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1050 7. Not%# uber das Haftem von heifiew Pulvern an kaltew ItFiirperm; von. WiLheLm BiLtx. Vor einigen Jahren berichtete G. Tammann in diesen Annalenl) iiber ein merkwurdiges Phanomen: ,,Taucht man in hei6es, ausgegluhtes Holzkohlepulver, welches wenig okkludierte Gase enthlilt, einen Glasstab von Zimmertemperatur, so bedeckt sich derselbe, 'so weit er in das Pulver eingetaucht wurde, mit einer Schicht Pulver, deren Dicke mit der Temperaturdifferenz zwischen Stab und Holzkohlepulver wachst. . . , Zieht man den Stab gleich nach dem Eintauchen aus dem hei6en Pulver heraus, so haftet das Holzkohlepulver am Stabe nur so lange, als zwischen dem Pulver und dem Stabe eine geniigende Tem- peraturdigerenz existiert. Wenn diese sich nach kurzem.Ver- weilen des mit Holzkohlepulver bedeckten Stabes an der Luft verkleinert hat, so fallt das Kohlepulver plotzlich vom Stabe ab." Die Erscheinung erwies sich als unabhangig von dem Material des Stabes, aber im hochsten MaBe abhangig von dem des Pulvers ; andere Kohlenstoffarten, als Holzkohle, ver- sagten; ebenso Kupferoxyd und Kaliumkarbonat. Auch von fein verteiltem Kieselsaureanhydrid blieb nur imregelmaBig ein wenig Pulver haften und anscheinend ohne dnB der charak- teristische EinfluB der Temperaturdifferenz obwaltete. In noch schwacherem MaSe wirkten Eisenoxyd- und Chromoxydpulver. In einigen aus ihren Oxalaten durch Gluhen hergestellten Oxyden der seltenen Erdmetalle fand ich nun Stoffe, die das Phanomen in seiner reinen Form zeigen, das sich somit nicht mehr spezifisch als auf Holzkohlepulver beschrankt erweist. Die Beobachtmgen wurden zunachst an einem hochprozentigen Yttriumoxyd gemacht , das durch Vergluhen seines Oxalates im Platintiegel bereitet war. Tauchte man in das hei6e Oxyd- pulver einen Platinspatel, einen Glasstab oder einen dicken Kupferdraht von gewohnlicher Temperatur, so blieb nach dem 1) G. Tammann, Ann. d. Phys. 18. p. 857. 1905.

Notiz über das Haften von heißen Pulvern an kalten Körpern

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Page 1: Notiz über das Haften von heißen Pulvern an kalten Körpern

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7. Not%# uber das Haftem von heifiew Pulvern an kaltew ItFiirperm;

von. WiLheLm BiLtx.

Vor einigen Jahren berichtete G. T a m m a n n in diesen Annalenl) iiber ein merkwurdiges Phanomen: ,,Taucht man in hei6es, ausgegluhtes Holzkohlepulver, welches wenig okkludierte Gase enthlilt, einen Glasstab von Zimmertemperatur, so bedeckt sich derselbe, 'so weit er in das Pulver eingetaucht wurde, mit einer Schicht Pulver, deren Dicke mit der Temperaturdifferenz zwischen Stab und Holzkohlepulver wachst. . . , Zieht man den Stab gleich nach dem Eintauchen aus dem hei6en Pulver heraus, so haftet das Holzkohlepulver am Stabe nur so lange, als zwischen dem Pulver und dem Stabe eine geniigende Tem- peraturdigerenz existiert. Wenn diese sich nach kurzem. Ver- weilen des mit Holzkohlepulver bedeckten Stabes an der Luft verkleinert hat, so fallt das Kohlepulver plotzlich vom Stabe ab." Die Erscheinung erwies sich als unabhangig von dem Material des Stabes, aber im hochsten MaBe abhangig von dem des Pulvers ; andere Kohlenstoffarten, als Holzkohle, ver- sagten; ebenso Kupferoxyd und Kaliumkarbonat. Auch von fein verteiltem Kieselsaureanhydrid blieb nur imregelmaBig ein wenig Pulver haften und anscheinend ohne dnB der charak- teristische EinfluB der Temperaturdifferenz obwaltete. I n noch schwacherem MaSe wirkten Eisenoxyd- und Chromoxydpulver.

In einigen aus ihren Oxalaten durch Gluhen hergestellten Oxyden der seltenen Erdmetalle fand ich nun Stoffe, die das Phanomen in seiner reinen Form zeigen, das sich somit nicht mehr spezifisch als auf Holzkohlepulver beschrankt erweist. Die Beobachtmgen wurden zunachst an einem hochprozentigen Yttriumoxyd gemacht , das durch Vergluhen seines Oxalates im Platintiegel bereitet war. Tauchte man in das hei6e Oxyd- pulver einen Platinspatel, einen Glasstab oder einen dicken Kupferdraht von gewohnlicher Temperatur, so blieb nach dem

1) G. Tammann, Ann. d. Phys. 18. p. 857. 1905.

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Haften von hegen Pulvern an kalten Korpern. 1051

sofortigen Herausziehen eine dichte Schicht des Pulvers an dem kalten Materiale haften; nach dem Abkiihlen geniigten die leisesten Erschutterungen, urn das Pulver als ganzes zum Herabfallen zu bringen, wghrend die gleichmaBig haftende Schicht vordem die Bewegungen des Herausziehens vertragen hatte, ohne herabzufallen. Wurde ein auf 600 O erwarmter Platinspatel im Yttriumoxyd von gleicher Temperatur getaucht, so haftete nahezu nichts. Ein Glasstab, der in einem er- warmten Oxydpulver dessen Temperatur angenommen hatte, 1ieB sich ebenfalls fast viillig frei von Oxyd herausziehen. Tauchte man einen 0,4 cm dicken Glasstab von Zimmer- temperatur in Yttriumoxyd, das auf verschieden hohe Tem- peraturen erhitzt war, so blieben pro cm2 die nachfolgenden Mengen haften. Zum Vergleich sind die Tammannschen Werte fur Lindenholzkohlepulver daneben gestellt.

Temperatur des Pulvers Holekohlepulver Y ttriumoxyd

200 sehr wenig 0,017 300 0,010 0,023 400 - 0,050

600 0,032 0,040

Menge der Pulver pro 1 cmB Oberflstche

140 - CB. 0,008 g

450 0,035 -

Das Yttriumoxyd besitzt hiernach ein ahnliches Haft- vermijgen wie die Holzkohle. Die Empfindlichkeit der er- kalteten Kohlepulverschicht ist, wie Parallelversuche ergaben, indessen sichtlich griiBer : das Pulver f allt friiher und leichter ab als das Yttriumoxydpulver. Die Unabhangigkeit des Haftens von der Art des eingetauchten Materiales scheint weitgehend zu sein. An 1 cma einer Platinoberflache Ton Zimmertemperatur blieben 0,056 g 400° warmes Yttriumoxyd haften; an Glas 0,050 g. Als das Oxyd 5 Stunden lang der Temperatur des Platintiegelofens von Heraeus ausgesetzt worden war, erwies es sich in seiner Wirksamkeit unverandert. Mit einem Gehnlte an okkludierten Gasen, der durch diese Behandlung vermindert werden muB, diirfts also wohl auch im vorliegenden Falle die Erecheinung nicht direkt zusammenhangen. Ein Gemisch von Erbium- und Yttriumoxyd zeigte das Tammannsche Phanomen ebenfalls gut. Auch ein Lanthanoxyd reagierte, wenn auch

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nicht ganz so stark. Dagegen versagten die Oxyde vierwertiger Metalle: Cerdioxyd und Thoriumoxyd , die in gleicher Weise aus den Oxalaten gewonnen worden waren.

Sucht man nach einem tertium comparationis zwischen dem Holzkohlepulver und den Sesquioxyden der seltenen Erden, so fallt bei beiden der physikalische Zustand auBerst feiner Verteilung auf. Schon dem Augeaschein nach sind die aus Oxalaten erhaltenen Oxyde ungemein feine, ,,zarte" Pulver. Es ist ferner bekannt, wie schwierig sie sich zum Zwecke der Auswage bei Atomgewichtsbestimmungen von adsorbierten Gasen befreien lassen. Die Holzkohle ihrerseits ist der klassi- sche Stoff mit groSer adsorbierender Oberflache im Gegensatze zu den such hier unwirksamen Kohlenstoffarten: Retorten-, Bogenlichtkohle und Graphit. Das indifferente Thoriumoxyd und in gewissem Grade auch des Cerioxyd sind vie1 kijrniger als die reaktiven Sesquioxyde. Beriicksichtigt man noch die unvollstandige Wirksamkeit der von T a m m a n n gepruften Oxyde, so erhalt man etwa die Reihe: Eisenoxyd und Chrom- oxyd , Kieselsaureanhydrid, Sesquioxyde der seltenen Erden, Holzkohle, in welcher der Zustsnd feiner Verteilung und die Haftwirkung Rand in Hand geht. Es ist somit wohl nicht zu gewagt, hier auch einen inneren Zusammenhang zu ver- muten, so unerklart die Anziehungskraft zwischen den hei6en Pulvern und den kalten Korpern im ubrigen auch bleibt.

Claus t h a l i. H., Chem. Laboratorium der Bergakademie.

(Eingegangen 5. Februar 1910.)