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Numerische Modellierung des Umschlags von gerichteter zu ungerichteter Erstarrung in Fe-C–Legierungen Dissertation zur Erlangung des Grades eines Dr. rer. nat. Vorgelegt von Joachim Gnauk

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Numerische Modellierung des Umschlags

von gerichteter zu ungerichteter

Erstarrung in Fe-C–Legierungen

Dissertationzur Erlangung des Grades

eines Dr. rer. nat.

Vorgelegt vonJoachim Gnauk

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Numerische Modellierung des Umschlags von

gerichteter zu ungerichteter Erstarrung in

Fe-C–Legierungen

vorgelegt vonDiplom-PhysikerJoachim Gnaukaus Hannover

Vor der Fakultat III - Prozesswissenschaftender Technischen Universitat Berlin

zur Erlangung des akademischen GradesDoktor der Naturwissenschaften

– Dr. rer. nat. –

genehmigte Dissertation

Promotionsausschuss:

Vorsitzender: Prof. Dr. rer. nat. Hans-Jurgen HoffmannBerichter: Prof. Dr.-Ing. Kay KrogerBerichter: Priv.-Doz. Dr.-Ing. habil. Karl-Hermann Tacke

Tag der wissenschaftlichen Aussprache: 28.01.2002

Berlin 2002D 83

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Danksagung

Die vorliegende Arbeit entstand wahrend meiner Tatigkeit als wis-senschaftlicher Mitarbeiter der Abteilung fur Metallurgie am Max-Planck-Institut fur Eisenforschung in Dusseldorf im Rahmen einesForschungsprojektes der europaischen Gemeinschaft fur Kohle undStahl.

Fur die Ermoglichung der Forschungsarbeiten danke ich der Max-Planck-Gesellschaft und dem Institut, sowie fur die Bereitstellungder benotigten Mittel der europaischen Gemeinschaft fur Kohle undStahl (EGKS).

Fur die hervorragende fachliche Betreuung dieser Arbeit und diekompetente Hilfe bedanke ich mich bei Herrn Priv.-Doz. Dr.-Ing. ha-bil. K.-H. Tacke, dem seinerzeitigen Leiter der Abteilung fur Metall-urgie am Max-Planck-Institut fur Eisenforschung.

Außerdem gilt mein Dank Herrn Dipl.-Phys. K. F. Banke, der mitseiner Vorarbeit diese Arbeit erst moglich gemacht hat.

Bei Frau Dipl.-Ing. Bernadette Weisgerber bedanke ich mich furdie großzugige Bereitstellung experimenteller Daten.

Mein Dank gilt des Weiteren den Mitarbeitern und Kollegen derAbteilung fur Metallurgie des Max-Planck-Institutes fur Eisenfor-schung. Das durch freundschaftliche Kollegialitat und Hilfsbereit-schaft gepragte Arbeitsklima sucht seinesgleichen.

Meiner Mutter Helmi Gnauk danke ich fur das aufmerksame Kor-rekturlesen.

Einen letzten und besonderen Dank mochte ich an Luz DouglasVillafane richten, die mir besonders in der Endphase die Kraft gab,diese Arbeit zu beenden.

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Meinen Eltern, die mir durch ihr stetes Vertrauen undihre bedingungslose Unterstutzung eine Ausbildung nachmeinen Wunschen ermoglicht haben.

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Die Wissenschaft, richtig verstanden, heilt den Menschenvon seinem Stolz; denn sie zeigt ihm seine Grenzen.

Albert Schweitzer

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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung 1

2. Stand des Wissens 32.1. Entstehung der Mikrostruktur . . . . . . . . . . . . . . 42.2. Phasenbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82.3. Keimbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92.4. Kohlenstoffgehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

3. Beschreibung des numerischen Modells 133.1. Transportgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

3.1.1. Das Stefan-Problem der Warmeleitung . . . . . 153.1.2. Warmeleitung mit der Enthalpiemethode . . . 153.1.3. Isotherme Stoffdiffusion . . . . . . . . . . . . . 163.1.4. Die verallgemeinerte Enthalpiemethode . . . . 17

3.2. Zustandsgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183.2.1. Lokales Gleichgewicht . . . . . . . . . . . . . . 183.2.2. Nichtgleichgewichtszustande . . . . . . . . . . . 193.2.3. Ideale Losung eines binaren Systems . . . . . . 203.2.4. Allgemeine Losung eines binaren Systems . . . 213.2.5. Interpolation in das Nichtgleichgewicht . . . . . 22

3.3. Das thermodynamische Fe–C Modell . . . . . . . . . . 243.3.1. Berechnung der Gleichgewichtstabelle . . . . . 25

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3.4. Phasenumwandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283.4.1. Umwandlungsabfolgen . . . . . . . . . . . . . . 283.4.2. Maximierung der Entropie . . . . . . . . . . . . 283.4.3. Verzogerte Phasenbildung . . . . . . . . . . . . 303.4.4. Drei-Phasen-Kinetik . . . . . . . . . . . . . . . 31

3.5. Modell der Mikrostruktur . . . . . . . . . . . . . . . . 343.5.1. Ungerichtetes Kornwachstum . . . . . . . . . . 343.5.2. Das Ubergangskriterium . . . . . . . . . . . . . 363.5.3. Keimbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413.5.4. Kinetische Koeffizienten . . . . . . . . . . . . . 41

3.6. Erweiterung auf zwei Dimensionen . . . . . . . . . . . 423.6.1. Das flachige Ubergangskriterium . . . . . . . . 433.6.2. CET-Berechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

4. Modellrechnungen mit Succinonitril-Borneol 514.1. Thermodynamisches Modell . . . . . . . . . . . . . . . 514.2. Versuchsaufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 524.3. Temperaturprofil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 544.4. Berechnung des Umschlagzeitpunkts . . . . . . . . . . 55

5. Randbedingungen nach P. Stadler 615.1. Abschatzung der Keimzahl . . . . . . . . . . . . . . . 635.2. Temperaturverlaufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

5.2.1. Rekaleszenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 655.2.2. Verlauf der Unterkuhlung . . . . . . . . . . . . 67

5.3. Seigerungseffekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 675.4. Kinetischer Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 725.5. Parameter Variationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75

5.5.1. Uberhitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 755.5.2. Kuhlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 765.5.3. Brammendicke . . . . . . . . . . . . . . . . . . 775.5.4. Keimdichte und elektromagnetisches Ruhren . 785.5.5. Kohlenstoffgehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . 80

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6. Stranggussanlage der Dillinger Huttenwerke 876.1. Modellierung der Umgebungsbedingungen . . . . . . . 886.2. Uberhitzung/Kuhlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 926.3. Effekt der Gießgeschwindigkeit . . . . . . . . . . . . . 94

7. Mikrostrukturbetrachtungen 977.1. Mikrosondenmessungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 98

7.1.1. Qualitative Abtastung (Elementmapping) . . . 1027.1.2. Quantitative Analyse (Linescan) . . . . . . . . 108

7.2. Dendritenarmabstande . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1127.2.1. Erstarrungszeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . . 1137.2.2. Sekundararmabstande . . . . . . . . . . . . . . 1147.2.3. Primararmabstande . . . . . . . . . . . . . . . 119

7.3. Mikroseigerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125

8. Zusammenfassung und Ausblick 131

A. Berechnung der Ivantsov-Funktion 135

B. Flussdiagramme 137

C. Tabellen 145

Abbildungsverzeichnis 147

Tabellenverzeichnis 151

Symbolverzeichnis 153

Literaturverzeichnis 157

Index 164

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KAPITEL1Einleitung

Bereits wahrend der Erstarrung werden einem gegossenen Werk-stoff viele der grundlegenden Materialeigenschaften unauslosch-

lich mitgegeben, insbesondere eine dendritische Mikrostruktur, diebei den meisten legierten Metallen zu finden ist. Fur gewohnlich ko-existieren zwei unterschiedliche Dendritenmorphologien, die aus ge-richteter (columnar) bzw. ungerichteter (equiaxed) Erstarrung her-vorgehen.Ziel dieser Arbeit war die Entwicklung eines numerischen Model-les der Mikrostrukturbildung beim Stahlstrangguss, des heutzutageuberwiegend angewendeten Gussverfahrens in der Massenprodukti-on. Insbesondere sollte die Abfolge in der Phasenbildung wahrenddes Erstarrungsprozesses und gleichzeitig die Bildung der entspre-chenden morphologischen Strukturen, speziell die Position der CET∗

bestimmt werden. Das hier entwickelte Modell basiert auf der ver-allgemeinerten Enthalpiemethode [1], und wurde um Nichtgleichge-wichtsbedingungen bei der Phasenbildung erweitert.

Zu Beginn gibt es einen Uberblick uber die Literatur, der den

∗CET = (engl.) columnar-to-equiaxed transition, Umschlag von gerichteterzu ungerichteter Erstarrung

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Kapitel 1 Einleitung

bisherigen Kenntnisstand zusammenfasst und die Vorgehensweise er-lautert.

In Kapitel 3 wird das numerische Modell erklart, einschließlichdes grundlegenden Ansatzes zum Warme- und Stofftransport, derBehandlung von Nichtgleichgewichtseinflussen, des grundlegendenthermodynamischen Modells binarer Legierungen im Erstarrungsbe-reich sowie der zu bestimmenden Parameter der Kinetik und desKornwachstums.

Wahrend der Erstarrung von Stahl mussen drei Phasen betrach-tet werden: die flussige Phase, der kubisch flachenzentrierte Austenit(γ-Phase) und die bei niedrigeren Kohlenstoffgehalten auftretendekubisch raumzentrierte Phase des δ-Ferrits. Speziell sollen die Um-wandlungen der Phasen betrachtet werden.

Die Position der CET vorherzusagen ist eines der wichtigstenZiele. Das Modell ermoglicht es, die Effekte der Prozessparameter aufden Ort des Uberganges von gerichteter zu ungerichteter Erstarrungzu untersuchen.

Kapitel 4 zeigt eine erste Anwendung des Modells auf das bi-nare System Succinonitril-Borneol, einer organische Modellsubstanz,und eine erste Verifikation des Modells mit den VersuchsergebnissenLiptons [2].

Die dann folgenden Kapitel zeigen die verschiedenen Ergebnisseder Modellrechnungen fur das System Eisen-Kohlenstoff. Eine An-zahl von detaillierten Messungen aus der Literatur verifiziert dasModell. Des Weiteren wurden die Gießparameter variiert, um derenEffekt auf die CET zu demonstrieren.

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KAPITEL2Stand des Wissens

Dieser Abschnitt bietet eine Zusammenfassung der ver-schiedenen Modellansatze zur Erstarrungssimulation un-ter besonderer Berucksichtigung der hier besprochenenMethode zur Beschreibung der Erstarrung wahrend desStranggusses.

Schon seit langer Zeit wird an der numerischen Vorhersage vonMikrostruktur- und Morphologiebildung und der Entwicklung

eines entsprechenden Modelles intensiv geforscht. Einfuhrendes undgrundlegendes Material findet sich z. B. im Standardwerk von Kurzund Fisher [3]. Einen spezielleren Uberblick zur Modellierung vonMikrostrukturen hat Rappaz 1989 zusammengestellt [4]. NeuereUbersichtsartikel zu diesem Thema sind von Stefanescu [5] und – ak-tuell – von Boettinger [6] erschienen. Obwohl all diese Artikel vieleverschiedene Materialien und Herstellungsprozesse behandeln, sinddie Eigenheiten von Stahl und des Stranggussprozesses noch nichtdetailliert betrachtet worden.

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Kapitel 2 Stand des Wissens

2.1. Entstehung der Mikrostruktur

Wahrend des Erstarrungsvorgangs konnen zwei grundlegende For-men dendritischer Mikrostrukturen beobachtet werden, wie in Ab-bildung 2.1 auf der nachsten Seite gezeigt. Die gerichtete Varianteist eine parallele Anordnung dendritischer Kristalle, in den unge-richteten Zonen hingegen sind Kristalle mit beliebiger Orientierungvorhanden. Wahrend die columnaren Kristalle vom Kokillenrand ausins Innere der erstarrenden Schmelze wachsen, keimen in der unter-kuhlten Schmelze vor dieser Front ungerichtete Kristalle. In einerschmalen Zone nahe der Oberflache entstehen durch die hohen Ab-kuhlgeschwindigkeiten ebenfalls ungerichtete Kristalle (siehe Abbil-dung 2.2 auf Seite 6). Ob gerichtete oder ungerichtete Erstarrung do-miniert, hangt von den Erstarrungsbedingungen ab und kann einengroßen Einfluss auf die Eigenschaften des Gießproduktes haben.

Der Ubergang von gerichteten zu ungerichteten Strukturen(CET) wird seit vielen Jahren in verschiedensten Metallen empi-risch beobachtet. Fur Stahl wurde er von mehreren Autoren unter-sucht, meist im Zusammenhang mit elektromagnetischem Ruhren[7, 8, 9, 10, 11]. Eine ausfuhrliche Laboruntersuchung zu dem ThemaCET im Strangguss findet sich bei Stadler [12,13].

J. Lipton [2] beschrieb die CET als das Ergebnis des Wettbewer-bes zwischen gerichteter Erstarrungsfront und ungerichteten Kristal-len in der unterkuhlten Schmelze davor. Ein Modell fur die CETwurde 1987 von S.C. Flood und J.D. Hunt [14, 15] veroffentlicht,welches das gerichtete dendritische Wachstum mit den ungerichte-ten, vor dieser Front keimenden Partikeln kombiniert. Es wurde an-gewendet, um die Große der gerichteten Zone in Aluminium-KupferLegierungen zu berechnen. Wang und Beckermann [16] veroffent-lichten ein komplexeres CET-Modell, dem eine Multiphasentechnikzugrunde liegt, und wendeten dies auf Aluminium-Kupfer- und Zinn-Blei-Legierungen an.

Ausgehend von der Monte-Carlo-Methode von Brown und Spitt-le [17] wurde ein stochastisches Modell als komplett neue Technikentwickelt. Sie wurde spater durch Charbon u. a. [18] erweitert. Einumfassendes Warmeleitungsmodell, basierend auf finiten Elementen,gekoppelt mit einem zellularen Automatenmodell fur die Keimbil-

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2.1 Entstehung der Mikrostruktur

Abbildung 2.1.: Drei mikrostrukturelle Zonen sind bei der Erstarrung zu un-terscheiden: An der Kokillenwand bildet sich eine schmale Zoneungerichteter Kristalle, die sogenannte Abschreckzone. Weiterim Inneren wachsen die Kristalle gerichtet entlang des Tempera-turgradienten, bis sie auf eine Zone treffen, in der sich durch dieUnterkuhlung der Schmelze bereits ungerichtete Kristalle gebildethaben. (Aus Kurz/Fisher [3])

dung und das Kornwachstum (CAFE) wurde integriert [19, 20]. Bis-her wurden solche Verfahren noch nicht auf den Stahlstrangguss an-gewendet.

Mikrostrukturmodelle konnen anhand ihrer raumlichen Skalaklassifiziert werden [5]: makroskopische Modelle decken den gesamtenQuerschnitt eines Gussobjektes (einige Zentimeter) ab; mikroskopi-sche Modelle betrachten die Eigenschaften einzelner Dendriten (z. B.Primar- und Sekundararme) und agieren deshalb mit einer Skala vonµm bis mm. Es gibt auch Modelle auf atomarer Ebene, die jedochnicht von großer Bedeutung sind. In jungster Zeit gibt es vermehrtBestrebungen, die verschiedenen Skalen miteinander zu koppeln [21].

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Kapitel 2 Stand des Wissens

Abbildung 2.2.: Erstarrungsstrukturen zweier stranggegossener Brammen, ver-gossen links mit hoher (a), rechts mit niedrigerer Uberhitzung(b). Die Asymmetrie der Zonen wird durch Gravitationseffekte(Absinken der Kristalle im Sumpf) verursacht. (Aus Lipton [2])

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2.1 Entstehung der Mikrostruktur

Das andere Unterscheidungsmerkmal ist, ob der ModellansatzGebrauch von stochastischen Methoden macht oder voll determi-nistisch ist. Mischmethoden erlauben Zufallsphanomene, jedoch nurin Form von gemittelten Großen.

Alle Erstarrungsmodelle erfordern die Losung des Warmelei-tungsproblems. Warme wird uber die Oberflache des Gussmaterialsabgefuhrt, welches zur fortschreitenden Phasenumwandlung fuhrt.Bewerkstelligt wird dies durch eine Warmeleitungsgleichung, die inverschiedenster Weise aufgestellt und gelost werden kann. Die be-kanntesten Techniken sind die Finite-Elementen-Methode (FEM)und die Finite-Differenzen-Methode (FDM). Beide basieren auf ei-ner Diskretisierung des berechneten Areals.

Das Warmeleitungsproblem wird durch das Vorhandensein unbe-kannter Phasengrenzen (z. B. des Flussig-Fest-Ubergangs) verkom-pliziert. Wahrend in fruheren Arbeiten das explizite Verfolgen derFront benutzt wurde, um den Prozess der fortschreitenden Erstar-rung zu uberwachen (Fronttracking), verwenden neuere Ansatze wiebeispielsweise die Enthalpiemethode Bereichstechniken, die es erlau-ben, die Phasenfront auch ohne Fronttracking zu lokalisieren.

Neben der Warmeleitungsgleichung sollte das numerische Modellauch den Transport einer oder mehrerer geloster Elemente beschrei-ben. Dies erfordert die zusatzliche Losung von Diffusionsgleichungen.Im Fall von Stahl ist Kohlenstoff die wichtigste geloste Substanz. DieKopplung von Warme- und Stofftransport schafft spezielle Schwie-rigkeiten, fur deren Losung eine Reihe von Methoden angeboten wer-den.

Eine davon ist die verallgemeinerte Enthalpiemethode [1] von Ta-cke und Mackenbrock, die speziell zur Bewaltigung des Problems desgekoppelten Warme- und Stofftransports geschaffen wurde. Erfolg-reich angewandt wurde sie, um mikroskopische Erstarrung, d. h. den-dritisches Wachstum in gerichtetem Gefuge und ungerichtete Struk-turen in reinen Substanzen [22] und in Legierungen, [1, 23] zu be-schreiben.

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Kapitel 2 Stand des Wissens

2.2. Phasenbildung

Wenn peritektischer, schwach kohlenstoffhaltiger Stahl erstarrt, kanner in drei Phasen vorliegen: der flussigen Phase und der beiden festenPhasen γ und δ. Dieser Umstand verkompliziert die Berechnung der

Phasen und Strukturen gegenuber einem System, in dem nur eineflussige und eine feste Phase vorhanden sind. Wahrend der weite-ren Abkuhlung entstehen zusatzliche Phasen, die hier nicht weiterbetrachtet werden sollen.

Kerr und Kurz [24] liefern einen allgemeinen Uberblick uber dieErstarrung in peritektischen Systemen. Eine fruhe Modellierung derErstarrung in binarem Fe-C wurde von Chuang u. a. durchgefuhrt[25]. Eine genauere Analyse, die auch die Betrachtung mehrerer ge-loster Elemente mit einschließt, wurde bei Nippon Steel entwickeltund verwendet diverse thermodynamische Pakete [26,27]. Die techni-sche Universitat Helsinki verfolgt eine ahnliche Richtung [28]. Expe-rimentelle und theoretische Studien uber die peritektische Erstarrungkommen von Kudoh u. a. [29,30,31].

Alle diese Modelle basieren auf der Annahme einer einzelnen ge-richteten dendritischen Erstarrungsfront. Der peritektische Phasen-ubergang wird von ihnen in diesem Zusammenhang in einem charak-teristischen Kontrollvolumen beschrieben. Die Kinetik des peritekti-schen Uberganges in solchen Modellen wird durch das Fortschreitender Diffusion uber die Phasengrenzen kontrolliert, es muss also einlokalisiertes Diffusionsproblem numerisch gelost werden. Die Keim-bildung in der Schmelze braucht hier nicht berucksichtigt zu werden,da ausschließlich eine gerichtete Erstarrung angenommen wird.

Ein weiteres Hindernis bei der Berechnung der peritektischen Er-starrung ist die Tatsache, dass sich die kinetische Phasenabfolge vonder des entsprechenden Gleichgewichtszustandes unterscheiden kann.Es ist beispielsweise aus Experimenten von Jacobi und Pitsch [32]bekannt, dass δ-Ferrit sich als erste feste Phase bilden kann, wodie Thermodynamik im Gleichgewicht zuerst ein Ausfallen von γ-Austenit vorhersagen wurde. Das Vorhandensein einer Phasenfrontund die Unterkuhlung in solchen Experimenten sind also von großerWichtigkeit.

In der Literatur sind nur wenige Temperaturmessungen der

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2.3 Keimbildung

Schmelze wahrend der Abkuhlung unter Stranggussbedingungen ver-offentlicht worden. Bei einem 0,6 % C Stahl∗ wurde ein Innehaltender Kuhlkurve bei 7 K unterhalb der Liquidustemperatur beobach-tet [33], andernorts war die beobachtete Liquidustemperatur sogar11,6 K unter den entsprechenden Gleichgewichtswerten [25]. DieseTemperaturunterschiede wurden von den Autoren als das Vorhan-densein von Verunreinigungen gewertet und die Abweichungen vomGleichgewicht als sehr klein eingestuft. Im Gegensatz dazu habenweitere Autoren von einer Unterkuhlung der Schmelze in Fe-C vonetwa 40 K berichtet, allerdings in kleinen Laborofen [32, 29]. Auchwurde eine Wiedererwarmung (Rekaleszenz) nach der Unterkuh-lungsphase beobachtet.

Die Bildung eines ungerichteten Kristalles verlangt nach einergewissen Unterkuhlung. Welche Großenordnung der Unterkuhlungsollte wahrend der Erstarrung beim Strangguss erwartet werden?Da die tatsachliche Liquidustemperatur speziell durch Verunreini-gungen und durch die Problematik der Messung kleiner Tempera-turdifferenzen nur mit beschrankter Genauigkeit verfugbar ist, istdieses Problem schwierig experimentell zu losen. Einige Antwortenwerden in den Kapiteln 4 bis 6 dieser Arbeit durch Verwendung deshier entwickelten Modelles gegeben werden.

2.3. Keimbildung

Wo immer ungerichtete Strukturen in ein makroskopisches Modell in-tegriert werden, muss die Keimbildung der Kristalle in der Schmelzedirekt vor dem Erstarrungsgebiet erfasst sein. Keimbildungsgesetzewurden u.a. von Rappaz und Stefanescu zusammengefasst [4, 5].

Mindestens zwei unterschiedliche Methoden wurden entwickelt,beide vom Grunde her empirisch und sehr stark abhangig vonmaterial- und prozessspezifischen experimentellen Daten.

Das kontinuierliche Keimbildungsmodell nimmt, wie der Nameschon sagt, eine kontinuierliche Abhangigkeit der Keimzahl n von derTemperatur T an. Einige mathematische Ausdrucke existieren, um

∗Angaben von Prozentanteilen in dieser Arbeit beziehen sich immer auf Mas-seprozent, solange nicht anders angegeben.

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Kapitel 2 Stand des Wissens

die Keimbildungsrate ∂n∂t mit der Unterkuhlung ∆T , der Abkuhlrate

∂T∂t oder der Temperatur selbst in Beziehung zueinander zu bringen.Die endgultige Keimzahl wird nach Integration uber ∂n

∂t ermittelt.Viele kontinuierliche Keimbildungsmodelle fuhren statistische

Funktionen ein, um die großen Unterschiede in manchen Gussstuckenbesser erklaren zu konnen. Eine Gauß’sche Normalverteilung derKeimzahl uber die Unterkuhlung wurde von Thevoz et. al. [34] inder Form

∂n

∂(∆T )=

ns√2π∆Tσ

exp(

(∆T −∆Tn)2

2(∆Tσ)2

)(2.1)

eingefuhrt. Hier ist ∆Tn die durchschnittliche Keimbildungsunter-kuhlung und ∆Tσ deren Standardabweichung.

Goetsch und Dantzig [35] nehmen eine quadratische Verteilungder Keimzahl als Funktion ihrer Große an, mit

n = a0 + a1r + a2r2. (2.2)

So kann bei einem gegebenen Radius r mit

n(r) =3ns

(rmax − rmin)3(rmax − r)2 (2.3)

die Keimzahl als Funktion der totalen Keimzahl ns und der maxi-malen bzw. minimalen Korngroße bestimmt werden.

Die instantane Keimbildung basiert auf lokaler Sattigung, al-le Keime entstehen bei Erreichen der Keimbildungstemperatur Tn.Auch hier werden empirische Beziehungen verwendet, um eine Ver-bindung zwischen der endgultigen Keimzahl n und ∆T bzw. T her-zustellen.

So leitet Stefanescu

dndt

= (ns − ni)µ2 exp(− µ3

∆T 2

)(2.4)

aus

∂n

∂t= nsδ(T − Tn) (2.5)

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2.3 Keimbildung

ab [36], mit δ als Diracscher Deltafunktion. Die Integration ergibtdie endgultige Keimdichte n = ns zur Zeit t(T=Tn). Wahrend dieParameter µ2 und µ3 zwar die Keimbildungsrate beeinflussen, be-stimmt allein ns die endgultige Keimdichte n.

Abbildung 2.3.: Einfluss von Uberhitzung und Kohlenstoffgehalt auf den Korn-durchmesser der ungerichteten Kristalle. (Stadler, [12])

Das aktuelle Modell nimmt instantane Keimbildung an in demSinne, dass eine festgelegte Anzahl von Keimen vorhanden ist, wenndas ungerichtete Wachstum beginnt.

Die Bestimmung der Keimdichte bezieht sich wie oben erwahntbisher meist auf empirische Daten. In den Vergleichen des entwickel-ten Modells mit experimentellen Daten der CET aus Stadler [12]werden daher die ebenfalls von Stadler ebenda veroffentlichten undin Abbildung 2.3 gezeigten Daten zum Korndurchmesser bei der ver-wendeten Keimdichte berucksichtigt.

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Kapitel 2 Stand des Wissens

2.4. Kohlenstoffgehalt

Eines der aussagekraftigsten Kriterien zur Uberprufung des CET-Modells ist das Verhalten der CET unter Variation des Kohlen-stoffgehalts, da es in einem korrekten Modell unter Einfluss der δ-Erstarrung ein charakteristisches Verhalten zeigen sollte, was sichvon dem bei reiner γ-Erstarrung unterscheiden sollte.

Abbildung 2.4.: Gemessene CET-Position in Abhangigkeit vom Kohlenstoffge-halt. (Stadler, [12])

Abbildung 2.4 zeigt dahingehende Messergebnisse von Stadler,der zwischen 0,5 und 0,55 % einen Sprung in der CET postuliert.Leider sind nicht alle dieser Messungen mit der gleichen Uberhitzungvorgenommen worden. Vielmehr sind die Proben unterhalb von 0,5 %Kohlenstoff mit 20 K, die daruber mit 40 K Uberhitzung vergossenworden. Jedoch ist dieser Sprung auch in anderen Veroffentlichungenwie z.B. bei Bauer [8] zu finden.

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KAPITEL3Beschreibung desnumerischen Modells

Im Folgenden werden die verwendeten Transportgleichun-gen fur Warmeleitung und Diffusion sowie deren Anwen-dung im Modell beschrieben. Weiter werden die Verfah-ren zur Phasenbildung im Nichtgleichgewicht und zur Mi-krostrukturentstehung vorgestellt.

Z iel dieser Arbeit war es, ein numerisches Modell fur die Erstar-rung von Stahl zu entwickeln, welches sowohl die Gefugeauspra-

gungen als auch die Phasenbildung beschreibt. Das Modell fußt aufder verallgemeinerten Enthalpiemethode [1], einem Verfahren zur Lo-sung des Phasenubergangsproblems bei gleichzeitigem Warme- undStofftransport in einem allgemeinen Rahmen.

Fruhere Versionen der verallgemeinerten Enthalpiemethode wur-den fur makroskopische Erstarrungsrechnungen im peritektischenFe-C System verwendet [1], die auf der Annahme eines lokalenGleichgewichtes in der Mushyzone basierten. Die Anforderung an die

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Kapitel 3 Beschreibung des numerischen Modells

aktuelle Arbeit war, diese Methode unter zwei Punkten zu erweitern:Die Phasenubergange sollten unter Nichtgleichgewichtsbedingungenbeschrieben werden und es sollten Verfahren entwickelt werden, diedas separate Wachstum von gerichtetem und ungerichtetem Gefugeim Wettbewerb beschreiben.

In Ubereinstimmung mit der im Uberblick in Kapitel 2 eingefuhr-ten Klassifizierung ist der aktuelle Ansatz als makroskopisch einzu-stufen, da er die volle Brammendicke erfasst. Entgegen den mogli-chen Alternativen fur die Beschreibung der Eigenschaften der Ge-fugestrukturen wurde hier ein auf Mittelung basierender Ansatz ge-wahlt. Verschiedene Aspekte der Mikrostruktur werden berucksich-tigt, jedoch werden individuelle Eigenschaften der einzelnen Kristalleoder Korner ignoriert und nur Mittelwerte der verschiedenen Großenberechnet. Von der stochastischen Simulation einzelner Korner wirdfur den hier vorliegenden Fall keine signifikante zusatzliche Informa-tion erwartet, weswegen diese auch nicht weiterverfolgt wurden.

Das Modell unterscheidet zwischen den beiden fundamentalenGefugesorten gerichtet (columnar) und ungerichtet (equiaxed). DieErstere beschreibt eine dendritische Erstarrungsfront mit moglicher-weise angereicherter interdendritischer Schmelze, welche sich entlangdes Temperaturgradienten in Richtung des flussigen Brammenkernsausbreitet. Im Gegensatz dazu keimen ungerichtete Kristalle in derunterkuhlten Schmelze vor der columnaren Front.

Um die Entstehung und das Wachstum der festen Phase zu be-schreiben, wurde ein Formalismus gewahlt, der chemischen Aus-drucken nicht unahnlich ist. Er wird sowohl fur den Ubergangflussig–fest, als auch fur die Umwandlung von δ- nach γ-Eisen ver-wendet. Gerichtete und ungerichtete Strukturen werden hier auf eineeinheitliche Weise beschrieben, welches hilft, den Rechenaufwand zureduzieren. Auf der anderen Seite ist eine Abschatzung der kineti-schen Koeffizienten vonnoten.

3.1. Transportgleichungen

Das Modell berucksichtigt sowohl Warmetransport durch Warmelei-tung als auch Stofftransport durch Diffusion. Beide werden durch

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3.1 Transportgleichungen

Transportgleichungen beschrieben, die in verallgemeinerter Formaufgestellt sind.

3.1.1. Das Stefan-Problem der Warmeleitung

Eine Losung fur das klassische Problem der Warmeleitung mit Pha-senubergang wurde zuerst von Stefan [37] vorgeschlagen. Hierbeiwerden die Fourierschen Warmeleitungsgleichungen verwendet, beiangenommenem ausschließlichem Warmetransport durch Warmelei-tung. Der Raum teilt sich in zwei Teile, einen flussigen und einenfesten. So ergeben sich im eindimensionalen Fall die beiden Glei-chungen

1Vcpl∂Tl

∂t=

∂x

(κl∂Tl

∂x

)bei Λ(t) ≤ x (3.1)

fur die flussige, bzw.

1Vcps

∂Ts

∂t=

∂x

(κs∂Ts

∂x

)bei 0 ≤ x ≤ Λ(t) (3.2)

fur die feste Phase, mit κ als Warmeleitfahigkeit, cp als molare War-mekapazitat und V als Molvolumen. Λ(T ) ist die (variable) Positionder Phasengrenzflache. An dieser Stelle gilt die Gleichgewichtsbedin-gung Tl = Ts = Tm mit der Bilanzgleichung des Warmestroms durchdie Phasengrenzflache

1V

∆Hm∂Λ(t)∂t

= κs

(∂Ts

∂x

)x=Λ(t)

− κl

(∂Tl

∂x

)x=Λ(t)

. (3.3)

∆Hm ist die bei der Erstarrung freigesetzte latente Warme. Das so-genannte Stefan-Problem ist die Schwierigkeit, den Ort der Phasen-grenzflache x = Λ(t) zu ermitteln. Die Klasse der analytisch losbarenStefan-Probleme ist jedoch klein, speziell ein Bereich mit koexistie-renden Phasen kann nicht berucksichtigt werden [38].

3.1.2. Warmeleitung mit der Enthalpiemethode

Um die Probleme beim Verfolgen der Phasengrenzflache zu umgehen,ist es moglich, die Warmeleitungsgleichung umzuformulieren. Als ab-hangige Variable werden dann die Temperatur T und die Enthalpie

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Kapitel 3 Beschreibung des numerischen Modells

H in der Energiegleichung verwendet, was die Warmeleitungsglei-chung auf

1V

∂H

∂t=

∂x

(κ∂T

∂x

)(3.4)

reduziert, dreidimensional formuliert als

1V

∂H

∂t= div(κ∇T ). (3.5)

Außerdem wird jetzt eine Relation zwischen Temperatur T und Ent-halpie H benotigt, die sich fur eine reine Substanz zu

T (H) =

Tm +H/cp : H < 0Tm : 0 ≤ H ≤ ∆Hm

Tm + (H −∆Hm)/cp : ∆Hm < H

(3.6)

ergibt. Hierdurch ist es moglich, das gesamte Volumen als rechneri-sche Einheit zu betrachten, in dem es nicht notwendig ist, eine Pha-sengrenze zu verfolgen und auch die Behandlung von Legierungen,mit mehrphasigen Bereichen innerhalb eines Temperaturintervalles,moglich ist.

3.1.3. Isotherme Stoffdiffusion

Unter Zuhilfenahme des zweiten Fickschen Gesetzes kann ein Glei-chungssystem zur Stoffdiffusion analog zur Warmeleitung nach Ste-fan aufgestellt werden. Auch hier stoßt man auf das Problem, ei-ne Phasenfront verfolgen zu mussen, und wieder ist es moglich,durch eine entsprechende Umformulierung zu einer Einbereichsme-thode uberzugehen [39].

Analog zu Gleichung (3.5) ergibt sich fur die Diffusion die Glei-chung

1V

∂X

∂t= div(D∇µ), (3.7)

mit X als molarer Stoffkonzentration und µ als die Diffusion antrei-bendem chemischem Potential. Entsprechend kann als Gegenstuck

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3.1 Transportgleichungen

zu Gleichung (3.6) fur µ gemaß [1] die Beziehung

µ(X) =

µ0 +RT ln(α1X) : X < XI

µm : XI ≤ X ≤ XII

µ0 +RT ln(α2X) : X > XII

(3.8)

angegeben werden, αi ist der Aktivitatskoeffizient der Phase i. DieZweiphasenregion wird durch die Konzentrationen XI und XII be-grenzt, im Inneren herrscht konstant das chemische Potential µm =µ0 +RT ln(α1,2XI,II).

3.1.4. Die verallgemeinerte Enthalpiemethode

Sowohl fur den Warme- als auch den Stofftransport wird eine molareextensive Große (H, X) mit dem Gradienten einer intensiven Gro-ße (T , µ) in Beziehung gesetzt. Diese Flussgroßen konnen in einerverallgemeinerten Formulierung zusammengefasst werden.

Unter der Annahme, dass φ eine Erhaltungsgroße, also Mengen-anteil oder Enthalpie ist, und Jφ die dazugehorige Flussmenge, kanndie Warmeleitungsgleichung (3.5) als verallgemeinerte Transportglei-chung von φ geschrieben werden als

1V

∂φ

∂t= −div Jφ. (3.9)

Die Flusse Jφ sind erneut gegeben durch das erste Ficksche Gesetzfur die Diffusion und das Fouriersche Gesetz zur Warmeleitung. All-gemein gilt

Jq =n∑k=1

LukFk + LuuFu (3.10)

fur den Warmefluss und

Jj =n∑k=1

LjkFk + LjuFu (3.11)

fur den Stofffluss (Onsagersche phanomenologische Gleichungen).Dies schließt die entsprechenden Kreuzungsterme automatisch mit

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Kapitel 3 Beschreibung des numerischen Modells

ein. Die verallgemeinerten Krafte Fk sind definiert als

Fu = −T grad(− 1T

). (3.12)

fur den Warmetransport und

Fj = −T grad(µjT

), (3.13)

fur die Stoffdiffusion. Fur ein Zweikomponentensystem mit der Dif-fusivitat D und der Konzentration X sind die phanomenologischenKoeffizienten Lij demnach

L11 = D1(

∂(µ1−µ2)∂X1

) (3.14)

L1u = DkT + L11 (h1 − h2) (3.15)Luu = κT + L1u (h1 − h2) . (3.16)

Diese Gleichungen werden in diskretisierter Form fur die Zeit-schritte verwendet. In jedem Zeitschritt werden neue Erhaltungsgro-ßen mit einer expliziten Diskretisierung gewonnen. Nahere Informa-tionen dazu finden sich unter [1]. So wird jede Zelle mit neuen ex-tensiven Großen, d.h. molarer Entropie und den StoffmengenanteilenXj versorgt.

3.2. Zustandsgleichungen

3.2.1. Lokales Gleichgewicht

Nach [40] ist es nun moglich, den lokalen Gleichgewichtszustand je-der Zelle auf dem numerischen Gitter zu errechnen. Fur gewohnlichminimiert die Gleichgewichtsberechnung bei vorgegebener Tempera-tur, Zusammensetzung und Druck die freie Gibbs-Energie G, dasthermodynamische Potential in Bezug auf T , X und p. Da hier aberanstatt T und X die Enthalpie H und X anfanglich gegeben sind,ist nun die Entropie S wegen

dS =1T

dH − V

Tdp− 1

T

n−1∑j=1

(µj − µn) dXj (3.17)

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3.2 Zustandsgleichungen

das entscheidende thermodynamische Potential. Zur Vereinfachungwurde in dieser Arbeit der Druck p als konstant angenommen, sodass als auf S wirkende Variablen die Enthalpie H und die Stoffkon-zentrationen X1 bis Xn−1 als voneinander unabhangige Variablenbleiben.

Bei angenommenen m verschiedenen Phasen ergibt sich das mul-tiphasen Entropiepotential zu

S(H0,X01, . . . ,X0n) =m∑i=1

fiSi(Hi,Xi1, . . . ,Xin). (3.18)

Sind die Anfangsenthalpie H0 und die AnfangskonzentrationenX01 . . . X0n−1 gegeben, existiert fur jeden Phasenanteil fi eine Pha-senkonzentration Xij und eine Phasenenthalpie Hi genau dann,wenn

S → Maximum (3.19)

gilt. Die Maximierung des Entropiepotentials liefert demnach denmomentanen Gleichgewichtszustand, speziell die Phasenanteile f eq

i

im lokalen Gleichgewicht.

3.2.2. Nichtgleichgewichtszustande

Unter Nichtgleichgewichtsbedingungen wird dieser Zustand nichtvollkommen erreicht. Der Gleichgewichtszustand wird aber immernoch fur jede Zelle berechnet um eine Referenz zu haben, auf diesich der aktuelle Wert zu bewegt. Die Phasenanteile fi außerhalb desthermodynamischen Gleichgewichts werden entsprechend ihrer Ab-weichung vom Gleichgewichtszustand fortgeschrieben. Naheres dazuin Abschnitt 3.4 auf Seite 28.

Ist die Phasenverteilung schließlich bekannt, muss der kompletteZustand der Zelle neu bestimmt werden. Dazu werden die momen-tanen Werte von T , ~µ, Hi und ~Xi (mit i = γ,δ,l) berechnet. Um dieZellentemperatur T zu erhalten, wird die vorgegebene Bedingung derEnthalpieerhaltung

H =∑i

fiHi(T, ~Xi), i = γ,δ,l (3.20)

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Kapitel 3 Beschreibung des numerischen Modells

verwendet, wobei Hi(T, ~Xi) die Phasenenthalpiefunktionen sind. Eswird angenommen, dass die Temperatur innerhalb einer Zelle homo-gen uber alle Phasen ist. Diese Gleichung wird fur T in jeder Gitter-zelle mit einem iterierenden Nullstellenverfahren nach Ridders[41,42]gelost.

Als zweiter Schritt werden die chemischen Potentiale und die Zu-sammensetzungen Xij der einzelnen Phasen benotigt. In jeder Zellekann die Stofferhaltung durch

Xj =∑i

fiXij(T,~µ), i = γ,δ,l; j = 1, · · · ,N − 1 (3.21)

ausgedruckt werden. Die Xj sind hier die Stoffmengenanteile inner-halb einer Zelle. Erneut werden die chemischen Potentiale ~µ ahn-lich der Temperatur als konstant innerhalb einer Zelle angesehen.Daraus ergibt sich nun ein System aus N Gleichungen mit den NUnbekannten µ1, · · · ,µN , welches prinzipiell iterativ gelost werdenkann, dessen analytische Losung sich aber, wie in den nachfolgendenAbschnitten gezeigt, schwierig gestaltet.

3.2.3. Ideale Losung eines binaren thermodynamischen Systems

Begrenzt man die Berechnungen auf ein binares System, kann derKomponentenvektor ~Xi = (XAi, · · · ,XNi) auf (XAi,XBi) mit XAi =1−XBi reduziert werden. Nun bleibt allein die Variable XBi zuruck,fur die eine Beziehung zu µB zu finden ist.

Unter der Annahme von

p,T = const (3.22)

kann das Gibbsche Potential in einem binaren System nach [43]ausgedruckt werden als

G = µAXA + µBXB und (3.23)dG = µA dXA + µB dXB . (3.24)

Mit Zuhilfenahme von XA = 1 −XB und dXA = − dXB , kann µBnun geschrieben werden als

µB = G+XAdG

dXB. (3.25)

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3.2 Zustandsgleichungen

Unter Voraussetzung einer idealen Losung ist das Gibbsche Po-tential

Gideal = XAGA +XBGB − T∆Smix, (3.26)

wobei GA,B = HA,B − TSA,B das Gibbsche Potential fur die reinenKomponenten A bzw. B ist. ∆Smix ist die aktuelle Mischungsentro-pie der Komponenten und kann umgewandelt werden zu

∆Smix = −R(XA lnXA +XB lnXB).

Nun wird G nach XB abgeleitet. Mit Gideal = G ergibt sich daraus

dGdXB

= GB −GA +RT lnXB

XA. (3.27)

Das Einsetzen der Gleichungen (3.26) und (3.27) in Gleichung (3.25)fuhrt zu

µB = GB +RT lnXB . (3.28)

Es ist gut zu sehen, dass diese Gleichung leicht zu invertieren ist. Alsideale Losung ergibt sich fur ein binares System also

XB = eµB−GBRT . (3.29)

3.2.4. Allgemeine Losung eines binaren Systems

Unter realen Bedingungen besteht das Gibbsche Potential G ausdem idealen Potential Gideal und Excesstermen fur Enthalpie undEntropie, also

G = Gideal + ∆Hxs − T∆Sxs = Gideal + ∆Gxs, (3.30)

mit

∆Hxs =∑

ωiXiB und ∆Sxs =

∑σiX

iB .

Setzt man ϕi = ωi − Tσi, kann

∆Gxs =∑

ϕiXiB

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Kapitel 3 Beschreibung des numerischen Modells

geschrieben werden.Ahnlich wie im idealen Fall muss das Gibbsche Potential nun

wieder abgeleitet werden, dieses Mal gemaß

dGdXB

=dGideal

dXB+

dGxs

dXB. (3.31)

Die allgemeine Form von Gleichung (3.28) ist demnach

µB = GB +RT lnXB + ∆Gxs +XAdGxs

dXB

= GB +RT lnXB +n∑i=0

ϕi((1− i)Xi

B + iXi−1B

).

(3.32)

Diese Gleichung ist nicht mehr sofort invertierbar. Prinzipiell isteine numerische Invertierung zwar moglich, aber eine zusatzliche Ver-komplizierung.

Gleichung (3.32) kann formuliert werden als

µB = GB +RT ln(αXB), (3.33)

mit α als sogenanntem Aktivitatskoeffizienten. Somit ist

RT lnα = ∆Gxs +XAdGxs

dXB(3.34)

beziehungsweise

α = exp

(∆Gxs +XA

dGxsdXB

RT

), (3.35)

d.h. α ist eine Funktion von ~X, was die Invertierung von Glei-chung (3.33) ebenfalls ubermaßig verkompliziert.

3.2.5. Interpolation in das Nichtgleichgewicht

Da die Gleichungen fur µ(Xij) wie eben gezeigt nicht einfach zu in-vertieren sind, wurde an dieser Stelle eine Vereinfachung eingefuhrt,

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3.2 Zustandsgleichungen

bei der die benotigten Werte aus den Gleichgewichtswerten interpo-liert werden, um Iterationen zu vermeiden. Es wird angenommen,dass die Konzentrationen der einzelnen auftretenden Phasen ahnlichden entsprechenden Zustanden im Gleichgewicht sind, die zu jederZeit der Rechnung zur Verfugung stehen. Es gilt also

Xij = Xeqij

Xj

Xj

(3.36)

mit ∑i=γ,δ,l

fiXeqij = Xj , (3.37)

wobei Xj nicht notwendigerweise gleich Xj sein muss. Somit ist dieBedingung∑

i=γ,δ,l

fiXij = Xj , (3.38)

erfullt. Diese Vereinfachung gilt, falls die Phasenanteile fi nicht zuweit von f eq

i entfernt sind, der Nichtgleichgewichtszustand sich alsonicht zu sehr vom entsprechenden Gleichgewichtszustand unterschei-det. Die so erhaltenen Xij konnen nun dazu verwendet werden, umT und Hi(T, ~Xi) entsprechend Gleichung (3.20) auf Seite 19 zu be-stimmen.

Ist Xj/Xj > 1, kann es durch die unterschiedlichen Gewichtun-gen der Xij passieren, dass ein Xij mit kleinem fi angehoben wird,obwohl es bereits großer als der Mittelwert ist und umgekehrt. ImExtremfall kann z.B. der Fe-Gehalt fur eine Phase dann sogar großerals 1 werden. Um dies zu vermeiden, wurde es notig, eine Abfrageeinzufuhren, die jene ausufernden Phasen auf erlaubte Werte zuruck-setzt. In diesem Fall muss Xij z.B. redefiniert werden als

Xneuij =

{1 wenn Xij ≥ 1Xeqij ·

Xj−YjX∗j

sonst(3.39)

mit

Yj =∑

i: Xij≥Xj

fiXeqij und X∗j =

∑i: Xij<Xj

fiXeqij .

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Kapitel 3 Beschreibung des numerischen Modells

Sind alle Xij innerhalb der Grenzen, wird Yj zu Null, X∗j zu Xj undGleichung (3.39) geht in Gleichung (3.36) uber.

Unter Nichtgleichgewichtsbedingungen ist es außerdem moglich,dass eine Phase existiert, die es im entsprechenden Gleichgewichtszu-stand nicht mehr gibt, so dass Xeq

ij nicht definiert ist. In diesem Fallwird die (nun virtuelle) Gleichgewichtskonzentration mit dem letz-ten existierenden Gleichgewichtszustand dieser Phase vor der Zeit τgleichgesetzt:

Xij(t) = Xeqij (t− τ)

Xj(t)Xj(t)

(3.40)

Je kleiner τ , desto exakter kann in diesem Fall das Xij(t) angenahertwerden.

Existiert eine Phase bevor sie im Gleichgewicht erscheinen wurde,wird sie (mangels Alternative) zu Xij = Xj gesetzt. Dies ist jedochnur in Ausnahmefallen notig, z. B. wenn kurz oberhalb der hyper-peritektischen Zone δ-Eisen im Gleichgewicht nicht existiert, unterkinetischen Bedingungen aber durch die schnellere Umwandlungsge-schwindigkeit dennoch in geringem Umfang entsteht.

3.3. Das thermodynamische Fe–C Modell

Um den Gleichgewichtszustand einer Zelle zu erhalten, wird einthermodynamisches Modell benotigt, in diesem Fall das Eisen-Kohlenstoff-System. Der von Schurmann und Schmidt [44] entwickel-te Ansatz wurde hier ubernommen. Fur die ferritischen und auste-nitischen Regionen werden die partiellen Enthalpien und Mischungs-entropien durch Polynome reprasentiert. Fur die γ-Region gilt

∆Hγex = 45382− 81526XC − 91200X2

C + 144687X3C

J/mol

∆Sγex = 18,056− 63,597XC

− 267,788X2C + 1212,92X3

CJ/mol K,

und fur δ-Ferrit

∆Hδex = 96129 J/mol

∆Sδex = 42,0− 8,499XCJ/mol K.

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3.3 Das thermodynamische Fe–C Modell

Fur die flussige Region entwickelten Schurmann und Schmidt einNahordnungsmodell, welches die molaren Enthalpien und die Mi-schungsentropien von Eisen als eine Funktion der molaren Konzen-tration des Kohlenstoffs liefert. Die angegebenen Werte wurden, wiein [45] beschrieben, von Banke in Excess-Werte umgewandelt, fur dieer eine Naherungsfunktion im Rechenmodell anwendete.

Die beteiligten Sub-Phasen im Modell sind γ-Eisen, δ-Eisen, flus-siges Eisen und Kohlenstoff. Weitere thermodynamische Daten aus[46] werden in Tabelle C.2 auf Seite 146 aufgelistet.

Es wird der Bereich von 2,0 % bis hinab zu 0,002 % Kohlenstofferfasst. Die Gleichgewichtsdaten wurden vorab in einer Tabelle abge-legt und wahrend der laufenden Rechnungen ausgelesen, um diese inakzeptabler Zeit ausfuhren zu konnen. Die Tabellenschrittweite wur-de klein genug gewahlt, um Werte mit akzeptablen Abweichungenzu erhalten. Des Weiteren wurde eine zweidimensionale parabolischeInterpolation zur weiteren Steigerung der Genauigkeit verwendet.

Das beschriebene Modell liefert das in Abbildung 3.1 auf dernachsten Seite dargestellte Phasendiagramm. Dieses Diagrammstimmt mit aktuellen Einschatzungen uberein [47]. Die Abbildungzeigt nicht nur das konventionelle T-X Diagramm (Abb. 3.1(a)), son-dern in Abbildung 3.1(b) auch das H-X Diagramm, wie es von derverallgemeinerten Enthalpiemethode verwendet wird.

3.3.1. Berechnung der Gleichgewichtstabelle

Da die Berechnung der Gleichgewichtswerte nach der Enthalpieme-thode keine triviale Aufgabe ist – die iterative Berechnung erfordertein hohes Maß an Zeit – wurde dazu ubergegangen, vorab eine Ta-belle mit den Gleichgewichtswerten zu errechnen. Zudem wurde einZweipass-Verfahren eingefuhrt, da die Berechnungen nicht immer so-fort konvergieren.

Im ersten Schritt wird die eigentliche Tabelle berechnet. Dazuwird fur alle von der Tabelle abgedeckten Werte von H und X einevierfache Berechnung der Mehrphasensysteme δ-l, γ-l, δ-γ und γ-δ-l durchgefuhrt. Man bedenke, dass jedes System nur konvergierenkann, wenn alle betrachteten Phasen auch vorhanden sind. Nun wirddas Ergebnis desjenigen Systems in die Tabelle ubernommen, wel-

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Kapitel 3 Beschreibung des numerischen Modells

0�

0.01�

0.02�

0.03�

0.04�

molarer Kohlenstoffanteil

1700

1750

1800

Tem

pera

tur,

K

L+δ

L+γ+δ

L+γ

γ�

δ δ+γ

L

I�

II�

III�

IV�

(a) T–X Diagramm

0�

0.01�

0.02�

0.03�

0.04�

molarer Kohlenstoffanteil

−5000

0

5000

10000

15000

Ent

halp

ie, J / m

ol

L+δ

L

L+γ

γ�

δ

δ+γ

L+γ+δ

(b) H–X Diagramm

Abbildung 3.1.: Die Fe–C Phasendiagramme.

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3.3 Das thermodynamische Fe–C Modell

ches unter Erfullung der Konvergenz die maximale Entropie liefert.Sollte keines der Systeme konvergieren, wird angenommen, dass derGleichgewichtszustand nur eine Phase beinhaltet, welche aus demErgebnis der dreiphasigen Berechnung entnommen wird.

Durch das zwangsweise endliche Abbruchkriterium kann es je-doch vorkommen, dass ein Wert falschlicherweise nicht konvergiertund so der Zustand eines falschen Mehrphasensystems in die Tabelleubernommen wird.

Korrekturschritt

Im zweiten Schritt wird deshalb die so erzeugte Tabelle einer auto-matisierten Plausibilitatsprufung unterzogen.

Als Erstes werden samtliche mehr als eine Phase beinhaltendePunkte, die bei der ersten Berechnung nicht konvergiert sind, miteinem hoheren Nmax neu berechnet.

Danach werden alle Punkte der Tabelle mit ihren vier Nachbarnverglichen. Ist ein Punkt z.B. aus einer δ-γ-Berechnung hervorgegan-gen, samtliche umliegenden Punkte gehoren aber zu γ-l, muss dieserPunkt neu berechnet werden.

Gerade an Systemgrenzen, wo es besonders viele kritische Punktegibt, stoßt diese Methode jedoch an ihre Grenzen. Deshalb wird alsnachstes nach ”Ausreißern“ in den Phasenanteilen gesucht. Das sindPunkte in der Tabelle, an denen sich die Phasenverhaltnisse im Ver-gleich zu ihrer Umgebung drastisch verandern. Auch diese Punktewerden ein weiteres Mal mit einer erhohten Iterationsrate berechnet.Ist die große Veranderung der Phasenanteile jedoch korrekt, wird dieNeuberechnung denselben Wert wie zuvor ergeben. Ein weiteres In-diz fur eine Fehlberechnung ist ein plotzlich auftretender Sprung inder Temperatur. Auch hier wird neu berechnet.

Dieser zweite Durchgang kann bei Bedarf beliebig oft wiederholtwerden, jedesmal mit steigender maximaler Iterationszahl Nmax, wo-durch sukzessive alle Fehlstellen gefunden und beseitigt werden soll-ten.

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Kapitel 3 Beschreibung des numerischen Modells

3.4. Phasenumwandlung

3.4.1. Umwandlungsabfolgen

In Abbildung 3.1 auf Seite 26 finden sich vier Bereiche eingezeichnet,die unterschiedliche Abfolgen in der Phasenumwandlung darstellen.Tabelle 3.1 zeigt, welche Phasenkombinationen bei der Erstarrungim Einzelnen durchlaufen werden.

Tabelle 3.1.: Abfolge der Phasenkombinationen unter Gleichgewichtsbedingungenim peritektischen Bereich. (siehe auch Abbildung 3.1 auf Seite 26)

Idx. Abfolge der Phasen C-Gehalt (%)I l→ l + δ → δ → δ + γ → γ < 0,09

II l→ l + δ → l + δ + γ → δ + γ → γ 0,09− 0,15III l→ l + δ → l + δ + γ → l + γ → γ 0,15− 0,50IV l→ l + γ → γ > 0,50

In Bereich I erstarrt das Material zuerst ganzlich als δ-Eisen. DieTransformation von δ nach γ findet bei niedrigeren Temperaturenund im vollig erstarrten Zustand statt.

Zone II zeigt die sogenannte hypo-peritektische Erstarrung. Dieγ-Phase erscheint, wenn die flussige Phase noch vorhanden ist. Eskoexistieren hier also alle drei betrachteten Phasen gleichzeitig aneinem Ort. Wahrend der nachfolgenden δ-γ-Koexistenz verschwindetdie δ-Phase allmahlich.

In Region III wird die Erstarrung als hyper-peritektisch be-zeichnet. Die peritektische Transformation findet von flussig + δ zuflussig + γ ebenfalls mit einem dreiphasigen Zwischenschritt statt.

In Bereich IV herrscht die reine γ-Erstarrung vor, die δ-Phasefehlt vollig.

3.4.2. Maximierung der Entropie

Die verallgemeinerte Enthalpiemethode verwendet die Entropie Sals thermodynamisches Potential, welches im Gleichgewicht maximalist. Abbildung 3.2 auf der nachsten Seite zeigt die Entropiefunktion

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3.4 Phasenumwandlung

H

S

Sfest

flüssig

S

, )(

, )(

S H0

X0

X0

Sflüssig H

0

H0

equi

Abbildung 3.2.: Schnitt entlang einer Verbindungslinie im (H,S)-Raum. Diedurchgezogenen Kurven zeigen die individuellen Phasenentropi-en. Im Gleichgewicht ist die Phasenmischung derart, dass dietotale Entropie einem Punkt auf dieser Tangente entspricht.

fur zwei Phasen, fest und flussig, mit den Phasenanteilen ffest undfflussig. Der Gleichgewichtszustand (Equilibrium) befindet sich aufder gemeinsamen Tangente, also ffest · Sfest + fflussig · Sflussig = Sequi.Dieses Tangentenverfahren entspricht der Verwendung der freienGibbs-Energie G als thermodynamisches Potential.

Das lokale Gleichgewicht, auf das alle Zellen zuruckgefuhrt wer-den, ist eine Idealisierung, da der momentane Zustand einer Zellevom Gleichgewichtszustand verschieden sein kann, wenn sich einePhase weniger stark gebildet hat, als es der Gleichgewichtszustandverlangen wurde.

Abbildung 3.3 auf der nachsten Seite zeigt eine mogliche Situa-tion im Drei-Phasen-Fall mit den Phasen l (flussig), δ (ferritisch)

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Kapitel 3 Beschreibung des numerischen Modells

∆ S

Gleichgewicht Aktuell

γ

δ

l

f

γδ

γ

ll

δ

equi

Abbildung 3.3.: Gleichgewichtszusammensetzung (links) und aktuelle Verteilung(mitte) in einem dreiphasigen Volumenelement. Die Aufteilungin einen Gleichgewichts- und einen Nichtgleichgewichtsteil istrechts zu sehen.

und γ (austenitisch). Jedes Kontrollvolumen des numerischen Git-ters kann, wie in der Abbildung gezeigt, in Untervolumen aufgeteiltwerden. Im linken Bild herrschen Gleichgewichtsbedingungen. Dasmittlere Bild indes zeigt die tatsachliche Situation: Die Erstarrungist unvollstandig, die festen Phasenanteile sind kleiner als die ent-sprechenden Gleichgewichtswerte. Wie im rechten Teilbild gezeigt,kann dieser Zustand derart umsortiert werden, dass es ein Teilvolu-men gibt, welches sich im Gleichgewichtszustand befindet. Im ande-ren Teil befinden sich dann nur noch die ubrig gebliebenen Phasen.

3.4.3. Verzogerte Phasenbildung

Herrschen nun keine Gleichgewichtsbedingungen vor, schreitet dieBildung der festen Phasen in Relation zur Entfernung des aktuellenZustands vom Gleichgewichtszustand voran, wie in Abbildung 3.3 imrechten Teilbild dargestellt. Ein ideales Maß fur die Entfernung vomGleichgewicht ist der Parameter ∆S = Seq − S, da die Variationeiner der maßgeblichen Variablen H, Xi oder fi eine Potentialer-hohung zur Folge hat, und die partielle Differentation von S wie-der die Zustandsgleichungen des Systems herleitet. Zudem kann er

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3.4 Phasenumwandlung

gut den Berechnungen entnommen werden. Ein einfacher kinetischerAusdruck, der das Wachstum einer einzelnen Phase beschreibt, ist

∂fi∂t

= ci∆SR, (3.41)

mit ci als kinetischem Koeffizienten zur Bildung jener Phase. DieGaskonstante R macht aus ∆S einen dimensionslosen Wert, so hatci die Dimension s−1. Der kinetische Koeffizient ist vorerst unbe-kannt. Dieser Ansatz ist recht allgemein und kann durch verschiedeneverzogernde Faktoren bestimmt sein, wie etwa die Gibbs-Thomson-Unterkuhlung, Unterkuhlung durch Losungen oder Falle, in denendie Diffusion das Wachstum einer Phase behindert. In einem ahnli-chen Fall haben Kudoh u.a. [31] die peritektische Reaktion als einenProzess mit einer parabolischen Bildungskonstante beschrieben. Indiesem Fall wird die Bildung von γ-Eisen aus Schmelze und δ-Ferritdurch die Diffusion des Kohlenstoffes bestimmt.

Gleichung (3.41) hat den Nachteil, dass der Phasenanteil nurwachsen kann, da ∆S immer positiv ist. Der momentane Phasen-anteil fi kann aber auch uber f eq

i liegen. Dies fuhrt zum Einsatz von∆fi = f eq

i − fi als dem richtunggebenden Faktor. Der entsprechendeAnsatz lautet dann

∂fi∂t

= ci∆SR

(f eqi − fi), i = γ,δ. (3.42)

Dieser Ausdruck kann gut in einem Erstarrungsmodell verwendetwerden, welches nur eine feste Phase außerhalb des peritektischenBereiches kennt, entweder fur δ-Erstarrung bei sehr niedrigem Koh-lenstoffanteil, oder bei reiner γ-Erstarrung mit ausreichend hohemC-Anteil. Zu Beginn der Arbeit wurde dieser Ansatz verfolgt.

3.4.4. Drei-Phasen-Kinetik

Eine Aufgabe dieser Arbeit war die Erweiterung dieses Ansatzes zurDreiphasigkeit, in der sich sowohl δ- als auch γ-Eisen bilden kann.In diesem Fall muss auch die Transformation von δ nach γ enthaltensein.

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Kapitel 3 Beschreibung des numerischen Modells

Die flussige Phase fl ist uber die beiden festen Phasen durch

fl = 1− (fγ + fδ) (3.43)

definiert. Sei nun

∆fi =1n

∑j=γ,δ,l

φij , mit φij = ∆fi −∆fj , (3.44)

mit∑∆fi = 0,

n ist die Anzahl der berucksichtigten Phasen. Es gilt φij = −φji undφii = 0. Dieser Ansatz fuhrt zum verallgemeinerten Ausdruck

∂fi∂t

= ci∆SR

∑j

φij ; i = γ,δ,l. (3.45)

Mit nur einem einzigen Koeffizienten ci ist dieser Ausdruck je-doch nicht dafur geeignet, die Wechselwirkungen der einzelnen Pha-sen untereinander zu differenzieren. Setzt man stattdessen einen ei-genen Koeffizienten fur jede mogliche Transformation, also

∂fi∂t

=∆SR

∑j

cijφij ; i,j = γ,δ,l; (3.46)

mit der entsprechenden Koeffizientenmatrix

C =

(1) cγδ cγl

cδγ (1) cδlclγ clδ (1)

, (3.47)

lasst sich diese Vorausgabe erfullen. Die Werte der Diagonalelementecii sind beliebig, da φii = 0 ist, und stehen deswegen in Klammern.

Abbildung 3.4 auf der nachsten Seite illustriert die Bestimmungder ∆fi und ihre Aufgabe bei der Feststellung der Phasenanteile injedem neuen Zeitschritt. Durch die Erhaltung der Masse gilt cij = cji

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3.4 Phasenumwandlung

c lγ

cδγ

c lδ

γ∆ fδ∆ fl∆ f

� � �� � �� � �� � �� � �� � �� � �� � �� � �� � �� � �� � �

� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �� �

� � �� � �� � �� � �� � �� � �� � �� � �� � �

� �� �� �� �� �� �� �� �� �

� � �� � �� � �� � �� � �� � �

� �� �� �� �� �� �

� �� �� �� �

{ { {

l δ γ

überschüssiger Anteil

fehlender Anteil

reale Verteilung

Verteilung im GGW

Abbildung 3.4.: Funktion der Kinetikmatrix. Die ∆fi werden aus der Diffe-renz der Gleichgewichtsverteilung der Phasen zu der tatsachli-chen Phasenverteilung zur Zeit t − ∆t errechnet. Die Differenzder ∆fi und die Koeffizienten der Kinetikmatrix bestimmen dieneue Phasenverteilung.

wahrend eines Transformationsvorganges.∗ Gleichung (3.46) wirdverwendet, um die Phasenanteile durch Vorwartsintegration in je-dem Zeitschritt der Rechnung fortzuschreiben. Die Werte der kine-tischen Koeffizienten mussen nun abgeschatzt werden. Wie in Ab-schnitt 3.5.4 auf Seite 41 erlautert, geschieht dies durch Abgleich derRechnungen mit experimentellen Daten.

Die kinetischen Koeffizienten hangen von vielen Parametern ab,wie der Legierungszusammensetzung, der Abkuhlrate, der Dendri-tenabstande und moglicher anderer Faktoren. Die cij sollten deshalbnicht als allgemeine Konstanten verstanden, sondern bei jedem neu-en Fall erneut uberpruft werden. Es zeichnet sich jedoch ab, dass

∗Da sich jedoch die Bildungs- und Ruckbildungsgeschwindigkeiten der ein-zelnen Phasen durchaus unterscheiden konnen, ware der Vollstandigkeit halbereine zweite Koeffizientenmatrix fur das Aufschmelzen der festen Phasen und denUbergang γ → δ erforderlich. Diese Vorgange spielen bei den hier besprochenenRechnungen aber eine vernachlassigbare Rolle, weswegen auf die zweite Matrixder Einfachheit halber verzichtet und der Rucktransformationskoeffizient gleichdem originalen Koeffizienten gesetzt wurde.

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Kapitel 3 Beschreibung des numerischen Modells

zumindest die Verhaltnisse der Koeffizienten untereinander gewisseMaterialeigenschaften widerspiegeln. Genaueres dazu in Kapitel 5.

3.5. Modell der Mikrostruktur

Die Mikrostruktur eines Gussstuckes lasst sich ublicherweise in dreiZonen aufteilen. In Abbildung 2.1 auf Seite 5 sind alle drei Bereichedargestellt.

Am außersten Rand des Gussstuckes befindet sich die sogenann-te Abschreckzone, ein Bereich ungerichteter Dendriten, der sich auf-grund der hohen Abkuhlraten formen konnte.

Dahinter erstreckt sich die gerichtete oder columnare Zone. Hierist die Abkuhlgeschwindigkeit niedrig genug, um die Bildung gro-ßerer Kristallstrukturen zuzulassen, die entlang des Temperaturgra-dienten in die Schmelze hineinwachsen.

In der Mitte des Gussstuckes unterkuhlt die Schmelze. Einzelnefrei schwimmende Keime bilden den Ausgangspunkt des ungerichte-ten Wachstums, welches sich hier formieren kann, da die von außenhereinwachsende gerichtete Front diesen Bereich noch nicht erreichthat. In Abbildung 2.2 auf Seite 6 sind solche Strukturen an einerBramme markiert.

3.5.1. Ungerichtetes Kornwachstum

Abbildung 3.5 auf der nachsten Seite zeigt die Wachstumsbedingun-gen nahe der Phasenfront. Links ist die gerichtete Dendritenfrontsichtbar, wahrend es auf der rechten Seite einige ungerichtete Kris-talle gibt, deren Verteilung als zufallig angenommen wird. Die unge-richteten Kristalle wachsen in den unterkuhlten Regionen aus in derSchmelze vorhandenen Keimen.

Die Beschreibung des Wachstums der ungerichteten Korner istein wichtiger Teil des Modells, da es einen maßgeblichen Einfluss aufden Ubergang von gerichteter zu ungerichteter Erstarrung hat. InAbbildung 3.5 ist ein kugelformiges Volumen, welches das ungerichte-te Kristall umschließt, zu sehen. Die Summe all dieser Kugelvolumenin einem ausgewahlten Bereich ergibt das totale ungerichtete Korn-

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3.5 Modell der Mikrostruktur

Abbildung 3.5.: Schematische Darstellung der gerichteten und ungerichtetenKorner in zwei benachbarten Zellen des numerischen Gitters.

volumen, und nach Division durch das Volumen des ganzen Bereichesden ungerichteten Kornanteil fg,e, die hier interessante Große.

Werden die Kugelschalen mit Radius r und die Keimdichte zu nangenommen, ergibt sich daraus fur den gerichteten Kornanteil

fg,e =4π3r3 · n. (3.48)

Fur jede Gitterzelle wird ein gemeinsamer Radius r fur alleKorner angenommen, der Durchschnittswert dieses Ensembles. Mitfortschreitender Zeit wachst r, bestimmt durch die Wachstumsge-schwindigkeit der Dendritenspitzen. Diese Geschwindigkeit ist uberdie Ivantsov-Gleichung zuganglich, die die Ausbreitung einer parabo-loiden Umwandlungszone in unterkuhlter Schmelze vorhersagt undvon vielen Autoren beschrieben wurde [49,50].

Die Relation zwischen Peclet-Zahl und Unterkuhlung wird di-mensionslos beschrieben durch

∆T/Θ = Iv(P )Θ = ∆H/cp

P =vrd2a

.

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Kapitel 3 Beschreibung des numerischen Modells

Hier ist v die Wachstumsgeschwindigkeit der Dendritenspitzen, rdder Dendritenspitzenradius und a die thermische Diffusivitat. DieIvantsov-Funktion lautet

Iv(P ) = P exp(P ) E1(P ). (3.49)

Diese Gleichung setzt die dimensionslose Unterkuhlung und diePeclet-Zahl zueinander in Beziehung, und muss durch eine weite-re Relation erganzt werden, um eine eindeutige Losung zu liefern.Dazu wurde das Grenzflachenstabilitatskriterium [50] verwendet:

v =Γσ∗Θ

2aR2

. (3.50)

Der Stabilitatsparameter σ∗ wurde mit einem Wert von 0,025 ange-nommen. Dieses nun ist die zweite Bedingung, und die Dendriten-spitzengeschwindigkeit kann mit einer invertierten Ivantsovfunktionbestimmt werden. Fur den Gibbs-Thomson Koeffizienten Γ wurdeein Wert von Γ = 1,9 · 10−7 verwendet [3].

Der Kornradius r wachst mit der Geschwindigkeit v, also

∂r

∂t= v. (3.51)

In jedem Zeitschritt wird vorwarts integriert und der Anteil an ge-richtetem Kornvolumen fg,e mittels Gleichung (3.48) fur alle Gitter-zellen aktualisiert.

3.5.2. Das Ubergangskriterium

In jeder Gitterzelle vor der Phasenfront wachst fg,e in Abhangigkeitvon der Unterkuhlung mit der Zeit und erreicht einen bestimmtenMaximalwert, bevor die Zelle von der gerichteten Front erreicht wird.Allerdings ist die genaue Bestimmung dieser Front zunachst nichtmoglich.

Es kann jedoch eine Bereichsabschatzung gemacht werden, wiein Abbildung 3.6 auf der nachsten Seite gezeigt wird. Die Gerade astellt die obere Grenze dar. Sie definiert sich durch die abfallendeFlanke des festen Phasenanteils. Typischerweise werden dazu zwei

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3.5 Modell der Mikrostruktur

0,5

1

0

a c b

Kein Wachstum Wachstumx

festf

fflüssig

Abbildung 3.6.: Schematische Darstellung der Festlegung der Zone ungerichtetenWachstums.

0�

10 20 30 40 50 60 70Abstand zur Oberfläche / mm�

100

101

102

unge

richt

eter

Vol

umen

ante

il

0.5

Abschreckzone�

gerichtete Zone�

ungerichteteZone

Abbildung 3.7.: Typischer Verlauf von fmaxg,e als Funktion der Entfernung von

der gekuhlten Oberflache, logarithmisch aufgetragen. Zu erken-nen sind die Abschreckzone sowie die gerichtete und die unge-richtete Zone.

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Kapitel 3 Beschreibung des numerischen Modells

0�

1� 2�

3�

4�

5�

Abstand zur Oberfläche, mm

10−1

100

101

102

unge

richt

eter

Vol

umen

ante

il

f max

g,e

0.5

Abbildung 3.8.: Verlauf von fmaxg,e nahe der Oberflache.

Punkte bestimmt, die Positionen, an denen der feste Phasenanteil23 bzw. 1

3 betragt. Die gerichtete Zone wurde nun an der Stelle, ander die Gerade die Abszisse schneidet, beginnen. Als untere Grenzebietet sich derjenige Punkt an, an dem der feste Phasenanteil denWert 0,5 erreicht hat, in Abbildung 3.6 dargestellt durch Gerade b.

Dadurch ergibt sich der freie Parameter ψ, der sich zwischen 0und 1 bewegt und die genaue Position der in Abbildung 3.6 gestri-chelt gezeichneten Geraden c festlegt. Ein Wert von ψ = 0 stellt denFall c=a dar, ψ = 1 bedeutet c=b.

Infolge der Diskretisierung wird in der Zelle, in der sich die Frontbefindet, das momentane Kornwachstum gebremst, und zwar antei-lig entsprechend dem Anteil der Zone gerichteten Wachstums fg,c indieser Zelle mit fg,c · ∂∂tfg,e. Es bleibt der Maximalwert des ungerich-teten Volumenanteils zu der Zeit, als die gerichtete Front die Zelleals Funktion der Entfernung zum Kokillenrand uberstrichen hat.

In Abbildung 3.7 auf der vorherigen Seite ist der abschließende

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3.5 Modell der Mikrostruktur

Wert von fg,e uber den Abstand zur Brammenoberseite exempla-risch aufgetragen. Deutlich sind die drei mikrostrukturellen Zonenzu sehen. In einer dunnen Schicht an der Brammenoberflache (ent-sprechend der ungerichteten Abschreckzone) findet sich ein kleinerBereich hoher Werte: Hier herrscht eine so starke Abkuhlung , dassdie Erstarrung sich stark verzogert. Die daraus resultierende starkeUnterkuhlung lasst die Korner signifikant anwachsen, bevor die Pha-senfront sie erreichen kann. Abbildung 3.8 auf der vorherigen Seitezeigt einen Ausschnitt der Randzone einer 140 mm Bramme.

In der darauf folgenden Zone sinkt fmaxg,e unter die kritische Marke

von 0,5. Die Unterkuhlung findet hier ausschließlich in einem kleinenBereich vor der Phasenfront statt, in dem die Zeit fur ein ungerichte-tes Kornwachstum nicht ausreicht. An dieser Stelle uberwiegt somitdas gerichtete Wachstum.

Mit zunehmender Entfernung von der Wand verbessern sichdie Wachstumsbedingungen der ungerichteten Partikel, da die un-terkuhlte Zone durch den flacher werdenden Temperaturgradientenbreiter wird und sich das Wachstum zwar verlangsamt, die Korneraber bedeutend mehr Zeit haben sich zu formieren.

Der maximale Kornanteil am Gesamtvolumen ist entscheidendfur den Ubergang von gerichteter zu ungerichteter Erstarrung, denner ist das Entscheidungskriterium, welcher der Zonen eine bestimm-te Region zugeordnet werden soll. Hunt und andere [51, 15] habeneinen kritischen Wert von 0,49 fur den ungerichteten Volumenan-teil vorgeschlagen, obwohl der Wert als recht willkurlich empfundenwerden kann. Aber auch andere Autoren [17, 16] verwenden diesenWert. A. Etienne [52] sieht 75 % fg,e als Punkt des Ubergangs vongerichteter zu ungerichteter Erstarrung an.

Schwellwerte

In der Anfangsphase dieser Arbeit wurde ebenfalls eine feste Schwel-le von 0,5 verwendet. Messungen der CET zeigen jedoch immer einestatistische Verteilung innerhalb eines Bereiches auf der Bramme,und nicht eine starre, genau reproduzierbare Grenze. Deswegen wur-de dazu ubergegangen, drei Stufen als Schwellwerte anzusehen.

Als zentrale Schwelle wurde entsprechend Hunt [51] ein Wert von

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Kapitel 3 Beschreibung des numerischen Modells

0,5 angenommen. Die Obergrenze wurde bei 1,0 angesetzt. Hierbeiist jedoch zu beachten, dass auch Werte großer 1 moglich sein konn-ten, da sich der ungerichtete Volumenanteil auf virtuelle Kugelscha-len bezieht, die sich auch durchdringen konnen. Auch ein Vielfachesvon 1 ist demnach nicht auszuschließen. Als Untergrenze wurde 0,25gewahlt, um einen Wert zu haben, der im reziproken Verhaltnis zurzentralen Schwelle steht wie diese zur Obergrenze von 1,0. Damitwird eine Bandbreite angegeben, in der sich die CET befinden sollte.

0�

10 20 30 40 50 60 70Abstand zur Oberfläche, mm

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

unge

richt

eter

Vol

umen

ante

il f m

ax

g,e

Abbildung 3.9.: Verwendete Schwellwerte Sge = 0,25, 0,5 und 1,0. Verlauf vonfmaxg,e als lineare Funktion der Entfernung von der gekuhlten

Oberflache.

Durch die zufallige Verteilung der Kugelschalen wird es also kei-ne einzelne Ubergangsschwelle geben, aber eine Spanne von Werten.Daher ist es sinnvoll, den Ubergang nicht als einzelnen kritischenWert, sondern als Intervall darzustellen. Dies wird durch die spatergezeigten Abbildungen realisiert, die die Positionen entsprechend derSchwellwerte darstellen. Ungenauigkeiten bei der Wahl der Schwell-

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3.5 Modell der Mikrostruktur

werte spielen nur eine untergeordnete Rolle, da die fg,e-Kurven, wiein Abbildung 3.9 auf der vorherigen Seite gezeigt, nah des Uber-ganges exponentiell ansteigen und so immer noch eine hinreichendgenaue Eingrenzung darstellen.

3.5.3. Keimbildung

Wahrend dieser Arbeit wurden numerische Experimente mit ver-zogerter Keimbildung durchgefuhrt, d.h. durch Verwendung einerKeimbildungsfunktion des Typs

∂n

∂t= ns · δ(T − Tn) (3.52)

mit δ als Diracscher Deltafunktion. Dies bedeutet, dass ns Keimepro Volumeneinheit unterhalb der Temperatur Tn in diesem Volumenauftreten. Auch wurde der Parameter ∆Scrit als kritische Entro-piedifferenz getestet, bei der die ungerichtete Dendritenbildung in-stantan auftritt. All diese Tests ließen jedoch keine Verbesserungdes Modells erkennen, weswegen die konstante Keimdichte n in denRechnungen beibehalten wurde. Die Bestimmung von n wird in denAbschnitten 2.3 auf Seite 9 und 5.1 auf Seite 63 genauer beschrieben.

3.5.4. Kinetische Koeffizienten

Eine erste Abschatzung der Koeffizienten ist moglich, wenn die Rech-nungen mit den Ergebnissen aus [31] verglichen werden. Jedoch istdie Auswirkung der Koeffizienten auf die Erstarrung an sich viel ge-ringer als auf das Wachstum der gerichteten Zone, da sich schon eineleichte Variation in der Phasenumwandlung auf ∆T auswirkt. Ausdiesem Wert wiederum leitet sich die Geschwindigkeit v der Dendri-tenspitzen ab, die sich direkt im Wachstum der ungerichteten Kornerniederschlagt.

Es empfiehlt sich daher, die Kurven des maximalen ungerichtetenKornanteils fmax

g,e daraufhin zu untersuchen. Schnell kann festgestelltwerden, dass die entsprechende Kurve hoher liegt, wenn kleinere Ko-effizienten gewahlt werden. Ein kleinerer Koeffizient bedeutet also

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Kapitel 3 Beschreibung des numerischen Modells

eine großere Verzogerung in der Phasenumwandlung, dementspre-chend muss cδγ als fest-fest Umwandlung am kleinsten sein, und clδgroßer als clγ .

Die korrekten kinetischen Koeffizienten konnten theoretisch mitdilatometrischen Messungen in erstarrendem Stahl festgestellt wer-den, aus denen sich ein isothermes ZTU†-Diagramm fertigen ließe.Jedoch existieren solche Diagramme bis jetzt noch nicht, da sich dieMessungen extrem schwierig gestalten wurden. Des Weiteren musstefur jede Stahlsorte ein neues ZTU-Diagramm angefertigt werden. Soergibt es sich, dass vier unbekannte Parameter (clγ , clδ, cδγ und ψ),die sich auf fmax

g,e auswirken konnen, gefunden werden mussen.Hier kommt das Plausibilitatsprinzip zu Hilfe. Parameterkom-

binationen, die physikalisch unsinnige fmaxg,e -Kurven liefern, konnen

verworfen werden. Um die Suche weiter einzugrenzen wird zuerstversucht, Werte fur clγ und ψ zu finden. Unter reiner γ-Erstarrungkonnen die Parameter clδ und cδγ zu Null angenommen werden. Beieiner Variation von clγ ist zu sehen, dass nur in einem gewissen Wer-tebereich um 105 plausible fmax

g,e -Kurven zu bekommen sind. DurchAngleichen des Ubergangsparameters ψ auf einen Wert zwischen 0,4und 0,5 ließ sich ein befriedigendes Ergebnis erzielen.

Der Ubergang zur Dreiphasigkeit wurde nun zum einen durchdie oben erwahnte vorgegebene Relation cδγ < clγ < clδ erleichtert,zum anderen durch die Tatsache, dass sich von 0 verschiedene clδund cδγ sehr wohl auf die fmax

g,e -Kurven unter ”reiner“ γ-Erstarrungauswirken konnen, weswegen es moglich ist, auch hier wieder dasPlausibilitatsprinzip anzuwenden. Es ergibt sich, dass die Werte derKoeffizienten bei etwa cδγ ≈ 50.000, clγ ≈ 100.000 und clδ ≈ 200.000liegen mussen, mit einem Spielraum von etwa 20%. Fur ψ ergab sichein Wert zwischen 0,4 und 0,5.

3.6. Erweiterung auf zwei Dimensionen

Da die Erweiterung des Modells auf zwei Dimensionen im Prinzip nurdie Gleichungen fur den Warme- und Stofftransport betrifft, die bei

†Zeit-Temperatur-Umwandlung

42

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3.6 Erweiterung auf zwei Dimensionen

jeder Zelle zwei zusatzliche Nachbarelemente berucksichtigen mus-sen, steht dem kein grundlegendes Hindernis im Wege.

Dadurch eroffnet sich die Moglichkeit, komplette Strangguss-brammen vollstandig zu modellieren, denn die dritte Raumachsekann bei konstanter Auszugsgeschwindigkeit durch die Zeitachse er-setzt werden.

3.6.1. Das flachige Ubergangskriterium

Allein die Erweiterung des in Abschnitt 3.5.2 beschriebenen Uber-gangskriteriums bedarf einer naheren Betrachtung, da sich derSchritt von einer zu zwei Dimensionen hier als nichttrivial darstellt.Dieser Aufwand muss jedoch betrieben werden, will man eine Diffe-renzierung zwischen gerichteter und ungerichteter Erstarrung errei-chen.

Das Prinzip der Berechnung der columnaren Front wird beibehal-ten, jedoch wird, ausgehend von allen Warme abfuhrenden Randern,das Gitter in Streifen zerlegt, die nun wie im eindimensionalen Fallbetrachtet werden konnen.

Wie in Abbildung 3.10 auf der nachsten Seite zu sehen, ergibtsich dadurch fur jeden Gitterpunkt, dass er uber eine Aussage proRichtung uber seinen Zustand verfugt, der jeweils fg,c = 0 (vor derFront), fg,c = 1 (hinter der Front) oder 0 < fg,c < 1 (die Front be-findet sich innerhalb der Zelle) sein kann. Konnte in einer der beidenRichtungen keine Front identifiziert werden, wird nur die Informationder verbliebenen Richtung berucksichtigt. Gibt es gar kein gultigesErgebnis, verandert sich der bisherige Zustand nicht.

3.6.2. CET-Berechnung

Die interessanteste Region einer zweidimensionalen Berechnung istgewiss die von der Außenecke ausgehende Diagonale, denn sie zeigtdie Interaktion der aus zwei Richtungen aufeinandertreffenden Er-starrungsfronten.

Ein erster Ansatz mit sich senkrecht uberlappenden Fron-ten (frei bleibt nur der Anteil der Zelle, uber den sich wederdie waagerechte, noch die senkrechte Front erstreckt), ausge-

43

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Kapitel 3 Beschreibung des numerischen Modells

Erstarrungsfront

Gitterzelle

Abbildung 3.10.: Vorgehensweise zur Bestimmung der fmaxg,e in zwei Dimensio-

nen.

0 10 20 30 40 50 60 70x (mm) 010

2030

4050

6070

y (mm)

0.001

0.01

0.1

1

10

fge

(a) gesamtes Profil

0

10

20

30

40

50

60

70y (mm)

0 10 20 30 40 50 60 70x (mm)

(b) CET-Linien(Sg,e = 0,25; 0,5; 1,0)

Abbildung 3.11.: Zweidimensionale Berechnung von fmaxg,e eines C60-Stahls unter

Verwendung der senkrecht uberlappenden Methode. Deutlich zusehen sind die zu niedrigen fmax

g,e -Werte in der Diagonalen.

44

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3.6 Erweiterung auf zwei Dimensionen

druckt durch

fg,c = fxg,c + fyg,c − (fxg,c · fyg,c), (3.53)

musste verworfen werden, da sich hier, wie in Abbildung 3.11 aufder vorherigen Seite zu sehen, in der Diagonale ein zu niedriger fmax

g,e

Wert einstellte, die diagonalen fg,c also zu dominant waren.Befriedigende Ergebnisse konnten hingegen nach Einfuhrung des

Minimalprinzips

fg,c = min(fxg,c,fyg,c) (3.54)

erzielt werden, wie in Abbildung 3.12 auf der nachsten Seite darge-stellt. Abbildung 3.13 auf Seite 47 zeigt ahnliche Bedingungen, abermit einem weiteren Stahl, hier mit 0,45 % Kohlenstoff.

Zwar sind auch hier wieder Riefen in der Diagonalen zu erken-nen, die aller Wahrscheinlichkeit nach auf numerische Unzulanglich-keiten zuruckzufuhren sind, ein genaueres Verfahren jedochware wahrscheinlich nur mit einer kontinuierlichen Positionder Phasenfront in jeder Richtung durchzufuhren, die aus derdiskreten raumlichen Auflosung mit großem Aufwand herausinterpo-liert werden musste. Auch die Form der Front innerhalb einer Zellemusste dann berucksichtigt werden.

Die eindimensionale Berechnung ist nur ein Spezialfall der flachi-gen Berechnung, in der ein Streifen betrachtet wird, der weit genugvom parallel laufenden Rand entfernt ist. Abbildung 3.14 auf Seite 48vergleicht die Rechnungen miteinander.

Deutlich ist zu sehen, dass die fmaxg,e -Kurven am Rand, wo sie

schnell von der vorbeiziehenden Front fixiert werden, nahezu iden-tisch sind. Weiter im Inneren flachen sich die zweidimensional be-rechneten Kurven zusehends ab. Zu diesem Zeitpunkt wirkt bereitsdie Warmeabfuhr der anderen Wand. So wird die Kurve bei y =40 mm deutlich fruher davon erfasst als die Kurve bei y = 70 mm.Der steile Anstieg der fmax

g,e -Kurve am hinteren Ende der Kurve beiy = 70 mm ist auf die in der Mitte des Stuckes durch Diffusion er-hohte Kohlenstoffkonzentration zuruckzufuhren.

45

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Kapitel 3 Beschreibung des numerischen Modells

0 10 20 30 40 50 60 70x (mm) 010

2030

4050

6070

y (mm)

0.001

0.01

0.1

1

10

fge

(a) gesamtes Profil

0

10

20

30

40

50

60

70y (mm)

0 10 20 30 40 50 60 70x (mm)

(b) CET-Linien

Abbildung 3.12.: Zweidimensionale Berechnung von fmaxg,e eines C60-Stahls mit

einem Querschnitt von 140× 140 mm2.46

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3.6 Erweiterung auf zwei Dimensionen

0 10 20 30 40 50 60 70x (mm) 010

2030

4050

6070

y (mm)

0.010.1

110

1001000

fge

(a) gesamtes Profil

0

10

20

30

40

50

60

70y (mm)

0 10 20 30 40 50 60 70x (mm)

(b) CET-Linien

Abbildung 3.13.: Zweidimensionale Berechnung von fmaxg,e eines C45-Stahls mit

einem Querschnitt von 140× 140 mm2.47

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Kapitel 3 Beschreibung des numerischen Modells

0�

10 20 30 40 50 60 70Abstand von der Oberfläche, mm

10−3

10−2

10−1

100

101

102

unge

richt

eter

Vol

umen

ante

il

f max

g,e

1−D Rechnung2−D, y=70mm

2−D. y=40mm�

(a) 0,60 % C

0�

10 20 30 40 50 60 70Abstand von der Oberfläche, mm

10−2

10−1

100

101

102

103

104

unge

richt

eter

Vol

umen

ante

il

f max

g,e

1−D Rechnung2−D, y=70mm

2−D, y=40mm�

(b) 0,45 % C

Abbildung 3.14.: Eindimensionale und zweidimensionale Rechnung im Vergleich.

48

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3.6 Erweiterung auf zwei Dimensionen

Kurzzusammenfassung

� Die Transportgleichungen fußen auf den Gesetzen von Fou-

rier und Fick.

� Gleichgewichtszustande werden mit der verallgemeinerten En-thalpiemethode von Tacke und Mackenbrock errechnet.

� Ausgehend von den Gleichgewichtszustanden wird ein Nicht-gleichgewicht durch verzogerte Phasenumwandlung modelliert.

� Es gibt ein makroskopisches Mikrostrukturmodell, welches zwi-schen gerichteter und ungerichteter Erstarrung unterscheidenkann.

� Die innere ungerichtete Zone kann von der gerichteten Erstar-rung unterschieden werden. Auch ein Erkennen der Abschreck-zone erscheint moglich.

� Durch die Erweiterung auf zwei Dimensionen ist auch das Mo-dellieren einer vollstandigen Stranggussbramme moglich.

49

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KAPITEL4Modellrechnungen mitSuccinonitril-Borneol

Um die Anwendbarkeit des Modells auf andere thermody-namische Systeme als Fe-C zu uberprufen, werden Ver-suche Jan Liptons mit der organischen ModellsubstanzSuccinonitril-Borneol numerisch nachvollzogen.

Im Rahmen seiner Dissertation [2] fuhrte Lipton Versuche zur Be-stimmung des Strukturumschlages gerichtet/ungerichtet an einer

organischen Modellsubstanz – Succinonitril in Verbindung mit dematherischen Ol Borneol – durch, die in Mischung ein binares Zwei-phasensystem bilden.

4.1. Thermodynamisches Modell

Die Daten des thermodynamischen Modells wurden, soweit erwahnt,aus [2] entnommen. Weitere Werte lieferten Standardwerke und di-verse Veroffentlichungen [53, 54, 55]. Alle Werte sind in Tabelle C.1

51

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Kapitel 4 Modellrechnungen mit Succinonitril-Borneol

auf Seite 145 zu finden. Zur Berechnung des Zweiphasensystems wur-de, im Gegensatz zum Fe-C Modell, auf einen einfachen regularenAnsatz fur binare Systeme zuruckgegriffen, der die Excessterme mit

Hxs = ωX(1−X) (4.1)

und

Sxs = σX(1−X) (4.2)

definiert. Abbildung 4.2 auf der nachsten Seite zeigt das mit diesemModell berechnete T -X Diagramm im Vergleich zu der von Liptonangegebenen Ideallinie mit einem Verteilungskoeffizienten von 0,35.

N

N(a) Succinonitril (C4H4N2)

HO(b) Borneol (C10H18O)

Abbildung 4.1.: Strukturformeln der verwendeten Stoffe Succinonitril und Bor-neol.

4.2. Versuchsaufbau

Liptons Versuchsaufbau ist in Abbildung 4.3 auf der nachsten Seiteskizziert. Er besteht aus zwei Kupferbehaltern mit je 1 mm Wand-dicke. Der kleinere ist symmetrisch in den großeren eingebaut, dieBoden sind mit Styropor isoliert, genau wie die Außenwand. Zwi-schen beiden Kupferbehaltern kann Kuhlwasser zirkulieren. 10 Ther-moelemente werden zur Temperaturmessung eingesetzt. Die Senso-ren sind in der Mitte der breiteren Außenwand in den Entfernungen5,5; 9,0; 13,3; 15,1; 16,2; 17,4; 18,3; 19,6; 20,3 und 21,5 mm zu ihrpositioniert.

52

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4.2 Versuchsaufbau

0�

0.5 1� 1.5 2�

Massegehalt an Borneol in %

310

315

320

325

330

335

Tem

pera

tur,

K

IdeallinieModell

Abbildung 4.2.: Das thermodynamische Modell Succinonitril–Borneol

Abbildung 4.3.: Der modellierte Versuchsaufbau nach Lipton [2].

53

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Kapitel 4 Modellrechnungen mit Succinonitril-Borneol

Die große Entfernung zu den beiden anderen senkrecht zu dieserWand stehenden Außenwanden erlaubt eine Reduzierung der Rech-nung auf eine Dimension. Die Wasserkuhlung wurde auf 13◦C± 0,1 Keingestellt.

4.3. Temperaturprofil

Als erstes wurde versucht, das von den Thermoelementen aufgezeich-nete Temperaturprofil zu modellieren, da es sich hier einerseits umdie einzigen direkt gewonnenen physikalischen Daten handelt undandererseits die zur Berechnung der Temperatur zur Verfugung ste-henden Daten und Methoden sehr sicher und zuverlassig sind.

So wurde versucht, die Temperaturdaten aus dem in Liptons Ar-beit exemplarisch vorgestellten Versuch B mit 0,3 % Borneol undeiner Gießtemperatur von 62◦C nachzubilden.

Allerdings erschien die von Lipton mit ca. 56◦C angegebene Liqui-dustemperatur als zu niedrig, da das Modell, auch entsprechend demvon Lipton selbst angegebenen Verteilungskoeffizienten, im Gleichge-wicht eine Liquidustemperatur von etwa 58◦C aufzeigen sollte.

Mit einem geeignet gewahlten kinetischen Koeffizienten von cls ≈1000 gelang es jedoch, den von Lipton gemessenen Knick in den Tem-peraturkurven bei etwa 56◦C zu reproduzieren. Damit ist die Pha-senumwandlung flussig–fest bei Succinonitril-Borneol deutlich mehrverzogert als bei Eisen-Kohlenstoff. Dies erscheint folgerichtig, dasich die hier verwendeten Substanzen in Molekulgewicht und raum-licher Abmessung deutlich von Fe-C unterscheiden.

Abbildung 4.4 auf der nachsten Seite zeigt das Temperaturprofilder Thermoelemente 1 und 2 im Vergleich zu den Ergebnissen derModellrechnung. Deutlich ist der Knick in der Temperaturkurve zuerkennen, der in etwa an der von Lipton angegebenen Stelle liegt.Diese ist gleichzeitig der Punkt, an dem sich die Kurve des lokalenGleichgewichts wieder mit der der kinetischen Temperatur vereinigt,an dem mithin die Unterkuhlung wieder verschwindet.

Sollte das Modell korrekt sein, handelt es sich bei der von Liptonangegebenen Liquidustemperatur also in Wirklichkeit um die Soli-dustemperatur. Hier ist der einzige Punkt, an dem die der Kinetik

54

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4.4 Berechnung des Umschlagzeitpunkts

0�

100�

200�

300�

400�

500�

Zeit, s

50

52

54

56

58

60

62

64

Tem

pera

tur,

°C

Messung Lipton Rechnunglokales GGW

9mm�

5,5mm�

Abbildung 4.4.: Liptons Temperaturmessungen des Versuchs B (X=0,3 %, Gieß-temperatur 62 oC) an seinen Temperaturfuhlern Nr. 1 und 2 (5,5und 9 mm von der Außenwand entfernt) im Vergleich mit demTemperaturprofil des Modells. Tatsachliche und imaginare Liqui-duslinien sind bei 58 und 56 oC eingezeichnet.

unterliegende Temperatur eine gewisse Unstetigkeit in der Steigungzeigt.

4.4. Berechnung des Umschlagzeitpunkts

Da keine Einsicht in das Versuchsgefaß moglich war, waren die einzi-gen zur Verfugung stehenden Informationen aus den Versuchen zurBestimmung des Erstarrungsverhaltens die Daten der verschiedenenThermoelemente. Lipton beschrieb deshalb nur Zeiten bis zum fest-gestellten Strukturumschlag, gab jedoch keine raumliche Position derCET an, die mit den Ergebnissen des aktuellen Modells wesentlichbesser hatten beschrieben werden konnen.

Vielmehr wurde der Zeitpunkt der CET als der Moment gewer-

55

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Kapitel 4 Modellrechnungen mit Succinonitril-Borneol

tet, in dem an einem Thermoelement eine Unterkuhlung mit an-schließender Rekaleszenz festgestellt werden konnte. Als gerichteteErstarrungsfront definierte er eine Abkuhlkurve mit kontinuierlicherAbkuhlung , deren Steigung sich beim Durchgang der Front andert,ohne jedoch eine Rekaleszenz erkennen zu lassen. Demgegenuber soll-te bei der ungerichteten Erstarrung keine Temperaturgrenzschicht zuerkennen sein, dafur aber eine schwache Wiedererwarmung nach kur-zer Unterkuhlung.

Lipton fuhrte seine Versuche mit den beiden unterschiedlichenBorneol-Konzentrationen 0,3 und 1,0 % durch. Die Rechnungen wur-den fur X = 0,3 % mit einer angenommenen konstanten Keimdichtevon 4,3 · 106 Keime/m3 durchgefuhrt, was einem mittleren Korndurch-messer von 4,8 mm entspricht. Bei X = 1,0 % lag der Korndurch-messer bei 8,5 mm, entsprechend 7,7 ·105 Keime/m3. Diese Keimzahlenliegen im unteren Bereich der von Lipton selbst angegebenden Werte.

Ein Vergleich des Modells mit Liptons Messungen ist unter Vor-behalt moglich, jedoch gilt es zu beachten, dass sich im Modell dieUnterscheidung gerichtet/ungerichtet nicht auf den Verlauf der Tem-peraturkurve bezieht und das von Lipton zur Strukturbestimmungverwendete Merkmal der Rekaleszenz im Modell unabhangig von derKeimdichte ist. Es ist hier also kein direkter Einfluss der Mikrostruk-turbildung zuruck auf die thermodynamischen Verlaufe festzustellen.Auch ist die Zeit des ersten Durchgangs einer ungerichteten Front einMaximalwert, da der Umschlag bereits geschehen sein muss. Ein et-was zu niedriges Rechenergebnis ist als tolerierbar und sogar korrektanzusehen.

Die Abbildungen 4.5(a) und 4.6(a) auf den Seiten 57 und 58 zei-gen den Zeitpunkt, an dem fmax

g,e erstmals den Wert 0,5 erreicht. DieReproduktion von Liptons Messergebnissen gelingt unter dem obenerwahnten Vorbehalt. Jedoch gibt es eine signifikante Abweichungder berechneten Kurven: Bei hoheren Gießtemperaturen verschiebtsich der Umschlagzeitpunkt in den Rechnungen weiter nach hinten,selbst wenn sich die Position der CET nicht verandert.

Dieses Verhalten ist unmittelbar verstandlich, da die Erstarrungs-front naturgemaß spater an einer bestimmten Position vorbeizieht,wenn die Anfangstemperatur hoher liegt. Der in Liptons Messergeb-nissen beobachtbare sehr flache Anstieg in der Umschlagzeit zu ho-

56

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4.4 Berechnung des Umschlagzeitpunkts

0�

10 20 30Überhitzung, K

0

500

1000

1500

Um

schl

agze

it, s

MessungRechnung

(a) Umschlagzeit

0�

10 20 30Überhitzung, K

0

5

10

15

20

CE

T−

Pos

ition

, mm

(b) CET-Position

Abbildung 4.5.: Berechnete Umschlagzeiten und die entsprechende raumliche Po-sition im Vergleich zu Liptons Messungen bei 0,3 % Borneol.

57

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Kapitel 4 Modellrechnungen mit Succinonitril-Borneol

0�

10 20 30Überhitzung, K

0

500

1000

1500

Um

schl

agze

it, s

MessungRechnung

(a) Umschlagzeit

0�

10 20 30Überhitzung, K

0

5

10

15

20

CE

T−

Pos

ition

, mm

(b) CET-Position

Abbildung 4.6.: Berechnete Umschlagzeiten und die entsprechende raumliche Po-sition im Vergleich zu Liptons Messungen, 1,0 % Borneol.

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4.4 Berechnung des Umschlagzeitpunkts

heren Uberhitzungen hin musste demnach eine leichte Verschiebungder CET-Position nach außen bei hoheren Uberhitzungen zur Folgehaben. Da hohere Uberhitzungen aber die Zone der Unterkuhlungverkleinern, erscheint dies unwahrscheinlich.

Als Erklarung dieser Abweichung kommt so als erstes eine Ab-weichung eines oder mehrerer Stoff- oder Versuchsparameter von denangegebenen Werten in Betracht. Freilich darf auch eine nicht er-kannte Unzulanglichkeit des Modells nicht ausgeschlossen werden.

Da in den Versuchen leider nicht die tatsachliche CET-Positiondurch Augenschein ausgewertet wurde oder werden konnte, kanndieser wichtige Parameter nicht zur Verifikation verwendet werden.Die in den Abbildungen 4.5(b) und 4.6(b) dargestellten berechne-ten CET-Positionsverlaufe sind jedoch sehr plausibel. Vor allem dieTatsache, dass ab etwa 10 K Uberhitzung kaum Veranderungen inder CET-Position zu erkennen sind, lasst sich durch die schlechtenWarmeleitungseigenschaften des Materials erklaren.

Kurzzusammenfassung

� Eine erste Verifikation des Modells mit den Versuchen Liptonskann trotz einiger Abweichungen als gelungen angesehen wer-den.

� Das gemessene Temperaturprofil konnte in den Rechnungengut wiedergegeben werden.

� Die Berechnung des Umschlagzeitpunktes der gerichteten Er-starrung weist Abweichungen zu den Messergebnissen auf, diedurch deren indirekte experimentelle Bestimmungsmethode je-doch erklarbar sind.

59

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KAPITEL5Randbedingungen nachP. Stadler

Die von Stadler in seiner Dissertation [12] wiederge-gebenen Daten bilden die Basis der ersten Anwendungund Verifikation des in Kapitel 3 vorgestellten Modellsauf Eisen-Kohlenstoff. Keimzahlen konnen ermittelt wer-den, die Auswirkungen von Warme- und Stofftransportwerden am Beispiel diskutiert. Die Auswirkungen derNichtgleichgewichtskinetik werden betrachtet. Gießpara-meter werden variiert und mit den Ergebnissen Stadlersverglichen.

Anfang der achtziger Jahre fuhrte P. Stadler eine große Reihe vonErstarrungsexperimenten durch [12,13], bei denen er den Uber-

gang von gerichteter zu ungerichteter Erstarrung wahrend des Gus-ses mehrerer Kohlenstoffstahle maß. Diese Laborexperimente sindsehr gut dokumentiert. Da die experimentellen Bedingungen denherrschenden Gegebenheiten beim Strangguss sehr ahneln, sind diese

61

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Kapitel 5 Randbedingungen nach P. Stadler

Daten eine ideale Referenz. Viele von Stadlers Experimenten bezie-hen sich auf Fe-0,6 % C Legierungen, die die primare γ-Erstarrungdurchlaufen und daher ein geeignetes Testobjekt fur die Modellent-wicklung darstellen.

Abbildung 5.1.: Der modellierte Versuchsaufbau nach Stadler [12].

Fur die Rechnungen wurden zuerst die Laborbedingungen mo-delliert. Eine Laborkokille mit zwei wassergekuhlten Kupferplattenwurde wie in Abbildung 5.1 dargestellt verwendet. Die Dicke desGussstuckes betrug 140 mm. Die Warmeubergangskoeffizienten h des

62

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5.1 Abschatzung der Keimzahl

Aufbaus wurden von Stadler in [12]∗ dokumentiert. Sie wurden inden Rechnungen verwendet und sind in Tabelle 5.1 aufgefuhrt.

Tabelle 5.1.: Warmeubergangskoeffizienten der Oberflache in den Experimentenvon P. Stadler [12].

Zeit hs W/m K

< 30 1536< 90 1002< 150 774< 210 723< 270 677< 330 641< 390 604< 450 582sonst 545

5.1. Abschatzung der Keimzahl

Die Korngroßen der ungerichteten Kristalle im Gussstuck werdenuber das Auszahlen der Korner entlang der Messstrecken ermittelt,wie in Abbildung 2.3 auf Seite 11 bereits dargestellt war. Fur denKorndurchmesser d (in mm) wurde der folgende Ausdruck aus Stad-lers Daten abgeschatzt:

d = 1 + 6(

Cat%

2,73

)1,2(∆T100

)0,6

(5.1)

wobei Cat% die Kohlenstoffkonzentration in Molprozent und ∆T dieUberhitzung in Kelvin ist. Die Zahl der Keime pro Volumeneinheitergibt sich damit zu

n = fn1

23πd

3. (5.2)

∗Tabelle I-2, Mittelwert der Spalten 2 und 4

63

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Kapitel 5 Randbedingungen nach P. Stadler

Abbildung 5.2 zeigt die Keimdichte gemaß Gleichung (5.2) in Ab-hangigkeit von der Konzentration und der Uberhitzung.

00.511.522.533.544.5at%

05

1015

2025

3035

4045

50

K

100000

1e+06

1e+07

1e+08

1e+09

n

Abbildung 5.2.: Keimdichte aufgetragen in Abhangigkeit von der Uberhitzung undder Kohlenstoffkonzentration

Da die Fluktuation der gemessenen Daten hoch ist, kann diesnur eine grobe Abschatzung sein. Viele andere Moglichkeiten exis-tieren, speziell bei unterschiedlichen Neigungswinkeln der Kokille.Obwohl die Position innerhalb der Bramme sehr wichtig ist, enthaltder Ausdruck die Entfernung zur Kokillenwand nicht explizit. fn istein Vorfaktor, der gemaß der Stadlerbedingungen 1 sein sollte.

5.2. Temperaturverlaufe

In Abbildung 5.3 auf der nachsten Seite werden berechnete Abkuhl-kurven an verschiedenen Positionen innerhalb des Gussstuckes bei20 K Uberhitzung gezeigt. Nahe der Oberflache ist der Tempera-turabfall sehr rasch, hervorgerufen durch eine schnellere Warmeab-fuhr als im Zentrum. Diese Kurven ahneln anderen gemessenen Kur-ven von C60-Stahlen, wie sie in der Literatur erwahnt werden, sehr[56,33].

Abbildung 5.4 auf Seite 66 zeigt die Kurve bei 40 mm Entfernungzur Oberflache im Detail. Zusatzlich zur berechneten Abkuhlkurve

64

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5.2 Temperaturverlaufe

0�

100�

200�

300�

400�

500�

Zeit, s

1200

1300

1400

1500

Tem

pera

tur,

°C

10

20�

30�

40�

50�

60

70mm

Liquidus

Abbildung 5.3.: Berechnete Abkuhlkurven in Abstanden von 10 bis 70 mm (Stuck-mitte) vom Kokillenrand. Stadlerbedingungen, Fe-0,6 % C Stahl,20 K Uberhitzung.

ist auch die Abkuhlkurve bei angenommenem lokalen Gleichgewichteingezeichnet. Wahrend die Gleichgewichtskurve eine gewisse Zeitauf der Liquidustemperatur verharrt, geht die mit dem Nichtgleich-gewichtsmodell berechnete Kurve nahezu unbeeinflusst durch diesenPunkt. Die Unterkuhlung an sich ist jedoch sehr klein, maximal ei-nige wenige Grad.

5.2.1. Rekaleszenz

Es ist erwahnenswert, dass Rekaleszenz weder in den Messungennoch in Berechnungen reeller Brammengroßen sichtbar ist, im Ge-gensatz zu anderen Modellen, die einen ausgepragten Abfall unter-halb der Liquidustemperatur nahe der Phasenfront aufweisen, aufden eine Wiedererwarmung folgt.

Nur bei extrem hohen Abkuhlraten ab 10 K/s und kleinen Abmes-

65

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Kapitel 5 Randbedingungen nach P. Stadler

0�

50 100�

150� 200�

Zeit, s

1350

1400

1450

1500

1550

Tem

pera

tur,

°C

GleichgewichtNichtgleichgewicht

(a) Beginn einer Abkuhlkurve

80 100�

120� 140� 160�Zeit, s

1450

1460

1470

1480

1490

1500

Tem

pera

tur,

°C

GleichgewichtNichtgleichgewicht

(b) Vergroßerung von 5.4(a)

Abbildung 5.4.: Berechnete Abkuhlkurven und lokales Gleichgewicht in hohererAuflosung. Das untere Bild zeigt eine Ausschnittvergroßerungder oberen Abbildung. Position: 40 mm von der Oberflache. Stad-lerbedingungen, Fe-0,6 % C Stahl, 20 K Uberhitzung.

66

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5.3 Seigerungseffekte

sungen, bei denen kein Temperaturausgleich durch ein großes ange-koppeltes Warmereservoir stattfinden kann, tritt in den aktuellenRechnungen eine deutliche Rekaleszenz auf, wie in in Abbildung 5.5auf der nachsten Seite zu erkennen ist.

Moglicherweise spielt die Rekaleszenz deshalb in der Literatur ei-ne so große Rolle, da detaillierte Temperaturmessungen wahrend derErstarrung immer nur in vergleichsweise kleinen Laborofen gemachtwurden.

5.2.2. Verlauf der Unterkuhlung

Abbildung 5.6 auf der nachsten Seite zeigt die Unterkuhlung wah-rend der Erstarrung zu mehreren Zeitpunkten. Zu Beginn der Erstar-rung ist in einer vergleichsweise schmalen raumlichen Zone eine eherstarke Unterkuhlung zu beobachten. Mit fortschreitender Zeit wirddie Zone der Unterkuhlung großer, bei gleichzeitiger Verringerungder Unterkuhlung selbst, da im Inneren flachere Temperaturgradien-ten vorherrschen.

Grau markiert sind jene Bereiche der Unterkuhlung, die sich aufdas Wachstum von fg,e auswirken, also noch nicht von der columna-ren Front erreicht wurden.

5.3. Seigerungseffekte

Da das Modell ebenfalls die Diffusion des Kohlenstoffs berucksich-tigt, bietet es sich an, die Rechnungen auch auf mogliche Seige-rungsphanomene hin zu untersuchen. Abbildung 5.7 auf Seite 69zeigt einen Uberblick uber die Seigerung auf der gesamten Breiteeiner Rechnung. Wie erwartet ergibt sich ein starker Mangel anKohlenstoff am Rand des Gussstuckes (Abbildung 5.8(a) auf Sei-te 70) und eine typische Mittenseigerung, in der sich der von derErstarrungsfront vor sich hergeschobene Kohlenstoff gesammelt hat(Abbildung 5.8(b)). Ein Vergleich mit [57], wo fur einen C60-Stahlein Mittenseigerungskoeffizient von knapp 1,01 angegeben ist, zeigt,dass die Seigerungskoeffizienten realistisch sind.

Unerwartet tritt in der intermediaren Zone zwischen dem Randund der Mitte eine, wenn auch nur sehr schwache, Veranderung in

67

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Kapitel 5 Randbedingungen nach P. Stadler

0�

0.1 0.2 0.3 0.4 0.5Zeit, s

1480

1490

1500

1510

Tem

pera

tur,

°C

Nichtgleichgewicht Gleichgewicht

0.2

0.1

0

Phasenanteil

Temperatur�

γ� −Phasenanteil

Abbildung 5.5.: Rekaleszenz unter starker Kuhlung und kleinen Abmessungen von4 mm Breite in 0,5 mm Tiefe, Fe-0,6 % C Stahl, 20 K Uberhit-zung, Kuhlung mit h = 100000 W/K m.

0�

10 20 30 40 50 60 70Abstand von Oberfläche, mm�

−6

−4

−2

0

Unt

erkü

hlun

g, K

20s�

75s

190s

Abbildung 5.6.: Unterkuhlung in der Bramme zu verschiedenen Zeiten. Stadler-bedingungen, Fe-0,6 % C Stahl, 20 K Uberhitzung.

68

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5.3 Seigerungseffekte

0�

10 20 30 40 50 60 70Abstand von Oberfläche, mm�

0.94

0.96

0.98

1

1.02

1.04

XC/X

C 0

C60 StahlC40 StahlC20 Stahl

Rand Mitte

Abbildung 5.7.: Auftretender Seigerungseffekt. Stadlerbedingungen, Fe-0,2, 0,4und 0,6 % C Stahl, 20 K Uberhitzung.

der Konzentration auf, dargestellt in Abbildung 5.9 auf Seite 71.Dieser Effekt kann durch eine nicht konstante Warmeabfuhr wah-rend der Erstarrung und eine dadurch verursachte leichte Anderungder Ausbreitungsgeschwindigkeit der Phasenfront erklart werden [58,Kap. 2].

Abbildung 5.10 auf Seite 71 zeigt, dass unter konstanter Abkuh-lung tatsachlich eine Beruhigung der intermediaren Seigerung statt-findet, wenn auch immer noch ein ”Uberschwingen“ zu beobachtenist. Moglicherweise kann aber auch dieses durch eine sich verandern-de Erstarrungsgeschwindigkeit, die notwendigerweise zwischen Randund Mitte variieren muss, erklart werden. So ist ein Koeffizient gro-ßer 1 (Kohlenstoffuberschuss) direkt nach der kohlenstoffverarmtenRandzone durch die hier noch sehr hohe Erstarrungsgeschwindigkeitund die endliche Diffusionskonstante im Flussigen zu erklaren. Die

69

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Kapitel 5 Randbedingungen nach P. Stadler

0�

1� 2�

3�

4�

5�

Abstand von Oberfläche, mm�

0.94

0.96

0.98

1

1.02

XC/X

C 0

C60 StahlC40 StahlC20 Stahl

(a) Randseigerung

50 55�

60 65�

70Abstand von Oberfläche, mm�

0.99

1

1.01

1.02

1.03

1.04

XC/X

C 0

C60 StahlC40 StahlC20 Stahl

(b) Mittenseigerung

Abbildung 5.8.: Betrachtung der Makroseigerungseffekte aus Abbildung 5.7 aufder vorherigen Seite.

70

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5.3 Seigerungseffekte

0�

10 20 30 40 50 60 70Abstand von Oberfläche, mm�

0.997

0.998

0.999

1

1.001

XC/X

C 0

C60 StahlC40 StahlC20 Stahl

Abbildung 5.9.: Seigerungseffekt in der intermediaren Zone, Stadler-Beding-ungen.

0�

10 20 30 40 50 60 70Abstand von Oberfläche, mm�

0.998

0.999

1

1.001

1.002

XC/X

C 0

C60 StahlC40 StahlC20 Stahl

Abbildung 5.10.: Seigerungseffekt in der intermediaren Zone, konstante Kuhlung.

71

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Kapitel 5 Randbedingungen nach P. Stadler

Erstarrungsfront ”uberrollt“ kurzzeitig den vor sich herwanderndenKohlenstoffuberschuss, der sich dann durch die weiter im Innerenstattfindende Verlangsamung der Front wieder abbaut.

Auch wenn der Effekt der veranderlichen Erstarrungsgeschwin-digkeit in [58] nur fur planare Phasenfronten beschrieben wird, sollteer auch hier gelten. Lediglich die experimentelle Uberprufung er-schwert sich, da die Starke des Effektes sich auf dem Niveau derdendritischen Mikroseigerungen – oder sogar darunter – bewegt undsich so einer direkten Messung entzieht.

5.4. Kinetischer Effekt

Die Abbildungen 5.11 und 5.12 zeigen den Effekt der Abweichungvom Gleichgewicht. Die Rechnungen wurden mit einer Uberhitzungvon 20 K und in Abbildung 5.12 auf Seite 74 zudem unter konstanterAbkuhlung durchgefuhrt.

Um die Diagramme passend zu den Ergebnissen von Kudoh etal. [31, Abb. 10] zu gestalten, wurden die Phasenanteile an einemPunkt innerhalb der Bramme gegen die Temperatur aufgetragen.Bildformat und Stahlzusammensetzung sind wie in [31] gewahlt; zu-satzlich wurden noch die Kohlenstoffgehalte 0,05, 0,4 und 0,6 % alsweitere signifikante Werte im Fe-C Diagramm hinzugenommen. Einkinetischer Koeffizient von 50.000 wurde fur die δ-γ Transformati-on gewahlt, deutlich kleiner als die fur die Flussig-fest-Ubergangegewahlten Koeffizienten von 200.000 (l-δ) und 100.000 (l-γ).

Die Verzogerung der Erstarrung durch den kinetischen Koeffizi-enten ist gut sichtbar. Der Endpunkt der peritektischen Reaktion,wo die δ-Kurve die X-Achse erreicht, wird im Vergleich zum Gleich-gewicht nach links verschoben. In Abbildung 5.12(c) auf Seite 74ist dieser Punkt bei etwa 1755 K erreicht, was mit den Ergebnissenvon Kudoh ubereinstimmt. Dieser Punkt konnte von den Dendriten-armabstanden abhangen, obwohl die durch dieses Modell erhaltenenWerte im korrekten Bereich liegen, wenn sie mit [31, Abb. 12b] vergli-chen werden. Eine ahnliche Verzogerung ist auch bei 0,25 % C Stahl(Abbildung 5.12(d) auf Seite 74) zu beobachten, obwohl durch dengeringeren δ-Anteil weiter nach rechts verschoben.

72

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5.4 Kinetischer Effekt

1700 1720�

1740� 1760 1780� 1800Temperatur, K

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1P

hase

nant

eil

GleichgewichtStadler−Kinetik

γ�δ

L�

δ

(a) 0,05 % C

1700 1720�

1740� 1760 1780� 1800Temperatur, K

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

Pha

sena

ntei

l

GleichgewichtStadler−Kinetik

γ�

δ

L�

(b) 0,12 % C

1700 1720�

1740� 1760 1780� 1800Temperatur, K

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

Pha

sena

ntei

l

GleichgewichtStadler−Kinetik

γ�

δ

L�

(c) 0,17 % C

1700 1720�

1740� 1760 1780� 1800Temperatur, K

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

Pha

sena

ntei

l

GleichgewichtStadler−Kinetik

γ�

δ

L�

(d) 0,25 % C

1700 1720�

1740� 1760 1780� 1800Temperatur, K

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

Pha

sena

ntei

l

GleichgewichtStadler−Kinetik

γ�

δ

L�

(e) 0,40 % C

1700 1720�

1740� 1760 1780� 1800Temperatur, K

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

Pha

sena

ntei

l

GleichgewichtStadler−Kinetik

γ�

L�

(f) 0,60 % C

Abbildung 5.11.: Phasenanteile in Abhangigkeit von der Temperatur, Gleichge-wichtsverhalten im Vergleich zum Verhalten bei Erstarrung un-ter Stadlerbedingungen in 35 mm Tiefe.

73

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Kapitel 5 Randbedingungen nach P. Stadler

1680�

1700 1720� 1740� 1760 1780�

1800 1820�Temperatur, K

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

Pha

sena

ntei

l

Gleichgewichtd

�T/dt=0.1K/s

d�

T/dt=10K/s

γ�δ L

�δ

(a) 0,05 % C-Stahl

1720�

1740� 1760 1780� 1800Temperatur, K

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

Pha

sena

ntei

l

GleichgewichtdT/dt=0.1K/sdT/dt=10K/s

γ�

δ

L�

(b) 0,12 % C-Stahl

1750�

1760 1770 1780� 1790� 1800Temperatur, K

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

Pha

sena

ntei

l

GleichgewichtdT/dt=0.1K/sdT/dt=10K/s

γ�

δ

L�

(c) 0,17 % C-Stahl

1740�

1750� 1760 1770 1780� 1790�Temperatur, K

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

Pha

sena

ntei

l

Gleichgewicht�

d�

T/dt=0.1K/sd

�T/dt=10K/s

γ�

δ

L�

(d) 0,25 % C-Stahl

1720�

1740� 1760 1780�Temperatur, K

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

Pha

sena

ntei

l

Gleichgewichtd

�T/dt=0.1K/s

d�

T/dt=10K/s

γ�

δ

L�

(e) 0,40 % C-Stahl

1680�

1700 1720� 1740� 1760 1780�

Temperatur, K

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

Pha

sena

ntei

l

Gleichgewichtd

�T/dt=0.1 K/s

d�

T/dt=10 K/s

γ� L�

(f) 0,60 % C-Stahl

Abbildung 5.12.: Phasenanteile in Abhangigkeit von der Temperatur bei konstan-ten Abkuhlgeschwindigkeiten von 0,1 und 10 K/s.

74

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5.5 Parameter Variationen

5.5. Parameter Variationen

Um die moglichen Auswirkungen veranderter Gießbedingungen zutesten, wurden verschiedene Parameter auf ihren Effekt hin uber-pruft.

0�

20 40 60 80 100�

Überhitzung, K

0

10

20

30

40

50

60

70

Abs

tand

von

Obe

rflä

che,

mm

MessungRechnung

Abbildung 5.13.: Breite der gerichteten Zone in Abhangigkeit von der Uberhit-zung. Stadlerbedingungen, Fe-0,6 % C Stahl, senkrechte Kokille.Berechnungen mit dem aktuellen Modell, ψ = 0,45 und experi-mentelle Beobachtungen aus Stadler [12].

5.5.1. Uberhitzung

Abbildung 5.13 zeigt die berechnete Breite der gerichteten Zone inAbhangigkeit von der Uberhitzung fur ein 140 mm dickes Gussstuckeines C60-Stahls. Ebenso sind die CET-Positionen von Stadler einge-zeichnet. Es ist eine gute Ubereinstimmung zu erkennen. Mit anstei-gender Gießtemperatur wachst die gerichtete Zone erst sehr starkvon etwa 10 auf 40 mm, von dort aus dann wesentlich flacher in

75

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Kapitel 5 Randbedingungen nach P. Stadler

0�

20 40 60 80 100�

Überhitzung, K

0

10

20

30

40

50

60

70

Abs

tand

von

Obe

rflä

che,

mm

MessungRechnung

(a) ψ = 0,4

0�

20 40 60 80 100�

Überhitzung, K

0

10

20

30

40

50

60

70

Abs

tand

von

Obe

rflä

che,

mm

MessungRechnung

(b) ψ = 0,5

Abbildung 5.14.: Wie Abb. 5.13, aber mit alternativen Werten fur ψ. Der Ver-gleich zeigt, dass niedrigere ψ-Werte deutlich die Große dergerichteten Zone verringern, ohne jedoch grundlegende Veran-derungen hervorzurufen.

Richtung der 70 mm Marke, der Halfte der Brammendicke als obererGrenze.

Abbildung 5.14 zeigt die gleichen Bedingungen, mit dem Unter-schied, dass der Ubergangsparameter ψ leicht variiert wurde. Deut-lich ist in Abbildung 5.14(a) eine Vergroßerung der ungerichtetenZone zu erkennen, nachdem ψ im Vergleich zu Abbildung 5.13 et-was verringert wurde. Ein hoheres ψ hingegen starkt das columnareWachstum, wie in Abbildung 5.14(b) zu sehen. Aber auch die An-naherung der CET an die Brammenmitte geschieht bei niedrigen ψetwas zogerlicher.

5.5.2. Kuhlung

Um unterschiedliche Kuhlungen zu simulieren, wurden Rechnungendurchgefuhrt, bei denen der Warmeleitungskoeffizient sukzessive re-duziert wird, indem ein Faktor < 1 simultan auf alle in Tabelle 5.1auf Seite 63 aufgefuhrten Warmeleitungskoeffizienten angewendetwird. Stadler variierte die Warmeabfuhr an der Oberflache durchwarmeisolierende Schichten an der Außenseite der Kokille.

Abbildung 5.15 auf der nachsten Seite zeigt die Ergebnisse der

76

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5.5 Parameter Variationen

0�

0.2 0.4 0.6 0.8 1� 1.2Faktor auf Wärmeübergangskoeffizient�

0

10

20

30

40

50

60

70

Abs

tand

von

Obe

rflä

che,

mm

senkrechte Kokille �geneigte Kokille�berechnete CET

Abbildung 5.15.: CET-Position als Funktion der Warmeabfuhr. Der Faktor wur-de auf die Oberflachenwarmeleitungskoeffizienten angewendet.Fe-0,6 % C Stahl, 50 K Uberhitzung. Experimentelle Daten ausStadler [12, Fig. 17].

Rechnungen zusammen mit den experimentellen Daten von Stadler.Aus beiden Datensatzen folgt, dass eine geringere Warmeabfuhr mitkleineren gerichteten und großeren ungerichteten Zonen in Verbin-dung steht. Die Ubereinstimmung zwischen Messung und Rechnungist gut sichtbar.

5.5.3. Brammendicke

Wirkt sich die Dicke eines Gussstuckes eher auf den Anteil der un-gerichteten Zone oder die Entfernung der Ubergangsstelle von derAußenseite aus? Abbildung 5.16 auf der nachsten Seite zeigt, dassder Abstand der CET von der Oberflache nahezu konstant bleibt,wenn die Dicke der Bramme variiert wird. Erst wenn die Brammen-

77

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Kapitel 5 Randbedingungen nach P. Stadler

0�

100�

200�

300�

400�

Dicke der Bramme in mm�

0

20

40

60

80

100

CE

T−

Pos

ition

, mm

Sge = 0,50,25−1,00,1−2,0

Bram

men

mitt

e

Abbildung 5.16.: Berechnete Große der gerichteten Zone als Funktion der Bram-mendicke. Auffallig ist, dass die Entfernung zur Oberflache na-hezu konstant ist. Stadlerbedingungen, Fe-0,6 % C Stahl, 20 KUberhitzung.

mitte in die Nahe der CET gelangt, verschiebt sich diese aufgrunddes hoheren Kohlenstoffgehaltes im Zentrum etwas zu Gunsten derungerichteten Zone.

5.5.4. Effekt von Keimdichte und elektromagnetischem Ruhren

Die Anzahl n der Keime pro Volumen wurde variiert, indem ver-schiedene Vorfaktoren fn zwischen 0,01 und 100 in der einfachenempirischen Gleichung (5.2) auf Seite 63 eingesetzt wurden. Dies ver-andert die Zahl der Keime uber ein großes Intervall. Abbildung 5.17auf der nachsten Seite zeigt das Ergebnis.

Wie gut zu sehen ist, hat die Keimdichte einen großen Effekt aufdie CET-Position. Je mehr Keime, desto fruher der Umschlag. Einegenugende Anzahl von Keimen kann die gerichtete Zone also extrem

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5.5 Parameter Variationen

0�

1� 2�

3�

4�

5�

Faktor der Keimdichte

0

10

20

30

40

50

60

70

Abs

tand

von

Obe

rflä

che,

mm

(a) Lineare Darstellung

10−2

10−1

10� 0

10� 1

10� 2

Faktor der Keimdichte

0

10

20

30

40

50

60

70

Abs

tand

von

Obe

rflä

che,

mm

(b) Logarithmische Darstellung

Abbildung 5.17.: Berechnete Große der gerichteten Zone als Funktion der Keim-dichte. Faktor 1 stellt die Standardbedingungen entsprechendGleichung (5.2) auf Seite 63 dar. Stadlerbedingungen, Fe-0,6 % C Stahl, 20 K Uberhitzung.

79

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Kapitel 5 Randbedingungen nach P. Stadler

verkleinern. In Abbildung 5.17(b) ist die Abszisse logarithmisch auf-getragen. Dabei wird sichtbar, dass die Kurven in Abhangigkeit vonn fast genau exponentiell abfallen.

Abbildung 5.17 schafft auch eine Verbindung zu den Untersu-chungen des IRSID, welche die Beziehung zwischen der Keimdichteauf der einen und Legierungs- bzw. Ruhrbedingung auf der ande-ren Seite herstellt [59]. Die Kombination dieser beiden Datensatzeerlaubt eine Abschatzung des Effektes des elektromagnetischen Ruh-rens auf die CET auf direkte Weise.

In weiteren Testrechnungen wurde der Effekt der Konvektiondurch das Ruhren durch Erhohung der Warmeleitfahigkeit unter-sucht (nur in der Schmelze, mit fl als Vorfaktor). die Keimdichtewurde konstant gehalten. Eine Verstarkung bis zu Faktor 5 ist rea-listisch und wurde erprobt. Falls das Modell in dieser Hinsicht zu-verlassige Daten liefern sollte, ware der Einfluss des Ruhrens auf dieCET in erster Linie durch die großere Keimzahl bestimmt.

5.5.5. Kohlenstoffgehalt

Das Verhalten der CET-Position unter Variation des Kohlenstoffge-haltes ist eine der interessantesten Moglichkeiten zur Uberprufungdes Modells. Wie schon in Abschnitt 2.4 auf Seite 12 erlautert,wird in der Umgebung der einsetzenden δ-Erstarrung ein residua-ler Punkt angenommen, der dazu fuhrt, dass die uber den Kohlen-stoffgehalt aufgetragene CET-Kurve einen Sprung enthalt, wie inAbbildung 5.18 auf der nachsten Seite gut zu erkennen ist.

In einem zweiphasigen System wird bei niedrigen Kohlenstoff-gehalten nur eine kleine ungerichtete Zone zu erkennen sein. Im Ex-tremfall XC = 0 sollten keine ungerichteten Kristalle vorhanden sein,da sich die Unterkuhlung durch die zu einer planaren Erstarrungs-front geschrumpfte Mushyzone auf eben jenen Punkt der Phasen-front reduziert. Erhoht sich die Konzentration, wachst die Mushyzo-ne, was zu einer großeren ungerichteten Zone durch langeres Korn-wachstum fuhrt.

Bei Kohlenstoffgehalten zwischen 0,3 und 0,4 % befindet sich, wieAbbildung 5.18 zeigt, in der Rechnung ein Minimum des gerichte-ten Anteils, welches durch Stadlers Messungen nicht wiedergegeben

80

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5.5 Parameter Variationen

0�

0.2 0.4 0.6 0.8Kohlenstoffgehalt in Masseprozent�

0

10

20

30

40

50

60

70

Abs

tand

von

Obe

rflä

che,

mm

ohne Zusatz�

mit Al−ZusatzRechnung

(a) 40 K Uberhitzung

0�

0.2 0.4 0.6 0.8Kohlenstoffgehalt in Masseprozent�

0

10

20

30

40

50

60

70

Abs

tand

von

Obe

rflä

che,

mm

ohne Zusatz�

mit Al−ZusatzRechnung

Überhitzung 20K 40K�

(b) 20 und 40 K Uberhitzung entspr. [12]

Abbildung 5.18.: Breite der gerichteten Zone in Abhangigkeit vom Kohlenstoff-gehalt. Stadlerbedingungen, Berechnungen mit dem aktuellenModell und experimentelle Beobachtungen aus Stadler [12]. InAbb. 5.18(b) ist gemaß der Stadlerschen Vorgaben oberhalb von0,5 % C mit 40 K Uberhitzung, darunter 20 K gerechnet worden.

81

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Kapitel 5 Randbedingungen nach P. Stadler

(a) gemessene Werte

0�

0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9 1�Kohlenstoffgehalt in Masseprozent�

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

Ant

eil d

er u

nger

. Zon

e in

%

Sge = 0.50.25−1.00.1−2.0

(b) berechnete Werte

Abbildung 5.19.: Gemessene und berechnete CET-Position in Abhangigkeit vomKohlenstoffgehalt, Messdaten aus Jauch et. al. [60]. Darstellungder berechneten Daten entsprechend Abb. 5.19(a), berechnet un-ter Stadler Bedingungen mit 40 K Uberhitzung. Sge ist Schwell-wert in der fmax

g,e -Kurve.

82

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5.5 Parameter Variationen

wird. Jedoch findet sich in [60] eine Untersuchung, die die charak-teristischen Punkte vollstandig korrekt widerspiegelt, wie in Abbil-dung 5.19 auf der vorherigen Seite gut zu erkennen ist.

Diese Darstellung unterscheidet sich etwas von den vorangegan-genen Abbildungen, da hier der Anteil der ungerichteten Zone aufge-tragen wird, und nicht wie sonst die Lange der gerichteten Zone. Dieabsoluten Werte aus Abbildung 5.19(a) sind nicht unbedingt direktmit den Rechnungen vergleichbar, da die Gießbedingungen sich vondenen Stadlers deutlich unterscheiden und in [60] nicht erschopfendwiedergegeben sind.

Ursachen

Um die Ursachen dieses Verhaltens besser verstehen zu konnen, be-darf es einer genaueren Betrachtung der an der fmax

g,e -Bildung betei-ligten Werte. Dies ware erstens die Unterkuhlung ∆T = T eq − T ,als das die Dendritenwachstumsgeschwindigkeit v bestimmende Ele-ment, und zweitens die Phasenverteilung fi, welche die Position dergerichteten Phasenfront bestimmt und so uber die Wirksamkeit derUnterkuhlung auf das ungerichtete Kornwachstum entscheidet.

In Abbildung 5.20(a) ist die mutmaßliche Ursache fur das nicht-monotone Verhalten der CET unter Veranderung der Konzentrationbereits gut zu erkennen. Es sind hier zwei Unterkuhlungsmaxima (inden Abbildung dargestellt als Minima) zu erkennen, sowohl bei derUmwandlung l → δ als auch bei δ → γ. Da es jedoch nur vor derfesten Front ein Wachstum geben kann, wirkt sich lediglich das ersteUnterkuhlungsmaximum auf die fmax

g,e -Bildung aus.In Abbildung 5.20(f) ist zu sehen, dass sich bei beginnender

δ-Erstarrung ein zweites kleines Maximum vor dem ersten bildet,welches mit großer werdendem δ-Anteil (bei sich verringernder C-Konzentration) wachst und sich in Richtung des ersten Maximumsverschiebt.

Bei etwa 0,35 %, dem Maximum der ungerichteten Erstarrung,addieren sich die beiden Maxima und erreichen so den starkstenWachstumseffekt der ungerichteten Zone (Abbildung 5.20(d)). Beiweiter abnehmendem C-Gehalt trennen sich die Unterkuhlungsma-xima wieder, diesmal befindet sich jedoch nur noch die vordere Halfte

83

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Kapitel 5 Randbedingungen nach P. Stadler

0�

10 20 30 40 50 60 70Abstand zur Brammenoberseite, mm

−5

−4

−3

−2

−1

0

Unt

erkü

hlun

g, K

0�

10 20 30 40 50 60 70

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1P

hase

nant

eil

γ�

δL�

(a) 0,05 % C, Aeqx ≈ 0%

0�

10 20 30 40 50 60 70Abstand zur Brammenoberseite, mm

−5

−4

−3

−2

−1

0

Unt

erkü

hlun

g, K

0�

10 20 30 40 50 60 70

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

Pha

sena

ntei

l

γ�

δ

L�

(b) 0,1 % C, Aeqx = 0,7%

0�

10 20 30 40 50 60 70Abstand zur Brammenoberseite, mm

−5

−4

−3

−2

−1

0

Unt

erkü

hlun

g, K

0�

10 20 30 40 50 60 70

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

Pha

sena

ntei

l

γ�

δ

L�

(c) 0,15 % C, Aeqx = 32%

0�

10 20 30 40 50 60 70Abstand zur Brammenoberseite, mm

−5

−4

−3

−2

−1

0

Unt

erkü

hlun

g, K

0�

10 20 30 40 50 60 70

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

Pha

sena

ntei

l

γ�

δ

L�

(d) 0,35 % C, Aeqx = 88%

0�

10 20 30 40 50 60 70Abstand zur Brammenoberseite, mm

−5

−4

−3

−2

−1

0

Unt

erkü

hlun

g, K

0�

10 20 30 40 50 60 70

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

Pha

sena

ntei

l

γ�

δ

L�

(e) 0,45 % C, Aeqx = 72%

0�

10 20 30 40 50 60 70Abstand zur Brammenoberseite, mm

−5

−4

−3

−2

−1

0

Unt

erkü

hlun

g, K

0�

10 20 30 40 50 60 70

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

Pha

sena

ntei

l

γ�

δ

L�

(f) 0,52 % C, Aeqx = 25%

Abbildung 5.20.: Unterkuhlungen bei verschiedenen Kohlenstoffgehalten zur Zeitt = 150 s, ihre Ursachen im Phasenubergang und ihre Auswir-kung auf die Große Aeqx der ungerichteten Zone. (Stadlerbe-dingungen, 20 K Uberhitzung)

84

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5.5 Parameter Variationen

0�

10 20 30 40 50 60 70Abstand zur Brammenoberseite, mm

−5

−4

−3

−2

−1

0

Unt

erkü

hlun

g, K

0�

10 20 30 40 50 60 70

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1P

hase

nant

eil

γ� L�

(g) 0,60 % C, Aeqx = 32%

0�

10 20 30 40 50 60 70Abstand zur Brammenoberseite, mm

−5

−4

−3

−2

−1

0

Unt

erkü

hlun

g, K

0�

10 20 30 40 50 60 70

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

Pha

sena

ntei

l

γ� L�

(h) 0,85 % C, Aeqx = 49%

Abbildung 5.20.: . . . fortgesetzt

des ersten Maximums bei immer steiler werdender Erstarrungsfrontim aktiven Bereich, was zu einem sich sehr schnell verringerndenfg,e-Wachstum fuhrt.

85

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Kapitel 5 Randbedingungen nach P. Stadler

Kurzzusammenfassung

� Zur Verifikation des Modells wurde dieses an die bei Stadler be-schriebenen Umgebungs- und Gießbedingungen angepasst unddie Rechnungen mit den Ergebnissen Stadlers verglichen.

� Die Temperaturkurven sind sehr realitatsnah, die Unterkuh-lung durch das Nichtgleichgewicht betragt maximal nur wenigeGrad.

� Mitten- und Randseigerungen wurden korrekt dargestellt, inder intermediaren Zone fallt ein – physikalisch vernunftiges –schwaches Uberschwingen der Konzentration auf.

� Kinetische Effekte konnen mit den Ergebnissen von Kudoh [31]verglichen werden.

� Das Verhalten der CET unter Variation diverser Parameter(Uberhitzung, Warmeabfuhr, Keimdichte, Kohlenstoffgehalt)wurde berechnet und mit den Werten von Stadler verifiziert.

� Das in diversen Experimenten nachgewiesene unregelmaßigeVerhalten der CET bei Variation des Kohlenstoffgehaltes konn-te uberraschend gut reproduziert werden.

86

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KAPITEL6Stranggussanlage derDillinger Huttenwerke

In Erganzung zu der Modellierung der Stadlerschen Um-gebungsbedingungen werden in diesem Kapitel die Bedin-gungen einer realen Stranggussanlage der Dillinger Hut-tenwerke modelliert und die errechneten Ergebnisse mitCET-Messungen von dort verifiziert.

D ie Umgebungsparameter des numerischen Modells wurden an dieBedingungen der Stranggussanlage Nr. 3 der Dillinger Hutten-

werke, zu sehen in Abbildung 6.1 auf Seite 89, angepasst. Die endgul-tige Brammendicke betrug 280 mm, die Standardgießgeschwindigkeitlag bei 0,31 m/min.

Diese Stranggussanlage eignet sich besonders gut fur die Verifi-kation des Modells, da es sich einerseits um eine reale, im Produk-tionseinsatz befindliche, Anlage handelt, andererseits die Modellie-rung der CET trotzdem einfach ist, da Gravitationseffekte, wie dasAbsinken der Keime, keine Rolle spielen, handelt es sich doch um

87

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Kapitel 6 Stranggussanlage der Dillinger Huttenwerke

eine senkrechte Anlage, deren Abbiegepunkt an einer Stelle erhohterDuktilitat bei bereits vollendeter Erstarrung liegt.

6.1. Modellierung der Umgebungsbedingungen

Die Kokille wurde in 14 Etappen konstanter Warmeubergangskoeffi-zienten bis hin zur aktiven Kokillenlange von z = 0,55 m modelliert.In der sekundaren Kuhlzone wird die Warmeabfuhr durch verschie-dene Warmeubergangskoeffizientenzonen beschrieben, welche jeweilsfur normale und intensive Kuhlung vorliegen. Warmeabfuhr durchStrahlung wurde ebenfalls mit einbezogen. Tabelle 6.1 zeigt die ge-nauen Daten der Kuhlung.

Tabelle 6.1.: Warmeubergangskoeffizienten in Abhangigkeit von der z-Positionzur Modellierung der Dillinger Stranggussanlage.

Kokille:z-Position h

m W/m K

< 0,039 891< 0,078 861< 0,118 830< 0,157 800< 0,196 769< 0,236 738< 0,275 707< 0,314 677< 0,354 647< 0,392 616< 0,432 585< 0,470 555< 0,510 525< 0,550 494

sekundare Kuhlung:z-Position hstd hint

m W/m K W/m K

< 2,07 607 721< 5,36 152 234< 8,61 114 119< 11,5 117 117< 15,005 95 95< sonst 0 0

Strahlungsabgabe:4,536 · 10−8 · (T 4

p − T 4ref)

wenn z > 0,55 m

Hochauflosendere Modellierungen konnten vorgenommen werden,wenn die Oberflachenbedingungen detaillierter definiert wurden, je-

88

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6.1 Modellierung der Umgebungsbedingungen

Abbildung 6.1.: Stranggussanlage Nr. 3 der Dillinger Huttenwerke ([61])

89

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Kapitel 6 Stranggussanlage der Dillinger Huttenwerke

doch war dies hier nicht unbedingt notwendig, da sich die Betrach-tungen vorzugsweise auf Phanomene innerhalb der Bramme kon-zentrieren, entfernt von der Schicht der oberflachlichen Temperatur-schwankungen.

Abbildung 6.2 auf der nachsten Seite zeigt die von den in Tabel-le 6.1 aufgelisteten Warmeubergangskoeffizienten erzeugten Tempe-raturprofile der Brammentemperatur nahe der Oberflache, in einerTiefe von 0,5 mm. In Abbildung 6.2(a) ist gut die Kokille mit einerLange von 55 cm zu erkennen. Hier unterscheiden sich die Tempera-turen von normaler und intensiver Kuhlung naturgemaß noch nicht.Ab diesem Punkt setzt nun eine unterschiedliche Kuhlung ein, dieLinie intensiver Kuhlung fallt deutlich unter die entsprechende Tem-peratur bei Standardkuhlung.

Im weiteren Verlauf der Abkuhlung, dargestellt in Abbil-dung 6.2(b), vergroßert sich dieser Unterschied noch. Zu erkennensind auch Phasen der Wiedererwarmung der außeren Schicht, ausge-lost durch eine in diesem Moment verringerte Warmeabfuhr, der dieWarme aus dem Brammeninnern entgegen wirkt. Ab 15 m Entfer-nung zum Gießspiegel gibt es keine aktive (Wasser-)Kuhlung mehr,hier geschieht die Warmeabfuhr ausschließlich durch Strahlungsver-luste. Die in der Praxis ebenfalls vorhandene Kuhlung uber die Au-ßenluft kann in diesem Modell vernachlassigt werden, da bei denvorherrschenden Temperaturen auch am Ende des betrachteten In-tervalls die Strahlungsabgabe bei ublichen Lufttemperaturen nochdeutlich uberwiegen wird.

Die Unterschiede in Strangdicke, Gießbedingungen und Legierungzwischen dem Stadler’schen Aufbau und dieser Situation legen nahe,dass die Keimbildung nicht identisch ist. In Testrechnungen wur-de die Keimdichte durch Veranderung des Parameters fn in Glei-chung (5.2) auf Seite 63 variiert. Fur die unten vorgestellten Rech-nungen wurde der Faktor fn derart gewahlt, dass fur eine Uberhit-zung von 30 K die Zahl der Keime pro m3 fur normale Kuhlung 2·105

und fur intensive Kuhlung 1 · 105 betragt, welches einem mittlerenDendritenarmabstand von 10700 µm bzw. 14900 µm entspricht. Diesentspricht in etwa den primaren Dendritenarmabstanden in der un-gerichteten Zone, wie es von den Dillinger Huttenwerken am oberenEnde des Streubereiches gemessen wurde (vgl. [45, Abb.27a]).

90

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6.1 Modellierung der Umgebungsbedingungen

0�

1� 2�

3�

4�

Entfernung von Gießspiegel in m�

600

800

1000

1200

1400

1600

Tem

pera

tur,

°C

normale Kühlungintensive Kühlung

sekundär Kühlung�

Kokille

(a) Beginn

0�

5�

10 15�

20 25�

Entfernung von Gießspiegel in m�

600

700

800

900

1000

Tem

pera

tur,

°C

normale Kühlungintensive Kühlung

nur Strahlung

aktive Kühlung

(b) Verlauf

Abbildung 6.2.: Berechnetes Oberflachentemperaturprofil der StranggussanlageNr. 3 in Dillingen.

91

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Kapitel 6 Stranggussanlage der Dillinger Huttenwerke

6.2. Uberhitzung/Kuhlung

Die Abbildungen 6.3 und 6.4 zeigen die Ergebnisse von Berechnun-gen der CET unter Variation der Uberhitzung. Es wurde ein Stahlmit 0,55 % Kohlenstoff angenommen, der mit einer Geschwindigkeitvon 0,31 m/min vergossen wurde, und der zum einen unter Standard-kuhlbedingungen, zum anderen mit intensiver Kuhlung berechnetwurde.

Abbildung 6.3(a) auf der nachsten Seite bezieht sich auf inten-sive Kuhlbedingungen. Die Struktur der Kurve ist ahnlich der inAbbildung 5.13 auf Seite 75. Jedoch tritt der Ubergang in wesentlichgroßerer Entfernung zur Oberflache auf. Das fast lineare Wachstumfangt in Abbildung 5.13 bei etwa 40 K Uberhitzung an abzuflachen,wahrend im aktuellen Bild dieser Punkt schon bei 15 K erreicht ist.

Abbildung 6.3(b) auf der nachsten Seite zeigt die entsprechendeKurve fur normale Kuhlung. Zu bemerken ist, dass die Kurve dernormalen Kuhlung geringfugig niedriger verlauft, als die Messwer-te es vorgeben. Dies ist unter Umstanden einer zu hohen Keimzahlzuzuschreiben. In Abbildung 6.3(c) auf Seite 94 wurde diesem Um-stand Rechnung getragen und dieselbe Keimzahl angenommen, wiesie aus den Messungen der Dillinger Hutte fur intensive Kuhlbe-dingungen abgeleitet werden konnen. Mit dieser Keimdichte konnteeine wesentlich bessere Ubereinstimmung mit den Vergleichswertenerzielt werden. Da die angenommene Keimdichte aus einer Variationvon gemessenen primaren Dendritenarmabstanden entnommen wer-den muss, ist es nicht auszuschließen, dass die korrekte Keimdichtetatsachlich niedriger gelegen haben konnte, als es die gemessenenDendritenarmabstande glauben machen.

In den Rechnungen mit korrigierter Keimdichte scheint die inten-sive Kuhlung die Lange der gerichteten Zone um etwa 5 mm auszu-dehnen, was die Messungen bestatigen. Abbildung 6.4 auf Seite 95macht die Unterschiede deutlich sichtbar. Der Umstand, dass alleMessungen an der Stranggussanlage gut durch die Rechnungen re-produziert werden konnten, bestatigt die Gultigkeit des Modells.

92

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6.2 Uberhitzung/Kuhlung

0�

10 20 30 40 50Überhitzung, K

0

20

40

60

80

100

120

140

Abs

tand

von

Obe

rflä

che,

mm

MessungRechnung

(a) Intensive Kuhlung

0�

10 20 30 40 50Überhitzung, K

0

20

40

60

80

100

120

140

Abs

tand

von

Obe

rflä

che,

mm

MessungRechnung

(b) Normale Kuhlung

Abbildung 6.3.: CET-Position als Funktion der Uberhitzung. StranggussanlageNr. 3 in Dillingen, berechnete und gemessene Ergebnisse.

93

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Kapitel 6 Stranggussanlage der Dillinger Huttenwerke

0�

10 20 30 40 50Überhitzung, K

0

20

40

60

80

100

120

140

Abs

tand

von

Obe

rflä

che,

mm

MessungRechnung

(c) Normale Kuhlung, niedrigere Keimdichte

Abbildung 6.3.: . . . fortgesetzt

6.3. Effekt der Gießgeschwindigkeit

In einer Berechnungsreihe wurde die Gießgeschwindigkeit in einemIntervall von 0,27 bis 0,35 m/min getestet. Der Warmeleitungskoef-fizient wurde in der Sekundarkuhlung in direktem Verhaltnis zurGießgeschwindigkeit, und in der Kokille mit einem Exponenten von0,6 modifiziert. Es wurde keine signifikanten Anderungen in der vor-hergesagten CET-Position beobachtet.

Bei einem gegebenen Querschnitt ist der Ubergang von gerichte-ter zu ungerichteter Erstarrung hauptsachlich eine Funktion der Er-starrungszeit. Wird die Gießgeschwindigkeit erhoht, verschiebt sichder Ubergangspunkt zwar in Auszugsrichtung, die Position der CETuber die Brammendicke jedoch bleibt davon fast unberuhrt.

Wie Abbildung 5.15 auf Seite 77 zeigt, kann die Kuhlintensitateinen Einfluss auf die CET haben. In der Praxis wird die Sekundar-kuhlung normalerweise derart angepasst, dass die Oberflachentem-

94

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6.3 Effekt der Gießgeschwindigkeit

0�

10 20 30 40 50Überhitzung, K

0

20

40

60

80

100

120

140

Abs

tand

von

Obe

rflä

che,

mm

Messung intensivMessung standardRechnung intensivRechnung standard

(a) Berechneter Bereich

20 25�

30 35�

40 45�

50Überhitzung, K

60

80

100

120

140

Abs

tand

von

Obe

rflä

che,

mm

Messung intensivMessung standardRechnung intensivRechnung standard

(b) Ausschnitt

Abbildung 6.4.: CET-Position als Funktion der Uberhitzung. Intensive und nor-male Kuhlung bei gleicher Keimdichte im Vergleich. Strangguss-anlage Nr. 3 in Dillingen.

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Kapitel 6 Stranggussanlage der Dillinger Huttenwerke

peratur in Abhangigkeit von der Zeit, trotz Variation der Gießge-schwindigkeit, in etwa gleich bleibt, was den Effekt der Warmeabfuhrauf die CET-Position ausgleicht.

Kurzzusammenfassung

� Die Rechnungen unter Bedingungen der Dillinger Strangguss-anlage Nr. 3 bestatigen das Modell.

� Die Variation diverser Gießparameter verifiziert trotz andererKeimdichte als bei Stadler die Rechnungen.

� Die Gießgeschwindigkeit scheint nicht als Parameter zur Beein-flussung der CET-Position geeignet zu sein.

� Eine intensivere Kuhlung hat einen sichbaren, aber keinesfallsdramatischen Effekt auf die ungerichtete Zone.

� Der großte Einfluss ist der Uberhitzung zuzuschreiben.

96

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KAPITEL7Mikrostrukturbetrachtungen

Es wurden diverse Gussstucke der Dillinger Huttenwer-ke einer Mikrosondenuntersuchung unterworfen, um Mi-kroseigerungen beobachten zu konnen. Berechnungen zuDendritenarmabstanden und Mikroseigerungen werdenaus dem entwickelten Erstarrungsmodell abgeleitet undmit empirischen Daten verglichen.

Neben der expliziten Modellierung der Erstarrung und der Dif-ferenzierung zwischen gerichteter und ungerichteter Dendriten-

bildung eroffnet sich durch das Vorhandensein aller wichtigen ther-modynamischen Parameter eine Uberprufung ausgewahlter empiri-scher Ausdrucke, welche aus umfangreichen Untersuchungen abgelei-tet wurden [62,63,64,65,66,67].

Ein Ubereinstimmen von Rechnungen mit Vergleichsmessungenware eine gute Verifikation sowohl des Modells als auch der empiri-schen Formeln. Allerdings bedeutet eine Abweichung nicht zwingendein Versagen des Modells. Vielmehr gilt es in diesem Fall zu uber-legen, ob die verwendeten Werte, wie beispielsweise die Kohlenstoff-konzentration, in den empirischen Formeln tatsachliche lokale Werte

97

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Kapitel 7 Mikrostrukturbetrachtungen

Tabelle 7.1.: In diesem Kapitel betrachtete Stahle. Fur alle gilt eine Dicke von32 cm.

∆T XC KuhlungF1 42,0 K 0,47 % standardF2 42,0 K 0,47 % intensivF3 33,2 K 0,55 % intensivF4 40,3 K 0,55 % intensivF5 40,5 K 0,55 % standard

sind, oder ob hier der Grund fur die Diskrepanz in einem Unter-schied zwischen den nachtraglich angenommenen Werten und dentatsachlich in der Rechnung zum fraglichen Zeitpunkt vorkommen-den Werten ist.

Da wahrend der Arbeit auch Mikrosondenmessungen zur Mikro-seigerungsbestimmung durchgefuhrt wurden, bieten diese sich alsVergleichsobjekt an.

7.1. Mikrosondenmessungen

Im Verlaufe der Arbeit wurden verschiedene Stahlproben der Dil-linger Huttenwerke mit der Mikrosonde untersucht. Neben einigenmikrolegierten Stahlsorten waren es in der Hauptsache die in Tabel-le 7.1 aufgefuhrten Stahle.

Mit sogenannten ”Elementmappings“, zweidimensionalen Abtas-tungen der Probenoberflache wurde zuerst von jeder Probe einequalitative Ubersicht bezuglich der Elemente Mangan und Silizi-um erstellt. Anhand der so erstellten Seigerungsbilder wurden Be-reiche ausgewahlt, an denen dann eine quantitative eindimensio-nale Messung (”Linescan“) durchgefuhrt wurde. Die Messung desKohlenstoff-Gehalts erwies sich leider als zu aufwandig, weswegendarauf verzichtet werden musste.

98

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7.1 Mikrosondenmessungen

0

0.5

1

1.5

2

0 50 100 150 200

Gew

.-%

Mikrometer

N1572, Scan 1

MnSi

0

0.5

1

1.5

2

200 250 300 350 400

Gew

.-%

Mikrometer

N1572, Scan 2

MnSi

(a) Abschreckzone

0

0.5

1

1.5

2

0 50 100 150 200 250

Gew

.-%

Mikrometer

N1573, Scan 1

MnSi

0

0.5

1

1.5

2

300 350 400 450 500 550

Gew

.-%

Mikrometer

N1573, Scan 2

MnSi

(b) Zone gerichteter Erstarrung

Abbildung 7.1.: Stahl F1 mit 0,47 % Kohlenstoff.

99

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Kapitel 7 Mikrostrukturbetrachtungen

0

0.5

1

1.5

2

0 50 100 150 200 250

Gew

.-%

Mikrometer

N1574, Scan 1

MnSi

0

0.5

1

1.5

2

300 350 400 450 500 550G

ew.-

%Mikrometer

N1574, Scan 2

MnSi

(c) Ungerichtete Zone in der Brammenmitte

Abbildung 7.1.: . . . fortgesetzt

0

0.5

1

1.5

2

0 50 100 150 200 250 300 350

Gew

.-%

Mikrometer

N1581, Scan 1

MnSi

0

0.5

1

1.5

2

400 450 500 550 600 650 700

Gew

.-%

Mikrometer

N1581, Scan 2

MnSi

(a) Abschreckzone

Abbildung 7.2.: Stahl F2 mit 0,47 % Kohlenstoff.

100

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7.1 Mikrosondenmessungen

0

0.5

1

1.5

2

0 50 100 150 200 250 300 350

Gew

.-%

Mikrometer

N1575, Scan 1

MnSi

0

0.5

1

1.5

2

400 450 500 550 600 650 700

Gew

.-%

Mikrometer

N1575, Scan 2

MnSi

(b) Zone gerichteter Erstarrung

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

1.8

2

2.2

0 50 100 150 200 250 300 350

Gew

.-%

Mikrometer

N1576, Scan 1

MnSi

0

0.5

1

1.5

2

400 450 500 550 600 650 700

Gew

.-%

Mikrometer

N1576, Scan 2

MnSi

(c) Ungerichtete Zone in der Brammenmitte

Abbildung 7.2.: . . . fortgesetzt

101

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Kapitel 7 Mikrostrukturbetrachtungen

7.1.1. Qualitative Abtastung (Elementmapping)

In den Abbildungen 7.1 bis 7.5 sind die Ergebnisse der Mikrosonden-untersuchungen dargestellt. Jeweils das linke Bild zeigt das Ergebnisdes Elementmappings der entsprechenden Probe. Dunklere Zonenentsprechen geringeren Konzentrationen. Die Bilder fur Mangan undSilizium wurden hier ubereinander gelegt und die Bilder auf einenmaximalen Kontrast eingestellt. Rechts davon sind die Ergebnisseder jeweiligen Linescans, die an dieser Probe durchgefuhrt wordensind, zu sehen.

In jeder der Abbildungen sind drei Positionen innerhalb derBramme zu sehen: Als Erstes wird die Abschreckzone unmittelbarunter der Brammenoberflache dargestellt. Im zweiten Bild ist dieZwischenzone der gerichteten Erstarrung zu sehen. Schließlich wirdein Stuck aus der Brammenmitte, dem ungerichteten Bereich, ge-zeigt.

Die erste Bildfolge, Abbildung 7.1 auf Seite 99, zeigt den StahlF1, der unter normalen Kuhlbedingungen erstarrt ist, wahrend diein Abbildung 7.2 auf Seite 100 dargestellten Proben des Stahls F2intensiver abgekuhlt wurden.

Bei beiden Proben handelt es sich um C45-Stahle mit relativhoher Uberhitzung. In der Nahe der Brammenoberflache (Abbildun-gen 7.1(a) und 7.2(a)) ist eine feine kristalline Struktur sichtbar,die nicht einer eindeutigen Orientierung unterliegt. In der gerichte-ten Zone hingegen sind deutlich großere parallele Strukturen entlangder Warmeauszugsrichtung zu erkennen (Abb. 7.1(b) und 7.2(b)).Der zentrale ungerichtete Bereich hingegen zeigt eine ganzlich an-dere Struktur, die Kristalle lassen keine Vorzugsrichtung erkennen(Abb. 7.1(c) und 7.2(c)).

Bei den drei darauf folgenden Stahlen F3 bis F5 handelt es sichum C55-Stahle. Stahl F3, zu sehen in Abbildung 7.3 auf der nachstenSeite, ist der am schnellsten erstarrte Stahl dieser Reihe, zum einenintensiv gekuhlt, wurde er auch mit der relativ niedrigen Uberhit-zung von etwa 33 K vergossen. Die Stahle F4 und F5 (Abbildungen7.4 und 7.5 ab Seite 104) hingegen hatten gut 40 K Uberhitzung, F4wurde intensiv, F5 normal gekuhlt.

Auch hier sind in den Abbildungen 7.3(a) bis 7.5(a) die feinen

102

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7.1 Mikrosondenmessungen

0

0.5

1

1.5

2

0 50 100 150 200

Gew

.-%

Mikrometer

N1577, Scan 1

MnSi

0

0.5

1

1.5

2

220 240 260 280 300 320 340 360 380 400

Gew

.-%

Mikrometer

N1577, Scan 2

MnSi

(a) Abschreckzone

0

0.5

1

1.5

2

0 50 100 150 200

Gew

.-%

Mikrometer

N1578, Scan 1

MnSi

0

0.5

1

1.5

2

240 260 280 300 320 340 360 380 400 420

Gew

.-%

Mikrometer

N1578, Scan 2

MnSi

(b) Zone gerichteter Erstarrung

Abbildung 7.3.: Stahl F3 mit 0,55 % Kohlenstoff.

103

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Kapitel 7 Mikrostrukturbetrachtungen

0

0.5

1

1.5

2

0 50 100 150 200 250

Gew

.-%

Mikrometer

N1580, Scan 1

MnSi

0

0.5

1

1.5

2

300 350 400 450 500 550G

ew.-

%Mikrometer

N1580, Scan 2

MnSi

(c) Ungerichtete Zone in der Brammenmitte

Abbildung 7.3.: . . . fortgesetzt

0

0.5

1

1.5

2

0 50 100 150 200

Gew

.-%

Mikrometer

N1205, Scan 1

MnSi

0

0.5

1

1.5

2

400 450 500 550 600

Gew

.-%

Mikrometer

N1206, Scan 2

MnSi

(a) Abschreckzone

Abbildung 7.4.: Stahl F4 (C55)

104

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7.1 Mikrosondenmessungen

0

0.5

1

1.5

2

0 50 100 150 200 250 300 350

Gew

.-%

Mikrometer

N1206, Scan 1

MnSi

0

0.5

1

1.5

2

400 450 500 550 600

Gew

.-%

Mikrometer

N1206, Scan 2

MnSi

(b) Zone gerichteter Erstarrung

0

0.5

1

1.5

2

2.5

0 100 200 300 400 500 600 700

Gew

.-%

Mikrometer

N1207, Scan 1

MnSi

0

0.5

1

1.5

2

750 800 850 900 950 1000 1050 1100 1150 1200

Gew

.-%

Mikrometer

N1207, Scan 2

MnSi

(c) Ungerichtete Zone in der Brammenmitte

Abbildung 7.4.: . . . fortgesetzt

105

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Kapitel 7 Mikrostrukturbetrachtungen

0

0.5

1

1.5

2

0 50 100 150 200

Gew

.-%

Mikrometer

N2233, Scan 1

MnSi

0

0.5

1

1.5

2

240 260 280 300 320 340 360 380 400 420

Gew

.-%

Mikrometer

N2233, Scan 2

MnSi

0

0.5

1

1.5

2

450 500 550 600 650 700

Gew

.-%

Mikrometer

N2233, Scan 3

MnSi

0

0.5

1

1.5

2

750 800 850 900 950

Gew

.-%

Mikrometer

N2233, Scan 4

MnSi

(a) Abschreckzone

Abbildung 7.5.: Stahl F5 (C55)

ungerichteten Strukturen der Abschreckzone zu erkennen, und dieungerichtete Zone in der Strangmitte (Abb. 7.3(c) – 7.5(c)) weistebenfalls die typische grobe, chaotische Struktur auf, wie es auchschon bei den C45-Stahlen zu beobachten war.

In der Zone gerichteten Wachstums hingegen findet sich bei denStahlen F3 und F5 eine weit weniger parallele Struktur als in denvorangegangenen Stahlen. Wahrend in Abbildung 7.3(b) auf Sei-te 103 noch eine gewisse parallele Grundstruktur zu erkennen ist,die von einigen nicht daran orientierten Streifen durchzogen wird,

106

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7.1 Mikrosondenmessungen

0

0.5

1

1.5

2

0 50 100 150 200 250 300 350

Gew

.-%

Mikrometer

N2232, Scan 1

MnSi

0

0.5

1

1.5

2

400 450 500 550 600 650 700

Gew

.-%

Mikrometer

N2232, Scan 2

MnSi

0

0.5

1

1.5

2

750 800 850 900 950

Gew

.-%

Mikrometer

N2232, Scan 3

MnSi

(b) Zone gerichteter Erstarrung

0

0.5

1

1.5

2

0 50 100 150 200 250 300 350

Gew

.-%

Mikrometer

N2234, Scan 1

MnSi

0

0.5

1

1.5

2

400 450 500 550

Gew

.-%

Mikrometer

N2234, Scan 2

MnSi

0

0.5

1

1.5

2

600 650 700 750 800 850 900

Gew

.-%

Mikrometer

N2234, Scan 3

MnSi

(c) Ungerichtete Zone in der Brammenmitte

Abbildung 7.5.: . . . fortgesetzt

107

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Kapitel 7 Mikrostrukturbetrachtungen

sind in Abbildung 7.5(b) auf der vorherigen Seite deutlich mehreregerichtete Strukturen unterschiedlicher Orientierung zu sehen.

Ein von den Gießbedingungen oder der Stahlsorte abhangigesPhanomen scheint es jedoch nicht zu sein, da die gerichtete Zone desStahls F4 (Abbildung 7.4(b) auf Seite 105, gleiche Kuhlstrategie wieF3, sehr ahnliche Gießtemperatur wie F5) eine Struktur aufweist, diewiederum der der C45-Stahle auf den Abbildungen 7.1(b) und 7.2(b)sehr ahnlich ist.

Dies deutet darauf hin, dass die gerichtete Zone keineswegs immerhomogen ist. Vielmehr mogen sich unter Umstanden – womoglich un-abhangig von außeren Einflussen – mehrere gerichtete Zonen bilden,von denen nicht jede vollstandig am Temperaturgradienten orientiertist und die bei fortschreitender Erstarrung aneinanderstoßen.

7.1.2. Quantitative Analyse (Linescan)

Die sogenannten Linescans erlauben eine quantitative Untersuchungder Mikroseigerungen. In den Abbildungen 7.1 bis 7.5 finden sich,jeweils auf der rechten Seite neben den Bildern des Elementmap-pings, die konkreten Ergebnisse der qualitativen Untersuchung derdargestellten Versuchsprobe.

Zwei Großen wurden zur Bestimmung der Mikroseigerungenverwendet, die Seigerungsbandbreite I und der Seigerungsquoti-ent C. Die Bandbreite beschreibt die Differenz der minimalenund der maximalen Stoffkonzentration entlang des Linescans, alsoI = xmax − xmin. Die relative Seigerung wird mit dem QuotientenC = xmax/xmin dieser Werte ausgedruckt.

Tabelle 7.2 auf der nachsten Seite zeigt die Mittelwerte und Stan-dardabweichungen dieser Parameter. Die Anzahl N der Einzelmes-sungen ist ebenfalls aufgelistet. Die Daten wurden entsprechend ihrerMorphologie (Rand, Columnar, Mitte) und unter Berucksichtigungdes entsprechenden Elements angeordnet.

Als erstes Ergebnis kann ein systematischer Unterschied zwischennormaler und intensiver Kuhlung aus diesen Daten nicht abgeleitetwerden, die Seigerungsquotienten liegen zwischen 1,9 und 2,4 furMangan und zwischen 1,6 und 1,9 fur Silizium.

108

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7.1 Mikrosondenmessungen

Tabelle 7.2.: Mikroseigerungsparameter aus den Linescans der Mikrosonde

Rand Columnar Mitte

CMn 1,93 1,88 2,43σCMn 0,16 0,21 0,35IMn 0,75 0,71 1,07σIMn 0,13 0,15 0,25NMn 14 38 11

CSi 1,62 1,60 1,92σCSi 0,15 0,13 0,17ISi 0,18 0,17 0,28σISi 0,04 0,04 0,06NSi 14 38 11

Am augenfalligsten ist der Unterschied der Mikroseigerung zwi-schen der zentralen ungerichteten Zone und den anderen Gebieten.In der ersteren unterliegt die Mikroseigerung einer wesentlich star-keren Auspragung. In der Literatur wurde von noch hoheren Mi-kroseigerungen in der ungerichteten Zone berichtet [68,69], jedoch inder Gegenwart elektromagnetischen Ruhrens. Die aktuellen Probenwurden jedoch ohne EMR hergestellt.

Die Abbildungen 7.6 und 7.7 zeigen die Mikroseigerungspara-meter von Mangan und Silizium in Abhangigkeit von ihrer Lagein der Bramme. Jeder Punkt dieser Graphen wurde aus 9 bis 14Einzelmessungen errechnet.

Entgegen den großen Unterschieden in der Mikrostruktur der Ab-schreckzone und des gerichteten Bereiches ist die Starke der Mikro-seigerungen hier fast ununterscheidbar, wogegen in der ungerichtetenStrangmitte ein wesentlich hoheres Maß an Mikroseigerung auftritt.

Zusatzlich wurde ein weiterer Vergleich angestellt, indem die Sei-gerungsquotienten der beiden ungerichteten Zonen durch den Seige-

109

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Kapitel 7 Mikrostrukturbetrachtungen

0�

50 100�

150�Abstand von Brammenoberseite / mm

1

1.5

2

2.5

3

Sei

geru

ngsq

uotie

nt

Abschreckzone�

gerichtet� ungerichtet

(a) Mangan

0�

50 100�

150�Abstand von Brammenoberseite / mm

1

1.5

2

2.5

3

Sei

geru

ngsq

uotie

nt

Abschreckzone�

gerichtet� ungerichtet

(b) Silizium

Abbildung 7.6.: Mikroseigerungsquotienten in Abhangigkeit von der Position zurBrammenoberflache

110

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7.1 Mikrosondenmessungen

0�

50 100�

150�Abstand von Brammenoberseite / mm

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

1.2

1.4

1.6

Sei

geru

ngsb

andb

reite

, %

Abschreckzone�

gerichtet� ungerichtet

(a) Mangan

0�

50 100�

150�Abstand von Brammenoberseite / mm

0

0.1

0.2

0.3

0.4

Sei

geru

ngsb

andb

reite

, %

Abschreckzone�

gerichtet� ungerichtet

(b) Silizium

Abbildung 7.7.: Mikroseigerungsbandbreiten in Abhangigkeit von der Position zurBrammenoberflache

111

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Kapitel 7 Mikrostrukturbetrachtungen

Tabelle 7.3.: Seigerungsverhaltnisse Υ = Cungerichtet/Cgerichtet der Abschreckzo-ne und der ungerichteten zentralen Zone zum gerichteten Bereich.

(a) RandΥ σ

Mn 1,026 0,089Si 1,035 0,050

(b) MitteΥ σ

Mn 1,302 0,235Si 1,227 0,116

rungskoeffizienten der gerichteten Zone dividiert wurden. In einemzweiten Schritt wurden nun die entsprechenden Resultate der ver-schiedenen Stahlsorten gemittelt. Das Ergebnis ist in Tabelle 7.3 zusehen.

Gut ablesbar erkennt man auch hier, dass sich Randzone undgerichtete Zone innerhalb der Genauigkeit bezuglich der Mikrosei-gerung nicht unterscheiden, wogegen sich die Mikroseigerung in derMitte um bis zu 30 % starker gestaltet.

Ein plausibler Grund ist der erweiterte Raum zwischen den Den-driten in der ungerichteten Zone, wie es im Vergleich der Teilbilderb und c in den Abbildungen 7.1 bis 7.5 gut zu sehen ist. Jedoch er-klart dies nicht den verschwindenden Unterschied in den Seigerungender gerichteten und der Abschreckzone, wie er aus den Tabellen undGraphen zu ersehen ist.

Eine weitere Erklarung mag sein, dass die fortschreitende gerich-tete Front letztendlich die restlichen Legierungselemente aufnehmenmuss, wogegen die wachsenden Dendriten in einer ungerichteten Um-gebung mehr Moglichkeiten haben, die geloste Substanz – speziellunter Ruhren – in ein großeres restliches Schmelzenreservoir abzu-scheiden, was eine starkere Mikroseigerung erklaren wurde.

7.2. Dendritenarmabstande

Die primaren und sekundaren Abstande sich bildender Dendriten ha-ben ebenfalls einen Einfluss auf die spateren Materialeigenschaftendes Gussstuckes. Eine Berechnung derselben ist daher von großemNutzen. Auch besteht die Notwendigkeit der Bestimmung von Pri-

112

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7.2 Dendritenarmabstande

0�

20 40 60 80 100�

120� 140� 160�Abstand zur Brammenoberseite, mm

0

500

1000

1500

2000

Zei

t bis

zur

Ers

tarr

ung,

snormale Kühlungintensive Kühlung

Abbildung 7.8.: Zeit bis zum Erreichen 99,9 prozentiger Erstarrung, C45-Stahl,Dillinger Bedingungen.

mararmabstanden, da dieser Parameter in den Mikroseigerungsrech-nungen in Abschnitt 7.3 Verwendung findet.

Die Berechnung einzelner Dendriten ist zwar prinzipiell gut mog-lich [23], jedoch ist bei einem makroskopischen Modell wie diesemder Rechenaufwand mit heutiger Technik nicht zu bewaltigen. Da-her bieten sich Verfahren an, die auf der Basis empirisch ermittelterWerte entwickelt wurden.

7.2.1. Erstarrungszeitpunkt

Zur Berechnung der mikrostrukturellen Parameter wird ein Zeit-punkt benotigt, an dem es zu einer vollstandigen Erstarrung ge-kommen ist, dies bedeutet eine Fixierung der bis dahin gewonnenenDaten. Alternativ dazu ist es auch moglich, einen, den Erstarrungs-zeitraum umfassenden, Mittelwert dieses Parameters zu bilden.

113

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Kapitel 7 Mikrostrukturbetrachtungen

Bedingt durch das kinetische Verfahren∗ findet eine vollstandigeAusloschung einzelner Phasen – also auch der flussigen Phase – nichtstatt, die Anteile sinken lediglich unter die ”Nachweisgrenze“. Soist es notig, einen minimalen flussigen Phasenanteil zu definieren,unterhalb dessen eine vollstandige Erstarrung postuliert wird.

Zu diesem Zweck wurde das Voranschreiten des Punktes, an demder Festanteil 99,9 % betragt, im Modell beobachtet. Die Zeit, zuder dieser Punkt erreicht wird, ist in Abbildung 7.8 auf der vorhe-rigen Seite sowohl fur normale als auch intensive Kuhlung darge-stellt. Zu Beginn hat die Kurve eine parabolische Form, welche dasWurzel-t Gesetz der Erstarrung wiederspiegelt. Die Abflachung hinzur Strangmitte deutet auf eine Beschleunigung der Erstarrung hin,hier kann die Warme nach beiden Seiten abgefuhrt werden.

7.2.2. Sekundararmabstande

Die Berechnung der Sekundararmabstande liefert Informationenuber den Erstarrungsprozess, die zur Modelluberprufung herange-zogen werden konnen.

In das Erstarrungsmodell wurden zwei empirische Gleichungenzur Berechnung sekundarer Dendritenarmabstande integriert, unddie Ergebnisse mit Messungen der Dillinger Huttenwerke verglichen.Die Verifizierung wurde an den zwei C45-Stahlen F1 und F2 durch-gefuhrt.

Gleichung von Harste und Weisgerber

In [59] werden von den Dillinger Huttenwerken gemessene Sekundar-armabstande eines C45-Stahls korreliert. Die verwendete Gleichunglautet

λ2 = b1Rb2c eb3XC (7.1)

mit den Konstanten b1 = 77,533, b2 = −0,29955 und b3 = 1,8908,wobei Rc = dT

dt die lokale Abkuhlrate in K/s und XC den Anteil desKohlenstoffs in Gewichtsprozent darstellen soll. Dieser empirische

∗Es findet eine asymptotische Annaherung an den Gleichgewichtszustandstatt.

114

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7.2 Dendritenarmabstande

0�

20 40 60 80 100�

120� 140� 160�Abstand zur Brammenoberseite, mm

0

200

400

600

800

Sek

undä

rarm

abst

and,

µm

MessungRechnung

(a) normale Kuhlung (F1)

0�

20 40 60 80 100�

120� 140� 160�Abstand zur Brammenoberseite, mm

0

200

400

600

800

Sek

undä

rarm

abst

and,

µm

MessungRechnung

(b) intensive Kuhlung (F2)

Abbildung 7.9.: Ergebnisse nach Gleichung (7.1) und gemessene sekundare Den-dritenarmabstande.

115

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Kapitel 7 Mikrostrukturbetrachtungen

0�

20 40 60 80 100�

120� 140� 160�Abstand zur Brammenoberseite, mm

50

150

250

350

450

Sek

undä

rarm

abst

and,

µm

Messung standardRechnung standard Messung intensivRechnung intensiv

Abbildung 7.10.: Sekundararmabstande: Kuhlstrategien im Vergleich.

Ansatz wurde im numerischen Modell getestet, Abbildung 7.9 aufder vorherigen Seite zeigt die Ergebnisse.

Nahe der Oberflache entsprechen die Rechnungen sehr gut dengemessenen Werten. Mit fortschreitender Entfernung zur Kokillen-wand weichen die Kurven ein wenig von den Messungen ab, speziellbei normaler Kuhlung (Abbildung 7.9(a)) liegt die Berechnung etwaszu niedrig.

Da es sich bei dieser Formel – wie auch bei den folgenden – umeinen rein empirischen Ansatz handelt, konnte dies eine Erklarungdafur geben. Da die Bedingungen im Stahl mit zunehmender Entfer-nung zur Oberflache experimentell immer schwieriger zu bestimmensind, wird das Verhalten der Dendriten unter Umstanden auch im-mer ungenauer durch den entsprechenden Ausdruck beschrieben.

Die Auswirkung einer Anderung der Kuhlstrategie ist in Abbil-dung 7.10 sehr gut zu erkennen. Analog zu den Messergebnissen

116

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7.2 Dendritenarmabstande

zeigen auch die Rechnungen eine Verkleinerung der Sekundararmab-stande bei intensiverer Kuhlung.

Gleichung von Hunt, Taha, Jacobi, u.a.

In der Literatur finden sich diverse empirische Ausdrucke zur Be-rechnung von Dendritenarmabstanden [70,71,72], die fur gewohnlichdie Form

λ2 = c1vc2Gc3 (7.2)

haben. Hier ist v die Wachstumsgeschwindigkeit der Dendritenspitzein cm/s, G der mittlere Temperaturgradient in K/cm und c1 bis c3Konstanten, die es zu bestimmen gilt. λ2 ergibt sich hieraus in cm-Einheiten. Es ist gut moglich, diese Gleichungen in das bestehendeModell zu integrieren, da Temperaturgradienten und Wachstumsge-schwindigkeiten dort bereits errechnet werden.

Taha u.a. [72] untersuchten diverse Stahlsorten bezuglich der ge-richteten Erstarrung. Konstanten fur Gleichung (7.2) werden fur ei-nige Legierungen genannt, aber leider nicht fur die hier verwendeten,was eine Bestimmung der hier zu verwendenden Konstanten notwen-dig macht. Fur die Berechnungen des oben erwahnten C45 Stahlswurden die Konstanten c1 = 0,0085 und c2 = c3 = −0,2 verwendet.Die Exponenten sind typische Werte, der Faktor c1 wurde an denaktuellen Fall angepasst, ist aber im in [72] genannten plausiblenBereich.

Abbildung 7.11 auf der nachsten Seite zeigt die Ergebnisse derBerechnungen fur die Sekundararmabstande im Vergleich zu den ge-messenen Ergebnissen der Dillinger Huttenwerke auf [59]. Durch dieAnpassung des Koeffizienten c1 uberrascht es nicht, dass die Hoheder Kurve korrekt erscheint. Doch auch der Verlauf der Kurve erfulltdie Erwartungen, so wird etwa die abrupte Anderung der Steigungbei ca. 70 mm korrekt wiedergegeben.

In unmittelbarer Nahe der Strangmitte sind einige heftige Aus-schlage in den Kurven zu sehen, die von numerischen Effekten in derBerechnung eines der Basisparameter herruhren. In diesem Bereichnimmt allerdings ebenfalls die Variationsbreite der Messungen zu, so

117

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Kapitel 7 Mikrostrukturbetrachtungen

0�

20 40 60 80 100�

120� 140� 160�Abstand zur Brammenoberseite, mm

0

200

400

600

800

Sek

undä

rarm

abst

and,

µm

MessungRechnung

(a) normale Kuhlung

0�

20 40 60 80 100�

120� 140� 160�Abstand zur Brammenoberseite, mm

0

200

400

600

800

Sek

undä

rarm

abst

and,

µm

MessungRechnung

(b) intensive Kuhlung

Abbildung 7.11.: Ergebnisse nach Gleichung (7.2) und gemessene sekundare Den-dritenarmabstande.

118

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7.2 Dendritenarmabstande

0�

20 40 60 80 100�

120� 140� 160�Abstand zur Brammenoberseite, mm

50

150

250

350

450

Sek

undä

rarm

abst

and,

µm

Messung standardRechnung standard Messung intensivRechnung intensiv

Abbildung 7.12.: Kuhlstrategien im Vergleich, Gleichung (7.2).

dass hier eine gute Ubereinstimmung sowieso nur schwer zu erreichengewesen ware.

Wie in Abbildung 7.12 zu sehen, wirken sich auch hier wiederdie unterschiedlichen Kuhlstrategien entsprechend den gemessenenVorgaben aus.

7.2.3. Primararmabstande

In das Erstarrungsmodell wurde auch die empirische Gleichung zurBerechnung primarer Dendritenarmabstande integriert, wie sie in derLiteratur wiederum bei [70, 71, 72] beschrieben ist. Die Verifizierungwurde erneut an den zwei C45-Stahlen F1 und F2 durchgefuhrt.

Zusatzlich dazu standen auch Vergleichsdaten fur die C55-StahleF3, F4 und F5 (siehe Tabelle 7.1 auf Seite 98) zur Verfugung, dieebenfalls zur Uberprufung herangezogen werden konnten. Alle hier

119

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Kapitel 7 Mikrostrukturbetrachtungen

verwendeten Messdaten wurden freundlicherweise von den DillingerHuttenwerken zur Verfugung gestellt.

Wie schon in Abschnitt 7.2.2, so kann auch hier wieder die be-kannte Formel

λ1 = c1vc2Gc3L (7.3)

zur Berechnung der Armabstande herangezogen werden. Als einzigenwichtigen Unterschied gilt es zu beachten, dass hier, gemaß [72], stattdes in Gleichung (7.2) auf Seite 117 verwendeten mittleren Tempe-raturgradienten G, der Temperaturgradient GL zum Zeitpunkt desErreichens der Liquidustemperatur verwendet wird.

Zur Berechnung der C45-Stahle wurden als Konstanten die Wertec1 = 0,001, c2 = −0,5 und c3 = −0,2 angenommen. Das Ergebnis istin Abbildung 7.13 auf der nachsten Seite zu sehen.

Auch hier in Abbildung 7.13 ist, wie schon bei den Sekundar-armabstanden, eine gute Ubereinstimmung im columnaren Bereichzu erkennen, unabhangig von der angewendeten Kuhlstrategie. Den,auch in den Elementmappings gut zu erkennenden, starken Anstiegder mittleren Armabstande in der ungerichteten Zone vermag aberGleichung (7.3) noch weniger darzustellen als bei den Sekundarar-mabstanden. Die Fluktuationen der Rechnung in der Brammenmittehaben die in Abschnitt 7.2.2 auf Seite 114 erwahnte Ursache.

Der Effekt der kleineren Dendritenarmabstande bei intensivererKuhlung konnte auch hier wieder zufriedenstellend reproduziert wer-den, wie in Abbildung 7.14(a) auf Seite 122 dargestellt. Zugleich siehtman in Abbildung 7.14(b), dass dies auch fur die C55-Stahlsortengilt.

In Abbildung 7.15 auf Seite 123 sind schließlich die Berechnun-gen fur die C55-Stahle F3 – F5 zu sehen. Die Konstanten c2 undc3 konnten gegenuber dem C45-Stahl unverandert gelassen werden,lediglich c1 musste leicht auf c1 = 0,0013 angepasst werden.

Wie schon in den vorangegangenen Berechnungen, wiederholtsich auch hier die Erkenntnis, dass eine Reproduktion der gerichtetenDendritenarmabstande mit Gleichung (7.3) gelingt, die Beschreibungder Armabstande in der ungerichteten Zone jedoch deutlich zu nied-rig ausfallt.

120

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7.2 Dendritenarmabstande

0�

20 40 60 80 100�

120� 140� 160�Abstand zur Brammenoberseite, mm

0

2000

4000

6000

Prim

ärar

mab

stan

d, µ

m

MessungRechnung

(a) normale Kuhlung (F1)

0�

20 40 60 80 100�

120� 140� 160�Abstand zur Brammenoberseite, mm

0

2000

4000

6000

Prim

ärar

mab

stan

d, µ

m

MessungRechnung

(b) intensive Kuhlung (F2)

Abbildung 7.13.: Ergebnisse nach Gleichung (7.3) und gemessene primare Den-dritenarmabstande eines C45-Stahls mit 42 K Uberhitzung,0,47 % C, 32 cm Dicke

121

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Kapitel 7 Mikrostrukturbetrachtungen

0�

20 40 60 80 100�

120�Abstand zur Brammenoberseite, mm

0

500

1000

1500

2000

Prim

ärar

mab

stan

d, µ

m

Messung standardRechnung standard Messung intensivRechnung intensiv

(a) Kuhlstrategien im Vergleich, C45

0�

20 40 60 80 100�

120� 140� 160�Abstand zur Brammenoberseite, mm

0

1000

2000

3000

4000

Prim

ärar

mab

stan

d, µ

m

Messung standardRechnung standard Messung intensivRechnung intensiv

(b) Kuhlstrategien im Vergleich, C55

Abbildung 7.14.: Effekt der Kuhlstrategien auf primare Dendritenarmabstande.

122

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7.2 Dendritenarmabstande

0�

20 40 60 80 100�

120� 140� 160�Abstand zur Brammenoberseite, mm

0

2000

4000

6000

8000

10000

Prim

ärar

mab

stan

d, µ

m

MessungRechnung

(a) normale Kuhlung (F5)

0�

20 40 60 80 100�

120� 140� 160�Abstand zur Brammenoberseite, mm

0

2000

4000

6000

8000

10000

Prim

ärar

mab

stan

d, µ

m

MessungRechnung

(b) intensive Kuhlung (F4)

Abbildung 7.15.: Ergebnisse nach Gleichung (7.3) und gemessene primare Den-dritenarmabstande eines C55-Stahls mit 40,5 K (normal) bzw.40,3 K (intensiv) Uberhitzung, 0,55 % C, 32 cm Dicke.

123

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Kapitel 7 Mikrostrukturbetrachtungen

0�

20 40 60 80 100�

120� 140� 160�Abstand zur Brammenoberseite, mm

0

2000

4000

6000

8000

10000

Prim

ärar

mab

stan

d, µ

m

MessungRechnung

(c) niedrigere Uberhitzungen (F3)

Abbildung 7.15.: . . . fortgesetzt

Neben verschiedenen Kuhlungen konnte bei den C55-Stahlenauch der Effekt verschiedener Uberhitzungen auf die Dendritenarm-abstande uberpruft werden. Wie in Abbildung 7.16 auf der nachstenSeite zu sehen, bewirkt eine geringere Gießtemperatur eine Verklei-nerung der Dendritenarmabstande. In den Rechnungen ist der Effektwiederzufinden, wenn auch etwas schwacher, als es die Messergebnis-se hatten vermuten lassen.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die verwendeteGleichung (7.3) von Taha u. a. zwar die gerichtete Erstarrung gutzu beschreiben vermag, in der ungerichteten Zone jedoch zu niedrigeWerte liefert. Unter Umstanden mussten fur die ungerichtete Zoneneue Konstanten c1, c2 und c3 gesucht werden.

Außerdem liegt die aus den errechneten Dendritenarmabstandenabgeleitete Keimdichte deutlich uber der in den vorangegangenenKapiteln im Modell verwendeten Keimdichte. Da die Keime abernur beim Wachstum der ungerichteten Kristalle eine Rolle spielenund die gemessenen Dendritenarmabstande im ungerichteten Bereich

124

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7.3 Mikroseigerungen

0�

20 40 60 80 100�

120�Abstand zur Brammenoberseite, mm

0

1000

2000

3000

Prim

ärar

mab

stan

d, µ

m

Messung ∆T=33K RechnungMessung ∆T=40KRechnung

Abbildung 7.16.: Effekt der Uberhitzung auf primare Dendritenarmabstande.

deutlich großer sind als die errechneten, unterstutzt das die vorherim Modell gewahlte niedrigere Keimdichte. Fur die Zukunft gilt es,einen auch die Dendritenarmabstande der ungerichteten Zone kor-rekt beschreibenden Ansatz zu finden.

7.3. Mikroseigerungen

Die Berechnung der Mikroseigerungen stellt den Abschluss der Be-trachtungen uber das hier besprochene numerische Modell dar undbildet die Schnittstelle zu den am Anfang dieses Kapitels besproche-nen Mikrosondenuntersuchungen.

In ihrem Standardwerk zeigen Kurz und Fisher einen Weg zurBerechnung von Mikroseigerungen auf, der ganzlich auf makroskopi-schen Parametern beruht [3, Abschn. 6.6].

So wird denn die Zusammensetzung des letzten flussigen Phasen-

125

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Kapitel 7 Mikrostrukturbetrachtungen

anteils Xml definiert als

Xml = X0(2β′k)

k−1u . (7.4)

Hierbei ist X0 die Konzentration der anderen Phase, Xml /X0 =

(2β′k)k−1u gemeinhin der Seigerungsquotient C. Der Exponent k−1

ubesteht aus dem Verteilungskoeffizienten k und dem Ruckdiffusions-parameter

u = 1− 2β′k. (7.5)

Der eindimensionale Ruckdiffusionskoeffizient β, mit

β =Dstf(λ1)2

, (7.6)

fließt in die Hilfskonstruktion β′, definiert als

β′ = β(1− e−1β )− 1

2e−

12β , (7.7)

ein. Ds ist hier der Diffusionskoeffizient im Festen, tf die lokale Er-starrungszeit, λ1 wird entsprechend Abschnitt 7.2.3 berechnet.

Da im verwendeten Eisen-Kohlenstoff-Modell keine weiteren Le-gierungselemente berucksichtigt werden und Kohlenstoff, wie schonerwahnt, in der Mikrosonde nicht gemessen werden konnte, muss einqualitativer Vergleich der Seigerungsquotienten genugen. Dass dieserlegitim ist, untermauert die Feststellung, dass Mangan und Siliziumin den untersuchten Proben immer gemeinsam seigern, wenn auchnicht immer proportional zueinander. Einzig in Lunkern gibt es An-sammlungen nur eines der beiden Elemente.

In Abbildung 7.17 auf der nachsten Seite werden fur C45 dieMessungen der Seigerungsquotienten von Mangan und Silizium demerrechneten Seigerungsquotienten von Kohlenstoff gegenubergestellt:Die starkere Mikroseigerung in der Brammenmitte konnte erwar-tungsgemaß nicht reproduziert werden, da die in die Berechnungenmit einfließenden λ1 fur den ungerichteten Bereich bereits zu niedrigangesetzt sind. Das Maximum der Rechnung in der Mitte ist erneut

126

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7.3 Mikroseigerungen

0�

20 40 60 80 100�

120� 140� 160�Abstand zur Brammenoberseite, mm

1.5

2

2.5

3

Sei

geru

ngsq

uotie

nt

Messung CMn

Messung CSi

1.8

1.9

2

2.1

2.2

Sei

geru

ngsq

uotie

nt�

Rechnung CC

(a) normale Kuhlung (F1)

0�

20 40 60 80 100�

120� 140� 160�Abstand zur Brammenoberseite, mm

1

1.5

2

2.5

3

3.5

Sei

geru

ngsq

uotie

nt

Messung CMn

Messung CSi

1.8

1.9

2

2.1

2.2

Sei

geru

ngsq

uotie

nt

Rechnung CC

(b) intensive Kuhlung (F2)

Abbildung 7.17.: Vergleich der Cml Berechnungen des C45-Stahls mit den Ergeb-nissen der Mikrosondenuntersuchungen.

127

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Kapitel 7 Mikrostrukturbetrachtungen

0�

20 40 60 80 100�

120� 140� 160�Abstand zur Brammenoberseite, mm

1

1.5

2

2.5

3

Sei

geru

ngsq

uotie

nt

Messung CMn

Messung CSi

1.8

1.9

2

2.1

Sei

geru

ngsq

uotie

nt�

Rechnung CC

(a) niedrigere Uberhitzung (F3)

Abbildung 7.18.: Vergleich der Cml Berechnungen des C55-Stahls mit den Ergeb-nissen der Mikrosondenuntersuchungen.

eher auf numerische Fehler in der Parameterberechnung zuruckzu-fuhren.

Der leichte Abfall der Seigerungsstarke bis an das Ende der ge-richteten Zone hingegen scheint korrekt abgebildet zu sein.

Im Gegensatz dazu ist dieser Trend fur die C55-Stahle nicht zuerkennen, wie Abbildung 7.18 beweist. Hier scheint sich die Situationumzukehren und den Berechnungen entgegen zu laufen.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Großenord-nung des Seigerungsquotienten korrekt ist, die Modellierung der Mi-kroseigerung mit dem hier vorgestellten Verfahren jedoch noch eini-ger Verbesserungen bedarf, bevor an eine Anwendung in der Praxisgedacht werden kann.

128

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7.3 Mikroseigerungen

0�

20 40 60 80 100�

120� 140� 160�Abstand zur Brammenoberseite, mm

1

1.5

2

2.5

3

3.5

Sei

geru

ngsq

uotie

nt

Messung CMn

Messung CSi

1.8

1.9

2

2.1

Sei

geru

ngsq

uotie

nt�

Rechnung CC

(b) intensive Kuhlung (F4)

0�

20 40 60 80 100�

120� 140� 160�Abstand zur Brammenoberseite, mm

1

1.5

2

2.5

3

3.5

Sei

geru

ngsq

uotie

nt

Messung CMn

Messung CSi

1.8

1.9

2

2.1

Sei

geru

ngsq

uotie

nt

Rechnung CC

(c) normale Kuhlung (F5)

Abbildung 7.18.: . . . fortgesetzt

129

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Kapitel 7 Mikrostrukturbetrachtungen

Kurzzusammenfassung

� Die Untersuchungen zeigen eine deutlich erhohte Mikroseige-rung im ungerichteten Bereich. Die Abschreckzone unterschei-det sich in dieser Hinsicht nicht von der gerichteten Zone.

� Erklart werden kann die Verstarkung der Seigerung im unge-richteten Bereich mit dem dort ebenfalls erhohten primarenDendritenarmabstand.

� Primare und sekundare Dendritenarmabstandsberechnungenwaren im gerichteten Bereich sehr erfolgreich, im ungerichte-ten Bereich sind noch Verbesserungen bei primaren Dendriten-armabstanden wunschenswert.

� Sowohl eine intensivere Kuhlung als auch eine großere Uberhit-zung wirken sich auf die Dendritenarmabstande verkleinerndaus, wie Messungen und Rechnung ubereinstimmend zeigen.

� Die Berechnung der Mikroseigerungen zeigt vielversprechendeAnsatze, bedarf aber noch einiger Verbesserungen.

130

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KAPITEL8Zusammenfassung undAusblick

Es wurde ein numerisches Modell zur Bestimmung von Erstar-rungsmorphologien und zur Bildung von Phasen wahrend des

Stahlstranggusses entwickelt. Der Wettbewerb zwischen gerichteterund ungerichteter Erstarrung wird modelliert und dazu verwendet,die CET-Position vorherzusagen. Das Modell basiert auf der verall-gemeinerten Enthalpiemethode [1], die um Nichtgleichgewichtsbedin-gungen bei der Phasenbildung erweitert wurde.Drei Phasen konnen gleichzeitig betrachtet werden: flussig, γ-austenitisch und δ-ferritisch. Dadurch ist es moglich, die peritekti-sche Umwandlung zu betrachten. Die Bildung der Phasen wird durchkinetische Gleichungen beschrieben, ahnlich Ausdrucken, die zur Mo-dellierung chemischer Reaktionen verwendet werden. Die kinetischenFaktoren konnen von einer Vielzahl von Erstarrungsbedingungen ab-hangen und wurden aus dem Vergleich von experimentellen und er-rechneten Daten gewonnen.

Der Ubergang von gerichteter zu ungerichteter Erstarrung wirdbeschrieben als das Ergebnis des Wettbewerbes dieser beiden Wachs-tumsmorphologien. Die verzogerte Phasenbildung fuhrt zu unter-

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Kapitel 8 Zusammenfassung und Ausblick

kuhlten Gebieten in der Nahe der Erstarrungsfront. In diesen Gebie-ten konnen ungerichtete Kristalle mit der Dendritenspitzengeschwin-digkeit wachsen, wie sie die Ivantsovlosung in Verbindung mit einemGrenzflachenstabilitatskriterum liefert.

Auf diese Weise kann der von den ungerichteten Kristallen einge-nommene Raum ermittelt werden, was einen passenden Indikator furden Ubergang von gerichteter zu ungerichteter Erstarrung darstellt.Die fur das ungerichtete Kornwachstum wichtige Keimdichte wurdeals Eingabeparameter vorgesehen, der aus den gemessenen ungerich-teten Korndurchmessern ermittelt wird.

Stadlers Labortests haben als Referenz und Testfall gedient. Miteiner aus den Experimenten gewonnen Keimdichte, konnten die ge-messenen Werte in befriedigender Weise reproduziert werden, z.B.die Große der gerichteten Zone als Funktion der Uberhitzung undder Warmeabfuhr. Die vorhergesagten Kurven sehen realistisch aus.

Die beobachtete Unterkuhlung im Vorfeld der Erstarrungsfrontbetragt hochstens einige Grad und Rekaleszenz kann nur unter Um-gebungsbedingungen beobachtet werden, die in der Praxis nicht vor-kommen. Der starke Effekt der Keimdichte wurde durch Modell-rechnungen gezeigt. Mit Hilfe der Keimdichtemessungen des IRSIDkonnte erklart werden, warum elektromagnetisches Ruhren eine Ver-starkung der ungerichteten Zone zur Folge hat. Eine Absenkung desWarmeubergangskoeffizienten unterstutzt die Bildung der ungerich-teten Zone, wie sowohl aus den Rechnungen als auch aus Laborex-perimenten hervorgeht.

Erfolgreich war auch die Umsetzung des Modells von Fe-C aufdie Modellsubstanz Succinonitril-Borneol. Hier konnte gezeigt wer-den, dass das Modell robust auf Anderungen der Systembedingungenreagiert.

Das Fe-C-Modell wurde auf eine Stranggussanlage der Dillin-ger Huttenwerke angewendet. Die Keimdichte wurde entsprechendder beobachteten ungerichteten Korngroße gewahlt. Die berechnetenCET-Kurven stimmen mit den Messungen der Dillinger Huttenwerkeuberein.

In Zukunft wird die Frage nach der Keimdichte von großer Wich-tigkeit sein. Die einfache Gleichung (5.1) auf Seite 63, welche aus

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Kapitel 8 Zusammenfassung und Ausblick

Stadlers Experimenten abgeleitet ist, reicht nicht aus, da sie vielewichtige Effekte vernachlassigt.

Der in Kapitel 7 angeregte Ansatz, aus einer empirischen oderhalbempirischen Formel die Mikrostrukturparameter, speziell aberdie primaren Dendritenarmabstande, abzuleiten, erscheint erfolgver-sprechend. Dazu muss es jedoch gelingen speziell die Dendritenarm-abstande der ungerichteten Zone befriedigend zu berechnen.

Es gilt zu beachten, dass fur andere Legierungen als Fe-C auchandere kinetische Koeffizienten und andere Konstanten zur Keim-bildung benotigt werden. Zukunftige Untersuchungen konnten es er-moglichen, diese Werte aus anderen, bereits vorhandenen, Stoffpara-metern abzuleiten.

Eine Ubertragung des Modells von einem Zweistoff- auf ein Drei-stoffsystem sollte wohl uberlegt sein, denn es ist fraglich, ob der ohneZweifel große Aufwand gerechtfertigt ist. Wie die Mikrosondenunter-suchungen gezeigt haben, seigern verschiedene Legierungselementeim Allgemeinen parallel, so dass es sinnvoller ware, weitere Kompo-nenten, entsprechend ihrer Loslichkeit, einer der bestehenden Kom-ponenten zuzuordnen und die Stoffparameter sowie die Werte zurKinetik und Keimbildung entsprechend anzupassen.

Lohnender erscheint es da schon, den Ansatz der zweidimensiona-len Berechnung zu vervollkommnen, so dass komplette Stahlstrangeberechnet werden konnen. Einer Verallgemeinerung auf drei Dimen-sionen steht nichts im Wege, jedoch ist der zu erwartende Rechen-aufwand zur Zeit noch nicht vertretbar. Sollte das Moor’sche Gesetzder Verdoppelung der Prozessorleistung alle 18 Monate auch weiter-hin gultig sein, stunde etwa im Jahre 2020 genugend Leistung fur dieBerechnung eines Wurfels mit 100 Punkten Kantenlange innerhalbangemessener Zeit zur Verfugung.

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ANHANGABerechnung derIvantsov-Funktion

Die mathematische Losung der Diffusion an einem Paraboloidenwurde erstmals 1947 von G. P. Ivantsov hergeleitet [48]. Die nachihm benannte Ivantsovfunktion ist laut [3] definiert als

Iv(P ) exp(P )E1(P )

wobei sich E1(P ) zu

E1(P ) = −0,5772157− ln(P )−∞∑n=1

(−1)nPn

n · n!(A.1)

ergibt. Eine gute numerische Naherung fur 1 ≤ P ≤ ∞ ist nach [3]

Iv(P ) =P 4 + a1P

3 + a2P2 + a3P + a4

P 4 + b1P 3 + b2P 2 + b3P + b4

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Anhang A Berechnung der Ivantsov-Funktion

mit

a1 = 8,5733287401 b1 = 9,5733223454a2 = 18,0590169730 b2 = 25,6329561486a3 = 8,6347608925 b3 = 21,0996530827a4 = 0,2677737343 b4 = 3,9584969228.

Fur den Fall 0 ≤ P ≤ 1 empfiehlt sich eine Naherung der FunktionE1 mit

E1(P ) = a0 + a1P + a2P2 + a3P

3 + a4P4 + a5P

5 − ln(P ),

wobei

a0 = −0,57721566 a1 = 0,99999193a2 = −0,24991055 a3 = 0,05519968a4 = −0,00976004 a5 = 0,00107857

ist. Diese Naherungen wurden in das Modell ubernommen.

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ANHANGBFlussdiagramme

Hauptprodukt dieser Arbeit war das Simulationsprogramm, des-sen Detailverstandnis unabdingbare Voraussetzung zur Reproduk-tion der aufgefuhrten Ergebnisse ist.

In Abbildung B.1 auf Seite 139 ist die Hauptstruktur des Pro-gramms aufgezeigt. Nachdem die Kommandozeilenparameter bzw.etwaige Steuerdateien ausgewertet sind, wird ein Initialzustand er-zeugt. Alle Zellen sind flussig, bei einer Temperatur, die der ge-wunschten Uberhitzung uber der jeweiligen Liquidustemperatur ent-spricht. Nun beginnt die eigentliche Berechnung.

Abbildung B.2 auf Seite 140 zeigt, was innerhalb eines Zeitschrit-tes geschieht. Als Erstes wird der Warme- und Stofftransport gemaßden Gleichungen (3.9) bis (3.16) ab Seite 17 berechnet und ubereine Randbedingung Warme nach außen abgefuhrt. Als Ergebnis be-kommt man neue Werte fur die lokalen H und X in jeder Zelle.

Nun erfolgt das Auslesen der Offline-Tabelle der Gleichgewichts-werte und der Schritt in das Nichtgleichgewicht, wie in Abbil-dung B.3 auf Seite 141 dargestellt. Das Auslesen der Tabelle er-fordert eine Interpolation der Werte, da selbstverstandlich nur einendliches Raster zur Verfugung gestellt werden kann. Eine zu gerin-ge Rasterung in X-Richtung verursachte anfanglich hin und wieder

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Anhang B Flussdiagramme

deutlich zu hohe Unterkuhlungswerte, je nach gewahltem Kohlen-stoffgehalt.

Schließlich findet eine am Gleichgewichtszustand orientierte,aber diesem gegenuber verzogerte Phasenumwandlung statt. Ab-schnitt 3.4.4 auf Seite 31 beschreibt, wie dazu die Kinetikmatrixangewendet wird.

Die so erhaltenen Phasenanteile fi fließen in die nachfolgendeThermodynamikberechnung ein, die aus den vorgegebenen Wertenfur H, X und fi gemaß Abschnitt 3.2 auf Seite 18 die restlichenbenotigten Parameter T , S, Hi und Xi ermittelt. Abbildung B.4 aufSeite 142 stellt die hier angewendete Vorgehensweise dar.

Als letzter Schritt wird nun aus dem sich so ergebenden ∆T =T eq − T und der aktuellen Phasenverteilung das Wachstum des un-gerichteten Kornanteils fg,e und die Position der columnaren Frontbestimmt, wie in Abbildung B.5 auf Seite 143 schematisch darge-stellt. Die theoretischen Grundlagen finden sich in Abschnitt 3.5 aufSeite 34.

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Anhang B Flussdiagramme

��

��Hauptprogramm

Auswertung derKommandozeile

Erzeuge initialenSystemzustand

Zeitschritt derRechnungausfuhren

Zeitschritt

������Q

QQQQQ������Q

QQQQQ

n

j

Abbruch-kriteriumerfullt?

��

��Ende

Abbildung B.1.: Außengerust des Simulationsprogramms

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Anhang B Flussdiagramme

��

��Zeitschritt

Warme- und Stoff-transport:

Neues H und X

H, X

Kinetik:Phasenanteilefi=γ,δ,l im

Nichtgleichgewicht

Kinetik

fi

Thermodynamik:Nichtgleichgewichts-

zustande ausH, X und fi

Thermodynamik

T , Xi, Hi

Strukturanalyse:Neue Position dercolumnaren Front

und neue fmaxg,e

Struktur��

��zuruck

Abbildung B.2.: Grundstruktur der Berechnung eines Zeitschrittes.

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Anhang B Flussdiagramme

��

��Kinetik

H, X

Auslesen desGleichgewichts-zustandes aus

Tabelle

�����Q

QQQQ�����Q

QQQQ

nein

ja

feqi > 0 ?

Xeqi , Heq

i

aus Tabelle

Behalte alte Xeqi

und Heqi Werte

Heqi , Xeq

i , feqi

Losung derKinetikmatrixgemaß Abschn.

3.4.4

fi��

��return

Abbildung B.3.: Kinetik, neue Phasenanteile werden ermittelt.

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Anhang B Flussdiagramme

��

��Thermodynamik

Heqi , Xeq

i , f eqi , fi

Interpolation der Xi

aus Xeqi (Abschn.3.2.5)

Xi

Berechnung von Tund Hi mit Ridders’

Nullstellenmethode

T , Hi

Berechnung derEntropie S ausSi(Hi,Xi,fi)

��

��return

Abbildung B.4.: Ermittelung der thermodynamischen Parameter im Nichtgleich-gewicht.

142

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Anhang B Flussdiagramme

��

��Struktur

fi, ∆T

Berechnung derPosition der

columnaren Frontmittels

Ubergangskriterium

fg,c, ∆T

Bestimmung vonvdendr mittels

Ivatsov-Losung

vdendr

Berechnung der fg,e

jeder Zelle

fg,e��

��return

Abbildung B.5.: Differenzierung zwischen gerichteter und ungerichteter Erstar-rung.

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ANHANGCTabellen

Tabelle C.1.: Thermodynamische Daten des Succinonitril–Borneol-Modells.

Stoffsystem:

κ = 0,223 J/m K s

∆H = 46210 J/mol

∆S = 139,7 J/mol K

D = 2,3 · 10−10 m2/s

Γ = 6,62 · 10−8 K mVmol = 8,1 · 10−5 m3/mol

ρ = 986,7 kg/m3

σ∗ = 0,02

Koeffizienten (binar-regular):

ωl = 0,00530557 J/mol

σl = 1,013 J/mol K

ωs = 0,015496 J/mol

σs = -9,1599 J/mol K

Succinonitril:

Tref = 331,24 KHref = 3702,8 J/mol

Sref = 11,178 J/mol K

cp,l = 160,18 J/mol K

cp,s = 153,21 J/mol K

Borneol:

Tref = 481,60 Kcp = 133,14 J/mol K

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Anhang C Tabellen

Tabelle C.2.: Thermodynamische Daten des Fe-C-Modells, bezogen aus Knackeet. al. [46].

Eisen:

∆H0γ,δ = 836 J/mol

∆H0δ,l = 13807 J/mol

∆S0γ,δ = 0,5021 J/mol K

∆S0δ,l = 7,6329 J/mol K

cp,s = 41,12 J/mol K

cp,l = 46,55 J/mol K

Tref = 1809 K

Kohlenstoff:

cp = 24,0 J/mol K

Stoffsystem:

κ = 34,0 J/m K s

∆H = 240000 J/mol

Dl = 2,0 · 10−8 m2/s

Dδ = 6,0 · 10−9 m2/s

Dγ = 1,0 · 10−9 m2/s

Γ = 1,9 · 10−7 K mVmol = 7,7567 · 10−6 m3/mol

ρ = 7000 kg/m3

σ∗ = 0,025

Tabelle C.3.: Fur das Fe-C-Modell verwendete Polynom-Koeffizienten.

Koeffizienten flussig:

ω1 = 22687,49 J/mol

ω2 = 14629,86 J/mol

σ1 = 15,52359 J/mol K

σ2 = -18,96614 J/mol K

Koeffizienten δ:

ω1 = 96126 J/mol

ω2 = 0,0 J/mol

σ1 = 42,0 J/mol K

σ2 = -8,499 J/mol K

Koeffizienten γ:

ω1 = 45382 J/mol

ω2 = -81526 J/mol

ω3 = -91200 J/mol

ω4 = 144687 J/mol

σ1 = 18,056 J/mol K

σ2 = -63,597 J/mol K

σ3 = -267,788 J/mol K

σ4 = 1212,92 J/mol K

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Abbildungsverzeichnis

2.1. Die drei mikrostrukturellen Zonen der Erstarrung . . . 52.2. Erstarrungsstrukturen zweier stranggegossener Bram-

men . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62.3. Korndurchmesser ungerichteter Kristalle nach Stadler. 112.4. CET-Position in Abhangigkeit vom Kohlenstoffgehalt. 12

3.1. Die Fe–C Phasendiagramme. . . . . . . . . . . . . . . 263.2. Schnitt entlang einer Verbindungslinie im (H,S)-Raum 293.3. Aufteilung eines dreiphasigen Volumenelements . . . . 303.4. Funktion der Kinetikmatrix . . . . . . . . . . . . . . . 333.5. Schematische Darstellung der gerichteten und unge-

richteten Korner in zwei benachbarten Zellen des nu-merischen Gitters. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

3.6. Schematische Darstellung der Festlegung der Zone un-gerichteten Wachstums. . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

3.7. Verlauf von fmaxg,e als Funktion der Entfernung von der

gekuhlten Oberflache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373.8. Verlauf von fmax

g,e nahe der Oberflache. . . . . . . . . 383.9. Verwendete Schwellwerte Sge . . . . . . . . . . . . . . 403.10. Vorgehensweise zur Bestimmung der fmax

g,e in zwei Di-mensionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44

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Abbildungsverzeichnis

3.11. Zweidimensionale Berechnung von fmaxg,e unter Ver-

wendung der senkrecht uberlappenden Methode . . . . 443.12. Zweidimensionale Berechnung von fmax

g,e eines C60-Stahls mit einem Querschnitt von 140× 140 mm2. . . 46

3.13. Zweidimensionale Berechnung von fmaxg,e eines C45-

Stahls mit einem Querschnitt von 140× 140 mm2. . . 473.14. Eindimensionale und zweidimensionale Rechnung im

Vergleich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48

4.1. Strukturformeln der verwendeten Stoffe Succinonitrilund Borneol. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52

4.2. Das thermodynamische Modell Succinonitril–Borneol 534.3. Der modellierte Versuchsaufbau nach Lipton [2]. . . . 534.4. Liptons Temperaturmessungen im Vergleich mit dem

Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 554.5. Berechnete Umschlagzeiten und die entsprechende

raumliche Position im Vergleich zu Liptons Messun-gen bei 0,3 % Borneol. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57

4.6. Berechnete Umschlagzeiten und die entsprechenderaumliche Position im Vergleich zu Liptons Messun-gen, 1,0 % Borneol. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58

5.1. Der modellierte Versuchsaufbau nach Stadler [12]. . . 625.2. Keimdichte aufgetragen in Abhangigkeit von der

Uberhitzung und der Kohlenstoffkonzentration . . . . 645.3. Berechnete Abkuhlkurven in Abstanden von 10 bis

70 mm vom Kokillenrand. . . . . . . . . . . . . . . . . 655.4. Berechnete Abkuhlkurven und lokales Gleichgewicht . 665.5. Rekaleszenz unter starker Kuhlung und kleinen Ab-

messungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 685.6. Unterkuhlung in der Bramme zu verschiedenen Zeiten 685.7. Auftretender Seigerungseffekt. . . . . . . . . . . . . . . 695.8. Rand- und Mittenseigerung . . . . . . . . . . . . . . . 705.9. Seigerungseffekt in der intermediaren Zone, Stadler-

Bedingungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 715.10. Seigerungseffekt in der intermediaren Zone, konstante

Kuhlung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71

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Abbildungsverzeichnis

5.11. Phasenanteile in Abhangigkeit von der Temperatur,Gleichgewichtsverhalten im Vergleich zum Verhaltenbei Erstarrung unter Stadlerbedingungen . . . . . . . 73

5.12. Phasenanteile in Abhangigkeit von der Temperaturbei konstanten Abkuhlgeschwindigkeiten von 0,1 und10 K/s. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74

5.13. Breite der gerichteten Zone in Abhangigkeit von derUberhitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75

5.14. Wie Abb. 5.13, aber mit alternativen Werten fur ψ . . 765.15. CET-Position als Funktion der Warmeabfuhr . . . . . 775.16. Berechnete Große der gerichteten Zone als Funktion

der Brammendicke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 785.17. Berechnete Große der gerichteten Zone als Funktion

der Keimdichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 795.18. Breite der gerichteten Zone in Abhangigkeit vom Koh-

lenstoffgehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 815.19. CET-Position im Vergleich mit Jauch et. al. [60] . . . . 825.20. Auswirkung der Unterkuhlung auf die ungerichtete Zone 845.20. . . . fortgesetzt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85

6.1. Stranggussanlage Nr. 3 der Dillinger Huttenwerke([61]) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89

6.2. Berechnetes Oberflachentemperaturprofil der Strang-gussanlage Nr. 3 in Dillingen. . . . . . . . . . . . . . . 90

6.3. CET-Position als Funktion der Uberhitzung . . . . . . 936.3. . . . fortgesetzt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 946.4. Intensive und normale Kuhlung bei gleicher Keimdich-

te im Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95

7.1. Stahl F1 mit 0,47 % Kohlenstoff. . . . . . . . . . . . . 997.1. . . . fortgesetzt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1007.2. Stahl F2 mit 0,47 % Kohlenstoff. . . . . . . . . . . . . 1007.2. . . . fortgesetzt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1017.3. Stahl F3 mit 0,55 % Kohlenstoff. . . . . . . . . . . . . 1037.3. . . . fortgesetzt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1047.4. Stahl F4 (C55) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1047.4. . . . fortgesetzt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105

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Abbildungsverzeichnis

7.5. Stahl F5 (C55) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1067.5. . . . fortgesetzt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1077.6. Mikroseigerungsquotienten in Abhangigkeit von der

Position zur Brammenoberflache . . . . . . . . . . . . 1107.7. Mikroseigerungsbandbreiten in Abhangigkeit von der

Position zur Brammenoberflache . . . . . . . . . . . . 1117.8. Zeit bis zum Erreichen 99,9 prozentiger Erstarrung,

C45-Stahl, Dillinger Bedingungen. . . . . . . . . . . . 1137.9. Ergebnisse nach Gleichung (7.1) und gemessene se-

kundare Dendritenarmabstande. . . . . . . . . . . . . 1157.10. Sekundararmabstande: Kuhlstrategien im Vergleich. . 1167.11. Ergebnisse nach Gleichung (7.2) und gemessene se-

kundare Dendritenarmabstande. . . . . . . . . . . . . 1187.12. Kuhlstrategien im Vergleich, Gleichung (7.2). . . . . . 1197.13. Rechnungen und gemessene primare Dendritenarmab-

stande eines C45-Stahls. . . . . . . . . . . . . . . . . . 1217.14. Effekt der Kuhlstrategien auf primare Dendritenar-

mabstande. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1227.15. Rechnungen und gemessene primare Dendritenarmab-

stande, C55-Stahl. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1237.15. . . . fortgesetzt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1247.16. Effekt der Uberhitzung auf primare Dendritenarmab-

stande. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1257.17. Vergleich der Cml Berechnungen des C45-Stahls mit

den Ergebnissen der Mikrosondenuntersuchungen. . . . 1277.18. Vergleich der Cml Berechnungen des C55-Stahls mit

den Ergebnissen der Mikrosondenuntersuchungen. . . . 1287.18. . . . fortgesetzt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129

B.1. Außengerust des Simulationsprogramms . . . . . . . . 139B.2. Grundstruktur der Berechnung eines Zeitschrittes. . . 140B.3. Kinetik, neue Phasenanteile werden ermittelt. . . . . . 141B.4. Ermittelung der thermodynamischen Parameter im

Nichtgleichgewicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142B.5. Differenzierung zwischen gerichteter und ungerichteter

Erstarrung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143

150

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Tabellenverzeichnis

3.1. Abfolge der Phasenkombinationen unter Gleichge-wichtsbedingungen im peritektischen Bereich. (sieheauch Abbildung 3.1 auf Seite 26) . . . . . . . . . . . . 28

5.1. Warmeubergangskoeffizienten der Oberflache in denExperimenten von P. Stadler [12]. . . . . . . . . . . . . 63

6.1. Warmeubergangskoeffizienten Dillinger Stranggussan-lage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88

7.1. In diesem Kapitel betrachtete Stahle. Fur alle gilt eineDicke von 32 cm. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98

7.2. Mikroseigerungsparameter aus den Linescans der Mi-krosonde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109

7.3. Seigerungsverhaltnisse Υ = Cungerichtet/Cgerichtet derAbschreckzone und der ungerichteten zentralen Zonezum gerichteten Bereich. . . . . . . . . . . . . . . . . . 112

C.1. Thermodynamische Daten des Succinonitril–Borneol-Modells. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145

C.2. Thermodynamische Daten des Fe-C-Modells, bezogenaus Knacke et. al. [46]. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146

C.3. Fur das Fe-C-Modell verwendete Polynom-Koeffizienten.146

151

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Symbolverzeichnis

Symbol Definition Einheit

C kinetische Koeffizientenmatrix s−1

C Seigerungsquotient xmax/xmin –Cat% Kohlenstoffgehalt in Molprozent –D Diffusionskoeffizient m2/s

E1() exponentielle Integralfunktion (s. Anhang A) –F verallgemeinerte Kraft –G molare freie Enthalpie J/mol

G mittlerer Temperaturgradient K/m

GL Temperaturgradient bei t = tliq K/m

H molare Enthalpie J/mol

Hi molare Enthalpie einzelner Phase J/mol

Hxs Excess-Enthalpie J/mol

I Seigerungsbandbreite xmax − xmin –Iv() Ivantsov-Funktion (s. Anhang A) –Jj Stoffstromdichte mol/m2s

Jq Warmestromdichte J/m2s

L phanomenologische Koeffizienten Matrix –N Anzahl –P Peclet-Zahl –R molare Gaskonstante = 8,31441 J/mol K

153

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Symbolverzeichnis

Symbol Definition Einheit

Rc lokale Abkuhlrate K/s

S molare Entropie J/mol K

Sg,e Schwellwert fur fmaxg,e –

Si molare Entropie einzelner Phase J/mol K

Sxs Excess-Entropie J/mol K

T Temperatur KTm Schmelztemperatur eines reinen Stoffes KTn Keimbildungstemperatur KTp lokale Temperatur KTref Referenztemperatur im th. Modell KV Molvolumen m3

XC Molenbruch der Kohlenstoffkonzentration –~Xi Komponentenvektor der Phase i –Xij Molenbruch der Komponente j in Phase i –Xeqij Xij im lokalen Gleichgewicht –

Xml letzter flussiger Phasenanteil –

a thermische Diffusivitat m2/s

a0-a2 Koeffizienten in Gl.(2.2) –b0-b2 Konstanten in Gl. (7.1) –c0-c2 Konstanten in Gl. (7.2) und (7.3) –ci generalisierter kinetischer Koeffizient der Phase i s−1

cij kinetischer Koeffizient fur die Umwandlung derPhase i in Phase j

s−1

cp molare Warmekapazitat J/mol K

d Durchmesser mfg,c Volumenanteil der gerichteten Erstarrung –fg,e Volumenanteil der ungerichteten Erstarrung –fmax

g,e lokaler Maximalwert von fg,e –fi Phasenanteil –f eqi Phasenanteil im lokalen Gleichgewicht –h Warmeubergangskoeffizient W/m K

hi partielle molare Enthalpie W/m2K

i,j Laufindices –k Verteilungskoeffizient Xs/Xl –

154

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Symbol Definition Einheit

l Index der flussigen Phase –n Keimzahl –ni Keimzahl zur Zeit i –ns Zahl der Substrate –p Druck N/m2

r Radius mrd Dendritenspitzenradius mrmax maximaler Kornradius mrmin minimaler Kornradius ms Index der (zusammengefassten) festen Phase –t Zeit stf lokale Erstarrungszeit su 1− 2β′k –v Dendritenwachstumsgeschwindigkeit m/s

xmax maximale Stoffkonzentration –xmin minimale Stoffkonzentration –

α Aktivitatskoeffizient –β Ruckdiffusionskoeffizient Dstf/(λ1)2 –β′ interdendritischer Ruckdiffusionskoeffizient –Γ Gibbs-Thomson Koeffizient = 1,9·10−7 K mγ Index der austenitischen Phase –δ Index der ferritischen Phase –δ() Diracsche Deltafunktion –∆fi f eq

i − fi –∆H Standard-Enthalpie J/mol

∆H0i,j Umwandlungsenthalpie der Phase i→ j J/mol

∆Hm latente Warme eines reinen Stoffes J/mol

∆Hiex Excessenthalpie der Phase i J/mol

∆S Seq − S J/mol K

∆S0i,j Umwandlungsentropie der Phase i→ j J/mol K

∆Siex Excessentropie der Phase i J/mol K

∆Smix Mischungsentropie J/mol K

∆T Unterkuhlung K∆Tn durchschnittliche Keimbildungsunterkuhlung K

155

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Symbolverzeichnis

Symbol Definition Einheit

∆Tσ Standardabweichung von ∆Tn KΘ ∆H/cp Kκ Warmeleitfahigkeit J/msK

Λ Position der Phasengrenzflache mλ1 Primararmabstand mλ2 Sekundararmabstand mµ2, µ3 Keimbildungsparameter in Gl. (2.4) –µi, ~µ chemisches Potential J/mol

σi molare Excess-Entropie einzelner Phase J/mol K

σ∗ Stabilitatsparameter = 0,025 –τ letzter Zeitpunkt der existierenden Phase sΥ Seigerungsverhaltnis Cgerichtet/Cungerichtet –ϕi ωi − Tσi J/mol

φij ∆fi −∆fj –ψ Ubergangsparameter –ωi molare Excess-Enthalpie einzelner Phase J/mol

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Index

Abbruchkriterium, 27Abkuhl

-geschwindigkeit, 4, 34-kurve, 56, 64-rate, 10, 33, 34, 65, 114

Abkuhlung, 8, 39konstant, 56, 69

Abschreckzone, 34, 102Aktivitatskoeffizient, 17, 22Austenit, 2

Brammen-dicke, 14, 77, 87-kern, 14-mitte, 76, 77, 102, 126-oberflache, 39, 102-temperatur, 90

CET, 1, 4-Berechnung, 43-Modell, 34-Position, 59, 75, 78, 80,

94columnar, 14

-to-equiaxed transition, 1

δ-Phase, 8δ-Ferrit, 2δ-γ

-Koexistenz, 28-Transformation, 28, 31

Dendriten-armabstand, 90, 112

primarer, 119sekundarer, 114

-spitzengeschwindigkeit,35, 41, 117

-spitzenradius, 36-wachstumsgeschwindigkeit,

83Diffusion, 14, 45Diffusivitat, 18Drei-Phasen-Kinetik, siehe

KinetikDreistoffsystem, 133

Eisen-Kohlenstoff-Modell, 24Elementmapping, 98, 102EMR, siehe RuhrenEnthalpie

-erhaltung, 19

164

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Index

-methode, 18, 25Entropie, 28

-differenz, 41-funktion, 28-potential, 19

equiaxed, 14Erstarrung, 28Erstarrungs

-front, 14, 56, 67, 80-geschwindigkeit, 69-modell, 31

Excessterme, 21, 52

Fe-C-Modell, siehe Eisen-Kohlenstoff-Modell

Ficksches Gesetz, 17Fouriersches Gesetz, 15, 17Fronttracking, 7

γ-Phase, 8Gibbs-Energie, 29Gibbs-Thomson

-Unterkuhlung, 31Koeffizient, 36

Gibbsches Potential, 20Gießbedingungen, 75, 90, 108Gießgeschwindigkeit, 94Gießspiegel, 90Gießtemperatur, 54, 75, 124Gitter

-zelle, 20, 35numerisches, 18

Gleichgewichtlokales, 18, 65thermodynamisches, 24

Gravitationseffekt, 87

Grenzflachenstabilitatskriterium,36

hyper-peritektisch, 24, 28hypo-peritektisch, 28

Interpolation, 22, 25Iteration, 23, 25Ivantsov-Funktion, 36, 135

Keimbildung, 4, 9–11, 41, 90Keimdichte, 56, 64, 78, 90, 124Keimzahl, 56, 63, 80, 92Kinetik, 31, 31–34, 54Kinetikmatrix, 32Koeffizientenmatrix, 32Kohlenstoff, 7, 25Kohlenstoffuberschuss, 69Kohlenstoffgehalt, 12, 80Kokille, 64, 88, 94Komponentenvektor, 20Konvektion, 80Korndurchmesser, 11, 56, 63Korngroße, 10, 63Kornradius, 36Kornvolumen

gerichtetes, 36ungerichtetes, 34

Kornwachstum, 34, 80kubisch

flachenzentriert, 2raumzentriert, 2

Kuhlung, 76, 88, 92, 108, 117

Linescan, 98, 108Liquidustemperatur, 9, 54, 65,

120

165

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Index

Lunker, 126

Mehrphasensystem, 25Mikroseigerung, 98–112, 125–

128Mikrosonde, 98–112Mikrostruktur, 34, 109Mischungsentropie, 21, 24Mittenseigerung, 67Modell, 13–45Modellsubstanz, 51Monte-Carlo-Methode, 4Mushyzone, 13, 80

Naherungsfunktion, 25Nahordnungsmodell, 25Nichtgleichgewicht, 19

Oberflachenbedingungen, 64,88

Onsagersche phanomenolo-gische Gleichungen,17

Orientierung, 102, 108

Peclet-Zahl, 35peritektisch, 13, 28Phasen

-bildung, 30-diagramm, 25-enthalpiefunktion, 20-front, 34-ubergang, 13-umwandlung, 28–34-verhaltnis, 27-verteilung, 19

Plausibilitatsprufung, 27

Plausibilitatsprinzip, 42

Rekaleszenz, 56, 65Ruckdiffusionskoeffizient, 126Ruhren, 78, 109

Seigerungseffekte, 67Sekundarkuhlung, 94Solidustemperatur, 54Stabilitatsparameter, 36Stefan-Problem, 15Stofftransport, siehe DiffusionStrahlungsverlust, 90Stranggussanlage, 87Stranggussbramme, 43Strukturumschlag, 55Succinonitril-Borneol, 51

Tangentenverfahren, 29Temperatur, 20

-gradient, 14, 39, 67, 108,117

-grenzschicht, 56-verlaufe, 64

Transportgleichungen, 14–18

Ubergangskriterium, 36, 43Ubergangsparameter, 42, 76Uberhitzung, 59, 63, 75, 92,

124Umschlagzeitpunkt, 55Umwandlungs

-abfolgen, 28-geschwindigkeit, 24

Unterkuhlung, 31, 35, 39, 54,67, 83

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Index

verallgemeinerte Enthalpie-methode, 13, 18

Verifikation, 87, 97Verteilungskoeffizient, 52, 126

Warmeabfuhr, 64, 69, 76, 88Warmeleitfahigkeit, 80Warmeleitung, 14

-skoeffizient, 76, 94Warmeubergangskoeffizient,

62, 88

ZTU-Diagramm, 42Zustandsgleichungen, 18Zweikomponentensystem, 18Zweiphasensystem, 52

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Lebenslauf

Joachim Gnaukgeboren am 13. April 1969 in Hannover,verheiratet, ein Kind.

Ausbildung

1975 – 1979 Albert-Schweizer-Grundschule in Hannover

1979 – 1981 Orientierungsstufe Salzmannstraße, Hannover

1981 – 1989 Gymnasium Goetheschule in Hannover

05 / 1989 Allgemeine Hochschulreife

1989 – 1997 Studium der Physik (Diplom) an der Carl vonOssietzky Universitat Oldenburg.

04 / 1992 Vordiplom

03 / 1997 Abschluss als Diplom-Physiker. Thema der Diplom-arbeit:

”Untersuchung zur Inversion von Luftschall“

Tatigkeiten

06/1997–10/1997 Diplom-Hilfswissenschaftler am Fraunhofer Institutfur integrierte Schaltungen in Erlangen

12/1997–12/2000 Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der AbteilungMetallurgie des Max-Planck-Instituts fur Eisen-forschung GmbH in Dusseldorf

05/2001–08/2001 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der amtlichenMaterialprufungsanstalt des Landes Bremen

seit 09 / 2001 Wissenschaftler in der Abteilung Werkstofftechnik desMax-Planck-Instituts fur Eisenforschung GmbH inDusseldorf

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