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www.nzz-libro.ch Verlag Neue Zürcher Zeitung Stadt hören Klangspaziergänge durch Zürich Andres Bosshard Dem Murmelstrom der tausend Trinkwasserbrun- nen folgend, tauchen wir Schritt für Schritt ein in die vielschichtigen Klangdimensionen von Zürich. Auf sechs Klangspaziergängen voller Überra- schungen und an zahlreichen hörenswerten Orten entdecken wir die Stadt akustisch neu und lassen uns verzaubern von Klangspielen, Hörlabyrinthen, Donnerbögen und Flüstergale- rien. «Stadt hören» beschreibt auch die Grundla- gen eines Klangalphabets von Zürich, wirft einen Blick zurück auf historische Klangräume und zeigt künstlerische Visionen auf zur Entwicklung und Neugestaltung der klingenden Stadt. ANDRES BOSSHARD (*1955) studierte Musik- wissenschaft und Kunstgeschichte in Zürich. Seit 1976 tritt er als Musiker und Klangkünstler auf, spielt an Fe- stivals in Europa, Amerika, Japan, Indien. Im Zusammenhang mit seinen Klangarchitekturen arbeitet er seit 1995 mit Freiraumplanern und Architekten. Er schuf den Klangturm an der Expo 02 in Biel. Seit 2006 ist er Dozent an der Zürcher Hochschule der Künste. Andres Bosshard Stadt hören Klangspaziergänge durch Zürich Mit einer Audio-CD von Andres Bosshard: «Choreophonie des Stadtklangs von Zürich» 192 Seiten, Karten, Grafiken Klappenbroschur Fr. 48.–*/ 32.– So haben Sie Zürich noch nie erlebt BESTELLUNG Bitte senden Sie mir mit Rechnung: Andres Bosshard Stadt hören Fr. 48.–*/ 32.–/+Versandkosten * unverbindliche Preisempfehlung ISBN 978-3-03823-549-1 Name, Vorname Strasse, Nr. PLZ, Ort E-Mail Telefon Datum, Unterschrift NZZ Libro Buchverlag Neue Zürcher Zeitung Postfach, CH-8021 Zürich Telefon +41 44 258 15 05, Fax +41 44 258 13 99 [email protected] Erhältlich auch in jeder Buchhandlung und im NZZ-Shop Falkenstrasse/Ecke Schillerstrasse, Zürich FOTOS: STEFAN HARTMANN NZZ am Sonntag 18. Juli 2010 Immobilien 37 Wohnen mit Stroh und Lehm Traditionelle Werkstoffe, verbunden mit neuster Bauweise, bieten hohen Komfort. In Therwil (BL) haben sich 5 Stockwerkeigentümer für Materialien entschieden, mit denen seit je gebaut wird. Von Stefan Hartmann Am Anfang des Projektes stand die Frage, was man aus einer unternutzten Parzelle von 1240 m 2 Grösse mit einem schlecht gebauten Einfamilienhaus, Baujahr 1977, anstellt. Grundstück und Haus damals noch auf freiem Feld am Dorfrand wurden 1992 von einer jungen Familie erworben. 1997 wurde das Gebiet eingezont. Ein völlig neues Quartier entstand. Das Leimental ist ein attraktives Siedlungsgebiet vor den Toren Basels. Der Entscheid zum Bau eines ökologischen Mehrfamilienhau- ses fiel 2007. «Das Haus sollte ohne fossile Energie betrieben, mit natürli- chen Baumaterialien sowie alters- und behindertengerecht gebaut sein», sagt Initiant Benedikt Rotach. Man machte sich auf die Suche nach Interessenten. Viele habe die unkonventionelle Bauweise mit Stroh und Lehm abge- schreckt, berichtet Rotach. Nach an- derthalb Jahren Suche waren die fünf bauwilligen Parteien beisammen. Trotz ökologischem Konsens gaben Details, Kostenverteilung und Wertquoten viel zu diskutieren, bis die Pläne definitiv waren und die Verträge unterschrie- ben. Vom Garten abgesehen gibt es kei- ne gemeinschaftlichen Räume. Das Haus verfügt über zwei Maisonnette- wohnungen, zwei Etagenwohnungen und ein Attika-Geschoss. Die Netto- wohnflächen der Wohnungen liegen bei 115 bis 140 m 2 . Baumaterial aus der Umgebung Zentral war die Verwendung von Bau- materialien mit guter Ökobilanz. «Zur Herstellung und Verarbeitung benöti- gen sie wenig graue Energie, zudem werden keine weiten Transportwege zurückgelegt», verdeutlicht Architekt Rainer Hettenbach. Idealerweise stam- men die Baustoffe aus der näheren Umgebung des Bauplatzes. So konnte die Speichermasse Lehm teilweise di- rekt dem Baugrund des Grundstücks entnommen werden. Und das nach- wachsende Stroh wurde in der Nach- bargemeinde beschafft. Die Strohbal- len wurden ein Jahr trocken gelagert und konnten unbehandelt verbaut wer- den. Stroh garantiert eine hochwertige Wärmedämmung. Das Gebäude in Therwil ist das derzeit grösste mit Strohballen gedämmte Haus in der Schweiz. Die natürlichen Baustoffe Holz, Lehm und Stroh haben einen grossen Vorteil; sie können wiederver- wertet oder rezykliert werden. «Ökolo- gisch bauen verursacht viel weniger Abfall»; sagt Hettenbach. Vor allem sei der Bauabfall viel kleiner. Hettenbach beziffert die Menge Bauabfall mit etwa einem Fünftel eines vergleichbaren konventionell gebauten Hauses. Die Holzlattenschalung der hinter- lüfteten Fassade schimmert in einem natürlichen, vorvergrauten Silberton. Sie weist eine gute Beständigkeit auf und ist eine Alternative zur natür- lichen Verwitterung, die meist unregel- mässig erfolgt. Die Grundkonstruktion des Hauses besteht aus Holzständern. Die aus Fichte hergestellten Brett- stapel-Elemente für Zwischenwände, Böden und Dach sind nur mit Holzdü- beln zusammengefügt. Die Elemente tragen auch zur Erfüllung der gesetzli- chen Schallschutz-Anforderungen bei. Die Platten sind formaldehydfrei ver- leimt, so dass sie die Innenraumluft nicht belasten. Insgesamt sind die Wände 55 cm dick. Die Innenwände weisen einen 6 cm dicken Putz aus lo- kalem Lehm auf. Darin sind die Elek- troinstallationen und zum Teil auch die Register der Wandheizung eingebettet. Lehmwände regulieren die Luftfeuch- tigkeit ideal, und sie absorbieren Lärm. Die in Holz/Metall ausgeführten Fens- ter sind dreifachverglast. Ein Teil der Böden in den Wohnungen trägt einen Belag aus Kalk und Mörtel; es ist der gleiche Boden wie im vor 1000 Jahren gebauten ersten Basler Münster. Atmendes Gebäude Die Anwendung von Lehm erfordert von den Handwerkern hohe Material- kenntnis und Geschick. Trotz den zahlreichen Vorzügen gilt Lehm unter Architekten und Bauschaften immer noch als exotischer Baustoff. Konven- tionelle Baustoffe wie Beton oder Backsteine sind nach wie vor Standard. Viele industriell hergestellte Lehmpro- dukte kommen heute aus Deutschland und den Niederlanden. Der Preis für das ökologische Bauen mit Lehm liegt rund 10 bis 15% höher als für gute kon- ventionelle Bauweise. Bauen mit Lehm Ältester Baustoff der Welt Lehm ist ein Gemisch aus Ton, Sand und Schluff (feiner Sand). Der seit Urzeiten bekannte Baustoff Lehm hat unterschätzte Qualitäten die jetzt allmählich wiederentdeckt werden: Er gleicht die Raumfeuchtigkeit aus, spei- chert Wärme und neutralisiert Gerüche. Lehmbauteile sind gänzlich resistent gegen Schimmelbildung, ausser es werden organische Zuschlagstoffe (z. B. Naturfaser-Armierung) verwendet. In diesem Falle braucht es ein besonderes Augenmerk bei der Verarbeitung und beim Trocknen. Lehm ist schadstofffrei und dämmt den Schall sehr gut. Und er weist eine erstaunliche Eigenschaft auf, die wissenschaftlich allerdings nicht erhärtet ist: Stroh-Lehm-Wände vermögen offenbar hochfrequente Strahlen (Mobilfunk) abzuschwächen. Für eine gute Handy-Verbindung müs- sen die Bewohner des Mehrfamilien- hauses in Therwil nach draussen gehen. Stefan Hartmann Ein Haus aus lokalen Baumaterialien Stroh, Lehm und Holz in Therwil (BL): Sichtbar ist nur das Holz. Zufriedene Bauherrschaft.

NZZ am Sonntag 18.07.10 MFH Therwilund ist eine Alternative zur natür-lichenVerwitterung,diemeistunregel-mässigerfolgt.DieGrundkonstruktion des Hauses besteht aus Holzständern

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Page 1: NZZ am Sonntag 18.07.10 MFH Therwilund ist eine Alternative zur natür-lichenVerwitterung,diemeistunregel-mässigerfolgt.DieGrundkonstruktion des Hauses besteht aus Holzständern

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Verlag Neue Zürcher Zeitung

Stadt hörenKlangspaziergängedurch ZürichAndres Bosshard

Dem Murmelstrom der tausend Trinkwasserbrun-

nen folgend, tauchen wir Schritt für Schritt ein in

die vielschichtigen Klangdimensionen von Zürich.

Auf sechs Klangspaziergängen voller Überra-

schungen und an zahlreichen hörenswerten

Orten entdecken wir die Stadt akustisch neu

und lassen uns verzaubern von Klangspielen,

Hörlabyrinthen, Donnerbögen und Flüstergale-

rien. «Stadt hören» beschreibt auch die Grundla-

gen eines Klangalphabets von Zürich, wirft einen

Blick zurück auf historische Klangräume und

zeigt künstlerische Visionen auf zur Entwicklung

und Neugestaltung der klingenden Stadt.

ANDRES BOSSHARD (*1955) studierte Musik-

wissenschaft und Kunstgeschichte in Zürich. Seit 1976

tritt er als Musiker und Klangkünstler auf, spielt an Fe-

stivals in Europa, Amerika, Japan, Indien.

Im Zusammenhang mit seinen Klangarchitekturen

arbeitet er seit 1995 mit Freiraumplanern und

Architekten. Er schuf den Klangturm an der Expo 02

in Biel. Seit 2006 ist er Dozent an der Zürcher

Hochschule der Künste.

Andres Bosshard

Stadt hören

Klangspaziergänge durch Zürich

Mit einer Audio-CD von Andres Bosshard:

«Choreophonie des Stadtklangs von Zürich»

192 Seiten, Karten, Grafiken

Klappenbroschur

Fr. 48.–*/€ 32.–

So haben Sie Zürich noch nie erlebt BESTELLUNG

Bitte senden Sie mir mit Rechnung:

Andres Bosshard

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ISBN 978-3-03823-549-1

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Erhältl ich auch in jeder Buchhandlung und im NZZ-Shop

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FOTOS:STEFANHARTMANN

NZZ am Sonntag ù 18. Juli 2010 Immobilien 37

Wohnenmit Stroh undLehmTraditionelleWerkstoffe, verbundenmit neuster Bauweise, bieten hohen Komfort. In Therwil (BL) habensich 5 Stockwerkeigentümer fürMaterialien entschieden,mit denen seit je gebautwird.Von StefanHartmann

Am Anfang des Projektes stand dieFrage, was man aus einer unternutztenParzelle von 1240 m2 Grösse mit einemschlecht gebauten Einfamilienhaus,Baujahr 1977, anstellt. Grundstück undHaus – damals noch auf freiem Feld amDorfrand – wurden 1992 von einerjungen Familie erworben. 1997 wurdedas Gebiet eingezont. Ein völlig neuesQuartier entstand. Das Leimental istein attraktives Siedlungsgebiet vor denToren Basels. Der Entscheid zum Baueines ökologischen Mehrfamilienhau-ses fiel 2007. «Das Haus sollte ohnefossile Energie betrieben, mit natürli-chen Baumaterialien sowie alters- undbehindertengerecht gebaut sein», sagtInitiant Benedikt Rotach. Man machtesich auf die Suche nach Interessenten.

Viele habe die unkonventionelleBauweise mit Stroh und Lehm abge-schreckt, berichtet Rotach. Nach an-derthalb Jahren Suche waren die fünfbauwilligen Parteien beisammen. Trotzökologischem Konsens gaben Details,Kostenverteilung und Wertquoten vielzu diskutieren, bis die Pläne definitiv

waren und die Verträge unterschrie-ben. VomGarten abgesehen gibt es kei-ne gemeinschaftlichen Räume. DasHaus verfügt über zwei Maisonnette-wohnungen, zwei Etagenwohnungenund ein Attika-Geschoss. Die Netto-wohnflächen der Wohnungen liegenbei 115 bis 140 m2.

Baumaterial aus derUmgebungZentral war die Verwendung von Bau-materialien mit guter Ökobilanz. «ZurHerstellung und Verarbeitung benöti-gen sie wenig graue Energie, zudemwerden keine weiten Transportwegezurückgelegt», verdeutlicht ArchitektRainer Hettenbach. Idealerweise stam-men die Baustoffe aus der näherenUmgebung des Bauplatzes. So konntedie Speichermasse Lehm teilweise di-rekt dem Baugrund des Grundstücksentnommen werden. Und das nach-wachsende Stroh wurde in der Nach-bargemeinde beschafft. Die Strohbal-len wurden ein Jahr trocken gelagertund konnten unbehandelt verbaut wer-den. Stroh garantiert eine hochwertige

Wärmedämmung. Das Gebäude inTherwil ist das derzeit grösste mitStrohballen gedämmte Haus in derSchweiz. Die natürlichen BaustoffeHolz, Lehm und Stroh haben einengrossen Vorteil; sie können wiederver-wertet oder rezykliert werden. «Ökolo-gisch bauen verursacht viel wenigerAbfall»; sagt Hettenbach. Vor allem seider Bauabfall viel kleiner. Hettenbachbeziffert die Menge Bauabfall mit etwaeinem Fünftel eines vergleichbarenkonventionell gebauten Hauses.

Die Holzlattenschalung der hinter-lüfteten Fassade schimmert in einemnatürlichen, vorvergrauten Silberton.Sie weist eine gute Beständigkeit aufund ist eine Alternative zur natür-lichen Verwitterung, die meist unregel-mässig erfolgt. Die Grundkonstruktiondes Hauses besteht aus Holzständern.Die aus Fichte hergestellten Brett-stapel-Elemente für Zwischenwände,Böden und Dach sind nur mit Holzdü-beln zusammengefügt. Die Elementetragen auch zur Erfüllung der gesetzli-chen Schallschutz-Anforderungen bei.

Die Platten sind formaldehydfrei ver-leimt, so dass sie die Innenraumluftnicht belasten. Insgesamt sind dieWände 55 cm dick. Die Innenwändeweisen einen 6 cm dicken Putz aus lo-

kalem Lehm auf. Darin sind die Elek-troinstallationen und zumTeil auch dieRegister der Wandheizung eingebettet.Lehmwände regulieren die Luftfeuch-tigkeit ideal, und sie absorbieren Lärm.Die in Holz/Metall ausgeführten Fens-ter sind dreifachverglast. Ein Teil derBöden in den Wohnungen trägt einenBelag aus Kalk und Mörtel; es ist dergleiche Boden wie im vor 1000 Jahrengebauten ersten Basler Münster.

AtmendesGebäudeDie Anwendung von Lehm erfordertvon den Handwerkern hohe Material-kenntnis und Geschick. Trotz denzahlreichen Vorzügen gilt Lehm unterArchitekten und Bauschaften immernoch als exotischer Baustoff. Konven-tionelle Baustoffe wie Beton oderBacksteine sind nach wie vor Standard.Viele industriell hergestellte Lehmpro-dukte kommen heute aus Deutschlandund den Niederlanden. Der Preis fürdas ökologische Bauen mit Lehm liegtrund 10 bis 15% höher als für gute kon-ventionelle Bauweise.

Bauenmit Lehm

ÄltesterBaustoffderWeltLehm ist ein Gemisch aus Ton, Sandund Schluff (feiner Sand). Der seitUrzeiten bekannte Baustoff Lehm hatunterschätzte Qualitäten – die jetztallmählich wiederentdeckt werden: Ergleicht die Raumfeuchtigkeit aus, spei-chertWärme und neutralisiert Gerüche.Lehmbauteile sind gänzlich resistentgegen Schimmelbildung, ausser eswerden organische Zuschlagstoffe (z. B.Naturfaser-Armierung) verwendet. Indiesem Falle braucht es ein besonderesAugenmerk bei der Verarbeitung undbeim Trocknen. Lehm ist schadstofffreiund dämmt den Schall sehr gut. Under weist eine erstaunliche Eigenschaftauf, die wissenschaftlich allerdingsnicht erhärtet ist: Stroh-Lehm-Wändevermögen offenbar hochfrequenteStrahlen (Mobilfunk) abzuschwächen.Für eine gute Handy-Verbindungmüs-sen die Bewohner desMehrfamilien-hauses in Therwil nach draussen gehen.Stefan Hartmann

Ein Haus aus lokalen Baumaterialien Stroh, Lehm und Holz in Therwil (BL): Sichtbar ist nur das Holz.

Zufriedene Bauherrschaft.