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ARBEITSUNTERLAGEN Nutztiersystemmanagement Schwein TEIL HYGIENE

Nutztiersystemmanagement Schwein TEIL HYGIENE · Stomatitis vesicularis Vesicolovirus Vb Tollwut Lyssavirus Vb Vesikuläre Schweinekrankheit (SVD) Enterovirus, Typ 9 Vn Vb = Behüllte

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ARBEITSUNTERLAGEN

Nutztiersystemmanagement Schwein

TEIL HYGIENE

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AUSGEWÄHLTE SCHWEINEKRANKHEITEN SPEZIELLE HYGIENEFRAGEN IN DER SCHWEINEHALTUNG

Prof. Dr. R. Böhm

AUFSTELLUNG DER ANZEIGEPFLICHTIGEN TIERSEUCHEN BEIM SCHWEIN

(Stand 29. Januar 1998)

Tierseuche Erreger Afrikanische Schweinepest (ASP) lridovirus Vb

Ansteckende Schweinelähmung (Teschener K.) Enterovirus Typ 1 Vn

Aujeszky'sche Krankheit Herpes virus Vb

Brucellose der Schweine Brucella suis B

Maul- und Klauenseuche Aphtovirus Vn

Milzbrand Bacillus anthracis BS

Schweinepest (ESP) Pestivirus Vb

Stomatitis vesicularis Vesicolovirus Vb

Tollwut Lyssavirus Vb

Vesikuläre Schweinekrankheit (SVD) Enterovirus, Typ 9 Vn

Vb = Behüllte Viren Vn = Unbehüllte Viren B = Bakterien BS= Bakterien (Sporenbildner)

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Tierhygiene - 460 -

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Zusammenstellung einiger wichtiger Krankheiten beim Schwein Krankheitserreger Typ Erkrankung Auscheidung bzw. Verbreitung durch: Bordetellen B Schnüffelkrankheit - Tröpfchen beim Niesen Campylobacter B Durchfall Kot Escherichia B Durchfall, Kot Ödemkrankheit MMA Erysipelothrix B Rotlauf Kot Kontakt Haemophilus B Lungen- u. Brustfell- Tröpfchen beim Husten entzündung Gelenkentzündung Mykoplasmen B Ferkelgrippe Tröpfchen beim Husten Pasteurellen B Brüllhusten Tröpfchen beim Husten und Schnüffelkrankheit Niesen Salmonellen B Durchfall Kot Staphylokokken B Ferkelruß Kontakt Streptokokken B Abzesse Wundsekret, Eiter Wundinfektionen Coronaviren Vb TGE Kot Coronaviren Vb EVD Kot Coronaviren Vb VW-Krankheit Speichel, Nasensekret Picornaviren Vn SMEDI Kot, Scheidenausfluß, Fruchtwasser Pockenviren Vb Pocken Pockenschorff, Kontakt, Fliegen, Läuse Ascariden Pa Spulwurmbefall Kot Strongyloides Pa Zwergfadenwurmbefall Kot Oesophagostomum Pa Knötchenwurmbefall Kot Trichophyton P Glatzflechte Kontakt, Schuppen, Borsten Verwendete Abkürzungen u. Hinweise auf Desinfektionsmitteliste der DVG (siehe Abschnitt Hygiene): B = Bakterien; BS= Bakterien (Sporenbildner) - Spalte 4a-4b; Vb = Viren behüllt - Spalte 7b; Vn = Viren unbehüllt - Spalte 7a; Pa = Parasiten - Spalte 8; P = Pilze - Spalte 6

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ANZEIGEPFLICHTIGE TIERSEUCHEN BEIM SCHWEIN

1. Europäische Schweinepest

Erreger: Toga-Virus, 40 nm, RNA, mit Hülle, immunologisch einheitlich

Erregernachweis- Fluoreszenzserologisch (F.A.) path. anatomische Erscheinungen

Inkubationszeit: 3 - 12 Tage

Verbreitung: Fleisch und Küchenabfälle, Tierverkehr

Krankheits- Akut: Fieber, punktförmige Blutungen in Haut erscheinungen: und Organen, Tod.

Chronisch: Atypische Schweinepest, Kümmerer, unklare Erscheinungsbilder, Ekzeme usw.

Mensch: --

Tenazität: hoch, angetrocknet mehrere Monate haltbar; säurelabil (pH 3,0, 30 min);

Desinfektion: 2% NaOH, 6% Kresolwasser

Bekämpfung: Tötung und unschädliche Beseitigung

Prophylaxe: Erhitzung des Futters mit Temperaturkontrolle, Vorsicht beim Verfüttern von Küchenabfällen

2. Aujeskysche Krankheit (Pseudowut, Juckseuche)

Erreger: Herpesvirus, DNA, behüllt, chloroformlabil

Erregernachweis: Gewebekultur, Neutralisationstest, Immunfluoreszenz

Inkubationszeit: 2 - 8 Tage

Verbreitung: Fleisch, Küchenabfälle, Schadnager, Tierverkehr

Krankheits- Die Erkrankung ist durch zentralnervöse Störungen, respiratorische erscheinungen: Erscheinungen und durch starken Juckreiz charakterisiert. Junge Ferkel sind besonders empfänglich; plötzliche Todesfälle; ältere Ferkel: Fieber (41° C), Erbrechen, Durchfall, Depressionen, Krämpfe, Zwangsbewegungen, Lähmungserscheinungen, Atembeschwerden. Mortalität: für neugeborene Ferkel 100%, für 4-5 Wochen alte Tiere 40-60%. Ältere Schweine erkranken oft ohne klinische Erscheinungen, trächtige Sauen können verferkeln.

Mensch: Juckreiz;

Tenazität: Hoch im Fleisch, 3-4 Monate;

Desinfektion: Formaldehyd, chlorabspaltende Mittel;

Bekämpfung: Gehöftsperre, Tötung (Seuchenschlachtung) mit Erhitzungsgebot; Impfung mit Totimpfstoff bei Masttieren.

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3. Afrikanische Schweinepest

Erreger: Virus nicht klassifiziert, 175 x 215 nm DNS, mit Hülle, chloroformlabil

Erregernachweis: Tierversuch, indirekt serologisch:

Inkubationszeit: 4 - 9 Tage

Verbreitung: Futter, direkter Kontakt

Krankheits- Temperaturanstieg 40,5 - 42° C, Schwäche, erscheinungen: Durchfall, Tod

Mensch: --

Tenazität: hoch, viele Monate in trockenem Zustand

Bekämpfung: Tötung und unschädliche Beseitigung

4. Teschener Krankheit

Erreger: Picorna-Virus, ca. 25 nm, ohne Hülle

Erregernachweis: Virusisolierung, serologisch:

Inkubationszeit: 4 Tage bis 3 Wochen

Verbreitung: Tierverkehr, Ausscheider

Krankheits- (Polio der Schweine) Gehirn- und Rückenmarkslähmung erscheinungen:

Mensch: --

Tenazität: mittelmäßig, 25 Tage bei Zimmertemperatur

Bekämpfung: wie Schweinepest

5. Maul- und Klauenseuche

Erreger: Picorna-Virus, 13 - 35 nm, ohne Hülle, verschiedene Serotypen

Erregernachweis: Serologisch KBR, F.A., Viruszüchtung

Inkubationszeit: 1 - 4 Tage

Verbreitung: Futter, persönliche Übertragung

Krankheits. Hauptsächlich Klauenseuche, Blasen an den Klauen, erscheinungen: Fieber 40-41° C ca. 4 Tage

Mensch: Lokale Bläschenbildung

Tenazität: Tierhaar: 4 Wochen haltbar Heu: 8 - 15 Wochen Schmutz: 7 - 11 Tage

Bekämpfung: Prophylaxe: Impfung Einschränkung des Waren- und Personenverkehrs

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6. Vesikuläre Schweinekrankheit (SVD)

Erreger: Picorna-Virus, 28 - 32 nm

Erregernachweis: Zellkultur, serologisch (Babymaus)

Inkubationszeit: 3 - 7 Tage

Verbreitung: Fleisch, Küchenabfälle, Tierverkehr

Krankheits- Fieber 40 - 4l° C, Blasenbildung an der Klauensaumlederhaut u. erscheinungen: Rüsselscheibe (wie bei MKS)

Tenazität: sehr pH-stabil 2 - 12,5;

Desinfektion: 5% Formalin

Bekämpfung: Prophylaxe: Impfung Einschränkung des Waren- und Personenverkehrs

9. Tollwut

Erreger: Rhabdo-Virus, 50-70 x 150-170 nm, helical, mit Hülle, chloroformlabil. RNA

Erregernachweis: kulturell, fluoreszenzserologisch, Tierversuch mikroskopisch (Negrikörperchen)

Inkubationszeit: 2 - 8 Wochen

Verbreitung: Biß eines tollwütigen Tieres

Krankheits- (selten) erscheinungen: 1. Prodromalstadium 2. Erregungsstadium 3. Endstadium - Lähmung und Tod

Mensch: gleiche Stadien wie beim Tier, sicher tödlich

Tenazität: auf der Erdoberfläche bis zu 2 Monaten haltbar.

Bekämfpung: Tötung, Isolierung und Beobachtung im Zweifelsfall.

7. Rauschbrand

Erreger: Clostridium feseri, 2-8 µm lang und 0,51 µm dick, anaerober Sporenbildner.

Erregernachweis: Kulturell, serologisch, morphologisch, Tierversuch

Inkubationszeit: 1 - 3 Tage

Verbreitung: Futter, Wasser, Boden

Krankheits- Fieber, Muskelschwellung (Kehlgegend), schneller Tod erscheinungen:

Mensch: --

Tenazität: Sporen sehr widerstandsfähig

Bekämpfung: wie bei Milzbrand

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10. Brucellose

Erreger: Brucella suis, 0,8 - 1,8 µm lang, gramnegativ

Erregernachweis: mikroskopisch, fluoreszenzserologisch, kulturell, Tierversuch; Krankheitsbild, serologisch, KBR + Ringprobe (Milch), Brucellintest

Inkubationszeit: 1-7 Wochen, auch subklinisch ohne erkennbare Anzeichen

Verbreitung: Fruchtwasser, Deckinfektionen

Krankheits- Schweine von 9-10 Monaten besonders empfänglich. erscheinungen: Septikaemie 60-90 Tage, Organmanifestation Eber: Hoden- und Nebenhodenentzündung, Gelenk- und Sehnenscheiden- entzündung. Sau: Abort 40.-100. Trächtigkeitstag, Gelenk- und Sehnenscheiden- entzündung.

Mensch: Fieber, Hoden- und Nebenhodenentzündung, Gelenkentzündung

Tenazität: nicht hoch, nur im Gewebe bis zu 1/2 Jahr haltbar.

Bekämpfung: Prophylaxe: Zukauf aus gesunden Beständen. Ausmerzen und Sanierung der Bestände.

11. Milzbrand

Erreger: Bacillus anthracis; Genus: Bazillus 5-6 µm lang und 1-1,5 µm dick, Kapselbildung, Sporenbildung

Erregernachweis: Aus dem Blut: Bambusform, Perlschnurtest, fluoreszenzserologisch, aus Kadavern oder Häuten, Ascoli

Inkubationszeit: 2 - 7 Tage

Verbreitung: Futter, Wasser, Boden; Insekten (Tropen)

Krankheits- Lokal: Rachenmilzbrand erscheinungen: Temperatursteigerung 42° C, selten plötzlicher Tod

Mensch: Lokal: Milzbrandkarbunkel, Lungenmilzbrand, Milzbrandseptikaemie.

Tenazität: Sporen sehr widerstandsfähig, bis zu 60 Jahren haltbar.

Bekämpfung: Prophylaxe: Einfuhrkontrolle von Futter und Fellen, Meiden von Milzbranddistrikten, Tötung ohne Blutentzug

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"Seuchenhafter Spätabort beim Schwein“ (SSS)

(Porcine Reproductive and Respiratory Syndrome, - PRRS) im Jahr 1993 aus der Anzeigepflicht genommen

Erreger: Arteri Virus, Behülltes RNA 50 - 65 nm Vermehrung in Lungenmakrophagen

Ansteckung: Zugekaufte Tiere, unbelebte Vektoren (5 km) (Tab. 1)

Krankzeitszeichen: Abort ab 105. (108.-112.) Tag der Trächtigkeit. Hohe Zahl totgeborener 20 - 50 %) und lebensschwacher Ferkel (nur 1 bis 4 Ferkel überleben die erste Woche) Atemstörungen und Durchfälle (Tab. 2 + 3) Nach Durchseuchung - Immunität.

Diagnose: Serologisch + Erregernachweis

Vorbeugen: Strikte Hygienemaßnahmen.

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Hinsichtlich der Beurteilung der Ursachen von Aborten bestehen große Schwierigkeiten. Treten Aborte sporadisch auf sind in aller Regel nicht Infektionserreger beteiligt. Traumatisierungen, Haltungs- und Gruppenprobleme stehen im Vordergrund. Eine genau Ursache ist nur in 50% der Fälle zu ermitteln. Bei gehäuftem Auftreten von Aborten sollten immer die Alarmglocken klingeln !!!!! Meist liegt ein Infektionsgeschehen oder ein schwerwiegendes Haltungsproblem vor. Tab. 1: Ergebnisse der Erhebungen über Zukauf, Nachbarschaft und Impftermine in vom Spätabort

betroffenen Beständen. Zahl der aus- wertbaren Betriebe Betriebe mit > 80 Sauen 50,7 % 150 Zahl erkrankter Sauen/Betrieb (x ±- s) 16 ± 12 105

Tierzukauf < 4 Wochen vor Ausbruch der Erkrankung 31,6 % 76

Entfernung zum nächsten erkrankten Betrieb < 5 km 53,6 % 84

Tierzukauf in den letzten 4 Wochen und/oder 95,2 % 21 Entfernung zum nächsten erkrankten Betrieb < 5 km

Impfung der Sauen (gegen Aujeszkysche Krankheit, 57,9 % 76 Influenza oder Parvovirose) innerhalb der letzten 4 Wochen vor Ausbruch der Krankheit

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Tab. 2: Verteilung der verschiedenen perinatalen Ferkelveriuste unter den vom Spätabort betroffenenBeständen.

Verluste Zahl der % Betriebe Abortierte und/oder totgeborene Würfe 169 77,9

Abortierte und/oder totgeborene Würfe und Frühtod lebend 32 14,8 geborener Ferkel

Abortierte und/oder totgeborene Würfe, Frühtod lebend geborener 12 5,5 Ferkel und mumifizierte Feten

Frühtod lebend geborener Ferkel 4 1,8

Insgesamt 217 100,0 Tab. 3: Ergebnisse der Erhebungen über die in den betroffenen Beständen vorherrschenden klinischen Erscheinungren bei Sauen und Ferkeln (N = 76 Bestände). Klinische Erscheinungen Anteil der Bestände

bei Sauen mit Spätabort ohne klinische Erkrankung 17,1 mit MMA-Komplex 47,4 erhöhte bzw. emiedrigte Körpertemperatur 44,7 blau-rot verfärbte Ohren 26,3 blau-rot verfärbtes Gesäuge 22,4 Geburt lebensschwacher Ferkel 43,4 vermehrtes Umrauschen vor und mit dem Auftreten der Spätaborte 36,8

bei Ferkeln der Sauen mit Spätabort Frühdurchfälle 47,4 Lungenentzündung 11,8 Kümmerer 19,7

Dauer der Erkrankungen: bis 4 Wochen 18,4 bis 8 Wochen 65,8 über 8 Wochen 15,8

unter 10 Ferkel pro Wurf bei Sauen, die sich zu Beginn des Auftretens 21,7* der Erkrankung in der Frühträchtigkeit befanden (* = N = 23 Betriebe)

Fruchtbarkeit nach Auftreten der Spätaborte (normale Geburt und 78,3* Entwicklung der Würfe von Sauen nach vorhergegangenem Spätabort)

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AUSGEWÄHLTE SCHWEINEKRANKHEITEN

A. Bakterielle Erkrankungen

1. Durch Escherichia coli verursachte Krankheiten

Beim Schwein kommen drei Formen vor: a) Der Durchfall neugeborener Ferkel b) Diarrhöe der Absatzferkel c) Ödemkrankheit (Enterotoxämie)

Erreger: Bestimmte Serogruppen von E.coli (Gramnegatives Stäbchen) in genügend hoher Anzahl.

Krankheitsbilder:

zu a) Durchfall neugeborener Ferkel (Koliruhr) gelblich-brauner, später wäßriger Durchfall 1 -4 Tage nach der Geburt; hohe Verluste, die Überlebenden werden oft Kümmerer.

Ursache: Haltungsfehler, mangelnde Hygiene (für das Angehen der Infektion ist die Aufnahme einer

Mindestmenge von Keimen notwendig)

Diagnose: Nachweis der Erreger in den inneren Organen verendeter Tiere.

Prophylaxe: Verbesserung der Haltungshygiene, regelmäßige Desinfektion, Überfütterung vermeiden, Kolostrumgabe, orale Immunisierung.

Behandlung: Trockene Einstreu, Wärme, Tee, Haferschleim, Kohlepräparate, Immunserum, Antibiotika.

zu b) Durchfall der Saugferkel Mit Beginn der Beifütterung auftretender Durchfall; weißgrauer, wäßriger Kot, starker Durst

(Jauchesaufen = Zeichen von Kochsalzverarmung).

Diagnose, Prophylaxe und Behandlung wie bei a).

zu c) Ödemkrankheit Kommt im Alter von 6-16 Wochen vor, meist im Anschluß an das Absetzen; plötzliche Todesfälle,

Durchfall, Appetitlosigkeit, meistens, aber nicht immer, typische Ödeme im Nacken, am Unterbauch, am Nasenrücken und den Augenlidern, weiße Farbe der Haut.

Ursachen: Durch zuviel und zu kohlenhydratreiches Futter vermehren sich die Colibakterien massiv im

Darm; durch zerfallende Bakterien werden Toxine frei und resorbiert; plötzlicher Futterwechsel und Haltungsfehler begünstigen das Geschehen.

Diagnose: Klinische Erscheinungen sonst wie bei a).

Prophylaxe: Überfütterung vermeiden, reduzierte Fütterung während des Absetzens und 8 - 14 Tage danach. Sonst wie bei a).

Behandlung: 48 stündige Hungerdiät und antibiotische Behandlung.

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2. Rotlauf

Rotlauf kommt meistens in den Sommermonaten vor und tritt in drei Formen auf: a) Akuter Rotlauf b) Backsteinblattern c) chronischer Rotlauf.

Am häufigsten erkranken Schweine im Alter von 6 - 12 Monaten.

Erreger: Erysipelothrix rhusiopathiae, grampositives Stäbchen, ubiquitär vorkommend.

Krankheitsbilder:

zu a) Akuter Rotlauf, Rotlaufseptikaemie

Mattigkeit, keine Freßlust, hohes Fieber (41,5 - 42°C à Temperatur messen), äußere Erscheinungen treten innerhalb von 24 h auf: unregelmäßige, verschieden große, hellrote Flecken an Unterbauch, Hals, Ohren; leichte Fälle: Abklingen nach 2 - 3 Tagen; schwere Fälle: Verenden der Tiere nach 3 4 Tagen. zu b) Backsteinblattern

Appetitlosigkeit, charakteristische Hautveränderungen nach 2-3 Tagen: "scharf umschriebene, runde oder viereckige, dunkelrote Blattern, die sich aus der Haut herausheben; tritt auch gelegentlich trotz prophylaktischer Impfung auf. zu c) chronischer Rotlauf

Kann aus nicht richtig ausgeheilten Backsteinblattern entstehen, verläuft schleichend und ohne fieberhafte Allgemeinstörung als: Herzklappenrotlauf: Auflagerung von Bindegewebe auf die Herzklappen, führt zu blumenkohlartigen

Wucherungen. Gelenkrotlaufarthritis: Schwellungen der Gelenke, führt zum Lahmen der Tiere. Diagnose: Krankheitserscheinungen, Erregerrnachweis

Prophylaxe: Impfen im Frühjahr

Therapie: Penicillin und Rotlaufserum

3. Salmonellose (Ferkeltyphus, Ferkelparatyphus, infektiöse Enteritis der Ferkel)

Die zunehmende Zahl der Schweinesalmonellosen stellt ein nicht zu unterschätzende Gefährdung der menschlichen Gesundheit dar. Die Infektion des Bestandes durch kontaminierte Futtermittel oder zugekaufte, bereits infizierte Tiere bleibt häufig unbemerkt, da zum Ausbruch der Erkrankung resistenzmindernde Faktoren von Bedeutung sind. Erreger: Verschiedene Salmonellentypen, gramnegative Stäbchen,

meist S.cholerae-suis, S.typhimurium, S. dublin, S.enteritidis.

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Krankheitsbild: a) Akut: Es erkranken meist Tiere im Alter von 2 - 4 Monaten:

Fieber, Appetitlosigkeit, Mattigkeit, Durchfall. b) Chronisch: Kein oder niedriges Fieber, chronische Durchfälle, Abmagerung . Ursachen: Salmonelleninfektion und feuchte Ställe, krasse Futterumstellungen, Parasitenbefall, schlechtes Futter, Klimafrontendurchgänge, mangelnde Stallhygiene. Diagnose: Erregernachweis Prophylaxe: Kontrolle des Zukaufs, Futtermittelkontrolle, Verbesserung der Stallhygiene, u.U. Immunisierung. Therapie: Antibiotika, Absondern der kranken Tiere!

4. Schweinedysenterie (Vibrionendysenterie)

Kommt hauptsächlich in Mastställen vor, wobei Überbelegung und Bodenfütterung bei mangelnder Stallhygiene die Ausbreitung der massenhaft mit dem Kot ausgeschiedenen Erreger begünstigt. Erreger: Es werden zwei nebeneinander vorkommende Erreger für diese Erkrankung verantwortlich gemacht. Campylobacter coli, gramnegative, spiralig gedrehte Stäbchen, Treponema hyodysenteriae, gramnegativ, spiralförmig. Krankheitsbild: Apathie, milchkaffeefarben oder schokoladenbrauner, blutiger Durchfall, Appetitlosigkeit, kein oder geringes Fieber bei längerem Krankheitsverlauf, Gewichtszunahme und Kümmern. Ursachen: Infektion mit den Erregern, prädisponierend wirken Überbelegung, schlechte Stallhygiene, einseitige Getreide - sowie intensive Rübenblattfütterung.

Diagnose: Klinische Erscheinungen, Ausschluß anderer infektiöser Ursachen und Erregernachweis im Kot.

Prophylaxe: Hygienische und fütterungstechnische Maßnahmen, Vermeidung von Überbelegung.

Therapie: Antibiotika, hygienische Maßnahmen.

5. Ferkelgrippe (Enzootische Pneumonie)

Die hohen volkswirtschaftlichen Verluste durch direkte (Organschädigung) und indirekte (schlechte Zunahmen) Auswirkungen der Enzootischen Pneumonie haben maßgeblich zur Entwicklung von SPF-Programmen in den verschiedenen Ländern Anlaß gegeben. Erreger: Mycoplasma hyopneumoniae (aber auch M.suipneumoniae, M.flocculare und M.hyorhinis)

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Krankheitsbild:

Es erkranken Tiere von der Geburt an bis zum Läuferalter: Niesen, Nasenausfluß, Husten, erschwerte Atmung; Kümmerer.

Ursache: Mycoplasmeninfektion, Sekundärinfektionen, krankheitsverschlimmernd wirkt sich ein schlechtes Stallklima aus.

Diagnose: Klin. Erscheinungen, Mycoplasmennachweis.

Prophylaxe: Verbesserung der Haltungshygiene und des Stallklimas

Therapie: Antibiotika, Bekämpfung evtl. Sekundärinfektionen, alternativ SPF-Bestand aufbauen.

6. Schnüffelkrankheit (Rhinitis atrophicans)

Das Krankheitsbild kann auch durch systemische Knochenerkrankungen (Ca- und P-Mangel) hervorgerufen werden; hier geht es nur um die infektiöse Rhinitis atrophicans. Erreger: Primäre seröse Rhinitis: Pasteurella multocida, Bordetella bronchiseptica, verschiedene Mycoplasmen und Viren. Sekundärerreger führen später zu schleimig eitriger Rhinitis Krankheitsbild:

Erste Symptome bereits bei 1 - 2 Wochen alten Saugferkeln, seröser Nasenausfluß, Niesen, verschmierte Augenwinkel, nach 3-4 Wochen schleimig-eitriger Nasenausfluß, Nasenbluten, Verkürzung und Einknicken des Oberkiefers führt zu Faltung der Kopfhaut. Ursache: Unhygienische Verhältnisse, die das Überleben und Anreichern der oben genannten Erreger im Stall ermöglichen. Begünstigend: schlechtes Stallklima.

Diagnose: Klinische Erscheinungen.

Prophylaxe: Regelmäßige Reinigung und Desinfektion der Ställe (alle 10 - 14 Tage), Vorsicht beim Zukauf von Tieren, SPF-Bestand aufbauen.

Therapie: Hygienische Maßnahmen, Antibiotikabehandlung der Nase (Spray, Aerosol).

7. Aktinomykose des Gesäuges (Strahlenpilzerkrankung)

Bei Muttersauen verbreitete, schwer zu behandelnde und somit verlustreiche Erkrankung des Gesäuges. Erreger: Verschiedene Erreger können das gleiche Krankheitsbild hervorrufen. Es wurden isoliert: Actinomyces bovis, Actinomyces israeli, Corynebakterium pyogenes, Staphylococcus aureus, Actinobacillus lignieresi. Krankheitsbild:

Erst kleine harte Knoten im Gesäuge, die wachsen und bis fußballgroß werden können. Häufig wird die Haut durchbrochen und es entleert sich grünlicher Eiter mit körnigen Einlagerungen (Drusen).

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Ursache: Infektion des Gesäuges erfolgt beim Saugen durch die Saugferkel: nur bei verletzten Gesäugen, insbesondere Zitzen möglich; Reservoir = Einstreu.

Diagnose: Klinische Erscheinung, Nachweis der Drusen im Eiter.

Prophylaxe: Vermeidung von Verletzungen im Bereich des Euters.

Therapie: Antibiotika, Einspritzung jodhaltiger Präparate in die Geschwulst, operative Entfernung der Geschwulst. B. Virale Erkrankungen

1. SMEDI

Ist eine Erkrankung der Zuchtsauen, deren Kennzeichen mehr oder weniger deutliche Fruchtbarkeitsstörungen sind. SMEDI ist die Abkürzung für: Stillbirth = Totgeburt, Mumification = Mumifikation; Embryonic Death = embryonaler Tod und Infertility = Unfruchtbarkeit. Erreger: Porcines Parvovirus (Parvoviridae, unbehüllte Einzelstrang DNA-Viren) Porzine Enteroviren Serotypen 2-13 (Picornaviridae, nicht segmentierte, unbehüllte RNA- Viren) Nach den vorherrschenden Krankheitsbildern werden beide Erreger dem SMEDI Komplex

zugerechnet. Nach Identifikation der Äthiologie können Unterscheidungen getroffen und auch die Krankheitsbilder teilweise getrennt werden.

Allgemeines Krankheitsbild:

Die Sauen bringen nur 1 bis 4 lebende Ferkel zur Welt. Die Sauen rauschen vermehrt um oder die scheinbar tragenden, ferkeln nicht ab. Das ist in der Regel bei einer Ansteckung bis zur 5. Trächig-keitswoche der Fall. Bei einer Infektion nach diesem Zeitpunkt werden in der Regel neben lebenden Ferkeln auch mehrere tote oft mumifizierte Früchte geboren. Die lebend geborenen Ferkel sind meist lebensschwach und sterben in den ersten Lebenswochen. Einige Sauen zeigen zeitweilig Ausfluß aus der Scheide. Ursache: Hauptgefahr sind zugekaufte infizierte tragende Jungsauen oder zugekaufte infizierte Eber,

die den bisher nicht immunen Bestand anstecken. Das SMEDI-Syndrom nach einer Infektion mit Porzinen Enteroviren tritt auf, wenn entweder infizierte Tiere in eine nicht immune Herde eingeführt werden oder nicht immune Tiere in eine infizierte Herde. Das letztere kann auch eintreten, wenn in großen Einheiten die Jungsauen bis zur Geburt völlig getrennt von den anderen Tieren des Bestandes gehalten werden.

Diagnose: Virusnachweis aus Feten, Eihäuten oder Totgeburten.

Prophylaxe: Vorsicht beim Zukauf, Quarantäne.

Therapie: Eine Immunität in der Tierpopulation provozieren durch Durchseuchen (3-4 Wochen) entweder des eigenen Bestandes oder der nicht immunen zugekauften Tiere.

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Vergleich der Parvovirus- und Enterovirusinfektionen:

Parvovirus Enterovirus typisches Infektionsalter: 4-8 Monate 4-6 Wochen Virusausscheidung: Kot: 1 Woche Kot: 6 Monate Harn? Sperma: möglich Sperma: möglich i.ut.inf. Ferkel i.ut.inf. Ferkel (selten) Virusaufnahme: oral, coital oral, nasal, (aerogen?) Tendenz im 100 Sauen Bestand: Enzootiewellen Erlöschen Reinfektion Prophylaxe: Mischen der Zuchtläufer, Mischen der-Zucht läufer, spätes Decken, geschlossener Bestand Vakzine

2. Parvovirusinfektion der Schweine

Im Stadium der Virusausbreitung im Blut werden die Föten in der Gebärmutter angesteckt. Bei nicht immunen Sauen führen Infektionen bis zum 65. Trächtigkeitstag, abhängig vom Trächtigkeitszeitpunkt, zu SMEDI-Erscheinungen. Es kommt zu Fruchttod mit Fruchtresorption vor dem 35. Trächtigkeitstag, danach zur Mumifikation einiger oder aller Ferkel, zu Aborten und Totgeburten. Infektionen nach dem 65. Trächtigkeitstag beeinträchtigen die Trächtigkeit nicht. Es werden lebende Würfe geboren. Der 65.-80. Trächtigkeitstag ist der Zeitpunkt, wo die Föten, als Antwort auf die P.P.V.-Infektion, beginnen, eine eigene Immunität aufzubauen. Infektion der Föten nach dem 65. Trächtigkeitstag schafft hohe Antikörpergehalte gegenüber der P.P.V.-Infektion und ein Weiterbestehen dieser nach der Geburt. Da die Jungsauen oft keine Gelegenheit haben, nach dem Auslaufen der passiven Immunität eine eigene Aktive aufzubauen, werden immer wieder Neuausbrüche der P.P.V.-Infektion beobachtet. Ursache: Das Porzine Parvovirus ist in den Zuchtsauenbeständen weltweit verbreitet. Infektionen mit

dem Porzinen Parvovirus und Enteroviren werden gewohnlich als SMEDI-Virus-Infektionen bezeichnet. Die Ansteckung einer Herde erfolgt meistens durch Zukauf von Zuchtmaterial. Die Krankheit ist in intensiv geführten Sauenbeständen vorherrschend, wo bei der Einzelaufstallung die Jungsauen keinen Kontakt mit Altsauen haben.

Diagnose: Nachweis des Erregers mittels Immunfluoreszenz in veränderten Geweben oder andere immunologische Verfahren. Der Virusnachweis ist aber schwierig und gehört bis jetzt nicht zum Routinebetrieb der meisten Untersuchungsämter. Spezialinstitute führen den Virusnachweis. Einzelblutproben geben Aufschluß über abgelaufene Infektionen, gepaarte Blutproben u.U. über frische Infektionen.

Prophylaxe: Es gibt keine Möglichkeit, sich gegen die Einschleppung des Porzinen Parvovirus in den Bestand zu schützen.

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Um die Bestandsimmunität nicht zu gefährden, sollten für die Bestandsergänzung nur Zuchtläufer zugekauft werden. Während einer vierwöchigen Quarantäne müssen die Züchtläufer ständig Kontakt mit frischem Sauenkot aus dem Abferkelstall und Nachgeburten haben („Schluckimpfung“). Nach dieser Quarantänezeit können die Tiere gedeckt werden. Wiederholung der Schluckimpfung vier Wochen vor der Geburt. Glücklicherweise immunisieren Porzine Parvoviren sehr gut, so daß nach einer Durchseuchung nach einigen Monaten wieder mit einer normalen Ferkelerzeugung gerechnet werden kann. - Schutzimpfung mit P.P.V.-Vakzine -.

Therapie: Eine ursächliche Behandlung der P.P.V.-Infektion ist nicht möglich. Solange die Erscheinungen der P.P.V.-Infektion im Bestand bestehen, sollten keine Tiere zugekauft werden. Sauen, die eine P.P.V.-Infektion überstanden haben, sollten weiter zur Zucht verwendet werden, wenn sie wieder rauschen und aufnehmen. Diese Tiere sind durchgeseucht und immun und in jedem Fall besser als neue Zuchtsauen mit einer unbekannten Immunität.

3. Transmissible Gastroenteritis - TGE -

Meist im Winter stattfindende akute Infektion des Verdauungstraktes mit Diarrhoe und Vomitus v. A. bei Saugferkeln. Durch Bestandsvergrößerungen zunehmend endemisch. Erreger: Coronavirus (nicht-segmentiertes, behülltes RNA-Virus) Krankheitsbild: plötzliches Auftreten bei allen Altergruppen (100% Morbidität) und 100%-iger Mortalität bei Saugferkeln < 10 Tage. Beginnt mit Erbrechen, kurz darauf graugelber, übelriechender Durchfall, vollständiger Verlust des Zottenepithels im Dünndarm. Schnelles Austrocknen und Tod. Überlebende Saugferkel kümmern. Mastschweine und Sauen zeigen gestörtes Allgemeinbefinden bevor die Diarrhoe eintritt, z.T. pötzliche Todesfälle bei geringer allgemeiner Mortalität.

Ursache: Viruseinschleppung aus latent infizierten Großbeständen;

Diagnose: Saugferkelsymptomatik, Sektionsbefund, Virusnachweis;

Prophylaxe: Antikörperausscheidung der Sauen durch deren Infektion sicherstellen.

4. Procine epidemische Diarrhoe (PED), Epizootische Virusdiarrhoe (EVD)

Ähnliche Krankheitsbilder wie die TGE, allerdings tritt die EVD ganzjährig auf. Erreger: Coronavirus behüllt: EVDI und EVDII. Krankheitsbild: Inkubationszeit bei EVDI 3-8 Tage, bei EVDII 1-3 Tage. Einige Tiere erbrechen und haben übelriechenden Durchfall von grüngelber bis graugrüner Färbung. Die Erkrankung breitet sich schnell, aber nicht explosionsartig im Bestand aus. Bei EVDI erkranken keine Saugferkel und bis ca. 30% der größeren Schweine. Die Verluste liegen unter 10 %, die Erkrankung kann bis zu 3 Wochen dauern. Bei der EVDII erkranken alle Altersgruppen zu 90-100%. Die Verluste bei den Saugferkeln liegen zwischen 30 und 100%. Größere Schweine überleben die Erkrankung in der Regel.

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Ursache: Einschleppung in den Bestand durch zugekaufte Tiere.

Diagnose: Erregernachweis, Immunfluoreszenz bzw. ELISA, aus gestorbenen Tieren (Dünndarm), Antikörpernachweis;

Therapie: Keine kausale Therapie möglich, nur unterstützende Behandlung;

Prophylaxe: Vorsicht beim Zukauf.

5. Vomiting and Wasting Disease (VWD)

Die VW-Krankheit tritt in der Regel bei Ferkeln in den ersten drei Lebenswochen auf. Die Erkrankung wurde bisher in den USA, in Kanada, Japan sowie in Europa beobachtet. Erreger: Corona virus (auch HEV = Haemagglutinierendes Encephalomyelitis Virus). Krankheitsbild: Die Inkubationszeit beträgt 3-7 Tage. Nach einer Ansteckung eines Bestandes erkranken bei entsprechendem Kontakt 3-4 Wochen lang nahezu alle Würfe des Bestandes an der VW - Krankheit. Danach sind die Sauen, ohne selbst sichtbar zu erkranken, durchgeseucht und geben die Immunität (Schutz vor Ansteckung) mit der Biestmilch an ihre neugeborenen Ferkel weiter. Bei der akuten Form erkranken bis 80 % eines Wurfes in den ersten drei Lebenswochen, erbrechen jeweils nach dem Saugen zunächst feinflockig geronnene Milch, die sich im weiteren Krankheitsverlauf grün-gelb verfärbt. Das Erbrechen ist besonders gut zu beobachten, wenn die Ferkel, aus dem Schlaf aufgeweckt, im Stall umhergetrieben werden. Später kommt Appetitlosigkeit hinzu. Die Tiere sterben i.d.R. innerhalb von 3 Tagen. Bei der chronischen Form erbrechen die Tiere zuerst auch, die Krankheit geht jedoch in chronisches Kümmern über. Bei sehr langsamem Wachstum und fortschreitender Abmagerung beobachtet man im Bereich des Rippenbogens eine immer stärker werdende Auftreibung, die durch den um ein Vielfaches vergrößerten gasge füllten Magen verursacht wird. Die Ferkel werden vorne und hinten immer spitzer, in der Mitte immer dicker. Dieses Kümmern dauert einige Wochen bis zum Tode der Ferkel. Eine Selbstheilung gibt es nicht. Ältere Tiere erkranken i.d.R. nicht und wenn, mit unspezifischen Krankheitszeichen. Sie scheiden aber in jedem Fall die Erreger mit dem Speichel und dem Nasensekret aus. Ursache: In der Regel wird die Krankheit durch zugekaufte Tiere eingeschleppt. Das Virus wird

eingeatmet, gelangt entlang den Nervenbahnen innerhalb von etwa 4-5 Tagen zum Gehirn und zu den Nervenknoten in der Magenwand.

Diagnose: Virusnachweis, Bestimmung der Antikörper. Klinische Erscheinungen.

Prophylaxe: Eine Impfung steht nicht zur Verfügung.

Da die überstandene VW-Krankheit eine solide, gut belastungsfähige Immunität hinterläßt, muß beim ersten Auftreten dieser Krankheit der gesamte Sauenbestand angesteckt werden, damit er schnell und gleichzeitig durchseucht. Das erreicht man in der Weise, daß man alle Sauen des Bestandes mit Mägen und Därmen von an der VW-Krankheit verendeten Ferkeln füttert.

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Diese Maßnahme ist besonders in großen Beständen mit räumlich getrennter Haltung der trächtigen und saugenden Sauen wichtig, da hier kaum Kontaktmöglichkeiten zwischen den einzelnen Haltungsgruppen bestehen. Es ist vor allem wichtig, während des Bestehens dieser Krankheit und vor dem abgeschlossenen Aufbau einer Bestandsimmunität (3 Wochen nach der Ansteckung) kein fremdes Tiermaterial in den Bestand zu bringen.

Therapie: Es ist keine spezifische Therapie möglich.

C. Parasitäre Erkrankungen

I. Ektoparasiten

Die Bedeutung des Befalls mit Ektoparasiten wird meist unterschätzt. Die Schäden an der Haut, die Leistungsminderungen infolge Blutentzug und Beunruhigung können beträchtlich sein. Bei der Sarkoptesräude rechnet man bei Schweinen mit gering bis mittelgradigen Hautveränderungen mit einem Futtermehrverbrauch bis zu 50 kg bis zur Schlachtreife. Hinzu kommt die Rolle verschiedener Parasiten als Überträger von Infektionskrankheiten. So können z.B. die Läuse Schweinepest und -pocken im Bestand verbreiten.

1. Läuse: Haematopinus suis

Liebliligssitze: hinter den Ohren, Schenkelinnenflächen, Rückengegend und Unterbauch. Krankheitserscheinungen: Juckreiz, Ekzeme, Scheuerwunden, Unruhe, Blässe. Ursache: Erregerbefall, schlechte Fütterungs- und Haltungsbebedingungen.

Diagnose: Erregernachweis.

Therapie: Insektizidbehandlung.

2. Sarkoptesräude; Sarkoptes suis, Grabmilbe

Lieblingssitze: Kopfbereich, Hüfthöcker, Oberschenkel. Krankheitserscheinungen: Juckreiz, Hautrötung, Schuppen- und später Borkenbildung. Ursache: Erregerbefall, Störungen im Vitamin A-Haushalt und Mineralstoffwechsel des Tieres.

Diagnose: Klin. Erscheinungen und Erregernachweis.

Therapie: Insektizidbehandlung, Optimierung der Haltungs- und Fütterungsbedingungen.

3. Ferner sind die Demodikose und der Zeckenbefall von Bedeutung.

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II. Endoparasiten

1. Wurmbefall

In den meisten Fällen verläuft der Wurmbefall ohne sichtbare Krankheitserscheinungen und seine Bedeutung wird deshalb unterschätzt. Dieser latente Parasitenbefall verursacht jedoch beträchtliche wirtschaftliche Schäden. Die Würmer schädigen das befallene Tier durch Blutentzug, Störungen des Stoffwechsels, Entzug und Zerstörung von Vitaminen, Entzug hochwertiger Nährstoffe, Schaffung von Eintrittspforten für Krankheitserreger, Zerstörung bzw. Schädigung von Organen. Bei Verdacht auf Wurmbefall: parasitologische Kotuntersuchung. Behandlung: Eingabe wirksamer Wurmmittel (Piperazin, Citarin, Thibenzole), diätische und hygienische Maßnahmen. Knötchenwürmer (Oesophagostomum dentatum und Oe.quadrispinulatum)

8-15 mm lang; Eier werden mit dem Kot ausgeschieden. Aus diesen entwickeln sich nach 7-12 Tagen die ansteckungsfähigen Larven, die mit dem Futter oder Trinkwasser aufgenommen werden und über Blinddarm und Grimmdarm in die Darmschleimhaut eindringen und nach 2-3 Wochen in das Darminnere zurückwandern. Durchfall und Anaemie bei Ferkeln. Magenwürmer (Hyostrongylus rubidus)

4-9 mm lang; aus den mit dem Kot ausgeschiedenen Eiern entwickeln sich nach 5-7 Tagen Larven; Aufnahme der Larven erfolgt mit dem Futter und Trinkwasser; aufgenommene Larven dringen in die Magenschleimhaut ein (Entzündungen). Spulwürmer (Ascaris suum)

Krankheitserscheinungen nur bei Absetzferkeln, 25 cm lang, 3-5 mm dick, und Läuferschweinen. Strongyloidesbefall (Zwergfadenwurm, Strongyloides ransomi)

2,5-6,5 mm lang, Schadwirkung durch Wanderung der Larven, Einschleppung von Sekundärerregern. Trichinellose (Trichinella spiralis)

Dank fleischbeschaulicher Maßnahmen sehr selten. Infektion durch infizierte Kleinnager. Kokzidiose

Erreger: Verschiedene Arten von Eimeria und Isospora. Krankheitsbild:

Inkubationszeit 4-12 Tage. Appetitlosigkeit, Wechsel von flüssigem und festem, dunkel verfärbtem Kot. Jungtiere starker Durchfall, Kümmern. Ursache: Infektion mit Coccidienoozysten, feuchte, warme, schlecht gereinigte Ställe (orale

Schmutzinfektion).

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Prophylaxe: Behandlung der Muttersauen vor dem Abferkeln, regelmäßige Kotuntersuchuhgen im Bestand, regelmäßig hygienische Maßnahmen.

Therapie: Cocidiostatika (Amprolium).

D. Nichtinfektiöse Erkrankungen Bei den nichtinfektiösen Krankheitsprozessen sind die häufigsten Ursachen Fütterungsfehler. Dabei stehen der Mangel an Mineralstoffen und Spurenelementen sowie Vitaminen an erster Stelle. Die Elemente, an denen es meistens fehlt, sind Calcium und Phospor, sowie als Spurenelemente Eisen, Zink, Selen und Jod. Die häufigsten Hypovitaminosen entstehen bei Mangel an Vitamin A, Vitamin D sowie Vitamin E.

1. Rachitis und Osteomalazie (Knochenweiche)

Rachitis: mangelhafte Kalkeinlagerung mit Skelettdeformierung beim Jungtier. Osteomalazie: Stoffwechselkrankheit erwachsener Tiere, bei der der fertige Knochen entkalkt wird. Krankheitsbild: Neigung zu Knochenbrüchen, Lahmheit in der Hinterhand. Ursache: Vitamin D- und Ca-Mangel.

Behandlung: Knochenbrüche sind nicht zu behandeln.

Prophylaxe: Verabreichung von Mineralstoffmischungen, Auslauf (UV-Strahlung), Vit D-Gabe.

2. Unfruchtbarkeit der Sau

Brunstlosigkeit Ursache: Angeborene Unter- oder Fehlentwicklung der Ovarien, gehemmte oder völlig unterdrückte

Eierstocktätigkeit infolge zu kohlenhydratreicher Fütterung, Eiweiß-, Vitamirr A-Mangel und Haltungsfehler angebotene Mißbildungen und erworbene Verletzungen an der Scheide, die den Deckakt verhindern, Gebärmutterentzündungen infolge Frühgeburten und Infektionen; chronische Erkrankungen der Gebärmutterschleimhaut.

3. Unfruchtbarkeit des Ebers

a) Begattungsunfähigkeit (Impotentia coeundi)

Ursache: Stall- und Futterwechsel, Mißbildungen oder Entzündungen des Penis, Entzündung der Hüft- und Sprunggelenke, Klauenerkrankungen, Überbeanspruchung junger Eber.

b) Befruchtungsunfähigkeit (Impotentia generandi)

Ursache: Überbeanspruchung, Vitamin A-Mangel, Hodenentzündungen. Behandlung: ausreichende Vitamin A-Versorgung, übrige Ursachen beseitigen.

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4. Totgeburten

Die Verluste durch Totgeburten betragen bis 10% der Ferkel pro Wurf. Ursache: Eiweiß- und Vitamin A-Mangel; spezifische Infektionskrankheiten (Brucellose), MKS, Ferkel-

grippe, Rotlauf; verschleppte Geburt und verzögerte Austreibungszeit. Bei sehr frühem Absterben: Resorption der Feten durch die Gebärmutter bei späterem Absterben: Mumifizierung (Steinfrüchte).

5. Parakeratose

Früher als "Fischmehlkrankheit" bezeichnet, vor allem bei der Getreidemast auftretende Krankheit. Wirtschaftlicher Schaden: ungenügende Gewichtszunahme infolge mangelnder Freßlust. Krankheitsbild:

tritt bei 8 Wochen bis 5 Monaten alten Ferkeln auf, herabgesetzte Futteraufnahme; charakteristische Hautveränderungen (nicht zu verwechseln mit Räude), zuerst im Bereich der Beine, Ausschwitzen schmieriger Massen, die auf der Oberfläche verkrusten. Ursache: Zinkmangel,verstärkt durch zu hohen Ca-Gehalt des Futters, mindestens 50 g Zn/t Futter.

6. Eisenmangel

Tritt nur bei Saugferkeln auf, die im Stall gehalten werden; Ferkel bekommen intrauterin nur sehr geringe Mengen Eisen, das zum Aufbau der roten Blutkörperchen (Blutarmut), zur Produktion von Fermenten (Stoffwechsel), zur Entgiftung schädlicher Substanzen und zur Abwehr von Krankheitserregern benötigt wird. Krankheitsbild: blasse Hautfarbe, träges, müdes Verhalten, Durchfall, Kümmern, plötzliche Todesfälle

unter den besten Ferkeln. Behandlung: Eingabe wirksamer Eisenpräparate (Eisen-Dextran-Lösung) oder parenterale

Einspritzung am 2. oder 3. Täg

Vorbeugung: Auslauf von der ersten Lebenswoche an, Bereitstellung von Erde in den Ferkelbuchten von der ersten Woche an. Parenterale Eisengabe (ist bei moderner Ferkelhaltung die einzige Möglichkeit).

7. Unterkühlungskrankheit der Ferkel

Die optimale Stalltemperatur beträgt bei Abferkelställen 28-30°C; sie wird im Winter in vielen Schweineställen nicht erreicht und kann zum Anstieg der Verluste unter den Neugeborenen führen.

Ursache: Bei Ferkeln fällt innerhalb der ersten 20 Minuten nach der Geburt die Körpertemperatur um 1,5-3° C; anschließend steigt sie allmählich wieder an und erreicht, wenn der Stall wärmer als 12° C ist und die Ferkel nach spätestens 6 h Muttermilch in ausreichender Menge aufnehmen können (Energie in Form von Laktose), innerhalb von 36 - 48 h die normale Höhe von 39-39,5° C.

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Neugeborene Ferkel besitzen keine Immunkörper (γ-Globuline). Diese können ihnen mit der Milch (Kolostralmilch) nur in den ersten 24-36 h nach der Geburt zugeführt werden, da zu dieser Zeit die Darmschranke noch durchlässig ist. Die an Unterkühlung leidenden Ferkel decken infolge mangelnder Sauglust weder ihren Energiebedarf, noch werden sie mit genügend Abwehrstoffen versorgt und sind daher gegen Infektionskrankheiten kaum geschützt.

Krankheitsbild:

Unruhe, gekrümmte Rückenhaltung, Saugunlust, grauweiße Hautfarbe, heißeres, kraftloses Quieken.

Behandlung: erhöhte Umwelttemperatur in den ersten Lebenstagen durch Infrarotstrahler über dem Ferkelliegeplatz.

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Spezielle Hygiene der Schweinehaltung

1. Luftverunreinigungen aus der Tierhaltung

Das gewählte Haltungsverfahren wird durch folgende produktionstechnische Funktionsbereiche wesentlich beeinflußt, die im Prinzip für jede Tierart Gültigkeit erlangen: - Funktionsbereich Fütterung mit Futtervorlage und -aufnahme, - Funktionsbereich Ruhen mit Aufenthaltsbereich, - Funktionsbereich Exkrementeabsatz mit Entmisten, Misttransport und Reinigung. Als typische Emissionen an luftverunreinigenden Stoffen aus der Tierhaltung kommen in Betracht:

1.1 Staub

- Staub, der bei der Futteraufnahme der Tiere sowie durch Abrieb von der Körperoberfläche der Tiere auftritt;

- Staub, der durch mehlige Futtermittel, in geringerem Maße aber auch durch pelletierte Futtermittel entstehen kann, sowie durch den Betrieb von Förder- und Siloanlagen;

- Staub, der durch Abwirbelung von Einstreu sowie durch getrocknete Kotreste hervorgerufen wird;

- Staub, der sich durch Abrieb von baulichen Anlagen in den Stallungen bildet.

Zu berücksichtigen ist, daß Staub einmal als luftverunreinigender Stoff auftritt, zum anderen aber als Geruchsträger anzusehen ist, da es geruchsintensive Stoffe anlagert.

1.2 Geruchsstoffe

aus der Tierhaltung als Luftverunreinigung stellen ein vielfältiges Stoffgemisch dar. Die Art der Geruchsstoffe ist abhängig von der Tierart, dem verwendeten Futter, der Temperatur und den Feuchtig-keitsverhältnissen im Stall. Die Penetranz der Gerüche steigt mit zunehmendem Eiweißanteil im Futter, so daß sich in der Tendenz folgende Reihung bei den Tierarten ergibt: Rind -> Schwein -> Geflügel. Geruchsstoffe in der Tierhaltung entstehen durch: - Ausdünstungen aus den natürlichen Körperöffnungen der Tiere; - durch Mistlagerung im Stall und außerhalb des Stalles; - durch Mistbehandlung im Stall und außerhalb des Stalles; - durch Futterlagerung, Futteraufbereitung und Futtertransport zu den Tieren (besondere Futtermittel); - durch geringe Sauberkeit und Hygiene im Stall sowie im unmittelbaren'Stallbereich; - durch Mistausbringung auf landwirtschaftlich genutzten Flächen.

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1.3 Grundsätze für Haltungsverfahren

Als Geruchsbelastung (GB) kann man die Intensität der Abluft eines Stalles in Geruchseinheiten (GE) multipliziert mit der Abluftmenge je Tier/Std. verstehen. (GB = GE x m³ Abluft/Schwein/Std.). Die Geruchseinheit (GE) eines Stoffes oder Stoffgemisches wiederum ist definiert als die Anzahl gleicher Volumina geruchsfreier Luft oder Gas, die erforderlich ist, um eine riechstoffhaltige Probe bis zur Geruchsschwelle zu verdünnen. (MISSFELD B. 1974). Folgende grundsätzliche Überlegungen sind im Hinblick auf Luftverunreinigungen und Stallbetrieb.zu berücksichtigen.

1. Bei einstreuloser Haltung sind Breitbuchten sauberer als Schmalbuchten (Tiere unterscheiden besser zwischen Liege- und Dungfläche).

2. Liege- und Dungfläche müssen in Abhängigkeit des Tiergewichtes ausgewogen sein (Breitbuchten: Liegefläche 0,5 m², Dungfläche mindestens 0,3 m² ).

3. Einstreu hat eine geruchsmindernde Wirkung nur bei guter Stallhygiene (Einstreu jedoch keine Garantie).

4. Teilspaltenboden mit mechanischer Unterflurentmistung ist dann günstig, wenn die Exkremente mehrmals täglich aus dem Stall entfernt werden (Mistfilme durch Strohbeigabe vermeiden!).

5. Treibmistverfahren bringt geringere Geruchsentwicklung als Stau-Schwemm-Verfahren, da die Exkremente kontinuierlich aus dem Stall abfließen und geringere Mengen an Exkrementen im Stall lagern.

6. Im sog. Güllekeller erfolgt die Lagerung der Exkremente über 3 bis 4 Monate. Der Güllekeller bringt auf Grund der großen Masse an Exkrementen in der Regel stärkste Geruchsbelastung. Konzentrierte Belastungen treten während der Gülleentnahme auf. (Mögliche Giftgaskonzentrationen).

7. Bei Spaltenböden ist die Ausbildung der Spaltenbohlen bezüglich Bohlenbreite und Spaltenbreite entscheidend für die Sauberkeit und damit die Geruchsentwicklung. Während bei Teilspaltenböden wegen der besseren Reinigung Bohlenbreiten von 6 bis 8 cm und Spaltenbreiten von 2,5 cm angebracht sind, können bei Ganzspaltenböden Bohlenbreiten von 12,5 bis 15,0 cm und Spaltenbreiten von 2,5 bis 3,0 cm angestrebt werden. Sogenannte Flächenspaltenböden eignen sich ebenfalls sehr gut.

8. Verfütterung von Abfällen mit besonderem Eigengeruch (Molke, Schlempe, Küchen- oder Schlacht-hofabfälle) bringen eine zusätzliche Geruchsbelastung und üben einen direkten Einfluß auf Verdauungsvorgänge im Tier sowie das Tierverhalten aus.

9. Flüssigfütterung in Trögen bringt die geringste, Bodenfütterung mit mehligen Futtermitteln und Obenabwurf, die größte Staubbelastung.

10. Abluftentnahme im Exkrementebereich ist stärker geruchsbelastet, als wenn diese in größerer Entfernung von der Emissionsquelle erfolgt.

11. Staub ist Geruchsträger, deshalb nimmt die Geruchsentwicklung mit steigender Verstaubung des Stalles zu, was für eingestreute und einstreulose Ställe gilt.

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12. Temperatur, relative Luftfeuchtigkeit und Luftrate je Tier und Zeiteinheit ist mit entscheidend für die Geruchsentwicklung (erhöhte relative Luftfeuchtigkeit bringt verstärkte Verschmutzung von Liege- und Dungfläche; optimal: 16° C bis 20° C und 60% bis 80% Luftfeuchtigkeit; Außenluftraten in m³/GVS/h Vormast min. 100m³, max. 600m³, Endmast min. 85m³, max. 640m³, umbauter Raum ca. 4m³ / Schwein.

13. Einzelbuchten mit 10 bis 12 Tieren belegt, bringen durch die erzielbare Sauberhaltung die geringste Geruchsbelästigung (Endmastbuchten als Schmalbuchten sind geringer zu belegen).

14. Stallhygiene durch regelmäßiges Reinigen und Desinfizieren unterliegt dem Einfluß des Betriebleiters, es führt zur Geruchsminderung und fördert die Tiergesundheit.

2. Stalldesinfektion

Größere Bestände in großen Stalleinheiten das ist heute der Trend in der Schweineproduktion. Mancher Betriebsleiter mußte aber die Erfahrung machen, daß mit der Aufstockung - zum Beispiel des Mastschweinebestandes - allzuleicht ein Leistungsrückgang verbunden sein kann. Der plötzlich auftretende höhere Bedarf an Ferkeln kann nicht mehr vom früheren Partner alleine gedeckt werden, zusätzliche Lieferanten werden herangezogen, bisher nicht vorhandene Keime und Krankheitserreger finden in einer neuen Umwelt günstige Existenzbedingungen. Allzuschnell sammeln sich in dem anfangs sterilen Neubau Reste von Kot, Harn und Futterstaub an. In diesen Nährböden können sich die Bakterien explosionsartig vermehren. Sobald eine gewisse Keimkonzentration überschritten ist, werden sie gefährlich und lösen die gefürchteten, oft nur schwer definierbaren Mischinfektionen aus. Deren Behandlung ist in den meisten Fällen zwar möglich, aber abgesehen von den direkten Behandlungskosten kann der mit der Erkrankung verbundene Leistungsabfall sehr schnell zu roten Zahlen in der Bilanz führen.

Vorbeugungsmaßnahmen sind daher in jedem ordentlich geführten Ferkelerzeuger- oder Schweinenmastbetrieb - dasselbe gilt im Prinzip natürlich auch für die Geflügel- und Rindviehhaltung - unabdingbar. Mit die wichtigste Voraussetzung für die Gesunderhaltung eines Bestandes ist es, Jungsauen oder Mastferkel nur aus nachweislich gesunden Beständen zuzukaufen, nach Möglichkeit nur von einem Betrieb.

Die zugekauften Tiere müssen die Gelegenheit haben, sich allgemein an die neue stallspezifische Keimflora gewöhnen zu können. Das geschieht am besten im sogenannten Quarantänestall. Hier können Ferkel, Jungsauen oder Eber auch einer vorbeugenden Behandlung unterzogen und auf mögliche Krankheiten untersucht werden.

2. 1. BEGRIFFSBESTIMMUNG

Bevor auf die heute übliche Reinigungs- und Desinfektionspraxis näher eingegangen wird, müssen einige Begriffe erläutert und Notwendigkeiten für die durchzuführenden Maßnahmen begründet werden.

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Es gibt je nach angestrebtem Ziel zwei grundsätzliche Arten der Desinfektion in der Schweinehaltung, abgesehen von den amtlichen Maßnahmen bei anzeigepflichtigen Seuchen. Immer wenn Probleme mit

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bestimmten Krankheiten im Stall auftreten, wird nach der Sanierung des Bestandes eine Spezielle Desinfektion notwendig, die die Krankheitserreger möglichst vollständig vernichten soll, um die Ansteckung neuer, gesunder Tiere zu vermeiden. Diese wird dann meist als Schlußdesinfektion mit einem gegen den entsprechenden Krankheitserreger besonders gut wirkenden Desinfektionsmittel durchgeführt. In der zu Anfang aufgeführten Tabelle der z.Z. wichtigsten Schweinekrankheiten sind die Erreger so zusammengestellt, wie die entsprechende Gruppierung in der DVG-Liste ist. Dadurch wird die Auswahl eines geeigneten Handelspräparates erleichtert.

Im Normalfall wird die prophylaktische oder vorbeugende Desinfektion angewandt, die den Zweck hat, den Keimgehaft nach einer Haltungsperiode und vor der Einstallung auf ca. 100 bis 1000 Keime/cm2 herabzusetzen. Erfahrungsgemäß werden dabei die Problemkeime auch so stark reduziert, daß sie keinen Schaden mehr verursachen können. Die Präparate sollten hier deshalb ein breites Wirkungs-spektrum haben. Nach Möglichkeit sollte eine Gesamtdesinfektion des leeren Stalls stattfinden (Rein-Raus-Prinzip). Eine Teildesinfektion von gerade nicht belegten Bereichen oder eine umlaufende Desinfektion (Rotationsdesinfektion) von nicht belegten Stalleinheiten nach einem festen Zeitplan sind bei der kontinuierlichen Betriebsweise üblich.

2. 2. GERÄTE UND EINRICHTUNGEN ZUR REINIGUNG UND DESINFEKTION

Reinigung und Desinfektion (RuD) sind in der Tierhaltung untrennbar miteinander verbunden, so daß es sich anbietet, diese Arbeitsgänge auch mit einem Gerät auszuführen. Ein Hochdruckreiniger mit entsprechend zuverlässig arbeitender Dosieranlage erfüllt diese Voraussetzungen. Die Geräte sollten einen Betriebsdruck von 100-120 bar bei Förderleistungen zwischen 750 und 1000 l/h erreichen. Höhere Drücke sind i.d.R. nicht notwendig, denn wegen des starken Rückstoßes wird oberhalb dieses Bereiches die Handhabung erschwert, ferner können Schäden an der Bausubstanz verursacht werden. Die Zumischeinrichtung für Desinfektions- und gegebenenfalls auch Reinigungsmittel müssen mit genau und zuverlässig arbeitenden Dosierventilen ausgerüstet sein. Ansaugmengen von 0,1 bis 1,2 l/min sollten dabei stufenlos dosierbar sein. Heißwasser- sind Kaltwassergeräten vorzuziehen, es sei denn, mindestens 40° C warmes, fließendes Wasser steht im Stall zur Verfügung. Es sollten zu dem Gerät sowohl Flachstahl- als auch Rundstrahldüsen bzw. eine umstellbare Universaldüse verfügbar sein.

2. 3. DURCHFÜHRUNG DER REINIGUNG

Die Reinigung erfolgt in drei Hauptarbeitschritten: Einweichen - Reinigen - Trocknen. Das Ziel der Reinigung ist erreicht, wenn die ursprüngliche Art, Struktur und Farbe der Baumaterialien wieder erkennbar sind. Der Reinigung geht die Entfernung aller beweglichen und leicht demontierbaren Ausrüsungsteile zur gesonderten RuD sowie aller wasserempfindlichen Anlagen und Geräte voraus. Der Stall muß besenrein sein, und alle nicht zur RuD benötigten elektrischen Anlagen sollten, wenn möglich, stromlos geschaltet werden.

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Eingeweicht wird durch die Ausbringung von 1 - 1,5 l Wasser/m² mit ca. 10 bar, Arbeitsabstand 1,5 - 2,5 m, Reinigungsmittel verkürzen i.d.R. die notwendigen Arbeitszeiten; ihr Einsatz ist aber nur in der Abferkelbox unbedingt zu empfehlen. Die Reinigungszeit läßt sich auch herabsetzen, wenn kurz vor der

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Reinigung nochmals 0,2 - 0,3 l Wasser/m² versprüht werden. Die Reinigung selbst erfolgt bei einem Druck von 75 - 120 bar mit 13 - 15 l Wasser/min, nach Möglichkeit mit über 40° C heißem Wasser. Alle Flächen, die sich in der unmittelbaren Reichweite der Sprühlanze + 40 cm befinden, sind mit der Flachstrahldüse zu reinigen, alle entfernten Flächen mit der Rundstrahldüse. Das direkte Ansprühen von Leuchtstoffröhren, Schaltern, Verteilern und Steckdosen bei diesem Arbeitsdruck ist unbedingt zu vermeiden. Wichtig ist es auch, die Lüftungsschächte, soweit zugänglich, in die RuD mit einzubeziehen.

2. 4. DURCHFÜHRUNG DER DESINFEKTION

Hier steht die Auswahl des Desinfektionsmittels am Anfang. Auf jeden Fall sollte ein geprüftes Präparat benutzt werden. Die DVG prüft die keimtötenden Eigenschaften, Wirkungsspektrum, Anwendungs-konzentration sowie Einwirkungszeit werden dabei festgelegt. Die DLG ist für den anwendungs-technischen Bereich zuständig. Von der Gebrauchsverdünnung, deren richtige Konzentration genau eingehalten werden sollte, werden 0,4 l/m² auf alle vorher gereinigten Flächen und Gegenstände ausgebracht. Beim Hochdruckreiniger wird dabei eine Durchflußmenge von 400 - 500 l/ Stunde bei einem Druck von 10 - 12 bar und einem Arbeitsabstand von 1,5 - 2,5 m gewählt. Nach Möglichkeit sollte eine spezielle Desinfektionsdüse oder eine Flachstrahldüse verwendet werden. Die angegebenen Einwirkungszeiten dürfen nicht unterschritten werden.

Im unbesetzten Stall sollten während dieser Zeft (Ausbringung + Einwirkung) Türen und Fenster geschlossen und die Lüftung abgeschaltet werden, im belegten Stall dagegen muß, im Interesse der Tiere, für eine gute Be- und Entlüftung gesorgt werden. Nach dem Verstreichen der Einwirkungszeit werden die Reste des Desinfektionsmittels aus den Tränken und Fütterungseinrichtungen entfernt sowie die elektrischen Anlagen und die Lüftung wieder in Gang gesetzt. Bis zur Wiederbelegung müssen alle Flächen abgetrocknet sein. Die Wirkung von aldehydhaltigen und phenolischen Desinfektionsmitteln läßt sich erhöhen, wenn die Gebrauchsverdünnungen mit über 40° C ausgebracht werden, dagegen ist bei Jod-, Chlor- oder Sauerstoff abspaltenden Mitteln eine Erwärmung der Lösungen über 25*C zu vermeiden (Stoy, 1983). Eine zusätzliche Langzeitwirkung läßt sich, wenn der Stall dazu geeignet ist, durch eine Kalkung von Decken und Wänden nach der Desinfektion erreichen. Einige Hochdruckreiniger können mit entsprechenden Anbausätzen ausgerüstet werden (Strauch, 1981).

Die Zeitpunkte für RuD werden durch die Betriebsweise vorgegeben. Der für die Desinfektion günstigste Fall liegt beim Rein-Raus-Prinzip in Mastställen vor, weil hier alle Stallbereiche kompromißlos nach arbeits-, reinigungs- und desinfektionstechnischen Gesichtspunkten bearbeitet werden können. Wenn nur eine Teildesinfektion des Stalles möglich ist, sollte diese nach dem Rotationsprinzip erfolgen, weil dann am ehesten ein planmäßiges Vorgehen möglich ist. Eine Teildesinfektion, sei sie auch noch so gründlich durchgeführt, ist aber nie so wirkungsvoll wie eine Gesamtdesinfektion.

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Das Waschen der Sau, bevor sie in den Abferkelstall kommt, ist eine wichtige Maßnahme, gleichzusetzen mit der vorherigen Entwurmung. Es gibt speziell konstruierte Waschstände, aber auch hier kann der Hochdruckreiniger eingesetzt werden. Allerdings muß warmes Wasser (37 - 50° C) mit einem Durchfluß von ca. 350 l/h bei mäßigem Druck (10 - 15 bar) in Kombinationen mit einem speziell für die Tierwäsche und -desinfektion geeigneten Präparat verwendet werden. Die Düse sollte einen großen

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Spritzwinkei (40° - 80°) haben, und gearbeitet wird mit ihr in einem Abstand von 30 - 40 cm zum Tierkörper. Auch hier wird erst vorgeweicht (2 - 3 min) und dann abgesprüht (3 - 4 min/Tier). Zu Beginn der Arbeit muß darauf geachtet werden, daß der Strahl erst auf das Tier gerichtet wird, wenn die Lösung wirklich warm aus der Düse kommt.

Die Abferkelbuchten sollten im Anschluß an die Geburt sofort nach Abgang der Nachgeburt desinfiziert werden. Die Einstreu ist dabei zu entfernen und anschließend durch Frische zu ersetzen. Nach dem Räumen der Bucht ist eine gründliche RuD notwendig. Abferkelbuchten, die längere Zeit leer gestanden haben, sollten 2 - 3 Tage vor der Neubelegung wieder einer RuD unterzogen werden.

Alle Haltungssysteme für die Ferkel sowie Buchten und Standplätze für tragende Sauen werden jeweils nach der Entleerung gereinigt und desinfiziert. Eine Teildesinfektion ist also unvermeidlich. Wenn irdenwie möglich, sollte jedoch die RuD mehrerer nebeneinander liegender Einheiten durch eine entsprechende Planung angestrebt werden. Diese kann dann umfassender, unter Einbeziehung von Wänden, Decken und Lüftungsschächten, erfolgen. Für alle Teildesinfektionsmaßnahmen gilt, daß die Stallgänge grundsätzlich mit einbezogen werden, um hier eine Keimansammlung zu vermeiden (Strauch, 1981).

Aus aktuellen Gründen soll noch auf zwei spezielle Verfahren eingegangen werden, nämlich den Einsatz von UV-Strahlern und das Versprühen von Desinfektionsmitteln im belegten Stall.

Beide Methoden werden in Problembeständen häufig als Allheilmittel angepriesen. UV-Strahler besitzen nur eine geringe Eindringtiefe und sind deshalb zur Desinfektion von meist verschmutzten Oberflächen im Stall nicht geeignet. Auch die Keime in der Luft werden nur im unmittelbaren Bereich der Strahler abgetötet, vorausgesetzt sie sind nicht von zuviel Staub umhüllt. Eine gründliche RuD oder das Abstellen sonstiger organisatorischer oder baulicher Mißstände wäre hier in Problembeständen wirksamer und billiger. In sonst gut geführten, sauberen und problemfreien Betrieben soll sich allerdings eine Leistungssteigerung der Tiere erreichen lassen (Mehlhom und Steiger, 1974).

Bei zum Versprühen im belegten Stall angebotenen Präparaten ist bisher der Beweis noch nicht geführt worden, daß sie in für die Tiere unschädlichen Konzentrationen auch sicher gegen Mikroorganismen wirken. Bis hier nicht konkrete und wissenschaftlich fundierte Ergebnisse vorliegen, kann ihr Einsatz nicht empfohlen werden.

Literatur: Mehlhorn, G . u. A. Steiger: Künstliche UV -Strahlung in der Tierproduktion, VEB Gustav Fischer Verlag, Jena 1974. Stoy, F.-J.: Über die Auswirkung der Hochdruckreinigung und -Desinfektion mit unterschiedlichen Temperaturen auf den Keimgehait von Stalloberflächen. Agrarwissenschaftliche Dissertation, Hohenheim 1983. Strauch. D.: Reinigung und Desinfektion in der Rinder- und Schweinehaltung. In.: Th. Schliesser und D. Strauch, Desinfektion in Tierhaltung, Fleisch- und Milchwirtschaft, S. 70 - 306, Ferdinand Enke Verlag, Stuttgart 1981. Liste der nach den Richtlinien der Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft (DVG) geprüften und als wirksam befundenen Desinfektionsmittel für die Tierhaltung (Handelspräparate). Bezug durch: Geschäftsstelle der DVG; Frankfurter Str. 89, 35392 Gießen.

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