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ISSN 0378-5106 Nr. 28 Januar – April 2003/I B E R U F S B I L D U N G Europäische Zeitschrift

Nr. 28 Januar – April 2003/I ISSN 0378-5106 Die BERUF S · Nr. 28 Januar – April 2003/I ISSN 0378-5106 Die Europäische Zeitschrift Berufsbildung erscheint dreimal jährlich in

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ISSN 0378-5106Nr. 28 Januar – April 2003/I

Die Europäische Zeitschrift Berufsbildungerscheint dreimal jährlich in fünf Sprachen (DE, EN, ES, FR, PT). Ein Jahresabonnement umfasst alle im Kalenderjahr(Januar bis Dezember) erscheinenden Ausgaben derEuropäischen Zeitschrift Berufsbildung. Es verlängertsich automatisch um ein Kalenderjahr, falls es nichtbis zum 30. November gekündigt wird. Die Europäische Zeitschrift Berufsbildung wird Ihnenvom Amt für amtliche Veröffentlichungen der EG,Luxemburg, zugesandt. Die Rechnung erhalten Sie von Ihrem zuständigen EU-Vertriebsbüro. Im Preis ist die Mehrwertsteuer nicht enthalten.Zahlen Sie bitte erst nach Erhalt der Rechnung.

CEDEFOP

Europe 123, GR-570 01 Thessaloniki (Pylea)Postadresse: PO Box 22427, GR-551 02 ThessalonikiTel. (30) 2310 490 111 Fax (30) 2310 490 099E-Mail: [email protected] Homepage: www.cedefop.eu.int Interaktive Website: www.trainingvillage.gr

Europäisches Zentrum für die Förderung der Berufsbildung

Europäische Zeitschrift Berufsbildung

Nr. 28 Januar – April 2003/I

B E R U F S

B I L D U N GE u r o p ä i s c h e Z e i t s c h r i f t

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Cedefop

BERUFSBILDUNG NR. 28 EUROPÄISCHE ZEITSCHRIFT

CedefopEuropäisches Zentrum

für die Förderungder Berufsbildung

Europe 123GR-570 01 THESSALONIKI

(Pylea)

Postanschrift:PO Box 22427

GR-551 02 THESSALONIKI

Tel. (30) 23 10 49 01 11Fax (30) 23 10 49 00 99

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Haben Sie Interesse daran, einen Beitrag zu verfassen?Dann lesen Sie bitte Seite 118.

Das Cedefop unterstützt die Euro-päische Kommission dabei, durchden Informationsaustausch undErfahrungsvergleich zu Themenvon gemeinsamem Interesse fürdie Mitgliedstaaten die Berufsbil-dung und die ständige Weiterbil-dung auf Gemeinschaftsebene zufördern und weiterzuentwickeln.

Es stellt Verbindungen zwischender Berufsbildungsforschung,-politik und -praxis her. Es verhilftden politischen Entscheidungsträ-gern und praktisch Tätigen auf al-len Ebenen der EU zu einem bes-seren Verständnis der Entwicklun-gen im Bereich der Berufsbildung,um ihnen Schlussfolgerungen fürkünftige Tätigkeiten zu erleich-tern. Es bemüht sich ferner dar-um, Wissenschaftler und Forscherzur Ermittlung von Entwicklungs-tendenzen und Zukunftsfragenanzuregen.

Der Verwaltungsrat des Cedefophat sich für den Zeitraum 2000 bis2003 auf eine Reihe mittelfristigerPrioritäten verständigt. In ihremRahmen konzentrieren sich dieTätigkeiten des Cedefop auf vierHauptthemenbereiche:

❏ Förderung der Kompetenzenund des lebensbegleitenden Ler-nens;❏ Förderung neuer Lernformenim gesellschaftlichen Wandel;❏ Förderung von Beschäftigungund Wettbewerbsfähigkeit;❏ Verbesserung des gegenseitigenVerständnisses und der Transpa-renz in Europa.

Die von den Autoren geäußerten Ansichten decken sich nicht notwendigerweisemit der Position des Cedefop. In der Europäischen Zeitschrift für Berufsbil-dung haben die Autoren das Wort, um ihre Analysen und unterschiedlichen,teilweise sogar gegensätzlichen Standpunkte darzulegen. Auf diese Weise willdie Zeitschrift einen Beitrag zur kritischen Diskussion leisten, die für die Zu-kunft der beruflichen Bildung auf europäischer Ebene unerlässlich ist.

Redaktioneller Beirat:

VorsitzenderMartin Mulder Wageningen University, Niederlande

Steve Bainbridge Cedefop, GriechenlandAviana Bulgarelli Isfol, ItalienJuan José Castillo Universitad Complutense de Madrid, SpanienUlrich Hillenkamp Europäische Stiftung für Berufsbildung, ItalienTeresa Oliveira Universidade Nova de Lisboa, PortugalLise Skanting Dansk Arbejdsgiverforening, DänemarkHilary Steedman London School of Economics and Political Science,

Centre for Economic Performance, Vereinigtes KönigreichIvan Svetlik University of Ljubljana, SlovenienManfred Tessaring Cedefop, GriechenlandÉric Verdier Centre National de la Recherche Scientifique (CNRS),

LEST/CNRS, Frankreich

Redaktionssekretariat:

Erika Ekström Institutet För Arbetsmarknadspolitisk Utvärdering(IFAU), Schweden

Jean-François Giret CEREQ, FrankreichGisela Schürings Europäische Stiftung für Berufsbildung, Italien

Chefredakteur:

Éric Fries Guggenheim Cedefop, Griechenland

Verantwortlich:Johan van Rens, DirektorStavros Stavrou, stellvertretender Direktor

Übersetzung:Corinna Frey

Layout: Zühlke Scholz & PartnerWerbeagentur GmbH, Berlin

Umschlag: Rudolf J. Schmitt, Berlin

Technische Produktion mit DTP:Axel Hunstock, Berlin

Redaktionsschluss: 18.3.2003

Nachdruck – ausgenommen zu kommerziellenZwecken – mit Quellenangabe gestattet

Katalognummer: TI-AA-03-028-DE-CPrinted in Belgium, 2003

Diese Zeitschrift erscheint dreimal jährlich aufDeutsch, Englisch, Französisch und Spanisch.

Die portugiesische Sprachversionwird veröffentlicht von:CIDESMinistério do Trabalho e da SolidariedadePraça de Londres 2-2°P-1049-056 LisboaTel. (351-21) 843 10 36Fax (351-21) 840 61 71E-mail: [email protected] kann dort direkt bezogen werden.

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BERUFSBILDUNG NR. 28 EUROPÄISCHE ZEITSCHRIFT

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InhaltForschungsbeiträge

Die Position junger Erwerbspersonen im Beschäftigungssystemim europäischen Vergleich ..................................................................................... 3Thomas Couppié; Michèle MansuyDer Eintritt junger Menschen ins Erwerbsleben ist in den Ländern der Europäi-schen Union oft Gegenstand sozialwissenschaftlicher Untersuchungen. Dervorliegende Artikel zeigt zunächst die beträchtlichen Unterschiede auf, diezwischen den Ansätzen in den einzelnen Ländern bestehen. Anschließendwerden komparative Indikatoren entwickelt, die die besondere Situation derBerufsanfänger auf den europäischen Arbeitsmärkten zumindest teilweiseerhellen können.

Eine pädagogische Rahmenstruktur für das Onlinelernen ............................ 25Shyamal MajumdarZwar sind in der Literatur einige Belege für die Wirksamkeit von Online-Lehrgängen zu finden, doch ist nur wenig darüber bekannt, welche Lern-strategien für diese Form der Ausbildung angewandt werden sollten. Im vorlie-genden Artikel werden die charakteristischen Merkmale des Onlinelernens auserkenntnistheoretischer und pädagogischer Sicht erörtert.

Die Bedeutung des kompetenzbasierten Ansatzes für die Konzeptionder beruflichen Bildung. Ein Paradigmenwechsel in der arbeitsplatz-bezogenen Ausbildung und der Wissensentwicklung in Unternehmen....... 37Burkart SellinTrotz zunehmender Anstrengungen der Unternehmen in der Personalentwick-lung, Aus- und Weiterbildung ihrer Beschäftigten hat sich noch kein tragfähigesKonzept arbeitsorientierter Kompetenzentwicklung durchgesetzt. Es wird nochviel experimentiert und kurzfristig operiert, obwohl seit längerem solche Konzep-te existieren.

Analyse der Berufsbildungpolitiken

Ausbildung und Flexibilisierung der Arbeitsorganisationin den europäischen Unternehmen der Metallindustrie:die Situation in Spanien, Frankreich, Italien und Portugal ............................ 55Ángel Hermosilla Pérez; Natalia OrtegaDie Einführung flexibler Formen der Arbeitsorganisation in Unternehmen desmetallverarbeitenden und Maschinenbau-Sektors wird durch die Defizite anfachlichen Qualifikationen und übergreifenden Kompetenzen bei den Arbeits-kräften behindert. Dieser Beitrag beleuchtet das Problem und enthält einigepolitische Empfehlungen, wie es zu lösen ist.

Pädagogische Qualifikation des Ausbildungspersonalsim Bauhandwerk.................................................................................................... 75Michael LeidnerZum Erwerb des Meistertitels muss man pädagogische Qualifikationen nachwei-sen, die in den Handwerksbetrieben jedoch selten genutzt werden, da jungeAuszubildende zumeist von einfachen Arbeitern betreut werden. Der Beitragzeigt auf, wie und warum dieser Widerspruch zu beheben ist.

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BERUFSBILDUNG NR. 28 EUROPÄISCHE ZEITSCHRIFT

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Fallstudien

Der Übergang von finnischen Fachhochschulen in die Arbeitswelt ............ 80Marja-Leena StenströmIn diesem Artikel werden die Ergebnisse einer Studie über die Beschäftigungs-position finnischer Fachhochschulabsolventen sechs Monate bzw. ein Jahr nachdem Erwerb ihres Studienabschlusses präsentiert. Wie diese Ergebnisse zeigen,hatten die Fachhochschulabsolventen ein gutes Rüstzeug für eine erfolgreicheStellensuche an die Hand bekommen.

Berufsbildungskooperation mit der VR China .................................................. 90Hans-Günter WagnerDieser Beitrag vermittelt einen Überblick über die Geschichte der Zusammenar-beit zwischen Deutschland und der VR China im Bereich der beruflichenBildung. Er zeigt auf, mit welchen Schwierigkeiten es verbunden war, das dualeAusbildungsmodell auf ein Land zu übertragen, das von schulischen Aus-bildungsstrukturen geprägt ist, in denen sich konfuzianische und sowjetisch-technokratische Elemente mischen.

Lektüre zum Thema

Literaturhinweise .................................................................................................. 99

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Der Eintritt der Jugendlichen ins Erwerbs-leben ist in vielen Ländern der Europäi-schen Union Gegenstand sozialwissen-schaftlicher Untersuchungen (Ryan, 2001).Wie ein Vergleich der einschlägigen Lite-ratur in den einzelnen Ländern (z.␣ B.Jobert, 1995; Hannan, 1999) zeigt, unter-scheiden sich die verfolgten Ansätze je-doch beträchtlich. Dies gilt für die Frage-stellungen und das Untersuchungsfeldebenso wie für die Methoden und Instru-mente, die entwickelt wurden. Der vor-liegende Artikel arbeitet die Unterschie-de zwischen diesen Ansätzen heraus.Unter Berücksichtigung der Unterschiedewerden anschließend Vergleichsindika-toren entwickelt, die die besondere Situa-tion der Berufsanfänger auf den europäi-schen Arbeitsmärkten zumindest teilwei-se erhellen können.

1. Welche Kategorien eig-nen sich für eine verglei-chende Analyse der beruf-lichen Eingliederung vonjungen Menschen in Euro-pa?

Frankreich, Deutschland und das Verei-nigte Königreich weisen sehr unterschied-liche Konstellationen auf, die deutlichmachen, wie schwierig es ist, zu einergemeinsamen Definition der beruflichenEingliederung zu gelangen.

In Frankreich hat sich die Eingliederungzu einem Forschungsthema entwickelt,weil auf institutioneller Ebene die Not-wendigkeit bestand, zu klären, wie ge-

nau Ausbildung und Beschäftigung zu-sammenhängen (Tanguy, 1986). Durch dieSchaffung einschlägiger Einrichtungen(CEREQ, CEE) und Beobachtungsinstru-mente (ONEVA (1), Ausbildungs-Beschäfti-gungs-Bilanzen) hat der französische Staatals Alleinverantwortlicher für die Erstaus-bildung seit Beginn der 70er Jahre aktivzur Entstehung dieses Forschungsfeldesbeigetragen. Anfangs ging es in der Tra-dition der Bildungsplanung darum, dieSteuerung der Berufsbildungspolitik zuoptimieren, um dem Strukturwandel aufdem Arbeitsmarkt Rechnung zu tragenund den künftigen Qualifikationsbedarfvorauszuberechnen (Affichard, 1984). ImLauf der Zeit führte unter anderem diewachsende Jugendarbeitslosigkeit und dieim Vergleich zum Rest der Erwerbs-bevölkerung äußerst prekäre Position jun-ger Menschen auf dem Arbeitsmarkt zueiner Diversifizierung der Anforderungenan das System (Affichard, 1985; Zilberman,1987). Die gewählten Ansätze und die Artder geschaffenen Instrumente spiegelndiese Zielsetzungen wider. Ausgehendvon umfangreichen nationalen Erhebun-gen, die komplexe Informationen über dieberuflichen Werdegänge junger Menschenliefern, wurde beispielsweise die Natio-nale Beobachtungsstelle für den Eintrittins Erwerbsleben (ONEVA) geschaffen.Die genannten Werdegang-Erhebungenstellen die Abgänger aus dem Erstaus-bildungssystem – begriffen als Personen-gruppe an der Schnittstelle zwischen staat-lich gesteuertem Bildungssystem und Ar-beitsmarkt – in den Mittelpunkt und lie-fern über alle Bildungsstufen hinweg eineäußerst detaillierte Beschreibung der er-sten Jahre junger Menschen im Erwerbs-leben.

Thomas CouppiéCéreq

Michèle MansuyCéreq

Die Position jungerErwerbspersonen imBeschäftigungssystemim europäischen Ver-gleich

Dieser Artikel stellt die Ergeb-nisse eines Forschungsvorha-bens vor, das im Rahmen desmit TSER-Mitteln (Programmfür sozio-ökonomische Schwer-punktforschung) finanziertenProjekts CATEWE durchgeführtwurde. Der Beitrag beschreibtzunächst die Probleme, vor dieForscher gestellt sind, die sichmit Fragen des Übergangs vomBildungswesen ins Erwerbsle-ben in den verschiedenen Mit-gliedstaaten der EuropäischenUnion beschäftigen. Gestütztauf einen neuartigen methodi-schen Ansatz werden anschlie-ßend die Ergebnisse präsen-tiert, die eine Reihe recht un-terschiedlicher Indikatoren zurUntersuchung des Übergangs-prozesses betreffen. Dabei le-gen die Autoren, was ihre Er-gebnisse anbelangt, eine gewis-se Bescheidenheit an den Tag.Aber auch wenn sie keine wirk-lich unerwarteten Erkenntnis-se liefern, erweisen sich dieseErgebnisse als durchaus inter-essant.Berufsanfänger sind in Europain der Regel stärker von Ar-beitslosigkeit betroffen als be-rufserfahrene Erwerbsper-sonen. Am unsichersten istdabei die Beschäftigungssitua-tion derjenigen, die keinerleiformales Abschlusszeugnisvorweisen können. Zwar ha-ben arbeitslose Berufsanfängerbessere Chancen, wieder Ar-beit zu finden, aber auch ihrRisiko, einen einmal gefunde-nen Arbeitsplatz wieder zu ver-lieren, ist höher. Hier zeigensich zwischen den einzelneneuropäischen Ländern jedochnach wie vor große Unter-schiede. Auch inwieweit sichdas Abschlusszeugnis auf dasArbeitslosigkeitsrisiko von Be-rufsanfängern auswirkt, istvon Land zu Land sehr unter-schiedlich. Und schließlichbietet auch die Verteilung derBerufsanfänger auf die ver-schiedenen Wirtschaftssek-toren ein sehr heterogenesBild.

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Im Gegensatz dazu widmen sich inDeutschland zahlreiche Untersuchungender Erkundung des aus den beruflichenund postsekundären Bildungsgängen be-stehenden „organisierten Übergangs-systems“, als dessen Dreh- und Angel-punkt das duale System gelten kann(Heinz, 1995). Dieses Übergangssystembasiert auf einem zweistufigen An-passungsprozess: In einem ersten Schrittwerden die Jugendlichen in eine Ausbil-dung (im Fall des dualen Systems in eineLehrlingsausbildung) „kanalisiert“, in ei-nem zweiten Schritt folgt anschließend dieZuweisung an die Arbeitsplätze (Méhaut,1993). Die Struktur des Systems ist dasResultat einer Zusammenarbeit von Un-ternehmen, Sozialpartnern, Bundes-ländern und Bund (Verdier, 1999). Schü-ler- und Erwerbstätigenstatus bilden indiesem Rahmen keinen Gegensatz mehr,sondern können in Kombination auftre-ten (Marry, 1995). Lange Zeit galt dieAufmerksamkeit vor allem der ersten Pha-se, der Kanalisierung in eine Ausbildung,weil ganz offensichtlich vor allem in die-ser Phase die Weichen für die beruflicheZukunft der jungen Menschen gestelltwerden, auch wenn die beiden Phasennicht automatisch miteinander verbundensind, d.␣ h. eine bestimmte Ausbildungnicht zwangsläufig zu einer bestimmtenberuflichen Tätigkeit führen muss (Heinz,1995). Der Werdegang von jungen Men-schen nach Abschluss der Ausbildungstieß auf weit geringeres Forschungs-interesse, umso mehr als die Situation derjungen Deutschen auf dem Arbeitsmarktim Vergleich zu anderen Gruppen derErwerbsbevölkerung als „beispielhaft“ an-gesehen wurde. Einschlägige Untersu-chungen konzentrierten sich im Wesent-lichen darauf, zu überprüfen, inwieweitdie absolvierten Ausbildungsgänge denjeweils beteiligten Berufsgruppen entspra-chen bzw. auf bestimmte Personengrup-pen mit „ungewisser Übergangsperspek-tive“ (Heinz, 1995; Hannan, 1999). Dieserklärt zumindest teilweise, warum nureine vergleichsweise geringe Zahl solcherUntersuchungen vorliegt, diese zudemsehr punktuell sind, auf nationaler Ebenekeinen Anspruch auf Repräsentativität er-heben können und keine Längsschnitt-daten liefern.

Einen dritten Sonderfall stellt das VereinigteKönigreich dar. Die Forschung zu Fragendes Übergangs vom Bildungswesen ins Er-

werbsleben bietet dort ein sehr uneinheit-liches Bild und nur sehr wenige Untersu-chungen befassen sich mit dem Zusam-menhang von Ausbildung und Beschäfti-gung (Raffe, 1995). Dieser Sachverhalt er-klärt sich historisch aus der vergleichsweisegeringen Bedeutung des Schulwesens inGroßbritannien, eine Folge des recht be-grenzten staatlichen Engagements im Be-reich der Ausbildungsorganisat ion(Tanguy, 1995). Die staatliche Einfluss-nahme hat sich traditionell auf eine Steue-rung des Ausbildungsmarktes beschränkt;direktere staatliche Eingriffe gab es nur imBereich des allgemeinbildenden Pflicht-schulunterrichts. Diese Marktsteuerung hateine Vielfalt an Ausbildungsgängen und anentsprechenden Ausbildungsanbietern her-vorgebracht. In einem solchen Umfeld istdie Ausbildung weniger als anderswo aufeine bestimmte Altergruppe und eine be-stimmte Lebensphase beschränkt und we-niger die Aufgabe ganz bestimmter spe-zialisierter Einrichtungen(2). Diese Situati-on hat dazu beigetragen, das geringe Bil-dungsniveau junger Menschen im Verei-nigten Königreich zu zementieren, zumalvom Arbeitsmarkt eine große Anziehungs-kraft ausgeht (Tanguy, 1995; Marsden,1990). In diesem Kontext wird die berufli-che Bildung zu einem beträchtlichen Teilnach dem Einstieg ins Erwerbsleben ver-mittelt (Raffe, 1995) und Ausbildung undBeschäftigung sind weit weniger vonein-ander getrennte Sphären als in Frankreich(Tanguy, 1995). Die Untersuchungen zurFrage der beruflichen Eingliederung vonjungen Menschen lassen sich grob zweigroßen Forschungsschwerpunkten zuord-nen. Die einen stellen den Arbeitsmarkt inden Mittelpunkt und befassen sich mitTheorien der Arbeitsmarksegmentierungund der Position junger Menschen in deneinzelnen Segmenten (Ashton, 1995). Dieanderen konzentrieren sich auf der Basismehrjähriger Kohortenstudien primär aufdie Laufbahnen innerhalb des Bildungs-systems und die Auswahlentscheidungender Jugendlichen (Raffe, 1995). Vor allemdies erklärt die Besonderheit der in Groß-britannien durchgeführten Folgeerhe-bungen. Sie sind so angelegt, dass sie denWerdegang eines gesamten Altersjahrgangsverfolgen. Dabei ist es unerheblich, ob essich primär um ausbildungs- oder umarbeitsmarktbezogene Erhebungen han-delt. Erfasst werden die Jugendlichen inder Regel ab Vollendung des 16. Lebens-jahres – in diesem Alter endet die Schul-

(1) Nationale Beobachtungsstelle fürden Eintritt ins Erwerbsleben (Ob-servatoire national des entrées dansla vie act ive) des Zentrums fürQualifikationsforschung (Céreq).

(2) „Häufiger als anderswo können un-terschiedliche Einrichtungen auf denErwerb eines bestimmten Abschlussesund eine Einrichtung auf den Erwerbunterschiedlicher Abschlüsse vorbe-reiten“ (Tanguy, 1995).

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pflicht – bis zur Vollendung des 19. Le-bensjahres, bis zu einem Zeitpunkt also,an dem die grundlegenden Ausbildungs-entscheidungen bereits gefallen sind (Raf-fe, 1995).

Vor diesem Hintergrund stellt sich einevergleichende Analyse der beruflichenEingliederung in verschiedenen Ländernsowohl in theoretischer als auch in prak-tischer Hinsicht als große Herausforde-rung dar. Die unterschiedlichen Konzep-te, die in den einzelnen Ländern hinterdem Begriff des Übergangs vom Bildungs-wesen ins Erwerbsleben stehen, sind nichtproblemlos auf einen Nenner zu bringen.Außerdem steht kein einschlägiges ge-meinsames statistisches Instrumentariumzur Verfügung. Herkömmlicherweise wirddieses Problem dadurch umgangen, dassman nicht die berufliche Eingliederung alssolches untersucht, sondern sich auf dieberufliche Situation junger Menschen ver-schiedener Altersgruppen konzentriert.Ein solcher Ansatz trägt den Schwächender einschlägigen internationalen statisti-schen Quellen Rechnung und hat denVorzug, dass er die Analysekategorie ob-jektiviert und so ein Konstrukt schafft, daseinen echten länderübergreifenden Ver-gleich ermöglicht. Außerdem erlaubt eres bis zu einem gewissen Punkt, heraus-zuarbeiten, wo die ermittelten Faktenländerübergreifende Regelmäßigkeitenund nationale Unterschiede aufweisen.Ein solcher Ansatz stößt aber auch anGrenzen. In der Praxis führt diese Lösungdazu, dass nicht mehr eine ihrem Wesennach dynamische Erscheinung untersucht,sondern die Situation einer Bevölke-rungsgruppe zu einem ganz bestimmtenZeitpunkt beobachtet wird, eine Tatsache,auf die zahlreiche Autoren hinweisen (bei-spielsweise Rose, 1998; Couppié, 2000;Béduwé, 1998). José Rose (1998) stelltferner fest, dass „es nur dann Sinn macht,eine Person mit Blick auf die Beschäfti-gung als ‚jung‘ zu qualifizieren, wenn manklarstellt, dass sich dieses Adjektiv nichtauf das Alter als solches, sondern auf denZugang zur Beschäftigung bezieht. Wielange sich eine Person bereits auf demArbeitsmarkt befindet, ist ein entscheiden-des Kriterium: Je länger der Einstieg insErwerbsleben zurückliegt, desto mehrverlieren sich die typischen Kennzeichendes Berufsanfängers […]. Dies bestätigt,dass die berufliche Sozialisation und derErwerb von Arbeitserfahrung enorm wich-

tig sind.“ Statistiken, die eine Aufschlüs-selung der Daten nach Alter vornehmen,erfassen also per definitionem junge Men-schen mit einem sehr unterschiedlichenMaß an Arbeitserfahrung. Eine solcheNichtberücksichtigung der Rolle derArbeitserfahrung kann zu Problemen beider Interpretation anderer Variablen füh-ren. Dem in einem bestimmten Alter er-reichten Bildungsniveau beispielsweisekommt für denjenigen, der seine Ausbil-dung abgeschlossen hat, eine ganz ande-re Bedeutung zu als für denjenigen, derseine Ausbildung fortsetzt.

Ein zweite Lösung ist jüngeren Datums.Im Rahmen verschiedener vergleichenderUntersuchungen wurde der Versuch un-ternommen, den komplexen und dispa-raten Prozess des Übergangs vom Bil-dungswesen ins Erwerbsleben zu be-rücksichtigen. Es wurden spezielle Kate-gorien entwickelt, um diese Heterogeni-tät fassen zu können (z.␣ B. Barailler, 1997;Hannan, 1998; Couppié, 1998; OECD1998a und 2000). In der Praxis jedoch isteine solche Herangehensweise aufgrundunzureichender internationaler statisti-scher Quellen mit erheblichen Schwierig-keiten verbunden. Da ideale Daten – d.␣ h.Daten, die speziell darauf zugeschnittensind, den gesamten Prozess in jedem un-tersuchten Land in gleicher Weise abzu-bilden - nicht verfügbar sind, war mangezwungen, sich bei der Untersuchungauf die verfügbaren Erhebungen zu be-schränken. Hier lassen sich zwei Ansätzeunterscheiden:

❏ Ein Ansatz bestand in der nachträgli-chen Zusammenstellung (OECD, 1998)bzw. Harmonisierung (Hannan, 1998;Hannan, 1999b) nationaler Befragungenvon Schul- bzw. Ausbildungsabgängern,die speziell konzipiert wurden, um dieberufliche Eingliederung von Jugendli-chen und jungen Erwachsenen zu unter-suchen. Die betreffenden Projekte hattenjedoch mit erheblichen Schwierigkeiten zukämpfen – Kohärenz des Untersuchungs-feldes, Einheitlichkeit des Fragenkatalogs,Überschneidung der relevanten Themen,Vergleichbarkeit der Systematiken und derTerminologie –, was ihre potenziellenBeiträge deutlich schmälert (Brannen,2000). Außerdem werden Erhebungendieser Art nur in einigen wenigen Län-dern durchgeführt (einen – nicht erschöp-fenden – Überblick bietet Raffe, 2000);

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❏ der zweite Ansatz bestand in derSekundäranalyse bereits harmonisierterErhebungen zur Situation der Erwerbs-bevölkerung (Barailler, 1997; Couppié,1998). Ausgewertet wurden im Wesentli-chen die europäischen Arbeitskräfteer-hebungen (AKE) und das europäischeHaushaltspanel (ECHP). Die betreffendenUntersuchungen machten deutlich, wo dieGrenzen dieser Datenquellen liegen. Soscheiterten beispielsweise verschiedeneAnsätze zu Klassifizierung der Ausbil-dungsabsolventen letztlich entweder ander Unzulänglichkeit der erhobenen Da-ten – die es nicht erlaubten, ein homoge-nes und eindeutiges länderübergreifendesKategoriensystem zu entwickeln – oderan Größe der Stichproben dieser Erhebun-gen.

Schon dieser kurze Überblick vermittelteinen Eindruck davon, wie schwierig esist, zu einer gemeinsamen europäischenDefinition des Begriffs der beruflichenEingliederung junger Menschen zu kom-men, die über die sehr vagen Beschrei-bungen hinausgeht, wie sie in Frankreichderzeit kursieren (Rose, 1998; Vincens,1997 und 1998; Vernières, 1997). WelchesKonzept hinter der Eingliederung steht,hängt offenbar stark von den jeweiligeninstitutionellen Rahmenbedingungen ab:

❏ Die organisatorischen Merkmale desBildungssystems wirken sich auf die Artund die Wahrnehmung der Qualifikatio-nen aus, die es hervorbringt. Allmendinger(1989) zeigt die sehr unterschiedlichenStrukturmerkmale der Bildungssystemeauf, indem sie diese nach zwei Kriterienklassifiziert: dem Grad der institutionel-len Standardisierung und dem Grad derSchichtung bzw. Differenzierung der an-gebotenen Bildungsgänge. Die Standardi-sierung stellt ein Maß für die relativeHomogenität der Qualifikationen dar,welche die verschiedenen Segmente desBildungssystems hervorbringen, wohinge-gen die (vertikale und/oder horizontale)Schichtung über den Grad an formellerDifferenzierung und Abstufung der ange-botenen Bildungsgänge Aufschluss gibt.So erscheint beispielsweise das britischeSystem wenig standardisiert und zugleichkaum differenziert. Demgegenüber sinddie Systeme in Deutschland und Frank-reich stark standardisiert, das deutscheSystem ist jedoch in wesentlich höheremGrad differenziert als das französische

(Müller, 1998). Beispielhaft sind in dieserHinsicht die Strukturen und Verfahrens-weisen im Bereich der beruflichen Bil-dung (Aventur, 1999). Das Vorhandenseinseparater Bildungsgänge trägt ebenso zurberufsfachlichen Spezif izierung derzertifizierten Qualifikationen bei wie dieForm, in der die einschlägigen Ausbil-dungsinhalte (entweder nur vom Staatoder in Zusammenarbeit mit den Unter-nehmen, den Branchen usw.) festgelegtwerden, und die Formen der Ausbildungs-vermittlung (im Rahmen einer rein schu-lischen oder einer alternierenden Ausbil-dung). Die Natur der verliehenen Ab-schlusszeugnisse hängt nicht zuletzt vondiesen Charakteristika ab. So stellenVerdier und Möbus (1999) fest, dass ei-nem beruflichen Bildungsabschluss inDeutschland eine andere Bedeutung zu-kommt als in Frankreich. Während er inDeutschland grundsätzlich einem Organi-sationsprinzip des Arbeitsmarktes ent-spricht, fungiert er auf dem französischenArbeitsmarkt vor allem als Signal für diezu erwartende Leistungsfähigkeit;

❏ Die organisatorischen Merkmale der Ar-beitsmärkte und die dadurch bedingtentypischen Beziehungen zwischen den So-zialpartnern bestimmen, welchen Ge-brauch die Unternehmen von den Bil-dungsabschlüssen machen und damitauch, welcher Platz jungen Berufsanfän-gern bei der Personaleinstellung einge-räumt wird. Gestützt auf die Arbeit vonMaurice, Sellier und Sylvestre (1982) ar-beiten verschiedene Autoren die Zusam-menhänge heraus, die zwischen der Artdes Arbeitsmarktes, den Merkmalen derArbeitsplätze für junge Menschen sowieder Art und Weise bestehen, in der dieUnternehmen die Bildungsabschlüssenutzen (beispielsweise Marsden, 1990).Wo betriebliche Arbeitsmärkte vorherr-schen, werden junge Berufsanfänger ten-denziell anders behandelt als die übrigenArbeitskräftekategorien. Die Bildungsab-schlüsse werden als Signal für die Fähig-keiten gewertet, die vom Inhaber des be-treffenden Abschlusses erwarten werdenkönnen. Auf beruflichen Arbeitsmärktenhingegen erfolgt die Selektion der Arbeits-kräfte anhand der Qualifikationen, die imRahmen der Ausbildung erworben wur-den. Die Arbeitserfahrung, die der Ein-zelne im Lauf der Zeit erworben hat, spieltdabei nur eine untergeordnete Rolle(Marsden, 1990; Eyraud, 1990);

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❏ Verschiedene Autoren haben daraufhingewiesen, dass die spezif ischenVerknüpfungsprinzipien an der Schnitt-stelle zwischen Bildungssystem und Ar-beitsmarkt maßgeblichen Einfluss daraufhaben, wie sich der Übergang jungerMenschen vom Bildungswesen ins Er-werbsleben gestaltet. So zeigt zum Bei-spiel Marsden (1991) die Interdependen-zen auf, die in Deutschland zwischen derStrukturierung der beruflichen Bildungdurch die betriebliche Lehre auf der ei-nen und der Funktionsweise der berufli-chen Arbeitsmärkte auf der anderen Seitebestehen, wobei eine gut funktionieren-de berufliche Bildung einen gut funktio-nierenden Arbeitsmarkt zur Folge hat.Hannan, Raffe und Smyth (1997) stelleneinen Ansatz zur Klassifizierung dieserVerknüpfungsprinzipien vor. Garonna undRyan (1989) versuchen zu beschreiben,inwiefern diese Prinzipien ein System zurRegulierung der beruflichen Eingliederungjunger Menschen bilden können, und prä-sentieren eine Reihe idealtypischer Regu-lierungssysteme;

❏ Die staatlichen Maßnahmen zur Förde-rung der Eingliederung von jungen Men-schen spielen beim Übergang vom Bil-dungswesen ins Erwerbsleben eine immerwichtigere Rolle. Eine Konvergenz derstaatlichen Beschäftigungspolitik zeichnetsich in Europa derzeit aber nicht ab. WieBarbier und Gautié (1998) in ihrer Arbeitzur Beschäftigungspolitik in Europa (undin den Vereinigten Staaten) unterstreichen,ist eine systematische komparative Analy-se nur dann möglich, wenn es gelingt, dieeinzelstaatlichen Rahmensituationen unddie gesellschaftlichen Zusammenhänge zuerfassen und einzubeziehen. Die Autorenunterscheiden drei grundlegende Katego-rien artverwandter staatlicher Politiken.Eine Kategorie ist den Sozialstaaten libe-ralistischer Prägung zuzuordnen (beispiels-weise den Vereinigten Staaten und demVereinigten Königreich). Eine zweite Ka-tegorie ist konservativ-korporatistisch ge-prägt (und findet sich in unterschiedlicherForm in Deutschland, Frankreich und inden südeuropäischen Ländern). Eine drit-te Kategorie schließlich bilden die Politikensozialdemokratischer Prägung (wie sie sichin den skandinavischen Ländern finden).Sie kommen zu der Feststellung, dass dieKompetenz für die Beschäftigungspolitiktrotz fortschreitender europäischer Eini-gung noch immer primär bei den Einzel-

staaten liegt. Gautié und Lefresne (1997)schließlich führen die vielfältigen Formenstaatlicher Maßnahmen zur Förderung derBeschäftigung junger Menschen und de-ren Beitrag zu den einzelstaatlichen Syste-men des Übergangs vom Bildungswesenins Erwerbsleben zusammen und bestäti-gen in diesem Zusammenhang die vonGaronna und Ryan postulierten ideal-typischen Systeme.

In quantitativen Analysen zum Vergleichder beruflichen Eingliederung von jungenMenschen wurden diese Rahmenbedingun-gen mangels geeigneter Instrumente häu-fig nicht berücksichtigt. Aus diesem Grundsollen hier zunächst einige der sowohlpraktischen als auch theoretischen Schwie-rigkeiten herausgearbeitet werden, die imRahmen derartiger Untersuchungen zubewältigen sind. Zwei Punkte sind beispiel-haft für die Heterogenität des „Outputs“der verschiedenen Bildungssysteme: Zumeinen die Tatsache, dass junge Menschenihre Ausbildung zu recht unterschiedlichenZeitpunkten abschließen, und zum ande-ren die großen Unterschiede, die hinsicht-lich des erreichten Bildungsniveaus beste-hen. Sehr unterschiedlich ist auch die Be-deutung von Zwischenstadien, in denensich junge Menschen in Ausbildung befin-den, zugleich aber auch den Status vonErwerbstätigen haben. Gerade dieses Bei-spiel macht deutlich, wie schwierig es ist,den beruflichen Eingliederungsprozess alssolches präzise zu erfassen und zu be-schreiben.

Anschließend soll ein neuer Ansatz für dievergleichende Analyse der beruflichenEingliederung von jungen Menschen vor-gestellt werden, der im Rahmen desForschungsprojekts CATEWE (Compara-tive Analysis of the Transitions fromEducation to Work in Europe - Verglei-chende Analyse der Übergänge vomBildungssystem zur Arbeit in Europa) ent-wickelt und angewandt wurde. Auch die-ser Ansatz stützt sich auf die Arbeitskräfte-erhebungen. Neu ist, dass bei den Über-legungen der Fokus darauf gerichtet ist,wie lange sich der Einzelne bereits aufdem Arbeitsmarkt befindet, und dass da-von ausgegangen wird, dass der Ein-gliederungsprozess aus ganz bestimmtenPhasen besteht. Eine solche Herangehens-weise führt zwangsläufig dazu, dass auchein Teil der institutionellen ArrangementsBerücksichtigung findet, die für die ein-

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zelnen Bildungssysteme charakteristischsind.

Abschluss der Erstausbildung: Sehrunterschiedliche Zeitverläufe

Die Schulpflicht stellt für alle Länder derEuropäischen Union eine Art gemeinsa-men Sockel dar. Sie gewährleistet trotz desin den einzelnen Ländern unterschiedli-chen Pflichtschulalters, dass praktisch alleJugendlichen, die jünger als 15 Jahre sind,noch die Schule besuchen. Nach Vollen-dung des 15. Lebensjahres nimmt die Aus-bildungsbeteiligung mit zunehmendemAlter ab (Schaubild␣ 1, nach Couppié,2001). Ab einem bestimmten Punkt lau-fen die Situationen in den einzelnen Län-dern dann aufeinander zu, bis ein etwagleicher Restanteil von Personen in Aus-bildung erreicht ist. Der Prozess, an des-sen Ende alle Personen einer Kohorte dasBildungssystem verlassen haben, verläuftjedoch in den einzelnen Ländern extremunterschiedlich(3).

Schaubild 1 hier einfügen:Alle Phasen des Prozesses sind von na-tionalen Besonderheiten geprägt. In wel-chem Alter der Prozess einsetzt und zuwelchen Zeitpunkten die Ausbildung ab-

geschlossen wird, ist sehr unterschiedlich.In einigen Ländern (Griechenland, Itali-en und Portugal) befinden sich schon die15-Jährigen im Übergangsprozess, wäh-rend junge Menschen in anderen Ländern(Belgien, Dänemark, Deutschland undFrankreich) erst mit 18 Jahren in die Über-gangsphase eintreten. Deutliche Unter-schiede zeigen sich auch mit Blick auf denzeitlichen Verlauf dieses Prozesses, undzwar nicht nur zwischen den verschiede-nen Ländern, sondern auch innerhalb ei-nes Landes. In einigen Ländern nimmt derAnteil der Jugendlichen in Ausbildung inden jüngsten Altersstufen ganz allmählichab, bis es schließlich zu einem plötzlichenEinbruch kommt, der sich auf einige we-nige Alterstufen konzentriert, gefolgt voneinem zunehmenden Rückgang (Belgien).In anderen Länder geht der Anteil jungerMenschen in Ausbildung schnell zurück,bis der Rückgang sich schließlich mit zu-nehmendem Alter abschwächt (Vereinig-tes Königreich). Und in manchen Ländernkann die Ausbildungsquote junger Men-schen sogar zeitweilig stagnieren (Öster-reich und Schweden). Auch in welchemAlter der Übergangsprozess generell alsabgeschlossen gelten kann, ist von Landzu Land recht unterschiedlich. Geht mandavon aus, dass dieser Prozess abge-schlossen ist, wenn die Ausbildungs-beteiligung zweier aufeinanderfolgenderAltersstufen um maximal 2% variiert, soergibt sich ein Altersspektrum, das von24 Jahren (im Vereinigten Königreich) biszu 30 Jahren (in Italien) reicht.

Wie groß die Unterschiede zwischen denLändern sind, wird noch deutlicher, wennman die geringste und die höchste Aus-bildungsbeteiligung für jede Alterstufe inder EU als Kurven darstellt. Der Abstand,der die Kurven, die Extremwerte abbil-den, trennt, liegt für die 15- bis 26-Jähri-gen niemals unter 17%. Einen Spitzenwertvon 40% erreicht dieser Abstand für dieAltersgruppe der 19-Jährigen. Hier stehteinem Maximalwert von 80,5% (in Frank-reich) ein Minimalwert von 42,8% (im Ver-einigten Königreich) gegenüber. Ein wei-teres Indiz für die Unterschiede ist dieZahl der Altersstufen, über die sich derProzess des Übergangs von der Ausbil-dung ins Erwerbsleben erstreckt. Zwi-schen dem Zeitpunkt, an dem sich 90%eines Alterjahrgangs in Ausbildung befin-den und dem Zeitpunkt, an dem dieserWert bis auf 10% gesunken ist, liegen in

Schaubild 1

Anteil der in Ausbildung befindlichen Personen nachAltersstufen – Durchschnittswerte 1995-1997

Quelle: Eurostat, EFT 1995 - 1997

Anmerkung zum Verständnis von Schaubild␣ 1: Das Schaubild zeigt für jede Altersstufe den Anteilder in Ausbildung befindlichen Personen. Die mit MIN und MAX bezeichneten Kurven geben für jedeAltersgruppe den geringsten bzw. höchsten Wert an, der in einem Mitgliedstaat der EU beobachtetwurde. So wurde beispielsweise für die 18-Jährigen ein Mindestwert von 61␣ % (im Vereinigten König-reich) und ein Höchstwert von 90␣ % (in Frankreich) ermittelt. Für die 25-Jährigen liegt der Mindest-wert bei 8␣ % (in Belgien) und der Höchstwert bei 32␣ % (in Dänemark).

15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 33 35 >36

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MAX

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MIN

(3) Schaubild 1 zeigt den europäischenDurchschnittswert sowie die in Euro-pa beobachteten Minima und Maxi-ma. Eine grafische Darstellung derWerte für die einzelnen Länder findetsich in Cedefop, 2001.

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Belgien acht Altersstufen (18 bis 25 Jah-re), in Italien hingegen 16 Alterstufen (15bis 30 Jahre).

Mit Blick auf den Abschluss der Ausbil-dung bietet Europa also ein höchst kom-plexes Bild. Diese Vielgestaltigkeit resul-tiert aus der Heterogenität des Ausbil-dungsangebots in den einzelnen Ländernund der Art und Weise, in der dieses An-gebot dem Bildungsbedarf der jungenMenschen entspricht.

Die Struktur der erreichten Bildungs-niveaus bietet ein äußerst heterogenesBild

Die Heterogenität der einzelstaatlichenBildungssysteme wird ebenfalls deutlich,wenn man die Art der erzeugten Qualifi-kationen sowie die Rhythmen vergleicht,in denen diese erzeugt werden. Dies lässtsich anhand von Schaubild␣ 2 veranschau-lichen, das auf den Arbeitskräfteer-hebungen (AKE) basiert (Müller, 2001).Ausgedrückt als Bildungsstufen, denen dieKategorien der von der UNESCO entwik-kelten Internationalen Standardklassifi-kation für das Bildungswesen (Internatio-nal Standard Classification of Education,ISCED) zugrunde liegen, führt das Schau-bild die höchsten Bildungsabschlüsse auf,die - in einem bestimmten Jahr - in deneinzelnen Altersstufen jeweils erwobenwurden(4). Geht man von der Annahmeaus, dass sich die Verhaltensweisen vonAlterstufe zu Alterstufe nur geringfügig än-dern(5), dann beschreibt das Schaubildden Weg einer simulierten Alterskohortedurch das Bildungssystem sowie derenLeistungen. Die Daten liefern eine Füllean Informationen. Zum Einen lässt sichanhand dieser Daten beschreiben, in wel-chem Alter jeweils ein erster Bildungs-abschluss der Sekundarstufe␣ II erworbenwird (ISCED-Stufe␣ 3) und parallel dazulässt sich für jede Altersstufe der Anteilderjenigen isolieren, die noch keineneinschlägigen Abschluss erworben haben(ISCED-Stufen␣ 0-2). Zum Anderen zeigensie, in welchem Alter in der Regel ein er-ster Hochschulabschluss (ISCED-Stu-fen␣ 5-7) erworben wird, und geben Auf-schluss über den Anteil der Personen ins-gesamt, die einen einschlägigen Abschlusserworben haben.

[Schaubild 2 hier einfügen:Zwischen den Situationen in den einzel-nen Ländern zeigen sich enorme Unter-

schiede, und zwar in jeder Hinsicht. Inder Europäischen Union wird ein ersterBildungsabschluss der Sekundarstufe␣ II inder Regel im Alter von 18 bis 20 Jahrenerworben: In diesen Altersgruppen ist derAnteil derjenigen, die einen solchenAbschluss nicht vorweisen können, starkrückläufig. In manchen Ländern schrumpftdieser Anteil extrem schnell. In Griechen-land beispielsweise konzentriert sich diegesamte Entwicklung auf zwei Altersstu-fen, nämlich auf die 18- und 19-Jährigen.In Deutschland oder den Niederlandenhingegen erstreckt sich dieser Rückgangüber sieben Altersstufen (von 17 bis 23Jahren). Hier zeichnet sich ein deutlicherKontrast ab zwischen Bildungssystemenmit einem monolithisch strukturiertenSekundarbereich II und Bildungssys-temen, die stärker ausdifferenzierte (viel-fältiges Angebot an Bildungsgängen undAbschlüssen) oder flexibler angelegteStrukturen aufweisen (Übergänge zwi-schen Bildungszweigen und –gängen,Möglichkeiten der Teilzeitausbildungusw.). Auch der Anteil derjenigen, die kei-nen entsprechenden Abschluss erwerben,variiert in den einzelnen Ländern erheb-lich: In Portugal bleiben in jeder beob-achteten Altersstufe mehr als 50% ohneAbschluss, wohingegen in Schweden inmanchen Altersstufen 90% der Personeneinen einschlägigen Abschluss erwerben,d.␣ h. nur jeder Zehnte ohne Abschlussbleibt.

Ein noch uneinheitlicheres Bild bietet sichmit Blick auf die Hochschulabschlüsse. Sovariiert das Alter, in dem erstmals ein nen-nenswerter Anteil von Personen (mehr als5% einer Altersstufe) einen Hochschul-abschluss erwirbt, von 19 Jahren (in Ir-land) bis 25 Jahre (in Österreich). DerAnteil der neu Graduierten stabilisiert sichin Spanien in der Altersgruppe der 24-Jährigen, in Österreich, Deutschland,Schweden und Italien hingegen erst in derGruppe der über 30-Jährigen. In manchenLändern konzentriert sich der Erwerb ei-nes ersten Hochschulabschlusses auf vierbis fünf Altersstufen (in Portugal wird die-ser Abschluss im Alter von 23 bis 26 Jah-ren erworben, im Vereinigten Königreichund in Spanien im Alter von 20 bis 24Jahren, in Österreich im Alter von 25 bis29 Jahren und in Belgien und Frankreichim Alter von 21 bis 25 Jahren), in Schwe-den hingegen erstreckt sich dieser Prozessüber mehr als 10 Altersstufen (21 bis 32

(4) Hier werden auf der Basis derISCED-Kategorien drei Bildungsstufenunterschieden: Die Stufe ISCED␣ 0-2entspricht denjenigen, die noch kei-nen (allgemeinen oder beruflichen)Bildungsabschluss der Sekundar-stufe␣ II erworben haben, die StufeISCED␣ 3 erfasst diejenigen, die einenBildungsabschluss der Sekundar-stufe␣ II, aber keinen Hochschulab-schluss vorweisen können, und dieStufe ISCED␣ 5-7 umfasst die Inhabereines Hochschulabschlusses. Hier istnoch darauf hinzuweisen, dass nurdiejenigen einen Abschluss der StufeISCED␣ 5-7 erwerben können, die zu-vor einen Bildungsabschluss der Stu-fe ISCED␣ 3 erworben haben.

(5) Dies bedeutet, davon auszugehen,dass die Kohorten- bzw. Generations-effekte verglichen mit den Alters-effekten vernachlässigbar gering sind.Dies gilt jedoch nicht unbedingt füralle Länder gleichermaßen. Die Situa-tion in den skandinavischen und dendeutschsprachigen Länder spricht füreine solche Stabilität der Verhaltens-weisen, die Situation in den anderenLändern, in denen sich in den jüng-sten Altersjahrgängen eine Bildungs-expansion vollzieht, stützt eine sol-che Hypothese jedoch nicht (Müller,2001).

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Schaubild 2

Höchster erworbener Bildungsabschluss nach Altersstufen – Durchschnittswerte1995-1997

ISCED 0-2 ISCED 3 ISCED 5-7 Quelle: Eurostat, EFT 1995 - 1997

Anmerkung zum Verständnis von Schaubild␣ 2: Die Grafiken bieten für jede Altersstufe eine Aufschlüsselung der Gesamtpopulation nach erreichterBildungsstufe. Sie basieren auf Querschnittdaten und vermitteln einen Eindruck davon, wie eine (simulierte) Alterskohorte ihre Bildungsabschlüsse erwirbt.

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Jahre); gleiches gilt für Deutschland (23bis 33/34 Jahre). Und auch der Anteilderjenigen, die überhaupt einen Hoch-schulabschluss erwerben, reicht von nur10% (in Italien und Österreich) bis hin zu35% (in Irland und Belgien). Die Gründefür diese gravierenden Diskrepanzen sindnicht zuletzt in den sehr unterschiedlichstrukturierten Hochschulsystemen zu su-chen. Hier stellt sich die Frage, ob in die-sem Bereich eine länderübergreifendeVergleichbarkeit überhaupt gegeben ist.

Betrachtet man die Bedeutung, die Bil-dungsabschlüsse der Sekundarstufe II alsdefinitive Ausbildungsabschlusszeugnissehaben, so zeigt sich ein ganz anderes Bild.Als Ausbildungsabschlüsse spielen sie inden skandinavischen und deutschsprachi-gen Ländern eine zentrale Rolle, im We-sentlichen im Bereich der beruflichen Bil-dung (Müller, 2001). Am geringsten ver-breitet sind derartige Bildungsabschlüsseder Sekundarstufe␣ II in Spanien und inPortugal. Dort kann auf den Altersstufen,auf denen sich die relative Verteilung dererworbenen Bildungsabschlüsse stabili-siert, nur rund ein Viertel eines Alters-jahrgangs einen einschlägigen Abschlussvorweisen. Zudem handelt es sich dabeimehrheitlich um Abschlusszeugnisse desallgemeinbildenden Zweigs.

Typische Zwischenstadien beim Ein-tritt ins Erwerbsleben: Mischsitua-tionen aus Ausbildung und Beschäfti-gung

Beim Eintritt ins Erwerbsleben durchläuftder Einzelne in manchen Fällen bestimmteZwischenstadien, in denen er den Statuseines Schülers, Auszubildenden oder Stu-dierenden und zugleich den Status einesErwerbstätigen hat. In den Fällen, in de-nen derartige Mischsituationen aus Aus-bildung und Beschäftigung nicht nur aufdiesen Lebensabschnitt beschränkt sind,können sie teilweise außergewöhnlicheFormen annehmen (Wolbers, 2001). Die-se Mischsituationen sind äußerst vielge-staltig. Sie lassen sich danach klassifizie-ren, welche relative Bedeutung die ein-zelnen Aktivitäten für den betreffendenJugendlichen oder jungen Erwachsenenhaben. Am einen Ende der Skala stehendann die Situationen, in denen die Aus-bildung im Mittelpunkt steht (wie bei-spielsweise bei erwerbstätigen Studenten),und am anderen Ende die Situationen, in

denen die berufliche Tätigkeit an ersterStelle steht (wie beispielsweise bei Be-schäftigten in Weiterbildung). Diese bei-den extremen Formen lassen sich anhandder Funktion veranschaulichen, die derjeweils zweitrangigen Aktivität zukommt.Im ersten Fall dient die Erwerbstätigkeithäufig zur Finanzierung des Studiums. Imzweiten Fall dient die Weiterbildung dazu,die Leistungsfähigkeit des Beschäftigtenzu verbessern. Die Lehrlingsausbildunglässt sich im Mittelfeld zwischen diesenbeiden Polen verorten. Sie stellt eineMischform dar, bei der Arbeit und Lernenzwecks Erzeugung von Qualifikationenkombiniert werden. Im Hinblick auf dieUntersuchung der beruflichen Eingliede-rung von jungen Menschen haben dieseunterschiedlichen Mischsituationen nichtdieselbe Bedeutung.

In der Praxis jedoch erweist es sich alsschwierig, im Rahmen von Erhebungenwie den AKE die Mischformen aus Be-schäftigung und Ausbildung danach zuunterscheiden, in welcher Beziehung diebeiden Aktivitäten zueinander stehen. DieMitgliedstaaten der EU lassen sich aberanhand der Bedeutung, die solchenMischsituationen generell zukommt, inzwei große Gruppen unterteilen. Die er-ste Gruppe umfasst die Länder, in denenMischsituationen dieser Art für die beruf-liche Eingliederung von Jugendlichen undjungen Erwachsenen eine vergleichswei-se geringe Rolle spielen. KombinierteFormen von Ausbildung und Beschäfti-gung sind hier eher die Ausnahme underreichen in keiner Altersgruppe einenAnteil von mehr als 10% (Schaubild 3)(6).Die Beziehung von Ausbildung und Be-schäftigung ist also dadurch gekennzeich-net, dass es einen harten Übergang zwi-schen den beiden Bereichen gibt. Diezweite Gruppe setzt sich aus den Ländernzusammen, in denen solche Misch-situationen im beruflichen Eingliederungs-prozess eine bedeutendere Rolle spielen.Sie umfasst weniger Länder als die ersteGruppe und besteht aus Dänemark,Deutschland, den Niederlanden, Öster-reich, Schweden und dem Vereinigten Kö-nigreich. In diesen Ländern liegt der An-teil von Mischformen aus Beschäftigungund Ausbildung auf bestimmten Altersstu-fen bei 20% und in manchen Fällen sogarerheblich darüber. Die Tatsache, dass sichdiese Mischformen in der Regel auf eini-ge wenige Altersstufen beschränken,

(6) Schaubild 3 zeigt den europäischenDurchschnittswert sowie die in Euro-pa beobachteten Minima und Maxi-ma. Eine grafische Darstellung derWerte für die einzelnen Länder findetsich in Cedefop, 2001.

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zeigt, dass es sich dem Wesen nach umÜbergangssituationen handelt. Das brei-teste Alterssegment ist in Dänemark vor-handen: Dort finden sich Mischsituationendieser Art konsequent auf zehn Altersstu-fen verteilt und mehr als 20% aller 15- bis24-Jährigen befinden sich in einer solchenMischsituation aus Ausbildung und Be-schäftigung. In welcher Form jedoch diejungen Menschen Arbeit und Ausbildungkombinieren, ist in den einzelnen Länderndieser Gruppe unterschiedlich. Auf dereinen Seite stehen Deutschland und Öster-reich, wo es sich bei den Mischsituationenaus Beschäftigung und Ausbildung im We-sentlichen um Lehrlingsausbildungs-verhältnisse handelt. Auf der anderen Sei-te finden sich die Niederlande und Schwe-den, in denen unkoordinierte Kombina-tionen von Arbeit und Ausbildung für denGroßteil der Mischsituationen verantwort-lich zeichnen. Und in Dänemark und imVereinigten Königreich finden sich sowohlLehrlingsausbildungsverhältnisse als auchunkoordinierte Mischformen aus Arbeitund Ausbildung.

[Schaubild 3 hier einfügen:Nachdem wir nun einige der Schwierig-keiten erläutert haben, die eine verglei-chende Untersuchung der beruflichen Ein-gliederung aufwirft, soll im Folgenden einneuartiger Ansatz vorgestellt werden, mit

dem sich der Prozess des Übergangs vomBildungswesen ins Erwerbsleben analy-sieren lässt. Entwickelt wurde dieser An-satz im Rahmen der Projekte CATEWE und„Schlüsselzahlen“ (Hannan, 1999;Couppié, 2001; Cedefop, 2001; Couppié,2000 stellen die Ergebnisse vor).

Ein pragmatischer Ansatz: ‚juniors‘und ‚trainees‘ als Kategorien zur Klas-sifizierung der Berufsanfänger

Angesichts der Grenzen, an die ein alters-gruppenorientierter Ansatz zur Untersu-chung der beruflichen Eingliederung vonjungen Menschen stößt, erscheint ein al-ternativer Ansatz angeraten, der sich stär-ker am Konzept des Berufsanfängers ori-entiert. Ein solcher Ansatz sollte es erlau-ben, Personen nicht mehr anhand einesbiologischen Kriteriums, sondern danachzu klassifizieren, wie lange sie sich schonauf dem Arbeitsmarkt befinden. Außerdemsollte er die Möglichkeit bieten, diejeni-gen, die sich noch in Ausbildung befin-den, von denjenigen zu unterscheiden, dieihre Ausbildung vorläufig oder endgültigabgeschlossen haben.

Ein solcher Ansatz soll im Folgenden vor-gestellt werden. Er ist so angelegt, dasser sowohl die Position junger Menschenin Bezug auf das Bildungssystem als auchdie auf dem Arbeitsmarkt erworbene Er-fahrung berücksichtigt. Zwei Personen-gruppen werden unterschieden: die„trainees“, d.␣ h. junge Menschen, die sichbereits auf dem Arbeitsmarkt befinden,aber noch in der Ausbildung stehen, unddie „juniors“, d.␣ h. junge Menschen, dieihre Ausbildung abgeschlossen haben undnicht länger als fünf Jahre im Erwerbsle-ben stehen.

Zwar sind dies alles in allem gesehenvergleichsweise einfache Klassifizierungs-prinzipien, sie in der Praxis anzuwendenerweist sich jedoch als komplexe Aufga-be. Unbedingt benötigt werden erschöp-fende Informationen über den beruflichenWerdegang des Einzelnen(7). Es gibt je-doch keine europäischen – und auch kei-ne nationalen – Erhebungen, die ein-schlägiges Datenmaterial bereitstellen.Aus diesem Grund wird hier eine Appro-ximation dieser beiden Kategorien präsen-tiert, die angesichts des Datenmaterialsvorgenommen wurde, das die herange-zogenen Erhebungen boten. Als Daten-

Schaubild 3

Mischsituationen aus Beschäftigung und Ausbildungnach Altersstufen – Durchschnittswerte 1995-1997

Quelle: Eurostat, EFT 1995 - 1997.

Anmerkung zum Verständnis von Schaubild␣ 3: Das Schaubild gibt für jede Altersstufe den Anteilderjenigen an, die sich in einer Mischsituation aus Beschäftigung und Ausbildung befinden. Die mitMIN und MAX bezeichneten Kurven geben – analog zu Schaubild␣ 1 - den geringsten bzw. höchstenWert an, der in einem Mitgliedstaat der EU beobachtet wurde.

15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 33 35 >36

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◆ EU

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(7) Und auch Regeln für Ad-hoc-Ent-scheidungen über die Relevanz be-stimmter Formen seiner Arbeits-erfahrung (Ferienjobs, kleine Jobswährend des Studiums) im Hinblickauf den Untersuchungsgegenstand.

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quelle dienten die europäischen Arbeits-kräfteerhebungen (AKE), die zwischen1993 und 1997 - d.␣ h. vor Änderung desFragenkatalogs im Jahr 1998 - durchge-führt wurden (Eurostat, 1996). Die Appro-ximation der auf dem Arbeitsmarkt erwor-benen Erfahrung basiert auf dem ge-schätzten Zeitpunkt, an dem die Ausbil-dung abgeschlossen wurde. Diese Schät-zung wiederum fußt auf dem geschätztenZeitpunkt, an dem der Einzelne seinenhöchsten formalen Bildungsabschluss er-worben hat. Die Approximation fußt alsoauf einer Reihe impliziter Annahmen:

❏ Erstens wird angenommen, dass es ge-rechtfertigt ist, zwischen der Arbeits-erfahrung, die nach und der Arbeits-erfahrung, die vor Abschluss der Ausbil-dung erworben wurde, zu trennen. Zwarsoll hier nicht behauptet werden, dassLetztere überhaupt keine Rolle spielt, wirgehen aber davon aus, dass sie grund-sätzlich anderer Art ist und sich in demerworbenen Bildungsabschluss selbstmanifestiert.

❏ Zweitens wird angenommen, dass dieZeit, seit der der Einzelne (als Erwerbstä-tiger oder Arbeitsuchender) Erfahrungenauf dem Arbeitsmarkt sammelt, der Zeitentspricht, die seit Abschluss der Ausbil-dung verstrichen ist. Eine solche Gleich-setzung bedeutet aber, dass Phasen, indenen der Einzelne dem Arbeitsmarkt(wegen einer weiteren Ausbildung oderaus anderen Gründen) nicht zur Verfü-gung steht, keine Berücksichtigung fin-den. Zwar ist dies bei den unter 30-Jähri-gen vergleichsweise selten der Fall, den-noch gibt es in diesen Altersgruppen in-stitutionell (z.␣ B. durch den Wehrdienst)bedingte und auch andere Unterbrechun-gen der Erwerbsbiografie. Insgesamt ge-sehen liegt die Nichterwerbsquote (aus-genommen ist die Nichterwerbstätigkeitaufgrund einer Ausbildung) in Europa imDurchschnitt unter 10% (Couppié, 2001).In den einzelnen Ländern hingegen istdiese Quote recht unterschiedlich. In Ita-lien und Griechenland erreicht sie bei denunter 30-Jährigen auf manchen Altersstu-fen bis zu 20%. Zudem bestehen hier Un-terschiede zwischen Frauen und Männernund auch zwischen Personen mit undohne Ausbildungsabschluss.

❏ Drittens wird angenommen, dass derZeitpunkt, zu dem der Einzelne seinen

höchsten Bildungsabschluss erwirbt, mitdem Zeitpunkt identisch ist, an dem dieAusbildung abgeschlossen wird. Dies be-deutet, dass davon abweichende Verhal-tensweisen nicht berücksichtigt werden.

❏ Und viertens wird angenommen, dasses möglich ist, zweifelsfrei zu bestimmen,in welchem Alter ein Bildungsabschlusserworben wird. Dies bedeutet, davon aus-zugehen, dass jeder Bildungsabschlussdurch einen einheitlichen und reglemen-tierten Bildungsgang erworben wird.

Möglicherweise erscheinen diese Hypo-thesen gewagt, aber angesichts des Daten-materials, das für den Zeitraum von 1993bis 1997 vorliegt, sind sie Voraussetzungdafür, dass ein Teil der institutionellenMerkmale der Bildungssysteme berück-sichtigt werden kann.

Konkret stellen die AKE Informationen inForm von rund 100 Variablen bereit, die(gestützt auf die Definitionen des Inter-nationalen Arbeitsamts) in erster Liniebeschreiben, welche Position die befrag-te Person zum Zeitpunkt der Erhebungim Beschäft igungssystem einnimmt.Außerdem beschreiben sie die aktuellePosition des Befragten in Bezug auf dieAusbildung sowie eine Reihe seinersoziofamiliären Merkmale (Eurostat,1996). Diese Variablen geben unter an-derem Aufschluss über den höchsten er-worbenen allgemeinbildenden Schulab-schluss (Sekundarstufe␣ II) und über denhöchsten erworbenen Berufsbildungs-bzw. Hochschulabschluss. Diese Daten-basis erlaubt zweierlei: Zum einen lassensich diejenigen, die in den vier Wochenvor der Befragung an einer Ausbildungteilgenommen haben, von den Personentrennen, die sich in dieser Zeit nicht inAusbildung befunden haben. Und zumanderen können für diejenigen, die sichnicht in Ausbildung befunden haben, diehöchsten erworbenen Bildungsabschlüs-se ermittelt werden. Unter Bezugnahmeauf die organisatorischen Strukturen derBildungsgänge und –abschlüsse in deneinzelnen Ländern kann man nun versu-chen, das Alter des Einzelnen bei Ausbil-dungsabschluss annähernd zu bestimmen,indem man das theoretische Alter beimErreichen des höchsten Bildungsabschlus-ses rekonstruiert. Bei der Rekonstruktionmuss man sich allerdings auf externeQuellen stützen. In diesem Fall wurde ein

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Bericht der OECD (1998) herangezogen,in dem das Alter, in dem die wichtigstenBildungsabschlüsse theoretisch erworbenwerden, unter Bezugnahme auf die Bil-dungsstufe und den vorhergehenden Bil-dungsgang bestimmt wird. Ergänzend ha-ben wir - mit Blick auf diejenigen, diekeinen Bildungsabschluss erworben ha-ben – auf Daten über das Alter zurück-gegriffen, in dem die Schulpflicht endet.Diese Daten stammen aus der Eurydice-Datenbank(8). Tabelle␣ 1 gibt die Alters-schätzungen wieder, die letztendlich ver-wendet wurden.

Inwieweit geschätztes und tatsächlichesAlter bei Abschluss der Ausbildung über-einstimmen, hängt ab von:

❏ der Genauigkeit der über die Vielzahlan bestehenden Bildungsabschlüssen ver-

fügbaren Informationen. Je mehr Bil-dungsabschlüsse voneinander unterschie-den werden können, desto präziser lässtsich im Einzelfall das Alter bei Ausbil-dungsabschluss bestimmen;

❏ der Vielzahl möglicher Ausbildungs-wege, die zu einem bestimmten Bildungs-abschluss führen (parallele Zugangswe-ge, Übergangsmöglichkeiten zwischenverschiedenen Bildungszweigen und-gängen usw.);

❏ der Heterogenität des Verhaltens derPersonen, die diese Bildungsgänge durch-laufen. Je stärker bestimmte Faktoren ei-nen Bildungsgang verzerren (Klassen-wiederholung, Wechsel der Schule bzw.des Bildungsgangs, Unterbrechungen,Schulversagen und Bildungsabbruch),desto größer ist die Fehlermarge;

Tabelle␣ 1

Geschätztes Alter beim Abgang aus dem Bildungssystem, nach Niveau der angege-benen Abschlüsse, bestimmt anhand des von der OECD ermittelten theoretischenAlters beim Erreichen der Bildungsabschlüsse

ISCED ISCED ISCED 3 (Sekundarstufe II) ISCED 5 ISCED 6 ISCED 70-1 (a) 2 (b) als einziger Bildungsgang als

in der zusammen-gesetzterBildungs-

gang

allgemeinen schulischen dualen allgemeine nicht universitärer Post-Bildung beruflichen beruflichen Bildung plus universitärer Hochschul- graduierten-

Bildung Bildung berufliche Hochschul- abschluss abschlussBildung (a) abschluss

Dänemark 16 19 20 21 21 23 24 26 31Deutschland 18 18 19 19 19 22 21 26 28Niederlande 18 18 19 19 20 20 - 24 27Österreich 15 17 18 18 19 19 21 24 26Griechenland 15 18 19 19 - - 21 23 27Spanien 16 17 18 17 18 19 20 22 27Italien 15 18 19 18 - 19 21 23 25Portugal 15 16 17 18 18 18 22 23 26Belgien 18 18 18 19 19 - 22 23 27Frankreich 16 17 18 19 19 20 21 21 26Irland 15 17 18 18 18 19 20 22 24Luxemburg 15 18 19 19 19 - 22* 23* 26*Finnland 16 18 19 19 19 21 23 24 28Schweden 16 18 19 19 - - 21 23 27VereinigtesKönigreich 16 17 18 18 18 - 20 21 24

Quelle: OECD, 1998b: Anhang␣ 3.(a) Die berufliche Bildung wird in einer schulischen Einrichtung oder alternierend erworben.* Die Schätzung basiert auf Daten aus den Nachbarländern, in denen junge Menschen aus Luxemburg ihre Hochschulausbildung absolvieren.(a) und (b) Die Schätzungen basieren auf dem Alter, in dem die Schulpflicht endet und auf der Häufigkeit von Bildungsabbrüchen (Quelle: Eurydice-Daten-bank).

(8) Zu finden auf der Websitewww.Eurydice.org

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❏ der Häufigkeit einer Rückkehr in dieAusbildung nach Aufnahme einer Berufs-tätigkeit bzw. genauer gesagt der Fähig-keit, Erstausbildung und Weiterbildungvoneinander zu unterscheiden.

Tabelle␣ 1 einsetzenUm nun annähernd zu bestimmen, wieviel Zeit seit dem Erwerb des Bildungs-abschlusses vergangen ist, muss dieseInformation nur noch mit dem ermittel-ten tatsächlichen Alter gekreuzt werden.Neben den ‚trainees‘, die auf anderemWeg definiert wurden(9), lassen sich sozwei Kategorien von Personen unterschei-den: Zum einen die ‚juniors‘; diese Kate-gorie umfasst die Personen, die ihre Aus-bildung abgeschlossen haben, derenBildungsabschluss aber nicht länger alsfünf Jahre zurück liegt(10). Und zum an-deren die Kategorie der ‚seniors‘. Zu die-sen zählen die Personen, die ihre Ausbil-dung abgeschlossen und ihren Bildungs-abschluss vor mehr als fünf Jahren erwor-ben haben(11). Im Mittelpunkt der folgen-den Analyse soll die Kategorie der‚juniors‘ stehen, denen in manchen Fäl-len die Kategorie der ‚seniors‘ gegenüber-gestellt wird. Für eine vertiefende Betrach-tung der Kategorie der ‚trainees‘ sei andieser Stelle auf die Arbeit von Wolbers(2001) verwiesen.

Wie angesichts der vorangegangenen Er-gebnisse zu erwarten war, ist die Strukturdes erreichten Bildungsniveaus der‚juniors‘ und das Durchschnittsalter beiAbschluss der Ausbildung in den verschie-denen europäischen Ländern sehr unter-schiedlich (Tabelle␣ 2). Auf der eine Seitestehen Spanien, Portugal und Italien, woder größte Teil der ‚juniors‘ nur einenAbschluss der Bildungsstufe ISCED␣ 0-2 vor-weisen kann. Am anderen Ende der Skalasteht Belgien, wo die ‚juniors‘ mit einemAbschluss der Stufe␣ ISCED␣ 5-7 die größteGruppe bilden. Im Mittelfeld zwischen die-sen beiden Polen liegen Deutschland, Dä-nemark, Österreich, Finnland und Schwe-den. Die meisten ‚juniors‘ in diesen Län-dern erreichen die Bildungsstufe ISCED␣ 3.Dementsprechend ist in den einzelnenLändern auch das Durchschnittsalter der‚juniors‘ bei Abschluss der Ausbildung un-terschiedlich. Am niedrigsten liegt es inPortugal (17,1 Jahre) und am höchsten inDänemark (22,2 Jahre).

Tabelle␣ 2 einfügenNachdem die Kategorien zur Klassifizie-rung der Personengruppen definiert wur-

Tabelle␣ 2

‘juniors’ nach erreichtem Bildungsniveauund ihr Durchschnittsalter beim Abgangaus dem Bildungssystem

Juniors Durch-schnitt-

ISCED 0-2 ISCED 3 ISCED 5-7 Ins- liches Alter(%) (%) (%) gesamt der ‘juniors’

(%) beimAbgangaus dem

Bildungs-system

(in Jahren)Dänemark 19 53 28 100 22,2Deutschland 15 57 28 100 20,8Niederlande 23 47 29 100 19,6Österreich 16 75 9 100 18,8Griechenland 26 53 21 100 19,1Spanien 47 16 37 100 19,3Italien 52 41 7 100 18,3Portugal 63 17 20 100 17,1Belgien 23 36 42 100 19,7Frankreich 18 46 36 100 20,2Irland 25 39 36 100 18,7Luxemburg 36 36 28 100 19,2Finnland 17 52 31 100 20,9Schweden 18 62 19 100 19,2Vereinigtes Königreich 39 37 25 100 18,2Europäische Union 32 43 25 100 19,4

Quelle: Eurostat - AKE: Durchschnittswerte 1995-1997.

den, die vom Übergang vom Bildungswe-sen ins Erwerbsleben betroffen sind, sollnun deren Situation auf dem Arbeitsmarktnäher beleuchtet werden.

2. Die Position von‚juniors‘ und ‚seniors‘ aufden europäischen Arbeits-märkten: ein kontrastrei-ches Bild

Die Eingliederung ins Berufsleben ist einkomplexer und vielschichtiger Prozess.Bislang liegt keine gemeinsame Definiti-on vor, die genau festlegt, wann derEingliederungsprozess beginnt bzw. en-det (Rose, 1998, Vincens, 1997 und 1998).Aber schon approximative statistische Ka-tegorien wie die der ‚juniors‘ und ‚seniors‘reichen aus, um die ganz spezifischenAspekte der Position von Berufsanfängernim Erwerbsleben herauszustellen.

(9) Und die per definitionem nichtjünger als 15 und nicht älter als 35Jahre sein dürfen.

(10) Das bedeutet, dass ihr Alter dastheoretische Höchstalter um nichtmehr als fünf Jahre übersteigen kann,woraus wiederum folgt, dass die äl-testen unter ihnen höchstens 36 Jah-re alt sind.

(11) Um den Kern der derzeitigenErwerbsbevölkerung zu erfassen unddie Effekte der sehr unterschiedli-chen einzelstaatlichen Ruhestands-und Vorruhestandsregelungen zu eli-minieren, werden im Rahmen dieserKategorie im Folgenden nur die un-ter 50-Jährigen berücksichtigt.

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Die Kategorien ‚juniors‘ und ‚seniors‘machen es möglich, die relative Positionvon Berufsanfängern auf dem Arbeits-markt in anderer Form darzustellen. ImFolgenden soll diese Position mit Blickauf drei Aspekte dargestellt werden: MitBl ick auf die Arbei ts los igkei t , d iebeschäftigungsbezogene Mobilität und diePräsenz der Berufsanfänger in den ver-schiedenen Wirtschaftszweigen. In diesemZusammenhang wird auf folgende Frageneingegangen:

❏ Inwieweit besteht in der Übergangs-phase ein besonderes Arbeitslosigkeits-risiko? Verringert sich dieses Risiko mitzunehmender Berufserfahrung? Und wennja, wie rasch? Kann der Bildungsabschlussmangelnde Arbeitserfahrung ausgleichen?

❏ Sind die Beschäftigungsverhältnisse derBerufsanfänger unsicherer als die ande-rer Arbeitskräfte?

❏ Gibt es bestimmte Segmente der Wirt-schaft, in denen Berufsanfänger bevorzugteingestellt werden?

Arbeitslosigkeit: Welche Nachteile er-geben sich für Berufsanfänger im Ver-gleich zu Erwerbstätigen mit mehrBerufserfahrung?

Die Schwierigkeit der ‚juniors‘, eine Stel-le zu finden, wird anhand ihrer Arbeits-losenquote bemessen. (Schaubild␣ 4).

[Schaubild␣ 4 hier einfügen:

Die Angaben zur Arbeitslosigkeit, die manfür die Kategorien der ‚juniors‘ erhält,unterscheiden sich von den nach Alter-gruppen berechneten Angaben zur Ar-beitslosigkeit, die uns geläufiger sind.Beschränkt man sich bei der Berechnungaber auf die unter 25-Jährigen, so hat dieszur Folge, dass Erwerbspersonen, die dasBildungssystem früh verlassen haben,überrepräsentiert sind, d.␣ h. diejenigen mitdem geringsten formalen Bildungsniveau.Durch Verwendung des Indikators „Ar-beitslosigkeit der ‚juniors‘“ verbessert sichdie relative Stellung der Länder, die dielängsten Bildungszeiten aufweisen, aller-dings nur dann, wenn die betreffendenBildungsabschlüsse das Arbeitslosigkeits-risiko mindern.

Die Arbeitslosenquote geht überall inEuropa mit zunehmender Berufser-fahrung zurück. Nach zwei JahrenBerufserfahrung ist die Gefahr, ar-beitslos zu werden, bereits viel gerin-ger.

Zwar sind ‚juniors‘, die über weniger alszwei Jahre Berufserfahrung verfügen, inallen europäischen Ländern stärker durchArbeitslosigkeit gefährdet, aber der rela-tive Vorteil, der aus einer Berufserfahrungvon mehr als zwei Jahren erwächst, istnicht überall gleich stark ausgeprägt.

In Griechenland und in Italien sowie inFrankreich und in Schweden ist der Un-

Schaubild␣ 4

Arbeitslosigkeit von ‚juniors‘ und ‚seniors‘

Quelle: Eurostat und Céreq, EFT 1997.Arbeitslosenquote = Arbeitslose / Erwerbsbevölkerung

DK D NL A EL E I P B F IRL L FIN S UK EU

0%

5%

10%

15%

20%

25%

30%

35%

40%

45%

juniors 1 (0-2 Jahre)

juniors 2 (3-5 Jahre)

seniors 1 (5-10 Jahre)

seniors 3 (+ 15 Jahre)

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terschied sehr groß, in einer zweitenGruppe von Ländern (Belgien, Finnland,Portugal und Vereinigtes Königreich) hin-gegen nur mittelgroß. In einer drittenLändergruppe, zu der Österreich, Deutsch-land, Dänemark, Irland, Luxemburg unddie Niederlande zählen, wirkt sich dieBerufserfahrung wenig auf das Arbeits-losigkeitsrisiko aus. Nur junge Erwerbs-tätige mit nicht mehr als zwei Jahren Be-rufserfahrung sind im Nachteil.

Ein höherer Bildungsstand schützt die‚juniors‘ vor Arbeitslosigkeit (Schau-bild␣ 5). Belgien, Deutschland, Frankreich,Irland, Finnland und Schweden bilden dieGruppe der Länder, in denen der Besitzeines Abschlusszeugnisses das Risiko, ar-beitslos zu werden, am stärksten herab-setzt. In Frankreich, in Finnland und inSchweden wirkt sich ein Hochschulab-schluss (ISCED␣ 5-7) diesbezüglich beson-ders deutlich aus. Im Falle Deutschlandsbesteht ein großes Gefälle zwischen den-jenigen, die - mehrheitlich nach Teilnah-me an einer Lehre im dualen System - ei-nen Abschluss der Stufe␣ 3 erworben ha-ben, und denjenigen, die dieses Niveaunicht erreicht haben und denen somit derZugang zu den beruflichen Arbeitsmärk-ten verwehrt bleibt.

[Schaubild␣ 5 hier einfügen:Der Einfluss, den das Abschlusszeugnis aufdas Arbeitslosigkeitsrisiko hat, zeigt sichhier besonders deutlich, wenn man mit denKategorien der ‚juniors‘ und ‚seniors‘ ar-

beitet. Weit weniger offensichtlich ist die-ser Zusammenhang, wenn man die Arbeits-losenquoten junger Menschen nach Bil-dungsniveau in den Ländern miteinandervergleicht, in denen die Lehre oder ande-re alternierende Ausbildungsformen in derberuflichen Bildung eine zentrale Rollespielen. Die Lehrlinge in Deutschland bei-spielsweise zählen im Sinne des Interna-tionalen Arbeitsamtes (IAA) zu den Er-werbstätigen, werden aber, da sie ihrenGesellenbrief noch nicht erworben haben,der Bildungsstufe ISCED␣ 2 zugerechnet.Und per definitionem ist keiner dieser Lehr-linge arbeitslos. Das Vorhandensein jun-ger Lehrlinge drückt also künstlich dieArbeitslosenquote auf der BildungsstufeISCED␣ 2. Zieht man jedoch die Kategorieder ‚juniors‘ heran, so bleiben die Lehr-linge – als Personen, die sich noch in Aus-bildung befinden – bei der Berechnungunberücksichtigt. Und die Unterschiede,die sich zwischen der Arbeitslosigkeit von‚juniors‘ der Bildungsstufen ISCED␣ 0-2 undISCED␣ 3 zeigen, liegen weit über dem eu-ropäischen Durchschnitt.

Nur in Italien und Griechenland kann einAbschlusszeugnis das Arbeitslosigkeits-risiko nicht mildern. Wie bereits darge-legt, schützt in diesen beiden Länderninsbesondere die Berufserfahrung denEinzelnen vor der Gefahr, arbeitslos zuwerden. Das Handikap der ‚juniors‘ –mangelnde Berufserfahrung – kann auchein überdurchschnittliches Bildungsniveau

Schaubild␣ 5

Arbeitslosigkeit von ‚juniors‘ nach Bildungsniveau

Quelle: Eurostat und Céreq, EFT 1997.Arbeitslosenquote = Arbeitslose / Erwerbsbevölkerung

DK D NL A EL E I P B F IRL L FIN S UK EU

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

juniors ISCED 0-2

juniors ISCED 3

juniors ISCED 5-7

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nicht ausgleichen: Hier haben selbst jun-ge Menschen mit hohen QualifikationenSchwierigkeiten, Arbeit zu finden.

Die ‚juniors‘ sind mobiler als die‚seniors‘

In der Regel finden arbeitslose‚juniors‘ schneller wieder eine Anstel-lung.

‚juniors‘ sind zwar in stärkerem Maß vonArbeitslosigkeit betroffen als ‚seniors‘, ha-ben aber auch größere Chancen, vor Ab-lauf eines Jahres wieder Arbeit zu finden– außer in Griechenland und in Italien.In Österreich und in Schweden gibt derIndikator für Abgänge aus der Arbeitslo-sigkeit (Schaubild␣ 6) höhere Werte fürdiejenigen an, die bereits über eine ge-wisse Berufserfahrung (drei bis fünf Jah-

DK D NL A EL E I P B F IRL L FIN S UK EU

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

juniors 1 (0-2 Jahre)

juniors 2 (3-5 Jahre)

seniors (+ 5 Jahre)

Schaubild␣ 6

Abgänge aus der Arbeitslosigkeit

Quelle: Eurostat und Céreq, EFT 1997.A und S: keine Unterscheidung zwischen juniors 1 und juniors 2.Die Abgänge aus der Arbeitslosigkeit werden für die einzelnen Kategorien anhand des Anteils von Erwerbstätigen ermittelt, die im Vorjahr arbeitslos waren.38 % der deutschen juniors mit weniger als drei Jahren Berufserfahrung, die im Vorjahr arbeitslos waren, gingen 1997 einer Erwerbstätigkeit nach.Beschäftigungsfähigkeit = Wahrscheinlichkeit der Erwerbstätigkeit zum Erhebungszeitpunkt der im Vorjahr als arbeitslos registrierten Personen.

Schaubild␣ 7

Abgänge aus der Arbeitslosigkeit: ‚juniors‘ nach Bildungsniveau

Quelle: Eurostat und Céreq, EFT 1997.DK, S: nicht signifikante Angaben für die Stufen 0-2 und 5-7.A, L: nicht signifikante Angaben.Beschäftigungsfähigkeit = Wahrscheinlichkeit der Erwerbstätigkeit zum Erhebungszeitpunkt der im Vorjahr als arbeitslos registrierten Personen.

DK D NL A EL E I P B F IRL L FIN S UK EU

0%

10%

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40%

50%

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juniors ISCED 0-2

juniors ISCED 3

juniors ISCED 5-7

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re) verfügen. In Belgien, in Dänemark, inFinnland, in den Niederlanden und inPortugal sind die Chancen derjenigen, diefünf Jahre Berufserfahrung oder wenigeraufweisen, wieder Arbeit zu finden, grö-ßer. Und schließlich erhöht der Besitz ei-nes Abschlusses insbesondere des Tertiär-bereichs die Chancen, eine neue Stelle zufinden (Schaubild␣ 7). Ein Abschluss wirktsich hier in denselben Ländern deutlich

aus, in denen der Besitz eines Abschlus-ses auch das Risiko, arbeitslos zu wer-den, deutlich verringert (d.␣ h. in Belgien,Deutschland, Frankreich, Irland, Finnlandund Schweden). In diesen Ländern be-stimmt der Berufsabschluss den Platz inder „Warteschlange“ der ‚juniors‘ vor demZugang zu einer ersten Arbeitsstelle. InÖsterreich, in Portugal und im Vereinig-ten Königreich mindert ein Abschluss das

Schaubild␣ 8

Gefährdung durch Arbeitslosigkeit

Quelle: Eurostat und Céreq, EFT 1997.P: keine Unterscheidung zwischen juniors 1 und juniors 2.Gefährdung einer Kategorie: Anteil der 1997 arbeitslos gemeldeten Personen, die im Vorjahr einer Erwerbstätigkeit nachgingen.13 % der im Vorjahr erwerbstätigen finnischen juniors mit weniger als drei Jahren Berufserfahrung waren 1997 arbeitslos.

DK D NL A EL E I P B F IRL L FIN S UK EU

0%

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4%

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8%

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juniors 1 (0-2 Jahre)

juniors 2 (3-5 Jahre)

seniors (+ 5 Jahre)

Schaubild␣ 9

Gefährdung durch Arbeitslosigkeit: ‚juniors‘ nach Niveau des Abschlusszeugnisses

Quelle: Eurostat und Céreq, EFT 1997.P, L und S: nicht signifikante Angaben.Gefährdung einer Kategorie: Anteil der 1997 arbeitslos gemeldeten Personen, die im Vorjahr einer Erwerbstätigkeit nachgingen.26 % der im Vorjahr erwerbstätigen französischen juniors der ISCED-Stufe 0-2 waren 1997 arbeitslos.

DK D NL A EL E I P B F IRL L FIN S UK EU

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juniors ISCED 0-2

juniors ISCED 3

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Arbeitslosigkeitsrisiko zwar nur mäßig, erwirkt sich aber ganz erheblich auf dieWahrscheinlichkeit aus, innerhalb einesJahres eine (neue) Stelle zu finden.

[Schaubild␣ 6 und 7 hier einfügen:Die ‚juniors‘ verlieren häufiger ihreStelle.

Die Suche nach einer ersten Anstellungist nicht die einzige Ursache für das er-höhte Arbeitslosigkeitsrisiko der ‚juniors‘.Im Vergleich zu den ‚seniors‘ besteht fürsie auch eine größere Gefahr, ihre Stel-le wieder zu verlieren. Das wird durchden Indikator für die Gefährdung des Ar-beitsplatzes illustriert (siehe Schaubild␣ 8).‚juniors‘ sind gegenüber den ‚seniors‘ imNachteil: Sie sind um so stärker von Ar-beitslosigkeit bedroht, je kürzer ihreArbeitserfahrung ist. In Frankreich, inSpanien und in Finnland besteht für die‚juniors‘ das höchste Risiko, eine einmalgefundene Stelle wieder zu verlieren. Indiesen drei Ländern ist der Unterschiedzwischen dem Risiko der ‚juniors‘ unddem der ‚seniors‘ am stärksten ausgeprägt.Der Besitz eines Abschlusses verringertdas Risiko der ‚juniors‘, arbeitslos zuwerden (Schaubild␣ 9). Das trifft vor allemin Frankreich und in Finnland zu, in ge-ringerem Maße auch in Belgien und inDänemark.

[Schaubild␣ 8 und 9 hier einfügen:Die ‚juniors‘ weisen also beim Zugang zurBeschäftigung besondere Merkmale auf:Weil sie teilweise eine erste Anstellungsuchen und auch weil ihre Stellen oft nichtvon Dauer sind, sind sie stärker von Ar-beitslosigkeit bedroht. Zugleich habenaber arbeitslose ‚juniors‘ bessere Chan-cen, eine neue Stelle zu finden als arbeits-lose ‚seniors‘. Am unsichersten ist die Si-tuation derjenigen, die kein Abschluss-zeugnis besitzen. Sie sehen sich einemerhöhten Risiko der Arbeitslosigkeit odersogar des Ausschlusses aus dem Arbeits-markt ausgesetzt und die Beschäftigungs-verhältnisse der betroffenen Personen-gruppe sind oft zeitlich begrenzt. InFrankreich, in Finnland, in Schweden,aber auch in Deutschland sind die Aus-wirkungen eines Abschlusses besondersausgeprägt. In den übrigen europäischenLändern hingegen wirkt sich ein Abschlussweniger stark aus.

Vergleicht man die allgemeine Mobilitäts-quote von ‚juniors‘ und ‚seniors‘ (d.␣ h.den Anteil der im letzten Jahr erwerbstä-

tigen Personen, die das Unternehmen, indem sie ein Jahr zuvor beschäftigt waren,verlassen haben, um eine neue Stelle an-zunehmen oder in eine andere beruflichePosition zu wechseln(12)), so ist festzu-stellen, dass:

❏ ‚juniors‘ überall wesentlich mobilersind als die ‚seniors‘;

❏ in einem Land, nämlich in Spanien, dieMobilität sowohl der ‚juniors‘ als auch der‚seniors‘ weit höher ist als anderswo;

❏ sich zwei Länder, nämlich Italien undGriechenland, durch eine sehr geringeMobilität der ‚seniors‘ auszeichnen. Auchdie ‚juniors‘ sind in diesen Ländern we-niger mobil als anderswo.

Tabelle␣ 3 einfügenWerden ‚juniors‘ in allen Wirtschafts-zweigen eingestellt?

Ob die Berufsanfänger in etwa gleichmä-ßig auf alle Wirtschaftszweige verteilt sindoder sich im Gegenteil in ganz bestimm-ten Segmenten konzentrieren, lässt sichbestimmen, indem man die Variation desBeschäftigungsanteils der ‚juniors‘ an derBeschäftigung insgesamt nach Wirtschafts-zweigen berechnet.

Tabelle␣ 4 einfügen:Das Ergebnis belegt ein recht großes Ge-fälle zwischen den einzelnen europäi-schen Ländern: Der Variationskoeffizient(Standardabweichung/arithmetisches Mit-tel) dieser Variablen reicht von unter 18%(in Dänemark) bis zu mehr als 40% (inItalien). Festzustellen ist, dass sich dieBerufsanfänger in den Ländern, in denenberufliche Erstausbildung und Wirtschafteng verzahnt sind (Dänemark, Deutsch-land, Niederlande, Österreich), gleichmä-ßiger auf die verschiedenen Wirtschafts-zweige verteilen. In Spanien, in Frank-reich und im Vereinigten Königreich liegtdiese Verteilung im Mittelfeld. In Grie-chenland, in Schweden und in Italien hin-gegen lässt sich bei der Verteilung einerecht starke Polarisierung beobachten.

Die Kategorien ‚juniors‘ und ‚seniors‘ er-lauben eine andere Beschreibung vonBeschäftigungssituation und Arbeitslosig-keit als der altersgruppenorientierte An-satz. Die Kategorie der ‚juniors‘ bietetganz offensichtlich eine Reihe von Vor-zügen: Die Auswirkung, die die Dauer derBerufserfahrung auf die Arbeitslosigkeit

(12) Als Mobilität wird hier auch dieRückkehr zum selben Arbeitgeber(nach e iner Unterbrechung desBeschäftigungssverhältnisses) gewer-tet.

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hat, lässt sich deutlicher zeigen als durchdie Bezugnahme auf Altersgruppen.Außerdem kann die Position der ‚juniors‘leichter mit der Position erfahrener Kräf-te verglichen werden. Dies belegen bei-spielsweise die Indikatoren für die allge-meine Mobilität oder die Kennziffer fürdie Beschäftigungsverteilung der Berufs-anfänger auf die verschiedenen Wirt-schaftszweige.

Wie sich zeigt, weisen die Berufsanfän-ger in Europa eine Reihe gemeinsamerMerkmale auf: Sie sind stärker von Arbeits-losigkeit betroffen als die erfahrene Kräf-te. Und wenn sie kein Abschlusszeugnisvorweisen können, ist ihre Position be-sonders unsicher. Zwar finden sie nachPhasen der Arbeitslosigkeit leichter eineneue Anstellung, es besteht für sie aberauch eine größere Gefahr, die einmal ge-fundene Stelle wieder zu verlieren. InEuropa zeigen sich aber auch in verschie-denerlei Hinsicht große Unterschiede: Ineinigen Ländern (Dänemark, Deutsch-land) gleicht sich die Arbeitslosigkeit von‚juniors‘ binnen Kurzem der von berufs-erfahrenen Erwachsenen an, in anderen

Ländern hingegen (Italien, Griechenland)bewegt sie sich sehr lange auf einem hö-heren Niveau. Der Einfluss, den dasAbschlusszeugnis auf das Arbeitslosig-keitsrisiko der ‚juniors‘ hat, ist in den ein-zelnen Ländern sehr unterschiedlich. Undauch hinsichtlich der Verteilung der‚juniors‘ auf die verschiedenen Beschäfti-gungssektoren zeigt sich ein recht hete-rogenes Bild: Während sie in den Län-dern, in denen berufliche Arbeitsmärktevorherrschen, vergleichsweise gleichmä-ßig ist, ist sie in anderen Ländern offen-sichtlich von einer deutlichen Konzentra-tion in bestimmten Segmenten geprägt.

Schlussfolgerung: Einstark stilisierter, aberausbaufähiger Ansatz

Wie gezeigt wurde, wirft die Erarbeitungvon Kategorien für eine vergleichendeAnalyse der beruflichen Eingliederung inEuropa eine Vielzahl an Problemen auf.Die auf europäischer Ebene verfügbarenLängsschnittdaten (europäisches Haus-

Tabelle␣ 3

Mobilität von ‚juniors‘ und ‚seniors‘ in Europa – Personen, die das Unternehmen,in dem sie ein Jahr zuvor beschäftigt waren, verlassen haben (in %)

DK D NL A EL E I P B F IRL L FIN S UKMobilitätder ‚juniors‘ 30,9 22,2 25,3 17,9 17,5 54,0 14,8 25,3 26,3 29,5 26,3 k.A. 34,3 27,0 33,1Mobilitätder ‚seniors‘(<50␣ Jahre) 13,0 10,6 8,1 7,0 6,8 22,6 5,7 10,7 12,0 9,9 9,8 k.A. 7,7 8,4 13,1

Quelle: Eurostat, Berechnungen von Céreq, AKE 1993-1997, außer AT: 1995-1997 und FI, SE: 1997.

Tabelle␣ 4

Variationskoeffizient des Beschäftigungsanteils von ‚juniors‘ in den Wirtschafts-zweigen (in %)

DK D NL A EL E I P B F IRL L FIN S UKVariations-koeffizient(1997) 17,7 18,6 21,6 23,8 37,9 27,5 42,6 38,8 23,6 28,0 35,5 32,9 25,3 38,6 28,1

Der Variationskoeffizient gibt das Verhältnis zwischen Standardabweichung und arithmetischem Mittel an. Je größer der Variationskoeffizient, desto unglei-cher die Verteilung der ‚juniors’ auf die verschiedenen Wirtschaftszweige.

Quelle: Eurostat, Berechnungen von Céreq, AKE 1997

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haltpanel) basieren auf unzureichendenStichproben. Die übrigen verfügbarenQuellen, die im Wesentlichen Querschnitt-daten liefern (AKE), sind aufgrund ihrerStruktur wenig geeignet, ein dynamischesPhänomen zu beschreiben. Wir haben unsdennoch entschlossen, diese Erhebungenzu verwenden, und haben so eine Reihestilisierter Indikatoren erarbeitet. UnserAnsatz hat experimentellen Charakter;produziert wurden approximative Mess-größen. Wie gezeigt wurde, basieren dieerarbeiteten Kategorien auf stark hypo-thetischen Annahmen. Glücklicherweisewurde das verfügbare Material seit denvon uns herangezogenen Erhebungen ver-bessert und sollte es erlauben, die gebil-deten Kategorien weiter auszudifferenzie-ren.

Seit 1998 wurden die AKE-Erhebungengründlich überarbeitet. Es wurden In-formationen zu den Einkünften aufgenom-men, eine zusätzliche Variable dient derErmittlung der maßgeblichen Situationzum Zeitpunkt der Befragung unabhän-gig von den Beschäftigungskriterien desIAA und es wird die neue Fassung derStandardklassifikation für das Bildungswe-sen (ISCED-97) benutzt , die – be-rücksichtigt man die geleistete Vorarbeit– es erlauben sollte, bestimmte Uneindeu-tigkeiten bei der Kodierung auszuräumen(OECD, 1997). Vor allem aber wird nunauch das Jahr des Erwerbs des höch-sten Abschlusszeugnisses ermittelt.Diese Neuerungen machen es möglich,die hier verwendeten Kategorien der‚juniors‘ und ‚seniors‘ weiter auszudiffe-renzieren. Die simplifizierenden Hypothe-sen, die wir zugrunde gelegt haben, sindjetzt verzichtbar. Einzige Ausnahme ist dieAnnahme, dass der Zeitpunkt, an dem dasAbschlusszeugnis erworben wird, demZeitpunkt des Abgangs aus dem Bildungs-system entspricht. Darüber hinaus kön-nen die erarbeiteten Indikatoren verbes-sert und noch informativer gestaltet undvor allem Indikatoren für den Ein-kommensvergleich herangezogen werden.

Ein Hauptproblem in Verbindung mit denArbeitskräfteerhebungen besteht nach wievor darin, dass ausschließlich Querschnitt-daten verwendet werden, um einen dy-namischen Prozess zu beleuchten. Umdem abzuhelfen, wurde 2000 ein Zusatz-modul (ein so genanntes „Ad-hoc-Modul“)zum Übergang ins Erwerbsleben in die

europäische Arbeitskräfteerhebung (AKE)aufgenommen. Das Modul wendet sich analle Personen, die ihre Erstausbildung imLaufe der letzten zehn (bzw. in manchenLändern fünf) Jahre abgeschlossen haben.Es ermittelt den Zeitpunkt, an dem dieAusbildung zum ersten Mal beendet wur-de sowie das Niveau der Ausbildung undden Ausbildungsbereich zu diesem Zeit-punkt. Ermittelt wird außerdem dieBeschäftigungssituation des Einzelnenunmittelbar nach Abschluss der Ausbil-dung. Die erste signifikante Tätigkeit (vonmindestens sechs Monaten Dauer) wirdnäher beschrieben (Dauer, Zeitpunkt, andem die Tätigkeit aufgenommen wurde,Beruf). Diese recht umfassenden und dy-namischen Informationen sollten einenfundierteren Vergleich erlauben. Dabeierscheinen uns insbesondere zwei Punk-te wesentlich: Zum Einen kann nun – überdie Auswirkung des Bildungsniveaus bzw.des Bildungszweigs(13) hinaus – die Aus-wirkung des Ausbildungsbereichs un-tersucht werden, was bislang nicht mög-lich war. Anhand der Ergebnisse sollteeine Neubewertung der Beziehungen vor-genommen werden, die zwischen erzeug-ten Qualif ikationen und beteil igtenBerufsbereichen bestehen. Zum Zweitensollten die neu eingeführten berufs-biografischen Informationen – Be-schäftigungssituation unmittelbar nachAbschluss der Ausbildung, Beschreibungder ersten signifikanten Tätigkeit – zurweiteren Klärung der heiklen Frage bei-tragen können, wann genau der Über-gangsprozess einsetzt. Die Hypothese ei-nes einstufigen (französische Definition)bzw. zweistufigen (deutsche Definition)Einstiegs in den Übergangsprozess wirdder Situation in den Ländern nicht gerecht,in denen dieser Prozess häufig von Un-terbrechungen und wiederholtem Wech-sel zwischen Ausbildung und Beschäfti-gung gekennzeichnet ist (wie beispiels-weise in den Ländern Skandinaviens oderim Vereinigten Königreich). Anhand derZusatzinformationen, die das Ad-hoc-Modul liefert, sollte es möglich sein, neuevergleichende Erkenntnisse über den Be-ginn des Übergangprozesses zu erarbei-ten.

Aber selbst in überarbeiteter Form stoßendie auf den Gemeinschaftserhebungenbasierenden Vergleichsindikatoren zurUntersuchung des Übergangs an Grenzen.Wie gezeigt wurde, ist es eine heikle Auf-

(13) Hier wird zwischen dem berufs-bildenden Zweig auf der einen unddem allgemeinbildenden Zweig aufder anderen Seite unterschieden.

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gabe, für die Vergleichsanalyse geeigneteKategorien zu entwickeln. Zwar könnenVergleichsuntersuchungen auf der Basisvon Tätigkeitsvariablen erstellt werden,welche zwecks internationaler Harmoni-sierung umfassend bearbeitet wurden,best immte Aspekte des Übergangs-prozesses jedoch lassen sich durch einesolche Herangehensweise nicht erfassen.Dies gilt insbesondere für die staatlichenMaßnahmen zur Beschäftigungsförderung,die in den Eingliederungsverläufen zwareine wichtige Rolle spielen, deren verglei-chende statistische Untersuchung abernoch in den Kinderschuhen steckt. ImRahmen des CATEWE-Projekts wurde ver-sucht, einen Vergleich anhand von Datenaus nationalen Quellen vorzunehmen.Dabei stieß man bei der statistischen Auf-

bereitung der Daten aus vergleichenderSicht auf Schwierigkeiten, die sich alsungleich komplexer erwiesen haben alsdie weiter oben dargestellten Probleme.Das Spektrum der staatlichen Arrange-ments zur Förderung der Eingliederungist breit gefächert. Es umfasst sozialeBeglei tmaßnahmen für Arbei ts lose,Ansätze zur Flexibilisierung der Arbeits-verträge, Ausbildungsmaßnahmen sowieAngebote, die alle diese Komponentengleichermaßen beinhalten. Komplexe na-tionale Parameter, die sich nur schwer aufeinen einfachen Nenner bringen lassen,sind beispielsweise der zahlenmäßigeUmfang der betroffenen Zielgruppen, dieAnzahl und die Merkmale der bereitge-stellten Arrangements sowie die Dauer-haftigkeit der Arrangements.

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1.0 Einleitung

Die Entwicklung neuer Brei tband-kommunikationsdienste, das fortschreiten-de Zusammenwachsen von Telekommu-nikation und EDV und die jüngsten Ent-wicklungen im Bereich der Kommuni-kationsprotokolle haben zahlreiche Vor-schläge in Bezug auf den Einsatz dieserInstrumente als Lehr- und Lernmittel an-geregt. Aus der Integration von Compu-ter- und Nachrichtentechnik und derenFähigkeit zur Anbindung und Interaktionüber große geografische Entfernungenhinweg ergeben sich im Bildungsbereichnoch nie dagewesene Möglichkeiten. Diezunehmende Verbreitung dieser Tele-kommunikations- und EDV-Systeme, ihreeinfache Handhabung und die Leistungs-fähigkeit und Vielfalt des Informations-transfers erschließen Lehrenden und Ler-nenden eine Welt jenseits des Klassenzim-mers. Diese Aufwärtsentwicklung istdurchaus dazu imstande, das Wesen desLernumfelds und die darin ablaufendenProzesse von Grund auf zu verwandeln(Majumdar, 1997, S. 347–352). Die tech-nischen Fortschritte der jüngsten Zeit, dievon den Verbreitungstechnologien zu deninteraktiven und schließlich den koope-rativen Technologien über das Internetund das World Wide Web geführt haben,begünstigen die Entwicklung eines neu-en Lehrumfelds und eine revolutionäreVeränderung des Lernprozesses.

Die Fernlehre und die Telekommunikati-on werden immer enger miteinander ver-knüpft, woraus sich neue Lösungen füralte Probleme, innovative Bildungs-ressourcen und neue Lehr-/Lernmodelleergeben. Eines der innovativsten undvielversprechendsten Ergebnisse dieserVerknüpfung ist die Onlineausbildung. Beidieser werden Lehrende und Lernendeüber ein Computernetzwerk miteinander

verbunden, wodurch eine wahre Lern-gemeinschaft entsteht, an der alle betei-ligten Individuen aktiv teilnehmen undeinen wertvollen Beitrag zur Gruppe lei-sten.

Die Bildungsplattform „Onlinelernen“steckt derzeit noch in den Kinderschuhen.Obgleich zahlre iche Einr ichtungenOnlinelehrgänge anbieten, so sind dochtiefgründigere Erkenntnisse über die päd-agogischen Fragen im Zusammenhang mitder Onlineausbildung nach wie vor einunerforschtes Neuland. Viele Online-lehrgänge sind im Grunde nichts weiterals mit E-Mail- und Chat-Funktionen ver-knüpfte Webseiten, die jeglicher pädago-gischen Grundlage entbehren. Bei denmeisten derzeitigen Onlinelehrgängenwird ein traditioneller schulischer Unter-richt in eine Onlineumgebung übertragen,indem Unterrichtslektüre zu webbasiertemLehrmaterial aufbereitet wird, wobei sichder Wissenserwerb auf die Aufnahme vonInformationen und schlichtes Auswendig-lernen stützt. Beides sind qualitativ min-derwertige Lernerfahrungen.

Zwar sind in der Literatur einige Belegefür die Wirksamkeit von Onlinelehrgängenzu finden (Kearsley et al., 1995, S. 37–32), doch ist nur wenig darüber bekannt,welche Lernstrategien für diese Form derAusbildung angewandt werden sollten.Wie können wir diese elektronischenLehr- und Lernumgebungen so gestalten,dass sie auf spezifischen Erkenntnistheo-rien oder Wissensfundamenten aufbauen?Wie sähe eine angemessene pädagogischeRahmenstruktur für das Onlinelernen aus?

Im vorliegenden Artikel werden die cha-rakteristischen Merkmale des Online-lernens aus erkenntnistheoretischer undpädagogischer Sicht erörtert und einekonzeptuelle Rahmenstruktur für dasOnlinelernen auf der Grundlage koope-

Eine pädagogischeRahmenstruktur fürdas Onlinelernen

Im vorliegenden Artikelwerden die charakteristi-schen Merkmale des On-linelernens aus erkenntnis-theoretischer und pädago-gischer Sicht erörtert undeine konzeptuelle Rahmen-struktur für das Online-lernen auf der Grundlagekooperativer Lernstrate-gien vorgeschlagen. Ebensowird hierin auf innovativeVerfahren zur Konzeptionvon Onlinekursen einge-gangen, die auf die Förde-rung von Kreativität undkritischen Denkprozessenabzielen. Der Verfasser ver-tritt den Standpunkt, dassein Lernen durch Aufnah-me von Fakten, Drill- undWiederholungsübungen,Aneignung von Regeln undVerfahrensweisen in frühe-ren Zeiten möglicherweiseangebrachter war, ein Ler-nen durch Projekte undProblemstellungen, Unter-suchung und Gestaltung,Entdeckung und Erfindung,Kreativität und Vielfalt,Handlung und Reflexion je-doch den Gegebenheitender heutigen Zeit eher an-gemessen sei. Es bestehedaher die dringende Not-wendigkeit zu einer Verlage-rung der pädagogischenSchwerpunkte, damit denAnforderungen des Online-lernenden des 21. Jahrhun-derts entsprochen wird.

ShyamalMajumdarLeiter des Fachbereichs Aus-bildung und EntwicklungFakultätsberaterInformationstechnologieColombo Plan Staff Collegefor Technician EducationDECS Complex, Meralco Ave-nue, Pasig CityMetro Manila, Philippinen

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rativer Lernstrategien vorgeschlagen.Ebenso wird hierin auf innovative Verfah-ren zur Konzeption von Onlinekursen ein-gegangen, die auf die Förderung vonKreativität und kritischen Denkprozessenabzielen.

2.0 Fernlehre undOnlinelernen

Im Laufe des vergangenen Jahrhundertsübte die ständige Weiterentwicklung derKommunikationstechnologie einen erheb-lichen Einfluss auf die gleichzeitige Ent-wicklung der Fernlehre aus. So bestanddie erste Generation des Fernunterrichtsweitgehend aus Briefkursen auf derGrundlage von gedruckten Lehrmate-rialien, wobei eine Interaktion zwischendem Lehrenden und dem Lernenden nurspärlich und selten vorkam. Diese Gene-ration der Fernlehre gründete sich auf dieVerbreitungstechnologien und förderteeinen lehrerzentrierten Ansatz sowie Lern-ziele, die sich am Transfer von Informa-tionen orientierten. Dem lag die pädago-gische Annahme zugrunde, dass es vor-

nehmlich auf die Übertragung von Infor-mationen ankomme und weniger auf de-ren Interpretation oder Änderung. DieFernlehrsysteme der zweiten Generationmachten sich verschiedene Medien zunut-ze, z.␣ B. Fernsehen, Tonaufnahmen sowiein manchen Fällen auch auf Diskettengespeicherte Lehrmaterialien. Das Ausmaßder Interaktion zwischen Lehrenden undLernenden blieb gegenüber dem Fernun-terricht der ersten Generation nahezuunverändert, wenngleich die Interaktionnunmehr durch Telefon, Fax und derglei-chen unterstützt wurde. Interaktive Tech-nologien bildeten die Grundlage dieserFernunterrichtsgeneration, die es demLernenden gestattete, sich Kompetenzenin seinem eigenen Tempo anzueignen. Alspädagogische Grundannahme diente hier-bei ein lernerzentrierter Ansatz – d.␣ h. dieInterpretation von Informationen undnicht nur deren Aufnahme. Somit basier-ten die Fernlehrsysteme der ersten undzweiten Generation also in erster Linie aufder Erzeugung und Verbreitung vonLehrmaterialien. Eine Kommunikationzwischen den Lernenden kam nahezuüberhaupt nicht vor, und der Fernunter-richt schien ausschließlich daraufhin an-gelegt zu sein, die geografische Entfer-nung zu überbrücken. Dementsprechendwurde Bildung nicht mehr als sozialeAktivität betrachtet, bei der die Interakti-on zwischen den Lernenden im Mittel-punkt stand, sondern vielmehr als einenahezu gänzlich individuelle Betätigung(Trentin, 1997, S. 261–270). So gut wienichts unterschied die Fernlehre von ei-nem Selbststudium.

Den Antrieb zur Entwicklung der Fern-lehrsysteme der dritten Generation liefertedie Neudefinition des Lernens als einesoziale Aktivität unter umfassender Nut-zung von Computernetzwerken. In derTerminologie des Fernunterrichts wird dasFernlehrsystem der dritten Generationauch als Onlineausbildung, Online-unterricht oder netzbasierte Ausbildungbezeichnet. In diesem Umfeld sind alleam Lernprozess beteiligten Akteure – Ler-nende, Tutoren und Experten – über einComputernetzwerk miteinander verbun-den, wodurch die Isolation des Einzelnenüberwunden, die Interaktivität der Grup-pe gesteigert und eine kollektive Entwick-lung gefördert wird. Die Grundlage die-ser Generation der Fernlehre bilden diekooperativen Technologien. Sie un-

Abbildung 1

Technologien, Lernziele und Unterrichtsmodelleder drei Generationen der Fernlehre

Unterrichtsmodelle

Lernziele

Änderungdes mentalenModells

Kompetenz-erwerb

Informations-transfer

Grad der Zusammenarbeit

Verbreitungs-technologien

InteraktiveTechnologien

KooperativeTechnologien

Lehrer-zentriert

Lerner-zentriert

Lernteam-zentriert

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terstützt Lernziele, die auf die Änderungdes mentalen Modells ausgerichtet sind,durch eine lernteamzentrierte Ausbildung.Der lernteamzentrierte Ansatz schafft einUmfeld, in dem Wissen durch die Zusam-menarbeit von Individuen innerhalb vonLernteams gemeinsam herangebildet undgemeinschaftlich erworben wird.

Kaufman (Kaufman, 1989) beschreibt denEntwicklungsverlauf der drei Generatio-nen der Fernlehre als eine fortschreiten-de Zunahme der von den Lernenden aus-geübten Kontrolle, der Möglichkeiten zumDialog und der Betonung der gedankli-chen Fähigkeiten anstelle eines reinenVerständnisses. Vor allem würden hier-durch neue Formen der Bildungsorgani-sation geschaffen. Abbildung 1 (WeißbuchDistributed learning: approaches, techno-logies and solution, 1996) veranschaulichtdie verschiedenen Generationen der Fern-lehre.

Abbildung 1 einfügen

3.0 Pädagogische Rahmen-strukturen: Objektivismus,Konstruktivismus und daseklektische Modell

Eine Onlinelernumgebung kann aus zweiHauptdenkrichtungen heraus entwickeltwerden: der objektivistischen oder derkonstruktivistischen Lerntheorie. Ausge-hend von diesen beiden Ansätzen lassensich zwei verschiedene Arten von Online-lernumgebungen einrichten.

3.1 Onlinelernen auf der Grundlagedes Objektivismus

In diesen Lernumgebungen lernen dieLernenden jeweils einzeln durch com-puterunterstützte Kommunikation. Sie ar-beiten interaktiv mit webbasierten Lehr-materialien, die auf Rechnern an entfern-ten Standorten gespeichert sind, und ha-ben nur minimale Interaktion mit denLehrenden/Kursleitern und anderen Ler-nenden. Wie aus Abbildung 2 ersichtlichwird, sind die Lernenden A und B geo-grafisch weit voneinander entfernt undarbeiten jeweils an ihrem eigenen Com-puter interaktiv mit dem webbasiertenLehrmaterial, das an einem anderen Ortgespeichert ist und ihnen von dort ausvom Kursleiter übermittelt wird.

Abbildung 2 einfügen

Eine Onlinelernumgebung dieser Art fußtauf der behavioristischen Verhaltens-psychologie; den Kursteilnehmern werdenhier Informationen präsentiert, die siedem Kursleiter gegenüber wiederholen(Reproduktion). Diese Lehrmethode gehtvon den Reaktionen der Lernenden aufbestimmte Reize aus, welche durch Be-lohnung und Bestrafung verändert wer-den können (Inglis, 1996, S. 28–37). Zielist die Entwicklung einer programmiertenOnlinelernumgebung mit strukturierten,unter Anleitung stehenden, jedoch dabeioft straff organisierten Studienkursen undLernaufgaben zur individuellen Erörterungund Problemlösung. Bei diesen Kursenwerden Lernziele, Methoden, Materialienund ein vom Tutor selbst festgelegtesEvaluierungsschema vorgegeben. DasWesen und die Wissensautorität des Ler-nenden bringen es mit sich, dass der Ler-nende die Aufgaben einzeln bearbeitetund zu Ende führt. Diese Form des Ler-nens basiert weniger auf sozialen Vorgän-gen als vielmehr auf einer individuellenWissenskonstruktion und -reproduktion.Sie geht von dem Grundgedanken aus,dass es eine bestimmte Menge objektivenWissens gibt, die sich Lernenden durch

Abbildung 2

Onlinelernen auf der Grundlage des Objektivismus

Betreuer

Lernender A Lernende B

WebbasierterUnterricht (WBI)

(WBI) (WBI)

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Präsentation und Erläuterung vermittelnlässt. Die Onlinelehrgänge von heute ori-entieren sich zum überwiegenden Teil ander behavioristischen Lehre und der Nut-zung/Funktion der Technik als Ersatz füreine unterrichtende Lehrkraft. Die derzei-tigen Ansätze zur Gestaltung von Online-lernumgebungen beinhalten für gewöhn-lich die Übertragung eines traditionellenschulischen Unterrichts in eine Online-umgebung, indem Unterrichtslektüre zuwebbasiertem Lehrmaterial umgearbeitetwird, Vorlesungen und Vorträge zu on-line dargebotenen Skripten aufbereitetund Videovorführungen und Diskussio-nen zu Onlinekonferenzen umgestaltetwerden (Bourne et al., 1997). Hierbeihandelt es sich im Grunde um reine Brief-kurse über das Internet, die auf der Auf-nahme von Informationen aufbauen undLernerfahrungen von geringerer Qualitätdarstellen.

Die auf dem Objektivismus basierendeOnlinelernumgebung weist eine Reihevon Nachteilen, Begrenzungen undSchwächen auf (Mangal, 1990), insofern

als sie die Lernenden nicht dazu ermun-tert, hochwertigere komplexe Kompeten-zen wie Kreativität, Problemlösungs-,Gestaltungs- und Entscheidungsfähigkei-ten zu entwickeln, und ebenso wenig denErwerb von Wissen durch soziale Inter-aktion fördert. Aus diesem Grunde ist die-se Lernumgebung von zeitgenössischenPsychologen – etwa den Anhängern desKonstruktivismus – vielfach kritisiert,modifiziert und verfeinert worden.

Abbildung 3 einfügen3.2 Onlinelernen auf der Grundlagedes Konstruktivismus

Computerunterstütztes kooperatives Ler-nen (Computer-supported collaborativelearning – CSCL) – oder auch „koopera-tives eLearning“ – ist ein neueres Phäno-men im Bereich der Onlineausbildung,das eine Rahmenstruktur schafft, durch diedie einzelnen Lernenden zusammenge-führt werden, um durch Steuerung undVerwaltung ihrer Lernprozesse ein ge-meinsames Lernziel zu erreichen. Die kon-struktivistische Schule gilt als Fundamentder CSCL-Umgebung. Eine solche CSCL-Umgebung wird in Abbildung 3 darge-stellt, wo die Lernenden A, B, C und D,die sich an geografisch weit voneinanderentfernten Orten befinden, in einer Grup-pe zusammenarbeiten, Analysen und Syn-thesen erstellen, wozu sie asynchrone undsynchrone Kommunikationsinstrumentebenutzen. Sie gehen nach einem webba-sierten Lehrplan vor und arbeiten in ei-nem gemeinsamen Lernraum jeweils anihren eigenen Computern auf die Errei-chung eines gemeinsamen Lernziels hin.Lernende arbeiten hier also mit anderenLernenden zusammen, um Wissen aufzu-bauen.

In einer derartigen kooperativen Lernum-gebung werden komplexe Kompetenzenwie Kreativität, Problemlösungs-, Gestal-tungs- und Entscheidungsfähigkeitengefördert (McDonald et al., 1998, S. 6–21). Der Konstruktivismus kann als eineWeltanschauung oder Ontologie gesehenwerden, die sich auf einen Komplex vonLerntheorien gründet, welche irgendwozwischen kognitiven und humanistischenAuffassungen anzusiedeln sind. Zur Schaf-fung einer effektiven Lernumgebung aufder Grundlage dieser Ontologie kann eineErkenntnistheorie formuliert werden,mithilfe derer sich erklären lässt, wie Wis-sen gebildet wird. Der konstruktivisti-

Abbildung 3

Onlinelernen auf der Grundlage des Konstruktivismus

Betreuer

Lernende A

Lernender BLernende C

AsynchroneKonferenz

SynchroneKonferenz

Lernender D

• E-Mail• Zeitversetzte

Interaktion• Dateitransfer

• Whiteboard• Videokonferenz• Netzkonferenz

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schen Theorie zufolge muss Wissen vonjedem Lernenden entdeckt, konstruiert,praktiziert und auf seine Gültigkeit ge-prüft werden, wobei Lernen einen „akti-ven Kampf des Lernenden“ beinhaltet.Anhänger der kognitiven Psychologie leh-nen die Reiz-/Reaktions- und Belohnungs-/Bestrafungshypothese der Behavioristengänzlich ab. Ihrer Ansicht nach lassen sichLernen und Verhalten nicht auf bloße in-dividuelle Reaktionen auf bestimmte Rei-ze reduzieren. Der menschliche Verstandnehme Informationen nicht exakt in derArt und Weise und der Form auf, in dersie vermittelt werden, sondern erforschesie vielmehr, interagiere damit und reflek-tiere darüber, um Wissen aus Erfahrun-gen heraus zu konstruieren. Zu den päd-agogischen Methoden, die den konstruk-tivistischen Ansatz anwenden, gehörendas kooperative Lernen und die Schaffungvon Lernsituationen, die Lernenden dieVornahme aktiver Untersuchungen undeine soziale Kooperation ermöglichen.Passive Lernansätze gehen davon aus,dass Lernende durch die individuelle undselbstständige Aufnahme und Assimilati-on von Wissen „lernen“ (Johnson, 1979,S. 51–70). Aktive Ansätze stellen demge-genüber das Lernen als einen sozialenVorgang dar, der sich durch die Kommu-nikation mit anderen Menschen vollzieht.Die Lernenden konstruieren Wissen ak-tiv, indem sie Gedanken in Worte fassen,und diese Gedanken werden durch dieReaktionen und Antworten der anderenweiterentwickelt. Der Begriff „kooperati-ves Lernen“ bezieht sich auf Lehrmetho-den, die die Lernenden dazu ermutigensollen, eine vorgegebene Lernaufgabegemeinsam zu bearbeiten. KooperativesLernen unterscheidet sich grundlegendvom traditionellen Modell des „Direkt-transfers“, d.␣ h. der in eine einzige Rich-tung erfolgenden Übertragung von Wis-sen, wonach die unterrichtende Lehrkraftdie alleinige Wissens- und Kompetenz-quelle bildet (Harasim, 1990). Das Ge-spräch (Verbalisierung), multiple Perspek-tiven (kognitive Neustrukturierung) undAuseinandersetzungen (Lösung vonkonzeptuellen Konflikten), die in koope-rativen Lerngruppen auftreten, könneneine Erklärung dafür liefern, warum ko-operative Gruppen eine umfassenderekognitive Entwicklung bewirken, als siedieselben Personen erzielen, wenn jedefür sich allein arbeitet (Sharon, 1980, S.241–247) (Webb, 1989, S. 21–29).

Es wird angenommen, dass die Konstruk-tion von Wissen Lehr- und Lernstrategienund ein Umfeld erfordert, die den Ler-nenden Wissensaufbaustrukturen an dieHand geben. Es gibt in der konstruktivi-stischen Erkenntnistheorie drei klar von-einander unterscheidbare Gesichtspunk-te: der Persönlichkeitsaspekt, der sozialeAspekt und die akademischen Wissens-arten (Joyee et al., 1996). Jeder dieser Ge-sichtspunkte liefert eine wichtige Rahmen-struktur für die Gestaltung und Entwick-lung von Onlinekursen. Der Persön-lichkeitsaspekt stellt die Lernenden undderen Interaktion in den Mittelpunkt. Aus-gehend davon wird die individuelle Per-sönlichkeit im Kontext betrachtet und demEinzelnen dabei geholfen, sich selbst undseine Beziehung zur Welt zu verstehen.Der soziale Aspekt bezieht sich primärdarauf, wie die Lernenden Wissen gemein-sam konstruieren. Diese Rahmenstrukturgeht davon aus, dass der Wissensaufbauauf sozialen Vorgängen basiert, die durchden jeweiligen Kontext bedingt sind. BeimKonzept der akademischen Wissensarten,das auch als akademischer Untersu-chungsaspekt bezeichnet werden kann,stehen die akademischen Fachrichtungenim Mittelpunkt. Unter diesem Gesichts-punkt dient Bildung dazu, die Lernendenmit dem akademischen Rüstzeug auszu-statten, das ihnen die Konstruktion vonWissen ermöglicht. Die Informationsver-arbeitungstheorie (Lange, 1965) lieferteine gute Rahmenstruktur für die Anwen-dung dieses akademischen Rüstzeugs. ImKonstruktivismus wird Lernen als ein kon-struktiver Prozess gesehen, bei dem dieLernenden eine aktive Rolle spielen unddas Lernen auf ihren kognitiven Fähig-keiten basiert. Lernende erwerben neuesWissen, indem sie auf ihrem Vorwissenund ihrer aktiven Betätigung in ständigerInteraktion mit ihrer Umwelt aufbauen,sowie von anderen Lernenden.

Auf der Basis konstruktivistischer Lern-theorien kann eine Onlinelernumgebungausgehend von der Annahme gestaltetwerden, dass Lernende selbst aktiv han-delnde Subjekte sind und unter Anwen-dung ihrer sozialen Fähigkeiten Gruppen-aufgaben bearbeiten und fertig stellenkönnen. Eine der Begrenzungen einer sol-chen Lernumgebung besteht darin, dasssie nicht immer vorhersehbare Lern-ergebnisse hervorbringt. Die Kursbetreuersollten den konstruktiven Prozess der

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Lernenden fördern und nicht versuchen,den Prozess oder das Ergebnis bis ins Ein-zelne zu steuern. Der Lehrprozess und dieAufgabe des Lehrenden sollten darin be-stehen, eine Anleitung zur Entdeckungvon Wissen zu geben und bei der Wissens-konstruktion mittels strukturierter koope-rativer Lernaufgaben fachmännischesFeedback zu liefern. Die Lernenden selbststeuern dabei den Lernprozess. Was dasWesen und die Wissensautorität des Ler-nenden betrifft, wird die Aufgabe von denLernenden in Gruppen bearbeitet und zuEnde geführt, indem sie ihre sozialenKompetenzen und Teamarbeitsfähigkeitenauf der Basis ihrer Erfahrungen anwen-den.

3.3 Onlinelernen auf der Grundlagedes eklektischen pädagogischen An-satzes

Im Hinblick auf die Gewährleistung ei-nes einheitlichen und vorhersehbarenLernergebnisses in der auf der konstruk-tivistischen Pädagogik basierenden CSCL-Umgebung ist ein eklektischer andrago-gisch-pädagogischer Ansatz vorgeschla-gen worden. Dieses Modell verbindet diezweckmäßigsten Aspekte der konstrukti-vistischen wie der behavioristischen Per-spektive. Diese Art des Lernens, welchesich auf den aus diesen beiden Perspek-tiven abgeleiteten eklektischen andrago-gisch-pädagogischen Ansatz gründet, mi-nimiert die Transaktionsdistanz, wie vonMoore dargelegt (Moore et al., 1996), undkommt somit Lernenden mit unterschied-lichen Lernstilen und Lernenden, die zueinem völlig selbstgesteuerten Lernennoch nicht imstande sind, entgegen. Die-ser Ansatz geht davon aus, dass Lernen-de 50␣ % des Wissens selbstständig erwer-ben und die verbleibenden 50␣ % durchdie Kooperation mit anderen. Beim ko-operativen Lernen werden sowohl syn-chrone als auch asynchrone Lernkompo-nenten genutzt. Frei l ich dürfte dasSchwergewicht großenteils auf den asyn-chronen Komponenten liegen, da dieseihrem Wesen nach den Vorteil bieten, dasssie sich zeitlich und räumlich beliebiganpassen lassen. Synchrone Interaktionenlaufen in Echtzeit ab, wenn Lernende undLehrende gleichzeitig online sind und indirekter Verbindung zueinander stehen.Asynchrone Interaktionen finden dagegenstatt, wann immer es den Lernenden undLehrenden am besten passt. Kennzeich-

nend für das asynchrone Lernen ist, dassdas Lernen zu jeder beliebigen Zeit undan jedem beliebigen Ort („anytime,anywhere“) erfolgen kann, indem dieKonferenzmöglichkeiten des Internetsgenutzt werden. Darauf kann entwederein unmittelbares oder aber auch ein zeit-versetztes Feedback erfolgen. Ein unmit-telbares Feedback erhält man dann, wenndas Softwareprogramm Dokumente auto-matisch miteinander verbindet. Zu einerzeitlich versetzten Interaktion kommt esinfolge der Zeitspanne, die der Mit-lernende zur Beantwortung von Mailing-listen-Rundschreiben und Forum- und E-Mail-Nachrichten benötigt. Synchrone In-teraktionen erfordern eine Reihe vonHilfsmitteln, die es den Lernenden ermög-lichen, über das Internet Bild und Ton zuempfangen und auf Anwendungen ge-meinsam zuzugreifen. Komplexe Themenkönnen so etwa mithilfe von Werkzeugenwie Whiteboards, Internet Relay Chat undAudio- und Videokonferenzen direkt er-klärt werden.

In Abbildung 4 wird dieser Ansatz veran-schaulicht.

Abbildung 4 einfügen

4.0 Kooperatives Lernenund Onlineausbildung

Zahlreiche Theoretiker des soziokultu-rellen und situierten Lernens haben aufdie herausragende Bedeutung der sozia-len Interaktion hingewiesen. So wurdeetwa festgestellt, dass Lernende nicht ger-ne allein arbeiteten, sondern vielmehrGedanken untereinander austauschenwollten (Chu et al., 1999, S. 334–338).Dieser Vorteil der sozialen Interaktion (so-ziales Lernen) ließ sich nur schwer inOnlinelernprogramme integrieren, die fürgeografisch weit voneinander entfernteLernende konzipiert waren, da das koope-rative Lernen und das Onlinelernen auszwei verschiedenen Bildungstraditionenhervorgegangen waren. Heute gibt es je-doch kooperative/gruppenbezogene Lern-werkzeuge, die zum sozialen Verhandelnund Gruppenlernen eingesetzt werdenkönnen, wodurch es Lernenden in Grup-pen ermöglicht wird, mit fähigeren Mit-lernenden zu interagieren. ErworbeneKompetenz breitet sich so unter den Ler-nenden aus. Wissen entspringt hier auseiner Gemeinschaft von Lernenden, die

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miteinander interagieren. Es hat sich ge-zeigt, dass Lernende, die aktiv in koope-rativen Gruppen lernen, fortgeschrittenereArgumentationsstrategien, eine größereIdeenvielfalt, umfangreichere kritischeGedankengänge und kreativere Reaktio-nen hervorbringen, als solche, die einzelnoder im Wettstreit miteinander lernen(Schlechter, 1990, S. 329–341).

Die Wirksamkeit des kooperativen Ler-nens ist durch verschiedene sozial-psychologische Mechanismen bedingt.Diese sind u.␣ a.: (a) Konflikte oder Mei-nungsverschiedenheiten, (b) der alterna-tive Vorschlag, (c) (Selbst-)Erklärung, (d)Internalisierung, (e) Aneignung, (f) Ver-teilung der kognitiven Last, (g) gegensei-tige Regulierung und (h) Sicherung einergemeinsamen sozialen Basis (Dillenberget al., 1995, S. 10-6 bis S. 10-13).

Der Mechanismus des „Konflikts zwischenden Lernenden“ gründet sich auf das Po-stulat, dass bei Auftreten von Meinungs-verschiedenheiten zwischen Lernpartnernsoziale Faktoren die Lernenden daran hin-dern, den Konflikt zu ignorieren, und siedazu zwingen, eine Lösung zu finden.Vertreter des alternativen Vorschlagsbemühen sich um den Abbau bestimmtervoreingenommener Sichtweisen, die manals „Bestätigungsneigung“ oder „partei-

ische Informationssuche“ bezeichnenkönnte: wenn nämlich Lernende dazu ten-dieren, nur Experimente zu entwerfen, dieihre Hypothesen bestätigen, und jeglicheempirische Feststellungen, die ihre Hypo-thesen widerlegen, außer Acht lassen.Eine „(Selbst-)Erklärung“ erfolgt dann,wenn ein kenntnisreicherer Lernendereinem anderen eine Thematik erklärt. Dereine erhält eine Erläuterung, während derandere davon profitiert, verschiedeneKenntnisse zu artikulieren und zusam-menzufassen. „Internalisierung“ ist derProzess des Lernens durch die Verbali-sierung im Gespräch. Eine „Aneignung“tritt auf, wenn ein Lernender durch dieBeobachtung und Zusammenarbeit miteinem kompetenteren Partner lernt. DieLehrlingsausbildung etwa stellt eine sol-che Aneignung von Kompetenz dar. Die„Verteilung der kognitiven Last“ beinhal-tet die gemeinsame Bewältigung der ko-gnitiven Belastung, die eine bestimmteAufgabe mit sich bringt. „GegenseitigeRegulierung“ bezieht sich auf die Verfah-ren, mit denen die Lernenden die Aktivitä-ten ihrer Lernpartner regulieren. „Siche-rung einer gemeinsamen sozialen Basis“ist der Mechanismus, durch den ein ein-zelner Lernender versucht, sich zu verge-wissern, dass sein Lernpartner verstandenhat, was er meint, zumindest in demMaße, wie es zur Durchführung der je-

Abbildung 4

Lernkomponenten auf der Grundlage des vorgeschlagenen eklektischen Modells

Selbstlernen (50 %)

Lernen mit Anderen (50 %)Synchrone

Komponenten

Interaktive Multimediasoftwarefür das Selbstlernen

Kursskripte/Folien

AsynchroneKomponenten

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weiligen Aufgabe erforderlich ist. DieZusammensetzung der Gruppe, aufgaben-spezifische Merkmale und die Kommuni-kationsmedien spielen im Hinblick auf diewirksame Umsetzung des kooperativenLernens eine wichtige Rolle.

Es ist der Standpunkt vertreten worden(Harasim, 1990), dass das kooperativePotenzial von Computerkonferenzen Ler-nende in die Lage versetze, in dreierleiWeise aktiv an ihrem eigenen Wissens-aufbau- bzw. Wissensschaffungsprozessmitzuwirken: durch Gedankenerzeugung,Gedankenverknüpfung und Gedanken-strukturierung.

Vier grundlegende Merkmale des koope-rativen Lernens sind:

❏ ein Lernen, bei dem die Aktivitäten derLernenden im Mittelpunkt stehen undweniger die des Lehrenden;

❏ Betonung der wechselseitigen Unter-stützung der Lernenden zur Ermittlungvon Antworten auf gemeinsame Fragen;

❏ ein Lernen, das auf der Lösung von Pro-blemen mittels Analysen und Diskussio-nen innerhalb von Gruppen von Lernen-den basiert;

❏ Betonung des kreativen und kritischenDenkens.

Es stellt sich jedoch die Frage, ob wir derim Vorangegangenen dargestellten koope-rativ angelegten Rahmenstruktur bei derGestaltung von webbasierten Kursen auchtatsächlich Rechnung tragen? Wenden wirkritisches Denkvermögen und Problem-lösungsfähigkeiten als Strategien zur För-derung von kreativen Prozessen durch dasInternet an? Schöpfen wir alle Konferenz-möglichkeiten aus, die das Internet bie-tet? Die schlichte Bereitstellung vonOnlinekonferenzmöglichkeiten und Auf-forderung an die Lernenden, diese zunutzen, ist an sich noch kein kooperati-ves Lernen. Die Entwicklung von Online-kursmaterialien zur Förderung der Krea-tivität erfordert mehr als ein Verständnisder „harten“ technischen Voraussetzun-gen, d.␣ h. die Kenntnis von Bits und Bytes,Elektronik und Satellitentechnik, CGI,Suchmaschinen und HTML. Sie setzt viel-mehr ein Verständnis des „weichen“Aspekt der Technik voraus, der eine

Rahmenstruktur für die Entwicklung voninternetbasierten Kursen zur Förderungder Kreativität in einer kooperativen Lern-umgebung liefern kann.

Eine Rahmenstruktur für pädagogischeMethoden zur computergestützten Kom-munikation ist in vier Kommunikations-paradigmen aufgegl ieder t worden:Informationsabruf, E-Mail, elektronischePinnwände (schwarze Bretter) und com-putergestützte Konferenzen. Diese wur-den wiederum in vier Methoden unter-teilt, die im Folgenden aufgeführten wer-den (The online report on pedagogicaltechniques, 1995);

❏ „Einer-allein“-Methoden (das Online-ressourcen-Paradigma): Onlinedaten-banken, Onlinezeitschriften, Online-bibliotheken und Onlineanwendungen;

❏ „Einer-an-einen“-Methoden (das E-Mail-Paradigma): Lernverträge, Lehrlings-ausbildungen, Praktika und Briefkurse;

❏ „Einer-an-viele“-Methoden (das Para-digma der elektronischen Pinnwand): Vor-lesungen bzw. Vorträge, Symposien unddidaktische Vorführungen;

❏ „Viele-an-viele“-Methoden (das Konfe-renzparadigma): Debatten, Rollenspiele,Diskussionsgruppen, Brainstorming,Foren, protokollbezogene Aufgaben usw.

Die meisten Onlinekurse machen von dendrei erstgenannten Verfahren Gebrauch,wohingegen sie die kollektiven Methodenaußer Acht lassen, welche das Kernstückder kooperativen Lernumgebung bilden.Zu den wichtigsten Methoden des koope-rativen Lernens gehören u.␣ a. (Harasim,1990) (Harasim et al., 1995):

❏ Partneraktivitäten und Runde Tische:Austausch und Zusammenfassung von Ge-danken und Ideen per E-Mail;

❏ asynchrone Konferenzen: Diskussionund Reflexion über elektronische Pinn-wände (schwarze Bretter);

❏ synchrone Konferenzen: Echtzeit-konferenzen mittels Chat-, Net-Meeting-und Videokonferenz-Werkzeugen;

❏ Gruppenuntersuchungen: Auswahl ei-nes Themas in der Gruppe, individuelle

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Untersuchung des gewählten Gegenstandsund anschließend kollektive Zusammen-stellung der Ergebnisse;

❏ projektbasiertes Lernen: Lernen durchProjektplanung und -entwicklung imTeam;

❏ andere Aktivitäten: Podiumsdiskussio-nen, Symposien, Debatten, Rollenspiele,Diskussionsgruppen, Brainstorming undTeamwettbewerb innerhalb einer Grup-pe usw.

5.0 Kreatives Denkenim Internet

Forscher wie z.␣ B. Davis (Davis, 1992),Perkins (Perkins, 1986) und de Bono (deBono, Thinking course, 3. Auflage) habenfür den Einsatz von Lehrmethoden plädiert,die das eigenständige bzw. kreative Den-ken der Lernenden fördern. Onlinelernan-sätze liefern zahlreiche Instrumente undein geeignetes Umfeld für die Anwendungsolcher Lehrmethoden. Es gibt heuteWebbrowserprogramme zum Suchen undRecherchieren, zur Ermittlung von Musternund Zusammenhängen, zur hierarchischenOrdnung von Ideen und Gedanken, zurAnzeige von Suchergebnissen und zurÜbermittlung von Ergebnissen an Mit-lernende und Lehrende. Das Internet istzweifelsfrei ein ideales Instrument zur För-derung der Bereitschaft der Lernenden, Ri-siken einzugehen, zur Förderung ihresEngagements für die Bearbeitung von Auf-gaben, ihrer Neugier und ihrer Aufge-schlossenheit für neue Erfahrungen, zurFörderung von breit gefächerten Interes-sen, Originalität, Fantasie, Intuition, derLust auf Neues und Unbekanntes, künst-lerischen Fertigkeiten, bildlichem Denken,Problemlösungsfähigkeiten, der Ausfüh-rung von Gedanken und der Bereitschaft,sich von vorgegebenen Normen zu lösen– alles Eigenschaften, die für kreative Men-schen kennzeichnend sind (Davis, 1992)(Starko, 1995) (Young, J. G.). Durch dieAnonymität der Alter-Ego- und Pseudo-identitäten, die Lernende während elek-tronischer Diskussionen annehmen, wer-den sie dazu ermuntert, mit Gedanken undIdeen zu experimentieren und bei derÄußerung von Gedanken Risiken einzu-gehen (Harasim et al., 1995). Einige Me-thoden, die zur Förderung der Kreativitätin elektronischen Umgebungen mithilfedes Internets vorgeschlagen werden, sind:

❏ Brainstorming und umgekehrtes Brain-storming: Konzentration auf die Gedan-kenerzeugung;

❏ Verteilung von Denkrollen: jedem Teil-nehmer des Rundes Tisches wird eineRolle zugewiesen;

❏ kreatives Schreiben: ein Teilnehmer be-ginnt zu schreiben, ein anderer baut denGedanken weiter aus;

❏ „Einmal angenommen…“: „Einmal an-genommen, Sie wären Bildungsminister/in – wo lägen Ihre Prioritäten?“;

❏ Ideen anregende Fragen: Vorschlägezur Veränderung und Verbesserung;

❏ semantische Vernetzung: Vorgabe einesWortes in der Mitte eines semantischenBedeutungsfelds und anschließende Auf-listung von Merkmalen, die mit dem Be-griff verbunden werden;

❏ Simulation und Rollenspiele: Rollen-spiele in einer simulierten Umgebung.

Es wurde beobachtet, dass die Diskussio-nen und Interaktionen bei asynchronenKonferenzen, an denen Lernende zu un-terschiedlichen Zeitpunkten und von un-terschiedlichen Orten aus teilnehmen, ten-denziell umfassender ausfallen und miteinem größeren Engagement der Lernen-den erfolgen als solche, die in einem her-kömmlichen Lernumfeld stattfinden. DieLernenden können hierbei ihre Ansich-ten unter deutlich entspannteren Bedin-gungen zum Ausdruck bringen und sichdafür die nötige Zeit nehmen, wodurchein kongeniales Umfeld für kreativeReflexionsprozesse geschaffen wird.

6.0 Kritisches Denkenim Internet

Kritisches Denken ist argumentatives, re-flexives Denken, das vornehmlich daraufabzielt, eine Entscheidung über eine An-nahme oder eine Handlung zu treffen. DieLernenden lernen, einen Begriff oder einPhänomen zu betrachten, indem sie sichihrer eigenen Vorurteile bewusst sind, undlernen somit, objektiv und logisch an diejeweilige Situation heranzugehen. Kreati-ves Denken dagegen ist die Fähigkeit,neue Gedankenverbindungen herzustel-len, um einem Bedürfnis zu entsprechenoder eine bestimmte natürliche Erschei-nung zu verstehen. Ungeachtet vielfälti-

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❏ Förderung eines aktiven Lernens;

❏ effiziente Anwendung von Multimedia;

❏ Mischung geeigneter Lehrstrategien;

❏ Gestaltung von angemessen strukturier-ten Diskussionen;

❏ Schaffung einer kontextbezogenenLernumgebung;

❏ Konzentration auf das Lernen in Grup-pen.

Ein Kursteilnehmer in einer Online-umgebung nimmt sowohl die Rolle einesLernenden ein als auch die eines Arbeits-kollegen und Teammitglieds. Das Lehrenund Lernen in einer Netzumgebung bringteine revolutionäre Veränderung der Aus-bildungspraxis und eine Wissensexplosionmit sich (Majumdar, 1999, S. 72–73). Wäh-rend ein Lernen durch Aufnahme vonFakten, Dri l l - und Wiederholungs-übungen, Aneignung von Regeln undVerfahrensweisen in früheren Zeiten mög-licherweise angebrachter war, ist jedochein Lernen durch Projekte und Problem-stellungen, Untersuchung und Gestaltung,Entdeckung und Erfindung, Kreativitätund Vielfalt, Handlung und Reflexion denGegebenheiten der heutigen Zeit eherangemessen. Es besteht daher die Not-wendigkeit, eine konzeptuelle Rahmen-struktur für die pädagogischen Dimensio-nen des Onlinelernens auf der Grundla-ge kooperativer Lernstrategien zu entwik-keln. Die wünschenswerte Schwerpunkt-verlagerung, die sich in Bezug auf die ver-schiedenen pädagogischen Dimensionendes Onlinelernens vollziehen sollte, wirdin Tabelle 1 dargestellt.

8.0 Implikationen undkünftige Arbeiten

Die Art und Weise, in der ein Lernenderin einem Onlineumfeld lernt, ist bislangnoch nicht umfassend erforscht worden.Die Gestaltung und Entwicklung von ef-fektiven Onlinelehrgängen setzt eine neueHerangehensweise an die verschiedenenpädagogischen Dimensionen der Online-umgebung voraus. Dies erfordert die Ein-holung von Kenntnissen über neue Me-dien aus der Kommunikationsforschung,die Einbeziehung von pädagogischen

ger unabhängiger Gedankenkanäle könn-te die Förderung kritischer Denkpfademöglicherweise eine ebenso starke Di-mension des Internets bilden. Einigeneuere Ideen in Bezug auf das kritischeDenken im Internet sind:

❏ grafische Anordnung: Betonung derräumlichen Darstellung wie in einemModell, Venn-Diagramm usw. Dieseermöglicht kritisches Denken, indem denLernenden dabei geholfen wird, die Hier-archie und logische Folge von Gedankenzu bestimmen;

❏ Methoden zur hierarchischen Ordnung:Einstufung und Kategorisierung vonBrainstorming-Gedanken im Internet;

❏ Reflexion: Schreib-, Denk- und andereAktivitäten zur Reflexion und kritischenEvaluierung;

❏ simulierte Gerichtsverhandlungen undDebatten: Ermunterung zur logischen Ar-gumentation;

❏ fallbezogene Argumentation: Fallstudi-en und Stellungnahmen.

Jede Aktivität, die die Suche nach Ursa-chen und Wirkungen, die Ermittlung vonMustern und Zusammenhängen, die hier-archische Ordnung von Gedanken, dieBestimmung des rechten Zeitpunkts unddie Aufstellung von Systematiken umfasst,stellt eine sinnvolle Anwendung des kri-tischen Denkvermögens dar (Bonk et al.,1997). Das Internet bietet eine Fülle vonMöglichkeiten zur Hervorhebung vonKausalzusammenhängen anhand vonSimulations- und Animationsprogrammen,die in internetbasierten/computergestütz-ten Lernpaketen enthalten sind.

7.0 Leitsätze

Es gibt zahlreiche Leitsätze für die wirk-same Gestaltung eines Onlinelehrgangs.Dies sind u.␣ a.:

❏ Schaffung einer problembasierten Lern-umgebung;

❏ Darbietung von authentischen und rea-listischen Aufgaben;

❏ Konzentration auf den konstruktivenAufbau von Wissen;

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Gesichtspunkten aus der erziehungs-wissenschaftlichen Forschung und dieGewinnung von Einblicken in die Grup-peninteraktion aus der sozialpsycho-logischen Forschung. Alle diese Erkennt-nisse lassen sich zur Beschreibung undErklärung dessen, was in Onlinekursenabläuft, anpassen, anwenden und mitein-ander verbinden (Coppala et al., 1999).Wer bei der Unterrichtsgestaltung koope-ratives Onlinelernen einsetzen will, mussmehr Gruppenarbeit, arbeitsbezogenesLernen und Problemlösungsübungen inden Unterricht einbauen, um Denkprozes-se auf höherem Niveau zu fördern. Ange-sichts der schier unendlichen Möglichkei-

ten, die sich im Internet für fortgeschrit-tene Denkprozesse (Majumdar, 2000) undTeamarbeit bieten, dürfte das World WideWeb dazu imstande sein, innovative Lern-strategien zu erzeugen, die letztlich inkognitive, soziale und kulturelle Kontex-te eingebettet sein werden. Werden beider Gestaltung von Onlinekursen diewünschenswerten Änderungen an denpädagogischen Dimensionen berück-sichtigt, so könnte sich eine Ausbildungim Internet tiefgreifend von herkömmli-chen Lehrmethoden unterscheiden. Ge-meinsam sollten wir versuchen, in Zukunftweitere Forschungsarbeiten zu dieser The-matik anzuregen.

DimensionenPädagogischeGrundlageSchwerpunkt des LernensLernstrategienLernzweckLerntheorieRolle des LehrendenUnterrichtsformenLernansatzLernstrukturenLehrmodelleLernzielLernmethoden

Nicht wünschenswertInstruktivesLehrmodellInhalteAusschließlich interaktivVon außen gesteuertBehavioristischDidaktischFestgelegtOberflächenorientiertStarrLehrerzentriertInformationstransferPassiv

WünschenswertEklektisches Lehrmodell auf der Grund-lage des KonstruktivismusEntwicklung der LernfähigkeitKooperativ und interaktivAutonomKognitivBetreuendOffenTiefenorientiertFlexibel/modularLernteamzentriertÄnderung des mentalen ModellsAktiv

Tabelle 1

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Drei neue Zusammenhän-ge, die bei der Entwick-lung von Lehr- und Lern-möglichkeiten zu be-rücksichtigen sind

Die einschlägige europäische Politik fußtauf dem Prinzip, dass die Bürger nicht nurfür ihre allgemeine und berufliche Erstaus-bildung Verantwortung übernehmen, son-dern während ihres gesamten Arbeitsle-bens dafür sorgen müssen, „auf dem Lau-fenden“ zu bleiben. Schließlich werdenKompetenzen, Qual i f ikat ionen undKenntnisse auch als entscheidender Fak-tor für die Entwicklung des Bürgersinnsdurch eine sachkundige Beteiligung andemokratischen Entscheidungsprozessenbetrachtet. Die Einführung neuer Techno-logien und der Zuwachs an wissenschaft-lichen Kenntnissen machen ein kontinu-ierliches Lernen als Grundlage für die ge-sellschaftliche Beteiligung notwendig, diedie Menschen wiederum in die Lage ver-setzt, erfolgreich mit Veränderungen um-zugehen. Die entscheidende Frage lautetheute jedoch, wie die derzeitigen und

künftigen Arbeitskräfte und alle Bürgerzum „Umgang mit Unsicherheiten“␣ (2) be-fähigt werden, die innerhalb recht starrerinstitutioneller Rahmenbedingungen be-stehen. Ausbilder und Ausbildungsan-bieter müssen heute lernen, wie man mitUnsicherheiten umgeht und sich auf eineZukunft voller Unwägbarkeiten vorberei-tet.

Neue Lehr- und Lernumgebungen müs-sen die folgenden Kompetenzen vermit-teln:

❏ Flexibilität, Anpassungsfähigkeit undMobilität,

❏ Erwerb der Befähigung zum Lernen insich rasch verändernden Kontexten,

❏ gesellschaftliche Beteiligung als Ziel.

Stärkere Betonung von Flexibilität,Anpassungsfähigkeit und Mobilität

Die Berufsbildung ist bei Politikern, poli-tischen Entscheidungsträgern und Planerngleichermaßen zu neuem Ansehen ge-kommen, doch die traditionellen Curricula

Burkart Sellin,CedefopThessaloniki (1)

Die Bedeutung deskompetenzbasiertenAnsatzes für die Kon-zeption der beruflichenBildungEin Paradigmenwechselin der arbeitsplatzbezogenenAusbildung und derWissensentwicklungin Unternehmen

Mit diesem Artikel sollenGrundkonzepte der be-triebsinternen und arbeits-platzbezogenen Ausbildungund des Lernens am Ar-beitsplatz bekannt gemachtund weiterentwickelt wer-den. Es sollen sowohl dieInnovationsfähigkeit undWettbewerbsfähigkeit derOrganisationen gefördertals auch der „moderne“ Ar-beitnehmer handlungsfähiggemacht werden.Dazu müssen alle Partnerauf allen Entscheidungs-ebenen eine Reihe von Ent-scheidungen treffen, Rah-menbedingungen schaffenund (neue) Einstellungenentwickeln. Zwar konzen-trieren sich die Verhaltens-muster der meisten Unter-nehmen und Organisatio-nen auf kurzfristige Ziele,indem sie im Allgemeinenunmittelbare Vorteile undkostengünstige Ansätze be-vorzugen, doch ist es drin-gend notwendig, die mittel-und langfristige Kontinuitätund Nachhaltigkeit zu för-dern, wenn Europa bei derModernisierung der Ansät-ze für die allgemeine undberufliche Bildung und dasLernen auf dem Weg zur In-formationsgesellschaft er-folgreich sein soll. Solcheneuen Konzepte können er-heblich zur Stärkung eineserweiterten Europas beitra-gen.

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und Lernmethoden werden als unzurei-chend erachtet, um die in den neuenwissensintensiven Volkswirtschaften erfor-derlichen Qualifikationen und Kenntnis-se zu erwerben. Traditionelle Definitio-nen und Erklärungsmodelle für beruflicheKompetenz oder Fachkenntnisse gründe-ten sich auf technisch-rationalistischeTheorien, die davon ausgehen, dass Ge-lerntes in vorhersagbarer und wiederhol-ter Form angewendet werden kann (Ed-wards, 1993). Die traditionellen Curriculaund Methoden der Berufsbildung hattendas Ziel, einen festgelegten Fundus vonKenntnissen und Fertigkeiten für vorge-gebene Aufgaben innerhalb bestimmterBerufsbilder zu vermitteln. Im Zuge derschnellen Veränderungen in der heutigenIndustriegesellschaft sind diese Berufsbil-der und Aufgaben nicht mehr auf Dauerfestgelegt und vorhersagbar. In der be-ruflichen Bildung geht es heute zuneh-mend um die Flexibilität und Anpassungs-fähigkeit des Einzelnen (Nijhof, 1998;Oates, 1998). Die Arbeitnehmer müssenin der Lage sein, sich neuen Qualifikatio-nen und Verfahren anzupassen und ihreKenntnisse regelmäßig zu aktualisieren.Qualifizierte Tätigkeiten erfordern zuneh-mend die Fähigkeit, mit unerwarteten Si-tuationen umzugehen. Die Berufsprofileverändern und verschieben sich laufend(Heidegger und Rauner, 1997). Es gibteinen Trend weg von den engen Gren-zen der Anwendung von Fertigkeiten undKenntnissen im Rahmen der tayloris-tischen Arbeitsorganisation hin zu sehrviel weiter gefassten Berufsbildern. Durchneue Formen der Arbeitsorganisation sindkommunikative Fähigkeiten und die Fä-higkeit zur Teamarbeit zu vorrangigen Er-fordernissen geworden.

Auch in anderer Beziehung haben sichdie Qualifikationsanforderungen wesent-lich geändert. Früher lebten die weitausmeisten Menschen nicht mehr als fünfKilometer von ihrem Geburtsort entfernt(Parkes, 1998). Die heutige Gesellschafterfordert zunehmende Mobilität sowohlinnerhalb der Länder als auch zwischenden Mitgliedstaaten der EuropäischenUnion und darüber hinaus. Es besteht einwachsender Bedarf an Fremdsprachen-kenntnissen und interkulturellen Kompe-tenzen. Nicht nur die Inhalte von Qualifi-kationen und Kenntnissen ändern sich.Vor allem die neuen Industrien im Bereichder Informations- und Kommunikations-

technologie erfordern auch ein höheresQualifikationsniveau.

Lernen, in sich rasch veränderndenKontexten zu lernen

Durch den schnellen Wandel in vielenAspekten der Arbeit und des Arbeitsum-felds wird die Fähigkeit zu lernen immerwichtiger. Wenn die Arbeitnehmer in derLage sein sollen, sich an Veränderungenin den Organisationsstrukturen, techno-logische Innovationen und eine nahezupermanente Veränderung der Arbeitsver-fahren anzupassen, ist es unabdingbar,dass sie das Lernen lernen. Ein Schlüssel-element, das bei der Vermittlung derGrundlagen der beruflichen Bildung ent-wickelt werden muss, ist die Fähigkeit,später an Gelerntes „anzuknüpfen“, wennKompetenzen aktualisiert werden müssen.Das bedeutet, dass junge Menschen imHinblick auf ihre Zukunft Vertrauen in ihreLernfähigkeit erlangen müssen. Darunterkann man die Fähigkeit verstehen, dieeigene berufliche Biographie bewusst zugestalten und zu bestimmen. Die Entwick-lung der Lernfähigkeit oder das selbst-gesteuerte Lernen kann nicht nur als in-dividueller, sondern auch als sozialer undkultureller Faktor gesehen werden. Ge-rald Straka (1997, S. 4) betrachtet dasselbstgesteuerte Lernen als „Schlüssel-qualifikation, um im globalen Wettbewerbzu bestehen und eine humane Gesell-schaft auf europäischer Ebene aufzubau-en“.

Gesellschaftliche Beteiligung als Ziel

Die europäische Berufsbildungspolitikwird zunehmend als „ökonomistisch“ kri-tisiert, weil sie davon ausgeht, dass Qua-lifikationen notwendig sind, um den tech-nologischen und wirtschaftlichen Anfor-derungen gerecht zu werden. GeraldHeidegger (1997) argumentiert, es reichenicht aus, dass qualifizierte Arbeitskräftesich an die veränderten Anforderungenunserer Gesellschaft anpassen können.Vielmehr bräuchten sie Kenntnisse undFähigkeiten, die sie in die Lage verset-zen, selbst die Anwendung der Techno-logie und die „gesellschaftliche“ Form derArbeit zu gestalten. Heidegger geht da-von aus, dass zwischen Ausbildung, Tech-nologie und Arbeit eine dialektische Be-ziehung besteht. Felix Rauner (1998) hältzudem die bestehende Systematik des

(1) Dieser Artikel basiert unter ande-rem auf einem Beitrag zum Referenz-dokument des Cedefop mit dem Titel„Europäische Trends in der Berufs-und Qualifikationsentwicklung“, Bd.2, S. 229 (Attwell/Brown). Siehe auchLiteraturangaben auf S. 52

(2) Siehe auch die gemeinsamenVeröffentlichungen des Cedefop undder Europäischen Stiftung für Berufs-bildung „Berufsbildungsszenarien und–strategien in Europa“ in der Biblio-thek der Cedefop-Website und in derSzenar ienrubr ik unter http: / /www.trainingvillage.gr

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Wissens für unzureichend und sieht dieNotwendigkeit, die Dualität zwischen aka-demischen Kenntnissen (geistiger Arbeit)und beruflichen Fähigkeiten (manuellerArbeit), deren Wurzeln er bis in die Zeitder Renaissance zurückverfolgt, zu über-winden. Im 21. Jahrhundert wird seinerEinschätzung nach das arbeitsbezogeneWissen ein zentraler Faktor sowohl für dieRentabilität als auch für soziale Interak-tionen werden.

Aus diesen Sachverhalten können wirKonsequenzen für die Entwicklung vonLehre und Ausbildung in unterschiedli-chen Lernumgebungen ziehen. Wir kön-nen unterschiedliche Umgebungen defi-nieren, die für ein effektives Lernen undLehren vor dem beschriebenen Hinter-grund entscheidend sind, um eine nach-haltige informations- und wissensbasier-te Gesellschaft und Wirtschaft voranzu-bringen.

ArbeitsbezogeneKenntnisse

Die kognitive Seite der beruflichen Kom-petenz ist der Schlüssel zur Entwicklungkontextbezogener Fachkenntnisse, wobeidas arbeitsbezogene Wissen das Binde-gl ied darstel l t zwischen dem nichtkontextbezogenen Wissen einerseits undder Arbeitserfahrung – die nicht unbedingtverallgemeinert genutzt werden kann –andererseits. Daraus ergibt sich die Not-wendigkeit sowohl für eine aktive Refle-xion über die Erfahrung als auch für eineUmstellung von der (passiven) Informati-onsvermittlung auf den (aktiven) Wissens-erwerb: Fachkenntnisse können nichtdurch einfache Informationsvermittlungentwickelt werden, so umfangreich dieseauch sein mag, sondern nur durch konti-nuierliche und subtile kognitive Erfahrun-gen bei der Umsetzung von Wissen in dieTat; sie erfordern die parallele Entwick-lung persönlichen und beruflichen Wis-sens und die Integration des individuel-len Wissens in die größere Dimension desin Gruppen und ganzen Organisationenvorhandenen Wissens.

Von der Ausbildung zum Lernen

Für eine Erneuerung der Berufsbildungmuss der Schwerpunkt von der Ausbil-

dung und der einfachen Wissensvermitt-lung durch pädagogische Interventionenauf die Erleichterung des Lernens, (d.␣ h.der Produktion, Nutzung und Weitergabevon Wissen) verschoben werden, undzwar durch ein komplexer gestaltetesAngebot, bei dem die Ausbildung mitanderen Formen der Entwicklung vonHumanressourcen kombiniert wird. Vorallem, so scheint es, muss die Berufsbil-dung dafür sorgen, dass der Einzelne inder Lage ist, zu Prozessen der Entwick-lung, Weitergabe und Verbreitung vonWissen in Organisationen beizutragen. AlsSchlüsselfaktor der Innovation wurde ins-besondere die Erweiterung der Wissens-basis ermit tel t , die das ver fügbarePotenzial an kreativem Wissen erhöhensoll: „Entscheidend für die Erzeugungweiterer Wissensressourcen sind nicht sosehr die vorhandenen Einrichtungen oderAusrüstungen im materiellen Sinne, son-dern vielmehr Wissen, Erfahrung undSensibil i tät der in den Prozess derWissensproduktion eingebundenen Perso-nen“ (Sakaiya, 1991, S. 270). Insofern istWissen die eigentliche Triebkraft unsererZeit, allerdings eng verknüpft mit tagtäg-licher Problemlösung und Problem-definition in Arbeitssituationen und imweiteren Sinne mit beruflicher Kompetenzund beruflichem Fachwissen.

Verschiedene Arten von Wissen

Betrachtet man die Wissensentwicklungmehr im Detail, kann eine Unterscheidungverschiedener Wissensarten sinnvoll sein.Lundvall und Johnson (1994) unterschei-den vier Typen, von denen jeder eineandere Art der Beherrschung erfordert:Wissen was (know-what), Wissen warum(know-why), Wissen wie (know-how) undWissen wer (know-who).

Unter Know-what versteht man das Wis-sen über „Tatsachen“. Es entspricht etwadem, was man normalerweise Informati-on nennt, und bezeichnet den Fundus anWissen, über den Fachleute auf ihrem je-weiligen Gebiet verfügen müssen.

Know-why steht für wissenschaftlichesoder berufsbezogenes Wissen, das dietechnologische Entwicklung und dasTempo und die Merkmale ihrer Anwen-dung in den verschiedensten Industrie-zweigen bestimmt. In diesem Fall erfolgtdie Produktion und Reproduktion von

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Wissen im Rahmen organisierter Prozes-se wie beispielsweise der Lehre an Uni-versitäten, der wissenschaftlichen For-schung, spezialisierten Maßnahmen zurPersonalentwicklung, Einstellungsver-fahren usw.

Know-how beschreibt die Fähigkeit, inverschiedenen Situationen kompetent zuhandeln (beispielsweise bei der Beurtei-lung der Marktchancen für ein neues Pro-dukt, der Bedienung einer Werkzeugma-schine usw.). Know-how wird in der Re-gel auf der individuellen Ebene entwi-ckelt, seine Bedeutung zeigt sich jedochauch, wenn man den Grad der Koopera-tion innerhalb von Organisationen undsogar auf organisationsübergreifenderEbene berücksichtigt. (So ist beispielswei-se die Bildung industrieller Netze vor al-lem auf das Bedürfnis der Unternehmenzurückzuführen, Elemente des Know-howgemeinsam nutzen und kombinieren zukönnen.)

Unter dem Know-who, einer weiterenWissensart, die immer mehr an Bedeutunggewinnt, versteht man eine Kombinationverschiedener Kompetenzen vor allemsozialer Art, die den Zugang zum Wissenanderer Personen und dessen Nutzungermöglichen, oft durch eine Kombinati-on beruflicher und persönlicher Netze(Eraut et al., 1998).

Vickstroem und Normann (1994) verwen-den bei ihrem Versuch, eine neue Sicht-weise der Transformation von Unterneh-men zu entwickeln, ein ähnliches Modell.Sie unterscheiden zwischen Information,Kompetenz (oder Know-how), Explana-tion und Verständnis:

Information ist Wissen objektiver Art, des-sen Bedeutung sich vor allem auf seine„sachliche“ Natur bezieht, aber nicht dar-auf beschränkt ist. So kann beispielswei-se der Eingang neuer Informationen zueinem bestimmten Thema das Muster,nach dem dieses Thema betrachtet wur-de, verändern und zur Entstehung einerneuen kognitiven Struktur führen.

Anders als Information ist Kompetenz oderKnow-how untrennbar mit Einzelpersonenverbunden, die sich in einer bestimmtenSituation zweckgerichtet verhalten kön-nen, um zu einem bestimmten Ergebniszu gelangen.

Explanation steht für wissenschaftliches/berufsbezogenes Wissen. Es ist nicht anPersonen gebunden und findet sich in Ar-tikeln, Lehrbüchern und so weiter. Expla-natorisches Wissen bildet sehr häufig dieGrundlage für Problemlösefähigkeiten.

Verständnis ist die profundeste Wissens-form, die entsteht, wenn Prinzipien undBeziehungen erkannt werden. Verständ-nis ist also untrennbar mit Einzelperso-nen verbunden und unabdingbar für dieSchaffung neuen Wissens.

Methoden des Wissenserwerbs

Jede Wissensart zeichnet sich durch ver-schiedene Kanäle aus, über die das Ler-nen erfolgt. Am einfachsten gestaltet sichdies beim Know-what und beim Know-why, die sich über die gängigen Kanäledes Wissenserwerbs aneignen lassen (Le-sen von Büchern, Teilnahme an Kursen,Zugriff auf Datenbanken), während diebeiden anderen Kategorien in erster Li-nie über praktische Erfahrung erworbenwerden und insofern problematischersind, als sie das Vorhandensein informel-ler sozialer Kanäle erfordern. Es sind auchdie Wissensarten, die für dynamische Or-ganisationen ausschlaggebend sind, wes-halb die Unternehmen besonderen Wertdarauf legen, dass (neue) Arbeitskräfte inder Lage sind bzw. in die Lage versetztwerden können, zur Schaffung und Ent-wicklung solcher Wissensarten beizutra-gen (3).

Lehrlingsausbildung, alternierende Berufs-ausbildung und andere Formen der Be-rufsbildung, die Lernen am Arbeitsplatzbeinhalten, sind als Kanäle zum Erwerbvon Know-how-Wissen von grundlegen-der Bedeutung. Sie stellen die wichtigsteMöglichkeit zur Qualifizierung neuer Mit-arbeiter in einer Organisation dar. Fürdiese ausgedehnten Prozesse des Praxis-lernens sind häufig diejenigen verantwort-lich, die als Experten innerhalb der Orga-nisation gelten und überdurchschnittlicheLeis tungen erbr ingen können. ZurAbkürzung dieses Verfahrens werdenmanchmal Simulationen eingesetzt, umdie vielfältigen Aspekte des Know-how-Erwerbs zu reproduzieren, die in realenSituationen existieren. Auch das Know-who ist, wie Lundvall und Johnson (1994)zeigen, sozial eingebettetes Wissen, dassich nicht leicht über formale Informa-

(3) In modernen Arbeitsorganisatio-nen stehen solche informellen sozia-len Kanäle immer weniger zur Verfü-gung. Dies unterstreicht die Notwen-digkeit einer formaleren Vermittlungvon Wissen und Kompetenzen und/oder einer systematischen Möglichkeit(des lebenslangen Lernens), sozialeund kommunikative Kanäle entwederinnerhalb oder außerhalb des Unter-nehmens zu unterhalten.

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tionskanäle übertragen lässt. Es wird inder sozialen Praxis und durch die Teil-nahme an bestimmten Netzen erworben(wie beispielsweise an Netzwerken, dieinnerhalb von Berufsvereinigungen beste-hen und ihren Mitgliedern den Informati-onsaustausch mit Berufskollegen ermög-lichen).

Implizites Wissen

Arbeitsbezogenes Wissen ist aus zweiGründen teilweise schwer zu definieren.Erstens beinhaltet es eine implizite Dimen-sion und zweitens ist es in einen bestimm-ten sozialen Kontext eingebunden: dasheißt, dass arbeitsbezogenes Wissen inbestimmten Praxisgruppen angewandtwird, deren Mitglieder Ideen darüber ent-wickeln, wie Wissen erworben, ange-wandt und ausgetauscht werden sollte.

Der Begriff „implizite Dimension des Wis-sens“ wurde ursprünglich von MichaelPolanyi (1962) geprägt. Der zugrunde lie-gende Gedanke ist, dass „wir mehr wis-sen, als wir ausdrücken können“. Es gibteine Ebene des Wissens, die nicht im-mer in Worte gefasst und linear erklärtwerden kann. In dieser Dimension, dieals Grundlage der Konzepte von Know-how, Qualifikation, Kompetenz undFachkenntnis zu sehen ist, ist Wissen eineGesamtheit aus Theorie und Praxis, de-ren Entwicklung und Beherrschungdurch nicht linear erklärbare Prozessezustande kommen. Tatsächlich werdendie Ergebnisse kognitiver Prozesse häu-fig nur durch eine Folge von Annähe-rungen erzielt. Die Aneignung spezifi-scher Wissenselemente, über die wir ver-fügen, die wir aber möglicherweise nichtverbalisieren können, erfolgt vielfachdurch Konzentration auf weitere Elemen-te und sukzessive Rückmeldung über zu-vor Gelerntes. Die Entdeckung (oderAneignung) wird erleichtert, indem nochfestzustellende Implikationen vorwegge-nommen werden. Auf diese Weise schafftin einem kognitiven System angesammel-tes, wenn auch noch nicht formuliertesWissen einen impliziten Rahmen als Ori-entierung für andere Elemente, die spä-ter in das System gelangen. Das ist derGrund dafür, dass individuelle Kompe-tenzen in der Regel implizit sind. „DasZiel einer kompetenten Leistung wirddurch Befolgung von Regeln erreicht, dieder Person, die sich danach richtet, als

solche nicht bewusst sind“ (Polanyi 1962,S. 49).

Als Beleg für die soziale Natur desarbeitsbezogenen Wissens wird auf densozialen Kontext verwiesen, in dem Wis-sen erworben, entwickelt und angewen-det wird. Als wichtigster Teil des Wis-sens gilt die Interpretation von Erfahrun-gen, die auf idiosynkratischen Rahmen-strukturen basiert, welche den individu-ellen Sinngebungsprozess gleichzeitigbegünstigen und begrenzen (Resnick,1991). Leitgedanke dieses Ansatzes ist diesituierte Kognition, die Situation, in derkognitive Akte stattfinden, wobei aner-kannt wird, dass Menschen eine großeSensibilität für ihren kulturellen Kontextbesitzen. Dieser bietet ein komplexesNetz von Bezügen (Informationsaus-tausch, Zusammenarbeit usw.), die lang-fristig das individuelle Wissen formenund einen sozialen Wissensaufbau be-stimmen.

Dieser Auffassung nach schafft der Kon-text ein dynamisches Gleichgewicht zwi-schen dem Know-what der Theorie unddem Know-how der Praxis. Durch dieenge Verknüpfung und parallele Produk-tion des theoretischen und des prakti-schen Wissens (Brown et al. 1989) kön-nen Kompetenzen entwickelt und erhal-ten werden.

Die soziale Natur des arbeitsbezogenenWissens wird auch aus kulturanthropolo-gischer Sicht betont. So zeigt beispiels-weise Orr (1993) in seiner Analyse desArbeitsverhaltens von Reparaturteams fürPhotokopierer, dass Techniker ihr Wissenim Laufe der Zeit durch das Lösen vonProblemen und durch beständige Inter-aktion weiterentwickeln. Die Defekte derMaschinen, die sie beheben müssen, un-terscheiden sich oft erheblich von den inden Standardhandbüchern beschriebenen.Problemlösung und Problemdefinitionerfolgen deshalb kollektiv auf der Basisvorheriger Erfahrungen der einzelnenGruppenmitglieder und verschiedenerKommunikationsarten, zu denen selbstdas informelle Plaudern an der Kaffee-maschine zählt. So wird in einer bestimm-ten „community of practice“, die ihre ei-gene Sprache und ihre eigenen Mythenhat (teilweise durch Überlieferung von„Heldentaten“ im Zusammenhang mit derReparatur von Maschinen und dem Um-

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gang mit Kunden) laufend Wissen pro-duziert und gepflegt.

In jüngerer Zeit wurden die Theorien überdie Anwendung impliziten Wissens in be-stimmten sozialen Kontexten dahinge-hend weiterentwickelt, dass Schritte zurSchaffung von „Wissen schaffenden Un-ternehmen“ (Nonaka und Takeuchi, 1995)erwogen wurden. Dieses Modell basiertauf der Annahme, dass Wissen in Organi-sationen, vor allem in besonders innova-tiven Unternehmen, durch die Interakti-on zwischen implizitem und explizitemWissen entsteht, wobei laufend eine Formin die andere „umgewandelt“ wird. In die-sem Modell werden vier verschiedeneModi der Wissenskonversion unterschie-den: Sozialisierung (von implizitem inimplizites Wissen), Externalisierung (vonimplizitem in explizites Wissen), Kombi-nation (von explizitem in explizites Wis-sen) und Internalisierung (von explizitemin implizites Wissen).

Sozialisierung ist ein Prozess des Erfah-rungsaustauschs, durch den implizitesWissen entsteht, wie beispielsweise ge-meinsame kognitive Modelle für die An-wendung von Fertigkeiten. Dies geschiehtim speziellen Fall des arbeitsgebundenenLernens während der Lehre, in dem im-plizites Wissen direkt vom Meister/Aus-bilder vermittelt wird – nicht durch Spra-che, sondern durch Beobachtung, Nach-ahmung und Übung – und dann in dasimplizite Wissen des Auszubildendenumgewandelt wird. Dieser Prozess lässtsich nicht von assoziierten Emotionen unddem spezifischen Kontext, in dem gemein-same Erfahrungen eingebettet sind, ab-strahieren. External is ierung is t einProzess, bei dem implizites Wissen in ex-plizite Konzepte gefasst wird. Er beruhtin der Regel auf Metaphern, Analogien,Hypothesen, Bildern oder Modellen, ausdenen durch Interaktion zwischen Einzel-nen, die dasselbe Ziel verfolgen, neueIdeen und Produkte geschaffen werdenkönnen.

Kombination ist ein Prozess der Integra-tion von Konzepten in ein Wissenssystemdurch Kombination verschiedener expli-ziter Wissensbestände. Dies kann mit sehrunterschiedlichen Medien geschehen (Un-terlagen, Konferenzen, Telefongespräche,elektronische Datenbanken usw.). DieNeuordnung vorhandener Informationen

durch Sortieren, Hinzufügen, Kombinie-ren und Kategorisieren expliziten Wissenskann zur Entstehung neuen Wissens füh-ren. Bei der Internalisierung wird expli-zites Wissen in implizites Wissen einge-bettet. Es ist eng mit dem „Learning bydoing“ verwandt: Die Summe der von Ein-zelpersonen durch Sozialisierung, Exter-nalisierung und Kombination gewonne-nen Erfahrungen kann zur individuellenimpliziten Wissensbasis in Form gemein-samer kognitiver Modelle oder fachlichenKnow-hows werden. Die Internalisierunglässt sich aber auch durch andere Formenerreichen. Wenn Mitglieder einer Organi-sation Erfolgsgeschichten erzählen, kanndies bei ihren Kollegen zum Aufbau neu-er Ebenen impliziten Wissens und zurEntstehung neuer gemeinsamer Modelleinnerhalb der Organisationskultur führen.

Die Wissensspirale

Die vier Modi der Wissenskonversion sindstrukturell miteinander verbunden. Ver-schiedene Ereignisse im Leben einer Or-ganisation lassen sich unter dem Blick-punkt der Integration jedes dieser Modiin die Prozesse der Wissensproduktionbetrachten. Natürlich kann eine Organi-sation nicht selbst Wissen schaffen, son-dern nur implizites Wissen, das auf indi-vidueller Ebene von den Arbeitnehmerngeschaffen und angesammelt wurde, mo-bilisieren. Implizites Wissen von Einzel-nen ist die Grundlage der Wissens-produkt ion in Organisat ionen, die„organisational“ durch die vier Modi derWissenskonversion verstärkt wird. Nonakaund Takeuchi (1995) beschreiben diesenProzess als die „Wissensspirale“, in derdie Interaktion zwischen implizitem undexplizitem Wissen in dem Ausmaß zu-nimmt, wie die Beziehungen zwischenden vier Modi laufend erweitert und ver-waltet werden.

So gesehen ist die Wissensproduktion vonOrganisationen – eine subtilere Betrach-tungsweise des Lernens von Organisatio-nen – ein spiralförmiger Prozess, der aufindividueller Ebene beginnt und sichdurch wachsende Interaktionsgruppennach oben bewegt, wobei er die Gren-zen von Arbeitsgruppen, Ressorts, Abtei-lungen und Organisationen innerhalb derOrganisation und darüber hinaus über-schreitet. Insgesamt gesehen erscheint dasarbeitsbezogene Wissen als eine sehr

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komplexe und facettenreiche Erschei-nung, in die verschiedene, manchmal wi-dersprüchliche Dimensionen hinein-spielen, die sich zusammenfassend als dieBeziehungsformen zwischen explizitemund implizitem Wissen beschreiben las-sen. Organisationen, deren Geschäftsab-läufe stark von der Weiterentwicklung desarbeitsbezogenen Wissens abhängen, ha-ben deshalb besonderes Interesse daran,dass neue Mitarbeiter und die übrigenArbeitnehmer in der Lage sind, entschei-dend zur Schaffung, Übertragung und Ver-breitung von arbeitsbezogenem Wissenbeizutragen. Diese Betrachtungsweise hateindeutige Implikationen für die Bezie-hungen und Wechselwirkungen zwischenErstausbildung, Schule und Arbeit, beruf-licher Weiterbildung und lebensbeglei-tendem Lernen.

Neue Ansätze für den Er-werb von Kompetenzen,Qualifikationen undKenntnissen

Die gesellschaftlichen und wirtschaftli-chen Veränderungen der heutigen Zeitstellen die Planer und politischen Ent-scheidungsträger in der Berufsbildung vorenorme Herausforderungen. Die Verände-rungen in den Volkswirtschaften der In-dustrieländer stellen neue Anforderungenan die Wissensproduktion und Innovati-on. Es wurde untersucht, wie solchesWissen geschaffen werden kann. Beson-deres Augenmerk wurde im Vorangegan-genen auf die Beziehung zwischen Kom-petenzen, Qualifikationen und Wissenund ihre Wechselwirkung beim (lebens-begleitenden) Lernen, der Entwicklungvon Wissen und der Innovation gelegt.Im Folgenden werden die Prozesse un-tersucht, die die Grundlage für den Er-werb der Qualifikationen bilden.

Zwei Voraussetzungen für das (lebens-begleitende) Lernen

Aus unserer Analyse der gesellschaftlichenund wirtschaftlichen Herausforderungenund der neuen Wissenserfordernisse er-gibt sich als eine der wichtigsten Frage-stellungen die folgende: In welcher Formkönnen die für die Durchführung derBerufsbildung Verantwortl ichen un-

terstützt werden, damit sie nicht nur ihregegenwärtigen Aufgaben effektiver erfül-len können, sondern auch besser für dieveränderten Anforderungen der Zukunftgerüstet sind. Es besteht ein Trend, beiAuszubildenden und Arbeitnehmern dieEntwicklung größerer Flexibilität zu för-dern, damit sie mit Veränderungen um-gehen können und besser auf möglichekünftige Aufgaben vorbereitet sind, an-statt sie lediglich für bestehende Arbeits-plätze auszubilden. Dies betrifft sowohldie Erstausbildung als auch die berufli-che Weiterbildung.

Betrachtet man die Interaktionen zwi-schen im Wandel befindlichen Modellender Berufsbildung, die das lebensbeglei-tende Lernen erleichtern sollen, undveränderten Arbeitsabläufen in Unterneh-men, so scheinen zwei grundlegendeAnforderungen zu existieren, die Neuein-steiger erfüllen müssen, um in dynami-schen Unternehmen in den neuenwissensintensiven Arbeitsumgebungeneffektiv „funktionieren“ zu können.

Erstens müssen sie in der Lage sein, ineinem anderen Kontext Gelerntes auf ihreneue Arbeitsumgebung zu übertragen.

Zweitens müssen sie sich in ihren Unter-nehmen und für diese an der Entwick-lung von Wissen beteiligen.

Beide Prozesse verdienen eine genauereAnalyse, da sie nicht unproblematischsind. Übertragbarkeit und Entwicklungvon Wissen und die Implikationen derFörderung dieser beiden Faktoren in Ar-beitswelt sowie beruflicher Erst- und Wei-terbildung sind von zentraler Bedeutungfür die künftige Entwicklung der Berufs-bildung in Europa.

Förderung der Übertragbarkeit

Da die Aufgaben an vielen Arbeitsplätzenimmer komplexer werden, ist zunehmenddie Fähigkeit gefragt, Wissen und Kom-petenzen auf unterschiedliche Situationenzu übertragen. In der Forschung wird alsbesonders wichtig hervorgehoben, dassLernende kognitive Karten entwickeln(Soden 1993), um das Gelernte struktu-rieren zu können und die Chancen zu ver-bessern, es an anderer Stelle anwendenzu können. Der Transfer ist jedoch ten-denziell sehr spezifisch und muss ange-

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leitet werden, er erfolgt selten spontan.Perkins und Salomon (1989) vertreten dieAuffassung, dass die Möglichkeit desTransfers davon abhängig ist, wie Wissenund Qualifikationen erworben wurdenund wie der Einzelne mit diesem Wissenin verschiedenen Zusammenhängen um-geht, und dass in der Regel zwei Bedin-gungen erfüllt sein müssen, damit einTransfer stattfinden kann: kontextspezif-isches Wissen und allgemeine Fertigkei-ten müssen kombiniert werden, und derLernansatz muss den Transfer gezielt för-dern.

Wenn ein Lernprogramm unter anderemden Lernenden helfen soll, die Fähigkeitzur Übertragung von Fertigkeiten, Wissenund Verständnis zu entwickeln, sind Lern-zusammenhänge erforderlich, in denendie Aufmerksamkeit auf die Bedeutungdes Qualifikationstransfers gelenkt wird.Das könnte beispielsweise dadurch erfol-gen, dass Lernende aktiv bei der Suchenach Möglichkeiten zum Transfer von Fer-tigkeiten, Kenntnissen und Erfahrungenunterstützt werden und die Gelegenheiterhalten, erfolgreiche Transferleistungenzu üben (Blagg et al., 1992). Die Erfah-rung in verschiedenen Zusammenhängenkann dann sowohl im Hinblick auf dieVerstärkung und Erreichung einer kontext-unabhängigeren Qualifikation (Hayes etal., 1983) nützlich sein, als auch deshalb,weil sie den Lernenden Gelegenheit gibt,Beziehungen zwischen verschiedenenZusammenhängen herzustellen (und überden Transfer nachzudenken) (FEU, 1984).Pea (1987) propagiert die Förderung ei-ner Kultur des Transfers, wozu ein auf denTransfer ausgerichtetes emotionales Kli-ma notwendig wäre. Deshalb sollte ver-sucht werden, den Transfer fest in die Mo-tivation und das Engagement der Lernen-den einzubinden. Dieser Ansatz zielt alsodarauf ab, dass vor allem die Lernenden,aber auch Ausbilder und Lehrkräfte, er-mutigt werden, Zusammenhänge darauf-hin zu untersuchen, wie die Möglichkei-ten des Qualifikationstransfers vergrößertwerden können.

Hayes (1992) und Achtenhagen (1994)heben das Potenzial von Simulationen underweiterter Projektarbeit zur Integrationmehrerer Lernstränge hervor und sehendarin eine Basis, von der aus die Transfer-fähigkeit ausgebaut werden kann. Die An-forderung an die Lernenden, ein breites

Spektrum von Erfahrungen zu integrieren,kann nicht nur die Transferfähigkeit för-dern, sondern auch zur Entwicklung derkritischen Denkfähigkeit und der konzep-tuellen Kompetenz der Lernenden beitra-gen (Winter et al., 1981). Das setzt jedochvoraus, dass die Lernenden Gelegenhei-ten zur Reflexion erhalten, damit sie ihreFertigkeiten und Kenntnisse leichter ge-neralisieren können (Hammond undCollins, 1991). Ähnlich äußert sich imZusammenhang mit einer neueren Fall-studie in Finnland Anti Kauppi, der denWert breit angelegter Lernaufgaben her-vorhebt, die „die Lernenden anleiten, sichdie wesentlichen Konzepte und Wissens-strukturen anzueignen und gleichzeitigdie Denk- und Handlungsmodelle in derArbeitswelt zu erforschen“ (Kauppi, 1998,S. 81).

In einer kürzlich erschienenen Veröf-fentlichung über die Notwendigkeit zurFörderung der Übertragbarkeit in Lern-programmen betont Oates (1998), wiewicht ig es is t , dass Lernende eineAnpassungsfähigkeit „an die Transforma-tion bestehender Qualifikationen undvorhandenen Wissens (entwickeln), da-mit sie ungewohnte Aufgaben erfolgreichbewältigen können“ (Oates, 1998, S. 1).Angemerkt sei, dass das, was OatesAnpassungsfähigkeit nennt, im Großenund Ganzen dem Begriff Übertragbarkeitentspricht, der in den Diskussionen imgrößeren europäischen Rahmen verwen-det wird (Nijhof und Streumer, 1994).Oates beschreibt außerdem, wie Problem-lösungsansätze in der Mathematik zu ei-ner Leistungssteigerung bei der Anwen-dung von Fertigkeiten führten, indem ihrEinsatz in ungewohnten Situationen an-geregt wurde (Boaler, 1996). Die medizi-nische Ausbildung wird als weiteres Ge-biet erwähnt, auf dem ein erfolgreicherKompetenztransfer erreicht werden konn-te. Während Oates Beispiele für Qualifika-tionstransfer in der Medizinerausbildungaus den USA und Neuseeland anführt(Newble und Clarke, 1986), sind Problem-lösungsansätze heute fast durchgängigTeil der ersten Phasen der Medizineraus-bildung im Vereinigten Königreich undhaben dort bereits deutliche Auswirkun-gen auf die Motivation gezeigt; durch siewurde im Vergleich zu den früher verwen-deten traditionelleren wissenschaftlichenAnsätzen die Zahl der Studienabbrecherdeutlich verringert. Im Rahmen dieser

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Ansätze wird auch die Abfolge theoreti-scher und praktischer Lerneinheiten sorg-fältig abgestimmt, der Schwerpunkt liegtauf den Lernstilen, und es werden bewusstviele verschiedene Lernstile und –modieingesetzt (Newble und Clarke, 1986).

Oates führt weiter aus, dass obwohl „dieModelle sich in einzelnen Details unter-scheiden, alle eine theoriegestützte Päd-agogik gemeinsam haben, deren Schwer-punkt auf der Förderung eines ei-genständigen Neueinsatzes von Qualifi-kationen liegt, durch Lernprogramme, indenen Unterschiede im Kontext alsSchlüsselaspekt des Lernprogramms sorg-fältig eingesetzt werden; das entscheiden-de Element scheint folgendes zu sein:Pädagogik und Programm-Management,gestützt auf ein kohärentes Modell desKompetenztransfers, nicht die einfacheUmsetzung einer Reihe von Schlüssel-kompetenzen“ (Oates, 1998, S. 24).

Das Lernen lernen

Wie nahezu allgemein anerkannt wird, istes wichtig, dass Lernende das Lernen ler-nen (Novak und Gowin, 1984). Diese Fä-higkeit kann eine Grundlage für daslebensbegleitende Lernen am Arbeitsplatzschaffen. Deshalb wird der Erwerb derBefähigung zum Lernen häufig als Zielvon beruflichen Erstausbildungsgängengenannt. Dadurch ist jedoch noch nichtgewährleistet, dass dieses Element in derPraxis auch berücksichtigt wird (Evans etal., 1987). Der Grund dafür liegt in demhistorischen Problem vieler Ausbildungs-gänge, die den Schwerpunkt eher auf die-jenigen Aufgabenstellungen legen, dieeinfacher zu unterrichten und/oder zubewerten sind (Sockett, 1980). Im Gegen-satz dazu kann die Entwicklung allgemei-nerer Fertigkeiten, einschließlich der Lern-fähigkeit, die die Grundlage für viele Tä-tigkeiten in Bildung, Ausbildung und Be-schäftigung bildet, als etwas gesehen wer-den, für das jeder Einzelne verantwort-lich und somit in der Praxis niemand sorichtig zuständig ist.

Das „Lernen lernen“ lässt sich mit demEinüben von Gewohnheiten, wie bei-spielsweise der systematischen Beobach-tung, Analyse und Hinterfragung in Zu-sammenhang br ingen (Annet t undSparrow, 1985). Das ist besonders dannwichtig, wenn Lernende von Gelegenhei-

ten zum Lernen außerhalb formalerBildungs- und Ausbildungsumgebungenprofitieren sollen. Im Zusammenhangdamit steht wiederum die Notwendigkeit,nicht nur die Entwicklung von Lern-strategien in einen berufspraktischen Kon-text einzubetten, sondern auch die An-wendung von Lernstrategien zu kontex-tualisieren. Es muss die Fähigkeit erwor-ben werden, effektive Lernstrategien ineiner Vielzahl von Zusammenhängen an-zuwenden, vor allem, wenn die Lernen-den mit einiger Wahrscheinlichkeit irgend-wann in einem Kontext bestehen müssen,in dem eine erhebliche Lernleistung wäh-rend des Arbeitsprozesses gefordert ist.

Lernen durch Reflexion

Innerhalb von Organisationen muss eineKultur geschaffen und auf Dauer weiter-entwickelt werden, in der Lernen und Ent-wicklung einen hohen Stellenwert haben,und die Reflexion kann im Hinblick aufdieses Ziel ein wichtiger Prozess sein(Brown und Evans, 1994). Einzelpersonen,die in der Lage sind, Gelerntes auf unter-schiedliche Situationen zu übertragen,müssen sowohl über ihre eigene Praxisals auch über ihr eigenes Lernen reflek-tieren. In der Berufsbildung sollte mög-lichst gewährleistet sein, dass die Lernen-den über ihre Arbeitspraxis reflektierenkönnen. Im Idealfall können sie auf die-se Weise Spiralen in Gang setzen, in de-nen das aus der Reflexion über die PraxisGelernte Informationen für das Handelnliefert und so zu Verbesserungen undneuem Lernen führt (Winter, 1991). Wäh-rend es unmittelbar einsichtig sein dürf-te, dass sich jedes Lernprogramm um dieEntwicklung der Reflexionsbereitschaftbei den Lernenden bemühen sollte, kanndie Betonung der Reflexion auch bewir-ken, dass nicht mehr der Erwerb einesfestgelegten Wissensbestandes oder einerPalette unveränderlicher Fertigkeiten imMittelpunkt steht: Die Praxis selbst sollteimmer als in der Entwicklung befindlichbetrachtet werden.

Deshalb müssen Einzelne in der Lage sein,durch die Reflexion über die Praxis kon-tinuierlich ihre Wissens- und Verstehens-basis aufzubauen und zu differenzierenund so eine Spirale von Handeln undBewerten in Gang zu setzen, die zum re-flektierenden Handeln führt (Schön,1983). Die kritische Reflexion über Erfah-

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rungen wird somit als Motor des Lernensam Arbeitsplatz gesehen (Kolb, 1984;Schön, 1987). Im Stufenmodell desKompetenzerwerbs von Dreyfus undDreyfus (1980) werden die Prozesse derRevision und kritischen Reflexion alsSchlüsselelement eines erfolgreichen Auf-stiegs zur Expertenstufe gesehen. Die kri-tische Reflexion wird allgemein als zen-traler Faktor für die Entwicklung vonFachwissen betrachtet (Hammond undCollins, 1991; Tomlinson und Kilner,1991).

Entwicklung kognitiver Fertigkeiten

Neben der Entwicklung der Lernfähigkeit,deren Bedeutung von politischen Ent-scheidungsträgern zunehmend anerkanntwird, findet auch die Weiterentwicklungder kognitiven Kompetenz und derProblemlösungsfähigkeit immer mehr In-teresse. Blagg et al. (1993) kommen nacheiner relativ umfassenden Analyse der vor-liegenden Ergebnisse zu dem Schluss, dassdie Förderung der kognitiven Fertigkei-ten eine positive Transferwirkung zeigenkann. Collins et al. (1989) stellen eineForm der Lehre vor, in der die Entwick-lung kognitiver Fertigkeiten explizit be-rücksichtigt wird. Im Mittelpunkt stehenmoderne Ansätze der Modellierung desDenkens beim Herangehen an Problemein einer Wissensdomäne durch Demon-strationen in Verbindung mit fachkundi-ger Begleitung, Hinweisen und regelmä-ßiger Rückmeldung in Situationen, in de-nen die Lernenden die Probleme ei-genständig angehen.

Ein wichtiges Element sehen Collins et al.auch darin, dass die Lernenden ihre Denk-prozesse explizit machen, unter anderemdadurch, dass sie ihr Wissen, ihre Gedan-kengänge oder Problemlösungsprozesseartikulieren. Aus dem Gedankenaustauschüber Denkprozesse können Lernende undLehrende viel lernen (Brown et al., 1994).Ein derartiger Austausch kann jedoch auchin Gruppensituationen wertvoll sein, indenen Lernende das eigene Wissen unddas der anderen sowie vorhandeneProblemlösungsansätze bewerten, entwi-ckeln, strukturieren und sich bewusst ma-chen können (Prawat, 1989).

Soden sieht es als besonders nützlich an,diejenigen Denkprozesse zu lehren undexplizit zu machen, die bei der Problem-

lösung in der Berufspraxis ablaufen, da„gute Problemlöser über innere Repräsen-tationen grundlegender Prinzipien verfü-gen, die für ihr berufliches Fachgebietrelevant sind, und diese Repräsentationenuntereinander und mit einem breiteren re-levanten Wissen auf eine Art und Weiseverbunden sind, die eine Anwendung aufProbleme erleichtert“ (Soden, 1993, S. 12).

Rissland (1985) hält es deshalb für unab-dingbar, dass Lehrende Rahmenbedingun-gen schaffen, die Lernenden helfen, ihrLernen im jeweiligen Arbeitsbereich zuorganisieren. Insbesondere bei einerexplorationsgestützten Ausbildung müs-sen die Lernenden Schemata entwickeln,nicht zuletzt um einen Transfer des Ge-lernten zu ermöglichen (Hesketh et al.,1989). Ein wichtiges Ziel für die Entwick-lung von Fachkompetenz sollte sein, dassdie Lernenden integrierte Wissens-repräsentationen aufbauen (Landa, 1984).Die Lehre sollte also „zwei Schwerpunk-te haben – die Entwicklung kognitiver Fer-tigkeiten und den Erwerb der angestreb-ten Qualifikation“ (Soden, 1993, S. 3).

Soden macht ferner deutlich, dass esnützlich ist, Lernende zur Erstellungkonzeptueller Landkarten zu veranlassen.Dies steht im Einklang mit früheren For-schungsarbeiten (Schmeck, 1988), in de-nen gezeigt wurde, dass Personen mit ei-nem tiefgehenden Lernstil häufig Vorstel-lungen in Netzen organisieren, in denenunterschiedliche Konzepte miteinanderverbunden werden. Soden war an einemProjekt beteiligt, bei dem Lehrkräfte Grup-pen von Lernenden im Rahmen von Pro-gramm-Modulen der beruflichen Erstaus-bildung in Schottland kognitive Fertigkei-ten vermitteln sollten. Die Ergebnissemachten das Potential dieses Ansatzesdeutlich und zeigten, dass die Problem-lösungsleistung der Lernenden gesteigertwerden konnte.

Lernende müssen also nicht nur effizien-te kognitive Fertigkeiten erwerben, son-dern auch lernen, wann und wie sie die-se in der Praxis anwenden können. Des-halb besteht heute zunehmend Einigkeitdarüber, dass die Vermittlung kognitiverFertigkeiten für die Verbesserung derProblemlösekompetenz in bestimmtenZusammenhängen wichtig ist. Die Vermitt-lung dieser Kompetenz sollte jedoch indie Lösung von Problemen in berufs-

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praktischen situativen Zusammenhängeneingebettet und unmittelbar damit ver-knüpft werden. Die Lernenden solltenaußerdem dazu ermutigt werden, ihreDenkprozesse zu artikulieren, und Gele-genheit erhalten, die Anwendung undReflexion der von ihnen entwickelten re-lationalen Netze zu üben.

Förderung des selbständigen Lernens

Die oben genannten Beispiele bestätigendie These, dass Lernprogramme, derenKonzeption darauf ausgerichtet ist, dieÜbertragbarkeit von Wissen (BT, 1993) zugewährleisten, zunehmend die größereSelbständigkeit des Lernenden fördernmüssen, und dass das Hauptaugenmerkdaher auf der Entwicklung der kogniti-ven Fertigkeiten und der Lernfertigkeitender Lernenden liegen muss, wenn sie selb-ständige und autonome Lernende werdensollen. In diesem Fall ist es jedoch vonentscheidendem Vorteil, wenn die Lernen-den ihr eigenes Lernen vermehrt selbststeuern können (Long, 1990).

In einer in England und Wales durchge-führten Studie zum Erwerb kontext-unabhängiger Qualifikationen (Hayes etal., 1983) wurde dafür plädiert, Lern-programme zu entwickeln, in denen dieAuszubildenden vor allem einüben, wieman etwas „herausfindet“. Insbesonderewurde darauf hingewiesen, dass dieFederführung bei einem solchen Erwerbkontextunabhängiger Qualifikationen vonder Organisation auf den Einzelnen über-gehen sollte. Auch die Unternehmen er-kennen die Notwendigkeit, selbständigesLernen über Programme zum Lernen amArbeitsplatz zu fördern. Ausbilder müs-sen vor allem sicherstellen, dass innerhalbsolcher Lernprogramme die Möglichkeitzur Reflexion gegeben ist, so dass derEinzelne eher in der Lage ist, Methodendes selbständigen Wissenserwerbs undTechniken der individuellen Entwicklungzu erwerben (Infelise, 1994).

Teamarbeit und kooperatives Lernen

Die sich verändernden Kombinationenvon Qualifikationsprofilen und die Ent-wicklung berufs- oder fachübergreifenderTeams machen es erforderlich, dass Fach-arbeiter intensiver mit anderen zusam-menarbeiten. Die Fähigkeit, als Mitgliedeines Teams zu arbeiten, wird am Arbeits-

platz also immer wichtiger, und dieUnterstützung der Arbeitskollegen kannfür den Lernerfolg des Einzelnen von ent-scheidender Bedeutung sein. Infelise zeig-te, in welcher Weise große Unternehmenin Frankreich, Deutschland, Groß-britannien und Italien im Rahmen orga-nisierter Programme Projektarbeit inGruppen, handlungsorientiertes Lernenund Lernen am Arbeitsplatz einsetzen.Immer mehr Beispiele zeigen, dass gera-de weil die Lernenden an ihrem Arbeits-platz im Team arbeiten, solche Teams denWissenserwerb entscheidend fördern(Infelise, 1994; Dankbaar, 1995).

Knasel und Meed (1994) zufolge hängt derWert der Teamarbeit im Hinblick auf dieUnterstützung und Ermutigung der Ler-nenden davon ab,

❏ inwiefern es diese Teamarbeit den Be-teiligten ermöglicht, Fertigkeiten einzu-bringen und gemeinsam zu nutzen undErfahrungen auszutauschen;

❏ inwiefern sie ein Forum für den Aus-tausch von Informationen und die Ent-wicklung von Ideen bereitstellt.

Innerhalb eines das Lernen förderndenTeams sind die Beteiligten eher bereit,einander konstruktive Ratschläge, Orien-tierungshilfen und Feedback zu geben.

Vor allem kann ein Team – mit seinengenau bestimmten Mitgliedern, gemein-samen Zielvorstellungen, einem ausge-prägten Gefühl der Gruppenzugehörigkeitund der Abhängigkeit voneinander – einangenehmes und förderliches Umfeldschaffen, in dem Lernen mit größererWahrscheinlichkeit stattfindet (S. 45).

Inwiefern dies machbar ist, hängt sowohlvon der Organisation der Arbeit am je-weiligen Arbeitsplatz ab (Pettigrew et al.,1990; Keep und Mayhew, 1994) als auchvon der Bereitschaft, Aktivitäten in dieWege zu leiten, die es den Lernendenermöglichen, als Gruppe zu lernen undzu arbeiten. Die Förderung kooperativenLernens ist eine wichtige Strategie fürLehrkräfte und Mentoren; darüber hinauskommt es darauf an, dass die Lernendenden Wert kooperativer Lern- und Arbeits-beziehungen und den Wert der Erfahrun-gen anderer erkennen. Sanches (1992)macht deutlich, inwiefern gruppen-

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orientiertes Problemlösen die Lernendendarin unterstützen kann, ihre Reflexions-fähigkeit und ihre Fähigkeit zur Selbst-steuerung weiterzuentwickeln und dieWahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass siedas Gelernte auch übertragen können.

Der Wert von Gruppenprojekten im Hin-blick auf die Förderung kooperativer Fä-higkeiten wurde in zahlreichen Zusam-menhängen nachgewiesen (FEU, 1985;Boud et al., 1991), problematisch ist oftnur, dass die Zeit für die Reflexion in derGruppe gelegentlich als „fakultativ“ an-gesehen und dringenderen Notwendigkei-ten geopfert oder erheblich beschnittenwird. Soden (1993) weist darauf hin, dasssich „Denkfehler am einfachsten behebenlassen, wenn man sie mit jemand ande-rem bespricht“ (S. 18). Auch Miyake(1986) zeigte, dass der Einzelne im Rah-men eines kooperativen Problemlösensseine individuellen kognitiven Prozesseeher überprüft. Gelegenheiten zur Zusam-menarbeit mit anderen sollten in allenLernprogrammen enthalten sein; doch woam Arbeitsplatz relativ wenig gemeinsa-mes Arbeiten und Lernen möglich ist, soll-te durch entsprechende Aktionspläne,durch die Entwicklung individueller Aus-bildungsprojekte und durch Lernverträgedie Förderung der Zusammenarbeit mitanderen in unterschiedlichen Kontextenbesonders unterstützt werden.

Der soziale Kontext, der durch ein ko-operatives Vorgehen entsteht, kann dar-über hinaus die Motivation und das En-gagement der Lernenden steigern (Slavin,1983). Blagg et al. (1994) betrachten an-geleitete Gruppenarbeit als unschätzbarwertvoll, nicht nur im Hinblick auf dieEntwicklung der für die Teamarbeit er-forderlichen Fertigkeiten, sondern auchals „wichtiges Mittel zur Erweiterung derLern- und Verstehensmöglichkeiten. Ef-fiziente Gruppen errichten ein kogniti-ves Gerüst, auf das andere hinaufsteigenund an dem sie weiterbauen können.Ideen, Vorgehensweisen und Lösungenentwickeln sich iterativ und befähigenden Einzelnen, Möglichkeiten zu erken-nen, die ihm ansonsten verschlossengeblieben wären“ (S. 9). Insofern kannkooperatives Lernen nicht nur dazu bei-tragen, dass der Einzelne seine Fertig-keiten, sein Wissen und sein Verständ-nis auf unterschiedliche Kontexte über-trägt, sondern es vermittelt ihm auch un-

terschiedliche Strategien, die ihm helfen,solche Verbindungen herzustellen.

Integration von Wissens-erwerb und arbeits-bezogenen Aktivitäten:für ein effektives Lernenam Arbeitsplatz

Es kommt nun darauf an, phantasievolle-re Möglichkeiten der Integration vonWissenserwerb, Problemlösung und Ent-wicklung von Schlüsselqualifikationen imKontext arbeitsbezogener Aktivitäten zuentwickeln, die für den Arbeitsplatz rele-vant und für den Lernenden sinnvoll sind.Achtenhagen (1994) und Hayes (1992)vertreten entschieden die Ansicht, dassausgedehnte „Unternehmens-“ Simulatio-nen eine solche Integration fördern. Sol-che Simulationen könnten dazu beitragen,dass die Lernenden eher in „systemati-schen Zusammenhängen“ denken. Kauppi(1998) betrachtet „Ventures“ als wesentli-che Elemente für die Integration von Ar-beit und Lernen. „Ventures“ oder Projek-te, die gemeinsam von Auszubildendenund Arbeitgebern entwickelt werden,ermöglichen ein „ganzheitliches undstrukturiertes Erfassen der Arbeit sowieeine neue Form des arbeitsbezogenenDenkens und Handelns“ (S. 82). Insoferngäbe es deutliche Parallelen zum problem-orientierten Lernen (Boud und Feletti,1991): Es ist lernerzentriert und integriertdie Teilnehmer und ihre Qualifikationeninnerhalb thematischer Blöcke, zudem istes gekoppelt mit lernorientierter Arbeit inkleinen Gruppen und mit selbstgesteuer-tem Lernen. Solche Methoden ließen sichauch mit Leistungsmessungsverfahrenkombinieren, in denen über eine Analy-se der Praxis erworbenes Wissen geprüftwird (Atkins et al., 1993). Ein solcherAnsatz muss folglich mit praxisorientiertenund aktiven Formen des Lernens am Ar-beitsplatz verbunden sein, deren Ziel esist, in einem ganzheitlichen Ansatz zurEntwicklung von Fähigkeiten und Sach-kenntnis im Hinblick auf ein hohes ge-genwärtiges wie zukünftiges Leistungsni-veau beizutragen. Dies wiederum erfor-dert in Unternehmen und anderen Orga-nisationen einen integrativen und phan-tasievollen Umgang mit Fragen des Ler-nens und der Leistungsmessung, der sichbeispielsweise auf Gruppen- oder Projekt-

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arbeit und auf problemorientiertes Lernenstützt.

Auf die Notwendigkeit, Lernprogrammezu entwickeln, die die Fähigkeit zur Über-tragung von Wissen fördern, wurde be-reits hingewiesen. Solche Programmekönnen in eine Vielzahl unterschiedlicherKontexte eingebunden sein; insofern er-scheint es sinnvoll zu untersuchen, wel-cher Typus und welche Kombination vonLernkontexten zum Erfolg des Lernens amArbeitsplatz beitragen. Entscheidend istdabei unter anderem, wo ein spezialisier-teres Fachwissen einerseits und ein brei-teres berufsbezogenes Wissen andererseitserworben werden können und wie sichein ausgewogenes Verhältnis zwischenbeiden erreichen lässt.

Nieuwenhuis (1991) argumentiert, es gebekeinen „besten“ Kontext, da in einer Viel-zahl von Kontexten effizient ausgebildetwerden kann. Sinnvoller wäre es, die ver-fügbaren Lerngelegenheiten sowie die mitbestimmten Kombinationen von Bildung,Ausbildung, Beschäftigung und sozialenRahmenbedingungen zusammenhängen-den Vor- und Nachteile zu überprüfen.Knasel und Meed (1994) argumentierenähnlich: Ausbilder sollten Orientierungs-hilfen erhalten, die es ihnen ermöglichen,„wohlbegründete Entscheidungen im Hin-blick auf die relativen Stärken und Gren-zen von arbeitsgebundenen, arbeits-verbundenen und arbeitsorientierten Lern-erfahrungen in Relation zu spezifischenLerninhalten und Aspekten des Lernpro-zesses“ zu treffen (S.iii). Wichtig ist auchdie Überprüfung des Lernumfelds in derPraxis, denn „der Arbeitsplatz kann einaußerordentlich anspruchsvolles und pro-duktives Lernumfeld darstellen. Das istallerdings dann nicht der Fall, wenn auf-grund zu geringer Lernanforderungen undeiner Aneinanderreihung von banalenErfahrungen nur wenig Lernchancen be-stehen“ (Brown, 1992, S. 134).

Einige kleine Unternehmen werden sichnatürlich schwer tun, das gesamte Spek-trum an Lerngelegenheiten zur Verfügungzu stellen, die für die Entwicklung einerbreitgefächerten berufsbezogenen Kom-petenz erforderlich sind. Ausbilder, die füreine im Vereinigten Königreich durchge-führte Studie befragt wurden, waren ent-schieden der Auffassung, dass die Unter-nehmenskultur selbst eine Rolle spielt,

wobei „die falsche Unternehmenskulturden Lernerfolg deutlich beeinträchtigt“(Knasel und Meed, 1994, S. 17). Dagegenerscheint es in Organisationen, in denendas Lernen traditionell einen hohen Stel-lenwert hat, völlig normal, dass die Ar-beiter mit dem Unternehmen lernen(Brown und Evans, 1994). Pettigrew et al.(1988) betrachten das Vorhandensein vonrezeptiven und nicht-rezeptiven Aus-bildungskontexten als entscheidendenFaktor dafür, wie ein Unternehmen ins-gesamt die Entwicklung und das Mana-gement seiner Humanressourcen angeht.

Einige kleinere Unternehmen sind im Hin-blick auf Ausbildung und Entwicklungrecht zurückhaltend, während andere re-lativ kleine oder mittlere Unternehmen,besonders die in eine „firmenübergreifendeVernetzung“ eingebundenen, äußerst inno-vativ sind (Rothwell, 1993). Diese könnenein äußerst produktives Lernumfeld zurVerfügung stellen. Der ModellversuchGOLO im norddeutschen Wilhelmshavenintegriert Unternehmen in einem Lernort-verbund, in dem den Auszubildenden einbreites Spektrum an Lernmöglichkeiten zurVerfügung gestellt wird (Rauner, 1998).Unter diesen Umständen beruht die Arbeitselbst (ebenso wie das Überleben desUnternehmens) „auf der zunehmendenAnpassungsfähigkeit und Flexibilität einesUnternehmens und auf der Entwicklungneuer Wissensbereiche und technologi-scher Kompetenzen“ (Rhodes und Wield,1994, S. 168). Ein solches Arbeits-/Lern-umfeld ist so produktiv, dass im Rahmender Arbeit, die ihrerseits in verschiedenenKontexten stattfindet, Kenntnisse und Fach-wissen rasch zunehmen. Dabei kommt esentscheidend darauf an, dass „ein breitesSpektrum an Qualifikationen erworbenwird, um das erforderliche Maß an Flexi-bilität in der Entwicklung und Bereitstel-lung von Gütern und Dienstleistungen zugewährleisten und die notwendigenfirmenübergreifenden Netzwerke zu stär-ken“ (ibid. S. 169).

Interessant sind die erheblichen Erwartun-gen, die kleine expandierende Unterneh-men in der Londoner City im Hinblick dar-auf hatten, wie weit neu eingestellte Ar-beitnehmer in der Lage sein würden, vonAnfang an bei der Arbeit zu lernen. Rajanet al. (1997) unterstreichen in einer Um-frage unter 950 kleinen und mittleren Un-ternehmen im innerstädtischen London,

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dass expandierende Unternehmen sich ten-denziell auf eine leistungsorientierte Unter-nehmenskultur hin entwickeln, in der Befä-higung, Teamarbeit, lebensbegleitendesLernen und individuelles Karrieremanage-ment eine große Rolle spielen. Bei Perso-nen mit Hochschulabschluss „wurde vor-ausgesetzt, dass ihre intellektuellen undverhaltensmäßigen Voraussetzungen ten-denziell mit den grundlegenden Elemen-ten der neuen Unternehmenskultur über-einstimmten“ (Rajan et al., 1997, S. 13); „dieexpandierenden Unternehmen in unsererStichprobe haben in den letzten Jahren aufdieser Grundlage eine signifikante Anzahlvon Hochschulabsolventen eingestellt. Innahezu drei von fünf Unternehmen unse-rer Stichprobe besitzen mehr als 20␣ % derArbeitskräfte einen Universitätsabschluss“(Rajan et al., 1997, S. 13). Bei diesen Be-rufsanfängern wurde als häufigste Aus-bildungsmethode das Praxislernen, dieAnleitung durch verantwortliche Führungs-kräfte, die Interaktion mit Lieferanten undKunden sowie die Übernahme eines ho-hen Maßes an Verantwortung genannt.

Arbeitgeber, die diesen Weg einschlagen,tragen wahrscheinlich dazu bei, die not-wendigen Zusatzqualifikationen einzelnerArbeitnehmer zu fördern, einschließlicheines Qualifikationsniveaus über dem des„Facharbeiters“, selbst wenn solche Quali-fikationen formal nicht anerkannt sind.Diese Entwicklungen erfolgen also primärinnerhalb des „organisatorischen“ Rahmensder Unternehmensaktivitäten und nichtinnerhalb des formalen „Qualifikations-rahmens“, auch wenn es in Abhängigkeitvon dem jeweiligen Ansatz des einzelnenArbeitnehmers, des Unternehmens oderdes Wirtschaftszweigs Unterschiede gebenmag. Tatsächlich könnte die Einstellungberuflich unerfahrener „überqualifizierter“junger Mitarbeiter (beispielsweise vonAkademikern ohne entsprechendes Fach-wissen) bedeuten, dass sie, was die für denjeweiligen Arbeitsplatz erforderliche Qua-lifikation angeht, von ihrem Bildungs-abschluss her überqualifiziert, zugleichaber im Hinblick auf ihre Berufserfahrungunterqualifiziert sind (Tessaring, 1998).

Schlussfolgerungen

Die vier wichtigsten Schlüsselbotschaftenwerden im Folgenden als Schlussfolge-rungen formuliert:

❏ Verlagerung des Schwerpunkts von derallgemeinen und beruflichen Bildung zumLernen;

❏ Entwicklung einer größeren Unabhän-gigkeit des Lernenden;

❏ neue Lernumgebungen und Kontexte,in denen Lernen und Arbeiten miteinan-der verbunden werden kann;

❏ Beteiligung der einzelnen Lernendenam Wissenstransfer und an der Kompe-tenzentwicklung sowohl auf Unter-nehmensebene als auch darüber hinaus.

Lernen als Mittelpunkt

Eine Schlüsselbotschaft für Entwickler ef-fizienter Lernprogramme lautet, dass derSchwerpunkt der Beziehungen zwischenBildung, Ausbildung und Beschäftigungauf dem Lernen liegen muss. Darüberhinaus muss sichergestellt werden, dassdie Lernenden motiviert sind und dieMöglichkeit haben, ihre Lernmethodenzu verbessern, und dass ein quantitativwie qualitativ ausreichendes Spektrumvon Lerngelegenheiten zur Verfügungsteht, das es ihnen ermöglicht, ihreSchlüsselqualifikationen und Kompeten-zen zu entwickeln. Insbesondere wennein Lernprogramm die Lernenden darinunterstützen soll, die Fähigkeit zumTransfer von Fertigkeiten, Wissen undVerständnis zu entwickeln, sind Lern-kontexte erforderlich, die die Aufmerk-samkeit auf die Bedeutung des Transfersvon Fertigkeiten lenken. Entscheidendsind dabei Prozesse der Überprüfung undder kritischen Reflexion. StrukturierteReflexion des Gelernten und des zu-künftig zu Lernenden kann eine Brückeschlagen zwischen Arbeit und Lernenund zwischen gegenwärtig notwendigenFertigkeiten und solchen, die in Zukunftgebraucht werden könnten. SolcheReflexionsprozesse verbinden sich mitder Entwicklung elaborierterer Denkpro-zesse, die die Fähigkeit zur Übertragungvon Wissen, Fertigkeiten und Verständ-nis unterstützen.

Allgemeiner gesagt, sollten die Lernendendazu ermutigt werden, in Gesprächen mitLehrern, Ausbildern oder anderen Lernen-den ihre Denkansätze explizit zu machen.In diesen Gesprächen sollten sie ihre Her-angehensweise an Probleme in ihrem Tä-

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tigkeitsbereich untersuchen und heraus-finden, inwieweit sie Netzwerke oder Sy-steme entwickeln, um ihr Verständnis vonKonzepten und Zusammenhängen in demjeweiligen Kontext und der Umgebunginsgesamt zu vertiefen.

Selbständigkeit des Lernenden

Auch die Förderung der Selbständigkeitdes Lernenden ist ein wichtiges Ziel, dadie Lernenden zunehmend selbst Verant-wortung für ihr eigenes kontinuierlichesLernen in einem breiten Spektrum vonArbeitsplatzsituationen übernehmen sol-len. Auch das Lernen und Arbeiten imTeam ist in vielerlei Kontexten wichtigergeworden. Lernprogramme sollten dieMöglichkeit bieten, diese Fertigkeiten zuentwickeln. Man sollte vermuten, dassdie Betonung der prozessualen Fertigkei-ten, die die Fähigkeit zur Effizienz in un-terschiedlichen Kontexten fördern, dieEntwicklung einer umfassenden berufs-bezogenen Wissensbasis in ihrer Bedeu-tung mindern. Das ist jedoch nicht derFall. Vielmehr sollte die Entwicklung pro-zessualer Fertigkeiten im Idealfall in ent-sprechende arbeitsplatzbezogene Kon-texte eingebettet sein. Außerdem ist dieEntwicklung einer substantiellen berufs-bezogenen Wissensbasis deshalb erfor-derlich, weil sie eine zentrale Bedeutungfür die Entwicklung einer fachspezifi-schen Expertenkompetenz hat und einePlattform für weiteres Lernen in der Zu-kunft darstellt. Man sollte nicht verges-sen, dass die Fähigkeit, eine umfassen-de Wissensbasis zu verwalten, selbstschon eine prozessuale Fertigkeit dar-stellt, die in einer Vielzahl von Arbeits-und Lernkontexten von Nutzen sein soll-te, insbesondere dann, wenn der Einzel-ne im Rahmen einer Organisation aufge-fordert ist, seinen Beitrag zu Prozessender Generierung, der Entwicklung, desTransfers und der Verbreitung oder An-passung von Wissen zu leisten und da-mit in die Lage versetzt wird, als „unab-hängiger Lernender“ an arbeitsbezogenerKommunikation und Qualifikationstrans-fer teilzunehmen.

Lernzusammenhänge

Die Entwicklung effizienter Lernpro-gramme zur Förderung von kognitivenTransferleistungen muss sich auf eine Rei-he verschiedener Lernzusammenhänge

beziehen, und die Entwickler müssen dieStärken und Schwächen kennen, die mitspezifischen Kombinationen von Bil-dungs-, Ausbildungs- und Beschäftigungs-kontexten verbunden sind. Die Qualitätvon Lernumgebungen in den Unternehmenkann ziemlich unterschiedlich sein, da dieUnternehmenskultur effizientes Lernenhemmen oder fördern kann. Ebenso kön-nen die Arbeitsabläufe so organisiert sein,dass sich Praxiserfahrung und Experten-kompetenz durch eine produktive Kombi-nation von Arbeiten und Lernen sowohlbei den jungen Berufsanfängern als auchbei den erfahrenen Arbeitskräften weiter-entwickeln lassen. Um eine ungünstigereLernumgebung am Arbeitsplatz dennochmöglichst gut zu nutzen, mag es sinnvollsein, auf Projekte am Arbeitsplatz, indivi-duelle Lernverträge oder Projekte und ge-meinsame Aktionspläne von Ausbildern/Lehrern und Lernenden zurückzugreifen,um das Lernen am Arbeitsplatz zu fördernund zu bereichern und es auf Kontexteaußerhalb der unmittelbaren Arbeitsumge-bung übertragbar zu machen.

Abschließende Bemerkung

Entwickler von Lernprogrammen im Be-reich der Berufsbildung sollten insbeson-dere und zunehmend darauf hinarbeiten,dass diese Programme Fertigkeiten undKompetenzen dahingehend fördern, dasses den Lernenden leicht fällt, das Gelern-te auf ein breites Spektrum unterschiedli-cher Kontexte zu übertragen. Der Einzel-ne sollte befähigt werden, seinen Beitragzu leisten zu Prozessen der individuellenund unternehmensweiten Entwicklungvon Wissen und zu dessen Anwendungin Unternehmen, die, wenn sie dynamischsind, zunehmend Arbeitsumgebungen mitbeträchtlichen Möglichkeiten zum arbeits-begleitenden Lernen bieten.

In diesen Arbeits- und Lernumgebungensollten die Lernenden befähigt werden,

❏ das Gelernte auf andere Kontexte zuübertragen, um ihr eigenes Wissen zu er-weitern;

❏ einen Beitrag dazu zu leisten, dass an-dere kontinuierlich Wissen schaffen undweiterentwickeln;

❏ sich an Prozessen der Wissens- undKompetenzentwicklung in Organisationenzu beteiligen.

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Zusammenfassung

Das im Rahmen des Gemeinschafts-programms Leonardo da Vinci gestarteteProjekt „Ermittlung des künftigen Aus-bildungsbedarfs in Verbindung mit derFlexibilisierung der Arbeitsorganisation inden Unternehmen des metallverarbeiten-den Sektors“ soll dazu beitragen, die Fä-higkeit der Humanressourcen in der me-tallverarbeitenden und Maschinenbau-industrie zur Anpassung an flexible For-men der Arbeitsorganisation zu verbes-sern. Das Projekt wurde in Spanien (Ka-talonien), Frankreich, Italien (EmiliaRomagna) und Portugal durchgeführt.Beteiligt waren das spanischen Studien-und Beratungszentrum für die Metallin-dustrie (Centro de Estudios y Asesora-miento Metalúrgico, CEAM), der franzö-sische Berufsverband der Metall- undBergbauindustrie (Union des IndustriesMétallurgiques et Minières, UIMM), dasitalienische Service-Zentrum für die För-derung der industriellen Automation(Centro Servizi per l’Automazione Indus-triale, DEMOCENTER) und der portugie-sische Dachverband der Metallindustrie(Associaçao Nacional das EmpresasMetalúrgicas e Electromecânicas ,ANEMM).

Die untersuchten geographischen Gebie-te repräsentieren zwischen 21␣ % und 22␣ %der Gesamtfläche, der Bevölkerung unddes BIP der Europäischen Union. Zur Me-tallindustrie mit ihren TeilbereichenMetallgewinnung und –verarbeitung, Ma-schinenbau, Elektrotechnik und Elektro-nik zählen in diesen Gebieten etwa100␣ 000 Unternehmen mit 2,4 MillionenBeschäftigten.

Angesichts der aktuellen Situation in Wirt-schaft und Industrie erscheint die Arbeits-organisation als ein Aspekt, dem ange-sichts der Tatsache, dass die Human-ressourcen inzwischen einen wesentli-chen Faktor für die Wettbewerbsfähigkeitdarstellen, im Rahmen des Unternehmens-managements größte Aufmerksamkeitgewidmet werden muss. Die Arbeitsorga-nisation befindet sich im Umbruch: Diefür die Massenproduktion klassischer Prä-gung typischen streng hierarchischen,starren Strukturen werden zunehmendvon horizontalen Strukturen verdrängt, diesich permanent verändern. Diese flexiblenFormen der Arbeitsorganisation stellenden Versuch dar, unter Preisgabe der klas-sischen Beziehung zwischen Mensch undMaschine der veränderten Marktsituationund den höheren Ansprüchen der Ver-braucher gerecht zu werden.

Ángel HermosillaPérezLeiter der Abteilung für öko-nomische Studien am Centrode Estudios y AsesoramientoMetalúrgico (CEAM) undProfessor an der UniversitatAutònoma de Barcelona(UAB).

Ausbildung und Flexibi-lisierung der Arbeitsor-ganisation in den euro-päischen Unternehmender Metallindustrie:die Situation in Spani-en, Frankreich, Italienund Portugal

Dieser Beitrag entstand imRahmen der Verbreitung derErgebnisse des Leonardo daVinci-Projekts „FLEXIFORM –Ermittlung des künftigen Aus-bildungsbedarfs in Verbindungmit der Flexibilisierung der Ar-beitsorganisation in den Un-ternehmen des metallverarbei-tenden Sektors“. Die Schluss-folgerungen basieren auf derAuswertung der Angaben von175 Unternehmen aus vier Re-gionen Spaniens, Frankreichs,Italiens und Portugals.Im metallverarbeitenden Ge-werbe ist eine flexible Arbeits-organisation aus wirtschaftli-chen und industriellen Grün-den unumgänglich. Doch diefachlichen Qualifikationenund die übergreifenden Kom-petenzen junger Berufsanfän-ger und älterer Arbeitnehmer,die in den Unternehmen tätigsind, entsprechen den Anfor-derungen dieser „organisa-tionellen Revolution“ in keinerWeise.Daher ist es dringend erforder-lich, ein Erst- und Weiterbil-dungsangebot bereitzustellen,das diesen Bedarf deckt unddamit die Zukunft der Unter-nehmen des metallverarbei-tenden und Maschinenbau-Sektors und ihrer Belegschaf-ten sichert.

Natalia OrtegaLeiterin der Abteilung Ausbil-dung und Humanressourcenam Centro de Estudios yAsesoramiento Metalúrgico(CEAM).

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Es gibt nicht nur einen Ansatz zur Flexi-bilisierung der Arbeitsorganisation; flexi-blere Strukturen lassen sich auf verschie-denen Wegen erreichen. Zu den am wei-testen verbreiteten Modellen zählen dieVerteilung der Arbeitszeit in Abhängigkeitvom Arbeitsanfall (Arbeitszeitmodulation),befristete und Teilzeit-Beschäftigungsver-hältnisse, Arbeitsplatzrotation, die Einrich-tung von Produktionszellen, Gruppenar-beit sowie Outsourcing.

Viele der metallverarbeitenden und Ma-schinenbau-Unternehmen in den unter-suchten Gebieten haben die Arbeit imProduktionsbereich bereits systematischflexibilisiert, wenn auch nicht immerbewusst. In der Regel liegt diesen Verän-derungen (Modulation der Arbeitszeit-dauer und Erleichterungen bei der Ein-stellung und Entlassung von Mitarbeitern)ein traditionelles Verständnis von Flexi-bilität zugrunde. Sie führen nicht zur Her-ausbildung einer neuen Unternehmens-kultur, die stärker einem modernenFlexibilitätsbegriff verpflichtet ist (d.␣ h.der Einführung neue Formen der Organi-sation und des Managements entspricht,die das gesamte Unternehmen und seineHumanressourcen erfassen).

Die metallverarbeitende und Maschinen-bauindustrie in den untersuchten Ländernbefindet sich gegenwärtig im Umbruch:Die traditionellen Modelle der Arbeitsor-ganisation werden zunehmend durchmodernere und flexiblere Formen abge-löst. Am weitesten verbreitet sind dabeiFlexibilisierungsansätze klassischer Prä-gung (beispielsweise befristete Beschäf-tigungsverhältnisse), während Modelle,die dem neuen Verständnis von Flexibili-tät entsprechen (beispielsweise Produk-tionszellen und Gruppenarbeit) noch im-mer die Ausnahme bilden.

Die Einführung flexibler Formen der Ar-beitsorganisation führt in den Unterneh-men der metal lverarbei tenden undMaschinenbauindustrie zum umfassendenVeränderungen im strategischen Bereich,im Bereich des Humanressourcenmanage-ments, des Personals und der internenStruktur und Organisation. Darüber hin-aus verlangt sie neue Kriterien für dieDefinition der Berufsprofile, die künftigberufsfachliche und technische Kenntnis-se, Fähigkeiten, persönliche Kompeten-zen und individuelle sowie kollektive

Fähigkeiten und Einstellungen berück-sichtigen müssen, die für das neue Mo-dell der Arbeitsorganisation kennzeich-nend sind. Die mittleren Führungskräftespielen in den Industrieunternehmen eineentscheidende Rolle: Sie sind an der Im-plementierung flexibler Formen der Ar-beitsorganisation maßgeblich beteiligt undfür deren Leistungsfähigkeit mitverant-wortlich.

Die meisten befragten Unternehmen desmetallverarbeitenden und Maschinenbau-Sektors sind der Auffassung, dass die Ein-führung flexibler Formen der Arbeitsor-ganisation durch gravierende Defizite derArbeitskräfte behindert wird. Insbesonde-re gelte dies für neu eingestellte Arbeiter.Außerdem sind die meisten Unternehmender Auffassung, dass das Bildungssystemin seiner derzeitigen Form nicht in derLage ist, dem Ausbildungsbedarf, der inVerbindung mit der Flexibilisierung ent-steht, gerecht zu werden. Die Kritik derUnternehmen gilt in erster Linie der be-ruflichen Erstausbildung und den Aus-bildungsangeboten für Arbeitslose.

Das Personal auf allen Ebenen muss sichden neuen Arbeitsbedingungen anpassen,d.␣ h. die Kenntnisse, Erfahrungen, Kom-petenzen, Fähigkeiten und persönlichenQualitäten müssen zusammengeführt undmiteinander verflochten werden. Im Zen-trum sollten dabei die technisch-fachli-chen Aspekte – insbesondere die Metho-den –, die individuellen und kollektivenMentalitäten und die Organisation des Un-ternehmens und der Arbeitsteams stehen,so dass die Herausbildung einer „moder-nen Flexibilitätskultur“ begünstigt wird.Flexible Formen der Arbeitsorganisationerfordern einen neuen Typus von Arbeits-kräften, der sich durch Vielseitigkeit aus-zeichnet. Dies setzt die Vermittlung bzw.den Aufbau von Kompetenzen voraus, dieauf technisch-fachlichem, methodischemund sozial-kommunikativem Know-howgründen, auf erwiesener Anpassungs- undLernfähigkeit, auf der Bereitschaft zurPartizipation und zur Übernahme von Ver-antwortung im Unternehmen, auf persön-lichen Fähigkeiten, die den Austausch imTeam begünstigen und auf der Fähigkeitzum Informations- und Kommunikations-management. Ausbildungsmaßnahmensollten sich vorrangig auf die Erstaus-bildung der Arbeitskräfte von Morgen so-wie auf die Weiterbildung konzentrieren,

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welche zur Aktualisierung der Kompeten-zen der Arbeitskräfte dienen sollte, diebereits im Erwerbsleben stehen.

0. Einleitung undArbeitsmethode

Das im Rahmen des Gemeinschafts-programms Leonardo da Vinci gestarteteProjekt „Ermittlung des künftigen Aus-bildungsbedarfs in Verbindung mit derFlexibilisierung der Arbeitsorganisation inden Unternehmen der Metallindustrie“(der Aufruf zur Einreichung von Vor-schlägen erschien 1998 ) soll dazu beitra-gen, die Fähigkeit der Humanressourcenin der metallverarbeitenden und Maschi-nenbauindustrie – die sich mit der Ge-winnung und Weiterverarbeitung vonMetallen sowie der Herstellung von Ma-schinen und mechanischen Bauteilenbefasst - zur Anpassung an die neuen undflexiblen Formen der Arbeitsorganisationzu verbessern, welche insbesondere mitBlick auf Kenntnisse, Kompetenzen undEinstellungen neue Anforderungen stel-len. Für die Aufrechterhaltung der welt-weiten Wettbewerbsfähigkeit der Industrieinsgesamt und insbesondere der metall-verarbeitenden Industrie ist die Einfüh-rung derartiger Formen der Arbeitsorga-nisation unerlässlich. Die Flexibilisierungder Arbeitsorganisation – heute als eininnovativer Ansatz allgemein anerkannt –wird der Wettbewerbsfähigkeit in denkommenden Jahren fraglos neue Impulseverleihen. Aus diesem Grund bemühensich zahlreiche Unternehmen der metall-verarbeitenden und Maschinenbau-industrie sowie anderer Branchen gegen-wärtig um eine solche Flexibilisierungihrer Strukturen, wie sie die EuropäischeKommission schon 1997 in ihrem Grün-buch „Eine neue Arbeitsorganisation imGeiste der Partnerschaft“ (KOM (97), 128endg.) vorgezeichnet hat. Ausbildung undQualifikationen der Humanressourcensind jedoch noch immer an den Anforde-rungen der Arbeitsorganisation klassischerPrägung ausgerichtet. Für die Implemen-tierung neuer und flexibler Formen derArbeitsorganisation in den europäischenUnternehmen stellt dies ein großes Hin-dernis dar.

Das Projekt hatte Folgendes zum Ziel:

❏ Eine Analyse der Veränderungen, diesich im Zuge der Flexibilisierung der Ar-beitsorganisation vollzogen haben undnoch vollziehen werden;

❏ die Ermittlung der Profile und Qualifi-kationen, die vor dem Hintergrund einerFlexibilisierung der Arbeitsorganisation inder Metallbranche für Stellen in der Pro-duktion in Zukunft kennzeichnend seinwerden, unter besonderer Berücksich-tigung polyvalenter Arbeitsplätze;

❏ die Erarbeitung grundlegender Leitli-nien für Ausbildungsinhalte zur Verbes-serung des Know-hows der Mitarbeiter,die in den Unternehmen der Metallbran-che für die Implementierung flexiblererStrukturen zuständig sind;

❏ die Bekanntmachung und Verbreitungder Projektergebnisse und der erarbeite-ten Leitlinien bei einschlägig interessier-ten Gruppen bzw. bei Gruppen mit Be-zug zur Metallbranche.

Das Projekt lief von 1999 bis 2000 in Spa-nien (genauer: in Katalonien), in Frank-reich, in Italien (Emilia Romagna) und inPortugal. Durchgeführt wurde es vom spa-nischen Studien- und Beratungszentrumfür die metallverarbeitende Industrie(Centro de Estudios y AsesoramientoMetalúrgico, CEAM) unter Mitarbeit von„Euro Industries Programmes“, einem Ab-leger des französischen Berufsverbandesder Metall- und Bergbauindustrie (Uniondes Industries Métallurgiques et Minières,UIMM), sowie unter Mitarbeit des italie-nischen Service-Zentrums für die Förde-rung der industriellen Automation (CentroServizi per la Diffusione dell’AutomazioneIndustriale, DEMOCENTER) und des por-tugiesischen Dachverbandes der Metall-industr ie (Associaçao Nacional dasEmpresas Metalúrgicas et Electro-mecâ-nicas, ANEMM).

Die Arbeitsmethode sah folgende Maß-nahmen vor:

❏ Zusammenstellung und Auswertungder verfügbaren Informationen undDokumentationsunterlagen (Bücher, Arti-kel, Berichte, Statistiken...);

❏ Durchführung einer Erhebung bei denUnternehmen der Metallbranche. In Spa-nien, Italien und Portugal wurde an Un-

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ternehmen der Branche ein Fragebogenverschickt; es gingen 131 Rückantwortenein. In Frankreich wurde zu diesemZweck eine schon vorhandene Datenbankausgewertet, die Informationen über 44Unternehmen bot;

❏ Analyse der Erfahrungen, die in einerReihe von Unternehmen gemacht wurden.Insgesamt wurden 33 ausführliche persön-liche Gespräche geführt. Zweck war dieUntersuchung konkreter Beispiele.

1. Überblick über dieeinzelnen Länder bzw.Regionen

Die an dem Projekt beteiligten Länder undRegionen – Katalonien, Frankreich, dieEmilia Romagna und Portugal – habenzusammen eine Fläche von 696␣ 000 km2

mit insgesamt rund 80 Millionen Einwoh-nern. Dies entspricht 21,5% der Gesamt-fläche und 21,7% der Gesamtbevölkerungder Europäischen Union.

Die vier Gebiete erwirtschaften zusammengenommen ein BIP von über 990␣ 000 Mil-lionen Euro (das entspricht 22␣ % des BIPder Europäischen Union) und stellen mit32 Millionen Beschäftigten rund 22% derErwerbsbevölkerung in der EuropäischenUnion.

Außerdem weisen die vier untersuchtenGebiete eine recht ähnliche Wirtschafts-struktur auf. An erster Stelle steht derDienstleistungssektor, der für 60% des BIPverantwortlich zeichnet, zugleich hat inden hoch industrialisierten Gebieten aberauch der Sekundärsektor großes Gewicht,vor allem in der Emilia Romagna, in Frank-reich und in Katalonien.

2. Beschreibungder Metallbranche(einschließlich Elektro-und Elektronikindustrie)

In allen vier untersuchten Gebieten stelltdie Metallbranche sowohl wegen ihresUmfangs als auch wegen ihrer engen Ver-flechtung mit anderen Wirtschaftssektoreneinen der wichtigsten Industriezweige dar.

Besonders in Frankreich und in der Emi-lia Romagna hat die Metallbranche gro-ßes Gewicht. In dieser Branche sind rund100␣ 000 Industrieunternehmen tätig, dieinsgesamt etwa 2␣ 400␣ 000 Mitarbeiter be-schäftigen. Sie umfasst neben anderenAktivitäten die Gewinnung und Weiterver-arbeitung von Metallen, die Fertigung vonMetallbauteilen und den Maschinenbau;diese unter dem Oberbegriff Metallverar-beitung und Maschinenbau zusammen-gefassten Tätigkeiten machen zwischen70% und 80% der Branchenaktivität aus.

Das relative Gewicht der verschiedenenTeilbereiche der Metallbranche ist in denvier geographischen Regionen sehr un-terschiedlich:

Die wichtigsten Tätigkeitsbereiche in Ka-talonien sind (nach Bedeutung geordnet)die Produktion für den Bereich Transportund Verkehr, die Fertigung von Metallbau-teilen, der Maschinenbau und die Herstel-lung von elektrotechnischen und elektro-nischen Komponenten. Metallverarbei-tung und Maschinenbau zeichnen für rund80% der Produktion in der Metallindustriedieser Region verantwortlich.

Die wichtigsten Tätigkeitsbereiche inFrankreich s ind die Fer t igung vonMetallbauteilen, der Maschinenbau, dieHerstellung von elektrotechnischen undelektronischen Komponenten und dieProduktion für den Bereich Transport undVerkehr. Drei Viertel der Arbeitskräfte inder Metallindustrie sind im Bereich Me-tallverarbeitung und Maschinenbau tätig.

In der Region Emilia Romagna stehen vorallem der Maschinenbau und die Produk-tion für den Bereich Transport und Ver-kehr im Vordergrund.

In Portugal steht die Fertigung vonMetallbauteilen an erster Stelle. Mit deut-lichem Abstand folgen der Maschinenbauund die Produktion für den Bereich Trans-port und Verkehr. Metallverarbeitung undMaschinenbau erwirtschaften etwa 73%des in der Metallindustrie geschaffenenMehrwerts.

In den vier untersuchten Gebieten ist dieBranche im Wesentlichen durch kleineund mittlere Unternehmen (KMU) geprägt.In bestimmten Zweigen sind aber auchGroßunternehmen tätig. Zu nennen ist

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hier beispielsweise die Automobilindustriein Katalonien, in der Emilia Romagna undin Portugal sowie die Luftfahrt- undElektronikindustrie in Frankreich.

3. Flexible Formen derArbeitsorganisation in denUnternehmen der metall-verarbeitenden undMaschinenbauindustrie

3.1. Was sind eigentlich flexible For-men der Arbeitsorganisation?

Die Unternehmen der metallverarbeiten-den und Maschinenbauindustrie sind inden Industrieländern derzeit einem um-fassenderen Wandel unterworfen als dieUnternehmen anderer Branchen. Kennzei-chen des Wandels sind insbesondere:

❏ eine kontinuierliche und rasante tech-nische Entwicklung vor allem im Bereichder Informations- und Kommunikations-technologien und der Computertechnik;

❏ eine Globalisierung der Märkte, derProduktion und der Geschäftstätigkeit derUnternehmen;

❏ eine zunehmende Diversifizierung derNachfrage, die sich permanent verändertund wachsende Anforderungen belegt;

❏ die permanente Suche nach neuen For-men der Organisation und neuen Manage-mentansätzen;

❏ ein gestiegenes Qualifikationsniveauder Arbeitskräfte.

Angesichts dieser Veränderungen sind dieUnternehmen gezwungen, nach Rezeptenzu suchen, die es ermöglichen, die eige-ne Wettbewerbsfähigkeit auf breiter Frontzu sichern und auszubauen. Die neuenökonomischen Realitäten sind durch be-stimmte Charakteristika und Faktoren ge-kennzeichnet, unter anderem durch dieFähigkeit zur ständigen Veränderung,durch Formen der Organisation, die aufVernetzung anstatt auf vertikale Struktu-ren setzen, durch Flexibilisierung der hier-archischen Beziehungen, durch Koopera-tionen und Partnerschaften und durchzunehmendes Outsourcing von Aufgabenan Subunternehmer.

Vor diesem Hintergrund erscheint die Ar-beitsorganisation als ein Aspekt, dem an-gesichts der Tatsache, dass die Human-ressourcen inzwischen einen wesentli-chen Faktor für die Wettbewerbsfähigkeitdarstellen, im Rahmen des Unternehmens-managements höchste Aufmerksamkeitgewidmet werden muss. Ganz offensicht-lich hat sich der Gedanke, dass ein Un-ternehmen nachhaltiges Wachstum nur er-reichen kann, wenn es in der Lage ist,neue Formen der Arbeitsorganisation zuimplementieren und die Prinzipien in Fra-ge zu stellen, auf denen Entlohnung, Aus-bildung und Loyalität des Personals be-ruhen, auf breiter Front durchgesetzt.

Die Arbeitsorganisation(1) befindet sichderzeit im Umbruch: Die streng hierarchi-schen, starren Strukturen, die - für dieMassenproduktion klassischer Prägungtypisch – mit hochspezialisierten und oftrepetitiven Arbeitsaufgaben verbundensind, werden zunehmend von horizonta-len Strukturen verdrängt, die sich perma-nent verändern und – für moderneProduktionssysteme charakteristisch - aufInformation und Know-how, auf Anpas-sungsfähigkeit, Partizipation und Autono-mie der Arbeitskräfte basieren.

Die Flexibilisierung der Arbeitsorganisa-tion hat ihren Ursprung in der Automati-sierung des Produktionsprozesses, mit derdie traditionelle Beziehung zwischenMensch und Maschine abgeschafft wur-de. Mit flexiblen Formen der Arbeitsor-ganisation reagieren die Unternehmen aufdie Unsicherheiten und die wachsendeDynamisierung der Märkte und auf die hö-heren Ansprüche der Verbraucher. In die-sem Zusammenhang ist zwischen quanti-tativer Flexibilität, d.␣ h. der Fähigkeit zurBefriedigung einer wachsenden oder sin-kenden Nachfrage, und qualitativer Fle-xibilität, d.␣ h. dem Eingehen auf Verän-derungen im Wesen der Nachfrage zuunterscheiden. Außerdem sind flexibleFormen der Arbeitsorganisation einer derAspekte des so genannten „flexiblen Un-ternehmens“, das sich durch Flexibilitätder Produktionsanlagen und -teams, derWarenströme, des Informationsflusses unddes Vertriebs der Produkte auszeichnet.Mit dieser Flexibilisierung wollen dieUnternehmen die eigene Produktivitätsteigern, die Qualität ihrer Produktionanheben, ihre Innovationsfähigkeit ver-bessern und – kurz gesagt – ihre Gewin-

(1) „Eine neue Arbeitsorganisation imGeiste der Partnerschaft“, Grünbuchder Europäischen Kommission, Lu-xemburg: Amt für amtliche Veröffent-lichungen der Europäischen Gemein-schaften 1997, (KOM (97), 128 endg.).

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ne steigern. In der Industrie ist Flexibili-sierung mit der verstärkten Implementie-rung von horizontal angelegten bereichs-übergreifenden Verfahren, Methoden undDiensten verbunden (Qualität, Wartung,Logistik, usw.).

Es gibt nicht nur einen Ansatz zur Flexi-bilisierung der Arbeitsorganisation; flexi-blere Strukturen lassen sich auf verschie-denen Wegen erreichen. Da nicht alleBetriebe in gleicher Weise von den der-zeit laufenden Veränderungen betroffensind, entscheidet sich jedes Unternehmenin der Praxis für das Modell, das seinerSituation am Besten entspricht. FolgendeFlexibilisierungsansätze zur Reorganisati-on der Arbeit im Produktionsbereich sindin Industrieunternehmen besonders weitverbreitet:

❏ die Verteilung der Arbeitszeit in Ab-hängigkeit vom Arbeitsanfall (Arbeitszeit-modulation) durch Konzepte wie „gleiten-de Arbeitszeiten“ oder „Arbeitszeit-konten“; bei dem letztgenannten Ansatzspart der Einzelne in Zeiten geringerenArbeitsanfalls Arbeitsstunden an, die erdann in arbeitsintensiven Phasen ablei-stet;

❏ die Beschäftigung von Mitarbeitern an-hand befristeter Arbeitsverträge nach Maß-gabe der arbeitsrechtlichen Bestimmun-gen;

❏ die Beschäftigung von Mitarbeitern aufTeilzeitbasis ebenfalls nach Maßgabe derarbeitsrechtlichen Bestimmungen;

❏ Arbeitsplatzrotation, d.␣ h. systemati-scher Arbeitsplatzwechsel der Arbeiter;

❏ die Einrichtung von Produktionszellenund die Einführung von Gruppenarbeitzur Realisierung ganz bestimmter Projek-te;

❏ Outsourcing (Auslagerung) eines Teilsder Produktion an externe Subunterneh-mer.

Manchen dieser Ansätze liegt eine klassi-sche Auffassung von flexibler Arbeitsor-ganisation zugrunde, andere hingegenfußen auf einem moderneren Flexibilitäts-begriff. Zur ersten Gruppe zählen die Mo-dulation der Arbeitszeit in Abhängigkeitvom Arbeitsanfall, befristete Beschäfti-

gungsverhältnisse und das Outsourcing anSubunternehmer, zur zweiten Gruppe zäh-len Teilzeit-Beschäftigungsverhältnisse,Arbeitsplatzrotation sowie die Einführungvon Produktionszellen und Gruppenar-beit.

Die verschiedenen Flexibilisierungsan-sätze lassen sich auch danach klassifizie-ren, auf welche Aspekte des „flexiblen Un-ternehmens“( 2) s ie Bezug nehmen.Ansätze wie Arbeitsplatzrotation, Produk-tionszellen und Gruppenarbeit nehmenauf die funktionale Flexibilität Bezug, dievon der Fähigkeit der Arbeitskräfte ab-hängt, ein breites Spektrum von Arbeits-aufgaben und Funktionen zu überneh-men. Arbeitszeitmodelle, befristete undTeilzeit-Beschäftigungsverhältnisse sowieOutsourcing hingegen sind dem Bereichder numerischen Flexibilität zuzuordnen,die es dem Unternehmen ermöglicht, dieBeschäftigtenzahlen am Bedarf auszurich-ten(3).

3.2. Die Implementierung flexiblerFormen der Arbeitsorganisation inder Metallindustrie

In den untersuchten Regionen haben zahl-reiche Unternehmen der Metallindustrieihre Arbeitsorganisation in der ein oderanderen Form flexibilisiert(4), wenn auchnicht immer bewusst. In der Regel basiertdie Flexibilisierung der Arbeitsorganisati-on auf einem traditionellen Verständnisvon Flexibilität, d.␣ h. sie stützt sich aufflexible Arbeitszeitmodelle und Arbeits-zeitmanagement im Verein mit einer Li-beralisierung des Arbeitsmarktes (pro-blemlose und kostengünstige Einstellungund Entlassung von Arbeitskräften); eineneue Unternehmenskultur, die auf einemmodernen, ganzheitlichen Flexibilitäts-begriff fußt, der mit neuen Formen desArbeitens und neuen Formen der Unter-nehmensorganisation verbunden ist, bil-det sich dabei nicht heraus. Außerdemhaben die meisten Unternehmen, die fle-xible Formen der Arbeitsorganisation ein-geführt haben, diese Einführung wedersystematisch vorbereitet noch diesbezüg-lich strategische Ziele festgelegt. Dies giltvor allem für Kleinbetriebe. Größere Un-ternehmen gehen die Umgestaltung dertraditionellen Strukturen zu einer flexible-ren Form der Arbeitsorganisation in derRegel strategischer an. Der Grad an Fle-xibilität der neuen Arbeitsorganisation ist

(2) Atkinson J. (1984), Manpowerstrategies for flexible organisations.Personnel Management.

(3) Als Drittes wäre noch die finanzi-elle Flexibilität zu nennen, die daraufabhebt, dass die Lohn- und Gehalts-kosten die Leistungsfähigkeit der Ar-beitskräfte und des Unternehmenswiderspiegeln. Zwar stellt Flexibilitätim Bereich der Entlohnung ein Instru-ment dar, mit dem sich die beidenanderen Formen von Flexibilität er-reichen lassen, dennoch wurde dieseArt der Flexibilität im Rahmen desProjekts nicht berücksichtigt.

(4) Wie das oben angeführte Grün-buch der Europäischen Kommissionvon 1997 feststellt, sind flexible For-men der Arbeitsorganisation in Euro-pa insgesamt gesehen noch immer inviel zu geringem Umfang verbreitet.

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zum einen stark abhängig von der Art derjeweiligen Unternehmenstätigkeit undzum anderen von der arbeitsrechtlichenSituation in dem betreffenden Land.

Wie die Untersuchung der von den Un-ternehmen gewählten Flexibilitätsmodelleund ihrer Implementierung ergab, stellendie Unternehmen der metallverarbeiten-den und Maschinenbauindustrie in denuntersuchten Ländern ihre Arbeitsorgani-sation derzeit um und führen modernereund flexiblere Modelle ein. Am weitestenverbreitet sind dabei Flexibilisierungsan-sätze klassischer Prägung (beispielswei-se befristete Beschäftigungsverhältnisse).Innovative Modelle, die dem neuen Ver-ständnis von Arbeitsorganisation entspre-chen (beispielsweise Produktionszellenund Gruppenarbeit) bilden hingegen nochimmer die Ausnahme. Es hat sich abergezeigt, dass die Unternehmen, die solchinnovative Formen der Arbeitsorganisati-on bislang nicht implementiert haben,bereit und interessiert sind, derartigeModelle mittel- und langfristig einzufüh-ren. Flexible Formen der Arbeitsorgani-sation finden sich vor allem in den Un-ternehmen Frankreichs und der EmiliaRomagna und in geringerem Maß auch inKatalonien. Schlusslicht ist hier Portugal,wo diese Modelle sehr viel weniger ver-breitet sind.

Zu den Formen flexibler Arbeitsorganisa-tion, die in Unternehmen der metallver-arbeitenden und Maschinenbauindustrieweit verbreitet sind, zählen befristete Be-schäftigungsverhältnisse. Insbesonderegilt dies offensichtlich für katalanischeUnternehmen: Wie die im Rahmen desProjekts durchgeführte Erhebung ergab,nutzen in Katalonien 88% aller Unterneh-men der Metallbranche die Möglichkei-ten befristeter Beschäftigungsverhältnisse.In Portugal hingegen bieten nur 53% derUnternehmen befristete Arbeitsverträgean, dafür beschäftigen sie aber nahezu20% ihrer Belegschaft anhand solcher Ver-träge. Proportional zur Größe der Unter-nehmen wächst auch die Zahl der befri-steten Beschäftigungsverhältnisse.

Ein zweites in der Metallindustrie der vieruntersuchten Regionen weit verbreitetesFlexibilisierungsinstrument ist die Ausla-gerung bestimmter Produktionsbereiche,für die externe Subunternehmer unterVertrag genommen werden. An erster Stel-

le steht hier die Emilia Romagna, wo dieUnternehmen des Branche rund 26% ih-res gesamten Produktionsvolumens aus-lagern, gefolgt von Frankreich, Kataloni-en und Portugal. Auch hier lagern größe-re Unternehmen proportional gesehenmehr Tätigkeiten aus. Praktisch alleGroßunternehmen delegieren einen nichtunerheblichen Teil ihrer Produktion anexterne Subunternehmer.

Eine dritte Form der Flexibilisierung istdie Arbeitsplatzrotation. Auf dieses Mo-dell greifen – unabhängig vom jeweiligenStandort – vor allem die kleinen Unter-nehmen zurück, aber auch in Mittelbe-trieben und Großunternehmen ist dieserAnsatz verbreitet. In den kleinen Unter-nehmen sind die meisten Beschäftigtenin der Lage, mehrere Tätigkeiten auszu-führen. Dadurch können diese Unterneh-men strukturelle Nachteile kompensieren,die ihnen beispielsweise durch ihre ge-ringen Beschäftigtenzahlen erwachsen.

Ein vierter Ansatz zur Flexibilisierung derArbeitsorganisation ist die Verteilung derArbeitszeit in Abhängigkeit vom Arbeits-anfall in der Produktion. Derartige Arbeits-zeitregelungen finden sich in mehr als derHälfte aller Unternehmen der Metallindu-strie. Vor allem in der Emilia Romagna undin Katalonien wird dieses Modell ange-wendet.

Zu den am wenigsten verbreiteten Flexibi-lisierungsmodellen zählt die Arbeitsorga-nisation durch Einrichtung von Produk-tionszellen oder Arbeitsgruppen. Aberzumindest einige Unternehmen habenauch diese Modelle zur Modernisierungder Arbeitsorganisation eingeführt, vorallem in der Emilia Romagna, aber auchin Frankreich und Katalonien. In Portu-gal hingegen werden diese Modelle kaumgenutzt. Zu finden sind sie vor allem inGroßunternehmen.

Der in der Metallbranche am seltenstengenutzte Flexibilisierungsansatz ist dieTeilzeitbeschäftigung. Dabei zeigen sichzwischen den einzelnen Ländern großeUnterschiede. Insbesondere Unternehmenin Frankreich und in der Emilia Romagnanutzen die Möglichkeiten, die die Teilzeit-beschäftigung bietet. In Portugal hinge-gen findet sich dieses Modell nur seltenund in Katalonien so gut wie gar nicht.Wie die befristete Beschäftigung wird

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auch die Teilzeitbeschäftigung vor allemvon größeren Unternehmen zur Flexibili-sierung der Arbeitsorganisation eingesetzt,wobei auch hier der Umfang, in dem aufdieses Modell zurückgegriffen wird, pro-portional zur Unternehmensgröße wächst.

3.3. Veränderungsprozesse in den Un-ternehmen in Folge der Einführungflexibler Formen der Arbeitsorganisa-tion

Die Einführung flexibler Formen der Ar-beitsorganisation löst in den Unternehmender Metallindustrie in vier verschiedenenBereichen umfassende Veränderungenaus. Betroffen sind:

❏ die Unternehmensstrategie;

❏ das Management der Humanressour-cen;

❏ das Personal;

❏ die interne Struktur und Organisation.

Einführung und Funktionsweise flexiblerFormen der Organisation zwingen zurNeuausrichtung der gesamten Unter-nehmensstrategie, da sie die Abkehr voneinem starren Produktionssystem bedeu-ten, das darauf ausgerichtet ist, „mehr undkostengünstiger zu produzieren“. An dieStelle des starren Systems treten nun fle-xible Strukturen, die es erlauben sollen,„rascher und zu bestmöglichen Konditio-nen (hinsichtlich Qualität, Preis, Innova-tivität, Lieferzeiten usw.) auf die nach-frageseitigen Anforderungen zu reagie-ren“. Als Folge dieser Wandlungsprozes-se verändern sich die Mentalitäten unddie Einstellung zur Arbeit, die horizonta-le und vertikale Kommunikation innerhalbdes Unternehmens, die Beziehungen zwi-schen den verschiedenen Abteilungenusw., d.␣ h. die gesamte Unternehmens-organisation ist betroffen: Das Manage-ment, die Produktionsabteilungen, dieHumanressourcen, der Einkauf, dieInformationstechnologien usw. ebensowie der einzelne Beschäftigte.

Das Personalmanagement ist mit Blick aufdie Implementierung und Konsolidierungeiner flexiblen Arbeitsorganisation vonentscheidender Bedeutung, da derHumanfaktor eine Schlüsselgröße für denunternehmerischen Erfolg darstellt. Die

Unternehmen müssen ihre Human-ressourcen permanent den wechselndenquantitativen und qualitativen Anforde-rungen des Umfeldes anpassen (variableArbeitszeitplanung, Arbeitsplätze, Einrich-tung von Produktionszellen, Qualifikatio-nen, Verhaltensweisen usw.). Zu diesemZweck müssen sie dafür Sorge tragen, dassQualifikationen, Kompetenzen und Ein-stellungen der Arbeitskräfte den Anforde-rungen entsprechen, die flexible Formender Arbeitsorganisation stellen. Sie soll-ten daher sozialpolitischen Strategien denVorzug geben, die einen reibungslosen or-ganisatorischen Wandel gewährleistenkönnen, und beispielsweise finanzielleoder andere Anreize bieten, angemesse-ne Ausbildungsangebote bereitstellen,geeignete Verfahren zur Personalein-stellung anwenden und für ein Arbeitszeit-management (Dauer und Verteilung derArbeitszeit) sorgen. Insgesamt gesehenzeichnet sich ein Trend hin zu einem zu-nehmend individualisierten Managementder Humanressourcen ab (Entlohnung,Arbeitszeitplanung, Ausbildung usw.).

Auch für das Personal und insbesonderedie Arbeiter ist die Flexibilisierung derArbeitsorganisation mit erheblichen Ver-änderungen verbunden. Diese Verände-rungen, die das Verhältnis des Arbeiterszu seinem Arbeitsplatz ebenso betreffenwie seine Beziehungen zu Kollegen undseine Stellung in der betrieblichen Orga-nisation, haben angesichts der neuenAnforderungen in punkto Mobilität, Viel-seitigkeit, Eigenständigkeit, Verantwort-lichkeit usw. erhebliche Auswirkungenauf die individuellen und kollektiven Ein-stellungen und Verhaltensweisen. Dieneue Arbeitsorganisation verlangt denArbeitskräften ganz spezifische Qualifika-tionen, Kompetenzen und Einstellungenab, die sich deutlich von denjenigen un-terscheiden, die für die althergebrachtenStrukturen charakteristisch waren.

Unternehmen, die flexible Formen derArbeitsorganisation eingeführt haben,unterscheiden sich hinsichtlich ihrer in-ternen Struktur und Organisation deutlichvon Unternehmen, die noch immer nachklassischem Muster organisiert sind. Vorallem zwei Unterschiede sind wesentlich.Der erste betrifft die hierarchischen Struk-turen, die flacher und weniger vertikalausdifferenziert sind und die Partizipati-on und Eigenverantwortlichkeit der Ar-

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beitskräfte sowie konsensorientierte Ent-scheidungsprozesse begünstigen. Derzweite betrifft die mittleren Führungskräf-te, die bei der Implementierung einer fle-xiblen Arbeitsorganisation und bei Sicher-stellung ihrer Leistungsfähigkeit eine ent-scheidende Rolle spielen.

Die Veränderungen, die sich im Zusam-menhang mit der Flexibilisierung vollzo-gen haben, unterscheiden sich von Un-ternehmen zu Unternehmen deutlich.Umfang und Ausmaß der Veränderungenhängen mit Art und Merkmalen des je-weils eingeführten Systems zusammen. Inder Regel bringen die wirklich modernenFlexibilisierungsansätze tiefgreifendereVeränderungen mit sich. Welches Ausmaßdie Veränderungen haben, ist außerdemdavon abhängig, wie das neue System ein-geführt wird: Eine systematisch vorberei-tete Reorganisation mit einer strategischenPerspektive für das Unternehmen hatumfassendere Veränderungen zur Folgeals eine Reorganisation, die sich als Er-gebnis punktueller und unzusammenhän-gender Entscheidungen ergibt.

3.4. Merkmale der in den Unterneh-men der Metallindustrie implemen-tierten flexiblen Formen der Arbeits-organisation

Die Gründe, aus denen ein Unternehmenflexible Formen der Arbeitsorganisationeinführt, sind von Fall zu Fall sehr unter-schiedlich. In den untersuchten Gebietenlassen sich allerdings drei Grundmusterbesonders häufig beobachten:

Zum einen gibt es die Unternehmen, dieaus strategischen Erwägungen heraus dar-auf hinarbeiten, ihre Produktionsanlagenund –einrichtungen, ihre Zulieferung so-wie die Arbeit zu flexibilisieren, um denProduktionsausstoß zu erhöhen und/oderdie Qualität der Produktion zu steigern.In der Regel sind dies mittlere oderGroßunternehmen, die zum Teil nach ei-nem vorgefassten und zumeist von derUnternehmensleitung erarbeiteten Planvorgehen, um eine für sie möglichst vor-teilhafte flexible Form der Organisationeinzuführen.

Eine zweite Gruppe von Unternehmenstrebt ein höheres Maß an Flexibilität –bzw. genauer gesagt, die Einführung ei-nes Systems der Arbeitsplatzrotation –

nicht aus strategischen Gründen an, son-dern um aktuellen und künftigen Erfor-dernissen Rechnung zu tragen, zum Bei-spiel um krank geschriebenes Personalersetzen zu können, um die Teamarbeitin der Produktion wirtschaftlicher zu ge-stalten oder um den hochschnellendenArbeitsanfall in Spitzenzeiten der Produk-tion bewältigen zu können. Es handeltsich hier zumeist um kleine und mittlereUnternehmen, die ihre Strukturen nichtaufgrund theoretischer Erwägungen, son-dern unter dem Druck der Beschränkun-gen flexibilisieren, die ihnen ihre Größeund ihrer Arbeitsweise auferlegen. Unterdiese Kategorie fallen auch die Unterneh-men, deren spezieller Tätigkeitsbereicheine umfassende Arbeitsplatzrotation er-fordert und die daher vielseitig ausgebil-dete Arbeitskräfte benötigen, beispiels-weise Maschinenbau-Unternehmen und inmanchen Fällen auch Betriebe, die alsSubunternehmer für andere Firmen arbei-ten, nach den technischen Vorgaben desjeweiligen Kunden produzieren müssenund dabei teilweise nur in Kleinserie fer-tigen.

Eine dritte Gruppe von Unternehmenschließlich schöpft die Möglichkeiten aus,welche die Gesetzgebung des jeweiligenLandes im Hinblick auf unterschiedlicheFormen der Beschäftigung bietet, um ihrPersonal je nach Arbeitsanfall in der Pro-duktion aufzustocken oder zu ver-schlanken; dies entspricht den eher klas-sischen Modellen der Flexibilisierung.

Wie bereits weiter oben angemerkt, bringteine Flexibilisierung der Arbeitsorganisa-tion für das Personal des betreffendenUnternehmens und insbesondere für dieArbeitskräfte in der Produktion umfassen-de Veränderungen mit sich, sowohl mitBlick auf die Kenntnisse und Kompeten-zen als auch mit Blick auf die Fähigkei-ten und Zuständigkeiten sowie die Ein-stellungen. Das mittlere Management unddie Arbeiter sind gleichermaßen von denVeränderungen betroffen, wenn auch inunterschiedlicher Weise. Und die unter-schiedlichen Modelle flexibler Arbeitsor-ganisation haben für das Personal jeweilsganz spezifische Auswirkungen.

Kenntnisse und Qualifikationen müssenausgebaut und erweitert werden; diegrundlegenden Fachkenntnisse im BereichMetallverarbeitung müssen durch techni-

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sche und fachübergreifende Kenntnisse(zu Fragen der Qualität, der Datenverar-beitung usw.) vervollständigt werden. EinMuss ist eine solche Diversifizierung desWissens insbesondere in Unternehmen,die auf das Prinzip der systematischenArbeitsplatzrotation setzen bzw. Formender Arbeitsorganisation wie Produktions-zellen oder Gruppenarbeit einführen.

Auch im Bereich der Kompetenzen undZuständigkeiten wachsen die Anforderun-gen. Die Arbeiter sind aufgefordert, sichmit Blick auf bestimmte Aspekte derBetriebstätigkeit stärker zu engagieren;dies betrifft beispielsweise die Zulieferungvon Rohstoffen, die Produktqualität, dieBetriebssicherheit und die Instandhaltung.Gefordert sind zudem Eigeninitiative unddie Fähigkeit, Probleme zu erkennen undzu lösen. Kompetenzen dieser Art sind füreine Form der Arbeitsorganisation, die aufProduktionszellen und Gruppenarbeitbasiert, unerlässlich.

Und auch bestimmten Einstellungen undverhal tensbezogenen Kompetenzenkommt nun besonderes Gewicht zu: We-sentlich sind Lernwilligkeit, Kommunika-tionsfähigkeit, Teamfähigkeit und die Fä-higkeit zur Anpassung an die Erforder-nisse des Unternehmens, Eigenschaftenund Kompetenzen also, die deutlich vondem abweichen, was den Arbeitern imRahmen von Produktionssystemen klas-sischer Prägung abverlangt wurde. Ein-stellungen und verhaltensbezogene Kom-petenzen dieser Art sind von entscheiden-der Bedeutung, und dies unabhängig da-von, welchem Modell die Flexibilisierungder Arbeitsorganisation im Einzelfall folgt.

In manchen Fällen stellt sich für die Un-ternehmen der Metallindustrie der erwar-tete Nutzen der Flexibilisierung nicht ein.Nach Auffassung der im Rahmen des Pro-jekts befragten Unternehmen hat dies fol-gende Ursachen:

❏ Das betreffende Unternehmen hat dieFlexibilisierung nicht strategisch voraus-geplant, so dass man flexible Formen derArbeitsorganisation eingeführt hat, ohnedie betriebliche Organisationsstruktur alsGanzes auf diese Neuerung abzustimmen.

❏ Für das Management der eingeführtenFlexibilisierungsansätze (flexible Arbeits-zeitgestaltung, Arbeitsplatzrotation usw.)

wurden nicht die geeigneten Instrumenteeingesetzt. Besonders gravierende Folgenkann dies für Großunternehmen mit hoch-komplexen und rechnergestützten Mana-gementsystemen haben.

❏ Die eingeführten Strukturen bietenkeine „Feedback-Schleifen“, die eineRückmeldung von Informationen unddamit die kontinuierliche Anpassung desFlexibilisierungsmodells an die Unterneh-mensentwicklung erlauben.

❏ Das Personal wurde für die neue Formder Arbeitsorganisation, die ganz spezi-elle Kenntnisse, Kompetenzen und Ein-stellungen voraussetzt, nur unzureichendvorbereitet und geschult.

❏ Es wurden keinerlei finanzielle odersonstige Anreizsysteme geschaffen, diedas Personal motivieren und dazu anre-gen könnten, die Konsequenzen (undNachteile) der neuen Flexibilität zu ak-zeptieren, beispielsweise die Arbeit anSonn- und Feiertagen, die Notwendigkeitzur ständigen Erweiterung der eigenenKenntnisse sowie Vielseitigkeit.

❏ Den Widerständen, die bei einem Teildes Personals bestehen, wurde nicht Rech-nung getragen: Bestimmte Beschäftigte –häufig aus den Reihen der älteren bzw.der dienstältesten Mitarbeiter – sträubensich gegen die Veränderungen. Oft wer-den diese Arbeitskräfte von den flexiblenFormen der Arbeitsorganisation gar nichterfasst.

4. Merkmale der Arbeits-kräfte in der Produktion,die in der Metallindustrieim Rahmen flexibler For-men der Arbeitsorganisati-on tätig sind

Wie bereits weiter oben dargelegt,verändert sich mit Einführung einer flexi-blen Arbeitsorganisation auch das Verhält-nis des Arbeiters zu seinem Arbeitsplatz(bzw. seinen Arbeitsplätzen) grundlegend:Der Arbeitsplatz ist nicht mehr länger einestarre und unveränderliche Entität, diedurch monotone Arbeitsaufgaben gekenn-zeichnet ist. Auch die Beziehungen zuKollegen und die Stellung des Arbeiters

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in der betrieblichen Organisation insge-samt verändern sich. Dementsprechendverändert sich auch das Idealprofil derBeschäftigten (sowohl der Arbeiter alsauch der mittleren Führungskräfte), indem nun technisch-fachliche Kenntnisseund Erfahrungen, Know-how, persönlicheKompetenzen sowie individuelle und kol-lektive Einstellungen und Verhaltenswei-sen zusammenfließen müssen. Entschei-dend ist die Fähigkeit, prozedurales Wis-sen (Savoir-faire) und persönlichkeits-bezogene Kompetenzen bzw. Einstellun-gen (Savoir-être) im Verbund zu mobili-sieren. Die verschiedenen Modelle zurFlexibilisierung der Arbeitsorganisationwirken sich natürlich unterschiedlich aufdas Profil der Beschäftigten aus. Die um-fassendsten Auswirkungen haben Model-le wie die Arbeitsplatzrotation und dieEinführung von Produktionszellen oderGruppenarbeit. Ansätze, die auf eine Fle-xibilisierung der Arbeitszeit bzw. desArbeitsanfalls (beispielsweise durch be-fristete Beschäftigungsverhältnisse oderOutsourcing) zielen, zeigen in der Regelgeringere Auswirkungen.

Bei der Implementierung flexibler Formender Arbeitsorganisation und bei der Si-cherstellung ihrer Leistungsfähigkeit spieltdie mittlere Führungsebene eine wesent-liche Rolle. Angesichts dieser Tatsachesollte eine mittlere Führungskraft im Ide-alfall ganz bestimmte technisch-fachlicheKenntnisse vorweisen können, vor allemaber umfassende Kompetenzen im Be-reich Organisation und Management vonHumanressourcen. Dieses Idealprofil istin Tabelle 1 näher dargestellt.

Eine mittlere Führungskraft muss überbreit angelegtes metallurgisches Fachwis-sen verfügen. Wichtig sind hier vor allemFachkenntnisse im Bereich Mechanik, dieFührungskraft sollte sich aber auch mitden Eigenschaften und dem Verhalten vonMetallen sowie deren Verarbeitung aus-kennen und mit den Prinzipien der Hy-draulik vertraut sein. Daneben werden ihrfachübergreifende Kompetenzen in fol-genden Bereichen abverlangt: Qualitäts-sicherung und Kontrolle, Betriebssicher-heit, Produktionsplanung, –organisationund -management, Prozessoptimierungund Instandhaltung. In kleineren Unter-nehmen wird vor allem grundlegendesbranchenspezifisches Fachwissen benö-tigt, während in größeren Unternehmen

die übergreifenden Kompetenzen im Vor-dergrund stehen.

Neben den unmittelbar produktions-bezogenen Aufgaben müssen mittlere Füh-rungskräften zunehmend auch andereFunktionen wahrnehmen. Hierzu zählenInspektions-, Prüf- und Kontrollfunktionen,die Verwaltung von Werkzeugen, die Vor-bereitung der Maschinen bzw. Anlagen,vorbeugende Instandhaltungsmaßnahmen,die Koordinierung der Arbeitsteams usw.Besonders ausgeprägt ist diese Entwick-lung in kleineren Unternehmen.

Am stärksten verändert sich mit der Ein-führung einer flexiblen Arbeitsorganisati-on das Profil der mittleren Führungskraftim Bereich der persönlichkeitsbezogenenKompetenzen und der Einstellungen. Zuden neuen Fähigkeiten und Einstellungen,die dem mittleren Management abverlangtwerden, zählen die Bereitschaft, Verant-wortung zu übernehmen, die Fähigkeit,die Arbeiter zu motivieren, ihr Interessefür die Arbeit zu wecken und ihr Engage-ment zu fördern, die Fähigkeit, Ziele inkonkrete Entscheidungen umzusetzen, dieFähigkeit, Probleme zu erkennen und zulösen, pädagogische Fähigkeiten undTeamfähigkeit, Eigeninitiative, Kommuni-kationsfähigkeit und die Fähigkeit, Men-schen so zu führen, dass die Spielregelneingehalten werden, analytische Fähigkei-ten usw. Diese Eigenschaften sind insbe-sondere in größeren Unternehmen vonentscheidender Bedeutung.

Hinzuweisen ist hier noch darauf, dassmittlere Führungskräfte, die in flexibleSysteme der Arbeitsorganisation einge-bunden sind, idealerweise zur Altersgrup-pe der 30- bis 39-Jährigen bzw. der 40-bis 49-Jährigen zählen sollten.

Mit der Einführung flexibler Formen derArbeitsorganisation hat sich in den Un-ternehmen auch das Idealprofil des Ar-beiters verändert (siehe Tabelle 1):

Der Arbeiter muss in der Lage dazu sein,die verschiedenen ihm übertragenen Auf-gaben technisch und fachlich zu bewälti-gen. Demzufolge werden ihm umfassen-dere berufsfachliche und technischeKenntnisse abverlangt als im Rahmen vonProduktionssystemen klassischer Prägung,vor allem im Bereich Mechanik undbezüglich Eigenschaften und Verhalten

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Tabelle 1

Idealprofil von mittleren Führungskräften und Arbeitern, die im Rahmen flexiblerFormen der Arbeitsorganisation tätig sind – Spanien, Italien und Portugal(Antworten in %)

Mittlere Führungskräfte (*) Arbeiter (*)Merkmale S B N S B N

Grundlegende branchenspezifische Fachkenntnisse:Eigenschaften und Verhalten von Metallen 61,9 33,1 5,1 35,9 41,9 22,2Metallverarbeitung 55,6 41,0 3,4 23,2 47,3 29,5Neue Werkstoffe 40,0 51,3 8,7 13,8 46,8 39,4Mechanik 84,0 15,1 0,8 53,4 40,5 6,0Hydraulik 50,9 36,0 13,2 22,7 53,6 23,6Pneumatik 47,8 38,3 13,9 24,5 46,4 29,1

Grundlegende technische Fachkenntnisse:Elektrotechnik 43,3 50,8 5,8 27,7 49,6 22,7Elektronik 35,8 53,3 10,8 13,6 52,5 33,9EDV 45,0 50,0 5,0 16,9 53,4 29,7

Grundlegende fachübergreifende Kenntnisse:Qualitätssicherung und Kontrolle 86,4 12,8 0,8 66,1 29,8 4,0Betriebssicherheit 85,5 13,7 0,8 71,5 25,2 3,3Instandhaltung 64,0 34,4 1,6 42,6 48,4 9,0Produktionsmanagement, -planung und -organisation 84,1 15,9 0,0 11,6 58,7 29,8Programmierung von EDV-Anlagen 32,8 43,4 23,8 6,6 36,1 57,4Umweltverträglichkeit 49,2 43,4 7,4 26,7 50,0 23,3Logistik 52,4 38,7 8,9 7,5 56,7 35,8Produkt- und/oder Prozessoptimierung 82,9 15,4 1,6 30,8 54,2 15,0Sprachen 33,3 40,8 25,8 5,9 41,2 52,9

Arbeitsplatzspezifische Aufgaben:Vorbereitung von Maschinen bzw. Anlagen 73,5 20,5 6,0 67,0 25,2 7,8Beschickung der Maschinen bzw. Anlagen (Be- und Entladen) 57,5 31,0 11,5 58,3 31,3 40,4Verwaltung von Werkzeugen 76,5 20,9 2,6 54,4 41,2 4,4Auswechseln von Werkzeugen 63,5 26,1 10,4 56,5 36,5 7,0Vorbeugende Instandhaltung 70,4 26,1 3,5 46,1 44,3 9,6Instandsetzung von Maschinen bzw. Anlagen 40,5 50,0 9,5 28,7 46,1 25,2Arbeitsmethode 83,9 15,3 0,8 48,7 39,8 11,9Inspektion und Überprüfung: Selbstkontrolle 84,9 13,4 1,7 48,3 27,5 8,3Verfertigte Dokumentation 67,8 28,0 4,2 64,2 52,6 14,0

Fähigkeiten/Kompetenzen:Entscheidungsfähigkeit 91,9 5,6 2,4 23,3 64,7 12,1Kreativität 76,2 19,8 4,0 46,6 39,7 13,8Pädagogische Fähigkeiten 91,1 5,6 3,2 34,2 53,5 12,3Verhandlungsgeschick 67,2 26,2 6,6 5,2 55,7 39,1Selbstlernfähigkeit 72,0 26,3 1,7 65,2 31,3 3,5Analytische Fähigkeiten 82,0 15,6 2,5 46,8 44,1 9,0Fähigkeit, Probleme zu erkennen und zu lösen 91,8 7,4 0,8 62,8 33,6 3,5Teamfähigkeit 88,8 9,6 1,6 81,0 172 1,7Führungskompetenz 83,9 12,9 3,2 13,3 64,6 22,1Eigenständigkeit 79,5 17,2 3,3 47,4 44,7 7,9Anpassungsfähigkeit 77,9 20,5 1,6 70,4 26,1 3,5Bereitschaft zur internen / geographischen Mobilität 49,6 41,0 9,4 42,3 40,5 17,1Kommunikationsfähigkeit 85,8 11,7 2,5 50,0 41,1 8,9Eigeninitiative 87,5 10,8 1,7 48,7 43,4 8,0Verantwortungsfähigkeit 94,3 4,9 0,8 73,9 23,5 2,6Motivationsfähigkeit 92,6 5,8 1,7 86,2 11,2 2,6

Alter20 bis 29 Jahre 45,3 46,5 8,1 73,1 22,1 4,830 bis 39 Jahre 81,1 15,3 3,6 72,0 25,2 2,840 bis 49 Jahre 63,6 32,3 4,0 35,2 56,0 8,850 Jahre und älter 21,6 50,0 28,4 18,6 44,2 37,2

(*) S: sehr relevant; B: bedingt relevant; N: nicht relevant

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von Metallen. Darüber hinaus muss erbestimmte fachübergreifende Kenntnissevorweisen, die insbesondere die Betriebs-sicherheit, die Qualität und die Instand-haltung betreffen.

TABELLE 1. einfügenAuch die Zahl der am Arbeitsplatz (bzw.an den Arbeitsplätzen) anfallenden Auf-gaben hat zugenommen. Zu den Aufga-ben des Arbeiters zählt immer häufigerauch die Vorbereitung von Maschinenbzw. Anlagen, die Erstellung von Doku-menten, die Beschickung (d.␣ h. das Be-und Entladen) von Maschinen bzw. Anla-gen, das Auswechseln und die Verwaltungder Werkzeuge, die Planung und Kontrolleder eigenen Tätigkeit usw.

Darüber hinaus erfordern flexible Formender Arbeitsorganisation bestimmte Eigen-schaften und Kernkompetenzen wie einehohe Motivation, Verantwortungsgefühl,Teamfähigkeit, Anpassungsfähigkeit, Lern-fähigkeit, die Fähigkeit, Probleme zu er-kennen und zu lösen usw. In der Praxisstellen viele Unternehmen bevorzugt Ar-beiter ein, die diese Eigenschaften undKompetenzen vorweisen können, selbstwenn ihre übrigen Kenntnisse den Anfor-derungen nicht voll entsprechen oder esihnen an der erforderlichen Arbeits-erfahrung mangelt.

Arbeiter, die im Rahmen einer flexiblenArbeitsorganisation tätig sind, solltenidealerweise zwischen 20 und 39 Jahrenalt sein. Die Unternehmen weisen in die-sem Zusammenhang häufig auf die Tat-sache hin, dass junge Menschen einer Fle-xibilisierung der Arbeit weniger Wi-derstände entgegensetzen als das dienst-ältere Personal und die älteren Mitarbei-ter.

Ein hoher Prozentsatz der metallverarbei-tenden und Maschinenbau-Unternehmenist der Auffassung, dass die Arbeitskräftein der Produktion – sowohl die bereitslänger beschäftigten als auch die neu ein-gestellten mittleren Führungskräfte undArbeiter – erhebliche Defizite hinsichtlichder Kenntnisse und Kompetenzen aufwei-sen, die im Rahmen flexibler Formen derArbeitsorganisation benötigt werden. Die-se Defizite lassen sich wie folgt zusam-menfassen (Tabelle 2):

Die grundlegenden Kenntnisse der neueingestellten Arbeiter sind in den Berei-

chen neue Werkstoffe, Eigenschaften undVerhalten von Metallen, Metallverarbei-tung und Mechanik unzureichend. Glei-ches gilt für so wichtige Bereiche wie dieQualitätssicherung, die Prozess- bzw.Produktoptimierung und die Instandhal-tung. Auch bezüglich bestimmter Arbeit-saufgaben stellen die Unternehmen beidiesen Arbeitskräften erhebliche Defizitefest, beispielsweise bei der vorbeugendenInstandhaltung, bei der Vorbereitung undInstandsetzung von Maschinen und Anla-gen sowie bei der Inspektion und Über-prüfung (d.␣ h. der Selbstkontrolle). Defi-zite bestehen auch hinsichtlich bestimm-ter Fähigkeiten, beispielsweise der Fähig-keit zu eigenständigem Arbeiten, der Fä-higkeit, Probleme zu erkennen und zulösen und der Fähigkeit, Entscheidungenzu treffen. Insbesondere kleinere Unter-nehmen sind durch die Defizite der Ar-beitskräfte vor große Probleme gestellt.Dies gilt vor allem für die spezifischenArbeitsaufgaben, die neu eingestellte Ar-beiter übernehmen sollen.

TABELLE 2. einfügenDie mittleren Führungskräfte und die be-reits länger beschäftigten Arbeiter weisengeringere Defizite auf als neu eingestell-te Arbeiter. Dennoch war festzustellen,dass die Defizite dieser Gruppe sehr vie-le Aspekte ihrer beruflichen Tätigkeit be-treffen.

Bei den mittleren Führungskräften beste-hen Defizite in den Bereichen neueWerkstoffe, EDV, Elektronik, Elektrotech-nik, Sprachen, Umweltverträglichkeit undProzess- bzw. Produktoptimierung. IhreFähigkeiten, den Einsatz der Human-ressourcen zu organisieren und zu steu-ern, sind unzureichend, wie Defizite imBereich der Kommunikationsfähigkeit,der ana ly t i schen Fähigke i ten , derFührungskompetenz, der pädagogischenFähigkeiten und der Teamfähigkeit be-legen.

Auch in den Bereichen Hydraulik, Mecha-nik, Elektrotechnik und EDV sind dieKenntnisse lückenhaft. Gleiches gilt fürdie Kenntnisse in den fachübergreifendenBereichen Qualitätssicherung, Instandhal-tung, Betriebssicherheit, Sprachen sowieProdukt- bzw. Prozessoptimierung. Zu-dem haben mittlere Führungskräfte nurwenig Erfahrung mit vorbeugenden In-standhaltungsmaßnahmen und mit der In-standsetzung von Maschinen und Anla-

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Tabelle 2

Defizite von mittleren Führungskräften, bereits länger beschäftigten Arbeiternund neu eingestellten Arbeitern, die im Rahmen flexibler Formen der Arbeitsorga-nisation tätig sind – Spanien, Italien und Portugal (Antworten in␣ %)

Mittlere Bereits länger Neu eingestellteFührungskräfte (*) beschäftigte Arbeiter(*) Arbeiter (*)

Merkmale S G K S G K S G K

Grundlegende branchenspezifische Fachkenntnisse:Eigenschaften und Verhalten von Metallen 20,2 60,6 19,1 24,7 55,7 19,6 58,6 23,0 18,4Metallverarbeitung 21,9 57,3 20,8 25,8 54,6 19,6 59,1 21,6 19,3Neue Werkstoffe 32,6 50,5 16,8 38,3 39,4 22,3 62,8 16,3 20,9Mechanik 18,6 52,6 28,9 19,2 67,7 13,1 56,7 33,3 10,0Hydraulik 22,6 54,8 22,6 37,5 50,0 12,5 55,8 32,6 11,6Pneumatik 25,5 50,0 24,5 34,4 45,8 19,8 50,6 32,9 16,5

Grundlegende technische Fachkenntnisse:Elektrotechnik 26,0 58,3 15,6 33,7 53,1 13,3 53,8 29,7 16,5Elektronik 37,2 51,1 11,7 49,0 32,3 18,8 55,6 26,7 17,8EDV 35,8 53,7 10,5 44,1 43,2 15,8 42,5 42,5 14,9

Grundlegende fachübergreifende Kenntnisse:Qualitätssicherung und Kontrolle 19,2 57,6 23,2 30,0 55,0 15,0 69,6 20,7 9,8Betriebssicherheit 15,0 65,0 20,0 31,4 53,9 14,7 54,8 34,4 10,8Instandhaltung 17,0 61,0 22,0 31,1 56,3 12,6 62,4 29,0 8,6Produktionsmanagement,-planung und -organisation 20,8 52,5 26,7 43,0 41,0 16,0 52,2 38,0 9,8Programmierung von EDV-Anlagen 36,4 43,4 20,2 51,5 26,3 22,2 49,4 32,6 18,0Umweltverträglichkeit 23,2 62,6 14,1 31,0 54,0 15,0 44,9 40,4 14,6Logistik 21,0 62,0 17,0 36,0 46,0 18,0 52,8 31,5 15,7Produkt- und/oder Prozessoptimierung 24,2 60,6 15,2 38,0 47,0 15,0 64,8 24,2 11,0Sprachen 50,5 36,4 13,1 49,0 25,5 25,5 48,9 32,2 18,9

Arbeitsplatzspezifische Aufgaben:Vorbereitung von Maschinen bzw. Anlagen 18,4 45,9 35,7 22,0 58,0 20,0 57,3 30,3 12,4Beschickung der Maschinen bzw. Anlagen(Be- und Entladen) 18,8 40,6 40,6 20,0 54,0 26,0 52,8 32,6 14,6Verwaltung von Werkzeugen 18,6 47,4 34,0 25,7 56,4 17,8 55,6 33,3 11,1Auswechseln von Werkzeugen 18,6 42,3 39,2 20,0 59,0 21,0 55,6 33,3 11,1Vorbeugende Instandhaltung 19,4 59,2 21,4 37,3 52,0 10,8 61,5 26,4 12,1Instandsetzung von Maschinen bzw. Anlagen 15,3 62,2 22,4 30,7 56,4 12,9 59,3 25,3 15,4Arbeitsmethode 20,2 59,6 20,2 27,0 56,0 17,0 52,2 34,4 13,3Inspektion und Überprüfung: Selbstkontrolle 20,2 53,5 26,3 26,2 51,5 22,.3 56,5 28,3 15,2Verfertigte Dokumentation 26,3 50,5 23,2 29,3 49,5 21,2 55,1 27,0 18,0

Fähigkeiten/Kompetenzen:Entscheidungsfähigkeit 20,4 58,3 21,4 35,6 50,5 13,9 56,0 28,6 15,4Pädagogische Fähigkeiten 26,2 57,3 16,5 32,3 56,6 11,1 52,7 29,7 17,6Verhandlungsgeschick 29,0 52,0 19,0 30,0 53,0 17,0 45,1 39,6 15,4Analytische Fähigkeiten 26,7 57,4 15,8 31,3 54,5 14,1 46,1 37,1 16,9Fähigkeit, Probleme zu erkennenund zu lösen 21,2 56,6 22,2 30,1 62,1 7,8 56,7 28,9 14,4Teamfähigkeit 20,8 62,4 16,8 23,5 62,7 13,7 42,2 43,3 14,4Führungskompetenz 29,1 54,4 16,5 29,7 48,5 21,8 55,1 27,0 18,0Eigenständigkeit 13,0 61,0 26,0 22,5 58,8 18,6 58,0 26,1 15,9Anpassungsfähigkeit 20,2 61,6 18,2 23,0 64,0 13,0 41,8 46,2 12,1Bereitschaft zur internen /geographischen Mobilität 19,6 50,5 29,9 22,7 55,7 21,6 39,1 41,4 19,5Kommunikationsfähigkeit 24,5 60,2 15,3 26,5 62,7 10,8 36,7 51,1 12,2Eigeninitiative 25,0 51,5 23,5 29,7 62,4 7,9 51,7 37,1 11,2Verantwortungsfähigkeit 22,2 48,5 29,3 30,0 56,0 14,0 42,2 47,8 10,0Motivationsfähigkeit 23,5 55,1 21,4 31,0 55,0 14,0 46,6 43,2 10,2

(*) S: sehr große Defizite; G: gewisse Defizite; K: keine Defizite

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gen und es mangelt ihnen an wichtigenKompetenzen, Fähigkeiten und Eigen-schaften, beispielsweise an der Fähigkeit,Probleme zu erkennen und zu lösen, anEigeninitiative, an kommunikativer Kom-petenz, an Anpassungsfähigkeit, an Team-und Entscheidungsfähigkeit sowie an Ver-antwortungsgefühl.

Um die Kompetenzen der Arbeiter so zuoptimieren, dass sie den Anforderungenflexibler Formen der Arbeitsorganisati-on entsprechen, setzen die Unterneh-men in der metallverarbeitenden undMaschinenbauindustrie auf folgendeMaßnahmen:

❏ Ausbildung am Arbeitsplatz: Der Arbei-ter lernt durch Beobachtung einer erfah-renen Fachkraft und anschließende prak-tische Übung unter Aufsicht eines Vorge-setzten oder einer anderen zuständigenPerson. In KMU und insbesondere inKleinbetrieben ist dies in der Regel dieeinzige Form, in der die Arbeiter ausge-bildet werden. Größere Unternehmen set-zen die Ausbildung am Arbeitsplatz ein,um die Vielseitigkeit der Beschäftigten zuverbessern. Im Gegensatz zu Kleinunter-nehmen erfolgt diese Ausbildung in grö-ßeren Betrieben jedoch anhand eines sy-stematischen Ausbildungsplans mit klarfestgelegten Zielen;

❏ Ausbildungsmaßnahmen in sehr unter-schiedlichen Bereichen, beispielsweisezur Arbeitsweise von Maschinen und An-lagen, zu Fragen der Datenverarbeitung,der Qualität, der Betriebssicherheit, dervorbeugenden Kontrolle, der Organisati-on usw. Maßnahmen dieser Art bieten inerster Linie mittlere und große Unterneh-men an, und zwar in unterschiedlicherForm:

• Häufig werden Einarbeitungslehrgängefür neu eingestellte Mitarbeiter angebo-ten, die auf diesem Wege die grundlegen-den Kenntnisse erwerben können, die siean ihrem künftigen Arbeitsplatz (bzw. ih-ren künftigen Arbeitsplätzen) benötigen,und an den Betrieb insgesamt herange-führt werden. Hier sei daran erinnert, dassgerade bei neu eingestellten Arbeitern mitBlick auf flexible Formen der Arbeitsor-ganisation die größten Defizite bestehen(bezüglich der Kenntnisse, der Leistungs-fähigkeit und der Kompetenzen und Fä-higkeiten);

• in Verbindung mit einem Arbeitsplatz-wechsel werden außerdem Schulungs-maßnahmen angeboten, die bestimmtetheoretische Grundlagen sowie grundle-gende praktische Kenntnisse vermittelnsollen. In Fällen, in denen die neue Stel-le mit der Anschaffung von Maschinenoder sonstigem Equipment verbunden ist,übernimmt diese Schulung in der Regelder betreffende Lieferant;

• daneben werden auch Lehrgänge zurStärkung bestimmter Fähigkeiten und Ein-stellungen angeboten (Motivation, Kom-munikationsfähigkeit, Teamfähigkeitusw.);

❏ Veranstaltung von formellen und we-niger formellen Sitzungen, an denen Ar-beiter, mittlere Führungskräfte sowie Pro-duktionsverantwortliche und Personallei-ter teilnehmen, zwecks Förderung undStärkung bestimmter Kompetenzen, Fähig-keiten und Einstellungen, beispielsweiseder Motivation, des Verantwortungsge-fühls, der Kommunikationsfähigkeit, derFähigkeit, Probleme zu erkennen und zulösen, der Eigeninitiative und der Team-fähigkeit. Die Sitzungen, die in der Regelim Rahmen der kontinuierlichen Verbesse-rungsprozesse in mittleren und größerenUnternehmen organisiert werden, sollendie Arbeiter dazu ermutigen, selbst Ver-besserungsvorschläge einzubringen.

5. Der Beitrag desBildungssystems zur Im-plementierung flexiblerFormen der Arbeitsorgani-sation in der Metallbran-che

Die meisten Unternehmen der Metallbran-che sind der Auffassung, dass das Bil-dungssystem in seiner derzeitigen Formdem Ausbildungsbedarf, der durch dieFlexibilisierung der Arbeitsorganisationjetzt und in Zukunft in den Unternehmenentsteht, nicht gerecht wird, eine Tatsa-che, die für die Zukunft der Industrie einechtes Handikap darstellt. Insgesamt 71%der im Rahmen des Projekts befragten Un-ternehmen der Metallbranche stellten fest,dass das bestehende Ausbildungsangebotdem Ausbildungsbedarf, der sich in Ver-

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bindung mit flexiblen Formen der Arbeits-organisation ergibt, nicht entspricht. InKatalonien liegt dieser Prozentsatz etwasdarüber (75␣ %), in der Emilia Romagnaund in Portugal etwas darunter (in bei-den Fällen bei 67%). Am kritischstenäußerten sich die Kleinunternehmen, de-nen in der Regel weniger Mittel zur Ver-fügung stehen, um die Erstausbildung derBeschäftigten zu ergänzen und die daherstärker darunter zu leiden haben, wenndiese unzureichend ausgebildet sind. Fürmittlere und große Unternehmen ist esweniger problematisch, Ausbildungs-maßnahmen zu organisieren, um dieKenntnisse und Kompetenzen der Arbeits-kräfte mit Blick auf eine flexible Arbeits-organisation zu ergänzen.

In den untersuchten Regionen betraf dieam Bildungssystem geäußerte Kritik pri-mär die Berufsausbildung und die Aus-bildungsangebote für Arbeitslose (sieheTabelle 3). Nach Auffassung der Unter-nehmen sollten sich alle beteiligten Ak-teure entschieden dafür einsetzen, dieSituation schnellstmöglich zu verbessern.Optimiert werden müssen insbesondere

❏ die praktische Ausbildung der Jugend-lichen, die nur unzureichend auf das Er-werbsleben und noch schlechter auf eineTätigkeit im Rahmen einer flexiblen Ar-beitsorganisation vorbereitet sind. Zumeinen mangelt es ihnen an praktischenberufsfachlichen Kenntnisse und Kompe-tenzen und zum anderen wissen sie nicht,wie ein Unternehmen aufgebaut ist undfunktioniert;

❏ der Erwerb von Kompetenzen und derAusbau der Fähigkeiten und Einstellun-gen, die für die Arbeit im Rahmen flexi-bler Strukturen benötigt werden und die– wie bereits dargelegt – für die Leistungs-fähigkeit jeder flexiblen Arbeitsorganisa-tion unabdingbar sind;

❏ die grundlegenden Kenntnisse im Be-reich Metallverarbeitung und Maschinen-bau sowie die damit verbundenen tech-nischen Kenntnisse, damit es gelingt, viel-seitige und versierte Fachkräfte auszubil-den.

TABELLE 3. einfügen

6. Grundlegende Leitlinienfür die Konzeption einesAusbildungsangebots zurVerbesserung der Lei-stungsfähigkeit der Ar-beitskräfte in der Produk-tion, die in der metallver-arbeitenden undMaschinenbauindustrie imRahmen flexibler Formender Arbeitsorganisation tä-tig sind

6.1. Die flexible Arbeitsorganisationund die Arbeitskräfte in der Produkti-on

Da die Humanressourcen zu einem zen-tralen Faktor für die Wettbewerbsfähig-keit eines Unternehmens geworden sind,ist die Arbeitsorganisation heute als einwesentliches Leistungskriterium zu be-trachten, das einer eingehenden Analyseunterzogen werden sollte. Zudem befin-det sich die Arbeitsorganisation im Wan-del und es werden neue Ansätze einge-führt, denen ein moderner Flexibilitäts-begriff zugrunde liegt, ein innovatives undangesichts der aktuellen Lage in der In-dustrie dringend notwendiges Konzept.Dies erfordert selbstverständlich, dass dieHumanressourcen auf allen Ebenen in derLage sind, sich auf die neuen Bedingun-gen einzustellen, was eine bessere Inte-gration und Kombination von Kenntnis-sen, Erfahrungen sowie persönlichenKompetenzen und Fähigkeiten voraus-setzt. Es muss sich ein neues Verständnis

Tabelle 3

Bewertung des vorhandenen Ausbildungsangebotsangesichts der Anforderungen, die flexible Formender Arbeitsorganisation stellen – Spanien, Italien undPortugal

Ausbildungsangebote Bewertung Bewertung Bewertungnach Bildungsstufe positiv durchschnittlich negativBerufsausbildung I 11,4 43,9 44,7Berufsausbildung II 11,3 58,3 30,4Berufsausbildung III 33,3 45,6 21,1Fachstudium - Universität 29,1 51,8 19,1Weiterbildung 21,7 56,5 21,7Ausbildungsangebote für Arbeitslose 11,7 45,6 42,7

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der Flexibilität und ihrer Tragweite für dieinterne Struktur moderner Unternehmendurchsetzen. Dieser neuen Flexibilitäts-begriff umfasst weit mehr als herkömmli-che Konzepte wie etwa Arbeitszeitmodelleund die Erleichterung von Einstellungenund Entlassungen. Er berührt auch Fragewie Verantwortung, Eigenständigkeit,Kompetenzen, Ausbildung usw. Es musseine „moderne Flexibilitätskultur“ geför-dert werden, so dass sich diese bei allenAkteuren im industriellen Bereich durch-setzt, und zwar gestützt auf die folgen-den Eckpfeiler:

❏ die technisch-fachlichen und vor allemdie methodischen Aspekte,

❏ die Mentalitäten des Einzelnen und derGruppe,

❏ die Organisation des Unternehmensund der Arbeitsteams.

Die Flexibilisierung der Arbeitsorganisa-tion setzt einen neuen Typus von Arbeits-kräften voraus, der sich vor allem durchVielseitigkeit auszeichnet. Die unter-schiedlichen Formen der Organisationmachen multidisziplinär qualifizierte Ar-beitskräfte erforderlich, die in der Lagesind, sich ihrem jeweiligen Umfeld anzu-passen und die Herausforderungen, vordenen das Unternehmen steht, zu bewälti-gen. Aus diesem Grund muss den Arbeits-kräften eine vielseitige Grundausbildungund Vorbereitung geboten werden, die siedazu befähigt, sich anhand der so erwor-benen Erfahrung problemlos auf die ver-schiedenen Arbeitsplätze einzustellen, dieihnen zugewiesen werden. Eine solchegrundlegende Ausbildung und Vorberei-tung muss technisch-fachliche, branchen-spezifische und übergreifende Kenntnis-se sowie ganz spezifische Kompetenzen,ganz spezifisches Know-how und ganzspezifische Fähigkeiten und Eigenschaf-ten vermitteln und zusammenführen. DieAnforderungen, die hinsichtlich Vielsei-tigkeit gestellt werden, können jedoch inden einzelnen Unternehmen sehr unter-schiedlich sein und sich im Verlauf derZeit ändern.

Neben Vielseitigkeit werden Arbeitskräf-ten, die im Rahmen flexibler Formen derArbeitsorganisation tätig sind, die folgen-den grundlegenden Kompetenzen abver-langt:

❏ Anpassungs- und Lernfähigkeit;

❏ die Bereitschaft, sich am betrieblichenLeben zu beteiligen und im Betrieb Ver-antwortung zu übernehmen;

❏ persönliche Fähigkeiten, Eigenschaftenund Einstellungen, die der Teamarbeit för-derlich sind;

❏ die Fähigkeit, die Herausforderungen,die sich hinsichtlich Informations- undKommunikationsmanagement stellen, zubewältigen.

Den in der Industrie tätigen mittlerenFührungskräften werden Qualifikationenabverlangt, die Folgendes beinhalten:

❏ grundlegende Fachkenntnisse über Ei-genschaften und Verhalten von Metallenund im Bereich Mechanik sowie einegrundlegende Kenntnis der EDV-Anwen-dungen in der Produktion;

❏ grundlegende fachübergrei fendeKenntnisse bezüglich Qualitätssicherung,Kontrolle und Betriebssicherheit, Produk-tionsplanung, -organisation und -manage-ment sowie Prozess- bzw. Produkt-optimierung;

❏ die Fähigkeit, an den einzelnen Arbeits-plätzen Inspektions- und Prüfroutinen(Selbstkontrolle) sowie Mechanismen zuimplementieren, welche die Arbeitsmetho-de als solches überwachen;

❏ Kompetenzen, Fähigkeiten und Eigen-schaften, die für die Organisation und dasManagement der Humanressourcen wich-tig sind, wie Verantwortungsgefühl,Motivationsfähigkeit, Entscheidungs-fähigkeit, die Fähigkeit, Probleme zu er-kennen und zu lösen sowie pädagogischeFähigkeiten.

Arbeitern, die sich in einer flexiblen Ar-beitsorganisation bewähren sollen, mussim Rahmen der Ausbildung Folgendesvermittelt werden:

❏ grundlegende Kenntnisse im Bereichder Mechanik und der EDV-Anwendun-gen in der Produktion;

❏ fachübergreifende Kenntnisse in denBereichen Betriebssicherheit, Qualitätssi-cherung und Kontrolle;

❏ Kompetenzen, die zur Bewältigungspezifischer arbeitsplatzbezogener Aufga-

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ben befähigen, beispielsweise zur Vorbe-reitung von Maschinen und Anlagen, zurErstellung von Dokumenten, zur Beschi-ckung (d.␣ h. zum Be- und Entladen) vonMaschinen und Anlagen und zum Aus-wechseln der Werkzeuge;

❏ Fähigkeiten und Eigenschaften, die fürdie Motivation, die Teamfähigkeit, das Ver-antwortungsgefühl und die Bereitschaft zuinterner und geographischer Mobilität ent-scheidend sind.

6.2. Defizite der Ausbildung undLösungsansätze

Für die Implementierung flexibler Formender Arbeitsorganisation stellt das unzurei-chende Ausbildungsniveau der Arbeiter inder Industrie heute einen Hemmschuhdar. Besonders gravierende Defizite zei-gen sich bei den Jugendlichen in Ausbil-dung. Dies veranlasst zu der Feststellung,dass das Bildungssystem den Ausbildungs-anforderungen, die sich durch die Flexi-bilisierung der Arbeitsorganisation in denUnternehmen ergeben, nicht in angemes-sener Weise Rechnung trägt. Das Bil-dungssystem in seiner derzeitigen Formist so angelegt, dass es den Anforderun-gen der traditionellen Arbeitsorganisati-on gerecht wird: Ziel der Ausbildung isteine berufsfachliche Spezialisierung klas-sischen Zuschnitts; die Prinzipien moder-ner Arbeit (Vielseitigkeit, Anpassungsfä-higkeit, ständiges Lernen usw.) werdennicht vermittelt. Auf der anderen Seitehaben nur wenige Unternehmen Aus-bildungsmaßnahmen durchgeführt, diespeziell auf die Einführung flexibler For-men der Arbeitsorganisation vorbereiten.Sie haben sich in der Regel darauf be-schränkt, eine praktische Ausbildung amArbeitsplatz zu vermitteln. Zudem müs-sen wahrscheinlich viele Unternehmenneues Personal einstellen: Es mangelt ih-nen an Mitarbeitern mit den Kompetenz-grundlagen, die für eine Qualifizierung fürflexible Formen der Arbeitsorganisationnotwendig sind. Aus diesen Gründen istes dringend erforderlich, dass alle betei-ligten Akteure geeignete Maßnahmen aufden Weg bringen, vor allem im Bereichder beruflichen Erstausbildung und derWeiterbildung.

a) Die berufliche Erstausbildung

Die in der Schule vermittelte beruflicheBildung – d.␣ h. die grundlegende berufli-che Erstausbildung – muss den Wandel

in Wirtschaft und Betrieben berück-sichtigen und kontinuierlich angepasstwerden. Die Beziehungen zwischenBildungssystem und Industrie müssen aus-gebaut und intensiviert werden; Ziel musseine engere Zusammenarbeit bei der Be-stimmung der Ausbildungsinhalte, -metho-den und -instrumente und zur Heranfüh-rung der Schüler an die industrielle Ar-beitswelt sein. Es geht kurz gesagt dar-um, die Kluft zwischen Schule und Un-ternehmen zu überwinden, die ein gra-vierendes Hindernis für die Implementie-rung neuer Organisationsstrukturen, aberauch für die heutige und künftige Wett-bewerbsfähigkeit der Unternehmen dar-stellt.

Bei der beruflichen Erstausbildung imRahmen des Bildungssystems sollten zweizentrale Bereiche im Mittelpunkt stehen:

❏ die Vermittlung einer technisch-fachli-chen Grundausbildung (in Theorie undPraxis), die den Auszubildenden auf einevielseitige Tätigkeit vorbereitet, sowie derPrinzipien, die den neuen Formen der Ar-beitsorganisation zugrunde liegen;

❏ die Vermittlung bestimmter Methoden,die im Rahmen unterschiedlicher Tätig-keiten und an verschiedenen Arbeits-plätzen von Nutzen sind.

Mit Abschluss der Erstausbildung solltendie Auszubildenden dementsprechendfolgende Kenntnisse und Kompetenzenerworben haben:

❏ grundlegende Kenntnisse, die zurAusübung eines Berufs in den Unterneh-men der Branche qualifizieren; d. ␣ h.grundlegende Fachkenntnisse im BereichMetallverarbeitung sowie grundlegendetechnische Kenntnisse (Kenntnisse in denBereichen Verhalten und Eigenschaftenvon Metallen, neue Werkstoffe, Mechanik,EDV-Anwendungen in der Produktion,Elektronik usw.);

❏ speziellere Fachkenntnisse, die in denverschiedenen Berufen der Metallbranchebenötigt werden. Dies ist angesichts derTatsache wichtig, dass bestimmte berufli-che Tätigkeiten der Branche einen hohenGrad an Spezialisierung voraussetzen.Insbesondere gilt dies für die traditionel-len Berufe der Branche, in denen es häu-fig an Fachkräften mangelt. Dabei sind

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insbesondere zwei Aspekte zu be-rücksichtigen: die direkte Bearbeitung vonMetallen und die Arbeit mit Werkzeugma-schinen;

❏ fachübergreifende Kompetenzen, diedas Bi ldungssystem auf al len Aus-bildungsstufen vermitteln muss (Qualitäts-sicherung, Instandhaltung, Betriebssicher-heit, EDV usw.);

❏ eine fachübergrei fend angelegteGrundausbildung im Bereich der arbeits-platzbezogenen Aufgaben und Kompeten-zen: Vorbereitung und Beschickung vonMaschinen und Anlagen, Erkennen undLösen von Problemen usw.;

❏ die Fähigkeiten bzw. Einstellungen, diefür eine Tätigkeit im Rahmen einer flexi-blen Arbeitsorganisationen unabdingbarsind: Verantwortungsgefühl, die Fähigkeitzur Selbstkritik, die Bereitschaft, anstehen-de Probleme zu lösen, Teamfähigkeit,Lernbereitschaft usw., sowie die Fähigkeitzur Anwendung grundlegender Metho-den, die für die Arbeit wichtig sind: Lern-methoden, Problemlösungstechniken,Entscheidungstechniken, Techniken imBereich Kommunikation und Informati-onsmanagement usw.;

❏ allgemeine Kenntnisse über Merkmaleund Arbeitsweise moderner Unternehmenund über flexible Formen der Arbeitsor-ganisation.

b) Die Weiterbildung

Die Weiterbildung spielt im Hinblick aufdie Anpassung der Arbeitskräfte an flexi-ble Formen der Arbeitsorganisation einezentrale Rolle, indem sie

❏ hilft, bei jungen Beschäftigten, die vonden Unternehmen eingestellt werden, dieDefizite der Erstausbildung auszugleichen,

❏ die Fähigkeit der Arbeitskräfte zur An-passung an die Erfordernisse der flexiblenArbeitsorganisation fördert,

❏ das Ausbildungs- und Qualifikations-niveau der Arbeiter verbessert und

❏ auf künftige Veränderungen und derenAuswirkungen vorbereitet.

Das Weiterbildungsangebot muss auf diespezifische Situation des jeweiligen Un-ternehmens zugeschnitten werden, so

dass die Merkmale der Produktion, dieinternen Strukturen, die Formen der Or-ganisation usw. Berücksichtigung finden.Auf jeden Fall muss die flexibilitäts-bezogene Weiterbildung Folgendes um-fassen:

❏ eine Ausbildung mit Blick auf die Merk-male der jeweiligen Unternehmens-tätigkeit und –organisation (Produkte,Produktionsprozess, interne Strukturusw.), bei der auch die Besonderheitenim Umfeld der einzelnen Arbeitsplätzeberücksichtigt werden. Diese Ausbildungkann betriebsintern durchgeführt werdenund sollte allen Mitarbeitern des Unter-nehmens zugute kommen;

❏ eine auf Vielseitigkeit ausgerichteteAusbildung und Aktualisierung der Kennt-nisse:

• Vermittlung theoretischer und prakti-scher Kenntnisse über Werkstoffe, Produk-te und Produktionsverfahren unter Be-rücksichtigung von Status und Niveau derArbeitskräfte. Das Ziel der Ausbildungkann darin bestehen, die Defizite neu ein-gestellter oder schon länger im Unterneh-men tätiger Arbeitskräfte auszugleichenund/oder ihnen neue Kenntnisse zu ver-mitteln, die im Zuge der technischen Ent-wicklung (beispielsweise bei den EDV-Anwendungen im Produktionsbereich)erforderlich werden;

• Vermittlung fachübergreifender Kennt-nisse bezüglich Qualitätssicherung, In-standhaltung, Betriebssicherheit usw. un-ter Berücksichtigung von Status, Niveauund Vorkenntnissen der Arbeitskräfte so-wie der Entwicklungen im Unternehmen;

• praktische Ausbildung an verschiede-nen Arbeitsplätzen unter Leitung und Auf-sicht interner Mitarbeiter nach Maßgabeder vom Unternehmen festgelegten Zie-le;

❏ eine Ausbildung zur Stärkung bestimm-ter individueller und kollektiver Einstel-lungen und Fähigkeiten wie beispielswei-se Motivation, Teamfähigkeit, Verantwor-tungsgefühl, Eigeninitiative und die Fä-higkeit, Probleme zu erkennen und zulösen. Diese Ausbildung sollte vorzugs-weise über informelle Aktivitäten undMaßnahmen vermittelt werden, beispiels-weise im Rahmen interner Sitzungen. Wie

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diese Ausbildung beschaffen ist, hängtvon verschiedenen Faktoren ab, etwa vonder Größe und der Tätigkeit des Unter-nehmens, vom Alter und dem Qualifika-tionsniveau der Arbeitskräfte und von derQualität des beruflichen Umfeldes. In derPraxis entwickelt jedes Unternehmen dieArt von Ausbildungsmaßnahmen, die sei-

ner Bedarfslage am Besten entsprechen(beteiligte Mitarbeiter, Periodizität, forma-le oder informelle Maßnahme usw.). Dar-über hinaus kann diese Art von Ausbil-dung dazu beitragen, Wissens- oderKompetenzdefizite der Mitarbeiter, aberauch Probleme anderer Art im Bereich derProduktion aufzudecken.

Associação Nacional das Empresas Metalúrgicas eElectromecanicas (ANEMM): Flexiform. A Organi-zação flexível do trabalho em empresas portuguesasdo sector metalomecanico, Lissabon, 2000.

Centro de Estudios y Asesoramiento Metalúrgico(CEAM): Identificación de las necesidades futurasde formación vinculadas a la organización flexibledel trabajo en las empresas catalanas del sectormetalúrgico (metal-mecánico). Informe Técnico,Barcelona, 2000.

Centro Servizi per l ’Automazione Industriale(DEMOCENTER): Progetto FLEXIFORM. RapportoTecnico. Italia-Regione Emilia Romagna, Modena,2000.

Eine neue Arbeitsorganisation im Geiste der Part-nerschaft, Grünbuch der Europäischen Kommissi-on (KOM (97), 128 endg.), Luxemburg: Amt füramtliche Veröffentlichungen der Europäischen Ge-meinschaften, 1997.

Union des Industries Métallurgiques et Minières(UIMM)– Euro Industries Programmes (EIP):Identification des besoins futurs de formation liés àl’organisation flexible du travail dans les entreprisesdu secteur métallurgique, Paris, 2000.

Bibliografíe:

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Einleitung

Die wesentliche Besonderheit des Systemsder dualen Berufsausbildung in Deutsch-land ist die Ausbildung an zwei Lernor-ten, Schule und Betrieb. Um den Erfolgder Ausbildung im Betrieb zu gewährlei-sten, verlangt der Gesetzgeber eine päd-agogische Qualifikation zumindest einerPerson im Betrieb. Für den Bereich desHandwerks bedeutet dies, dass angehen-de Meister auch eine theoretische undpraktische Prüfung in Berufs- und Arbeits-pädagogik absolvieren müssen. Berufs-und Arbeitspädagogik stellt den Teil IVder Meisterprüfung dar, wie nachstehen-de Übersicht verdeutlicht.

Übersicht: Teile der Meisterprüfung

Teil I: Praktische Prüfung

Teil II: Prüfung der fachtheoretischenKenntnisse

Teil III: Prüfung der betriebswirtschaftli-chen, kaufmännischen und recht-lichen Kenntnisse

Teil IV: Prüfung der berufs- und arbeits-pädagogischen Kenntnisse

Diesem theoretisch hohen Stellenwert derBerufs- und Arbeitspädagogik im Rahmender Meisterprüfung steht die reale Tatsa-che gegenüber, dass der Meister in vielenBetrieben als einzige pädagogisch quali-fizierte Fachkraft nur in sehr beschränk-tem Rahmen Ausbildungsaufgaben über-nimmt (Arnold, 1983, 82-3; Bausch, 1997,22-5; Schmidt-Hackenberg et al., 1999,12). Vielmehr führen alle im Betrieb Be-

schäftigten die Ausbildung durch, fallsihnen ein Auszubildender zu Arbeitsauf-trägen zugeteilt wird, wobei in der Praxiskeine vorbereitende Unterstützung dafürerfolgt.

Dieser Widerspruch zwischen der ver-pflichtenden Qualifikation angehenderMeister und der empirisch feststellbarenTatsache, dass nicht nur der Meister, son-dern jeder Beschäftigte neben seiner ei-gentlichen Arbeit immer wieder Aus-bildungsaufgaben übernimmt, wirft dieFrage auf, wie diese nebenberuflichenAusbilder an ihre Ausbildungsaufgabeherangehen und welche Hilfs- bzw.Orientierungsmöglichkeiten sie für ihreAusbildungstätigkeit sehen.

Um empirisch gestützte Antworten aufdiese Fragen zu finden, wurden von Sep-tember 1996 bis Februar 1997 42 Teilneh-mer einer Maßnahme zur Vorbereitung aufdie Meisterprüfung im Bauhandwerk(Maurer, Betonbauer, Zimmerer undKachelofenbauer) in ca. 20-minütigen In-terviews nach ihren Erfahrungen als aus-bildende Gesellen in Klein- und Mittel-betrieben gefragt (genauere Angabendazu in Leidner, 2001).

Ergebnisse

Die nebenberuflichen Ausbilder im Bau-handwerk verwenden zur Charakterisie-rung ihres Ausbilderhandelns eine Viel-zahl von Umschreibungen, die sich klas-sifizieren lassen als Instruktion, also etwaVormachen und Erklären, als macht-orientierte Einflussnahme (Dominanz), alsZurückhaltung oder als Integration desAuszubildenden in den Arbeitsprozess. So

Michael LeidnerFachakademie für Sozial-pädagogik der Landeshaupt-stadt München

Pädagogische Qualifika-tion des Ausbildungs-personals im Bauhand-werk

In deutschen Handwerksbe-trieben führt in der Regelnicht der formal und inhalt-lich dafür qualifizierte Mei-ster die Ausbildung am Ar-beitsplatz durch, sondernGesellen und andere Mitar-beiter. Obgleich sie keinepädagogische Qualifikationbesitzen, werden ihnenAuszubildende nach denErfordernissen der anfal-lenden Arbeitsaufgabe zuge-teilt. Dieser Artikel stelltzunächst dar, mit welchenVorannahmen und Hand-lungsgrundsätzen diese „ne-benberuflichen“ Ausbilderan ihre Ausbildungsaufgabeherangehen. Daran an-schließend werden Vor-schläge erarbeitet, wie dieQualifikation des Ausbil-dungspersonals verbessertwerden kann. Im Zentrumsteht dabei die Überlegung,dass man auf die Pflicht füralle angehenden Meister,pädagogische Kenntnisseund Fertigkeiten zu erwer-ben, verzichten und viel-mehr eine flexiblere undbedarfsorientierte pädago-gischen Vorbereitung destatsächlich ausbildendenPersonals anstreben sollte.Nicht zuletzt könnte da-durch ein Beschäftigungs-hindernis für diejenigenPersonen beseitigt werden,die ohne Meisterprüfung ei-nen Betrieb in Deutschlanderöffnen und Auszubilden-de ausbilden wollen.

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nehmen die nebenberuflichen Ausbilderoffenbar die verschiedenen Möglichkei-ten wahr, Fertigkeiten und Kenntnisse zuvermitteln. Sie nähern sich ihrer Aus-bildungsaufgabe mit einer Fülle von Ide-en und gehen flexibel mit den sich erge-benden Chancen um, Ausbildungsinhaltezu vermitteln. Dennoch bleiben sie in derRegel der jeweils anfallenden, konkretenArbeitsaufgabe verhaftet und sehen ihreAusbildertätigkeit zudem isoliert und ein-dimensional, da sie sich meist auf eineAktionsform beschränken. Damit gelingtes ihnen nicht, die vielen verschiedenenMöglichkeiten der Vermittlung von Lern-inhalten wahrzunehmen. Auch unterbleibtdie Abstimmung des eigenen Vorgehensmit den Erfordernissen des jeweiligenLernstoffs.

Die Bandbreite der Beziehung zwischenAuszubildendem und nebenberuflichemAusbilder reicht von Wärme und positi-ver Zuwendung bis hin zu mehr oderweniger offener Ablehnung. Die Vorstel-lung der Befragten von ihrer Beziehungzum Auszubildenden erweist sich dabeials abhängig von der Wahrnehmung dereigenen Ausbildungsaufgabe. Das heißt,dass eher instruierende Ausbilder einesymmetrische Auffassung von der Bezie-hung zum Auszubildenden haben. Ist dasHandeln der nebenberuflichen Ausbilderdagegen von Arbeitsintegration oder Do-minanz geprägt, so bedeutet dies ehereine von der Durchsetzung des eigenenStatus’ bestimmte Beziehung. Gleich-gültigkeit im Verhältnis zum Auszubilden-den kennzeichnet das zurückhaltendeAusbilderhandeln. Insgesamt umschreibendie befragten nebenberuflichen Ausbilderihr Verhältnis zum Auszubildenden zu-meist als verständnisvoll und symmetrisch.Sehr vereinzelt finden sich auch Äuße-rungen, die den Auszubildenden eher alsBelastung für den Gesprächspartner er-scheinen lassen, sowie solche, die durchdie Demonstration der eigenen Machtpo-sition auf eine Unterordnung des Auszu-bildenden abzielen.

Die Rolle des Auszubildenden als Lernen-der wird von den nebenberuflichen Aus-bildern zumeist nicht wahrgenommen, siebetrachten ihn statt dessen als mehr oderweniger vollwertige Arbeitskraft. Damiteinher geht die immer wieder festzustel-lende mangelhafte Wahrnehmung der ei-genen Ausbildertätigkeit.

Ziel der ausbildenden Gesellen bei ihrerArbeit mit den Auszubildenden ist einer-seits deren Selbständigkeit und anderer-seits die Bewältigung der anfallendenArbeitsaufgaben. Dass die Selbständigkeitder Auszubildenden auch in anderen Zu-sammenhängen immer wieder betont wird,lässt sich in zweierlei Hinsicht interpretie-ren: Zum einen trägt der Auszubildende,der eigenverantwortlich arbeiten und Ar-beitsschritte antizipieren kann, zu einererheblichen Arbeitsentlastung der neben-beruflichen Ausbilder bei. Zum anderenist die Fähigkeit zu selbständigem Handelnauch als übergeordnetes Lernziel im Sin-ne einer anzustrebenden beruflichenHandlungskompetenz des Auszubildendenzu sehen. Eindeutig instruktionsbezogeneZiele wie die Vermittlung der beruflichenLerninhalte oder die Vorbereitung auf diePrüfung sind dem Ziel der Selbständigkeitgegenüber zweitrangig.

Die Erfahrungen der Befragten währendihrer eigenen Ausbildung – als hand-lungsleitender Grundsatz häufig verallge-meinert in der Form der „goldenen Re-gel“ (damit ist das ethische Prinzip ge-meint, sich dem Auszubildenden gegen-über so zu verhalten, wie man selbst be-handelt werden möchte) – sind eine wich-tige Quelle für die Orientierung ihres Aus-bi lderhandelns. Die Best immungender Ausbildungsordnungen zur Systema-tik der zu vermittelnden Inhalte habendagegen für die Befragten keine Bedeu-tung als Orientierungsgrundlage. Ein an-deres Handlungsprinzip – z.␣ B. in derBauwirtschaft – besteht darin, dem Aus-zubildenden Zusammenhänge an einemeinzigen Bauvorhaben zu vermitteln, umihn so in die Lage zu versetzen, Arbeits-aufgaben eigenständig zu bewältigen.Entscheidungshilfen, die sich nicht unmit-telbar aus dem Arbeitsprozess ergeben,werden von den nebenberuflichen Aus-bildern ebensowenig berücksichtigt wiedie Bedürfnisse des Auszubildenden. Sowird die Regelung der Ausbildungsinhal-te durch die Ausbildungsordnungen oftnur dann umgesetzt, wenn sie der Aus-bildungstradition – und das heißt zumeist:dem Gebot der Stunde – entspricht.

Die Befragten können sich nur wenigeMöglichkeiten der Hilfe für ihr Ausbilder-handeln vorstellen. Unterstützung erwar-ten sie eher von anderen Betriebsange-hörigen als von einer Verbesserung ihrer

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pädagogischen Kompetenz durch entspre-chende Kurse oder ähnliches. Allerdingsbetrachten die nebenberuflichen Ausbil-der strukturelle Veränderungen in denBetrieben, insbesondere eine Verringe-rung des Zeitdrucks, als Chance, ihreHandlungsmöglichkeiten zu erweitern.

Die Frage nach dem Weiterbildungsbedarfwurde in der vorliegenden Untersuchungkonkret nicht gestellt; aus den Antwortenauf die Frage nach potenziellen Hilfen fürdie Ausbildungstätigkeit lässt sich jedochableiten, dass die nebenberuflichen Aus-bilder Verbesserungsmöglichkeiten amehesten in der Kommunikation mit ande-ren Personen (meist Vorgesetzten) sowiein Veränderungen der Ausbildungsstruktursehen, weniger dagegen in der Vermitt-lung pädagogischer oder fachlicher Kennt-nissen bzw. Fertigkeiten. Besonders ak-zentuiert wird dieses Ergebnis durch dieSichtweise eines Gesprächspartners, derüber pädagogische Erfahrungen aus einerWerkstätte für Behinderte und psychischKranke verfügt. Er erachtet weniger theo-retisches Kurswissen als vielmehr perso-nale Begleitung, über deren Art und Um-fang er allerdings nur wenig Aussagenmacht, als hilfreich. Die von den befrag-ten nebenberuflichen Ausbildern ge-wünschte Begleitung seitens des Meistersexistiert lediglich als Ideal in der pädago-gischen Literatur des Handwerks, in derbetrieblichen Ausbildungspraxis ist siejedoch Fiktion.

Schlussfolgerungen

Bei der Gestaltung von Maßnahmen zurAusbilderqualifikation muss man davonausgehen, dass es in der gegenwärtigenbetrieblichen Praxis die alleinverantwort-liche Ausbildungsperson nicht mehr gibtund es deshalb auch kein einheitlichesCurriculum für ihre Qualifizierung gebenkann. Statt dessen müssen für alle mögli-cherweise ausbildenden Personen Qualifi-zierungsmöglichkeiten geschaffen wer-den, die weniger als fester und verpflich-tender Lehrgang zur Vermittlung metho-discher Basiskompetenzen für alle Hand-werksberufe konzipiert sind, als vielmehrberufsbegleitend nach eigener, freier Wahldes jeweiligen Ausbilders Gelegenheitenbieten, auftretende Probleme anzuspre-chen und fallorientiert Informationen ein-zuholen. Eine derartige Ausbilderqualifi-

zierung kann zu einer länger andauern-den Fortbildung erweitert werden, in derje nach Bedarf die Möglichkeit besteht,sich Wissen zu einzelnen, jeweils aktuellinteressierenden Themen zu beschaffenund so schrittweise ausbilderische Kom-petenz zu erwerben.

Realisiert werden könnte diese Form derAusbilderqualifizierung als berufsbeglei-tende „Team-Supervision“, die möglichstin der Firma stattfinden sollte, oder alsoffenes Diskussionsforum für Ausbil-dungsprobleme, beispie lsweise imInternet, das von den für die Berufsbil-dung zuständigen Stellen einzurichtenwäre. Eine Ausbilderqualifikation in derdargestellten Form könnte den jeweilsvorhandenen Bedarf an Hilfe, Informati-on oder Kontakt aufgreifen. Zugleichwürde das Problem umgangen, dass fürLehrgänge zur AusbilderqualifizierungMitarbeiter geworben werden müssen, dievon ihren Firmen von der Arbeit freizu-stellen wären, was insbesondere für klei-ne Betriebe unmöglich sein dürfte.

Voraussetzung für eine Realisierung dergenannten Maßnahmen zur Qualifizierungnebenberuflicher Ausbilder ist jedochnicht nur, dass die erforderliche Infrastruk-tur geschaffen wird, sondern auch, dassden nebenberuflichen Ausbildern ihr ei-genes Ausbilderhandeln bewusst gemachtwird, da sie - wie sich aus den durchge-führten Gesprächen ergibt - bisher in derRegel die Ausbilderaufgabe als selbst-verständlichen und nicht unbedingt reflek-tierten Teil ihrer beruflichen Tätigkeit se-hen. Wird diese Bewusstmachung, die imZusammenhang mit der Propagierung desBeratungs- und Informationsangebots er-folgen kann, zum Ausgangspunkt derQualifizierungsmaßnahmen genommen,so kann die weitere, flexible und freiwil-lige sowie bedarfsorientierte fortbilden-de Begleitung der nebenberuflichen Aus-bilder am Arbeitsplatz eine größere Zu-friedenheit und eine Zunahme ihrer päd-agogischen Kompetenz bewirken und sozu einer Verbesserung der Qualität derAusbildung insgesamt beitragen.

Die inhaltliche Gestaltung der Maßnah-men zur pädagogischen Qualifizierungder betrieblichen Ausbilder sollte an denHandlungsorientierungen, die diese seitdem Beginn ihrer eigenen Berufsausbil-dung erworben haben, anknüpfen. Dazu

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könnten die Umschreibungen des Aus-bilderhandelns, so wie sie oben darge-stellt wurden, aufgegriffen und schrittwei-se erweitert werden, beispielsweise durchdie Vorstellung möglicher Handlungs-alternativen und, daran anschließend, dieThematisierung der Umsetzungsmöglich-keiten in der betrieblichen Praxis ein-schließlich möglicher Vor- und Nachtei-le. Zudem könnten die Vielfalt der zurVerfügung stehenden Methoden sowie dieVoraussetzungen für erfolgreiches Lernenausgehend von den bisher gemachtenErfahrungen angesprochen werden. Dieeindimensionale Vorstellung des Lernvor-gangs als Aufnahme, Speicherung undWiedergabe von Wissen und Fertigkeitenkönnte zum Ausgangspunkt einer weiter-entwickelten Perspektive werden, die dieBedingungsfaktoren des Lernens ebensomit einbezieht wie sie konkrete Wege zurmethodischen Umsetzung aufzeigt. Auchdidaktische Metaphern, etwa „der schritt-weise Aufbau von Fertigkeiten“ oder „dasAnknüpfen an bereits vorhandenes Wis-sen“ könnten von ihrem alltagssprach-lichen Gebrauch her geklärt und darauf-hin untersucht werden, welche konkre-ten, neuartigen Handlungswege sich ausihnen ableiten lassen. Bestimmte grund-legende, immer wiederkehrende Verhal-tensweisen, beispielsweise die Ausarbei-tung und Präsentation einer kurzenberufsfeldbezogenen Handlungssequenzoder eines Vortrags, könnten in Form ei-nes Methodentrainings eingeübt werden.Zu diskutieren wäre außerdem, inwieweitdie entsprechende Handlungssequenzüberhaupt aus dem beruflichen Arbeits-ablauf isoliert werden kann und welcheHandlungsregeln beim Zeigen wichtigsind, etwa Tempo, die ideale Reihenfol-ge der Teilschritte oder die Notwendig-keit, das Handeln durch Sprechen zu be-gleiten. Der Schwerpunkt sollte dabei ein-deutig auf der Erarbeitung weniger, kur-zer Regeln zur systematischen Planung derInstruktion liegen. Dabei sollten diesestets auf die bestehenden subjektivenTheorien, wie sie sich in den Erfahrun-gen der zu qualifizierenden Ausbilderäußern, zurückbezogen werden, da siemöglicherweise Abbilder vorhandenerHandlungsautomatismen sind, die in denAufbau neuer bzw. modifizierter Routineneinzubinden sind.

Ein anderer Gesichtspunkt bei der Quali-fizierung der Ausbilder ist, sie in die Lage

zu versetzen, didaktisch begründeteHandlungspläne zu entwickeln und die-se unter den gegebenen Bedingungen derSituation zu bewerten. Dazu müssen künf-t ige Ausbi lder zu einer adäquatenSituationsauffassung befähigt werden, dieauch die Wahrnehmung des eigenen psy-chischen Befindens einschließt. Sehrwichtig ist dabei weiter die kritische Eva-luation der neu erworbenen Verhaltens-weisen, die ihre Übertragbarkeit in dieausbilderische Praxis erleichtert.

Die methodische Vermittlung der Infor-mationen könnte im Zusammenhang mitÜbungen erfolgen, die zu einer umfassen-den Wahrnehmung der in der jeweiligenSituation wirksamen Bedingungen führen,damit so das Potenzial an Erklärungenerweitert wird. Das bedeutet, dass bei-spielsweise mehrere Erklärungsmöglich-keiten für die Entstehung von Aggressiondargestellt werden müssten. Einen beson-deren Stellenwert haben dabei die dyna-mischen Explikationsmuster, die Zusam-menhänge durch grundsätzlich veränder-bare Erscheinungen erklären, weil beidieser Art der Deutung – durch die Dis-kussion verschiedener Handlungsalterna-tiven – ein Zuwachs an Kompetenz er-reicht wird. Vorhandene motivations-bezogene Erklärungsmuster könnten imRahmen der pädagogischen Ausbildungdes Ausbildungspersonals als Grundlagedafür dienen, Möglichkeiten des geziel-ten Aufbaus und der weiteren Förderungvon Motivation aufzuzeigen und bezogenauf die betriebliche Praxis zu trainieren.Die schrittweise Erweiterung der Ur-sachenattribution auf andere Erklärungs-konzepte würde auf diese Weise eine all-mähliche Flexibilisierung des Denkensermöglichen. Verbunden mit einer diffe-renzierteren Wahrnehmung der Auszubil-denden werden die ausbildenden Perso-nen so in die Lage versetzt, alternativeFormen des Ausbilderhandelns personen-spezifisch zu praktizieren.

Aus den bisherigen Überlegungen ergibtsich, dass die gegenwärtige Form der ver-pflichtenden pädagogischen Ausbildungfür angehende Meister problematisch ist,da sie in Form eines starren LehrgangsWissen und Können vermittelt, ohne dassdie Frage gestellt wird, ob der Meister spä-ter Ausbildungsaufgaben übernimmt. Dasdarin zum Ausdruck kommende Festhal-ten am Ideal des Meisters als universell

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ausgebildeter Fachkraft mit wirtschaftlichenund pädagogischen Kenntnissen, zu des-sen genuiner und gesamtgesellschaftlichbedeutsamen Aufgabe auch die Ausbildungvon Auszubildenden gerechnet wird, istjedoch durch die weitgehende Spezialisie-rung in den Betrieben sowie die ökono-mische Realität überholt. Falls der Meisterüberhaupt den Weg in die berufliche Selb-ständigkeit geht, so ist er meist zu sehrmit betrieblichen Arbeiten wie der Akqui-sition und Abwicklung von Kundenauf-trägen beschäftigt, als dass er sich ernst-haft mit einer vertieften und systematischenAusbildung auseinandersetzen könnte.

Ein anderes Problem ergibt sich dadurch,dass die Motivation zur Teilnahme anMaßnahmen zur Ausbilderqualifizierungmöglicherweise dadurch beeinträchtigtwird, dass alle angehenden Meister eineverpflichtende Prüfung in Pädagogik ab-legen müssen. Dem allgemeinen Trend zuimmer größerer Spezialisierung entspre-chend erscheint es angebracht, auch dieAusbildungstätigkeit als besondere Auf-gabe zu betrachten, für die sich die da-mit befassten Personen nur dann zu qua-lifizieren haben, wenn sie sie auch tat-sächlich ausüben. Eine bedarfsorientierteAusbildung des betrieblichen Ausbil-dungspersonals kann auch zu einer Ver-besserung der Beschäftigungsmöglich-

keiten ausländischer Arbeitnehmer inDeutschland führen, da das Fehlen einerverpf l ichtenden Qual i f ikat ion keinBeschäftigungshindernis mehr darstellt.

Zusammenfassend lässt sich aus den Aus-führungen folgern, dass das bisherigeSystem der Ausbilderqualifikation gründ-lich überdacht werden muss. Es ist nichtlänger angebracht, dass Personen, diekeine Ausbildungsaufgaben übernehmenmöchten, durch die Meisterprüfungs-ordnung gezwungen werden, an Maßnah-men zur Ausbilderqualifikation teilzuneh-men, andererseits aber der Personenkreis,der im Betrieb die Ausbildung weitgehenddurchführt, ohne besondere Vorbereitungdarauf bleibt, selbst wenn er diesewünscht. Die dargestellten Verbesserungs-vorschläge wurden zwar aus den empiri-schen Ergebnissen einer Studie im Bau-handwerk entwickelt, doch sind sie mitgroßer Wahrscheinlichkeit auch auf an-dere Handwerkszweige übertragbar. Diesgilt insbesondere für solche Zweige, de-ren Produktion durch starken Zeitdruckund hohe Interdependenz mit anderenGewerken, durch verschiedene, häufigwechselnde Arbeitsstätten, sowie durchausgeprägte Konkurrenz mit anderen Be-trieben (gerade auch aus dem Ausland,falls diese Leistungen kostengünstigeranbieten können) gekennzeichnet ist.

Arnold, Rolf: Pädagogische Professionalisierungbetrieblicher Bildungsarbeit. Frankfurt/Main: Lang,1983.

Bausch, Thomas: Die Ausbilder im dualen Systemder Berufsausbildung. Bielefeld: Bertelsmann, 1997.

Leidner, Michael: Wenn der Geselle den Lehrlingausbildet. Frankfurt/Main: Lang, 2001.

Schmidt-Hackenberg, Brigitte et al.: Ausbilden-de Fachkräfte – die unbekannten Mitarbeiter. Bie-lefeld: Bertelsmann, 1999.

Literatur:

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Einleitung

Die wichtigsten langfristigen Zielsetzun-gen der finnischen Bildungspolitik derletzten Jahrzehnte waren die Anhebungdes Bildungsstands der Bevölkerung unddie Verbesserung der Bildungsqualität(Finnisches Unterrichtsministerium, 1999;Stenström, 1995; 1997). Während der ge-samten Nachkriegszeit wurde von ver-schiedenen Seiten starker politischerDruck im Hinblick auf die Ausweitung desfinnischen Hochschulwesens ausgeübt.Gegen Ende der 80er Jahre schlug das fin-nische Unterrichtsministerium die Einrich-tung von Fachhochschulen mit einerausgeprägteren beruflich-praktischen Ori-ent ierung – so genannten „Berufs-hochschulen“ (ammattikorkeakoulut bzw.yrkeshögskolor) – vor, die neben den be-reits existierenden Universitäten bestehensollten. Die Prinzipien, die den Studien-gängen an den Fachhochschulen zugrun-de liegen, entsprangen einem Bedarf anhoch qualifizierten Fachkräften auf demArbeitsmarkt (Lampinen, 1995; FinnischesUnterrichtsministerium, 1999; Numminenet al., 2001.)

Die Argumente, die für die Reform zurEinführung von Fachhochschulen in Finn-land vorgebracht wurden, bezogen sichanfangs – neben der Nachfrage nach hö-her qualifizierten Arbeitskräften – auf dieStarrheit der Strukturen des beruflichenBildungswesens, den Wunsch, das Anse-hen der beruflichen Bildung zu erhöhen,und die Bemühung um die internationaleVergleichbarkeit von beruflichen Qualifi-kationen. Obwohl das Berufsbildungsan-gebot im Laufe der 70er und 80er Jahresystematisch ausgebaut worden war, wares doch in voneinander getrennte

Studienfachbereiche aufgesplittert und aufviele verschiedene kleinere Bildungsein-richtungen verteilt, wobei zwischen denverschiedenen Fachbereichen kaum Zu-sammenarbeit bestand. Zudem war dasfinnische Berufsbildungssystem insgesamtschwer zu erfassen; insbesondere von derhöheren beruflichen Bildung und derenStellung im internationalen Kontext konn-ten sich viele Menschen kein rechtes Bildmachen (Numminen et al., 2001.)

Die Entwicklung der finnischen Fachhoch-schulen erfolgte unter Anwendung einesexperimentellen Ansatzes. Die Reform zurEinführung der Fachhochschulen begannim Jahre 1991 mit der Annahme einesGesetzes, durch das die Einrichtung von22 vorläufigen Fachhochschulen währendeines Versuchszeitraums genehmigt wur-de. Die gesetzlichen Grundlagen zur dau-erhaften Einrichtung der Fachhochschu-len wurden vom finnischen Reichstag imJahre 1995 verabschiedet. Im Rahmen desReformprozesses wurden die 215 frühe-ren gesonderten Fachschulen, an denenbis dahin die höchste Stufe der berufli-chen Bildung in Finnland vermittelt wur-de, zu 29 Fachhochschulen umgebildet.Letztere wurden im August 2000 zu stän-digen Einrichtungen (Finnisches Unter-richtsministerium, 2001b.)

Die Reform zur Einführung der Fachhoch-schulen beinhaltete eine grundlegendeNeuorganisation des Netzes der Bildungs-einrichtungen in Finnland und des finni-schen Schul- und Hochschulsystems ins-gesamt. Berufliche Fachschulen, die Aus-bildungsgänge in einem einzelnen Fach-bereich anboten, wurden zu multidiszi-plinären Fachhochschulen zusammen-gefasst, und das Bildungssystem wurde

Der Übergangvon finnischenFachhochschulenin die Arbeitswelt

Zu den wichtigsten langfristi-gen Zielsetzungen der finni-schen Bildungspolitik gehörtdie Anhebung des Bildungs-stands der Bevölkerung. Diesebildete auch einen der Aus-gangspunkte einer Reform derhöheren beruflichen Bildungin Finnland. Die gesetzlichenGrundlagen, durch die die fin-nischen Fachhochschulen aufDauer eingerichtet wurden,wurden 1995 verabschiedet.Eine Möglichkeit zur Beurtei-lung der Erfolge der finni-schen Fachhochschulen imHinblick auf die Erreichungihrer Bildungsziele und somitzur Bewertung ihrer Effektivi-tät besteht darin, zu untersu-chen, wie sich der Eintritt derFachhochschulabsolventen indie Arbeitswelt vollzieht undwelche Arten von Stellen siedort finden. Der vorliegendeArtikel ist Teil eines For-schungsprojekts, das die Posi-tionierung von Fachhoch-schulabsolventen der Studien-fachbereiche Handel und Ver-waltung, Technik und Tele-kommunikation und Sozial-und Gesundheitswesen aufdem Arbeitsmarkt ein halbesbzw. ein ganzes Jahr nach ih-rem Studienabschluss beleuch-tet. Das Datenmaterial umfasstdie Ergebnisse von drei ver-schiedenen Umfragen, die inden betreffenden Studienfach-bereichen durchgeführt wur-den. Wie diese Ergebnisse zei-gen, hatten die Fachhoch-schulabsolventen durch ihreAusbildung ein gutes Rüstzeugfür eine erfolgreiche Stellensu-che an die Hand bekommen.Die Möglichkeiten der Fach-hochschulabsolventen, eineFestanstellung zu finden, unddie Art der ihnen anvertrautenAufgaben fielen freilich jenach Berufsfeld und schuli-scher Vorbildung unterschied-lich aus.

Marja-LeenaStenström

Leitende ForscherinInstitut für Bildungs-

forschungUniversität Jyväskylä, Finn-

land

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um eine neue Art von Institution erwei-tert, die einen nichtuniversitären Hoch-schulbereich konstituierte. Infolgedessengibt es im finnischen Hochschulwesennunmehr zwei parallel nebeneinanderbestehende Bereiche – die wissenschaft-lichen Universitäten und die stärker be-rufsbezogenen Fachhochschulen.

Die an den Fachhochschulen angebote-nen Studiengänge untergliedern sich insieben Hauptfachbereiche. Der umfang-reichste davon ist der Bereich Technik undTelekommunikation, in dem im Jahre 2001etwa ein Drittel aller Studienplätze fürStudienanfänger an den Fachhochschulenangeboten wurde. An zweiter und dritterStelle hinsichtlich der Zahl der Studien-plätze für Studienanfänger stehen dieFachbereiche Handel und Verwaltung(27␣ % der Gesamtzahl der angebotenenStudienplätze) und Sozial- und Gesund-heitswesen (21␣ %). Der Fachbereich Kul-tur stellt 8␣ % der Studienplätze für Studien-anfänger, der Bereich Fremdenverkehr,Gastronomie und Hauswirtschaft rund6␣ %; die kleinsten Fachbereiche sind dieBereiche Naturressourcennutzung (3␣ %)und Geisteswissenschaften und Pädago-gik (2␣ %). Die Fachhochschulen verleihenStudienabschlüsse auf Bachelor-Niveau,die die Absolvierung von 140 bis 180Studienwochen (das entspricht einem 3,5-bis 4,5-jährigen Vollzeitstudium) voraus-setzen (Finnisches Unterrichtsministerium,2001a.)

Der vorliegende Artikel befasst sich mitdem Übergang von Absolventen derStudienfachbereiche Handel und Verwal-tung, Technik und Telekommunikationund Sozial- und Gesundheitswesen vonden Fachhochschulen in die Arbeitswelt.Die Fachhochschulen, an denen die Stu-diengänge im Bereich Handel und Ver-waltung absolviert werden, wurden aufder Basis der ehemaligen höheren Han-delsschulen konzipiert und entwickelt(Korhonen, Mäkinen & Valkonen, 1999).Die größten Unterschiede im Vergleich zuden früheren Handelsschulausbildungensind dabei die Länge der Studiengängeund die Eingliederung von Arbeitspraktikaund einer schriftlichen Examensarbeit indas Studium als Pflichtbestandteile zumErwerb des Abschlusses . Die Aus-bildungsgänge im Sozial- und Gesund-heitswesen gründeten sich schon seit je-her auf die Erfordernisse der Arbeitswelt.

Dennoch wurde die Verlegung an dieFachhochschulen als drastischer Schrittempfunden, da ein einheitlicher post-sekundärer Ausbildungssektor für Sozial-und Gesundheitsberufe in Finnland erstrund zehn Jahre zuvor eingerichtet wor-den war, und auch deshalb, weil sich ge-rade dieser Ausbildungsbereich, selbstwenn man von der jüngsten Reform ab-sieht, in ständigem Wandel befunden hat(Könnilä, 1999; Korhonen et al., 2001).Die Ausbildung der Techniker und Inge-nieure wurde dagegen weniger radikalumgestaltet, da in diesem Bereich bereitsvor der Einrichtung der Fachhochschulenberufliche Bildung auf Hochschulebeneveranstaltet wurde (Korhonen et al., 2000;Tulkki, 2001).

Ziele der Untersuchung

Eine Möglichkeit zur Beurteilung der Er-folge der finnischen Fachhochschulen imHinblick auf die Erreichung ihrer Bil-dungsziele und ihre dauerhafte institutio-nelle Etablierung in der Arbeitswelt be-steht darin, zu untersuchen, wie sich derEintritt der Fachhochschulabsolventen indie Arbeitswelt vollzieht und welche Ar-ten von Stellen sie dort finden. Der Stel-lenwert der Fachhochschulen in der Ar-bei tswelt hängt davon ab, wie dieFachhochschulabsolventen von den Ar-beitgebern aufgenommen werden, undauch von den Qualitäten, die die Fach-hochschulen selbst aufweisen.

Anhand dieser Studie soll untersucht wer-den, wie die finnischen Fachhochschul-absolventen in die Arbeitswelt übergehenund welche Beschäftigungen sie dort fin-den. Der Beschäftigungsstatus und dasbezogene Einkommen dürften die stich-haltigsten Indikatoren dafür sein, wie dievon den Fachhochschulen vermitteltenQualifikationen von den Unternehmenund der Gesellschaft gesehen werden. Diewichtigsten Fragen, denen nachgegangenwerden soll, lauten:

❏ Durch welche Faktoren erklärt sich derEintritt der Fachhochschulabsolventen inden Arbeitsmarkt?

❏ Durch welche Faktoren erklärt sich ihrePositionierung in der Arbeitswelt (Be-schäftigungsstatus, Einkommen)?

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❏ Durch welche Faktoren erklären sichihre persönlichen Erfahrungen in Bezugauf den Stellenwert der Fachhochschulenauf dem Arbeitsmarkt?

Datenmaterialund Methodik

Datenmaterial

Der vorliegende Artikel ist Teil eines fin-nischen Forschungsprojekts, das dieBeschäftigungsposition von Fachhoch-schulabsolventen nach ihrem Studien-abschluss beleuchtet (Korhonen et al.,1999; 2000; 2001). Das Projekt erfasst dieFachbereiche, die von Studienplatz-bewerbern an den Fachhochschulen amhäufigsten gewählt werden. Das Daten-material umfasst die Ergebnisse von dreiverschiedenen Umfragen, die im Fachbe-reich Handel und Verwaltung (n␣ =␣ 896)im Studienjahr 1996/97, im FachbereichTechnik und Telekommunikat ion(n␣ =␣ 1021) im Studienjahr 1997/98 und imFachbereich Sozial- und Gesundheitswe-sen (n␣ =␣ 925) im Studienjahr 1998/99durchgeführt wurden. Die Absolventenwaren rund sechs Monate oder ein Jahrzuvor von der Fachhochschule abgegan-gen und bildeten somit die erste Genera-tion von Fachhochschulabsolventen inFinnland.

Die Geschlechterverteilung, das Durch-schnittsalter und die typische schulischeVorbildung fielen von Fachbereich zuFachbereich verschieden aus. Die meistenAbsolventen in den Bereichen Handel undVerwaltung (70␣ %) und Sozial- und Ge-sundheitswesen (93␣ %) waren Frauen, dieMehrzahl der Absolventen im FachbereichTechnik und Telekommunikation dagegenMänner (82␣ %). Die ältesten Absolventenwaren diejenigen im Fachbereich Sozial-und Gesundheitswesen (Durchschnittsal-ter 29 Jahre), gefolgt von den Absolven-ten im Fachbereich Technik und Telekom-munikation (im Schnitt 28 Jahre); am jüng-sten waren die Absolventen im BereichHandel und Verwaltung (im Durchschnitt27 Jahre).

Ein Viertel der Fachhochschulabsolventenhatte vor Aufnahme ihres Fachhochschul-studiums einen beruflichen Abschluss inder Sekundarstufe II erworben, die Hälf-

te hatte die allgemein bildende Sekun-darstufe II abgeschlossen, während einDrittel sowohl einen allgemein bildendenals auch einen beruflichen Abschluss ausder Sekundarstufe II mitbrachte.

Die große Mehrzahl (92␣ %) der Absolven-ten im Bereich Handel und Verwaltunghatte die allgemein bildende Sekundar-stufe II abgeschlossen. Ein Drittel derAbsolventen im Bereich Technik und Te-lekommunikat ion hat te nur e inenberuflichen Abschluss in der Sekundar-stufe II erworben, während über ein Drit-tel der Absolventen im Bereich Sozial- undGesundheitswesen sowohl allgemeine alsauch berufliche Qualifikationen aus derSekundarstufe II mitbrachte. Das höchsteGrundbildungsniveau vor dem Erwerb desFachhochschulabschlusses wiesen die Ab-solventen im Fachbereich Handel undVerwaltung auf, das niedrigste die Absol-venten im Bereich Technik und Telekom-munikation.

Methodik

Die Ergebnisse der Studie gründen sichauf die Antworten der Fachhochschul-absolventen auf Fragebögen, auf denenüberwiegend geschlossene Fragen (d.␣ h.solche mit vorgegebenen Antwort-möglichkeiten) von den Forschern an siegerichtet wurden. Die Zusammenhängezwischen einzelnen Variablen wurdenmittels Kombinationstabellen und Varianz-analysen beschrieben. Des Weiteren soll-te ermittelt werden, durch welche Fakto-ren sich das jeweils zu untersuchendePhänomen am besten erklären ließ. Stati-stische Modelle, so z.␣ B. log-lineare Mo-delle, wurden zur Beantwortung dieserFrage angewandt. Anhand eines logisti-schen Regressionsmodells wurden dieHintergrundfaktoren ausfindig gemacht,die einen statistisch signifikanten Zusam-menhang zu der Wahrscheinlichkeit auf-wiesen, dass Fachhochschulabsolventeneine Beschäftigung finden. Ein statisti-sches Modell hat den Vorteil, dass es einegleichzeitige Untersuchung der Wirkun-gen verschiedener Variablen ermöglicht,sodass die zwischen einzelnen unabhän-gigen Variablen herrschenden Beziehun-gen mit berücksichtigt werden. Dadurchlässt sich ermitteln, ob zwischen einemeinzelnen Hintergrundfaktor und derBeschäftigungssituation von Fachhoch-schulabsolventen auch dann noch ein

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Zusammenhang besteht, wenn die Wir-kungen der anderen unabhängigen Varia-blen erklärt worden sind (Fienberg, 1976;Hosmer & Lemeshow, 1989).

Die relative Chance (Tabellen 1–4) – dieauch als „Odds-Ratio“ bezeichnet wird –ist ein Assoziationsmaß, das einen An-näherungswert dafür liefert, wie viel wahr-scheinlicher (oder unwahrscheinlicher)das Auftreten des Ergebnisses bei Perso-nen mit x␣ =␣ 1 als bei solchen mit x␣ =␣ 0 ist(Hosmer & Lemeshow, 1989, 41), bei-spielsweise in der Gruppe der Erwerbs-tätigen verglichen mit Personen in derBezugsgruppe. Der Koeff iz ient derBezugsgruppe beträgt 1,0. Jedes Modellenthält außerdem einen Indikator für dieReliabilität (d.␣ h. die Zuverlässigkeit) derDaten, und zwar eine Klassifikations-quote, die angibt, welchen prozentualenAnteil der durch die Umfragedatenerfassten Personen das Modell korrekteinzuordnen vermag.

Darüber hinaus wurden die Ergebnisse inBezug auf die Einkommen der Absolven-ten mithilfe eines Pfadmodells analysiert,das mit der Computer-Software AMOSerstellt wurde. Inwieweit sich das Modellinsgesamt zur Beschreibung der Umfrage-daten eignete, wurde anhand des Chi-Quadrat-Tests untersucht. Ein Wert von p> 0,05 zeigt eine hohe Modellanpassungs-güte an. Ein weiteres gebräuchliches Maßfür die Güte der Modellanpassung ist derGoodness-of-Fit-Index (GFI), der bei ei-ner guten Anpassung annähernd 1,0 be-tragen sollte. Das dritte Maß für dieModellanpassungsgüte, das sich hier an-wenden ließ, ist der mittlere quadratischeNäherungsfehler („Root Mean SquareError of Approximation“, RMSEA). EinWert von 0,05 oder niedriger belegt einegute Modellanpassung, Werte von 0,08oder höher entsprechen einem akzepta-blen Näherungsfehler, während Werteüber 1,0 zur Verwerfung des Modells füh-ren sollten (Arbuckle, 1997).

Ergebnisse

Beschäftigungsstatus

Die Fachhochschulabsolventen wurdenals erstes gebeten, ihren Übergang in dieArbeitswelt zu beschreiben, d.␣ h. inwie-

weit es ihnen gelungen war, eine Arbeits-stelle zu finden. Wie die Ergebnisse zei-gen, waren rund 75␣ % der Absolventenerwerbstätig. Die Mehrzahl davon warenAngestellte, nur einige wenige arbeitetenfreiberuflich oder als selbstständige Un-ternehmer. Die Arbeitslosenquote unterden Befragten lag bei ca. 10␣ %, währendnahezu 15␣ % der Befragten Tätigkeitenaußerhalb des Arbeitsmarktes verrichte-ten (Fortbildung bzw. Aufbaustudium,Vollzeitkinderbetreuung und dergleichen).Diese Ergebnisse entsprechen weitgehendden Zahlen, die aus den Statistiken zurGesamtbevölkerung Finnlands hervorge-hen. Ende 1999 wies die Gruppe derFachhochschulabsolventen, die ihr Studi-um zwischen 1995 und 1999 abgeschlos-sen hatten, eine Gesamtbeschäftigungs-quote von 76 ␣ % und eine Gesamt-arbeitslosenquote von 12␣ % auf (Finni-sches Unterrichtsministerium, 2001b). Inden Jahren 1997–1999, in denen die Da-ten erhoben wurden, schwankte dieGesamtarbeitslosenquote in Finnlandzwischen 12,7 und 10,2␣ % (Statistik Finn-land, 2001).

Es traten statistisch signifikante (p = 0,021)Unterschiede zwischen verschiedenenStudienfachbereichen auf. Techniker undIngenieure waren bei der Stellensuche amerfolgreichsten (79␣ %), Absolventen derFachbereiche Handel und Verwaltung(73␣ %) und Sozial- und Gesundheitswe-sen dagegen weniger erfolgreich (74␣ %).Dies erklärt sich aus der Tatsache, dassTechniker und Ingenieure von den in derStudie erfassten Berufsgruppen diejenigesind, deren Mitglieder im Allgemeinen amehesten einen Arbeitsplatz finden (vgl.Finnisches Unterrichtsministerium, 2001a).

Als nächstes sollten die Faktoren ermit-telt werden, durch die sich der erfolgrei-che Übergang in den Arbeitsmarkt am be-sten erklären ließ. Die Daten wurden an-hand eines logistischen Regressions-modells analysiert.

Tabelle 1 einsetzenDas allgemeine stufenweise logistischeRegressionsmodell zur Erklärung der Po-sitionierung der Fachhochschulabsol-venten in der Arbeitswelt (Tabelle 1) zeigt,welche von den die Beschäftigungs-position beeinflussenden Faktoren dasgrößte Erklärungspotenzial besitzen undwie die Einbeziehung verschiedener un-abhängiger Variablen in das Modell die

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Rangordnung der Vorhersagefaktorenverändert, welche zugleich miteinanderverknüpft sind.

Es wurde festgestellt, dass sich der Zu-tritt zum Arbeitsmarkt am besten durchdas Alter vorhersagen ließ: Je älter dieAbsolventen waren, desto höher war dieWahrscheinlichkeit, dass sie im Erwerbs-leben standen, und desto geringer dieWahrscheinlichkeit, dass sie arbeitsloswaren. Personen über 27 Jahren fanden2,5 Mal so häufig einen Arbeitsplatz wiePersonen unter 24. (Heimat-)Region, Ge-schlecht und Berufserfahrung waren eben-falls Faktoren, die eine statistisch signifi-kante Wirkung auf die Beschäftigungausübten. Fachhochschulabsolventen, dieim Süden Finnlands wohnten, waren 1,4Mal so häufig erwerbstätig wie Fachhoch-schulabsolventen in anderen GegendenFinnlands. Die Beschäftigungssituationließ sich auch durch die jeweilige Grund-bildung der Befragten prognostizieren: BeiFachhochschulabsolventen, die eine Be-rufsausbildung abgeschlossen hatten, war

die Wahrscheinlichkeit des Eintritts in denArbeitsmarkt verglichen mit Absolventen,die lediglich die Hochschulreifeprüfungabgelegt hatten, am höchsten. Nahezuebenso hoch war diese Wahrscheinlich-keit bei den Absolventen, die sowohl dasHochschulreifezeugnis als auch beruflicheQualifikationen besaßen. Ferner standenMänner 1,4 Mal so häufig im Erwerbsle-ben wie Frauen. Überdies wurde festge-stellt, dass auch die vor dem Fach-hochschulstudium erworbene Berufser-fahrung einen statistisch signifikantenZusammenhang zur Beschäftigungs-situation aufwies.

BeschäftigungsstatusArbeit zu finden ist nur ein Indikator fürdie individuelle Positionierung auf demArbeitsmarkt. Aufschlussreicher ist es da-gegen, zu untersuchen, welche Arten vonStellen die Fachhochschulabsolventengefunden haben. Die Befragten wurdengebeten, eine geschlossene Frage dazu zubeantworten, ob ihr gegenwärtiges Be-schäftigungsverhältnis von unbefristeterDauer oder zeitlich befristeter Art war. Wiedie Ergebnisse zeigen, waren zwar diemeisten (88 ␣ %) Fachhochschulabsol-venten auf einer Vollzeitstelle beschäftigt,doch nur gut die Hälfte (57␣ %) von ihnenhatte eine Festanstellung.

Die Möglichkeiten der Fachhochschulab-solventen, eine Festanstellung zu finden,und die Art der ihnen anvertrauten Auf-gaben fielen je nach Berufsfeld und schu-lischer Vorbildung unterschiedlich aus.Technikern und Ingenieuren gelang esof fenbar am besten, e ine Vol lzei t -beschäftigung (97␣ %) und ein zeitlichunbefristetes Arbeitsverhältnis (69␣ %) zufinden, während Absolventen des Be-reichs Sozial- und Gesundheitswesen indieser Beziehung am wenigsten erfolg-reich waren, zumal nur ein Drittel vonihnen eine Festanstellung und 78␣ % eineVollzeitstelle gefunden hatten. Im finni-schen Gesundheitswesen ist die Beschäf-tigungslage nach wie vor eher schlecht,auch wenn die Arbeitskräftenachfrage inletzter Zeit gestiegen ist. InsbesondereKrankenschwestern und -pfleger, die ihreAusbildung gerade erst abgeschlossenhaben, haben es in Finnland schwer, eineArbeitsstelle zu finden – nur in etwa je-der fünfte frisch gebackene Absolventdieser Sparte geht unmittelbar nach demAusbildungsabschluss in ein Beschäfti-

Tabelle 1

Erklärungsfaktoren für die Beschäftigungssituationvon Fachhochschulabsolventen

UnabhängigeVariablen Modell 1 Modell 2 Modell 3 Modell 4 Modell 5AlterUnter 24 J. 1 1 1 1 125–27 J. 1,61*** 1,56*** 1,44*** 1,30* 1,26*Über 27 J. 2,48*** 2,37*** 1,84*** 1,73*** 1,65***RegionÜbriges Finnland 1 1 1 1Südliches Finnland 1,41*** 1,42*** 1,39*** 1,39***GrundbildungHochschulreifeprüfung 1 1 1Berufsausbildung 1,72* 1,66*** 1,59***Hochschulreifeprüfung+ Berufsausbildung 1,30*** 1,39*** 1,34*GeschlechtWeiblich 1 1Männlich 1,37** 1,36**BerufserfahrungJa 1Nein 1,22*Klassifikationsquote 75,5␣ % 75,5␣ % 75,5␣ % 75,5␣ % 75,5␣ %

* statistisch signifikant auf dem Niveau p < 0,05** statistisch signifikant auf dem Niveau p < 0,01*** statistisch signifikant auf dem Niveau p < 0,001

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gungsverhältnis über, während ungefährder gleiche Prozentsatz das Land verlässt,um im Ausland zu arbeiten. In den 90erJahren zog die Wirtschaftskrise auch denöffentlichen Dienst in Mitleidenschaft, indem die überwältigende Mehrzahl (90␣ %)der Absolventen des Fachbereichs Sozi-al- und Gesundheitswesen tät ig ist(Korhonen et al., 2001; Savola, 2000).

Der Erwerb eines Fachhochschulab-schlusses sollte den Ausbildungsab-solventen im Prinzip für Arbeitsaufgabenqualifizieren, die höheres beruflichesFachwissen voraussetzen (Fachkräfte-,Planungs- und Führungspositionen). So-mit ist es von Interesse, den Rang derBeschäftigungen zu ermitteln, die dieFachhochschulabsolventen auf dem Ar-beitsmarkt gefunden haben. Die Ergeb-nisse, die sich auf die Antworten der Ab-solventen selbst gründen, lassen erken-nen, dass es statistisch überaus signifikan-te Unterschiede zwischen verschiedenenStudienfachbereichen gibt. Die Mehrzahlder Absolventen technischer Studiengän-ge war der Auffassung, dass ihnen Auf-gaben anvertraut wurden, die denen ei-ner akademisch ausgebildeten Fachkraftentsprachen, während eine Mehrheit(66␣ %) der Absolventen im Bereich Sozi-al- und Gesundheitswesen und eine Min-derheit (23␣ %) der Absolventen im BereichHandel und Verwaltung angaben, dass dievon ihnen ausgeführten Tätigkeiten eherauf dem Niveau eines einfachen Angestell-ten und nicht auf dem einer Fachkraft la-gen. Die Berufsfelder der Befragten le-gen nahe, dass dieser Unterschied mitdem Geschlecht der Absolventen in Zu-sammenhang steht. Die meisten weibli-chen Absolventen im Sozial- und Gesund-heitswesen (63␣ %) übten Tätigkeiten aufdem Niveau von einfachen Angestelltenaus, während nur 14␣ % der Techniker undIngenieure auf Arbeitsplätzen auf dieserStufe zu finden waren.

Zur Untersuchung der Frage, durch wel-che Faktoren sich die Beschäftigung vonFachhochschulabsolventen in einfachenAngestelltenpositionen einerseits und inFachkräftepositionen andererseits am be-sten vorhersagen ließ, wurde eine logi-stische Regressionsanalyse vorgenommen.

Tabelle 2 und 3 einfügenAus dem logistischen Regressionsmodellging auch hervor, dass der Studienfach-bereich die beste Erklärungsvariable für

den Beschäftigungsstatus bildete, gefolgtvon – in der Reihenfolge ihres Erklärungs-potenzials – dem Geschlecht und demAlter, insbesondere bei den einfachenAngestelltenpositionen. Absolventen desBereichs Sozial- und Gesundheitswesenwaren vergleichsweise häufiger in einfa-

Tabelle 2

Erklärungsfaktoren für die Beschäftigungvon Fachhochschulabsolventen in einfachenAngestelltenpositionen

Unabhängige Variablen Modell 1 Modell 2 Modell 3 Modell 4StudienfachbereichSozial- und Gesundheitswesen 1 1 1 1Handel 0,36*** 0,46*** 0,41*** 0,42***Technik 0,05*** 0,10*** 0,09*** 0,09***GeschlechtWeiblich 1 1 1Männlich 0,34*** 0,35*** 0,35***AlterUnter 24 J. 1 125–27 J. 0,77 0,81Über 27 J. 0,42*** 0,46***BerufserfahrungJa 1Nein 0,78*Klassifikationsquote 77,2␣ % 77,2␣ % 78,4␣ % 78,3 %

* statistisch signifikant auf dem Niveau p < 0,05** statistisch signifikant auf dem Niveau p < 0,01*** statistisch signifikant auf dem Niveau p < 0,001

Tabelle 3

Erklärungsfaktoren für die Beschäftigung vonFachhochschulabsolventen in Fachkräftepositionen

Unabhängige Variablen Modell 1 Modell 2 Modell 3StudienfachbereichSozial- und Gesundheitswesen 1 1 1Handel 4,47*** 3,75*** 3,65***Technik 21,65*** 13,03*** 12,49***GeschlechtWeiblich 1 1Männlich 2,02*** 2,02***RegionÜbriges Finnland 1Südliches Finnland 1,29*Klassifikationsquote 75,3␣ % 76,7␣ % 76,7␣ %

* statistisch signifikant auf dem Niveau p < 0,05** statistisch signifikant auf dem Niveau p < 0,01*** statistisch signifikant auf dem Niveau p < 0,001

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chen Angestelltenpositionen beschäftigtals Absolventen anderer Fachbereiche, dieöfter in Stellungen anzutreffen waren, diehöheres berufliches Fachwissen voraus-setzten. Frauen wurden zudem häufigerAufgaben auf dem Niveau von einfachenAngestellten zugewiesen als Männern.Ferner war auch das Alter eine Variable,durch die sich der Beschäftigungsstatusvorhersagen ließ, indem jüngere Men-schen offenbar einem höheren Risiko aus-gesetzt waren, einfache Angestellten-positionen zugewiesen zu bekommen. DieVorhersagefaktoren für die Beschäftigungvon Fachhochschulabsolventen in Fach-kräftepositionen waren nahezu identisch.Der Alterseffekt trat im Erklärungsmodellfür die Beschäftigung in Fachkräfte-positionen nicht in Erscheinung; an des-sen Stelle trat dort die Heimatregion desBefragten. Die beste Erklärungsvariablefür eine Beschäftigung auf dem Niveaueiner Fachkraft war der Studienfach-bereich, gefolgt vom Geschlecht und derRegion. Wenn die Absolventen im Sozial-und Gesundheitswesen als Bezugsgruppegewählt wurden, war die Wahrscheinlich-keit, eine Fachkräfteposition zu bekleiden,bei Technikern und Ingenieuren nahezu13 Mal höher. Männer waren mehr alsdoppelt so häufig in Fachkräftepositionenanzutreffen wie Frauen. Bei einem Wohn-ort im Süden Finnlands war die Wahr-scheinlichkeit, in einer Fachkräftepositionbeschäftigt zu werden, 1,3 Mal höher.

Stellenbezeichnungen, die auf Planungs-und Führungsaufgaben hindeuten, kamenbei Absolventen des Bereichs Technik undTelekommunikation häufiger vor als beidenen im Fachbereich Handel und Ver-waltung oder im Sozial- und Gesundheits-wesen. Anhand zahlreicher Kriterien istaufgezeigt worden, dass mehrheitlich mitFrauen besetzte Beschäftigungsbereiche inden Arbeitsplatz- und Berufshierarchiendurchweg niedriger eingestuft werden alsdie von Männern dominierten Berufsfelder(Kinnunen, 2001, 20; Stenström, 1995).

Einkommen

Das Einkommen ist einer der konkrete-sten Maßstäbe für den Beschäftigungs-status. Die finnischen Statistiken für dasJahr 1999 (Statistik Finnland, 2001) deu-ten darauf hin, dass zwischen dem Ein-kommen und dem individuellen Bildungs-stand ein Zusammenhang besteht. Perso-

nen mit tertiären Qualifikationen bezie-hen in allen Altersgruppen deutlich hö-here Einkommen, während eine Ausbil-dung auf Sekundarstufenniveau die Höhedes Monatseinkommens offenbar nicht ingleichem Maße anzuheben vermag. Diehöchsten Gehälter werden denjenigengezahlt, die einen ersten akademischenGrad oder einen Postgraduiertenabschlusserworben haben. In der Statistik von 1999wird freilich nicht zwischen Universitäts-und Fachhochschulabsolventen unter-schieden, weshalb die Ergebnisse unse-rer Studie nicht mit diesen Zahlen vergli-chen werden können.

Ein Vergleich der Einkommen zwischenAbsolventen verschiedener Studienfach-bereiche zeigt, dass Absolventen des Be-reichs Technik und Telekommunikationdie höchsten Einkommen (durchschnitt-lich 1.865 Euro) bezogen, während Ab-solventen der Bereiche Handel und Ver-waltung (durchschnittlich 1.476 Euro) undSozial- und Gesundheitswesen (durch-schnittlich 1.446 Euro) am wenigsten ver-dienten (p < 0,001).

Beurteilung des Fachhochschulab-schlusses durch die Absolventenselbst und Zufriedenheit der Absolven-ten mit ihrem AbschlussDie Fachhochschulabsolventen wurdengebeten, selbst zu beurteilen, welchenStellenwert sie auf dem Arbeitsmarkt be-saßen und ob sie ihrer Meinung nach ge-genüber Inhabern der früher verliehenenQualifikation eine günstigere oder eineungünstigere Wettbewerbsposition errun-gen hatten. Die Hälfte der Absolventenwar der Auffassung, dass sie gegenüberPersonen mit der älteren Qualifikation imVorteil waren, 46␣ % urteilten, dass sie aufdem Arbeitsmarkt unter gleichen Bedin-gungen konkurrierten wie die Inhaber desfrüheren Abschlusses, während 4␣ % dasGefühl hatten, dass sie sich diesen gegen-über im Hintertreffen befanden. Der größ-te Anteil an Beurteilungen, dass Fach-hochschulabsolventen gegenüber Perso-nen mit dem älteren Abschluss im Vorteilwaren, fand sich bei den Absolventen imBereich Handel und Verwaltung (91␣ %).Demgegenüber waren weniger als dieHälfte (42␣ %) der Absolventen im Sozial-und Gesundheitswesen der Ansicht, dasssie gegenüber Inhabern der früherenQualifikation einen Vorteil besaßen, wäh-rend die meisten Absolventen im Fach-

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bereich Technik und Telekommunikation(79␣ %) der Meinung waren, dass sie aufdem Arbeitsmarkt unter gleichen Bedin-gungen konkurrierten wie Personen, diedie frühere Fachschulausbildung abge-schlossen hatten.

Tabelle 4 einfügenAus dem logistischen Regressionsmodellging ebenfalls hervor, dass der Studien-fachbereich derjenige Faktor war, der amengsten mit den Beurteilungen der Ab-solventen zum Stellenwert ihres Fach-hochschulabschlusses und der früher ver-liehenen Fachschulqualifikation verknüpftwar. Dieses Ergebnis war zu erwarten, dasich die Ausbildung im Bereich Handelund Verwaltung, wie sie heute an denFachhochschulen vermittelt wird, stärkergegenüber den früheren Handelsschul-ausbildungen gewandelt hat als die Aus-bildungsgänge in den anderen Fachberei-chen, und die Ausbildung an den ehema-ligen Ingenieurschulen bereits eine Formder beruflichen Hochschulbildung in Finn-land darstellte. Auch das Alter und diezuvor erworbene Berufserfahrung warenFaktoren, die die Wahrscheinlichkeit er-höhten, dass ein Absolvent meinte, mitseiner gegenwärtigen Qualifikation gegen-über Inhabern des älteren Abschlusses imVorteil zu sein. Die ältesten Absolventen(über 27 Jahren) waren am häufigsten derAnsicht, dass sie eine günstigere Wettbe-werbsposition einnahmen als Personen,die den früheren Fachschulabschluss be-saßen. Fachhochschulabsolventen über 27Jahren waren mehr als doppelt so häufigder Ansicht, auf dem Arbeitsmarkt „dieNase vorn“ zu haben, verglichen mit de-nen unter 24 Jahren. Eine vorherige Be-rufserfahrung war offensichtlich ein wei-terer Faktor, der die Wahrscheinlichkeiterhöhte, dass ein Absolvent nach eigenerAuffassung durch seine gegenwärtigeQualifikation eher einen Vorteil als einenNachteil errungen hatte.

Ferner wurden die Absolventen gefragt,wie zufrieden sie mit ihrer derzeitigenArbeitsstelle waren und ob diese ihrerAusbildung entsprach. Arbeitsaufgaben,die persönliche Befriedigung schenken,können als maßgeblich für die Qualitätder Arbeitswelt betrachtet werden.

Abbildung 1 einfügenDie Ergebnisse in Bezug darauf, wie zu-frieden die Fachhochschulabsolventen mitihrer jeweiligen Arbeitsstelle waren, be-legen statistisch überaus signifikante Un-

Tabelle 4

Stellenwert eines Fachhochschulabschlusses auf demArbeitsmarkt im Vergleich zu den früheren Fach-schulabschlüssen: Nehmen die Fachhochschul-absolventen nach eigener Meinung eine günstigereoder ungünstigere Arbeitsmarktposition ein?

Unabhängige Variablen Modell 1 Modell 2 Modell 3StudienfachbereichSozial- und Gesundheitswesen 1 1 1Handel 14,73*** 16,83*** 16,41***Technik 0,31*** 0,31*** 0,30***AlterUnter 24 J. 1 125 –27 J. 1,29* 1,21Über 27 J. 2,54*** 2,25***BerufserfahrungJa 1Nein 1,31*Klassifikationsquote 76,9␣ % 79,5␣ % 80,1␣ %

* statistisch signifikant auf dem Niveau p < 0,05** statistisch signifikant auf dem Niveau p < 0,01*** statistisch signifikant auf dem Niveau p < 0,001

Abbildung 1

Zufriedenheit von Fachhochschulabsolventenmit ihrer Arbeitsstelle nach Studienfachbereichen

1

2

3

4

5

Arbeitsgebiet entspricht

der Ausbildung

Arbeitsanforderungenentsprechen

der Ausbildung

Gegenwärtige Stelle ist derzukünftigen Berufslaufbahn

dienlich

Handel und Verwaltung Technik und Telekommunikation

Sozial- und Gesundheitswesen

terschiede zwischen verschiedenenStudienfachbereichen in puncto Zufrie-denheit am Arbeitsplatz. Am höchsten istdie Arbeitsplatzzufriedenheit bei denen,die im Sozial- und Gesundheitswesen tä-tig sind, sowie ebenfalls bei Personen, dieim Bereich Technik und Telekommunika-

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tion arbeiten, während zwischen verschie-denen Fachbereichen keinerlei Unter-schiede im Hinblick darauf auftraten, wiezufrieden die Befragten mit ihrem Gehaltwaren. Dieses Ergebnis mag überraschenderscheinen, da die Gehälter im Sozial- undGesundheitswesen am niedrigsten und beiden Technikern und Ingenieuren amhöchsten ausfielen; eine mögliche Erklä-rung liefern jedoch frühere Forschungs-ergebnisse, die bereits in den 50er Jahrengewonnen wurden (Herzberg, Mausner &Snyderman, 1959, 82); Herzberg und sei-ne Kollegen fanden dabei heraus, dass dasArbeitsentgelt als bestimmender Faktor fürdie Einstellungen zum Arbeitsplatz eingrößeres Potenzial besitzt, Unzufrieden-heit mit dem eigenen Arbeitsplatz auszu-lösen als Zufriedenheit.

AbschließendeBemerkungen

Die Ergebnisse dieser Untersuchung zei-gen, dass finnische Fachhochschulab-solventen beim Eintritt in die Arbeitsweltdurchaus recht erfolgreich waren, dochihre Möglichkeiten, eine Festanstellung zufinden, und die Art der ihnen anvertrau-ten Aufgaben fielen je nach Berufsfeldunterschiedlich aus. Der Fachbereich, indem die Absolventen ihren Abschluss er-worben hatten, bildete offensichtlich ei-ner der wichtigsten Einflussfaktoren fürihre Positionierung in der Arbeitswelt.Techniker und Ingenieure waren bei derSuche nach einer Beschäftigung am er-folgreichsten, und es gelang ihnen amhäufigsten, in ein zeitlich unbefristetesArbeitsverhältnis einzutreten und einehochrangige Stellung zu erhalten. Ihregünstige Positionierung mag unter Um-ständen darauf zurückzuführen sein, dassdie Ausbildung an den früheren Inge-nieurschulen bereits eine Form der be-ruflichen Hochschulbildung in Finnlanddarstellte, die ein hohes Ansehen genoss.Technik ist seit jeher ein bevorzugtesBerufsfeld männlicher Studenten. Absol-venten im Sozial- und Gesundheitswesengelang es demgegenüber oft nicht, eineFestanstellung zu finden, und sie bezo-gen häufig niedrigere Gehälter, zeigtensich jedoch zufrieden mit ihrer Arbeit undihren Arbeitsbedingungen. Generell ist derFachbereich Sozial- und Gesundheitswe-sen einer der Bereiche, der bevorzugt von

weiblichen Studenten gewählt wird, wäh-rend der Fachbereich Handel und Verwal-tung einen der Fachhochschulbereiche mitden höchsten Studentenzahlen überhauptbildet. Die Unzufriedenheit mit dem ei-genen Arbeitsplatz war unter den Absol-venten des Fachbereichs Handel und Ver-waltung am höchsten. Letzterer ist frei-lich schon seit jeher ein Ausbildungsfeld,das weniger konkret auf bestimmte Be-rufe ausgerichtet ist als die FachbereicheTechnik und Telekommunikation undSozial- und Gesundheitswesen. Außerdemhat sich das Ausbildungsprogramm imFachbereich Handel und Verwaltung anden heutigen Fachhochschulen gegenüberden früher an den höheren Handelsschu-len angebotenen Ausbildungsgängen er-heblich gewandelt, indem die Ausbildungdeutlich verlängert wurde. Die Ergebnis-se unserer Studie bestätigen auch dasVorliegen eines engen Zusammenhangszwischen dem Bildungs- und dem Arbeits-markt.

Bei der Betrachtung der vorliegenden Er-gebnisse muss stets berücksichtigt wer-den, dass diese einen sehr kurzen Zeit-raum zwischen dem Erwerb des Studien-abschlusses und der Positionierung derAbsolventen auf dem Arbeitsmarkt be-schreiben und dass die Befragten die er-ste Generation von Fachhochschulab-solventen in Finnland bildeten. Es dürf-te eine Weile dauern, bis diese auf demArbeitsmarkt richtig Fuß gefasst und dorteine feste Stellung gefunden haben, underst auf längere Sicht werden wir ein kla-reres Bild davon gewinnen, welchenEinfluss die Studienfachbereiche derFachhochschulabsolventen und ihre je-weilige schulische Vorbildung auf ihreStellung auf dem Arbeitsmarkt ausüben.Darüber hinaus hängt die Wahrschein-lichkeit, dass Fachhochschulabsolventeneine Beschäftigung finden, ihre Ausbil-dung weiterführen oder bei der Stellen-suche erfolglos bleiben, von dem Wett-bewerb ab, der zwischen den Absolven-ten verschiedener Bildungsformen aufdem Arbeitsmarkt herrscht. Ferner soll-ten Forschungsergebnisse, die sich aufFachhochschulabsolventen beziehen, mitden Ergebnissen von Studien überUniversitätsabsolventen verglichen wer-den, die sich in ähnlicher Weise auf ei-nen Vergleich zwischen verschiedenenStudienfachbere ichen gründen(Korhonen et al., 1999; 2000; 2001). Es

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wird noch eine gewisse Zeit dauern, be-vor Fachhochschulabsolventen undFachhochschulabschlüsse auf dem Ar-

beitsmarkt und in der Wirtschaft und In-dustrie allgemeine Bekanntheit erlangthaben.

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Literaturverzeichnis

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Berufsbildungskoopera-tion mit der VR ChinaVon bilateraler zuinternationaler Kooperation -Einige deutsche Erfahrungen

Einleitung

Internationaler Erfahrungsaustausch undKooperation auf dem Gebiet der berufli-chen Bildung wird auch für das einst ab-geschlossene China immer wichtiger. DieGlobalisierung beschleunigt den techno-logischen Wandel und verändert die An-forderungen an die Berufsarbeit in allenTeilen der Welt. Durch den Beitritt zurWelthandelsorganisation (WTO) werdenauch in China hohe fachliche Standardsinstalliert, die an die berufliche Bildungneue und höhere Anforderungen stellen.Internationale Kooperationsvorhaben aufdem Gebiet der beruflichen Bildung er-leichtern die Anpassung an das Weltni-veau und fördern die wirtschaftliche undsoziale Entwicklung. Unter den interna-tionalen Kooperationspartnern Chinas imBereich der beruflichen Bildung und Qua-lifizierung nimmt die Bundesrepublik ei-nen besonderen Rang ein. Dieses Jahrkann die deutsch-chinesische Berufs-bildungskooperation auf eine zwanzigjäh-rige Geschichte zurückblicken. Ein Resü-mee einiger Erfahrungen und Ergebnisseder deutsch-chinesischen Zusammenar-beit sowie einiger Erfahrungen mit ande-ren Gebern zeigt, wo die Entwicklungs-potenziale liegen, aber auch, wo esSchwierigkeiten und Hindernisse auf die-sem Gebiet gibt.

Vom „Großen Bruder“oder vom „Wirtschafts-wunder“ lernen?

Nach der (Revolution von 1949 hat Chinajahrzehntelang vom Großen Bruder So-wjetunion gelernt.(1) Sowjetische Model-

le und Erfahrungen prägen bis heute diechinesische Berufsbildungslandschaft, vonden eng geschnittenen Berufsprofilenüber Arbeitstugend als Schulfach bis zurProduktionsschule. Hier liegen auch dieUrsachen für ihre größten Schwächen:Berufsbildung in China findet fast aus-schließlich in Schulen statt - ohne nen-nenswertes Engagement der Betriebe.Veraltete Lehrmethoden mit dem mono-tonen Lehrervortrag im Zentrum prägennach wie vor den Schulalltag. Theorie-überfrachtete Lerninhalte und die Praxis-ferne der Lehrer bringen Absolventenhervor, die den betrieblichen und gesell-schaftlichen Aufgaben nur in Teilberei-chen gewachsen sind. Mit der Reform-und Öffnungspolitik erfolgte eine stärke-re Orientierung an westlichen Modellenund Erfahrungen.(2) Das deutsche Dual-system stand auf der Hitliste ganz oben.Es galt als die invisible hand, ohne diedas Wirtschaftswunder und der Welt-markterfolg der bundesdeutschen Wirt-schaft nicht möglich gewesen wären. Chi-na brauchte nach damaliger Auffassungnur die Funktion und den Gebrauch die-ser „Geheimwaffe“ (mimi wuqi) zuentschlüsseln, um für die Modernisierungund die kommenden Schlachten auf demWeltmarkt optimal gerüstet zu sein. Aufdeutscher Seite erhoffte man sich von derBerufsbildungskooperation mit China eineImagestärkung durch Verbreitung desdeutschen Berufsbildungsmodells, politi-schen Flankenschutz zum besseren Markt-zutritt und gut qualifizierte Arbeitskräftefür die sich entlang den Küstenregionenansiedelnden chinesisch-deutschenGemeinschaftsunternehmen.

Mit dem Rahmenabkommen von 1982wurde die bilaterale Kooperation auf ei-

Hans-GünterWagner

Leiter des Bereichs Berufsbil-dung der Deutschen Gesell-

schaft für technische Zusam-menarbeit in China/

Berater des Zentralen Insti-tuts für berufliche Bildung

Dieser äußerst fundierte Bei-trag vermittelt einen Überblicküber die Geschichte der Zu-sammenarbeit zwischenDeutschland und der Volksre-publik China im Bereich derberuflichen Bildung.Es werden die vier Phasen be-schrieben, in die sich diesesKooperationsverhältnis ge-schichtlich unterteilen lässt,sowie die Hindernisse, die denVeränderungen bei solchenUnterfangen zumeist im Wegestehen: Ethnozentrismus,Kommunikationsprobleme,Schwierigkeiten bei der Be-kanntmachung lokaler Er-folgsrezepte, mangelnde Kon-tinuität der Anstrengungenund Verhaltensweisen, politi-sche und kulturelle Barrieren.Schließlich werden ähnlicheKooperationserfahrungen Chi-nas mit anderen westlichenLändern umrissen.Dabei zeigt der Autor auf, wiekompliziert es ist, auch nur imAnsatz ein duales System ineinem Lande zu entwickeln,dessen gesamte Berufsbildungschulisch ausgerichtet ist. Erspricht die Schwierigkeiten an,die sich aus der für China cha-rakteristischen, bisweilen ku-riosen Mischung konfuziani-scher und sowjetisch-techno-kratischer Elemente ergeben,insbesondere im unterentwik-kelten „wilden Osten“ des Lan-des, und der Einführung vonVeränderungen bzw. derSchwerpunktverlagerung vonAlter auf Kompetenz und vonenger Spezialisierung auf brei-ter angelegte Ausbildungs-gänge und Schlüsselkompe-tenzen entgegenstehen.

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ner völkerrechtlich verbindlichen Grund-lage etabliert. Neben beruflicher Bildungumfasst die Entwicklungskooperationauch Vorhaben im Bereich Umwelt- undRessourcenschutz, Armutsminderung so-wie wirtschaftliche Struktur- und Rechts-beratung. Das Gros der bundesdeutschenMittel wird über das Bundesministeriumfür wirtschaftliche Zusammenarbeit undEntwicklung (BMZ) zur Verfügung gestellt.Die mit Abstand größte Durchführungs-organisation ist die bundeseigene Gesell-schaft für Technische Zusammenarbeit(GTZ) GmbH. Alle Kooperationsvorhabenwerden in gemeinsamen Planungs-workshops unter Bezugnahme auf dieInteressen der Partner entwickelt und mitstandardisierten Instrumenten regelmäßigevaluiert. Der deutsche Beitrag umfasst imWesentlichen den Transfer von Know howdurch die Entsendung von Langzeit- undKurzzeitfachkräften, die Organisation vonFortbildungsmaßnahmen und Informa-tionsreisen in Deutschland, China undDrittländern sowie die Bereitstellung vonSachmitteln.

Verschiedene Stadien undErfahrungen imKooperationsprozess

Entsprechend den Stadien ihrer Heraus-bildung können wir vier unterschiedlicheTypen von Kooperationsprojekten unter-scheiden:

1. Ausbildungsprojekte

Am Anfang der Kooperation standen Pro-jekte zur Qualifizierung von Facharbei-tern, denen später auch Vorhaben zurQualifizierung von Meistern und Techni-kern folgten. Das Zentrum für Schweiß-technik in Harbin, das überbetrieblicheAus- und Fortbildungszentrum in Tianjinund Vorhaben, in denen für CNC- undmoderne Fertigungstechnik qualifiziertwird, läuteten die in den achtziger Jahrendie Pi lotphase der Berufsbi ldungs-zusammenarbeit ein. Schon bald wurdeallerdings klar, dass die mit großem ma-teriellen Input geförderten Modellvor-haben mit ihren blitzsauberen Werkstät-ten und modernstem Maschinenpark sichnicht wie Zuchtchampignons auf gut prä-pariertem Nährboden ausbreiten würden.Angesichts der in den achtziger Jahren

einsetzenden Restrukturierung der Wirt-schaft und des Bankrotts vieler Staatsbe-triebe fehlten einfach die Mittel, um dieerforderlichen Nährlösungen für die Er-richtung von tausend neuen Inseln derPerfektion im Meer der Mittelmäßigkeitbereitzustellen. Alle diese Kooperations-projekte sind zeitlich befristet. So kam es,dass einige Vorhaben nach Ende der deut-schen Förderung und der Rückkehr derExperten wieder auf ihr Anfangsniveauzurückfielen. Oft gingen die wenigenHundert gut qualifizierten Fachkräfte ausden Kooperationsprojekten im Millionen-heer der Beschäftigten einfach unter. Soentstand die Notwendigkeit, einen neuenProjekttypus zu kreieren, der ein größe-res Maß an Nachhaltigkeit und Breiten-wirkung entfalten konnte.

2. Projekte mit Multiplikatorenwir-kung

Den Projekten zur Qualifizierung vonPersonal folgten daher Vorhaben zur Aus-und Weiterbildung von Lehrern, Schullei-tern und Ausbildern. Lehrer wurden inmodernen Lehr- und Lernmethoden so-wie im Umgang mit Medien unterwiesen.Schulleiter und Angehörige der Schulver-waltung erhielten Möglichkeiten, sich mitmodernen Methoden des Schulmanage-ments vertraut zu machen. Zum monoto-nen Lehrervortrag gesellten sich plötzlichmoderne Alternativen. Schüler wurdenvon passiven Rezipienten zu aktiven Ge-staltern des Unterrichtsgeschehens. Leh-rer lernten mit Gruppenarbeit und Fall-studien zu arbeiten, entwarfen Planspie-le und Simulation, organisierten Exkursio-nen und Rollenspiele; kurz: die Verbrei-tung des handlungsorientierten Lernenshatte begonnen. Besonders der betriebli-chen Ausbildung galt besonderes Augen-merk. Die deutsche Vier-Stufen-Methodeund das projekt- und transferorientierteLernen (PETRA) hielten Einzug in chine-sische Betriebe und Lehrwerkstätten, zu-mindest in solche, die im Einflussbereichder Kooperationsvorhaben lagen. DieMultiplikatorenprojekte setzten auf Leh-rer und Ausbilder als Fermente imInnovationsprozess. Der Funke eines zün-denden Beispiels, einer wirksamen Me-thode oder realisierbaren Alternative sollteden Flächenbrand einer alles erfassendenlernmethodischen Revolution einleiten.Bald wurden auch hier Hindernisse sicht-bar. Lernprozessuale Innovationen wur-

(1) Zur Geschichte der chinesischenBerufsbildung siehe: Henze, Jürgen(1989): Berufliche Bildung des Aus-lands - Volksrepublik China. BadenBaden; ders. (1996): InternationalesHandbuch der Berufsbildung: Volks-republik China (Deutsches Institut fürinternationale Pädagogische For-schung). Baden-Baden; Jiaoyu degaige he fazhan (1994) (Die Reformund Entwicklung der Berufsbildung),Zhongguo jiankuang (Reihe: China -kurz und knapp). Beijing; Li Luntian(1994): Zhongguo zhiye jishu jiaoyujianshi (Kurze Geschichte der chine-sischen Berufsbildung). Beijing 1994;Münch, Joachim; Risler, Matthias(1994): Stand und Entwicklungs-perspektiven des beruflichen Bil-dungswesens in der VR China - Pilot-studie. Berlin; Risler, Matthias (1989):Berufsbildung in China - Rot und Ex-perte. Hamburg.

(2) Zum Stand der Verbreitung insbe-sondere deutscher Erfahrungen siehe:Guo Yang, Lei Zhengguang, WangLing: Zhiye jiaoyu zhong xin de jiaoyu xue de fangfa (Neue Lehr- undLernmethoden in der beruflichen Bil-dung), in: Youhua jiaoxue guochengde tujing (Wege zur Lernprozessopti-mierung), Shanghai zhiye jishu jiaoyuyanjiusuo chuban (hrsg. vom Regio-nalinstitut für Berufsbildung). Shang-hai, S.34-44; Lei Zhengguang (1992)(Herausgeber): Deguo shuangyuanzhijiaoyu moshi chutan (Forschungen aufdem Gebiet des deutschen Dualsy-stems). Beijing; ders.: (1998): DeguoPETRA j iaoxue fangfa yu nenglibenwei zhiye jiaoyu (Die deutsche PE-TRA-Methode der transfer- und pro-jektorientierten Ausbildung als Modellkompetenzorientierter beruflicher Bil-dung), in: Youhua jiaoxue guochengde tujing (Wege zur Lernprozess-optimierung), Shanghai zhiye jishujiaoyu yanjiusuo chuban (hrsg. vomRegionalinstitut für Berufsbildung).Shanghai, S.45-57; Jianli xiandai zhiyejiaoyu zhidu de taolun (1995). Hrsg.vom Zentralinstitut für Berufsbildungund der DSE. Beijing. (ChinesischeAusgabe)/ Trowe, Eberhard (1995)(Hrsg.): Moderne Berufsbildung inChina - Beiträge zum Dialog und Trai-ning (Veröffentlicht durch die Deut-sche Stiftung für internationale Ent-wicklung - DSE - und die Zentralstel-le für gewerbliche Berufsförderung -ZGB -). Magdeburg 1995 (DeutscheAusgabe); Zehn Jahre chinesisch-deutsche Zusammenarbeit in der Be-rufsbildung. Stand - Perspektiven(1994). Bericht zum Symposium vom14. bis 18. November 1994 in Hang-zhou. Hrsg. von der Staatlichen Er-ziehungskommission der VR China inZusammenarbeit mit der Hanns-Sei-del-Stiftung München und der Deut-schen Gesellschaft für Technische Zu-sammenarbeit (GTZ) Eschborn.

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den von Schülern und Lehrern anfangsmit viel Begeisterung und Schwung auf-genommen und umgesetzt. Doch oft blie-ben es beispielhafte Einzelleistungen, dieim allgemeinen Sumpf schwerfälligerStrukturen und kaum wandlungsfähigerOrganisationen untergingen, weil die zu-ständigen Behörden die Verbreitung ausDesinteresse oder Angst vor Innovationnicht förderten. Nach einigen Jahren derKooperation trat daher die Frage der Ge-staltung von Systemstrukturen und politi-schen Entscheidungsprozessen immermehr in den Vordergrund. Und so ent-stand bald eine neue Art von Koopera-tionsprojekten.

3. Systemberatungsprojekte

Zu Beginn der neunziger Jahre entstan-den die ersten Systemberatungsprojekte.Zu dieser Zeit hatten die politischenEntscheidungsträger in China erkannt,dass die Anpassung des Berufsbildungs-systems an den Modernisierungsbedarfder Wirtschaft mehr erfordert als ein paarkosmetische Korrekturen auf der Mikro-ebene. Das Haupthindernis für die Reformwar das System selbst. Ministerien, dieGrabenkriege um Kompetenzen und Zu-teilungsrechte auf Titel und Zertifikateführten, zersplitterte und unübersichtlicheZuständigkeiten auf den Durchführungs-ebenen und der vollständige Zusammen-bruch des ehemaligen Systems der Zutei-lung von Arbeitsplätzen (Fenpei-System)prägten das zerrissene Bild der Reform-landschaft jener Jahre. Zu dieser Zeit ent-standen die Institute für Berufsbildung inBeijing, Shenyang und Shanghai. Ur-sprünglich nach der Blaupause des deut-schen BIBB (Bundesinstitut für Berufsbil-dung) entworfen, entwickelten sie im Laufder Zeit ein eigenes, an die chinesischenVerhältnisse angepasstes Aufgabenprofil,das von Beratungsleistungen für lokaleund zentrale politische Institutionen undEntscheidungsträger über empirische Un-tersuchungen auf dem Gebiet der Arbeits-markt- und Qualifikationsforschung bishin zu Dienstleistungen für die Wirtschaftund Weiterbildungsaktivitäten im Bereichder Lehrer- und Schulleiterqualifizierungreichte. Viele Beratungsleistungen stütz-ten sich neben eigener Forschungs-tätigkeit auch auf die Erfahrungen ausModellversuchen. Ein weiteres chinesisch-deutsches Vorhaben in diesem Bereicharbeitet seit Ende der neunziger Jahre an

der landesweiten Vereinheitlichung derPrüfungsstandards für ausgewählte Beru-fe und untersteht dem Arbeitsministerium.

Im gegenwärtigen Stadium der Kooperati-on geht es nun um einen neuen Typ vonKooperationsvorhaben, der die unter-schiedlichen Elemente der eben genann-ten in sich vereint und mehrdimensionalarbeitet. Dabei spielt die Vernetzung vor-handener Leistungsträger und die Erzielungvon Synergieeffekten eine wichtige Rolle.

4. Integrierte Programme

Früher fehlte den beispielhaften Model-len oft die institutionelle Unterstützungzur Verbreitung, während es andererseitsvielen zentralen Innovationen an Unter-fütterung durch praktizierbare Modell-und Einzellösungen mangelte. Dies warzum Beispiel oft der Fall, wenn neueCurricula beschlossen wurden, für dieneuen Lerninhalte entworfen wurden,aber weder entsprechende Lehr- undLernmaterialien bereitstanden noch dieLehrer mit den neuen Inhalten hinrei-chend vertraut waren. Diesem Missstandsoll heute mit integrierten Programmenabgeholfen werden, die mehrere Entschei-dungs- und Durchführungsinstanzengleichzeitig ansprechen und die verschie-denen Ebenen miteinander in Verbindungbringen. Diese Kooperation beschränktsich nicht nur auf Vorhaben innerhalb desBildungs- und Qualifizierungsbereichs.Aufgrund der steigenden Nachfrage derWirtschaft nach qualifizierten Arbeitskräf-ten sowie des starken sozialen Druckesdurch hohe Arbeitslosenzahlen wird dieenge Verzahnung von Wirtschaftsentwick-lung und Beschäftigungsförderung bei derGestaltung von Berufsbildungsprogram-men immer dringlicher. Zur Zeit in Pla-nung befindliche Programmvorhaben zurBeschäftigungsförderung durch Qualifizie-rung sind mehrstufig und sektorüber-greifend organisiert. Eine besondere Rol-le spielt dabei die Förderung der unter-entwickelten West- und Mittelprovinzendes Riesenreiches. Nachdem sich in denvergangenen Jahren die Kooperationsvor-haben vor allem in den entwickelten Re-gionen entlang der Ostküste ansiedelten,soll nun das dort entwickelte Potenzialauch für die Erschließung der westlichenLandesteile eingesetzt werden, die nocherhebliche Entwicklungsdisparitäten auf-weisen.

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Einige Ergebnisseder chinesisch-deutschenBerufsbildungs-kooperation

Sichtbare Ergebnisse der langjährigenKooperation finden sich auf verschiede-nen Ebenen. Das 1996 vom Volkskongressverabschiedete, landesweit gültige chine-sische Berufsbildungsgesetz trägt starke„deutsche Züge“. Gleiches gilt für das ei-nige Jahre zuvor verabschiedete Lehrer-gesetz und eine Reihe lokaler Ordnungs-vorschriften. Einige Abschnitte des 1996verabschiedeten Gesetzeswerkes lehnensich stark an das deutsche Berufsbildungs-gesetz von 1969 an. So finden sich u.a.Paragraphen, die eine aktive Beteiligungder Betriebe an der beruflichen Bildungfordern und sogar Sanktionen für solchevorsehen, die sich dieser Aufgabe entzie-hen. Leider haben sich viele Bestimmun-gen dieses Gesetzes in den fünf Jahrenseit seiner Verkündung nicht realisierenlassen. Neben den mangelnden finanzi-ellen Möglichkeiten der oft maroden staat-lichen Betriebe ist dies zugleich ein ge-nerelles Problem im Zuge einer nur all-mählich in Gang kommenden „Verrecht-lichung“ der chinesischen Gesellschaft:Rechtsgestaltung und Rechtswirklichkeitklaffen oft weit auseinander. Es fehlt invielen Bereichen an wirksamen Instru-menten zur Umsetzung und Kontrolle er-lassener Vorschriften und Regelungen.

Auf der Ebene der Lehrpläne, Curriculaund standardisierten Prüfungen wurdenim großen Umfang deutsche Materialienund Unterlagen herangezogen. Besondersdas deutsche Modell breit geschnittenerBerufsprofile fand große Beachtung. Sei-ne Umsetzung stößt jedoch auf großeWiderstände angesichts der Tradition sehreng geschnittener Berufe und stark spe-zialisierter Tätigkeitsanforderungen, dienoch über weite Strecken die Struktur derchinesischen Berufsbildung prägen.Berufsaufgabenorientierte Curricula er-setzten die theorielastigen alten Lehrplä-ne. Lernfeldbezug trat an die Stelle dertraditionellen Fächerstruktur. Viele schu-lische Lehrpläne aus Deutschland wurdenauf die chinesischen Anforderungen hinumgearbeitet, zum Beispiel indem deut-sche Industrienormen durch chinesischeoder internationale ersetzt wurden. ImBereich der kaufmännischen Ausbildung

traten die chinesischen Geschäf ts -gepflogenheiten, Buchhaltungs- undBilanzierungsrichtlinien, Vertriebskanäleusw. an die Stelle der entsprechendendeutschen Inhalte. Für neuere Berufe inChina, wie Industriemechaniker, Mecha-troniker oder Kaufmann für Bürokom-munikation, wurden komplette Aus-bildungsmodule entwickelt und im Rah-men von Modellversuchen erprobt. ImBereich der betrieblichen Ausbildung istes jedoch eigentlich nur in den Projektenund den Kooperationsbetrieben selbstgelungen, die betriebliche Erstausbildungentsprechend den hohen Standards deut-scher Ausbildungsordnungen zu gestalten.Leider sind auch nur äußerst wenige derin China ansässigen deutschen Unterneh-men und Joint-Ventures bereit, eine be-triebliche Erstausbildung durchzuführen.Im Rahmen von Modellversuchen wurdendeutsche PAL-Prüfungsunterlagen einge-setzt und an die chinesischen Gegeben-heiten angepasst.

Im lernprozessualen Bereich wurden imgroßen Umfang handlungsorientierteLehr- und Lernformen erprobt und überdie Lehrerbildung verbreitet sowie imRahmen von Modell-Lehrgängen umge-setzt. Umfassende Lernmaterialen für dasLernen im Lernbüro wurden entwickelt.Fallbezogenes Lernen, Schülerdiskus-sionen anstelle von monotonen Lehrer-vorträgen, praktische Übungen, Exkursio-nen und andere Formen schülerzentrier-ten Lernens fanden interessierte Aufnah-me bei Lernenden und Lehrenden.Handlungsorientierte Lernmethoden för-derten die Entwicklung von Schlüssel-qualifikationen wie Problemlösungs-fähigkeit, Ausdrucksvermögen, Fähigkeitzur Teamarbeit und andere social skills,die für die moderne Arbeitswelt unent-behrlich sind, die jedoch über die vor-herrschenden traditionellen Formen desLernens kaum ausgebildet werden kön-nen. Zur Unterstützung handlungs-orientierter Lernprozesse wurden zahlrei-che neue Lehr- und Lernmaterialien ent-wickelt. Anstelle der traditionellen Text-bücher zum Verschlingen gewaltigerWissensberge liegen jetzt für einzelneAusbildungsgänge lebendig gestaltete undbebilderte Materialien vor, die dem Schü-ler das Lernen einfacher und erlebnisrei-cher machen. Übungsmaterialien undHandreichungen für den Lehrer rundendas Angebot ab.

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Auch computergestütztes Lernen spielt inder Kooperation eine wachsende Rolle.Vorhaben zur Verbreitung von E-Learningund Distanzlernen befinden sich zur Zeitin Vorbereitung.

Auf einer weiteren Kooperationsebenewurden moderne empirische Verfahrender Arbeitsmarkt- und Qualifikations-forschung verbreitet. Auf der Grundlageentsprechender Forschungen und Unter-suchungen wurden den poli t ischenEntscheidungsträgern die notwendigenDaten, Informationen und Empfehlungenbereitgestellt. So erarbeiten die dreiBerufsbildungsinstitute u.a. Berufsbil-dungsberichte, die wesentliche Entwick-lungen zusammenfassen, auf wichtigeZukunftstendenzen hinweisen und fürEinzelfelder auch Entwicklungsprognosenliefern. Auf diese Weise übte die chine-sisch-deutsche Kooperation auf die Ge-staltung der chinesischen Berufsbildungnachhaltigen Einfluss aus. Nicht uner-wähnt bleiben soll auch die Kooperationim Bereich der Berufsberatung. Ein mo-biles Berufsberatungssystem mit einemInformationsbus in der Provinz Liaoningin Nordchina hat hier neue Wege undpraktische Methoden aufgezeigt.

Wirkungen

Hinsichtlich der langfristigen Wirkungenanhand deutscher Erfahrungen gestalte-ter Ausbildungsprojekte liegen inzwischeneinige empirische Untersuchungen vor,die für unterschiedliche Berufe bzw.Tätigkeitsfelder zu unterschiedlichen Er-gebnissen gelangen. Eine 1999 abge-schlossene Langzeitstudie(3) an Absolven-ten eines drei Jahre zuvor beendeten drei-jährigen Modell-Ausbildungsgangs zumIndustriemechaniker kommt allerdings zueher ernüchternden Ergebnissen: von 46Absolventen sind 15 arbeitslos. Sechsweitere sind nicht ausbildungsadäquateingesetzt. Auch von den übrigen kön-nen nur ganz wenige ihr vielseitiges Kön-nen wirklich einsetzen. Diese Entwicklunghat natürlich zu einem erheblichen Teilmit dem generellen Rückgang an qualifi-zierten Facharbeitern im sekundären Be-reich zu tun. Andererseits zeigt sich hierein Phänomen, das auch woanders zubeobachten ist: Die Optimierung der Ar-beitsorganisation, insbesondere in denstaatlichen Betrieben, hält mit der Ge-

schwindigkeit der Reform der Lernprozes-se in den Modellprojekten nicht Schritt.Solange die Arbeitsteilung hochgradigzersplittert ist, wird die Vielseitigkeit desbreit ausgebildeten jungen Facharbeitersnicht abgefragt. Traditionelles Hierarchie-denken der konfuzianisch geprägten Ge-sellschaft bewirkt ein Übriges: Der junge,flexible Facharbeiter darf einfach nichtbesser sein als der ältere Geselle oderMeister, dessen Erfahrung sich in denmeisten Fällen allerdings auf ein engesGebiet von Spezialfunktionen und Detail-handlungen beschränkt. Eine Untersu-chung von Stockmann u.a.(4) kommt hin-sichtlich des Niveaus und Beschäftigungs-standes der Absolventen dual gestalteterAusbildungsgänge im gewerblich-techni-schen Bereich zu ähnlichen Befunden.Allerdings sind die Erhebungsmethodenund Auswertungsverfahren dieser Studieumstritten.(5) Für den kaufmännischen Be-reich kommt eine im Jahr 2000 in Shang-hai durchgeführte Absolventenverbleibs-untersuchung(6) nun zu sehr positiven Er-gebnissen. Die in einem Lernbüro praxis-nah ausgebildeten Auszubildenden zeig-ten sich in der Lage, ein breites Spektrumunterschiedlicher kaufmännischer Berufs-aufgaben kreativ und schöpferisch zubearbeiten. Vorgesetzte auf Abteilungs-ebene gaben den mit handlungsorien-tierten Methoden ausgebildeten Absolven-ten bedeutend bessere Beurteilungen alsden traditionell ausgebildeten. Hier warvor allem deutlich geworden, dass für eineOptimierung der Ausbildung moderneLehr- und Lernmethoden oft wichtigersind als moderne Anlagen und teureSchulausstattungen. Da bisher nur kleineAbsolventengruppen untersucht wurden,können die bisher vorliegenden Ergebnis-se keine Repräsentativität beanspruchen.

Noch wesentlich schwieriger als die Beur-teilung der Wirkungen von Ausbildungs-projekten gestaltet sich die Erfassung undBewertung der Wirkung von Beratungslei-stungen. Solche qualitativen Prozesse las-sen sich aufgrund der Komplexität desUmfeldes und der Vielzahl der Einflussausübenden Faktoren nicht in ein linearesUrsache-Wirkungsmodell fassen und ent-ziehen sich daher in den meisten Fällendem mit üblichen sozialwissenschaftlichenInstrumenten messbaren Zugriff. Der ent-scheidende Nachweis für den Erfolg derSystemberatungsprojekte liegt im positivenUrteil der Partner und der Nachfrage nach

(3) Xu Ying, Hans-Günter Wagner,Gert Zinke: Berufe deutscher Prägungin der VR China? Ergebnisse einer Ab-solventenverbleibsstudie im Rahmeneines Modellversuchs zur Ausbildungvon Industriemechanikern nach deut-schem Modell, in: Zeitschrift für in-ternationale erziehungs- und sozial-wissenschaftliche Forschung /ZiesF)16 (1999), S. 287-302.

(4) Reinhard Stockmann, WolfgangMeyer, Stefanie Krapp, GodehardKöhne: Wirksamkeit deutscher Berufs-bildungszusammenarbeit. Ein Ver-gleich staatlicher und nicht-staatlicherProgramme in der Volksrepublik Chi-na. Wiesbaden: Westdeutscher Verlag2000.

(5) Siehe Hans-Günter Wagner: Rezen-sion zu ebd., in: Zeitschrift für Be-rufs- und Wirtschaftspädagogik (ZBW)Heft 2 (2001), Rezensionsteil.

(6) Hans-Günter Wagner (unter Mitar-beit von Angela Buch, Li Di, Xu Ying,Zhang J iahuan) : VR China: Be-schäftigungssituation von Absolventenkaufmännischer Ausbildungsgänge,die unter Heranziehung deutscherErfahrungen gestaltet wurden – Ergeb-nisse einer empirischen Untersu-chung, in: Wirtschaft und Erziehung53 (2001), Heft 7/8, S.232-236.

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Ausweitung dieses Kooperationsfeldes;denn diese würden sicherlich nicht formu-liert, wenn solche Vorhaben keinen hohenGebrauchswert hätten.

Wichtige Kooperationenmit anderen bilateralenund multilateralen Gebern

Seit einigen Jahren sind auch andere eu-ropäische und außereuropäische Ländernmit Berufsbildungsvorhaben im Reich derMitte vertreten, hinzu kommen dieAktivitäten multilateraler Organisationen.Im Folgenden ein kurzer Blick auf wich-tige Aktivitäten anderer Geber auf diesemGebiet:

AustralienDie TZ Australiens wird durch die Austra-lien Agency for International Develop-ment (AusAid) abgewickelt. Die aktuelleZusammenarbeit konzentriert sich auf einVorhaben zur Unterstützung der chinesi-schen Berufsbildungsreform in Chong-qing, das in diesem Jahr begann und auf18,4 Mio. A$ angelegt ist. Erstmals wer-den auch in großem Umfang australischeExperten als Langzeitkräfte im Land tätigsein.

EnglandDie britischen Aktivitäten werden vonDFID (Department for InternationalDevelopment) durchgeführt. Obwohl Bil-dung neben Gesundheit den Haupt-kooperationsbereich bildet, spielt Berufs-bildung nur eine untergeordnete Rolle.Die Aktivitäten konzentrieren sich auf denGrundbildungsbereich. Allerdings hat dasbritische System der Zertifikate und Mo-dule eine gewisse Verbreitung in Chinagefunden.

ItalienSeit diesem Jahr ist erstmals auch Italienmit einem Vorhaben zur beruflichen Bil-dung in China vertreten. Eine TechnicalUnit des italienischen Außenministeriumshat gerade begonnen, ein umfassendesQualifizierungsprogramm in der ProvinzSichuan zu implementieren.

JapanMit der JICA (Japan International Coope-ration Agency), einer Körperschaft desöffentlichen Rechts, werden Vorhaben vor

allem in den Bereichen Automations-technik und -service, industrielles Designund Informatik durchgeführt. Die Quali-fizierungsprogramme von JICA sind in derRegel in größere Projekte der technischenZusammenarbeit eingebunden, die vonder Projektfindung bis zur -evaluationbetreut werden. Die japanische Seite ent-sendet Fachkräfte und qualifiziert chine-sisches Personal in China und in Japan.

KanadaKanada ist zur Zeit nicht mit eigenen Vor-haben im Berufsbildungsbereich vertre-ten. Das in Kanada verbreitete Dacum-Modell zur Curriculumentwicklung übtjedoch großen Einfluss auf die Entwick-lung der chinesischen Lehrpläne aus.

EUIm Rahmen eines weiter gefassten HumanResources Development Ansatzes zählt dieberufliche Bildung zu den wichtigen Ak-tionsfeldern der europäisch-chinesischenZusammenarbeit.

Einige Vorhaben der EU zur Förderungder Qualifikation von Beschäftigten inWuhan und anderen Teilen Chinas lau-fen bereits seit einiger Zeit recht erfolg-reich. Hinzu kommen Vorhaben zur Qua-lifizierung von Jungmanagern sowie zurGrundbildung in Armutsregionen.

IAODie Internationale Arbeitsorganisation ko-operiert mit dem chinesischen Arbeitsmi-nisterium. Dieses Jahr wurde zwischenbeiden Institutionen ein Kooperationsab-kommen unterzeichnet, das auch Qualifi-zierungsmaßnahmen, u.a. im Bereich derArbeitssicherheit, beinhaltet. Das Interna-tional Training Centre der IAO in Turinwird Durchführungsaufgaben wahrneh-men.

WeltbankChina ist der größte Leistungsempfängerder Weltbank. Die Bank ist mit Projektenin nahezu allen Sektoren engagiert. DieBerufsbildung spielt jedoch nur eine ge-ringe Rolle. Ein Vorhaben zum Aufbau vonSchlüsselschulen als Modelleinrichtungenfür die Berufsbildungsreform endet die-ses Jahr. Seit ihrer bildungspolitischenWende von 1991 gibt die Weltbank derFörderung der Grundbildung und derstaatlichen Allgemeinbildung Priorität vorberufsqualifizierenden Maßnahmen.(7)

(7) Zu anderen Geberaktivitäten sie-he Georg, Walter: Analyse der Stär-ken und Schwächen der deutschen TZauf dem Gebiet der beruflichen Bil-dung in der VR China (Interne Studieder Deutschen Gesellschaft für tech-nische Zusammenarbei t – GTZGmbH). Eschborn 2001.

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Lessons learned

Am Anfang der Kooperation stand eineganze Reihe wechselseitiger Missver-ständnisse und Konflikte. Die chinesi-schen Counterparts waren vor allem anschnell greifenden Lösungen für drängen-de Probleme interessiert, waren jedochanfangs kaum bereit, ihr herkömmlichesSystem in seiner Gesamtheit in Frage zustellen. Die Deutschen witterten einenneuen Markt für den „Exportschlager“Duales System sowie politischen Prestige-gewinn und hofften auf besseren Markt-zutritt in China mit Hilfe der Entwicklungs-hilfe als door opener. Auf der konkretenKooperationsebene brauchten die Partnereinfach Zeit, sich einander anzunähern.Das Sendungsbewusstsein und der mis-sionarische Eifer mancher Berater in derFrühphase der Kooperation war zumeistnicht förderlich. Nicht jeder, der inDeutschland fachlich hohes Ansehengenoss, fand hier eben solches Gehör.Doch auch die chinesischen Partner wa-ren nicht einfach: ein kompliziertesLeitungs- und Beziehungsgeflecht alterKader mit ineffizienten Arbeitsmethodenmachte die Durchführung gemeinsamerVorhaben oft schwierig. Probleme wur-den eher personal als sachlich strukturiertund angegangen. Eine eigenartige Mi-schung aus konfuzianischer Loyalitäts-doktrin und demokratischem Zentralismusosteuropäischer Provenienz führte zu end-los langen Sitzungen und Entscheidungs-prozessen ohne wirkliche Entscheidun-gen. Aufgrund einer ausgeprägten Scheuder Partner, komplexe Aufgaben und Ver-antwortung zu übernehmen, kam anfangsvieles nur im Schneckentempo voran.

Zeit, Geduld und wechselseitige Toleranzhalfen schließlich, die Partner einandernäher zu bringen. Erste Erfolge im Be-reich der Facharbeiterausbildung schweiß-ten die Partner immer enger in der Durch-führung gemeinsamer Aufgaben zusam-men. Die Bereitschaft und Fähigkeit, zu-nächst zuzuhören und verstehen zu ler-nen und erst dann zu kommentieren undzu beraten, war hier wie auch andernortsder Schlüssel zum Erfolg. Der Einsatz vonLangzeitexperten, die mehrere Jahre ineinem Vorhaben mit chinesischen Part-nern an der Verwirklichung gemeinsamerZiele arbeiten, die Beratung auf derGrundlage einer engen persönlichen Be-ziehung zum Partner und die genaue

Kenntnis der Partnerbedürfnisse vor Ortbildet eine Eigenart und Stärke der deut-schen Entwicklungszusammenarbeit.Trotz aktuell gegenläufiger Tendenzen ineinigen europäischen Ländern wird diehohe Wirksamkeit dieses Kooperations-modells von anderen gerade neu erschlos-sen. In dem australisch-chinesischenBerufsbildungsprogramm zum Beispiel,das vor einigen Monaten in Chongqingbegonnen hat, wird erstmals auch ein grö-ßeres Kontingent australischer Langzeit-experten antreten. Zuvor hat Australienals zweitwichtigster Partner im Bereich derBerufsbildungskooperation noch nie mitentsandten Fachkräften in China gearbei-tet.

Nicht alles, was in Europa funktioniert underprobt ist, kann auch in Asien implemen-tiert werden. Neben dem deutschen Dual-system werden in China in großem Maßeauch australische und kanadische Erfah-rungen herangezogen. Insbesondere dasDACUM-Handbuch zur Curriculument-wicklung hat aufgrund seiner einfachenBenutzbarkeit und überschaubaren Metho-dik bei der chinesischen Curriculum-entwicklung ungleich größeren Einflussausgeübt als das deutsche Modell mit sei-nem Gewirr an Zuständigkeiten, seinerBehäbigkeit und seinem Kompetenzge-rangel in den paritätisch besetzten Gremi-en. Aufgrund politischer Vorgaben war inder Vergangenheit die Frage der Einsatz-möglichkeit eines Instruments oft stärkermit der Frage seiner geographischen Her-kunft als mit der seiner faktischen Wirk-samkeit und Effizienz verknüpft. Leider istes trotz angestrebter Multilateralisierungder Entwicklungshilfe der EU in China bis-her erst ganz ansatzweise gelungen, dieAktivitäten verschiedener Durchführungs-organisationen im Rahmen der Berufsbil-dungskooperation aufeinander abzustim-men, weshalb mögliche Synergieeffektebisher ausgeblieben sind.

Die Praxis der bisherigen Kooperation hatgezeigt, dass sich die Grundeigenschaf-ten des chinesischen Berufsbildungs-systems kaum ändern ließen. Ein gewach-senes, schulisch gestütztes Berufsbil-dungssystem lässt sich nicht ohne weite-res in ein betriebliches oder duales um-bauen, selbst wenn Modellprojekte zei-gen, dass andere Strukturen langfristigmöglicherweise zu besser ausgebildetenAbsolventen führen. Die Macht etablier-

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ter Eigeninteressen des Bildungssystemsist gerade in China besonders stark. Esfehlt zwar nicht an Versuchen, die Betrie-be stärker in die Ausbildungsverant-wortung zu nehmen; so hat erst im Julidieses Jahres auf einer nationalen Konfe-renz zur Berufsbildung der Staatsrat selbstdie Weichen für die Reform gestellt unddie beteiligten Ministerien zu bessererKooperation verpflichtet. Ministerpräsi-dent Zhu Rongji rief auf dieser Konferenzdazu auf, die Berufsbildung stärker an denErfordernissen des Marktes zu orientier-ten. Insbesondere soll sie Beiträge leisten,um Arbeitslose wieder in Beschäftigungzu bringen. Die Betriebe sollen stärker indie Pflicht genommen werden und derStaat soll sich, so der Wunsch des Staats-rates, in Zukunft auf eine Aufsichts-funktion beschränken.(8) Die bisherigeEntwicklung hat allerdings gezeigt, dasssolche Vorgaben nur äußerst schleppendumgesetzt werden. Aufgrund steigendenKostendrucks, insbesondere durch denWTO-Beitritt, haben die Betriebe nur ge-ringen finanziellen Spielraum zur Gestal-tung eigener Ausbildungsgänge. Die Be-rufsschulen selbst sind andererseits inter-essiert , ihr faktisches Ausbildungs-monopol zu behalten, denn es sichert ih-nen Bestandschutz durch Schulgeldauf-kommen und staatliche Aufgabenzu-weisung. Allerdings zeigen sich jetzt ei-nige neue Entwicklungen. Erste, unabhän-gige Kammervertretungen in Shanghaiund Shenzhen haben bereits begonnen,eigene Prüfungsstandards zu entwickeln,da die staatlichen Standards nicht ihreQualifikationsanforderungen widerspie-geln. Doch das sind neue und noch sehrembryonale Entwicklungen. Noch domi-nieren die staatlichen Bildungsbehördenund Industrieämter den Zertifizierungs-bereich, so dass die Eigendynamik büro-kratischer Apparate derzeit noch am län-geren Hebel sitzt als die aufkeimendenKräfte marktorientierter Lösungen.

Bisher ist es weder den deutschen nochden Kooperationsvorhaben der anderenLänder gelungen, die schulische Grund-orientierung des chinesischen Berufs-bildungssystems zu verändern. Im Rah-men der festgefügten Grundstrukturen isthingegen die Optimierung von Einzel-prozessen möglich. Wo die Betriebe zurKooperation absolut nicht bereit sind,müssen betriebliche Ausbildungsinhalteeben an den Schulen vermittelt werden,

zum Beispiel im Rahmen von Lernbürosoder Simulationen. Große Innovations-potenziale liegen auch in der Revolutionder Lehr- und Lernmethoden. Handlungs-orientierte Lernformen erhöhen nicht nurden Lernerfolg und bereiten besser aufkomplexe betriebliche Handlungssitua-tionen vor, sie schaffen durch das Erler-nen von Entscheidungsfähigkeit und De-mokratie auch bessere Voraussetzungenfür entsprechende langfristige gesell-schaftliche Umgestaltungen.

Neuer Fokus:Westentwicklung

Für die künftige Berufsbildungskoopera-tion spielt die Förderung der Berufsbil-dung in den Westprovinzen Chinas einezentrale Rolle. Im Oktober 2000 hat diechinesische Zentralregierung ein umfang-reiches Maßnahmenpaket für die Entwick-lung des chinesischen Westens beschlos-sen, das später um einen Aktionsplan fürdie Bildung ergänzt wurde. Der Mangelan Bildung und Ausbildung ist eine derwichtigsten Ursachen für die schleppen-de Entwicklung in Chinas Westen. ImBildungsbereich geht es neben der För-derung von Grundbildung und Distanz-lernen vor allem um Qualifizierungs-maßnahmen zur Beschäftigungsförderungdurch Qualifizierung, wobei Maßnahmenzur Förderung der Existenzgründung einezentrale Rolle spielen. Hier liegen bereitsErfahrungen entlang der Küstenregionenvor, die jedoch ambivalent sind. So wen-den s ich vie le Exis tenzgründungs-lehrgänge der Berufschulen an 16- bis 18-jährige Schülerinnen und Schüler, in derHoffnung, wenigstens einen Teil von ih-nen dadurch vor dem Fall in die Arbeits-losigkeit nach Ende des Schulbesuches zubewahren.(9) Bisher liegen keine genau-en Befunde über die beschäftigungswirk-samen Auswirkungen solcher Aus-bildungsgänge im Bereich der beruflichenErstausbildung vor. Ein etwas anderes Bildergibt sich im Rahmen der Weiterbildungbzw. Umschulung. Die Förderung derExistenzgründung arbeitsloser Frauen istauch das Ziel eines deutsch-chinesischenKooperationsvorhabens in Nanjing. Dortweist die Statistik der Arbeitsbehörde hin-sichtlich der Situation von Absolventendes Model lausbi ldungsganges eineGründungsrate von 91% ein Jahr nachAbschluss der Maßnahme aus.(10)

(8) siehe: Tai Dian: Nation to reformvocational education, in: CHINADAILY v. 30.7.02, S.3.

(9) siehe: Liu Junfang: chuangye jiaoyude lilun yu shijian yanjiu (Forschun-gen zur Theorie und Praxis der Erzie-hung zur Existenzgründung), (DizhiChubanshe). Beijing 2002.

(10) Bericht der Arbeits- und Sozial-behörde Nanjing zur Projektfort-schrittskontrolle der GTZ im Septem-ber 2002, S 3.

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Künftige Kooperationsvorhaben im Rah-men der Westentwicklung Chinas könnenauf die Ergebnisse der bisherigen Koope-ration entlang der entwickelten Küsten-regionen in vielfältiger Weise aufbauenund diese verbreiten. Dies hat auch Aus-wirkungen auf die Gestaltung solcherVorhaben aus entwicklungspolitischerPerspektive: Durch jahrzehntelange Ko-operation wurden zahlreiche chinesischeFachkräfte in China und im Ausland qua-lifiziert, so dass für Neuvorhaben nur nochin geringem Umfang die Entsendung west-licher Experten veranlasst werden muss.Für viele Berufs- und Tätigkeitsfelder lie-gen in gemeinsamer Arbeit entwickelteCurricula und Lehrmaterialien vor, die nunauch im schwach entwickelten Westen desLandes Wirkungen entfalten können.

Ebenso wie in der Vergangenheit bei denVorhaben entlang der Küstenregionen, sobildet auch hier die Kooperation mit derWirtschaft und Industrie, die Kenntnisbetrieblicher Arbeitsanforderungen undihre Integration in Lehrpläne, Lehrmate-rialien und Prüfungsanforderungen eineSchlüsselgröße des Erfolgs. Dies betrifftsowohl die Orientierung auf konkrete,anwendungsbezogene Fertigkeiten undWissen als auch die Kenntnis langfristi-ger Entwicklungen als Basis für die Erar-beitung von Schlüsselqualifikationen. DieVorhaben in der Vergangenheit waren vorallem im Bereich der Erstausbildung an-gesiedelt. In Zukunft wird die Weiterbil-dung aufgrund des akuten Problemdrucksdurch hohe Arbeitslosigkeit eine zentraleRolle spielen. BeschäftigungsförderndeWirkungen gehen eher von Kurzzeit-Trainingsprogrammen als von komplexenVorhaben im Bereich der Erstausbildungaus. Im Gefüge der deutschen Entwick-lungszusammenarbeit verliert die Berufs-bildung tendenziell ihre Rolle als ei-genständiges Kooperationsfeld und ge-winnt neue Bedeutung als Segment imRahmen von Vorhaben zur Wirtschafts-und Beschäftigungsförderung sowie imBereich ländlicher Strukturpolitik undArmutshilfe.

Tabelle

Chronik der chinesischen Berufsbildungseit der Reform- und Öffnungspolitik

Jahr Ereignis

1978 Nationale Bildungskonferenz

1980 Strukturreform der beruflichenBildung

1985 Beschluss des Zentralkomiteeszur beruflichen Bildung

1993 Verabschiedung des Lehrer-gesetzes durch den NationalenVolkskongress

1993 Zentralkomitee und Staatsrat:Richtlinien zur Entwicklung derberuflichen Bildung

1995 Staatsrat: Verabschiedung ein-heitlicher Regelungen zur Qua-lifikation der Lehrkräfte

1996 Verabschiedung des Berufsbil-dungsgesetzes der VR China

1999 Aktionsplan 2000 und nationaleBildungskonferenz

2002 Nationale Berufsbildungs-konferenz

Wirkungen

Weisung Deng Xiaopings: Bildungmuss der wirtschaftlichen Entwicklungdienen; Erhöhung des Anteils der be-ruflichen Schulen, insbesondere aufdem Land

Nach der Öffnungspolitik die erstestaatliche Regelung zur Neuordnungder mittleren und höheren beruflichenBildung. Erhöhung des Anteils der be-ruflichen Bildung, der in wenigen Jah-ren von 2% auf über 40% anstieg

Schrittweise Einführung eines berufli-chen Bildungssystems mit bessererDurchlässigkeit zur Allgemeinbildung

Einheitliche Regelung der Lehrerbil-dung

Förderung der Beteiligung der Betrie-be an der beruflichen Bildung; Rege-lung der Finanzierung der beruflichenBildung durch das Finanzministerium

Standardisierung der Anforderungenan Lehrkräfte auf den verschiedenenEbenen der beruflichen Bildung

U.a Regelungen zur Beteiligung derBetriebe an der beruflichen Bildungund zur Gründung nicht-staatlicherBildungseinrichtungen

Maßnahmen zur Verbesserung derLehrerqualifikation und Berufsbildungim Rahmen der Westentwicklung Chi-nas

Weisung des Staatsrates: Arbeitsmarkt-orientierung der beruflichen Bildung.Langfristige Reduzierung der Rolle desStaates auf die Schulaufsicht, Verbesse-rung der Zusammenarbeit der beteilig-ten Institutionen

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Europa international

Lektüre zum Thema

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se Diese Rubrik wurde von

Anne Waniart,Bibliothekarin im Cedefop,mit Unterstützung derMitglieder des Dokumen-tationsnetzwerkes erstellt

Die Rubrik „Literaturhinweise“enthält eine Sammlung jüngs-ter einschlägiger Veröffentli-chungen über die Entwicklungder Berufsbildung und derQualifikationen auf europäi-scher und internationaler Ebe-ne. Berücksichtigt wurden inerster Linie vergleichende Un-tersuchungen, aber auch na-tionale Studien, sofern sie imRahmen europäischer oder in-ternationaler Programme rea-lisiert wurden, Analysen derWirkung von Gemeinschafts-aktionen in den Mitglied-staaten und Berichte über einbestimmtes Land aus der SichtDritter.

Information,Vergleichsstudien

Lernen und Ausbildung für die Arbeitin der Wissensgesellschaft: Bericht IV.- Genf: IAO, 2003 - (Internationale Ar-beitskonferenz; 91. Tagung 2003, Be-richt IV)ISSN 0074-6681http://www.ilo.org/public/german/standards/relm/ilc/ilc91/pdf/rep-iv-2.pdf

Zu den Hauptaufgaben dieser Konferenz,die oft als internationales Parlament derArbeit bezeichnet wird, gehört zum einendie Erstellung und Verabschiedung voninternationalen Arbeitsnormen in Formvon Konventionen und Empfehlungenund zum anderen die Überwachung derAnwendung von Konventionen und Emp-fehlungen auf nationaler Ebene. Darüberhinaus ist die Konferenz auch ein Forum,in dem weltweit relevante Fragen aus denBereichen Arbeit und Soziales diskutiertwerden. Inhalt des Berichts: Abkürzungs-verzeichnis; Einleitung; EingegangeneAntworten und Kommentare, Vorgeschla-gene Schlussfolgerungen.adult learning; access to education;knowledge society; skill shortage; OECDcountries.

Beyond rhetoric: adult learning poli-cies and practices.[Jenseits von Rhetorik: Politik undPraxis der Erwachsenenbildung.]Paris: OECD, 2003. - 276 S.Organisation für wirtschaftliche Zusam-menarbeit und Entwicklung - OECDISBN 9264299432.

Vielbeschäftigte Erwachsene werden, un-abhängig von ihrem Bildungsniveau oderihrer Beschäftigungssituation, nicht seltenfragen, warum sie wieder anfangen soll-ten, etwas zu lernen. Tatsache ist aber,dass die sich ständig verändernden An-forderungen der Wissensgesellschaft, derFachkräftemangel sowie die zunehmen-de Bedeutung von Bürgerbeteiligung undsozialem Zusammenhalt eine ständigeWeiterentwicklung der Kenntnisse und

Fertigkeiten von Erwachsenen notwendigmachen. Dennoch werden Erwachsenen-bildungsangebote gerade von jenen amwenigsten genutzt, die es am dringend-sten nötig hätten. Ziel dieser Publikationist es, erfolgversprechende Ansätze für diePolitik und Praxis der Erwachsenenbil-dung zu identifizieren. Grundlage hierfürbilden die Erfahrungen aus neun OECD-Staaten: Dänemark, Finnland, Kanada,Norwegen, Portugal, Schweden, Schweiz,Spanien und das Vereinigte Königreich(England). Es werden die Merkmale ei-nes erstrebenswerten Erwachsenenbil-dungssystems definiert, einschließlich derMechanismen für die Motivierung der Er-wachsenen und die Bereitstellung geeig-neter Angebote. Manche Länder setzenverstärkt auf persönliche Anreize, andereauf nationale Strategien und öffentlicheAngebote und wiederum andere auf eineFörderung des privaten Marktes. DiesesBuch ist sowohl für Politiker als auch fürdie Akteure der Erwachsenenbildungs-praxis unverzichtbar.adult learning; access to education;knowledge society; skill shortage; OECDcountries.

Financing education: investments andreturns: analysis of the world educa-tion indicators: 2002 edition.[Bildungsfinanzierung: Investitionenund Ertrag: Analyse der internationa-len Bildungsindikatoren: Ausgabe2002.Paris: OECD, 2003. - 232 S.Organisation für wirtschaftliche Zusam-menarbeit und Entwicklung - OECDISBN 9264199713

Dieser Band ist der dritte einer Reihe vonPublikationen, mit denen die im Rahmendes OECD/UNESCO-Programms „WorldEducation Indicators“ (WEI) entwickeltenBildungsindikatoren analysiert werdensollen. In diesem Band untersucht wer-den sowohl die Investitionen in Bildungund Humankapital als auch der volkswirt-schaftliche Ertrag. Zunächst werden dieErgebnisse einer speziell in Auftrag ge-gebenen Studie über die Auswirkungenvon Humankapital auf das Wirtschafts-

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wachstum in WEI-Ländern untersucht, beider im Vergleich zu Studien in OECD-Staa-ten neue Erkenntnisse gewonnen wurden.Des weiteren werden der Kontext derTrends im Bildungswesen sowie das ge-genwärtige Niveau der Bildungsbetei-ligung und der Bildungsausgaben in WEI-Ländern aufgezeigt. Bezüglich der Finan-zierung der Bildungssysteme werden indem Bericht die Ausgaben- und Investi-tionsstrategien in WEI-Ländern sowohlaus öffentlicher als auch aus privater Sichtuntersucht. Der Bericht befasst sich mitder Logik der öffentlichen Finanzierung,mit der Frage, wie öffentliche Mittel aufdie verschiedenen Ebenen der Bildungs-systeme verteilt werden, sowie mit derRolle des Privatsektors als Anbieter vonBildungsdienstleistungen und als Quellefür Bildungsausgaben. Ergänzt wird dieAnalyse durch nationale Statistikprofile,in denen ausgewählte Kontext- undFinanzindikatoren verschiedenen OECD-und WEI-Referenzwerten gegenüberstelltwerden, sowie durch einen umfassendenStatistikanhang über WEI-Länder undOECD-Staaten. Am WEI-Programm derOECD/UNESCO beteiligt haben sich:Ägypten, Argentinien, Brasilien, Chile,China, Indien, Indonesien, Jamaika, Jor-danien, Malaysia, Paraguay, Peru, Philip-pinen, Russische Föderation, Sri Lanka,Thailand, Tunesien, Uruguay und Zimbab-we.economics of education; financing of edu-cation; financing of training; governmentpolicy; economic development; cost ben-efit analysis; educational administration;public finance; private education; OECDcountries.

Labour market and social policies inthe Baltic countries.[Arbeitsmarkt und Sozialpolitik in denbaltischen Staaten.]Paris: OECD, 2003. - 181 S.Organisation für wirtschaftliche Zusam-menarbeit und Entwicklung - OECDISBN 9264100067

Die baltischen Staaten – Estland, Lettlandund Litauen – haben seit den frühen 90er-Jahren beeindruckende Fortschritte erzieltund mittlerweile ihre Vorbereitungen fürden EU-Beitritt nahezu abgeschlossen. Inden vergangenen zehn Jahren wurden diemeisten Bestandteile des Arbeitsmarktsund der Sozialpolitik grundlegenden Re-

formen unterzogen. Allerdings steht diePolitik angesichts der sich veränderndenWirtschaftsbedingungen noch vor einerReihe von schwierigen Aufgaben. DiesePolitikstudie der OECD untersucht dieentscheidenden Probleme, die von die-sen Ländern unter Berücksichtigung derjeweiligen wirtschaftlichen und sozialenTrends gelöst werden müssen. Dabeiwerden aus den OECD-Erfahrungen so-wohl positive als auch negative Lektio-nen für die Politik gezogen. Aufgezeigtwerden auch Politikinitiativen in den bal-tischen Staaten, die, wie zum Beispiel dieRentenreform, weiter reichen als in derMehrheit der OECD-Staaten. Angesichtseiner hohen Arbeitslosigkeit, bescheide-ner Einkommen und einer im Vergleichzu anderen europäischen Staaten un-gleichmäßigeren Einkommensverteilung,steht der Politik in den baltischen Staatennur wenig Handlungsspielraum zur Ver-fügung. In der Beschäftigungspolitik mussein vordringliches Ziel die Verbesserungder Rahmenbedingungen für Innovationund die Schaffung von Arbeitsplätzensein. Die Sozialausgaben müssen einge-dämmt werden, weil die Steuer- undSozialabgabenquote vergleichsweise hochist und den Faktor Arbeit stark belastet.Dieser Bericht bietet umfangreiche Infor-mationen und Politikempfehlungen zufünf Themenbereichen: Arbeitsgesetz-gebung, „aktive“ und „passive“ Arbeits-marktpolitik; Rentenreform; langfristigeAltersversorgung; Sozialhilfe als letzterAusweg.economic development; labour market;social policy; socio economic conditions;employment policy; labour legislation;retirement; Baltic States; Estonia; Lithua-nia; Latvia.

Content Village. eLearning resources.[Content Village. eLearning-Ressour-cen.]Luxemburg: Content Village, [2003]URL: http://www.content-village.org/articles.asp?id=147

Das Content Village ist ein im Rahmendes Programms „eContent“ der Europäi-schen Gemeinschaften finanzierter Dienst.„eContent“ ist ein marktorientiertes Pro-gramm zur Unterstützung der Erstellung,Nutzung und Verteilung von europäischendigitalen Inhalten sowie zur Förderungvon sprachlicher und kultureller Vielfaltin globalen Netzwerken. Oberstes Ziel ist

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hierbei die Verbreitung und Förderungvon bewährten Praktiken und Ergebnis-sen des eContent-Programms. Zielgrup-pen sind alle Interessenten aus der Indu-strie für digitale Inhalte und der Sprach-industrie sowie der öffentliche Sektor. Zuden vom Content Village bereits angebo-tenen Informationen gehören unter ande-rem: detaillierte Unterlagen zu allengemeinschaftsfinanzierten eContent-Pro-jekten mit den jeweils aktuellsten Projekt-ergebnissen, Spezialartikel sowie zahllo-se Verweise auf Hintergrundinformationenzu zentralen Themen des eContent-Pro-gramms.

eLearning; electronics industry; train-ing information; eContent pro-gramme; EU countries.Countdown: the challenge of the Eu-ropean Union’s eastern enlargement.[Countdown: die Herausforderung derOsterweiterung der Europäischen Un-ion.]Wien: WIIW, 2003Wiener Institut für Internationale Wirt-schaftsvergleiche - WIIWURL: http://wiiwsv.wsr.ac.at/countdown/

„Countdown“ ist ein online operierendesInformations-, Dokumentations- undKommunikationszentrum über die EU-Osterweiterung. Als EU-Interreg II/C-Pro-jekt und von der Stadt Wien und demösterreichischen Bundeskanzleramt mit-finanziert, wird „Countdown“ vom Wie-ner Institut für Internationale Wirtschafts-vergleiche (WIIW) betrieben. Die Grund-lage des Online-Zentrums bildet ein in-ternationales Netzwerk von zusammenar-beitenden Institutionen in den angeschlos-senen Ländern und den EU-Mitglied-staaten. Gegründet wurde „Countdown“mit der Absicht, einen Beitrag zu leisten,um die in diesem Forschungsgebiet bis-lang immer noch enorme Informations-und Kommunikationslücke zu schließen.enlargement of the Community ;information service; Eastern Europe.

Erweitertes lebenslanges Lernen iminternationalen Vergleich / GünterDohmen.Chemnitz: Bi ldungsforum Südwest-sachsen, 2003. - 21 S.URL: http://www.tu-chemnitz.de/phil/ebbw/bf/files/dohmen.pdf

Rede zu internationalen Fragen des le-benslangen Lernens mit Schwerpunkt aufder Anerkennung formalen/informellen/vergangenen Lernens.lifelong learning; comparative analysis;non formal learning; informal learning; EUcountries; OECD countries.

Finanzierung von Weiterbildung undlebenslangem Lernen: Dokumentationder Konferenz des Forschungsinsti-tuts für Bildungs- und Sozialökonomieam 8. und 9. April 2002 in Köln / Gün-ther Dohmen und Birgitt A. Cleuvers(Hrsg.).Bielefeld: W. Bertelsmann Verlag, 2003 -(Schriften zur Bildungs- und Sozialöko-nomie; 2)

Weiterbildung und lebenslanges Lernengewinnen an Bedeutung. Internationalwerden Finanzierungskonzepte wie Lern-konten, Trainingsfonds, Gutscheine, Um-lagefinanzierung, Taximeter- oder inte-grierte Modelle schon seit Jahren disku-tiert und erprobt. In Deutschland ist dieAuseinandersetzung mit Modellen zurBildungsfinanzierung angesichts geplan-ter Reformen und dem Ziel, das Bildungs-system und die Bildungsmöglichkeitennachhaltig zu verbessern, aktueller dennje.f inancing of t ra ining; f inancing ofeducation; lifelong learning; continuingvocational training; comparative analysis;economics of education; EU countries;Asia.

Fit for Europe.Nürnberg: Bundesanstalt für Arbeit, 2003URL: http://europe-online.universum.de/frame.pl

Das Projekt „Fit for Europe“ bietet in sie-ben Sprachen Informationen über Arbeitund berufliche Bildung in allen EU-Staa-ten, wichtige Adressen und Links sowieeinen Sprachtest in elf Sprachen. Das Pro-jekt wird im Rahmen des ProgrammsLeonardo da Vinci von der EU gefördert.guidance service; educational guidance;vocational guidance; EU countries.

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Kompetenz für die Zukunft: Ausbil-dung und Lernen in Europa: ZweiterBericht des Cedefop zur europäischenBerufsbildungsforschung / ManfredTessaringIn: Politische Perspektiven beruflicherBildung, S. 123-136 (2003).Bielefeld: W. Bertelsmann Verlag, 2003 -(Meilensteine der beruflichen Bildung; 3)ISBN 3-7639-3017-5

Dieses Kapitel liefert Informationen überden zweiten Forschungsbericht zur Be-rufsbildung in Europa, der 2001 veröffent-licht wurde. Leitmotiv ist hierbei das Kon-zept der „Kompetenz“. Dieser sehr um-fassende Bericht besteht aus fünf Teilen;die Themenbereiche und Autoren werdenals Anhang zu diesem Kapitel vorgestellt.training research; skill; Community policy;Cedefop; EU countries.

Research and policy in open anddistance learning: proceedings of thesecond research workshop of EDEN.[Forschung und Politik im Bereich of-fenes Lernen und Fernunterricht: Be-richt des zweiten Forschungs-workshops des Netzwerks EDEN.]Budapest: EDEN, 2003. 240 S.European Distance Education Network -EDEN

Diese Studie bietet einen Überblick überdie aktuelle Lage und die zukünftigenEntwicklungen und Herausforderungenfür den Ausbau der internationalen Zu-sammenarbeit für offenes Lernen undFernunterricht in Europa.distance study; open learning; eLearning;international cooperation; Europe.

Systeme des Leistungsbezugs bei Ar-beitslosigkeit: ein zwischenstaatlicherVergleich / Heinz Werner, WernerWinkler.In: IAB Werkstattbericht 4 (2003).Nürnberg: IAB, 2003. 45 S.Institut für Arbeitsmarkt- und Berufs-forschung - IABISSN 0942-1688URL: http://www.iab.de/ftproot/wb0301.pdf

Zunächst wird der Begriff der Arbeitslo-sigkeit und deren Messung erläutert. Esschließt sich eine Übersicht zum Zusam-menhang zwischen aktiver und passiver

Arbeitsmarktpolitik (Leistungsbezug) an.Dann folgt ein Ländervergleich derLeistungsbezugskriterien. Der Anhang ent-hält detaillierte Angaben zu folgenden Län-dern: Dänemark, Deutschland, Frankreich,Kanada, Niederlande, Österreich, Schwe-den, Schweiz, USA, Vereinigtes Königreich.unemployment benefit; comparativeanalysis; social security; employmentpolicy; EU countries; United States;Switzerland.

Europäische Union:Politik, Programme,Teilnehmer

Entschließung des Rates vom 19. De-zember 2002 zur Förderung einer ver-stärkten europäischen Zusammenar-beit bei der beruflichen Bildung / DerRat der Europäischen Union.In: Amtsblatt der Europäischen Union Nr.C 13, S. 2-4 (2003).Luxemburg: EUR-OP, 2003URL: http://libserver.cedefop.eu.int/vetelib/eu/leg/res/2003_0013_de.pdf

Mit dieser Entschließung bekräftigt der Ratseine Verpflichtung zur Intensivierung derZusammenarbeit bei der beruflichen Bil-dung, um die Hindernisse für die berufli-che und geografische Mobilität zu besei-tigen und den Zugang zum lebens-begleitenden Lernen zu fördern. Der Ratplädiert zudem dafür, dass die weitereZusammenarbeit bei der beruflichen Bil-dung durch Maßnahmen und Strategienunterstützt werden solle, die in erster Li-nie im Rahmen des Berichts über die kon-kreten künftigen Ziele der Systeme derallgemeinen und beruflichen Bildung un-ter Berücksichtigung der Entschließungzum lebensbegleitenden Lernen, aberauch im Rahmen der EuropäischenBeschäftigungsstrategie durchgeführt wür-den. Darüber hinaus stellt der Rat fest,dass die folgenden Anliegen Vorrang ha-ben sollten: Europäische Dimension;Transparenz, Information und Orientie-rung; Anerkennung von Fähigkeiten undQualifikationen; Qualitätssicherung.training policy; training partnership;educat ional pol icy; internat ionalcooperat ion; European dimension;transparency of qualifications; recognitionof competences; recognition of diplomas;vocational guidance; EU countries.

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Elearningeuropa.info portal.[Internetportal Elearningeuropa.info]Barcelona: PAU Education, 2003 - Euro-päische KommissionURL: http://www.elearningeuropa.info/

Dieses Portal versteht sich als virtuellerTreffpunkt und Informationsverzeichnisfür alle Fragen rund um eLearning. Ge-boten werden auf diesen Seiten nützlicheInformationen über die wichtigsten Initia-tiven: wichtige Wirtschaftshilfeprogrammesowie verschiedene Projekte Institutionenund Ressourcen, die überall in Europaentwickelt und betrieben bzw. eingesetztwerden.eLearning; training information; trainingprogramme; training institution; EUcountries.

Die Zukunft der Europäischen Be-schäftigungsstrategie (EBS) „Eine Stra-tegie für Vollbeschäftigung und besse-re Arbeitsplätze für alle“: Mitteilungder Kommission an den Rat, das Eu-ropäische Parlament, den Wirtschafts-und Sozialausschuss und den Aus-schuss der Regionen / Kommissionder Europäischen Gemeinschaften.Luxemburg: EUR-OP, 2003. 26 S. (KOM(2003) 6 endg.)ISSN 0254-1491URL: http://libserver.cedefop.eu.int/vetelib/eu/leg/com/com_2003_0006_de.pdf

Ziel dieser Mitteilung ist es, eine überar-beitete Strategie vorzuschlagen, ergänztdurch Beispiele vorhandener konkreterZiele und Vorgaben und Erwägungen undVorschläge für mögliche neue Vorgaben.Damit soll die Grundlage für eine offeneDiskussion mit allen interessierten Partei-en gelegt werden, insbesondere mit denMitgliedstaaten, dem Europäischen Parla-ment, den Organisationen der Sozialpart-ner und der Zivilgesellschaft. Die Kom-mission wird einen formellen Vorschlagfür die beschäftigungspolitischen Leitlini-en und Empfehlungen vorlegen, derenAnnahme durch den Rat Ende des erstenHalbjahres 2003 erfolgen wird.employment policy; social partners;employment monitoring system; EUcountries.

Change in European education andtraining systems related to informa-tion society technologies / EuropeanDistance Education Network.[Wandel in europäischen Bildungs-und Ausbildungssystemen durchTechnologien der Informationsgesell-schaft]Budapest: EDEN, 2003. - 112 S.European Distance Education Network -EDENISBN 1-898253-53-6

Diese Studie bietet einen Überblick überdie aktuelle Lage und die gegenwärtigenEntwicklungen und Herausforderungenfür die Entwicklung von hochwertigemeLearning in Europa. Marktstrategien,Auswirkungen der Politik, innovativePraktiken und Forschungsentwicklungenin Verbindung mit Innovation in Bildungund Ausbildung sind die Schwerpunktedes Berichts. Dieser ist das wesentlicheErgebnis des ersten Jahres des von derGeneraldirektion Informationsgesellschaftfinanzierten EU-Projekts „L-change“.educational innovation; training innova-tion; eLearning; technological change;Europe.

Contribution by national socialpartners to the Luxembourg Process/ European Association for Territori-al Excellence.[Beitrag der nationalen Sozialpartnerzum Verfahren von Luxemburg.]Brüssel: Eurexter, 2003. 65 S.URL: http://europa.eu.int/comm/employment_social/news/2003/jan/coparso_de.pdf

Gegenstand dieses Projekts ist in ersterLinie eine Diskussion über rund zwanzigBeschäftigungsinitiativen in zwölf Mit-gliedstaaten, die gemeinsam von nationa-len Sozialpartnern vorgestellt wurden, umdie Sozialpartner in Frankreich mit denEntwicklungen in anderen Mitgliedstaatenvertraut zu machen. Ziel dieses Ansatzeswar eine exemplarische, konkretere Ein-beziehung der Sozialpartner als wichtigeAkteure in die Europäische Beschäfti-gungsstrategie (EBS) sowie die Stärkungder territorialen Komponente der Strate-gie auf regionaler und lokaler Ebene. DieTeilnehmer schlagen vor, diesen Ansatzfür spezielle Aspekte der EBS auf andereMitgliedstaaten auszudehnen. Zum ande-

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ren wurden auf der Grundlage der jewei-ligen nationalen Aktionspläne für Beschäf-tigung für die Sozialpartner auf nationa-ler Ebene relevante Themen diskutiert,darunter insbesondere Fragen der Jugend-und Langzeitarbeitslosigkeit, der Erstaus-bildung und Weiterbildung sowie der Ar-bei tsorganisat ion. Dieses exper i -mentelle Netzwerk umfasst Sozialpartneraus Deutschland, Spanien und Frankreich,die ihrerseits Sozialpartner aus jeweilszwei oder drei anderen Mitgliedstaatenhinzugezogen haben. Durch diesen Mei-nungsaustausch wurde bei den Sozialpart-nern ein besseres Verständnis der Akti-onspläne für Beschäftigung in anderenLändern gefördert. Abschließend werdendie Schlussfolgerungen aus den Projekt-erkenntnissen, die Interpretation der EBSdurch die Teilnehmer sowie Verbesse-rungsmöglichkeiten und die Aussichtenauf Verbreitung der für dieses Projektgewählten Methodikansätze vorgestellt.employment policy; social partners; localplanning; EU countries.

Multiannual work programme of thesocial partners / European Commis-sion.[Mehrjähriges Arbeitsprogramm derSozialpartner / Europäische Kommis-sion.]Brüssel: Europäische Kommission. Gene-raldirektion Beschäftigung und Soziales,2003. 2 S.URL:http://europa.eu.int/comm/employment_social/news/2002/dec/prog_de_travail_comm_en.pdf

Auf dem Gipfel für den Sozialen Dialogin Genval am 28. November 2002 habendie Sozialpartner ihr gemeinsames mehr-jähriges Arbeitsprogramm vorgestellt. Esbenennt Themen von gemeinsamem In-teresse für Arbeitgeber und Arbeitnehmer,die die Sozialpartner von 2003 bis 2005behandeln wollen. Die Maßnahmen wer-den sich auf ein breites Spektrum unter-schiedlicher Instrumente stützen und sichauf die Bereiche Beschäftigung, Erweite-rung und Mobilität konzentrieren.social partners; social dialogue; EUcountries; work programme.

Die Zukunft der Europäischen Be-schäftigungsstrategie: EBS / Europäi-sche Kommission.Brüssel: Europäische Kommission. Gene-

raldirektion Beschäftigung und Soziales,2003. 23 S.URL: http://libserver.cedefop.eu.int/vetelib/eu/pub/commission/dgesa/2003_0001_de.pdf

In ihrer Mitteilung vom 14. Januar 2003hat die Europäische Kommission eineneue, funktionellere Europäische Beschäf-tigungsstrategie (EBS) vorgestellt, mit derneuen Herausforderungen wie dem be-schleunigten wirtschaftlichen Wandel, derAlterung der Bevölkerung und der Erwei-terung begegnet werden soll. Laut Kom-mission soll die künftige Strategie – inÜbereinstimmung mit der in Lissabonbeschlossenen Reformagenda – dreiHauptziele verfolgen: Vollbeschäftigung,Steigerung der Arbeitsplatzqualität undder Arbeitsproduktivität („bessere Arbeits-plätze“) sowie Stärkung des Zusammen-halts und eines integrativen Arbeitsmark-tes. Die Kommission strebt auch eine bes-sere Steuerung der Strategie an, insbeson-dere durch eine stärkere Einbeziehung derSozialpartner und der Zivilgesellschaftsowie durch eine bessere Verzahnung derStrategie mit anderen politischen Koordi-nierungsprozessen in der EU, z.B. mit denGrundzügen der wirtschaftspolitischenLeitlinien. Mit dem Strategiepapier soll imVorfeld des EU-Frühjahrsgipfels eine breitangelegte Debatte über die künftige Aus-gestaltung der EBS eingeleitet werden.employment policy; social partners;employment monitoring system; EUcountries.

Open and distance learning in Europeand beyond: rethinking internationalcooperation / European DistanceEducation Network.[Offenes Lernen und Fernunterricht inEuropa und darüber hinaus: interna-tionale Zusammenarbeit überdenken.]Budapest: EDEN, 2003. 595 S.European Distance Education Network -EDEN

Diese Studie bietet einen Überblick überdie aktuelle Lage und die zukünftigenEntwicklungen und Herausforderungenfür den Ausbau der internationalen Zu-sammenarbeit für offenes Lernen undFernunterricht in Europa.distance study; open learning; eLearning;international cooperation; Europe.

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Vade-Mecum: textes officiels interna-tionaux concernant les langues moinsrépandues en Europe / rassemblés parEmese Medgyesi.[Vade-Mecum: Internationale offiziel-le Texte bezüglich der in Europa we-nig verbreiteten Sprachen / zusam-mengestellt von Emese Medgyesi.][3. Auflage] Brüssel: EBLUL, 2003. 508 S.(BELMR Dokumente; 4)ISBN 2960034112

Dieser Band stellt die internationalenDokumente über die Sprachen und Kul-turen von europäischen Sprachminder-heiten vor, von denen derzeit über vier-zig im BELMR vertreten sind. Darüber hin-aus gibt es ein Verzeichnis der Internet-adressen [Auszug].language; minority language; Communitypolicy; language; EU countries.

Lisbon strategy: time is running out,action needed now / UNICE.[Lissabon-Strategie: Die Zeit läuft ab,Maßnahmen sind jetzt gefragt /UNICE.]Brüssel: UNICE, 2003. 20 S.Union der Industrie- und Arbeitgeber-verbände Europas - UNICE

Die Bewertung aus Sicht der UNICE derbisherigen Umsetzung der beim Gipfelvon Lissabon im Frühjahr 2000 eingegan-genen Verpflichtungen und der notwen-

digen Anstrengungen zur Einhaltung desvereinbarten Zeitrahmens sind in einem20seitigen Bericht zusammengefasst, des-sen Kernaussage im Untertitel steht: „DieZeit läuft ab, Maßnahmen sind jetzt ge-fragt“. Die UNICE fordert die Politik auf,Unternehmertum in Europa zu fördern,um Innovation sicherzustellen, um diewahre Kraft des Einheitsmarktes freizu-setzen, um die Qualität der Arbeitskräftezu stärken und um eine nachhaltige Ent-wicklung zu ermöglichen.entrepreneurship; economic policy;employment policy; EU countries.

European Information TechnologyObservatory 2003 / EITOFrankfurt: EITO, 2003. 400 S. + CD-ROMEuropean Informat ion TechnologyObservatory - EITO

Das EITO wurde von Anfang an in ho-hem Maße von der Generaldirektion III –Industrie der Europäischen Kommissionund seit 1995 auch vom Referat Wissen-schaft, Technologie und Industrie derOECD in Paris unterstützt. EITO wurdedurch die finanzielle Unterstützung derEITO Sponsoren, der Messe SYSTEMS inMünchen und der industriellen EITO-Sponsoren Deutsche Telekom, TelecomItalia und Interpro ins Leben gerufen.information technology; market; trend;forecast ing; computer industry ;information society; EU countries; .

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verbundenen Qualifikationsanforde-rungen, auf neue Berufe im Dienstlei-stungsbereich, auf Zusatzqualifikationenu. v. m. beziehen. Darüber hinaus ent-hält der Band eine ausführliche Darstel-lung der Statements und Diskussionsbei-träge einer international hochrangig be-setzten Podiumsdiskussion, an der u.a.Bundesbildungsministerin Bulmahn teil-nahm.training policy; vocational training;vocational education; training research;training development; Germany.

The Danish FoUProgramme: innovation

and development of the Danish VETsystem: a case of good practice / PiaCort [et al.].[Das dänische Programm FoU: Inno-vation und Entwicklung des däni-schen Berufsbildungssystems: ein Fallvon bewährter Praxis].Frederiksberg: DEL, 2003. 41 S.Cort, Pia; Dänemarks Erhvervspæda-gogiske Læreruddannelse - DEL

1999 erhielt das dänische Berufsbildungs-system für seine innovativen Fähigkeitenden Bertelsmann-Preis. Einer der entschei-denden Faktoren für die ständige Er-neuerungsfähigkeit dieses Systems ist dasdänische Programm für Innovation undEntwicklung (Forsøgs- og Udviklings-program – FoU). Durch dieses Programmwurden Innovation und Entwicklung zufesten Bestandteilen der täglichen Praxisin dänischen Berufsschulen. Diese Publi-kation beschreibt das Programm, den ge-setzgeberischen Rahmen sowie den Bei-trag des Programms zur Weiterbildung derLehrer, zur Entwicklung der Schulen undzur Weiterentwicklung des Systems. FoUwird als ein Fall bewährter Praxis vorge-stellt, der in vielen europäischen Ländernals Anregung dienen könnte.research programme; training system;vocational training; training reform;professionalism; vocational teacher;school; research development; Denmark.

Aus den Mitgliedstaaten

Die Lehr-Lern-Perspektive /Frank Achtenhagen,

Ernst G. John.Bielefeld: W. Bertelsmann Verlag, 2003.480 S. (Meilensteine der beruflichen Bil-dung; 1)ISBN 3-7639-3015-9

Dieser Band gibt einen umfassendenÜberblick über den aktuellen Stand derdeutschen und internationalen Berufs-bildungsforschung auf den Gebieten desLehrens und Lernens. Dazu gehören For-schungen im Rahmen des berufsbezoge-nen DFG-Schwerpunktprogramms, derEuropäischen COST Action A11 „Trans-ferability, flexibility and mobility as targetsfor vocational education and training“,aber auch des US-weiten Programms„How People Learn“. Daneben werdenzentrale Forschungsfragen und entspre-chende Antworten aus anderen europäi-schen Ländern oder aus dem pazifischenRaum vorgestellt. Themen sind unter an-derem selbstorganisiertes Lernen, sozial-kulturelles Lernen, Mastery Learning,Betriebserkundungen, problemlösendesHandeln, Fragen des Lernens mit Medi-en. Generell werden aktuelle Themenpräsentiert und zum überwiegenden Teilvon Diskutanten bewertet.training research; vocational training;teaching; learning; training development;Germany.

Politische Perspektiven beruflicherBildung / Frank Achtenhagen, Ernst G.John.Bielefeld: W. Bertelsmann Verlag, 2003.411 S. (Meilensteine der beruflichen Bil-dung; 3)ISBN 3-7639-3017-5

Dieser Band gibt einen Überblick überaktuelle berufsbildungspolitische The-menfelder. Hierzu werden u.a. ausgewähl-te Forschungsergebnisse des Soziologi-schen Forschungsinstituts, des Bun-desinstituts für Berufsbildung, des auf dereuropäischen Ebene tätigen CEDEFOPsowie des US-amerikanischen NCRVE vor-gestellt, die sich auf den strukturellenWandel der Arbeitswelt und die damit

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De gymnasiale uddannelser: redegø-relse til Folketinget / Undervisnings-ministeriet.[Höhere Bildung: Erklärung an das Dä-nische Parlament].Kopenhagen: UVM, 2003. 73 S.ISBN 87-603-2288-8URL: http://pub.uvm.dk/2003/gym/

In Juni 2002 wurde von der dänischenRegierung ihr Aktionsplan für „bessereBildung“ veröffentlicht. Ein zentraler Be-standteil dieses Plans war die grundsätz-liche Anhebung des akademischen Ni-veaus der dänischen Bildungsprogrammevon der Grundschule bis zur höheren Bil-dung. Diese Publikation beschreibt denRegierungsvorschlag für eine Reform deshöheren Bildungswegs (Gymnasium), deshöheren Vorbereitungsexamens (HF) so-wie der höheren beruflichen Bildungsgän-ge (HHX und HTX). Die umfassendstenÄnderungen werden für die beiden erstenBildungsgänge vorgeschlagen, währendfür die Programme HHX und HTX nurstrukturelle Anpassungen vorgesehensind. Das primäre Ziel der Reform bestehtin der Anhebung der akademischen Ni-veaus bzw. in der besseren Qualifizierungder Schüler für nachfolgende Studien aneiner Universität. Darüber hinaus setzt derRegierungsvorschlag auch folgendeSchwerpunkte: klare Lehrziele, neuePrüfungsform, interdisziplinärer Unterrichtund Aktivierung der Schüler.upper secondary education; educationalreform; ski l l ; learning s t ra tegy;examination; student; Denmark; workprogramme

Kompetence [Kompetenz] / Under-visningsministeriet.In: Uddannelse 1, 56 S. (2003). Kopenha-gen: UVM, 2003ISSN 0503-0102URL: http://udd.uvm.dk/200301/index.htm?menuid=4515Undervisningsministeriet - UVM

Schwerpunkt dieser Ausgabe der Zeit-schr i f t des Unterr ichtsminis ter iums„Uddannelse“ ist das Konzept der Kom-petenz und seiner Entwicklung seit 1999,als das Thema bereits Thema einer Aus-gabe von „Uddannelse“ war. Seitdem sinddie Begriffe Kompetenz und Kompetenz-entwicklung fest in der dänischen Spra-che verankert und werden heute häufi-

ger gebracht als Qualifikationen undQualifikationsanalysen. Im ersten Artikelwird das Konzept aus historischer Sichtbetrachtet. Der Artikel zeigt, wie undwarum sich dieses Konzept gegen dasKonzept der Qualifikationen durchgesetzthat. Die weiteren Artikeln befassen sichmit dem Konzept aus verschiedenen Per-spektiven (persönlich, organisatorisch,national und international).ski l l ; educat ional pol icy; personaldevelopment; assessment of competences;culture; qualification; Denmark.

Vocational TrainingDynamic Development

with a European perspective: organi-sation of Vocational Education andTraining - OEEK / OEEK[Dynamische Entwicklung der Berufs-bildung mit europäischer Perspektive:Organisation der Berufsbildung –OEEK]Athen: OEEK, 2003. 6 S.

Die Organisation für Berufsbildung(Organismos Epangelmatikis Ekpaidefsiskai Katartisis - OEEK) ist für die Planung,Organisation, Durchführung und Unter-stützung der beruflichen Erstausbildungin Griechenland zuständig. Die OEEK istverwaltungstechnisch und wirtschaftlichunabhängig und untersteht dem Ministe-rium für nationale Bildung und kirchli-che Angelegenheiten. Sie ist zudem fürdie Einrichtung und Verwaltung der 130öffentlichen Berufsschulen in Griechen-land verantwortlich und überwacht wei-tere 65 private Berufsschulen.training development; training institution;curriculum development; recognition ofdiplomas; certification of competences;Greece.

Sustaining progress:social partnership agree-

ment 2003-2005 / Government of Ire-land.[Nachhaltiger Fortschritt: Sozial-partnerschaftsvereinbarung 2003-2005 / Regierung von Irland.Dublin: Stationery Office, 2003. 123 S.ISBN 0-7557-1550-0URL: http://www.taoiseach.gov.ie/upload/publications/2123.pdf

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Diese Publikation ist die sechste in einerReihe von Vereinbarungen zwischen derRegierung und den Sozialpartnern zur Si-cherung des sozialen Friedens und desFortschritts in einer wirtschaftlich unsiche-ren Zeit. Diese Vereinbarung schließt sichan das vorherige Programm aus dem Jah-re 2000 für Wohlstand und Fortschritt (Pro-gramme for Prosperity and Progress) an.Im ersten Teil des Dokuments werden dergenerelle Gegenstand der Vereinbarungsowie die zehn speziellen Initiativen fest-gelegt, die während der Vereinbarungs-dauer entwickelt werden sollen. Darge-legt werden zum einen die konkretenVereinbarungen mit den Sozialpartnernbezüglich dieser Initiativen und zum an-deren der allgemeine politische Rahmen,der die gesamtwirtschaftliche Politik, diewirtschaftliche Entwicklung und denWohlstand sowie die Schaffung einer ge-rechten und integrativen Gesellschaftumfasst. Im zweiten Teil werden die Be-dingungen des Entwurfs für ein Tarifab-kommen dargelegt sowie eine Reihe hier-mit verbundener Fragen erörtert, darun-ter der Vorschlag für ein Mindesteinkom-men und die Themen Arbeitspartnerschaftund Industriebeziehungen. Das Dokumententhält diverse Maßnahmen unter ande-rem zum Schutz von Arbeitnehmerrech-ten, zur Verbesserung der Fertigkeitendurch Weiterbildung am Arbeitsplatz, zurAusbildungsförderung für Behinderte, zurUnterstützung von Arbeit-Freizeit-Pro-grammen sowie zur Entwicklung von in-tegrierten Maßnahmen für Gastarbeiter.collective agreement; social partners;incomes policy; economic development;social integration; in service training;disabled worker; migrant worker; Ireland.

A framework for quality in Irishuniversities: meeting the challenge ofchange / Conference of Heads of IrishUniversities. –[Ein Rahmen für Qualität an irischenUniversitäten: die Herausforderungendes Wandels / Konferenz der irischenUniversitätsrektoren.]Dublin: CHIU, 2003. - 80 p.URL: http://www.chiu.ie/Quality.pdf

In den vergangenen Jahrzehnten hat dieZahl der Studenten an Hochschulen undUniversitäten in Irland, wie in vielen an-deren Ländern auch, deutlich zugenom-men. Parallel hierzu ist die studentische

Bevölkerung auch vielfältiger geworden,so dass von den Hochschulen zunehmendinnovative Lösungsansätze gefunden wer-den müssen. Die sieben irischen Univer-sitäten haben sich in ihrer Kultur, im Ma-nagement, in der Verwendung von Res-sourcen und ihrem Verständnis von Leh-re und Forschung als Dienst an der Ge-sellschaft grundlegend verändert. DiesePublikation stellt einen wichtigen Schrittin der Entwicklung eines Qualitäts-rahmens dar, dessen Grundlage die ge-meinsamen Anstrengungen der siebenUniversitäten bilden. Die Einführung ei-nes systematischen Ansatzes für Qualitäts-verbesserung wird hierbei durch die Ein-richtung des „Irish Universities QualityBoard“ weiter gestärkt. Diese Publikationbeschreibt die vorgesehenen Verfahrenzur Durchführung von Qualitätssiche-rungsmaßnahmen innerhalb der Hoch-schulen sowie die Konsequenzen aus denQualitätskontrollen. Begleitend zu dieserPublikation, deren Ziel es ist, die Debat-te zu diesem Thema anzuregen, sollennoch weitere Ressourcen eingesetzt wer-den, darunter eine spezielle Website undeine jährl iche Konferenz zu einemqualitätsrelevanten Thema.university; quality management; Ireland.

Avaliação da formação:glossário anotado. /

Zelinda Isabel Jorge Cardoso [et al.].[Evaluierung der Ausbildung: kom-mentiertes Glossar.]Lissabon: INOFOR, 2003. 116 S.ISBN 972-8619-47-2

Mit der Veröffentlichung dieses Glossarswollten die Autoren die notwendigenVoraussetzungen für die Einführung einerEvaluierungskultur innerhalb von Orga-nisationen schaffen und auf diese Weiseeinen Beitrag zur Charakterisierung derbestehenden Evaluierungspraktiken lei-sten. Sie haben zudem versucht, den An-wendern eine Reihe von Hilfsmitteln zurVerfügung zu stellen, die den konzeptio-nellen Einstieg in die Evaluierung derBerufsbildung erleichtern sollen. Mit demAufbau des Glossars soll eine Vereinheit-lichung der Terminologie nach bestimm-ten Konzepten für die Evaluierung derAusbildung erreicht werden.training evaluation; terminology; Portugal.

P

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Dimensão social e imigração:Departamento de Estudos, Prospectivae Planeamento - DEPP[Soziale Dimension und Einwande-rung]Oeiras: Celta Editora, 2003. 165 S. -(Cadernos Sociedade e Trabalho; 3)ISBN 972-704-227-9

Das kürzlich erschienene Heft Nr. 3 istdas Ergebnis einer Zusammenstellung vonDokumenten und Papieren, die währenddes Workshops für die Vorstellung desBerichts „Die soziale Situation in der Eu-ropäischen Union 2002“ erstellt wurden.Übergeordnetes Thema war hierbei diegeografische Mobilität, insbesondere dieInteraktion der verschiedenen Mobilitäts-modelle (von befristeten Bevölkerungs-bewegungen bis hin zur Einwanderung)sowie das soziale Netz in Europa. Als einewesentliche Schlussfolgerung aus derDebatte über den Themenbereich „Sozia-le Dimension und Einwanderung“ ist dieSchlüsselrolle von Bildung und Ausbil-dung im Prozess der wirtschaftlichen undsozialen Eingliederung hervorzuheben.Die Öffnung des Zugangs zur Bildung fürEinwanderer und ihre Kinder, insbeson-dere wenn das Niveau ihrer Qualifikatio-nen/Schulbildung unzureichend ist, dieFörderung geeigneter Beschäftigungsan-gebote, die Beseitigung von Hindernis-sen bei der Wohnungssuche: dies sindeinige zentrale Voraussetzungen für einevollständige, diskriminierungsfreie Inte-gration in die Wirtschaft und die Gesell-schaft des jeweiligen Gastlandes.labour market; migrant integration;migrant training; social discrimination;social integration; social mobility; socialstructure; Portugal.

Formação Profissional na Europa:cultura, valores e significados / Coord.Eduardo Álvaro do Carmo.[Berufsbildung in Europa: Kultur, Wer-te und Bedeutungen]Lissabon: INOFOR, 2003. - 275 p. - (Novosformadores)

Das Netzwerk VET FORUM wurde 1994von Forschern aus verschiedenen Wissen-schaftsbereichen mit Bezug zu Human-ressourcen, Beschäftigung und sozialerAusgrenzung als informeller Diskussions-raum eingerichtet; seit 1998 wird das Netz-werk über das 4. Rahmenforschungs-

programm der Europäischen Union finan-ziert. Hauptaufgabe dieses Netzwerks istdie Bereitstellung eines Raumes für Dis-kussionen über Fragen zu Humanressour-cen und ihrer Rolle bei der wirtschaftli-chen und sozialen Entwicklung der EU undihrer Mitgliedstaaten. Des weiteren trägt eszur Entwicklung einer europäischen For-schungsgemeinschaft bei, die als multi-kulturelle und interdisziplinäre Einrichtungdie europäische Dimension der Berufsbil-dung entwickeln wird. Schwerpunkte die-ses vom VET FORUM veröffentlichtenDokuments sind vier Themenbereiche rundum Aus- und Berufsbildung: „Kultur, Wer-te und Bedeutungen“, „Veränderte Bezie-hungen zwischen Bildung und Arbeit“,„Strategien für die Evaluierung von Pro-grammen“ und „Herausforderungen für dieForschung – Überlegungen“. Die Texteumfassen zu jedem dieser Themenberei-che verschiedene Überlegungen unter Ein-beziehung diverser Ansätze und Modelle.Ziel dieses Werks ist es, Diskussionsansätzezum Thema Berufsbildung zu liefern undgleichzeitig als Referenzdokument für dieEntwicklung von Humanressourcen ein tie-feres Verständnis dieses Themas zu ver-mitteln.cul ture; entry into working l i fe ;evaluation; curriculum development;Europe; Portugal.

Evaluation of the skillsdevelopment fund /

a research brief by GHK for DfES.[Evaluierung des Skills DevelopmentFund / Forschungsbericht.]Norwich: HMSO, 2003. - 101 S.ISBN 1-84185-820-x

Mit dem Skills Development Fund (SDF)wurde die Arbeit der Regionalentwick-lungsagenturen (Regional DevelopmentAgencies) zur Anhebung der regionalenQualifikationsniveaus unterstützt. Ziel derEvaluierung war eine Beurteilung der bis-herigen Auswirkungen des SDF bezüglichder unterstützten Aktivitäten, der erziel-ten Ergebnisse sowie der Frage, inwieweitdie vom SDF finanzierten Projekte dieAnforderungen der Arbeitgeber erfüllenund zur regionalen Wirtschaftsentwick-lung beitragen.skill development; training allowance;regional and local authority; trainingevaluat ion; local planning; Uni tedKingdom; England.

UK

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Supporting access to ICT for BMEgroups in deprived areas: approachesto good practice / Department forEducation and Skills[Unterstützung des Zugangs zu IKT fürMinderheiten in benachteiligten Ge-genden: Ansätze für bewährte Verfah-rensweisen.]Norwich: HMSO, 2003. 113 S.ISBN 1-84185-875-7

In dieser Übersicht werden die Ergebnis-se einer Forschungsstudie vorgestellt, beider bewährte Verfahrensweisen zur För-derung des Zugangs zu Informations- undKommunikationstechnologien (IKT) fürFarbige und ethnische Minderheiten un-tersucht wurden. Im Rahmen dieser For-schung wurden elf Fallstudien durchge-führt und deren jeweilige Berichte zu ei-nem Überblick über Ansätze für bewährtePraktiken zusammengefasst. Der Berichtliefert auf der Grundlage der durchBedarfsanalysen festgestellten Hemmnis-se Empfehlungen für eine Verbesserungdes Zugangs.information technology; minority group;racial discrimination; United Kingdom.

Learning for the future: neighbour-hood renewal through adult and com-munity learning: a guide for local au-thorities / by B. Merton et al., editedby Cheryl Turner. –[Lernen für die Zukunft: Erneuerungder Nachbarschaft durch Erwachse-nen- und Gemeinschaftsbildung: einFührer für lokale Behörden.]Leicester: NIACE, 2003. 160 S.ISBN 1-86201-148-6

Das zentrale Anliegen der von der Regie-rung aufgestellten Nationalen Strategie zurSanierung von Nachbarschaften ist dieEntwicklung von geeigneten Lern-möglichkeiten. Hierbei können lokaleBehörden eine Schlüsselrolle überneh-men, insbesondere bzgl. der Bereitstel-lung von Angeboten für die Erwachsenen-und Gemeinschaftsbildung. Dieser Füh-rer stützt sich auf praktische Erfahrungenin diesem Bereich und bietet den lokalenBehörden grundlegende Informationenüber diese Nationale Strategie, Hinweisezu bewährten Praktiken für die Bereitstel-lung von Erwachsenen- und Gemein-schaftsbildung in diesem Kontext, prakti-sche Informationen zu Finanzierungs-fragen sowie eine Reihe von anregendenund informativen Fallstudien.local authority; adult learning; localtraining initiative; Community programme;Community finance; United Kingdom.

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ReferNet – Das europäische Fachwissens- und Referenznetzwerk

CEDEFOP

Europäisches Zentrum für dieFörderung der BerufsbildungP.O. Box 22427GR-55102 THESSALONIKITel. (30) 23 10 49 01 11 GeneralTel. (30) 23 10 49 00 79 SecretariatFax (30) 23 10 49 00 43 SecretariatMarc Willem, Head of Library &Documentation ServiceE-mail: [email protected] Information NetworkSecretariatE-mail: [email protected] address:http://www.cedefop.eu.intWeb address:http://www.trainingvillage.gr

VDAB/ICODOC

Vlaamse Dienst voor Arbeids-bemiddeling en BeroepsopleidingIntercommunautair documentatie-centrum voor beroepsopleidingKeizerlaan 11B-1000 BRUSSELTel. (32-2) 50 61 321R. Van WeydeveldtFax (32-2) 50 61 561Reinald Van Weydeveldt,DocumentationE-mail: [email protected] address: http://www.vdab.be

CIRIUS

Center for Information og Rådgiv-ning om International Uddannelses-og SamarbejdsaktiviteterMobility in Education and TrainingFiolstræde 44DK-1171 KØBENHAVN KTel. (45-33) 95 70 00Fax (45-33) 95 70 01Mr. Benny Dylander, DirectorE-mail: [email protected] PovelsenE-mail: [email protected] address: http://www.ciriusonline.dk/

BIBB

Bundesinstitut für BerufsbildungFriedrich-Ebert-Allee 38D-53113 BONNTel. (49-228) 10 71 602 Dr. G. HanfTel. (49-228) 10 72 131 M. KrauseFax (49-228) 10 72 974Dr. G. HanfE-mail: [email protected] KrauseE-mail: [email protected] address: http://www.bibb.de

OEEK

Organisation for Vocational Educa-tion and TrainingEthnikis Antistatis 41 &KaramanoglouGR-14234 ATHENSTel. (30) 21 02 70 91 44 E. BarkabaFax (30) 21 02 70 91 72Ermioni Barkaba, Head ofDocumentationE-mail: [email protected] address: http://www.forthnet.gr/oeek/

INEM

Instituto Nacional de EmpleoMinisterio de Trabajo y SeguridadSocialCondesa de Venadito 9E-28027 MADRIDTel. (34-91) 58 59 582 GeneralTel. (34-91) 58 59 834M. Luz de las Cuevas TorresanoFax (34-91) 37 75 881Fax (34-91) 37 75 887Ana Maria Martin Arahuetes, DeputyDirector General of Technical Servi-cesMaria Luz de las Cuevas TorresanoInformation/DocumentationE-mail: [email protected] address: http://www.inem.es

Centre INFFO

Centre pour le développement del’information sur la formation per-manente4, avenue du Stade de FranceF-93218 SAINT DENIS LA PLAINECedexTel. (33-1) 55 93 91 91Fax (33-1) 55 93 17 28Patrick Kessel, DirectorE-mail: [email protected] PerkerE-mail: [email protected]éphane HéroultDocumentation DepartmentE-mail: [email protected] address: http://www.centre-inffo.fr

FAS

The Training and EmploymentAuthorityP.O. Box 45627-33 Upper Baggot StreetDUBLIN 4, IrelandTel. (353-1) 60 70 536Fax (353-1) 60 70 634Margaret Carey, Head of Library &Technical InformationE-mail: [email protected] Wrigley, LibrarianE-mail: [email protected] address: http://www.fas.ie

ISFOL

Istituto per lo sviluppo dellaformazione professionale deilavoratoriVia Morgagni 33I-00161 ROMATel. (39-06) 44 59 01Fax (39-06) 44 29 18 71Enrico Ceccotti, General DirectorColombo Conti, Head of Documen-tationE-mail: [email protected] Elena MoroE-mail: [email protected] address: http://www.isfol.it

ETUDES ET FORMATION S.A

335 route de LongwyL-1941 LUXEMBOURGTel. (352) 44 91 99Fax (352) 44 92 08Marc Ant, DirectorE-mail: [email protected] CornéliusE-mail: [email protected] address: http://www.etform.lu/

CINOP

Centrum voor Innovatie vanOpleidingenThe Dutch Centre for the Innovationof Education and TrainingPettelaarpark 1, Postbus 15855200 BP’s-HERTOGENBOSCHThe NetherlandsTel. (31-73) 68 00 800Tel. (31-73) 68 00 619 M. MaesFax (31-73) 61 23 425Martine MaesE-mail: [email protected] CoxE-mail: [email protected] address: http://www.cinop.nl/internationaal

abf-Austria

Austrian Institute for Research onVocational TrainingWipplingerstraße 35/4A-1010 WIENTel. (43-1) 31 03 334 P. SchlöglFax (43-1) 31 97 772Peter SchlöglE-mail: [email protected] address: http://www.oeibf.at

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Assoziierte Organisationen

INOFOR

Instituto para a Inovação naFormaçãoRua Soeiro Pereira Gomes n.° 7,P-1600-196 LISBOA CodexTel. (351-21) 794 62 00Fax (351-21) 794 62 01Margarida Abecasis, PresidentMarta AlvesE-mail: [email protected] address: http://www.inofor.pt/

NBE

OpetushallitusNational Board of EducationHakaniemenkatu 2P.O. Box 380FIN-00531 HELSINKITel. (358-9) 77 47 71 24 M. KyröTel. (358-9) 77 47 72 43 A. MannilaTel. (358-9) 77 47 78 19 K. NyyssöläFax (358-9) 77 47 78 65 or 69Matti KyröE-mail: [email protected] MannilaE-mail: [email protected] NyyssöläE-mail: [email protected] address: http://www.oph.fi

Statens Skolverket

National Agency for EducationKungsgatan 53SE-106 20 STOCKHOLMTel. (46-8) 72 33 200Fax (46-8) 24 44 20Annika Andrae Thelin,Director of ResearchE-mail: [email protected] ÖjbornE-mail: [email protected] address: http://www.skolverket.se/

QCA

Qualifications and CurriculumAuthority83 PiccadillyLONDONW1J 8QAUnited KingdomTel. (44-20) 75 09 55 55David HandleyFax (44-20) 75 09 66 66David HandleyE-mail: [email protected] CuddyE-mail: [email protected] address: http://www.qca.org.uk/

MENNT

samstarfsvettvangur atvinnulífs ogskólaEDUCATE - IcelandLaugavegi 51IS-101 REYKJAVIKTel. (354) 51 12 660Fax (354) 51 12 661Thóra Stefánsdóttir, General DirectorE-mail: [email protected] Jónsdóttir, ProjectManagerE-mail: [email protected]ára Stefánsdóttir, [email protected] address: http://www.mennt.is

Teknologisk Norge

P.O. Box 2608St. HanshaugenN-0131 OSLOTel. (47-22) 86 50 00Fax (47-22) 20 18 01Aagot van ElslandeE-mail:[email protected] address: http://www.teknologisk.no/leonardo/

DGEAC

European CommissionDG Education and CultureRue de la Loi 200B-1049 BRUXELLESTel. (32-2) 29 57 562 E. SpachisTel. (32-2) 29 55 981 D. MarchalantFax (32-2) 29 55 723Fax (32-2) 29 64 259Eleni SpachisE-mail: [email protected] MarchalantE-mail:[email protected] address: http://europa.eu.int/comm/dgs/education_culture/index_en.htm

EURYDICE

the Education Information Networkin EuropeLe réseau d’information sur l’éduca-tion en EuropeAvenue Louise 240B-1050 BRUXELLESTel. (32-2) 60 05 353Fax (32-2) 60 05 363Patricia Wastiau-Schlüter, DirectorE-mail:[email protected] DelhaxheE-mail: [email protected] address: http://www.eurydice.org

FVET

Foundation for Vocational Educationand Training ReformLiivalaia 2EE-10118 TALLINNTel. (372) 63 14 420Fax (372) 63 14 421Lea Orro, Managing DirectorE-mail: [email protected] KirsipuuE-mail: [email protected] address: http://www.sekr.ee/eng/index.html

ETF

Europäische Stiftung fürBerufsbildungVilla GualinoViale Settimio Severo 65I-10133 TORINOTel. (39-011) 63 02 222Fax (39-011) 63 02 200Gisela Schüring, Information andPublications DepartmentE-mail: [email protected] address: http://www.etf.eu.int/etfweb.nsf/

OIT

Centre international de formation deL’OITViale Maestri del Lavoro, 10I-10127 TORINOTel. (39-011) 69 36 510Fax (39-011) 69 36 535Catherine Krouch, DocumentationE-mail: [email protected] address: http://www.itcilo.org

ILO/BIT

International Labour OfficeBureau International du Travail4 Route des MorillonsCH-1211 GENEVE 22Tel. (41-22) 79 96 955Fax (41-22) 79 97 650Pierrette DunandEmployment & Training DepartmentDocumentalistE-mail: [email protected] address: http://www.ilo.org

DfES

Department for Education and SkillsRoom E3, MoorfootSHEFFIELD S1 4PQUnited KingdomTel. (44-114) 25 93 339Fax (44-114) 25 93 564Amanda Campbell, LibrarianE-mail:[email protected] address: http://www.dfes.gov.uk/index.htm

CINTERFOR/OIT

Centro Interamericano deInvestigación y Documentación so-bre Formación ProfesionalAvenida Uruguay 1238Casilla de correo 176111000 MONTEVIDEO, URUGUAYTel. (598-2) 92 05 57Tel. (598-2) 92 00 63Fax (598-2) 92 13 05Pedro Daniel Weinberg, DirectorE-mail: [email protected] Andres Tellagorry␣DocumentalistE-mail: [email protected] address: http://www.cinterfor.org.uy

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Nr. 25/2002

Hommage

• Ettore Gelpi, Weltbürger, internationaler Erziehungswissenschaftler, Menschenrechtlerund moderner Anarchist – eine Dankesschuld (Norbert Wollschläger)

• Neue Paradigmen in Ausbildung und Kommunikation (Ettore Gelpi)

Forschungsbeiträge

• Bildungsdynamik und Bildungssysteme (Jean Vincens)

• Modernisierungsansätze der beruflichen Bildung zwischen Modul- und Berufskonzept(Matthias Pilz)

• Brückenschlag zwischen Theorie und Praxis in der Berufsbildung der Niederlande(Gäby Lutgens, Martin Mulder)

Analyse der Berufsbildungpolitiken

• Arbeitserfahrung und Curriculum: Beispiele aus Spanien (Fernando Marhuenda)

• Die Gestaltung und Evaluation der Ausbildung in Form von Praktika:Profil des Unterstützungsteams (Miguel Aurelio Alonso García)

• Bildung unter Modernisierungsdruck - Strukturwandel, veränderte Bildungsambitionenund Internationalisierung als Herausforderungen (Arthur Schneeberger)

• Neue Entwicklungen im irischen Berufsbildungssystem: Das „praxisorientierte staatlicheAbschlusszeugnis“ (Leaving Certificate Applied) (Jim Gleeson)

Nr. 26/2002

Untersuchungen zum Thema Beratung und Orientierung – Beiträge zu dem am 19./20. Oktober 2000 in Thessaloniki veranstalteten Agora-X-Seminar des Cedefop übersoziale und berufliche Orientierung

• Untersuchungen zum Thema Beratung und Orientierung.Die Agora X des Cedefop zur sozialen und beruflichen Orientierung(Éric Fries Guggenheim)

• Problemstellung und Zielsetzung der Berufsberatung (Jean Guichard)

• Berufsberatung, Ausbildung und Beschäftigung. Vorbereitung auf einen Berufoder Anpassung an den Arbeitsmarkt (Jean-François Germe)

Forschungsbeiträge

• Humanvermögensentwicklung in Europa – am Scheideweg (Barry Nyhan)

• Kooperatives eLearning: Ein Anreiz für das Tiefenlernen? (An Verburgh; Martin Mulder)

• Mobilität in Europa (EU und EWR) unter besonderer Berücksichtigung von Gesundheits-berufen und der Anerkennung von entsprechenden Berufsqualifikationen(Burkart Sellin)

• Ein niedriges Bildungsniveau in Europa: ein Risikofaktor (Pascaline Descy)

Analyse der Berufsbildungspolitiken

• Ausbildung zur Hilfskraft: Sicherheitsnetz oder Vorbereitung auf die Erwerbstätigkeit?(Jittie Brandsma)

• Lernortverlagerung ins Ausland - ein Modellversuch in Deutschland(Wolfgang-Dieter Gehrke, Peter-Jörg Alexander)

Zuletzt

erschienene

deutsche Ausgaben

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Bitte schicken Sie mir ein kostenloses Ansichtsexemplar

Ich will europäisch lesen und abonniere hiermit die Europäische Zeitschrift “Berufsbildung” (3 Ausgaben, EUR 20 zzgl. Mwst. und Versandkosten).

Bitte schicken Sie mir die folgenden Ausgaben derEuropäischen Zeitschrift “Berufsbildung” gegen eine Schutzgebühr von EUR 10 (zzgl. Mwst. und Versand-kosten) je Heft:

Ausgabe

Sprache

Name

Adresse

CEDEFOPEuropäisches Zentrum für dieFörderung der BerufsbildungPO Box 22427

GR-55102 Thessaloniki

Bestellschein bitte ausschneiden oder kopieren und an das Cedefop senden.

Nr. 27/2002

Forschungsbeiträge

• Brückenschlag zur Bildung der Zukunft (Friedrich Scheuermann)

• Kollektives Lernen: Theoretische Perspektiven und Wegezur Unterstützung von vernetztem Lernen (Maarten de Laat, Robert-Jan Simons)

• Können Organisation Lernen lernen? (Randolph Preisinger-Kleine)

Analyse der Berufsbildungpolitiken

• Lernen mit „E-Ressourcen“ – die Erfahrungender kleinen und mittleren Unternehmen (David Guile)

• Junge Frauen in der Erstausbildung in den neuen Informations-und Kommunikationstechnologieberufen in Deutschland (Agnes Dietzen)

Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT), E-Learning und lokale undregionale Entwicklung

• Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT),eLearning und Gemeindeentwicklung (Brian Dillon)

• eLearning als Strategie zur Schaffung regionaler Partnerschaften (Hanne Shapiro)

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Dirección

Juan José Castillo,Santiago Castillo

Consejo de Redacción

Arnaldo Bagnasco,Dipartamento di Sociologia,Universidad de Turín

Juan José Castillo,Dpto. de Sociología III, UCM

Santiago Castillo,Dpto. de Ciencia Política y de laAdmón. III, UCM

Daniel Cornfield,Word and Occupations, VanderbiltUniversity (Estados Unidos)

Michel Freyssenet,CSU-IRESCO, CNRS, París

Enrique de la Garza,UAM, Iztapalapa, México

Juan Manuel Iranzo,Dpto. de Sociología, Univ. PúblicaNavarra

Ilona Kovács,Istituto Superior de Economia eGestão, Lisboa

Marcia de Paula Leite,Universidades de Campinas, Brasil

Ruth Milkman,Department of Sociology, UCLA,Estados Unidos

Alfonso Ortí,Dpto. de Sociología UAM

Andrés Pedreño,Dpto. de Sociología, Universidad deMurcia

Ludger Pries,Ruhr-Universität Bochum, Alemania

Helen Rainbird,Faculty of Humanities and SocialSciencies, Northampton, RU.

José Mª Sierra,Dpto. Geografía, Urbanismo y O. delTerritorio, Univ. Cantabria

Agnes Simony,Lorand Eotvos University, Hungría

Jorge Uria,Dpto. de Historia Contemporánea,Universidad de Oviedo

Fernando Valdés Dal-Re,Departamento de Derecho delTrabajo, UCM

Inmanol Zubero,Departamento de Sociología I,Universidad del País Vasco, Bilbao

Revista cuatrimestral de empleo, trabajo y sociedad

Expulsados del trabajo

• La forma más sencilla de equivocarse en ciencias sociales• Expulsados del trabajo… y más. Un estudio de la salida anticipada del mercado

de trabajo de los trabajadores mayores• ¿La pérdida de la época dorada? La terciarización y el trabajo en las sociedades

postindustriales• „Flexeguridad“: tiempo de trabajo y empleo en los pactos de empresa• El Ejido, entre la política y la sociología

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A los colaboradores

Tanto artículos como notas o réplicas sonevaluados por dos expertos, miembros delConsejo de Redacción o exteriores a él.

Los autores recibirán, oportunamente,comunicación de la recepción de sus tra-bajos, notificándoseles con posterioridadsu eventual aceptación para la publica-ción.

ST lamenta no poder mantener correspon-dencia sobre los textos remitidos al Con-sejo de Redacción, ni devolver originalesni diskettes.

Los autores recibirán, al publicarse su tex-to, 20 separatas, además de 2 ejemplaresdel número en el que se publique su artí-culo.

Todos los artículos publicados en ST, in-cluidos los traducidos, son originales,salvo indicación contraria, en el momen-to de ser sometidos al Consejo de Redac-ción.

Los resúmenes-abstracts de los artí-culos publicados en ST se recogen enECOSOC-CINDOC y en SociologicalAbstracts

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Extensión: Las colaboraciones, artículoso notas no deberán exceder de 25 pági-nas mecanografiadas a doble espacio (30líneas x 70 espacios lo que incluye refe-rencias, cuadros, etc.), y habrán de veniracompañados necesariamente de un re-sumen de unas diez líneas. Una copiaen diskette, en cualquier programa deprocesamiento de textos, es imprescindi-ble.

Los artículos se enviarán por triplicado: 3copias en papel.

Para las formas de cita y referencias bi-bliográficas, los autores deben remitirsea os artículos publicados en este (o encualquier otro) número de ST.

Los autores indicarán su nombre comple-to y el lugar de trabajo y dirección quequieren que figure al pie de su colabora-ción.

Deberán dirigirse a Redacción de la re-vista Sociología del Trabajo, Facultad deCiencias Políticas y Sociología, Campusde Somosaguas, 28223 Madrid.

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BERUFSBILDUNG NR. 28 EUROPÄISCHE ZEITSCHRIFT

Cedefop

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Europäische Zeitschriftfür BerufsbildungAufforderung zur Einreichungredaktioneller BeiträgeDie Europäische Zeitschrift für Berufsbildung veröffentlicht Artikel von Berufsbildungs-und Beschäftigungsforschern und -fachleuten. Interesse besteht vor allem an Beiträ-gen, die die Ergebnisse hochkarätiger Forschungsarbeiten, insbesondere grenz-übergreifender vergleichender Forschung, einem breiten, internationalen Publikum auspolitischen Entscheidungsträgern, Forschern und praktisch Tätigen nahe bringen.

Die Europäische Zeitschrift ist eine unabhängige Veröffentlichung, deren Inhalt stän-dig überprüft wird. Sie erscheint dreimal jährlich in englischer, französischer, deut-scher und spanischer Sprache und wird in ganz Europa, sowohl in den Mitglied-staaten der Europäischen Union als auch in einigen Nicht-Mitgliedstaaten, vertrieben.

Die Zeitschrift wird vom Cedefop (dem Europäischen Zentrum für die Förderung derBerufsbildung) herausgegeben und soll der Diskussion über die Entwicklung derberuflichen Bildung, insbesondere durch die Darstellung der europäischen Sichtweise,Impulse verleihen.

In der Zeitschrift sollen Beiträge veröffentlicht werden, die neues Gedankengut ent-halten, Forschungsergebnisse verbreiten und über Vorhaben auf einzelstaatlicher undeuropäischer Ebene berichten. Ferner werden Positionspapiere zu berufsbildungs-relevanten Themen sowie Reaktionen auf diese veröffentlicht.

Eingereichte Artikel müssen wissenschaftlich exakt, gleichzeitig jedoch einem brei-ten und gemischten Leserkreis zugänglich sein. Sie müssen Lesern unterschiedlicherHerkunft und Kultur verständlich sein, die nicht unbedingt mit den Berufsbildungs-systemen anderer Länder vertraut sind. Das heißt, die Leser sollten in der Lage sein,Kontext und Argumentation eines Beitrags vor dem Hintergrund ihrer eigenen Tradi-tionen und Erfahrungen nachzuvollziehen.

Neben der Hardcopy-Fassung werden Auszüge aus der Zeitschrift in das Internetgestellt. Auszüge der letzten Ausgaben können eingesehen werden unter http://www.trainingvillage.gr/etv/editorial/journal/journalarc.asp.

Die Autoren sollten ihre Beiträge entweder in eigenem Namen oder als Vertretereiner Organisation verfassen. Diese sollten rund 2500 bis 3000 Wörter lang sein undin spanischer, dänischer, deutscher, griechischer, englischer, französischer, italieni-scher, niederländischer, norwegischer, portugiesischer, finnischer oder schwedischerSprache abgefasst sein.

Artikel sollten sowohl als Ausdruck als auch auf Diskette im Format Word oder via E-mail (als Textanlage im Word-Format) eingereicht werden. Außerdem sollten eineKurzbiografie des Autors und knappe Angaben zu seiner derzeitigen Stellung beige-fügt werden. Alle eingereichten Artikel werden vom redaktionellen Beirat der Zeit-schrift geprüft, der sich die Entscheidung, diese zu veröffentlichen, vorbehält. DieVerfasser werden über seine Entscheidungen unterrichtet. Die veröffentlichten Arti-kel müssen nicht unbedingt die Meinung des Cedefop widerspiegeln. Die Zeitschriftbietet vielmehr die Möglichkeit, unterschiedliche Analysen und verschiedene, ja so-gar kontroverse Standpunkte darzustellen.

Wenn Sie einen Artikel einreichen möchten, so wenden Sie sich bitte telefonisch(30) 23 10 49 01 11, per Fax (30) 23 10 49 00 99 oder via E-Mail ([email protected])an den Herausgeber Éric Fries Guggenheim.

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ISSN 0378-5106Nr. 28 Januar – April 2003/I

Die Europäische Zeitschrift Berufsbildungerscheint dreimal jährlich in fünf Sprachen (DE, EN, ES, FR, PT). Ein Jahresabonnement umfasst alle im Kalenderjahr(Januar bis Dezember) erscheinenden Ausgaben derEuropäischen Zeitschrift Berufsbildung. Es verlängertsich automatisch um ein Kalenderjahr, falls es nichtbis zum 30. November gekündigt wird. Die Europäische Zeitschrift Berufsbildung wird Ihnenvom Amt für amtliche Veröffentlichungen der EG,Luxemburg, zugesandt. Die Rechnung erhalten Sie von Ihrem zuständigen EU-Vertriebsbüro. Im Preis ist die Mehrwertsteuer nicht enthalten.Zahlen Sie bitte erst nach Erhalt der Rechnung.

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Europäisches Zentrum für die Förderung der Berufsbildung

Europäische Zeitschrift Berufsbildung

Nr. 28 Januar – April 2003/I

B E R U F S

B I L D U N GE u r o p ä i s c h e Z e i t s c h r i f t