ali: ein Mann. dcr meitnm in frcnide Gcbictc muss. wie knim cin zweiter, dcr Gelegenhpit hat , die Vorziige nnd Naehteilc des nomenklatorischm Sclmhwerks am eigcncu Leihe z i i ctmpfinden; nls ein solcher Mann erscheint mir der auf a n g e w a n d t - z o o - 1 o g i s c h c m (.; c b i e t e ttitigc Forscher. An ihn sei das Folgende gerichtet. Fas t iedes W o r t darin gilt den vitalcii IntcresPen der angcwandten Zoologit..

In friihcren inciner AIbciten 1) glaube ich hinreirhend gcgen die in der wissen- schaftlichen Nicht-Systematik zuweilen zutage tretende Gcniigsamkeit in nomenklato- rischen Dingen anfgctreten zu win. i im vor dem Verdarhtc. 1:s sii inir um die Erhaltung cines l angs t untergegangenen Benmnnngsmodus zn tun. gesichert zu sein.

Es kann hcispielswri8c nicht, gphilligt \widen. ncnn unicr tlcin VoryAen. das Ge- dachtnis m6gc nicht mit nrnen Gattungsnamen belastet, wprden. auf alt i~~terliclie

Ein Wort znr Rcchtfertigung dcr Halt ica oleraeeu. Perhantil. d. Zoo1.-hot. Gcsellsch. Wien, 62. Bd., 1912, S. 69--81. - i e P h y t i i k o l o g i e d c r T i e r e a l s s e l b s t a n d i g e r W i s s e n s z w e i g . Wim. Ent. Zeitg. 33. .Tahrg., 1914. S. 15-35, 99-112. - 71 o o 1 o g i s c h e F r n g c n i m P f 1 a n z e II 6 c h 11 t z. Zentralblatt f . Bakteriologie, Parasitenkunde usw., 11. Abt., 40. Bd., 1914; S. 284-293. - P s y l l i o d e s a f f i i z i s P a y k . , d e r K a r t o f f e l - H r d f 1 o h .

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1) D i e S a g e v o m K o h 1 e r d f 1 o h.

Zcitschr. f . angew. Entom. 2. Bd., 1915, S. 17-18

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302 H e i k e r t i n g e r :

Gattungsumfange zuruckgegriffen wird. Ich habe dieses Vorgehen verurteilt, weil m schwere, oft unlosbare Verirrungen zur Folge haben muss.

Die Chrysomelidengruppe der Halticinen ist von der Wissenschaft mit Recht und aus Notwendigkeit in eine Anzahl von Gattungen - Haltica, PhyElotreta. riphthona. Longitarsus, Psylliodes usw. - zerlegt worden, die gut begrundete phylogenetische Formenkreise umgrenzen. Der von manchen praktischen Handbuchern gernachte Vcrsuch, diese Gattungen zu Untergattungen zu degradieren oder uberhaupt zu verwerfen und eine der Vorzeit der Entomologie entsprechende, PO zicmlich alle Halticinen umfassende Gattung ,,HaZtica" wiederherzustellen, muss als dem heutigen Wissensst,ande in keinrr Weise Rechnung tragend abgelehnt werden.

Es bestehen beispielsweise eine Haltica consobrina (alter Name) und einc Pkyllo- treta consobrina. Stopft man Phyllotreta in Haltica, so erhalt man zwei verschiedenc Tiere, die beide den Namen Haltiea consobrina fuhren.

Doch abgesehen von der tatsachlichen Bedeutung oder Belanglosigkeit solcl~ct~ Moglichkeiten, wird das systematische Bild, das der zeitgemasse Gattuugsname ver- mitteln 6011, durch willkurliche Verandernngen o f t hoffnungslos verwirrt. Was soll dvr. Gcbraucher denken, wenn ihm in dem einen (nomenklatorisch zeitgemass redigicrten) Handbuche versichert wird, k e i n Glied der Gat~t~nng Haltieu lebe auf kreuzblutigen Pflanzen, wahrend er in dem andcren (nomenklatorisch veraltet redigierten) Handbuche liest, die hauptsachlichsten Kruziferenschadlinge seien die Haltica ncmorum. die Halticu undulata, die Haltica lepidii und die Haltica crueiferae?

Der zeitgemasse Gattungsname bezeichnet einen Begriff von ganz bestimmtem Umfange ; den Namen in anderem Sinne aJs dem festgesetzten verwenden, heisst diesen Umfang verandern, die Wissenschaft in Verwirrung bringen. Es mag unbequcm und storend sein, wenn fur altvcrtraut,e Gattungsnamen neue gelernt werden mussen. Sofern diese Neuerungen aber sich als N o t w e n d i g k e i t c n a u s d e m F o r t s c h r i t t d e r W i s s e n s c h a f t ergeben, muss ihnen auch in der Praxifi Rechnung getragen werden. Andererseits soll nicht geleugnet wcrden, dass die Gattungsspalterei seitenc manches Systematikers zuweilen uber das Ma13 hinaus getrieben worden ist, und dass dei Kenner - aber nur dieser - hier und dort einen dieser allzuweit gehenden Schritte nicht mitmachen und eine solche Gattung zur Untergattung degradieren mag.

Wenn ich im folgenden Kritik an manche modernen Nomenklaturprinzipien lege. SO geschieht es daher nicht, um fur die Nichtbefolgung oder Verballhornung derselben durch einen genugsamen Kompilator einzutreten. Der Nichtsystematiker ha t sich jeder eigenmachtigen ,,Verbesserung" der Nomeuklatur zu enthalten.

Die tatsachlich dringend gewordene Reform auf diAsem Gebietc muss andcrs, t.iefer angefasst werden. Nicht Anarchie, sondern strenge Einhaltung eines einheitlichen klaren Gesetzes sichert den wissenschaftlichen Betrieb. Dazu aber bedarf es einer Vorbedingung : D a s G e s e t z m u s s g u t s e i n. Dieses Gesetz ist von Menschen geschaffen; es kann. wie alles Menschengeschaffene, niemals von Fehlern und Irrtumern, die vidfach erst in der Praxis der Anwendung zutage treten, frei sein. Treten solche Mangel zutage, dann ist es Pflicht der berufenen Gesetzgeber, das mangelhafte Gesetz so lange zu andern. es gegebenenfalls sogar vollig zu verwerfen nnd von Grund auf neu zu schaffen, bis jene Mangel behoben sind.

Nicht Bewahrer, sondern Prufer und Verbesserer des Geselzes solien wir sein. Ich will nun dasjenige, was ich zu sagen habe, nach Moglichkeit in lebendige,

Nur ein BeiEpiel hierfiir.

konkrete Beispiele kleiden.

I. Das Prioritatsprinzip im Tiernamen. An einem Abend im Mai des Jahres 1858 - also gerade hundert Jahre nach dem

Erscheinen von L i n n 6 s Editio X des Syst.ema naturae, dem Gebnrtsdatum unserer Nomenklatur - fand zu Dresden eine von namhaften Forschern besuchte Entomologen-

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Nomenklaturprinzipien und wissenschaftliche Praxis. 303

Versammlung statt . Auf dieser Versammlung brachte Prof. S c h a u m (Berlin) a16 Zusatz zu dem 9 14 der dortfielbst angenommenen Nomenklaturnormen l ) folgenden Ant.rag ein :

,,Namen, nelche seit einer Reihe von Fenigstens 30 Jahren in allgemeinem wissen- 8chaMichem Gebrauche sind, konnen durch den Nachweis, dass ein an und fur eich alterer und daher berechtigter Name vorhanden ist, nicht wieder verdrangt und dafur jener &lt.cre Name substituiert werden, der letztere gilt vielmehr als antiquiert und durch die ihm entgegenstehende Verjahrung fur beseitigt."

Hieruber entspann sich eine lebhafte Diskufision in der Versammlung. Dagegen sprach besonders v. K i e 6 e n w e t, t e r. Prof. S c h a u m hinwiederum fuhrte aus, ,,das Verjahrungsprinzip Eei im Interesse der Stabilitat der Namen dringend wiinschenswert; ganz diesclben Riicksichten, wie sie bei den staatlichen Einrichtungen zur Statuierung der Vcrjahrung grfuhrt hatten, schlugeu anch hier ein, u n d v i e 1 1 e i c h t e i II D r i t t e i 1 d e r g e g e n w a r t i g g a n g b a r e n u n d g e r a d e d e r b e k a n n t e s t e n Y a m e n I, U r d e g c > 8 n d e r t w e r d e n m u s s e n , w e n n m a n d i e V e r j d h r u n g n i c h t , g e l t e n l a s s e n wo l l e . " ' )

Die Abstimmung erga.b eine Bblehnung des Antrags mit iiberwiegender Mehrheit tier Stimmen. -

Heutc, sechzig Jahre nach dieser Ablehnung, konnen wir mit unpersonlicher Sach- lichkeit ubersehen, was geschehen ware, wenn S c h a u m s Antrag gesiegt hatte, und wa..: tatsachlich geschah, weil er nicht siegte.

Ich gebe anbei eine Tabelle iiber eine Anzahl von Gattungsnamen aus der Ordnung der Kiifer, wie sie von einigen der namhaftesten Schriftsteller bzw. in den massgebendeil Katalogen im Wandel der Zeiten gebraucht wurden.

Wir ersehen aus dieser Tabelle, die aus ungezahlten Fallen nur eine verschwindend kleincr Anzahl vorfuhrt, dass die Namensanderungen nie geruht haben; die einschneidend- fiten Anderungen, die tiefgreifenden Umstiirze aber waren doch d e r Z e i t n a c h S c h a u m s A n t r a g vorbehalten.

Erst vor wenigen Jahrzehnten ging es einer Anzahl von Kafern, die jcdem Jungen gelaufig waren, ernstlich an den Leib.

Da wurde der ,,Hirschkafer", der hundert Jahre ,:Lueanus" gewesen, zu . .Platy- cerus''. und jener Kafer, der bislang Platycerus geheissen, wurde Systenocerus. DR wurde der Name des ,,grossen schwarzen Wasserkafers", Hydrophilus. wieder mit dem eeines kleineren Verwandten Hydrous vertauscht. Da wurde der ,,Pillenkafer" Ryrrhus zu Seminolus. die Byrrhiden aher wurden nicht zu Seminoliden, sondern zu Gisteliden. \veil Cytilus zu Cistela geworden war; das aber, was die Welt bis dahin Cisteliden ge- nannt hatte, das wurde zu Alleculiden; denn die alte Cistela war Gonodera geworden. Der ,,Krauterdicb" Ptinus wurde zu Bruchus, der ,,Erbsenkafer" Bruchus wurde ZII

illylabris. die Meloidengattung Mglabris zu Zonabris. Aber auch der ,,Erbsenkafer" er- freute sich nicht lange des Namens Mylabris; er wurde bald zu Laria. - Da IX sich hierbei zumeist urn Familientypen handelte, so wurden auch die Ptiniden zu Bruchiden, die Bmchiden zu Mylabriden, dann zu Lariiden usw. Die Borkenkafer hiessen einst Bostrychiden, dann Scolytiden und dann Ipiden; was Ips war, war namlich Glischro- ehilus, und was Tomicus war, war I p s geworden.

Und so fort, ohne ein Ende.

I) Dieser 9 14 lautet: ,,Sind demselben Ohjekte mehrere an und fiir sich gehorig in die Wissenschaft eingefiihrte Namen beigelegt, so ist der alteste der bereehtigte, ausser wenn er bereits vergeben ist, d. h. wenn derselbe Artname innerhalb der Gattung, der- uelbe Gattungsname im Gebiet der Zoologie bereits wissenschaftlich begriindet war."

~ ~~

9 ) Sperrdruck von mir.

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-- LinnG 1768-1967

Lucunus (ceruus)

F'nl)ricins 1775

Byrrhi~s

Stcphens 1839

Hydropliiltcs

Ips (4 guttiita,

Byrrhus

Liecanus

Telephoridae

Telephorus

Pliirus Aria bium

Bostriclius Cistela

Tatycerus (ca~aboides

Cuntliaris

Briichzcs Scolylidae

Tomicus Scolyt us

Lucunus Plul ycerus

Telephorirlue

Cuntharis

Piillus Aiao biuna

Apute Cis t elu

Nylabris Ly1 tu

Brlcchus Bos lrychidae Eccoptoguster Bosrrychus

Hytlrophalus Hydrochares

Ips

Byrr I1 iis

Cyti1tt.s i ii(\

Lzccanus Plaiycrrus

Telcphor itlu e

Tclephor ic Y

Ylirizcs Aiiabiwn

Bostrychits Cis ielu

Nylubris Caitth aris

Brwchzcs Scolytzdue scolytlls Tonticits (Oreina)

Ga ler ii cella Guleruca

( 'atnlogu:: Iteitter 1906

Hydrous Hgdrophilus

Glischrochilus

Byrrhiis Cyiilus

L ZCCU71US

Sy stenocerzc.s Cunthuridae

Cuntharis

Ptinus ArLobiiim

Bosiryclius Goiiodera Zona liris

Lyttu

Laria Ipidue

Eccop!opster

CJirysochloa Galerucella Galerzicu

4's

d. 0 M

Page 5: Nomenklaturprinzipien und wissenschaftliche Praxis : Dringend gewordene Erörterungen

Nomenklaturprinzipien und wissenschaftliche Praxis. 3m Allerdings wurden speziell die G e o f f r o y schen Gattungsnan

hindern, dass der massgebende europaische Kaferkatalog, die Grundla tatigkeit, d u r c h f ii n f z e h n J a h r e h i n d u r c h diese verwi

ein Teil d i e m Errungenschaften, schliesslich wieder verworfen. Das

guhig fuhrte und dass dieselben mithin hundert.- und tausendfach in d Zeitspanne eingeflochten sind.

Besondere Anerkennung darf cler Franzose L. B e d e 1 erhoffcn, der unter andern den allerbekanntesten Kafer, den Maikafer, mit der PjonienklaturElinte kunstgerecht aufs Korn genommen hat. Den Maikafer kennt die Welt mehr a.ls ein Sakulum lang ala illelolontha vulgaris. Es hat wenig zu sagen, wenn dieser Name einmal in Melolontha meloloiztha abgeandert wurde. Wenn aber dieser vieltausendfnch in der Literatlir nieder- gelegte Namc Melolontha nun einem Blattkafer, der bisher Clytra hiess, gegeben werden und n-enn dcr Naikifer tlafiir fortab Hoplosternus heissen soll, dann muss wohl auch dell geduldigsten unter jenen Forschern, die Stabilitat und Ordnung vom starren Prioritats- prinzip erhoffen, ein leises zweifelndes Unbehagen fassen. Die Frage muss in ihm auf- tauchen, aelches denn eigentlich die Vorteile seien, die um solche Preise nicht zu teuer erkaiif t wiirden.

Was ich eben beziiglich der Nomenklatur der Kaferkunde dargelegt habe, gilt voll auc,h fur die Gesamtheit der Zoologie. Nur eine kleino Auswahl von Tataachenbelegen inoge folgen.

Ucispiele aus der Fliegenliteratur zu bringen, darf ich mir fiiglich ersparen. Herr Kollege F. €I e n d e 1 in Wien, der ruhmlichst, bekannte Fliegenforscher, hat' hier mit der iiltcn, yon ihrem eigenen Erzeuger als minderwertig verleugneten M e i g e n - Arheit. (die Ii e n d c 1 s eigener Mitteilung nach ausser ihm und der Bibliothek 0 s t e n - S a c k e n nur noch wenige Bibliotheken besitzen, die also praktisch wohl nicmals die Nommklatur heeinflusst hatte), die insoweit, stillfriedliche Nomenklatur der Dipteren so kraftiglich irmgekrempelt, dass die be%-egte Klage hieruher noch heute allenthalben erklingt.

Aus der Ordnung der Hemipteren diene nur ein drastisches Beispiel: K i r k a 1 d v ha t die bekannte Familie der Lygaeiden innerhalb dreier Jahre s i e b e n ma1 umgetauft, ,iedesmal unter Zugrundelegung der Prioritatsgesetze. Sehnt sich der Unbefangene an- gesichts solcher Vorfalle nicht nach einem Machtwort, das den jedermann bekannten Familiennamen in seinem jedermann gelaufigen Sinne fur alle Zeiten festlegt? Welch(! Burgschaften bietet die st.arre Prioritat, dam die Lygatiden in Hinkunft nicht nochmalc siebenmal umget>auft werden?

Kaum ein Insekt ist in den letzten Jahrzehnten in allen weinbautreihenden Gegenden zu einer so traurigen Beriihmtheit. bei allen Bevolkerungskreisen gelangt, wie die R e h 1 a u s. Der Name Phytlosera ist Volkseigentum geworden. Nun sol1 der Name Phyllozera einer Laus gegeben werden, die nicht auf dem Weinstock lebt, und die Reh- Iaus sol1 Peritymbia heissen. Da von anderer Seite fur dieses Tier uberdies der Name Nerampelus gebraucht wird, so haben wir fur einen weltbekannten alten Namen zwei nn- Iwkannte neue, mit denen niemand als der engere Fachmann einen bestimmten Begriff wrbindet. Es ist also nicht nur Zerstcrung von Namen, von Literatur, sondern aueh Zerstorung von Vorstellungfibildern und Begriffsverbindungen, Zerstnrung des xll- gemeinen Verstandnisses, das da vor sich geht. Der feststehende Name d s Ver- standigungsmittel wird zum beweglichen Namen als Ratsel.

Sicher- lich. Wer aber burgt dafiir, dass er nicht abermals geandert wird, sobald er eingehurgert ist? Und ist das fortgesetzte Einburgern und Verwerfen nicht eben jener unleidliche Zustand, zu dessen Vermeidung eben Nomen- klaturgesetze geechaffen wurden? Was nutzen sie, wenn sie diesen Zustand selbstandig hwbeifiihren, anstatt ihn zu hindern?

Man wird einwenden kiinnen, der neue Name werde sich bald einbiirgern.

Wagt die starre Prioritat diese Biirgschaft?

Zeitschrift fiir sngewandte Entomologie V, 8. 20

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30ti H e i k e r t i n g e r :

Man konnte Seiten fidlen mit Beispielen solcher Art. Einige besonders drastische mogen noch Platz finden, um zu zeigen, dass auch auascrha.lb dcr Insektenklusse die gleichen, vollig unhaltbaren Zustande herrschen.

Prof. Dr. H. E. Z i c g 1 e r (Stuttgart) sehreibt in eincni ausscrst lcsensivdeu Artikel ,,U b e r d i e n e u e N o m e n k 1 a t u r" (Zoolog. Annalen V? 255-265: 1912) u. a,:

,,Wird das Wort Trichechus in einer vergleichend anatomischen Arbcit genannt. so wissen wir, dass damit das Walross genieint ist ; die ncue Nomenklatur iibertragt a h den Namen Trichechus auf den Lamantin, der bisher Manatus hiess. - Cryp tobrmchus heisst bekanntlich bisher der japanische Riesenmolch; die neuere Nomenklatur gibt dicsec Namen dem Tier, das bisher Menopomu hiess. - Aus Scolopendrella wird Seatigerella. aus Epeira Araneus, aus Phrynus Phryriichus oder gar Tarantula. nix Ganinsns Porn- situs, aus Unio Lymnium. aus Octopus Polypus, aus Aplysia Tethys. a.us Salpa Thnliu oder Daggsa usw.

Viele Namen, die in der vergleichend-anatomischen Literatur eine grosse nollc spielen, wie Echidna, Hyrax. Dicotyles, Galeopithecus, Hapale, Cunocephalus wiirden ein- fach verschwinden und durch a1t.e Namen ersetzt. werden, die jetzt schon seit mehr ale 100 Jahren als veraltet gclten."

,,ER laisst, sich ails den bisher bearbeiteten Gruppeu mit, Sicherheit erkmnen. dass das Gebaude der bisherigen Nomenklatur so grundlich zerstort merden wird, tiass sozusagen kein Stein auf dem andcrn bleibt."

,,Besonders schlimm ist cs, dass vielc beksnntc Tiernamen nuf ganz anderc T i m iibertragcn wcrden, z. B. wiirde tlas Wor t Actinia der Name fur ein Echinoderm, Holo- thuria fur eine Siphonophore, Priapus fur eine Actinie, Apus fur cinen Vogel ~isn~."

?,. . . Es zeigt sich, dass fur vielc Vogel in jedem Buch ein andcrer Name mt- halten ist.. So heisst der Hausrotschwanz: Ruticilla phosnicurus (im Guide of British Muscnm 193 0), Erithacus phoenicurus (bei R e i c h e n o w), Phoenirnrus och,rurus ( b p i K a r t e r t 1911); die Stadtschwalbc: Chelidon urbica (im Guide of Br. Mus. 1910). Hirundo urbica (bei H a r t e r t 1911), Chelidonaria urbica (bei D a h 1 1912) ; die Ufcr- scliwalbe: CotiEe riparia (im Guide of Br. Mus. 1910), Ripclria ripa'riu fhei R a r t e r t 1911), Clinicola riparia (bei D a h 1 1912); der Eistaucher: Colymbus g7aciaTis (im Guidp of Br. Mus 1910). Urinator imber (bei R e i c h e n o w ) , Gavia torquatn (bei D a h 1 1912) usw.'L

Und in einem nicht minder belangreichen Aufsatzl) schreibt Prof. Dr. A. R r a u e r (Berlin) u. a,:

,,Als Beispiel, wie weit die Andernngen innerhalb eines Tierkreiscs geheu konnen. will ich erwahnen, dass die Namen samtlichrr Stammgsttungen der Tunicaten. namlich ilseidia. Salpa. Pyrosoma, Doliolum, Auchinia, Appendicularia und Pritillaria iingiiltig

e kann man dann auch kaum mchr yon nseiditn. Salpcn . Pgro- somen usw. zur Bezeichnung der betreffenden Qruppen sprechen."

.,Unter Simia hat te man allgcmein nach L i n n 6s XII. Auflagp den Orang v w fitanden. Nun aber zeigt sich, dass L i n n 6 in der X. Aufl. nnter diesem Namen den Schimpansen heschricben ha t , also hcisst dicser jet,zt, Simia. . . . Andcrc Beispiele sind: Vesperugo wird Vespertilio. . . . Vipsra wird Coluber. Aomarus wird Astaczts. Taehecc hortensis wird nemoralis. . . , Ob die Salpr Gyclosalpn odcr die Siphonophore Physalirr kiinftig Holothuria heissen muss, daruber ist man noch nicht, einig. Die HolothuriP Colochirus wird Actinia. und *4ctinia wiedcrum wird Priapu.s. Mithin werdcn die Gattungsnamen dreicr Tierkreise mit,einander vert,auwht.! . . ."

. . ~. ~

1) D i e N o t w e n d i g k e i t d e r E i n s c h r a n k u n g d e s P r i o r i t a t s - TX. Congrks internat. de Zoologie B Monaco 1913 ( R e n n c s , 1914), g ~ s e t z e s .

p. s15--P32.

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Nomenklaturprinzipien und \visenschaftlich(l Prnxi. 307

,,Heutc heisst, pin Tier Tri ton, morgen Molge , dann wiedt:r 2'riton uiid endlich Tri%zirus. . . ."

Gcnug. Dab Iiild cles rastlos durcheinandcrwogenden, gleichsam von Stun,le zii

Y tnnde wirrer werdenden Chaos wirtl lebhaft, genug vor den Augen des Lescrs stchen. Untl nicmand wird die vollige Hilflosigkeit des. starren Prioritiitsprinzips gegenuber cliesem Chaos zu leugnen vcrmijgen, wird zu leugnen vcrmijgen, ti a s s g c r a d e d a s s t a r r g o h a n d h a b t , ? P r i o r i t , + i t , s p r i n z i p c s i s t , d a s d i e s e s C h a o s ii h c r h a n p t e r s t 6 c h a f f t .

A l l e s t1a.s a b e r w i i r e n i e g e w e s c n , w e n n c l ~ i i n a l s , v o r s e c h z i g .J n 11 r e n , a u f j e n e r d e n k w u r d i g e n E n t o m o 1 o g e n - V e r s a m m 1 u n g z u D r e s d e n , S c h a , u m s V o r s c h l a g , d a s V e r j a h r u n g s p r i n z i p , d c n Sicmg c s r r u n g c n n n d a l l g c m e i n e G e l t u n g e r h a , l t . e n h a t t e .

L)a.niuls konnte nicniand die9 alles voraiissehen - heutc darf sich niemand dieser Eirisichl vcrschlicrsen. Die Tatsachen sprechen iiberlaut. S c h a u m s Antrag hatte uns rinc friedlirhc. klare. einheit,liche, allgemein \~s t ,%nd l i che Nomenklatur gegehen.

11. Das Prioritatsprinzip im Autorzitat. Vor mir licgt eine kleine, rein systernatische hrbeit : Prof. Dr. J 0 s c f ,\I ii 11 e r ,

D i e e 11 r o p B i s c h e n A r t, e n d e r G a t t u n g S t e ~i o s t o 1 a Mnls. (Col. Ceramh.). n ' i i a . Entom. Bcitg. XXXIV, 1915, S. 293-297.

Den Hnnpfinh;tlt. der Arbeit, bilden die beiden einheipiischen Arten dieser klcinen Hot.kkiifergattiing, ferrea. Schrnnk und nigripes Gyllenhal.

Unser 1wsondPrcx Intercssc nimmt der Katalog der Synonymien beider M e n in I n q ~ r u c h .

S t . f e r r e a S c h r . , 1 7 7 6 . S t . n i g r i p e s G y l l h . , 1 8 2 7 .

nigripes Gyllh., 1827, tiliae Rust., 1846, nigripes Redtb., 1849, nigripes Kraatz, 1862, nigripes Thorns., 1866, ferrea Ganglb., 1884, ferrea Reitt., 1912.

E r gewiihrt das folgende Bild:

Synonyme: ferrea Schr., 1781, Synonyme: ferrea Panz., 1809, plumbea Bon., 1812, nigripes Muls., 1839, nigripes Rust., 1846, ferrea Muls., 1863, nigripes Ganglb., 1884, ferrea Bedel, 1889, nigripes Reitt., 7912.

Gruppieren wir nun einerseits das jeweils als ferrea untl antlerscits das als vigripes Bezeichnetc. setzen wir zur vereinfachten Begriffshczeichiiiing iihcrall das Rr qriffsspmhol A fur ferrea (im Sinne hf u l l e r s), B fiir nigripes (in1 Sinne kl ii 11 t s r 6 ) . so cLrlialtPn wir folgendes Bild:

S t . , , f e e . r e a S c l i r n n k " ist: SI. , , n i g r i p e s G y l l e n h a . 1 " ist: bei Schrank, 1776 = A bci Gyllenhal. 1827 = I3 ,, Pnnzer. 1809 : R ,, Mnlsant. 1839 = :\ !, Blnlsant,. 1863 = rZ ,? Tciister, 1846 = x

i. Bedel, 1889 = .I ,, Kfi1:rtz. 1862 = 6

,, h i t t e r , 1912 = 9 ,~ MIiiller, 191s = R

,, Gsnglbaner, 1881 = R ,, Itedtenlmher. 1849 = R

.~ Reitter. 1912 = G ,. Tliomson. 1866 = R ~~ Miiller. 1915 = '1 ,, Gnnylbaner, 1886 = A

Wir erschen: ,,St.' ferrea Schrank" war in den hicrfur ~Gchtigsten, ma.ssgebenden Werken der Literatur in einem in chronologischcr Hinsicht wirren Durcheinandrr ab- wechfielnd viermal Begriff A und dreimal Begriff B ; . .St. nigripes Gyllenhal" war. gleich- falls wirr durcheinander, viermal A und funfmal B.

20:

Page 8: Nomenklaturprinzipien und wissenschaftliche Praxis : Dringend gewordene Erörterungen

308 H e i k e r t i n g e r :

Die Ar t A hiess also innerhalb eines Jahrhunderts abwechsclnd ebenso oft, Jerrea" wie .,nigripes"; die Ar t B hiess dreimal ,,ferrea" und funfmal ,,nigripes".

Wenn wir in der Literatur dieses Jahrhunderts in einer systematischen, faunieti- schen, biologischen usw. Arbeit nun eine ?,St. ferrea" vorfinden, so wissen wir in M'irk- lichkeit nie und nimmer, ob es sich um Begriff A oder 13, ob es sich uni dasjenige, was wir (mit M u l l e r ) ferrea oder um dasjenige, was wir (mit M u l l e r) n i g r i p e s nmnzn. handelt.

Es ist hierbei vollig ohne Belang, ob das Autorzitat ,,Schrank" bei ferrea und das Autorzitat ,,Gyllenhal" bei nigripes automatisch angeftigt ist oder fchlt ; irgendselrlie unterscheidende Klarheit wird damit nicht erzielt. Denn jedcr Schriftsteller, glcich- giiltig ober er unter ferrea die Ar t A oder die Ar t B verstand, ha t dem Namen auto- matisch ein ,,Schrank" angehangt.

Wir stehen also vor der Unmoglichkeit, die Artbegriffe A und B in Vcrgangcn- heit, Gegenwart und Zukunft klar und scharf auseinanderzuhalten? Wir stehen vor dcr Bankerotterklarung unserer Nomenklatur?

Rein Zweifel, es ist so. Und dennoch gibt es einen Weg, auf die einfachstc, niiclistlicgende, natiirliche

Weise unwandelbare Klarheit fur alle Zeit,en zu sichern, den Artbegriff A yon dem Art- begriffe B 60 scharf kenntIich zu trennen, als es nomeiiklatorisch moglich ist,.

Wen, wir in der Literatur eine ,.Stenostola ferrea Schrank" finden - und wir finden ferrea n u r rnit diesem Autornamen - dann wissen wir niemsls mit Sicherheit, ob es sich um Ar t A oder B handelt (es sei denn, der Schriftsteller nennt uns das Wrrk. nach dem. er die Bestimmung des in Rede stehenden Stuckes vorgenommen hat). Wenn wir in der Literatur aber irgendwann, irgendwo eine .,StenostoZa ferrea Ganglb." fintieu, dann wissen wir mit Bestimmtheit, dass yon der Ar t B die Rede ist, die M u l l r r nigripes nennt. Und wussten wir es nicht, dann brauchten wir bloss G a n g 1 b a u e r fi

Arbeit vorzunehmen und wir wiirden auf den Artbegriff kommen, auf den jener Schrift- steller gekommen ist, von dem die fragliche Literaturangabe st'ammt und der uns durch die Autornennung ,,G a n g 1 b a u e r" eben sagen wollte, welchem Schriftstcller sein Art- begriff ,,StenostoZa ferrea" entnommen, nelche Ar t darunter verstanden ist.

Und so wird ,,Stenostola ferrea Bedel" Ar t A, , ,S tenmtola ferrea Reitter" Art B sein, immer und iiberall, wo wir ihr begegnen. :,StenostoZa ferrea Schrank" aber Tird nichts sein als ein immer und uberall unlosbares Ratasel.

Welches Autorzitat ist nun logisch sowohl wie praktisch das richtige: das dee Erstbeschreibers von Anno 1776 oder das jenes Autors, dem der im gegebenen Falle ge- meinte, zeitgemasse Artbegriff tatsachlich entnommen ist?

Genugt das Zitat des zeitgemassen Schriftstellers nicht allen wissenschaft.lichen Anspruchen? Leistet es nicht voll und ganz alle Dienste, die das Zitat des Erst,autors leistet? Leistet es nicht daruber hinaus noch einen, den allerwesentlichsten Dirnst, hei dessen Anforderung das Erstbefichreiberzitat voll versagt, den eigentlichen Nomenklatiir- dienst: d e n A r t b e g r i f f w i r k l i c h w i s s e n s c h a f t l i c h e i n d c u t i g z u b e z e i c h n e n ?

Ich richte an den Forscher die Bitte, sich eine eigene, von Vorurteilen freie Meinung zu bilden und fur dies6 einzutreten, wenn es einst einer entscheidenden Ab- stimmung gelten sollte.

Dem Einwande, ich hatte mit dem Falle Stenostola einen Ausnahmefall, ein ausser Regel Stehendes vorgefuhrt, begegne ich mit dem an Tatsachen leicht nachzuweisenden Hinweise: Es gibt kaum eiuen wichtigeren Tiernamen, der im Vcrlaufe seiner Geschichte nicht irgend einmal von einem Schriftsteller missdeutet, mit einem andern verwechselt, vertauscht, dcssen Gegenstand nicht in verschiedenem Umfange begrenzt. worden ware. Eine einzige Fehldeutung, eine einzige Verwendung eines Namens in anderem Sinne, in anderer Umgrenzung als dem spiiter gehrauchIichen aber geniigt vsllig, um dessen Ein-

Page 9: Nomenklaturprinzipien und wissenschaftliche Praxis : Dringend gewordene Erörterungen

Nomenklilturprinzipien und ~issenschaftliche Praxis. 309

deutigkeit zu zerstoren und die Gefahr von Missverstandnissen, Unklarheiten und Vcr- wechslungen zu sehaffen. Dass Beispiele von der Drastik des Stenostola-Falles, in dem das Wirrsal ctwas augenfdlig Groteskes gewinnt, nicht Regel des Alltags sind, gebe ich gcrne zii. Doch das P r i n z i p dieses Falles ist Regel und hierin liegt das Wesentliche

Van Tatsachen der eben dargelegten Art ausgehend, halte ich eine tiefgreifende, fundamentale Reform des hcntigen, in seinen Erfolgen unzuliinglichen Nomenklatnr- systems fur unvermeidlich. Das Bediirfnis nach Ahhilfe ist eine Allgemeincrscheinung, cine mclir oder minder stillr Schnsucht aller, die mit der Nomenklatm arbeitend in Re- riihrung kommen.

Man ha t in den letzten Jahrzehnten eine Reihe von Vorschliigen erdacht und ver- ijffent,licht. die dcr totlkranken Nomenklatur Gcnesung bringen sollten. Bllen diesen Vorschliigen ist eines gemcinsam: Sie wenden sich gegen die Starrheit des Prioritats- prinzips mit seinen driickenden Folgen, sie s c h r 5 n k e n e s e i n , d u r c h b r e c h e n ?,. s t a t u i c r e n A u s n a h m c n .

Keiner dieser Vorwhlage aher - soweit, sie inir hekannt geworden sind - cerwirft dns Prioritiitsprinzip vollig, keiner loscht das Wort , ,Prioritst" ganz nus dem Nomen- klatnrkodex.

Dieser Vorgang zeitigt eine nachteilige Folge. Der Begriff ,,Ausnahme" errcgt das Missfallen zahlreicher Forscher. Untl ciel-

lricht nicht ganz mit Unrecht. Ein Gesetz mit ciner Fiille von Ausnahmen wird kein ~ ~ i i p f ~ ~ I t l e ~ ~ ~ \ \ . ~ ~ r t e : ; Gesrtz win. Um so niinder einpfehlenswert tlann, wenn diese A m - nahmen nicht ein fiir allemal feststehen, sondern nacht,riiglich cermchrt, werden sollea. 31nn nehnt sich nach einfacher. automatischer, endgiiltiger Klarheit., und dicshs Schnen ipt. brgrciflich. Man furchkt die endlosen Meinungsverschiedenheiten, dns unfruchthre, nnerquicklichc Znnken, das als letztw Ergebnis doch yieder Uneinigkeit nnd dainit Un- klarheit ergehen wiirde.

Man will tin festw Gesctz, ein Gesetz ohne Ausnahmcn, und da bis heute kein tincliws Gesetz \-oi.gc lagen \vorden i d nl:; tlas der Prioritiit, so will man das Prioritiits- gc ic t z ohnct Aiicnahmen. Aher auch jcnr, die dnnach rufen, fiihlen seine iinleugbaren S(.haiichen iintl hlicken sehnend nach cinem Ausweg aus.

Wpnn rin Forschw heuh cin anderes Gesetz zeigte, das ohne Biisnahmen klnr, einfach nnd sichcr arbeitet. Was Iiige daran, \Venn cs nichts mit Prioritiit, zii tun hiittc. wrnn PS die PrioritLt verwiirfe, wenn t's zciptc: daw n;ir i l r s Wortes und Regriffes ,,Priorit,at." im Nomenklat~urproblem gar nicht. hrrliirfen.

Einen solchen neiien Weg habe irh gcwiesen.1) einen Weg, auf dem es nur Pin Gtwtz ohnp Aiimahmen gibt'.

Urn diwen Wcg hier anzuzeigen, will ich das Nomenkla.turproblem in seiner GLnze in cincln Satz gcfasst, anfrollen:

E e g i l t . f i i r j e d p s h e k a n n t , g e w o r d e n e L e h e n e s e n r i n r n e i n - z i g r n N a m c n f i i r a l l e L a n d e r u n d a l l e Z e i t . e n f c s t . z u l e g e n . E s g i l t . . z u v e r h i n d e r n , d a s s r p r s c h i e d e n e N a m e n f i i r c l a s s e l h e n ' c s e n o d e r g l e i c h e N a m e n f i i r v e r s c h i e d e n r W e s e n g e b r a n c h t n- c' r d e n .

\Vie es mirklich bis zur Stunde war und ist.

PS miisste wie eini. Erlnsung brgriifist. aerden.

Das ist, dafi Nomenklatiirproblcm. Als zweitef: hritt hinzu die logische Forderung : D e r e a i g g e l t e n d e N a m e m u s s s o b e s c h a f f e n s e i n , b e -

z i v h n n g ~ n c i s e e i n e n s o l c h e n Z u s a t z e r h a l t e n , d a s f i d e r i m

1) D i e N i c h t e i g n u n g d e s P r i o r i t a t s p r i n z i p s z u r S t a b i l i - s i ~ r i i n g d e r N o m e n k l a t u r . D a s K o n t i n u i t a t s p r i n z i p i n r l e r T i e r - u n d d a s U t i l i t a t s p r i n z i p i n d e r A u t o r n e n n u n g W e n . Ent. Zritg 37. Bd.. 1918, S. 129-147.

Page 10: Nomenklaturprinzipien und wissenschaftliche Praxis : Dringend gewordene Erörterungen

310 H e i k e r t i n g e r :

W a n d e l d c r Z e i t > c n s i c h B n d e r i i d e I n h a l t u n d U m f a n g d e s j e x e i l o g e m e i n t , c n A 4 r t ' b c g r i f f e s m i t v o l l c r w i s s e n s c h a f t l i c h e r S c i i B r f e f e s t g e h a 1 t e n w i r d.

Dass dieses ~omeIiklaturproblem mi' Sturide nicht nla gelost betrachtet wrrtlw kann, erweist die Tatsache, dass es niit den heute in Geltung stehenden Regeln niclit gc-

lingt, einen Namen endgultig fur alle Zukunft festzulegen, &ass jeder heute in Gebraiic,li stehende Namc jederzeit unter Berufung auf das Prioritiitsprinzip geandert ncrtleii kniiii. und erweist die weiterc Tatsache, da.ss heute vielfach rerschiedene Nninen fur rin 1ind

dasselbe Wesen gebraueht werden. l)as Nomenklaturproblern harrt noeh der Losung. Uicse Losung kann zn-anglos und vollstiindig erzielt wrden tlurch Aufstelliing

des KoiibiniiitKt'sl)rinxi])s untcr glcichzeitiger V e r w e r f u n g d e s P r i o r i C, B I h - p r i n z i p s.

Giiltiger Name einer Gattung oder Art ist derjenige, den der Bear- beiter in wissenschaftlichem Gehrauche vorfindet, gleichgiiltig ob dieser Name der erstgegebene sei oder nicht. Stehen fiir eine Gattnng oder Art zwei oder niehrere Namen in wissenschaftlichem Gehrauche, so hat der Bearbeiter jenen Namen als allein giiltig festzulegen, dessen allgemeine Ein- fiihrung die wenigsten Umwllzungen in der bestehenden wissenschaftlirhen Literatur zur Polge hat. Die einnial vorgenommene Festlegung darf spiiter- hin nicht mehr geandert werden.

Uer Forscher, der die verwiekelten Nomcnklat.urschn.ierigkeitei~ des lct.zten Ja11r- hiindcrts naher kennt, wird zunachst erstaunt uber die primitive Einfachhrit, diwe, schlags scin. Er a i r d zur Meinung hinneigen: Wenn die Sache FO cinfach wiire. Tviirt, sie wohl langst in diesem Sinne geliist morden. Er n i rd gericigt, sein. tlas Yorhaiititwtin irgend eines schwerwiegenden Hindernisses, eines triftigen Grundew zii \clmuteii. (lei. (lie Forscher bislang zuruckhielt, nach dieser einfachen Lnsung zu grrifeu. Er n-irtl ;iTiz11-

nehmen geneigt sein, ich hatte dieses Hindernis iiherschen odcr vc!rwhwic.gcii. Ich kmne kein Hindernis. dac: der Durchfiihi~iirrg

des Vorschlagcs im Wege stehen, ich kenne kcinc bedenklichc Folgeerscheinung, die sic.h aus der Durchfiihrung ergeben konnte. Es ist selbstverstiindlich, dass (lie l'raxis tlcr Durchfuhrung noch auf formale Fragen stossen wird, die prinzipidl rntschirden w i ~ v l m mussen.

Um ein klares Bild dnr Sarhla.gc z11 gcwinnen. nollen n i r uiis den Gang cfer Uirige unter der Herrsehiaft des ncnen Prinzips eingehender rcrgngenwartigeii. Die inogliclwn

sind: a) Normalfall. - Es stcht ein einziger Name in allgeiricincm Gehraucli. JIw

Bearbeiter fiihrt ihn aus der Vergangenheit, durch die Gegeliwart in die Zukunft. legt ihn fur immer fest. Alle Litcratur hleibt, nomenklntorisch unhcriihrt. nlles hlei1)t in altcr Ordnung iind Sicherheit. Findet der Bca.rbeiter, dass ein andcrer? Iingst \~ergcssencr oder niemals gebrauchter, jedenfalls nber in der Gcgenwart, fur das licziigliche Leheneicn nicht in Verwendung stehender Namc alter ist, dnnn nimmt er dies als rein historische, praktisch vollig hedeutungslose Tatsache zur Kennt'nifi. Den in Gehrauch atehenden Nanien darum zu st,iirzen. die hestehende Stahilitat zu ycrnichten. dazu hestcht, kein snch- lich begrundbarcr Anlass.

Wrlcho Vortcilc bictet die Beihehalt,mg des gehrzilrhlichen Nnmens? - Din rolle Aiifrcchterhaltiing einer hestehenden Stabilitat, die Unhpriihrtheit der Literatur. Klarheit. fur alle Zeit,en.

Das Kontinuitatsprinzip besagt:

Keines yon bciden ist der Fall.

Solche Fragen sind keine Hindernisse.

Welche Nachteile bietct, sie? - Ich weiss keine zu nennen. Welche Vortcile hotc dagcgen die Verwerfung des gehraiichlichen und die Ein-

fuhrung eines ncuen iiltcsten Namens? - Ich weiss keinc zu nennen.

Page 11: Nomenklaturprinzipien und wissenschaftliche Praxis : Dringend gewordene Erörterungen

Soriieiikla~ulprinzipicn und n-issenschaftlichle Praxis. 31 1

Und wclche Nacht.ei1c bote sie? - Sie zeratort eine Stabilitit , von Grund auf, sie vernichtet die Gultigkeit und Verstandlichkeit der in der Literatur von vielleicht andert- halb Jahrhunderteii niedergelegten Nomenklatur, sie verlangt ein Umlernen, gibt I n l a w zu Unklarheiten und Verwcchslungen.

b) Ausnahmefall. - Es sind zwei oder mehrere Namen fur eine systematische Kategorie (Gatt.ung oder Art) derzeit in Gehrauch. Der Bearbeiter ha t ienen Namen zu wahlen, der die wenigsten Umwalzungen in der wissenschnftlichen Literatur zur Folge hat. Hierher werden kngstliche das Haupthindcmis legen : Die Entscheidung ist hier einem subjekt,iven Ermessen anheinigestellt, jeder Forscher kann andrrs wahlen, die auto- niatisierte Einheitlichkeit fehlt. Untersuchen wir dies indes unbefangen niiher, so crgibt sich die viillige Grundlosigkeit diesrr Bcfiirchtung. Es ist ausscrordentlich Tv-cnig, ja ini Grunde nichts damn gelcgen, welcher von zwei in Verwendung stehenden Namen gc- nommen virtl. Es ware verfehlt, der pein- lichen Genanigkcit der Wahl eine B e d d u n g beizulegen, die ihr nicht zukommt. Ob etwas mehr oder etwas minder gebrauchlich - die Bedeutung des Prinzips licgt nicht hier, sondern in der Verhinderung, cinen g a n z u n g e b r a u c h 1 i c h e n N a m e n auf- zustellen. Ein Name ist gewahlt, dieser oder jener, und sollte er auch etwas niinder gebrauchlich sein als seinc Konkurrenten, in zehn Jahren sind alle anderen, neben ihm ~ e - hrkuch1it”n gcwsmcn wrgcssen, er allein gilt, und in voller, forta‘n unheruhrt,er Ein- deutigkeit geht. die Nomenklatur der gesicherten Zukunft entgegen. Denn tlrr von zwei otler mehr gebriinchlichcn Namen einmal gewahltc Name kann -- tlas ciidgultig fcst - aus nomenklatorischen Grunden nie, mehr gezndert we tier Schn-crpunkt des ncuen Prinzips: in der Sic,herung des Namens fur alle Zukunft.

Was das gefiirchtcte subjektive Ermessen anbelangt, SO kiiiintc es a l l d i n g s yc-

,shehen, d a ~ s rinmal zwci Forscher glcichzeitig ohne Wissen Toneinantler fiir pin nnd das- wlhe L(4)ewesen yerschiedcnc Namen w8hlten. Was narc dic Folgo hicrvon? Niclitfi anderes, als dass fur das betreffende Lebewesen eben zwei Namen vorkgen -- ein Fall, tler alltaglich ist - und dass es Sache des in dieBern Stadium :rnftrctentien Bcarbeitrrs wiire, cinen dicser beiden Namen zu wahlen und festzulegen. Der gewiihltr Nanitl. in f inr r Monographic odcr Pinrm Katalog niedergclcgt, stunde fortab fiir alle Zcitrn f ed . Und wcnn sich wirklich cinmnl kleinlichc. helanglow Fragen aufrollen, thnn Fehc man ohne Starrsinn. mit milder Nachgicbiglreit gegen das hereits Eingefiihrtc dcr Einsieht., dass ein Name nichts als ehen cin Namcs, an sich wertlos. d gut, ist, und dass sein Wert. nur darin liegt, dass er von allen nillig anc rhnn t n n d hin- fort allein gebraucht werde. Und ich bin iibcrzeugt, die kleinen Schmcrzcn wcrden leivht iilmstanden werden. Wir Forscher der hcutigen Generation, knpfigcs Gezank urn iihcrwertcte Ncbendinge gewohnt, konnen uns freilich nicht, s n dime Methode der leichten, milden Hand finden. Aher die nachste Forwhergc - oder ist, PF erst die nHchst,nachst,e? - wird es kiinnen.

bI;in- ha t an mich die F ~ g e gericht.et, ob cs deiin heute, dn cinc- Rcihc an$- rabtner Namen hei ciner Mehrznhl der Forscher schon n-icder cingebiirgert sei, zrvcrk- sig ware. auf den Schciderwg znrdckzngchen untl die alten. allgcmPin gelfinfig ge-

wesenen Namen wieder aufzunehmen. Ob dies nicht cine grnsscrp TJmaalznng sci. Jener Name, der h c 11 t r tier ycbrCnch-

lichste ist. dessen Beibehaltung h c u t c die gcringsten TJmn nngnn zur Folge hat, dicser mag bleihen. Ob es der einst vertraute odcr ein neucr. nachtraglich eingdehter ist, danach sei nicht. gefragt.. ’ Ich denke nicht., dass einc R.cge1 klarnr. cinfachw untl iinabhangiger von den Genpenstern einer .,historisehen“ Anffassiinp win kann.

5fa.n hat. die Fragc an mich gerichtet, w e r den gebranchlirhsten Namm fixirren soll, der Monograph oder irgend ein Beliebiger, den die Sachc sdhst, nicht kiirnmert. nnd nie dir wissenfichaftlichc Welt, diesen festgelegten Namrn erfahren soll. Tch iniichte als Antwort die Gegenfragc stellen : Wirr fixiert, hentc den neimtrn. nnch den Rpgcln tlw

Sie sind fiir dicseu Zweck allc gleichwertig.

Tch habe nirgends dergleichen verlangt.

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312 H e i k e r t i n g e r :

Prioritat ausgegrabenen Namen und wie erfahrt dieseii die Wissenschaft? Derselh Forscher, der heute Prioritatsexhuinierungen und Umstiirze vornimmt, wird den ge- briiuchlichsten Namen festlegen, und dieselhen Literaturberichte und Kataloge, die heutc die Welt' mit frcmden Namen uberschiitten, werden der Welt den endgultig gewahlteii Namen kundgeben.

Man hat. eingewendet, es sei frnglich, ob eine solche Fcstl.egung allgemein an- erkannt wiirde. Wir Menschen seien parteiisch und nationale Eitelkeit werde eine Rolle spielen. Ich vermag indes keincn Grund zu finden, warum das rnildc Kont,innitiibsprinzip. wenn seine Durchfiihrung einmal von eincm Kongresse bcsch1or;sen worden sein sollte. nicht ehnso allgemeine Anerkennimg finden sollte \vie heute das druckend harte Prio- ritatsprinzip. Und ich finde auch keinen Grund, weshalb die nationale Eitelkeit das einmal anerkannte Kontinuitatsprinzip starker bedrohen sollte als sie heute das Prio- ritiitsprinzip bedroht. Das konnte neder heute, noch furderhin ein echter Forfieher sein, der Kleinstadterei und Chauvinismus in die weltumspannende, uns allen dienendc 17issenscha.ft triige. Und wenn sieh wirklirh rinmal einer, der die Grossc dcr lT7is~en- rchaft nicht, zii erfassen rermeg. zu cincr kleinen farteilichkeit vcrlcitrn licsec - wc~lp kiimmerto das uns? Wir ~ o l l e n den \--on ihnl fcstgelegten Kamen init, iiherlegcncirl Lschcln hinnchmen nnd nollen unsercii Bndern. Wir konneu es beruhigt tun. xvissen wir doch s i~ l i e r~ dass dimes cline Umlernen unbcdingt das 1 c ist. dass dieser iins in clincm .Jnhrzehnt, gelaufige Kame der in aller Hinkunft giiltige sein wird. In diescr Biirgwhaft.. die ims das Prioritiitsprinzip nie geben kann: liegt dns Geheimnis unEcres Lachclns.

Im iihrigen nerden solche Falle tiusserfit selten win. Jene Forschcr abcr, fiir wclc,he das Komenklaturproblem kein rein n-issenschafts-

bctriebspraktisclice. sondprn f,in in crstcr Linie hist,orisches ist, gestehen mit dicwin Worte ,,historisch" zu. dam sic den wesenlosen Schatten einer hegrnbcncn Vergangenheit &is Rccht einriiumen, den lebendigen, kler geschanten Rediirfnisseri der ~~-\-jssenschnftlie~ifn Gcgenwart und Zukunft hindcrnd und zerst,orend in den Wrg zii tret.en. Nur znm ..\uf- hail der Grgeunart untl Zuknnft# darf line Vergangenps helfen ; TO es dicsen A u f ) i : i ~ ~ hcbmnit nnrl srhadigt. dort ist, die ,,historisehe Betraclitiings~i~eisc" falsch m i l muss x-cr- worfeii wrden.

Fiir cines kiinnen nrir uns voll verbiirgen: Von dem Tage an. &I das Kontiniiitats- prinzip in allgtmeine Gdtung t r i t t , h a t jener Zust.and dcs uuablassigen Verawfens T-PP

t rautrr Xarnen und des Aufst.ellens nie gehiirtcr fur allbckanntr Wesen. jencr Znetand. der uns die Nomenklatur der Gepenvnrt so unleidlich macht. fiir inlmrr win Entle gefunden .

Wenden wir uns dcr logisch liegriindcten Zusatzfordern I. ein Organismcnnnme mussc so besclinffen stin bziv. cinm solchen Znsatz erhnlt,en: er e i n e n w i s s r n - s e h a f t , l i c h e n A r t b c g r i f f z c i t g c m a s s y o l l k o m m e n k l a r u n d e i n - !I e u t i g f c s t h a 1 t e. Hier weist nns der Fall Stenostola unmittelbar den klnr w r - gezeichneten Weg.

Wird die Nennung eines Autornamens fur zweckmgssig erachtet, dann ist dem Namen des Lebewesens der Name desjenigen Schriftstellers anzu- fiigen, nach dessen Werk Restimmung und Benennung des betreffenden Lebewesens tatsachlich erfolgt sind.

Bei allgemein bekannten Lebeaesen, hinsichtlich deren eine Verwechshing am- geschlossen crscheint, z. B. Felis leo. Fagus silvatica usw.! kann der Autornamen a16 wertlos weggdassen werden.

Das iet das Prinzip, das ich als das U t i 1 i t B t s p r i n z i p , als das Prinzip drr Brauchbarkrit und Rirhtigkeit an die Stclle dcs heutc norh gruhten Prinzips der Prio- ritlt, in der Autornennung gcsetzt, habe.

Jede, mit einem feststehenden Namen belegte, systematisehe Einheit iat nichts iwnrrdnr Feststehendes, stet8 Gleiches, fiondern ein unablaseig Wandelbares. Von alten

Wir abstrnhieren nus ihm den Grnndsntz, , das Utilitatsprinzip :

Page 13: Nomenklaturprinzipien und wissenschaftliche Praxis : Dringend gewordene Erörterungen

Nomenklaturprinzipien und aissen~chafthche Praxis 313

Arten wcrden neue abgespalten, Sgnonyme wcrden angefugt, tier hrtumfang wird ver- Bndert, erivcit,ert, verengert,. In diesen steten Verandcrungen des Inhaltes und Unifangerj

iatischen Bcgriffc bcsteht eben die Arbeit der JVissenachaft. Kamc und Gcgen- ben, die Einzclheiten des Begriffes aher sind zu jedcr Zeit, bei jcdcm Schrift-

&teller andere. Die jeweilige Weite tles negriffes kann nic durch einen Namen a k i n und nic dnrrh mechnnisierte Ncnnung des Ersthcschreihei~s anqqdriickt werden, sondern nur tlnrch Zitierung icncs Srhrift,stellers, dem dcr Bcgriff in seiner gcradc hier gcltenden Fassimg tat.siichlieh entnoninien wurde. Der gleiche Modus schiitzt gegeii das Wirrsal tl(tr Fetildeut.ungen.

Uberfliissig. n-cil tlieser Xnnict keine wirliliche niihere Best,imrniing des Brt,t)rgriffes bedeut.et,, \veil bcispiclsn-eiw ..Stei,ostola ferrea Schriink" praktisch nicht mchr besagt, ale ..Stenosto/a f e r r w " ohnc -4ntornamen. Falsch, n-eil auf eine Beschreibung hingewiesen wird, die ziir ilrt~feitstcllnng hentigen Sinnes unbrauchbar ist, die nicht die Grundlagc der tatsachlich 1-orliegenden Artbcstimrnung war und. es nicht, sein konntc.

Auch hier mag drr vor dem Dnrchbrechen von Sehabloncn Ziigcrnde unhekiinnte H iritlwni~sc wrmuten. V'uriim, \Venn er so klar und einfach ist, hat, man diesen Mothis

Ich n-cis$ nhcr. class es niir nicht gelang, Pin Ilintlcrnis zu fintlen, d n x (lie ausserordenthchen Vorttilc dieecs Prinzips becintrachtigen liiinnt(1.

l \ ~ c l ( . l i c Vorteile hietet die Anfiigung des Erst t)cschreihernamc~~is? - Ich niisete I<c,ine n-esent,lichen zu nennen. Nnch der Erst,hcschrcibiing wird selten ein Tier bestimmt.

TVplche Xachteilc hringt dicse hlethode? - Sie ist unfLhig. einen Art- bzw. Giittiingn)-)rgriff mit wifisenschaftlicher Priiziaion zii bezeichnen. Sie beschwert, den Organimicnnamen mit cinem Ballast, der niclit, Arbcit leistet, sondern nur Zeit: Mtihe, Druckraum und Kosten in Anspruch nimmt. rlrr tkm Okonomieprinzip wissenschriftlichen _4rbeitcnn xiderspricht.

\\*clchc Vortcilc bietct. das Utilitiitsprinzip? - Es weist xiif jene Besehreibiing h i l l . nia1.11 \i-c.lrhcr dns Tier airklich lmtimmt. wnrde. Es legt. den Art: bzw. Gattungs- hccyiff tilit. ycillcr wissenschnftlicher Schlrfe fret. Es hiet.et ausficrdern - da ja iciles s>--;.tciiia tiwhe Hnntlbuch im Text den Ersthwchrriher nennt. - allt jene Vorteilc. die dw Erstbeschreibernamr hirtpn kiinnte.

Welche Nachtcilp hringt, das Utilitiitsprinzip init, sich? - Tch wiieste cinen awentlichen Nachteil nicht zu nennen.

Ich hitt,e den Leser. das Vorgefuhrtc mit nnbefangenm- Strengc zu prufen. ,Aiif nii+rcii Schiilbern liegt dir Verant,wortnng fur die Ziikiinft. wir bnnen fiir komnientle Gi~.~c4ilcrhtrr. dwen Richtcmpriieh uns treffen wird.

Uic Xennnng d w Erstbeschreiberriamens i s t iiberfluwig und falseh.

ntn-ort hierauf.