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Nova Scotia Karte siehe Farbteil S. 2/3 Reise- und Zeitplanung 163 South Shore Diese Region müssen die Neuschotten im Sinn gehabt haben, als sie das Motto der Provinz prägten: So Much to Sea (ein kaum zu übersetzendes Wortspiel aus So much to see – „So viel zu sehen” und So much for the sea – „So viel zum Thema Meer“). Der tosende Atlantik bricht sich in schäumenden Wellen an der tief ge- furchten Küste, die sich von Lunenburg bis nach Yarmouth erstreckt. Nur 3 Std. Autofahrt sind es zwischen diesen beiden Städten, und dennoch empfiehlt es sich, mindestens zwei oder mehr Tage einzuplanen, um auch die verborgensten Winkel dieser so typisch neuschottischen Region erkunden zu können. Häfen und Städte reihen sich aneinander wie eine Abfolge von lebensgroßen Hochglanz-Postkarten- Motiven. Einige davon kennen selbst Nichtinsider vom Namen – Peggy’s Cove, Mahone Bay und Lunenburg –, dennoch wird jeder sie für sich ganz neu entdecken. Die South Shore endet in Yarmouth, wo der Atlantik auf die Bay of Fundy trifft. Die Einheimischen behaupten, hier seien die Wikinger vor 1000 Jahren an Land gegan- gen und hätten die Inschrift in jenen Felsblock gehauen, der sich heute am Vorder- eingang des Yarmouth County Museums bef indet. Der zerklüftete Küstenstrich von Yarmouth beeindruckte auch den frühen Entdecker Samuel de Champlain, der den äußersten Ausläufer des Hafens auf den Namen „Cape Fourchu“ (Gefurchtes Kap) taufte. Wie die Wikinger, legte de Champlain nur an und fuhr wieder, genauso wie Tausende von Besuchern, die mit der Fähre hier ankommen und sich gleich weiter auf den Weg zu entfernteren Zielen der Provinz machen. Schade für sie, aber umso besser für alle Reisenden, die bleiben. Radsportler befahren gern die Küsten- straßen im Hinterland von Yarmouth. Am Chebogue Point südlich des Hafens blü- hen im Juni purpurfarbene, rosa und weiße Lupinen, und im Sommer tummeln sich in den Sümpfen die weiß geflügelten Schlammtreter (willets). Romantische Idylle an der South Shore

Nova Scotia - michael-mueller-verlag.de · Nova Scotia Karte siehe Farbteil S. 2/3 Reise- und Zeitplanung 163 South Shore Diese Region müssen die Neuschotten im Sinn gehabt haben,

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South Shore Diese Region müssen die Neuschotten im Sinn gehabt haben, als sie das Motto der Provinz prägten: So Much to Sea (ein kaum zu übersetzendes Wortspiel aus So much to see – „So viel zu sehen” und So much for the sea – „So viel zum Thema Meer“). Der tosende Atlantik bricht sich in schäumenden Wellen an der tief ge-furchten Küste, die sich von Lunenburg bis nach Yarmouth erstreckt. Nur 3 Std. Autofahrt sind es zwischen diesen beiden Städten, und dennoch empf iehlt es sich, mindestens zwei oder mehr Tage einzuplanen, um auch die verborgensten Winkel dieser so typisch neuschottischen Region erkunden zu können. Häfen und Städte reihen sich aneinander wie eine Abfolge von lebensgroßen Hochglanz-Postkarten-Motiven. Einige davon kennen selbst Nichtinsider vom Namen – Peggy’s Cove, Mahone Bay und Lunenburg –, dennoch wird jeder sie für sich ganz neu entdecken. Die South Shore endet in Yarmouth, wo der Atlantik auf die Bay of Fundy trifft. Die Einheimischen behaupten, hier seien die Wikinger vor 1000 Jahren an Land gegan-gen und hätten die Inschrift in jenen Felsblock gehauen, der sich heute am Vorder-eingang des Yarmouth County Museums bef indet. Der zerklüftete Küstenstrich von Yarmouth beeindruckte auch den frühen Entdecker Samuel de Champlain, der den äußersten Ausläufer des Hafens auf den Namen „Cape Fourchu“ (Gefurchtes Kap) taufte. Wie die Wikinger, legte de Champlain nur an und fuhr wieder, genauso wie Tausende von Besuchern, die mit der Fähre hier ankommen und sich gleich weiter auf den Weg zu entfernteren Zielen der Provinz machen. Schade für sie, aber umso besser für alle Reisenden, die bleiben. Radsportler befahren gern die Küsten-straßen im Hinterland von Yarmouth. Am Chebogue Point südlich des Hafens blü-hen im Juni purpurfarbene, rosa und weiße Lupinen, und im Sommer tummeln sich in den Sümpfen die weiß geflügelten Schlammtreter (willets).

Romantische Idylle an der South Shore

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Highlights Peggy’s Cove (S. 166): Nova Scotias berühmtestes Dorf ist ein Juwel für Fo-tografen, das man auf keinen Fall versäumen sollte. Die Kirchen von Mahone Bay (S. 173): Am Ufer aufgereiht, spiegeln sich drei historische Kirchen im Wasser der reizvollen Mahone Bay. Classic Boat Festival (S. 174): Zahlreiche Segler und Schiffsbauer sind mit von der Partie, wenn Anfang August in der Mahone Bay klassische und neu erbaute Holzschiffe gegeneinander antreten. Historische Downtown von Lunenburg (S. 178): Das von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärte Lunenburg ist ebenso interessant wie reizvoll. Blue Rocks (S. 179): Lichtjahre entfernt von den Touristenmassen in Peggy’s Cove erscheint einem dieses fotogene Fischerdorf, das sich an die Felsküste klammert. Bluenose II (S. 180): Lunenburg ist bekannt für seinen Holzschiffsbau – wie könnte man den Hafen also besser kennenlernen als von Bord eines be-rühmten Schiffes aus? LaHave Islands (S. 186): Wer einen Abstecher vom viel befahrenen South Shore Highway macht, entdeckt diese kleinen Inseln mit einer bunten An-sammlung von Cottages und Hütten. Shelburne Historic Disctrict (S. 190): Eine wunderbare Sammlung von 200 Jah-re alten Holzhäusern erweckt die Ära des Schiffsbaus zu neuem Leben.

Reise- und Zeitplanung Es ist möglich, die bekanntesten Städte dieses Küstenabschnitts an einem Tag zu besichtigen und dann nach Halifax zurückzufahren. Tun Sie es aber nicht! Ange-brachter ist es, für jeden Ort, den man besichtigen möchte, einen vollen Tag einzu-planen. Wie überall in Nova Scotia, lässt es sich hier abends wunderbar schlem-men, und die Region ist bekannt für ihr Überangebot an erstklassigen Landgast-häusern mit öffentlichen Speisesälen. Viele der Gasthäuser sind in umgestalteten historischen Bauten und Herrenhäusern untergebracht, und die Kategorien reichen

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von „besser“ über „bestens“ bis zu „wunderschön“. Die eigentlichen Attraktionen jedoch sind die Städte. Auch wer nur eine Woche für die Provinz Zeit hat, sollte wenigstens eine Nacht in Mahone Bay oder Lunenburg verbringen. Ersteres ist be-kannt für seine drei Hafenkirchen, Lunenburg ist UNESCO-Weltkulturerbe. Wäh-rend ein Abstecher nach Peggy’s Cove schon fast obligatorisch ist, sollte man auch weniger berühmte Dörfer wie Blue Rocks bei Lunenburg auf seiner Route einplanen. Die beiden größten Highlights der South Shore erfordern etwas Vorausplanung – für das Classic Boat Festival muss man Anfang August anreisen, einen Segeltörn auf der Bluenose II möglichst vorab reservieren. Reisende mit straffem Zeitplan sollten in Lunenburg kehrtmachen, wenngleich der Rest der South Shore auf jeden Fall einen Besuch wert ist und einen auf die Besich-tigung der Fundy-Küste vorbereitet. Dieser Küstenstrich, in dem nur ein paar Hun-dert Seelen leben, bietet zahlreiche Provinzparks und Refugien wie die LaHave Is-lands. Die größte historische Sehenswürdigkeit zwischen Lunenburg und Yar-mouth ist der Shelburne Historic District. Wer plant, das südwestliche Nova Scotia zu umfahren oder von Maine kommend mit der Fähre in Yarmouth anlegt, sollte idealerweise in Shelburne übernachten. Zusammen mit einer Nacht in Lunenburg oder Mahone Bay hat man so drei Tage Zeit für die Besichtigung der South Shore – nicht genug, um alles zu sehen, aber doch ausreichend, um die größten Highlights kennenzulernen.

Von Halifax nach Mahone Bay Von Halifax Downtown aus sind es 105 km auf dem Hwy. 103 bis nach Lunenburg. Um die traumhaften Aussichten besser genießen zu können, empf iehlt es sich je-doch, die Schnellstraße zu meiden und auf den kleineren Küstenstraßen zu fahren. Das bekannteste Dorf in ganz Nova Scotia ist Peggy’s Cove, das 40 km südwestlich von Halifax Downtown liegt und über den Hwy. 333 zu erreichen ist. Inzwischen verläuft der Hwy. 103 direkt nach St. Margaret’s Bay, von wo aus der kleinere Hwy. 3 zu mehreren reizvollen Städten rund um Mahone Bay und zu den Inseln in der Bucht führt. Eine davon, Oak Island, hat in puncto Schatzsucherlegenden schon viel von sich reden gemacht – Piraten sollen hier im 16. Jh. eine Beute von unschätzbarem Wert vergraben haben.

Peggy’s Cove Der meistfotograf ierte Ort in den Atlantikprovinzen liegt südwestlich von Halifax. Die Häuser des winzigen Fischerdörfchens kleben wie Muscheln an den verwitter-ten Granitfelsen am Rande der St. Margaret’s Bay, der Atlantik bricht sich schäu-mend an der felsigen Küste, Fischerboote liegen in der kleinen Bucht vertäut, und über allem ragt der weiße, achteckige Leuchtturm auf – ein Szenerie, wie sie für die Küste Nova Scotias nicht typischer sein könnte. Tagsüber ist der Ort völlig überlaufen mit Touristen (dem schlimmsten Andrang entgeht man vor 9 oder nach 17 Uhr), die an den Kais entlangspazieren oder die verwitterten Granitfelsen rund um den fotogenen Leuchtturm besteigen. Peggy’s Cove ist nur eine 60-Seelen-Gemeinde, deshalb sollte man hier keinen Service wie in einer Großstadt erwarten. Das Dorf bietet nur eine B&B-Unterkunft, ein Restau-rant sowie die deGarthe Gallery (¢ 902/823-2256; Mitte Mai bis Mitte Okt. tägl. 9–17 Uhr). Diese Galerie, die an der Hauptdurchgangsstraße des Ortes liegt, zeigt

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die Werke des bekannten Künstlers William deGarthe, dessen wunderbare Ölge-mälde mit Schifffahrtsmotiven Kunstgalerien auf der ganzen Welt zieren. Hinter der Galerie meißelte deGarthe ein 30 m langes Fries in einen Granitvorsprung, auf dem 32 der Fischer und Familien des Küstendorfs abgebildet sind. Traurige Berühmtheit erlangte die Stadt im September 1998, als eine Swissair MD-11-Maschine auf ihrem Flug von New York nach Genf in den seichten Gewässern vor der Küste abstürzte und dabei alle 229 Personen an Bord ums Leben kamen. Ein kleiner Gedenkstein ragt 2 km westlich des Dorfes am Hwy. 333 über dem At-lantik auf.

Reisepraktisches ____________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________ ____________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________

•Übernachten Die einzige Unterkunft be-sitzt gerade mal fünf Zimmer – deshalb sollte man frühzeitig buchen, wenn man die Nacht in diesem entzückenden Dorf verbringen will. Das am oberen Ende der Bucht gelegene Peggy’s Cove Bed and Breakfast (17 Church Rd., ¢ 902/823-2265 oder 877/725-8732, www.peggyscovebb.com; $ 125–145 für 1/2 Pers. inkl. Frühst.) hat fünf gut möblierte Gästezimmer mit WLAN-Internetzugang, Gemeinschaftsbereich, Spei-sesaal und Terrasse mit traumhafter Aus-

sicht über die Bucht. Das Gästehaus ist ganzjährig geöffnet, Im Winter fallen die Preise auf $ 95–115. •Essen und Trinken Die Straße durch das Dorf endet am Sou’wester Restaurant (178 Peggy’s Point Rd., ¢ 902/823-2561; Juni–Sept. tägl. 8–21 Uhr, Okt.–Mai tägl. 9–20 Uhr), einem höhlenartigen Lokal mit äu-ßerst verlockender Speiskarte. Da es zu-dem das einzige Speiselokal der Stadt ist, folgen die meisten diesem Lockruf – des-halb sollte man möglichst vor 10 oder nach

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17 Uhr zum Essen hierherkommen. Die Speisekarte hat eindeutig maritimen Cha-rakter, mit Gerichten wie Fischküchlein, ein-gelegten roten Beten und Eierspeisen zum Frühstück. •Touren Wer ohne Auto in Halifax ist, hat zwei Möglichkeiten, Peggy’s Cove zu besu-chen. Peggy’s Cove Express (¢ 902/422-4200; Juni–Sept.) ist ein Bootsservice, der tägl. um 10 Uhr am Cable Wharf in Halifax

ablegt und um 16.15 Uhr zurückfährt. Die Hin- und Rückfahrt kostet $ 70, für Senioren $ 63 und für Kinder $ 50; im Fahrtpreis ist ei-ne geführte Tour durch das Dorf enthalten. Ambassatours (¢ 902/423-6242 oder 800/565-7173) bietet einen dreistündigen Ausflug nach Peggy’s Cove (Abfahrt ab Halifax Juni bis Mitte Okt. tägl. 12.30 Uhr), die Hin- und Rückfahrt kostet $ 48, für Kinder $ 34.

Von Peggy’s Cove nach Chester Der Hwy. 333 schlängelt sich hinter Peggy’s Cove nach Norden an einer Reihe klei-ner Fischerdörfer vorbei und trifft dann auf den Hwy. 3 (der Hwy. 103, der geteilte Highway entlang der South Shore, führt ins Landesinnere, deshalb auf den älteren Hwy. 3 wechseln). Auch wenn man hier nichts zwingend gesehen haben muss, ist die Route, die die St. Margaret’s Bay umrundet, ausgesprochen schön. Grand View Motel and Cottages (Hwy. 3, Black Point, ¢ 902/857-9776 oder 888/591-5122, www.grandviewmotelandcottages.com; Mai bis Mitte Nov.) besticht

durch seine herrliche Lage am Hafen, etwa 8 km von der Kreuzung zum Hwy. 333 entfernt. Die zehn Motelzim-mer ($ 80–100 für 1/2 Pers.) sind ge-pflegt und haben Fenster mit Blick aufs Wasser. Die drei 2-Zimmer-Cottages ($ 165 für 1/2 Pers.) sind geräumiger und verfügen über Küche und Terrasse. Am Ufer sind Gartenmöbel aufgestellt. Weiter westlich in Hubbards liegt das Trellis Café (22 Main St., ¢ 902/857-1188; Mo–Do 9-16, Fr–So 10–21 Uhr), ein Restaurant mit farbenfrohem Innen-dekor, das am Wochenende manchmal Livemusik bietet. Lässige Atmosphäre. Die durch ein Spalier (trellis) geschützte Terrasse, die ihm seinen Namen gab, eignet sich prima zum Mittagessen an warmen Tagen. Die meisten Hauptge-richte kosten unter $ 20; noch mehr Geld sparen kann man, wenn man meh-rere Vorspeisen bestellt – z. B. Fish Chowder (sämige Fischsuppe, $ 9) und dazu Fischküchlein ($ 8). Der hinter Hubbards beginnende Queensland Beach ist ein beliebter Sandstrand. Hier genießt man ein ge-fahrloses – aber frostiges – Badever-gnügen. Eine Süßwasserlagune lockt hier viele Vogelarten an.

Peggy’s Cove ist das bekannteste Fischerdorf in Nova Scotia