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W~, J.M. Math. Zeitschr. 92, 323-- 330 (1966) Note zu einem Borelschen Summationsverfahren JORG M. WILLS Eingegangen am 25. November 1965 In seinem Buch tiber divergente Reihen ftihrt BORNE([1], S. 161- 168) ein Summationsverfahren ein, das aus dem gew6hnlichen Borel-Verfahren hervor- geht und das bei der Anwendung auf die analytische Fortsetzung mehr leistet als dieses (s. auch [3]). Die Borelsche Definition ist allerdings keine echte Verallgemeinerung des gew6hnlichen Borel-Verfahrens. Es ist daher zweckm/il3ig, eine Definition zu w/ihlen, die einerseits die verlangten Ergebnisse liefert und andererseits eine echte Verallgemeinerung des gew6hnlichen Borel-Verfahrens ist, so dab sich alle summationstheoretischen S/itze tibernehmen und verallgemeinern lassen. In der vorliegenden Arbeit wird wie beim gew6hnlichen Borel-Verfahren eine Definition der Borelschen Verallgemeinerung in integralfreier Form und in Integralform angegeben. Ftir beide Varianten werden die dem gewtihnlichen Borel-Verfahren analogen elementaren summationstheoretischen S/itze be- wiesen. Zum SchluB wird gezeigt, dab die Borelsche Definition nicht auf das gew/3hnliche Borel-Verfahren ftihrt. Die S/itze 1 bis 3 lehnen sich an die S~itze 122 bis 126 bei HARDY [2] an. Bezeichnung und Terminologie sind im wesentlichen dem Buch von ZELLER[4] angepal3t. Definition 1. Es sei k eine natiirliche Zahl. Dann heiflt die Reihe ~a, n=O Bk-summierbar mit der Summe s, wenn mit S m : ~ an n=O die Reihe xm s(x)=e -x S(m+l)k-1 - - m=O m[ fi~r jedes x >O konvergiert und wenn lim ~(x)=s ist. Schreibweise: X.-a,o~ CX3 Bk'2 an : S. n=O

Note zu einem Borelschen Summationsverfahren

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Page 1: Note zu einem Borelschen Summationsverfahren

W ~ , J.M. Math. Zeitschr. 92, 323 -- 330 (1966)

Note zu einem Borelschen Summationsverfahren

JORG M . WILLS

Eingegangen am 25. November 1965

In seinem Buch tiber divergente Reihen ftihrt BORNE ([1], S. 161- 168) ein Summationsverfahren ein, das aus dem gew6hnlichen Borel-Verfahren hervor- geht und das bei der Anwendung auf die analytische Fortsetzung mehr leistet als dieses (s. auch [3]).

Die Borelsche Definition ist allerdings keine echte Verallgemeinerung des gew6hnlichen Borel-Verfahrens. Es ist daher zweckm/il3ig, eine Definition zu w/ihlen, die einerseits die verlangten Ergebnisse liefert und andererseits eine echte Verallgemeinerung des gew6hnlichen Borel-Verfahrens ist, so dab sich alle summationstheoretischen S/itze tibernehmen und verallgemeinern lassen.

In der vorliegenden Arbeit wird wie beim gew6hnlichen Borel-Verfahren eine Definition der Borelschen Verallgemeinerung in integralfreier Form und in Integralform angegeben. Ftir beide Varianten werden die dem gewtihnlichen Borel-Verfahren analogen elementaren summationstheoretischen S/itze be- wiesen. Zum SchluB wird gezeigt, dab die Borelsche Definition nicht auf das gew/3hnliche Borel-Verfahren ftihrt.

Die S/itze 1 bis 3 lehnen sich an die S~itze 122 bis 126 bei HARDY [2] an. Bezeichnung und Terminologie sind im wesentlichen dem Buch von ZELLER [4] angepal3t.

D e f i n i t i o n 1. Es sei k eine natiirliche Zahl. Dann heiflt die Reihe

~ a , n=O

Bk-summierbar mit der Summe s, wenn mit

S m : ~ an n=O

die Reihe xm

s(x)=e -x S(m+l)k-1 - - m=O m[

fi~r jedes x >O konvergiert und wenn lim ~(x)=s ist. Schreibweise: X.-a,o~

CX3

B k ' 2 an : S . n=O

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324 J6RG M. WILLS:

Far k = 1 ist o9 r a

s(x) =e -x Z s,. m! m = O

und man hat das gewShnliche Borel-Verfahren.

Ein Bk-Verfahren bildet die diskrete Folge der s. mit Hilfe einer Trans- formation

~(x) = ~ c.(:,) s,, n = 0

auf die stetige Folge der ~(x) ab. Verfahren dieser Art heiBen (stetige) Matrix- verfahren der Folge-Folge-Form. Ob ein solches Verfahren permanent ist, d.h., ob es eine konvergente Reihe zu ihrem ,,richtigen" Wert summiert, folgt aus der Permanenzbedingung (s. [2], Satz 2 oder [4], Satz 32 I):

Lemma 1. (Satz von TOEPLITZ).

Ein Verfahren der Folge-Folge-Form ist genau dann permanent, wenn

1) ~ Ic.(x) l fi~r alle x>O konvergiert und fi~r x > x o kleiner als eine yon n=0

x unabMingige Zahl M < oo ist;

2) lira ~ c.(x) = 1 ; X ---~ aO t ~ = 0

3) lim c~(x)=0 f~r a l len ist. x---~ o9

Bei einem Bk-Verfahren ist X m

c('~+ ~)k- l (x)=e-X m!

und c,(x) =0 fiir n~=(m+ 1 ) k - l , m=0, 1, 2 . . . . und x>0.

Damit ist

Ic,(x)l= c , (x )=e -~ =1 n = O n = O = 0 "

und

ftir x > 0

lim c,,(x)=0 ftir alle n x--~ co

und das Bk-Verfahren ist permanent.

DaB umgekehrt nicht jede Bk-summierbare Reihe im gew6hnlichen Sinne konvergiert, zeigt das Beispiel der Reihe mit den Teilsummen s(r~+~k-,=0 (m =0, 1, 2, ...) und s, = 1 sonst. Diese Reihe divergiert im gew6hnlichen Sinne, hat aber die Bk-Summe Null. Wenn

~ an=S n = O

Konvergenz im gewShnlichen Sinne bedeutet, hat man so:

Page 3: Note zu einem Borelschen Summationsverfahren

Note zu einem Borelschen Summationsverfahren 325

Satz 1. Aus

a , = s fo tg t Bk- ~ a~=s . n = 0 n = 0

Die Umkehrung gilt nicht.

Definition 2. Es sei k eine natftrliche ZahL Die Reihe

n=O

heiflt dann B[~-summierbar mit der Summe s, wenn mit

S m= ~ an n = 0

die Reihe

(1) xm

h(x)=Sk-l + {S(m+l)k-J---Smk-1} D*! m=l

fi~r./edes x > 0 konvergiert und

lim i e - ~ h ( x ) d x = s ~"-* co 0

ist. Schreibweise:

Ffir k = 1 ist

oo B'k-~ a,, = s.

n=O

xm ~ x'm h ( x ) = s ~ =m:oam m[

und man hat das gew6hnliche Borel-Verfahren in Integralform.

Fiir k > 1 hat ein B~-Verfahren weder die Folge-Folge- noch die Reihe- Folge-Form (s. [4], S. 6).

Die Permanenz eines B~-Verfahrens folgt aus der des zugeh6rigen Bk-Ver- fahrens und aus dem ersten Teil yon

Satz 2. Aus oo co

Bk-~, an=s fo lg t B~- E an=s . n=O n=O

Die Umkehrung gilt genau dann, wenn lira e - x h(x) =0 ist.

Beweis. a) Es sei

B k - ~ a n ~ s. n=O

Dann konvergiert ~(x) ftir jedes x > 0; ebenso

x m g(x) = ~(x) e ~ = m=O S(m+l)k-1 m!

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326 J6RG M. WmLs:

Als Funktion der komplexen Variablen x aufgefagt, ist ganze Funktion. Folglich sind auch

und

'(~) = g'(~) - g (~) = ~ { ~ + ~, ~-1 - ~(., +~ ~ ~-1 } - - m = O

damit g(x) eine

S(m+2) k - 1 m ! ~ g'(x)=,,=ls(m+l,~k_l ( m - l ) ! ,,=o

X m

m!

[e -x g(x)]' = e -x {g ' (x)- g(x)} = e -* h'(x).

e -t g(t)=s/~_~+ S e-Xh'(x) dx . 0

Aus (2) folgt mit partieller Integration und h(0)=sk-1

(3) e -t g(t)=e -t h(t)+ i e-~ h(x) dx . 0

Es sei jetzt

i e -~ h(x) dx=w(t) , 0

da nn i s t w' ( t ) -=e- th( t ) und w(t)+ w' ( t )=e- tg( t ) und auf (3) k ann der fol- gende Satz aus der Analysis (s. [2], Satz 53 bzw. nach Satz 123) angewandt werden:

Lemma 2. Es sei w(t) eine stetig differenzierbare Funktion der reellen Va- riablen t. Dann gilt

lim w(t) = lira {w(t) + w'(t)}, t ---~ ~3 t--+ O0

wenn nurder rechts stehende Limes existiert.

Nach Voraussetzung gitt in (3)

l ime -t g(0 = s. 1~-4" O0

und

Daraus folgt:

(2)

xm+ 1

h(x)--=ho+,,=o ~' {s("+2)a-l-s(m+l)k-1} (re+l)!

x m

= h o + { s ( , , , + l ) ~ - l - s ~ k - 1 } m! m = 1

ganze Funktionen.

Mit ho=sk_ 1 ist h(x)=h(x), also ist h(x) ganz und die Reihe in (!) kon- vergiert fiir jedes x > 0.

Fiir die ganzen Funktionen g (x), g' (x) und h' (x) gilt t

[e -~ g(x)T dx = e-* g(t) - g(O) = e- ' g ( t ) - sk_ 1 0

Page 5: Note zu einem Borelschen Summationsverfahren

Note zu einem Borelschen Summationsverfahren 327

Also folgt

und

lira w'(t) = lim e - t h(t)=0 t--+ o0 t--+ aO

co co

l i m w ( t ) = ~ e -x h(x) dx=B k- ~ a,=s t -+CO 0 n = O

Es sei

folgt genau dann co

B~,-~ an = s - s k_ 1, wenn lim e - ~ h (x) = 0 ist. n = k x--~ oo

Es geniigt jetzt zu zeigen: oo co

(4) Aus B' k - ~ a . = s - s k _ l folgt Be-- ~ a . = s . n = k n = O

oo

B~-~ a ,=s- -sk-r n=!r

D a n n ist h' (x) eine ganze Funkt ion ebenso wie

ist. Dami t gilt: Aus

lim e - x h (x) = 0 x---~ co

B~-~ a~ = s n = 0

x

f (x) =ex S e-* h'(t) dt. 0

genau dann, wenn

und der 1. Teil des Satzes ist bewiesen.

b) Es sei co

B~-F~ a . = s . n = 0

D a n n konvergiert h (x) ftir jedes x > 0, ist also eine ganze Funkt ion der komple- xen Variablen x. Ebenso ist h' (x) eine ganze Funkt ion yon x. Weiter existiert das Integral

x

I e-th(t) dt 0

f[ir jedes x > 0. Partielle Integrat ion liefert mit h ( 0 ) = s k_ ~ :

x x

S e - th ( t )d t=Sk- l - e -Xh(x ) + ~ e-th'(t) dt. 0 0

Ftir x --* oo liefert die linke Seite nach Voraussetzung den Wert s. Auf der rech- ten Seite ist

x

tim ~ e -t h'(t) dt=s--sk-1 X"+ CO 0

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328 J~3RG M. WmLs:

Die Funkt ionf(x) 1/igt sich in eine fiir alle x konvergente Potenzreihe

X n

f ( x ) = ~ f(")(O)-~. n = O

entwickeln.

Mit x

f ( x ) = e X S e - ' h ' ( t ) d t und f ( 0 ) = 0 0

folgt

f ' (x) = f (x ) + h'(x),

f " (x ) = f ' (x) + h"(x), . , .

f ' ( O ) = f ( O ) + h ' (O) = Sz k - ~ - - s k - i ,

f" (0) = (S2 k-1--Sk-O+(S3k-1 --S~-I)=S3~-~--S~-I,

f(") (x) = f (" - 1)(x) + h (") (x),

f(")(O)=(S,k-1--Sk-O+(S(,+l)k-1--Snk-1)=S(n+l)k-l--Sk-1 �9

Damit ist ~ x~

S e-th'(t) d t=e -~ {S(,+l)k-l--Sk-1} n---( 0 n = l �9

x m - x x =e -~ s(,,+l)~-l--~f. - e Sk-l(e --1)

m=l

~ e - x S ( m + l ) k _ 1 ~ - - S k - ! " m = O

Nach Voraussetzung ist x

lim jr e-th,(t) dt=S--Sk-1. X'--> ct3 0

Damit folgt i X m oo

s - s k _ l = l i m S(,,+l)k_l---m-~.--Sk_ 1, bzw. S = B k - ~ a ~, X - * ct) m = 0 n = 0

w.z.b.w. Ein Beispiel ftir eine B~-, aber nicht Bk-summierbare Reihe ist die dutch

h(x) =e x cos(x 2) definierte Reihe. Denn es ist

f~ e -x h(x) d x = - f ~- . 0

Andererseits folgt aus (3): t

e-' g(t)=cos(t2)+ S c~ dx. 0

Da lim cos(t 2) nicht existiert, existiert auch lira e - t g(t) nicht. t ---~ oO t --~ CO

Satz 2 zeigt, dab ein B~-Verfahren stfirker ist als das zugehSrige Bk, Ver- fahren. DaB beide Verfahren bei einer Indexverschiebung ~iquivalent sin(t, zeigt

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Note zu einem Borelschen Summationsverfahren 329

Satz 3. Aus

und umgekehrt.

Beweis.

a) Es sei

Dann folgt aus (2):

bzw.

co oo

B~-~ an=s folgt B'~-~ a , = s - s k - 1 n = O n ~ l c

co

Be- ~ an=s. r l = O

co

s= l ime -t g(t) =sk_ 1 + ~ e -~ h'(x) dx t-~ co 0

0o ,

0 m=O �9 n=k

b) Die umgekehrte Behauptung ist schon in Satz 2 bewiesen women (s. (4) ff.).

AbschlieBend sei noch die ursprtingliche Borelsche Definition zitiert. Fiir eine Potenzreihe, bei der S, die ,,Summe der n ersten Terme" ist, (s. S. 161,162, dort b statt x, s(b) statt ~(x) und s n start Sn) sei

(5) ~(x)=e -~ S o + S k - T i Z + ~ 2 k - ~ . + ' " ) .

Daraus folgt (s. S. 162, 4. Zeile v. o.) mit }(x)=e -~ g(x) wie in (2):

09 CO

lira g (x)=So+ S ~'(x) d x = S o + f e - ~ { g ' ( x ) - g ( x ) } dx x.~ co 0 0

= S o + ~ ~ e -~ (Sk - -So )+(S2k - -Sk ) -~ .+"" dx

~ =~o e-x S k + ( S 2 k - - S k ) ~ . + " " d x = e ' ~ u ( x , z ) d x mit

(6) u(x, z )=uo + u l z +u2 z2 + "" +u~- i z k-1 +

At-'LI z 2 k _ 1 3 X + (Uk Z~ + " " " 2 k-1 J -~. + " " .

Daraus folgt k--1 2k--1 n - 1

Sk = ~ u m z ' , Szk= ~ u,, z m, allgemein S~= ~ u,, z". m 0 m = O ~ = 0

Zwischen den S,, und den vorher benutzten s~ besteht der Zusammenhang: S, =s,_ 2. Insbesondere ist So =s_ ~ =0. Mit den s~ lautet (5):

x s ( x ) = e - ~ S - l - ~ - 8 k - l ~ - ~ - S 2 k - l ~ [ - + ' " " 1. 2. )"

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330 J6gG M. WILLS: Note zu einem Borelschen Summationsverfahren

Fiir k = 1 folgt oo x m

s ( x ) = e - ~ s m - 1 m ! '

und das ist nicht das gewShntiche Borel-Veffahren, sondern eine Indexver- schiebung yon diesem.

Die Definitionen 1 und 2 stehen mit den weiteren Rechnungen Borels im Einklang; denn nach Definition 2 liefert

oo

B~-F u. z" n = 0

das Integral (6).

Literatur

[1] BOREL, E. : Lemons sur les s6ries divergentes. Paris: Gauthier-Villars 1928. [2] HARDY, G.H.: Divergent series. Oxford: At the Clarendon Press 1963. [3] WILLS, J.M. : Widerlegung einer Aussage yon E. BOREL tiber diophantische Approxima-

tionen. Math. Z. 89, 411--413 (1965). [4] Z~LLER, K.: Theorie der Limitierungsverfahren. (Ergebnisse der Mathematik mad ihrer

Grenzgebiete.) Berlin-GSttingen-Heidelberg: Springer 1958.

Mathematisches Institut der Technischen Universitiit Berlin, ! Berlin 12, Hardenbergstr. 34