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1121 Not& xur DyMamik der Ralzdecl&ichte?.l eines ErCstalZs vom NaCZ-ILypus Zusatz xu der vorhergelienden Arbeit von M. w. Lawe und E. Rupp Von $I. v. Zazce In der im Titel genannten Untersuchung zeigt sicli an den Versuchen iiber Elektronenbeugung, da6 der dabei in Betracht kommende Netzebenenabstand d innerhalb der frei- lich ziemlich weiten Fehlergrenzen denselben Wert hat, den man aus rontgenographischen Untersuchungen kennt.I) Das scheint zunachst sehr sonderbar; denn fur die Beugung von RSntgenstrahlen spielen stets Hunderte, wenn nicht Tausende von Netzebenen eine Rolle, wahrend nach der erwahnten Unter- suchung 1) dafiir hochstens die ersten 20 zusammenwirken. Die folgenden Ausfiihrungen sollen dies Ergebnis wenigstens plausibel machen. Zu einer wirklichen, quantitative Aussagen ermoglichenden Theorie reichen sie nicht hin. Wir knupfen namlich an eine Untersuchung von Madelung2) aus dem Jahr 1919 an, welche die Dynamik der zu einer 001-Ebene parallelen Grenzschicht eines Kristalls vom NaC1- Typus behandelt, und zwar unter der Annahnie, daB nur un- mittelbar benachbarte Atome aufeinanderwirken. Und wir tun nichts anderes, als daB wir seine Ergebnisse etwas ein- gehender als er selbst erijrtern. In dieser Annahme lie@ die Unzulanglichkeit der folgenden Rechnungen begrtindet. Wir bezeichnen in engster Anlehnung an Madelung mit u:) und u(*) - die Verruckungen eines positiven bzw. nega- tiven Ions, welches der n ten Schicht (von auBen gerechnet) angehort, in der Richtung normal zur Grenzflache : andere 1) Dasselbe gilt fur Elektroneninterferenzen an Metallen. 3) E. Bladelung, Phys. Z. 20. S. 494. 1919.

Notiz zur Dynamik der Randschichten eines Kristalls vom NaCl-Typus Zusatz zu der vorhergehenden Arbeit von M. v. Laue und E. Rupp

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Not& xur DyMamik der Ralzdecl&ichte?.l eines ErCstalZs vom NaCZ-ILypus Zusatz x u der vorhergelienden Arbeit

von M . w. L a w e und E. R u p p

Von $I. v. Zazce

In der im Titel genannten Untersuchung zeigt sicli an den Versuchen iiber Elektronenbeugung, da6 der dabei in Betracht kommende Netzebenenabstand d innerhalb der frei- lich ziemlich weiten Fehlergrenzen denselben Wert hat, den man aus rontgenographischen Untersuchungen kennt.I) Das scheint zunachst sehr sonderbar; denn fur die Beugung von RSntgenstrahlen spielen stets Hunderte, wenn nicht Tausende von Netzebenen eine Rolle, wahrend nach der erwahnten Unter- suchung (§ 1) dafiir hochstens die ersten 20 zusammenwirken. Die folgenden Ausfiihrungen sollen dies Ergebnis wenigstens plausibel machen. Zu einer wirklichen, quantitative Aussagen ermoglichenden Theorie reichen sie nicht hin.

Wir knupfen namlich an eine Untersuchung von Madelung2) aus dem Jahr 1919 an, welche die Dynamik der zu einer 001-Ebene parallelen Grenzschicht eines Kristalls vom NaC1- Typus behandelt, und zwar unter der Annahnie, daB nur un- mittelbar benachbarte Atome aufeinanderwirken. Und wir tun nichts anderes, als daB wir seine Ergebnisse etwas ein- gehender als er selbst erijrtern. I n dieser Annahme lie@ die Unzulanglichkeit der folgenden Rechnungen begrtindet.

Wir bezeichnen in engster Anlehnung an Madelung mit u:) und u(*) - die Verruckungen eines positiven bzw. nega- tiven Ions, welches der n ten Schicht (von auBen gerechnet) angehort, in der Richtung normal zur Grenzflache : andere

1) Dasselbe gilt fur Elektroneninterferenzen an Metallen. 3) E. Bladelung, Phys. Z. 20. S. 494. 1919.

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Verriiclrungskoinponenten fehlen aus Syiiiiiietriegriinden. Die Kraft zwischen zwei Ionen gleicher Srt beschreiben xir durch die als Funktion von (r = r2 gegebenen Potentiale @+(cT) und @-(o), die zwischen zwei Ionen verschiedener Art durch @((r).

Es gehen aber, sofern die Verriickungen Mein genug sind, von diesen nach Borns Gittertlieorie nur die fiir die unver- riickten Lagen gebildeten Ableitungen

(ebenso fur die Indices + und -1 in die Rechnung einl), und anch diese nur in den Kombinationen

A + = 4 P , -/- a=&+ A - - 4 P - + a a Q -

B+ = 4 ( P + + P) €3- = 4(P- + P )

-4 = P + * a 2 & B = 4 P a ist die GitterBonstante.2) Der Susclruck fiir die Kraft auf ein positiyes Ion der rt ten Schicht lautet d a m nach Madelung:

1'"' = - u:"' (2 d + + 2 d + B)

)" ; + (.:"+ 1) + u':-')) -4 + u'"'B + u(w+ USu(n-1)

(2) S+ ( 1 ) = - u:)(A + +A- + B) + U:)A + + $113 + U")A + +B+ a .

+ - ( - (1) { +

(3) [ - + (d-" + 1) + ."I)) A-+u? B + (uY+I'+ U y 1 ' ) A ;

nur fiir 91 = 1 (die oberste Schicht) fallen gewisse Summanden aus, so daW er dann lautet:

Entsprechend gilt fur ein negatives Ion, falls n > 1, -

S@)= - uF'(d3-+ 2A + B)

fiir n = 1 aber (4) x:)= - U:'(-~-+A + B) + u ~ ) A - + u ( : ) ~ + u ~ ) ~ + + ~ - a . Ini Gleichgewicht miissen alle diese Krafte Null sein. Durch Addition aller so entstehenden Gleichungen unter Beriicksich- tiguiig der Bedingung, daB u y und ZL?) mit wachsendem 12

verschwinden, folgert M ade lung die Gleichgewichtsbedingung (4a) B,+ B-= 0 oder B+= - B-= 2(P+- P-)

s. 20 u. 21.

riihren gewisse Vnterschiede der obigen Formeln von den seinen.

1) M. Born , Dpnamik der Kristallgitter, Leipzig und Berlin 1915,

2) Madelung bezeichnet mit n die halbe Gitterkonstante, daher

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Ztyizumik. der RanAchiclzte?a eines Iiristabls vom NaCZ-Typus 1123

Sie ermoglichte, falls die Funktinnen @+, @- nnd CP wirk- lich gegeben waren, die Berechnung der Gitterkonstanten a.

Indem Madelung sodann den Ansatz

+ u+ - - u(4 = (1) n-1 $0 = 2L(1) - 1

inacht, reduzieren sich die Bestimmungsgleicliun,en (1)-(4) auf die folgenden linearen Beziehnngen :

u?)(-A+(l + IZZ)+ IZ(2d++ 2 d + B))

- U 3 A (1 + t c 2 ) + uR)

u+(- (1) 4 + ( l - t c ) + B +B)-uu" ' (B+uA)=-+:n+n

@) \ - u y d (1 + u2) + IZ B) = 0

\ +u(l ' ( - -d_( l+a")+tc12 . -1_+2,1+H)) = o (0)

(71

(8) - u(:)(B + tc A ) + zL':)(A-(l - u) + A + B) = - 4 B- a

Den Ansatz reehtfertigt es, daB diese 4 Gleichungen fiir die 3 Unbekannten u(:), u!) und IZ nicht unabhangig sind. Denn eliminiert man a eininal ails (5) uncl (6), das andere Ma1 aus (7) uncl (8) (beidemal durch Addition der Gleichungen), so tindet inan iibereinstimmend:

Soweit fuhrt Madelung die Rechnung; wii- fugen noch die folgenden, sich dnrch Auflosung der Gleichungen (5) bis (8) in Hinblick auf (4 a) ergebenden Formeln hinzu:

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Zur Uiskussion fragen wir zunachst nacli den Vorzeichen der 6 Konstanten A und B. Denken mi r von den in ((31.1) auftretenden Verriickungen nur 11:' und u:-') von Null verschieden, diese aber einander gleich. Die Kraft X,, inuB dann dasselbe Vorzeichen haben wie sie, da das Ion, auf welches S,, wirkt, die Tendenz zu einer gleichsinnigen Ver- schiebung zeigen muh; d. h. A + ist positiv. Aber auch B und A miissen positiv sein; das erste, weil bei Verriickung aller negativen Ionen der nten Schicht das hier hervorge- hobene, positive Ion infolge der Anziehung mitgenommen wird, das ztveite, weil dasselbe gilt, wenn die negativen Ionen der beiden Nachbarschichten die gleichen Verruckungen zeigen.') Dann ergibt sich der Koeffizient von u!) in (1) als negativ, wie es sein mu6, falls iiberhaupt ein stabiles Gleichgewicht da sein soll. Aus (3) folgt dann noch, daB xuch A- positiv ist. Wegen (2a) ist entweder B , positiv und B- negatiT, oder umgekehrt. Den mathematisch moglichen Fall, daB beide €3-Werte Null sind, schlieBen wir als in der Natur schwerlich verwirklicht von der Betrachtung aus; die Kraftgesetze zwischen je zwei positiven und zwei negativen Ionen werden iinmer etwas verschieden lauten, sowie wir nicht nur die TOE den Gesanitladungen herriihrenden BbstoBungen beriicksichtigen, sondern such die nach Born und anderen Autoren unnmgang- lichen, von der Ausdehnung der Atome herruhrenden Ab- stohungen.

Da i n n alle C bestimmenden Gr6Ben A,, A_, A und I? positiv sind, ist 1 C I > 1. Da sie alle yon der gleichen GrSBenordiiung sein diirften, schliefien wir, daB wir fur diese rohe Abschatzung sogar ~ C ~ als > 1 betrachten diirfen. Das Vorzeichen von C stinimt mit dem des Nenners A+A---nt8 iiberein. 1st C > 1, so gilt, da I cc I < 1 sein muB,

1 2c 1

2c

cf = G - 1 J C L 1 = __ > 0 ; ist C' < - 1, hingegen

ri=C++1/cfZ-- I = - < o . 1) Dal3 B > 0, folgt schon nach (la) daraus, daB zaischen ver-

schiedenartigen Ionen Anziehung herrschen mu& zum Ausgleich gegen die sonstigen, lediglich abstol3enden Krafte.

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Dynanaik der Ra?zdschichten. e k e s hi.istalls cons NaC1-Typw 1 125

In beiden Fiillen ist J a J < 1 . Die Verruckungen nehmen mit zunehmenden n rasch ah. Im letzteren Fall haben die Verriickungen derselben Ionenart in benschbarten Schichten entgegengesetzte Werte. Der im Nenner von (10) und (11) vorkommende Summand

(A+ A- - A*)' =- 2 L'l* + ,a, A- f- A) + B (A , + A- + 1 A )

ist stets negativ, aber so klein gegen den davorstehenden Summanden (A + + A ) (A- + *4) + B (A + + A- + 2 A) , daB man ihn vernachlassigen kana

Unterscheiden sich nun die Kraftgesetze zwischen den positiven Ionen einerseits und den negativeri Ionen anderer- seits nur wenig, so sind die Differenzen (A + - A_) , (P+ - P-) , klein gegen A , und A- selbst. Diese Voraussetzung wird in besonders hohem MaBe erfiillt sein bei KC1, da dort beide Ionenarten die Elektroneiiverteilung des Argons zeigen. Aber auch bei NaCl wird der Edelgascharakter beider Ionen fur die Giiltigkeit der Annahme ausreichen. Nach (10) und (11)

,p - w- (1) -3; (u? 4- u'1') sind dann die Zahlen -+-- und klein a gegen 1. Aber wahrend die erstere nur klein ist von der ersten Ordnung, ist die zweite, welche wegen der Kleinheit von u init der Abstandsanderurig des aufiersten Netzebenen- pa.nres so ziemlich identisch ist, klein von der zweiten Ord- nung. Dies, sovie die schnelle Abnahme dieser Absfande nach innen, erklart wohl hinreichend? varurn die bisherigen Elektronenbeugungsversuche iiberhaupt keine h d e r u n g des Netzebenenabstandes haben erkennen lassen.

Nit der Differenz u': - dn - hangt, wie Madelnng be- tent, ein Potentialsprung coin Betrage

(e Elementarladung')

zusammen; dieser ist aber nicht identisch init den1 inneren Potential E,, Ton welchem die corst,ehende Arbeit redet. Vielmehr ergabe es in eineni nichtleitenden Kristall schon

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ohne alle Ladangsverschiebungen an den Grenzen ein von Null verschiedenes iiineres Potential.’) Der genannte Potential- sprung kame zu ihm additiv hinzu. Eiiie Diskussion daruber aber hat mohl erst d a m einen Zweck, 11-enn es gelingt, dies E,, zu messen. Die vorstehende Arbeit betont ausdrucklich, daB ihr dies bei den nichtleitenden Kristallen nicht ge- Inngen ist.?)

1) 11. v. L a u e , Berliner Sitzungsberichte 1930, S. 26. 2 ) Gar nicht zuzustimmen vermogen wir der Berechnung der

Alnderung des Netzebenenabstandes durch J. E. L e n n a r d - J o n e s und B. M. Dent (Proc. Roy. SOC. A. 121. S. 247. 19281, dn sie fiir die positiven und negativen Ionen derselben Schicht gleichgroSe Ver- schiebungen in derselben Richtung voraussetzen. Denn so vie1 scheint uns trotz aller ,\laingel an M a d e l u n g s Berechnung richtig, daS nach G1. @a) die Vcrschiebungen entgegengesetzte Riehtungen haben , und deshalh mesentlich groBer sind, als die Anderung des Netzebenen- abstandes.

(Eingegangen 26. Marl 1030)