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Einschusslöcher - Spuren des Zweiten Weltkrieges Seit ich zum ersten Mal in Berlin war, interessiere ich mich für die Geschichte dieser Stadt. Mal hier, mal dort begegnete ich Spuren des Zweiten Weltkrieges. So kam ich später auf die Idee, eine Fotoserie über die Kriegsschäden und insbesondere über Einschusslöch- er in Berlin zu machen. Auf der Suche nach Motiven wurden diese Kriegswunden für mich lebendig und ich bekam einen viel besseren Eindruck, was 66 Jahre nach Kriegsende noch zu finden ist. Bei meiner Recherche stieß ich auf einen Artikel im Berliner Tagesspiegel. Dieser berichtete im Dezember 2005, eine Historikerin wolle “touristisch wertvolle” - gemeint waren vom Krieg beschädigte - Fassaden im Berliner Stadtgebiet erhalten. Ihre Initiative stieß auf wenig Gegenliebe. Zu gering war das Interesse, im Krieg beschädigte Häuser zu bewahren, um Berlinern und Touristen ein Bild der Stadt nach 1945 zu vermit- teln, wenn sie durch die sanierten Kieze schlendern. Sechs Jahre später stelle ich fest, dass immer weniger Zeugnisse aus jener Zeit zu finden sind. Ganze Stadt - viertel, beispielsweise in Prenzlauer Berg sind nahezu vollständig saniert. Häuser und Höfe wie die Rosen- thaler Straße 39 in Mitte, die im Zustand der alten Zeit konserviert wurden, sind nur Inseln in Berlin. Dennoch, zu finden sind sie, die Einschusslöcher und Reste von Granattreffern, vornehmlich in Mitte, dem zu Krieg- sende schwer umkämpften Zentrum, wenn man richtig sucht und mit offenen Augen durch die Stadt geht. Mir begegneten unsanierte Fassaden im Hof der Sophienkirche und konservierte Kriegsschäden an den grauen Säulen der Kolonnaden vor dem Neuen Mu- seum und der Alten Nationalgalerie, die sich deutlich vom sanierten Sandstein ihrer Schwestern abheben. Spuren der Kämpfe ließen und lassen sich ebenfalls an renovierten und gestrichenen Fassaden finden, wo man hier und da die Löcher nicht verputzte. Zu guter Letzt zeigen beispielsweise die andersfarbigen, rech- teckigen Verfüllungen am Berliner Dom vom Umfang der früheren Beschädigungen. Während meiner Fototouren durch die Stadt be- gleiteten mich viele Gedanken und unbeantwortete Fragen. Diese Narben des Krieges waren für mich der Anlass, über die Veränderung der Stadt nachzudenken, sowie an die vielen Kriege zu denken, die zu oft statt- gefunden haben und weltweit immer noch stattfinden. Weitere Bilder und Details auf : tinyurl.com/einschus Seite 5 OBERLINER.DE OBERLINER IST ... ... ein Lokalmagazin für Berlin, das die Leute dieser Stadt gemeinsam gestalten und das dabei vor allem das soziale Leben der Stadt beleuchtet. Wie der Name verrät - “O” steht für Online - lebt dieses Magazin hauptsächlich im Internet, auf www.oberliner. de. Aber um Leute wie dich zu erreichen, geben wir nun auch die Druckversion heraus, die du gerade in der Hand hältst. Unser Plan ist, jede Woche eine Auflage zu drucken und in Berlin zu verteilen. Du wunderst dich vielleicht über die kleine Größe von OBERLINER - Damit wollen wir ausprobieren und zeigen, wie solch ein Projekt auch mit einem minimalem Aufwand materieller Ressourcen verbreitet werden kann. Gefällt dir diese Idee? Nichts freut uns mehr als dass du Teil davon wirst! Du kannst dich unserem Team anschließen oder einfach einen Artikel über irgend ein soziales Thema des Le- bens in Berlin schreiben, Fotos posten oder der Stadt deine Meinung geigen. Unter www.oberliner.de/machmit erfährst du, wie. Für weitere Fragen erreichst du uns ansonsten auch über: 0176 7980 5445 oder [email protected] Vergessene Fahrräder: Was sie uns sagen Eines Tages auf dem Rückweg von meiner Sprach- schule nach Hause entschied ich, alle übriggebli- ebenen Fahrräder zu zählen, an denen ich vorbeikom- men würde. Es ist kaum zu glauben, aber in 45 Minuten habe ich ganze - bzw. eben nicht immer ganze - 32 Stück gezählt! Vielen dieser Tretesel ging es noch ziemlich gut, abgesehen davon, dass ihren Reifen die Luft aus- gegangen war und einige Rahmen wegen des Regens zu rosten angefangen haben. Nun gibt es sicherlich jede Menge verschiedener Gründe, die erklären, warum Leute dieser Stadt ihre sehr persönlichen Besitztümer auf der Straße zurück- lassen, aber mir erscheint es noch immer etwas selt- sam. Weitere Bilder auf: tinyurl.com/zbitte von AINA CLIMENT Seite 6 OBERLINER.DE Lichtenbergs ehemalige Stasigelände und Umgebung Wie angekündigt, ging es an diesem stürmischen Aprilabend nach Lichtenberg in das ehemalige Sta- sigelände und Umgebung Allgemeines: Wie so oft auf unseren Touren müssen wir auch diesmal lose feststellen, dass Berlin voller Gegensätze ist. Während sich auf der einen Straßenseite Unkraut und Gebüsche über verfallene und verlassene Indus- triegelände hermachen, schmücken auf der anderen Seite brave Bürger ihre Reihenhäuser vorbildlich mit Osterschmuck. Die Geschichte, die auf der einen Seite um jeden Preis vergessen werden möchte, wird gegenüber wieder- belebt und neu gestaltet. In dieser Gegend findet sich also fast alles, was eine Stadt an Behausungen anbieten kann: Plattenbauten, zum Teil saniert (wie das schicke Amt für Arbeit), Reihenhäuser, Einfamilien- häuser, Obdachlosenheime und Arbeiterkasernen. Nicht zu vergessen selbstverständlich die eigenwil- lige Architektur diverser Discounter. Hinsichtlich der Infrastruktur für die Bürger ist ansonsten wenig Spektakuläres zu berichten. Keine Cafes, keine Bäcker, keine Imbisse, keine Vereine, das fällt auf! Highlights: Pferdebouletten für schlappe 1,20€ auf dem Gelände des ehemaligen Stasihauptquartiers (sonntags leider geschlossen) Dokumentationsmöglichkeiten von der Rückero- berung des urbanen Raumes durch die Natur Obdachlosenwohnheim in der Siegfriedstr. (ob- wohl wir nicht sicher sind, ob das ein Highlight ist) Zoschke-Stadion in der Ruschestr. Natürlich nicht zu vergessen das Schmuckstück: Agentur für Arbeit in der Gotlindestr. Kleingartenanlage Siegfriedslust Vogelzwitschern Erkenntnisse: Obwohl unsere Gastläuferin Maja wirklich Ausdauer und eiserne Disziplin mitgebracht hat, ließen wir uns von den vielen Eindrücken und der Geselligkeit der kleinen Runde allzu leicht ablenken und schafften nicht die vorgenommene Strecke. Rückschläge ge- hören eben zum Leben dazu. Weitere Bilder und Details dieser Wanda-Tour auf: tinyurl.com/wanda3 Sie haben bereits eine Webseite oder starten neu und suchen einen zuverlässigen Partner, der Ihnen auch nach der Website-Entwicklung zur Seite steht? In einem persönlichen Gespräch besprechen wir gern Ihre Fragen und Ideen. Unverbindliche Vor- Ort- Beratung: NAXAF DIGITAL SOLUTIONS Tel: 0176 7980 5445 E-mail: [email protected] Web: www.naxaf.com Jetzt Termin anfordern! DAS WANDA VON BERLIN | OBERLINER.DE/WANDA Schicke uns deinen Artikel oder deine Fotoserie an: [email protected] Teile Lieblingsfotos aus deinem Leben in Berlin auf: 360.oberliner.de Rufe es raus in die Stadt durch ein Post auf unsere Pinnwand: puls.oberliner.de web designs Werde Fan auf unserer Facebook-Seite und gewinne ein iPad2 Wir vergeben ein kostenloses iPad2 und 10 gratis Weinflaschen an unsere Fans. Trete unserer Fanseite bei und nutze deine Chance auf den Gewinn! Link zu unserer Fanseite: www.oharb.de/facebook Unten findest du Werbeanzeigen der Unterstützer, die uns helfen, die Kosten für die Produktion, den Druck und die Verteilung von OBERLINER zu finanzieren. Willst auch du deine Anzeige hier und auf unserer Webseite sehen bzw. möchtest unser Projekt unterstützen? Unter www.oberliner.de/anzeigen oder über 0176 32989897 erfährst du mehr. Copyshop Warschauerstr Warschauerstr. 36 10243 Berlin Tel: 030 545 988 20 Fax: 030 545 988 22 Email: [email protected] Web:www.copyshopwarschauerstr.de [email protected] www.oharb.de Man schottet sich jedoch lieber ab. Wahrscheinlich vor biertrinkenden Rowdies. Was es nicht alles gibt und wonach man nicht alles eine Straße benennen kann.

OBERLINER Teaser May 2013

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Mai Teaser für OBERLINER

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Page 1: OBERLINER Teaser May 2013

Einschusslöcher - Spuren des Zweiten Weltkrieges

Seit ich zum ersten Mal in Berlin war, interessiere ich mich für die Geschichte dieser Stadt. Mal hier, mal dort begegnete ich Spuren des Zweiten Weltkrieges. So kam ich später auf die Idee, eine Fotoserie über die Kriegsschäden und insbesondere über Einschusslöch-er in Berlin zu machen. Auf der Suche nach Motiven wurden diese Kriegswunden für mich lebendig und ich bekam einen viel besseren Eindruck, was 66 Jahre nach Kriegsende noch zu finden ist.

Bei meiner Recherche stieß ich auf einen Artikel im Berliner Tagesspiegel. Dieser berichtete im Dezember 2005, eine Historikerin wolle “touristisch wertvolle” - gemeint waren vom Krieg beschädigte - Fassaden im Berliner Stadtgebiet erhalten. Ihre Initiative stieß auf wenig Gegenliebe. Zu gering war das Interesse, im Krieg beschädigte Häuser zu bewahren, um Berlinern und Touristen ein Bild der Stadt nach 1945 zu vermit-teln, wenn sie durch die sanierten Kieze schlendern.

Sechs Jahre später stelle ich fest, dass immer weniger Zeugnisse aus jener Zeit zu finden sind. Ganze Stadt-viertel, beispielsweise in Prenzlauer Berg sind nahezu vollständig saniert. Häuser und Höfe wie die Rosen-thaler Straße 39 in Mitte, die im Zustand der alten Zeit konserviert wurden, sind nur Inseln in Berlin. Dennoch, zu finden sind sie, die Einschusslöcher und Reste von Granattreffern, vornehmlich in Mitte, dem zu Krieg-sende schwer umkämpften Zentrum, wenn man richtig sucht und mit offenen Augen durch die Stadt geht.

Mir begegneten unsanierte Fassaden im Hof der Sophienkirche und konservierte Kriegsschäden an den grauen Säulen der Kolonnaden vor dem Neuen Mu-seum und der Alten Nationalgalerie, die sich deutlich vom sanierten Sandstein ihrer Schwestern abheben. Spuren der Kämpfe ließen und lassen sich ebenfalls

an renovierten und gestrichenen Fassaden finden, wo man hier und da die Löcher nicht verputzte. Zu guter Letzt zeigen beispielsweise die andersfarbigen, rech-teckigen Verfüllungen am Berliner Dom vom Umfang der früheren Beschädigungen. Während meiner Fototouren durch die Stadt be-gleiteten mich viele Gedanken und unbeantwortete Fragen. Diese Narben des Krieges waren für mich der Anlass, über die Veränderung der Stadt nachzudenken, sowie an die vielen Kriege zu denken, die zu oft statt-gefunden haben und weltweit immer noch stattfinden.

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OBERLINER IST ...... ein Lokalmagazin für Berlin, das die Leute dieser Stadt gemeinsam gestalten und das dabei vor allem das soziale Leben der Stadt beleuchtet.

Wie der Name verrät - “O” steht für Online - lebt dieses Magazin hauptsächlich im Internet, auf www.oberliner.de. Aber um Leute wie dich zu erreichen, geben wir nun auch die Druckversion heraus, die du gerade in der Hand hältst. Unser Plan ist, jede Woche eine Auflage zu drucken und in Berlin zu verteilen.Du wunderst dich vielleicht über die kleine Größe von OBERLINER - Damit wollen wir ausprobieren und zeigen, wie solch ein Projekt auch mit einem minimalem Aufwand materieller Ressourcen verbreitet werden kann. Gefällt dir diese Idee? Nichts freut uns mehr als dass du Teil davon wirst!Du kannst dich unserem Team anschließen oder einfach einen Artikel über irgend ein soziales Thema des Le-bens in Berlin schreiben, Fotos posten oder der Stadt deine Meinung geigen. Unter www.oberliner.de/machmit erfährst du, wie.

Für weitere Fragen erreichst du uns ansonsten auch über: 0176 7980 5445 oder [email protected]

Vergessene Fahrräder: Was sie uns sagenEines Tages auf dem Rückweg von meiner Sprach-schule nach Hause entschied ich, alle übriggebli-ebenen Fahrräder zu zählen, an denen ich vorbeikom-men würde. Es ist kaum zu glauben, aber in 45 Minuten habe ich ganze - bzw. eben nicht immer ganze - 32 Stück gezählt! Vielen dieser Tretesel ging es noch ziemlich gut, abgesehen davon, dass ihren Reifen die Luft aus-gegangen war und einige Rahmen wegen des Regens

zu rosten angefangen haben.Nun gibt es sicherlich jede Menge verschiedener Gründe, die erklären, warum Leute dieser Stadt ihre sehr persönlichen Besitztümer auf der Straße zurück-lassen, aber mir erscheint es noch immer etwas selt-sam.

Weitere Bilder auf: tinyurl.com/zbitte

von AINA CLIMENT

Seite 6 OBERLINER.DE

Lichtenbergs ehemalige Stasigelände und Umgebung

Wie angekündigt, ging es an diesem stürmischen Aprilabend nach Lichtenberg in das ehemalige Sta-sigelände und Umgebung

Allgemeines:

Wie so oft auf unseren Touren müssen wir auch diesmal lose feststellen, dass Berlin voller Gegensätze ist. Während sich auf der einen Straßenseite Unkraut und Gebüsche über verfallene und verlassene Indus-triegelände hermachen, schmücken auf der anderen Seite brave Bürger ihre Reihenhäuser vorbildlich mit Osterschmuck.

Die Geschichte, die auf der einen Seite um jeden Preis vergessen werden möchte, wird gegenüber wieder-belebt und neu gestaltet. In dieser Gegend findet sich also fast alles, was eine Stadt an Behausungen anbieten kann: Plattenbauten, zum Teil saniert (wie das schicke Amt für Arbeit), Reihenhäuser, Einfamilien-häuser, Obdachlosenheime und Arbeiterkasernen.

Nicht zu vergessen selbstverständlich die eigenwil-lige Architektur diverser Discounter. Hinsichtlich der Infrastruktur für die Bürger ist ansonsten wenig Spektakuläres zu berichten. Keine Cafes, keine Bäcker, keine Imbisse, keine Vereine, das fällt auf!

Highlights:

• Pferdebouletten für schlappe 1,20€ auf dem Gelände des ehemaligen Stasihauptquartiers (sonntags leider geschlossen)

• Dokumentationsmöglichkeiten von der Rückero-berung des urbanen Raumes durch die Natur

• Obdachlosenwohnheim in der Siegfriedstr. (ob-wohl wir nicht sicher sind, ob das ein Highlight ist)

• Zoschke-Stadion in der Ruschestr.• Natürlich nicht zu vergessen das Schmuckstück:

Agentur für Arbeit in der Gotlindestr.• Kleingartenanlage Siegfriedslust• Vogelzwitschern

Erkenntnisse:

Obwohl unsere Gastläuferin Maja wirklich Ausdauer und eiserne Disziplin mitgebracht hat, ließen wir uns von den vielen Eindrücken und der Geselligkeit der kleinen Runde allzu leicht ablenken und schafften nicht die vorgenommene Strecke. Rückschläge ge-hören eben zum Leben dazu.

Weitere Bilder und Details dieser Wanda-Tour auf: tinyurl.com/wanda3

Sie haben bereits eine Webseite oder starten neu und suchen einen zuverlässigen Partner, der Ihnen auch nach der Website-Entwicklung zur Seite steht?In einem persönlichen Gespräch besprechen wir gern Ihre Fragen und Ideen.

Unverbindliche Vor- Ort- Beratung: NAXAF DIGITAL SOLUTIONS

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Man schottet sich jedoch lieber ab. Wahrscheinlich vor biertrinkenden Rowdies.

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Urban Exploring:

Die verlassene Eisfabrik in Mitte

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Berlin und die Blinden DatesIn Berlin gibt es unzählige Bars, die auch an einem gewöhnlichen Mittwoch gerammelt voll sind und das bis morgens um 5 Uhr. Das liegt aber nicht daran, dass Berlin eine Großstadt ist. Man trifft in diesen Bars an diesen Tagen vor allem Singles und erste Dates. Oder Menschen, die in der Werbebranche oder beim Film arbeiten.

Am spannendsten zu beobachten sind die Blind Dates. An einem gewöhnlichen Mittwoch betreten also dieser Mann und diese Frau die Bar. Sie fallen sofort auf, denn sie sind angespannt und noch nicht vertraut miteinander. Außerdem sucht sie sofort die Toilette auf. Wenn es für ihn gut läuft, um sich ihres Make-ups zu vergewissern. Wenn es für ihn schlecht läuft, um

eine Freundin anzurufen und zu berichten, dass der Typ furchtbar ist. Beide bestellen nur Drinks mit wenig Alkohol - Bier oder Wein. Vielleicht damit sie sich nicht der Gefahr aussetzen, bei einem ersten Date gleich das Innerste nach Außen zu kehren.

Nachdem sie sich setzen, beginnt das Schauspiel. Die ersten Fragen werden abgehakt und ohne große Ausschmückungen beantwortet. Was machst du beruflich? Kommst du aus Berlin? Wie war dein Tag? Allerdings beginnt ausschließlich er immer wieder das Gespräch und sie beendet jeden seiner Versuche mit verschränkten Armen. Und er stellt weiter Fragen

– versucht ihre Mauer zaghaft einzurammen – sie an-twortet nur mit Ja oder Nein und verharrt versteinert. Überall Kommunikation, nirgendwo Worte. Ihre Körper reden für sie. Seine Arme liegen auf dem Tisch, sein Oberkörper ist vorgebeugt. Und je näher er ihr kommt, desto weiter entfernt sie sich. Er gibt sich solche Mühe und sie ist so bemüht - zu lächeln, zu antworten, zu schweigen. Das erste Glas Wein ist geleert, sie verabschiedet sich erneut und geht zur Toilette. In der Zwischenzeit beginnt er alles, was auf dem Tisch liegt, symmetrisch anzuordnen - Feuerzeug, Zigaretten, Kerzenständer und Serviette stehen nun in Reih und Glied. Sie kommt wieder und bemerkt gar nichts. Er wahrscheinlich auch nicht. Sie schaut nur auf ihr Handy und lächelt zum ersten Mal an diesem Abend ehrlich. Der nächste zum Scheitern verurteilte Versuch, ein Gespräch zu beginnen, wird gewagt. Das Thema

scheint sie sogar zu interessieren, denn in ihrem Gesicht regt sich was und auch ihre Hände lösen sich aus ihrer Umklammerung und werden zum Erzählen eingesetzt. Es bleibt aber bei Monologen. Hände und Mimik wandern wieder zurück in ihre Ausgangsposi-tion. Sie will ihn nicht beeindrucken und er kann es nicht. Nach dem zweiten Glas verlassen sie die Bar und bleiben füreinander stumpfe Spiegel.Deswegen sind Blind Dates in Berlin eben auch ganz häufig blinde Dates.

Und in diesen Momenten kann man sie schon fast körperlich spüren - die Berliner Einsamkeit.

OBERLINER.DE OBERLINER.DE OBERLINER.DE

von SAMUELA NICKEL

Wie seht ihr das? Der Berliner Nahverkehr ...

1. soll billiger werden 2. soll kostenlos werden 3. soll bleiben, wie er ist

Eure Meinung auf:tinyurl.com/nulltrf

Als ich durch verschiedene Websites browste, landete ich bei einem sehr interessanten tumblr Blog genannt: “What Ali Wore” (“Was Ali trug”), einem 83-jährigen Berliner Ali gewidmet. Der Blog wurde von Zoe Spawton (29) begonnen, die eine Fotografin, spezialisiert auf Essen und Dokumentationen, ist. Laut ihrer Website arbeitet sie als Kellnerin in einem Café in Neukölln. Nachdem sie mehrere Wochen lang immer wieder einen älteren, gut gekleideten Mann beobachtet hatte, der jeden Morgen am Café vorbei ging und den sie höflich grüßte, nahm sie endlich all ihren Mut zusammen und sprach ihn an. Letzten Sommer fragte sie ihn um Erlaubnis, ihn zu fotografieren und die Fotos in ihren Blog zu stellen.

“Zuerst dachte er, das sei lustig. Und ich glaube, er war ein bisschen stolz. Jetzt gibt er mir Anweisungen und zeigt mir, wie er Modell stehen will, obwohl er es nicht jeden Tag erlaubt, erzählte Spawton der Website von Der Spiegel kürzlich.

Weitere Bilder und Details auf: tinyurl.com/alitrug

Was Ali trug

Die Greifswalder Straße in Prenzlauer Berg gehört vermutlich nicht zu den Ecken, die der Berliner als sonderlich schnieke bezeichnen würde. Dafür ist die einstige Flaniermeile der DDR in den letzten zwanzig Jahren viel zu trist geworden. Ein Großteil der damaligen Geschäfte ist mittlerweile längst verschwunden. Und seitdem im letzten Jahr auch noch der Magnet Club nach Kreuzberg gezogen ist und der legendäre Knaack-Club nach 59 Jahren schließen musste, ist die Greifswalder Straße nicht einmal mehr ausgehtauglich. Kurz: Die einstige, recht ansehnliche, Protokollstrecke der DDR, auf der damals die SED-Oberen zwischen ihrem Haus in Wandlitz und ihrem innerstädtischen Arbeitsplatz hin- und herpendelten, hat sich in eine unbedeutende Straße verwandelt, in der heutzutage weder gefeiert noch großartig flaniert werden kann.

Wer allerdings genau hinsieht, wird zwischen Bio- und Neuland-Läden, die das Greifswalder Straßen-bild vor allem in Nähe der Hufelandstraße seit ein paar Jahren beherrschen, auch einige Geschäfte und Sehenswürdigkeiten entdecken, die den Wandel der Zeit, mehr oder minder unbeschadet, überlebt haben. So steht das 1986 erbaute 14 Meter hohe Ernst-Thälmann-Denkmal, trotz geplanter Abrissvorhaben und

einer stetig wechselnden Graffiti-Glasur, noch immer im gleichnamigen Park. Und auch die urige Berliner Eckkneipe „Willy Bresch“ ist seit mittler-weile über 40 Jahren ein fester Bestandteil der Greifswalder Straße und damit eine der wenigen noch existierenden Eckkneipen in Prenzlauer Berg. Wie lange dort noch Bier und Korn über die Theke wandern, ist allerdings schwer einzuschätzen. Wenn die Mieten weiter so rasant steigen und die noch übrigen alteingesessenen Stammkunden gezwun-gen sind, wegzuziehen, könnte es möglicherweise ganz schön eng werden für „Willy Bresch“.

Weitere Bilder und Details auf : tinyurl.com/altneuem

Wenn Altes langsam Neuem weicht

Wie ein Niemandsland im Herzen des Gewusels steht eine verlassene Eisfabrik in dem dicht bevölkerten Mitte Kiez. Wenige Meter entfernt fließt die Spree, in den daneben stehenden Gebäuden liegen Büros und das KaterHolzig.

Die unter Denkmalschutz stehende verlassene Eisfabrik auf der Köpenicker Straße zählt zu den ältesten Deutschlands. Doch nur wenige wissen, was sich hinter der Mauer mit der verblichenen Schrift „VEB Kühl-betrieb Berlin, Werk II“ verbirgt. Die Geschichte der Eisfabrik fing im Jahre 1893 an. Damals erwarb der Gründer der Norddeutschen Eiswerke, Carl Bolle (1832-1910) – der dank der immer vorhandenen Glöckchen auf seinem Milchwagen den Spitznamen Bimmel-Bolle trug –, die Köpenicker Straße 40-41. Drei Jahre später begann dort die Eisproduktion.

Für die wachsende Stadt Berlin von damals war dies von großer Bedeutung, denn Privathaushalte

verfügten über keine Kühlschränke. Stattdessen bekamen Kneipen, Haushalte, Brauereien usw. ihr Eis aus der Fabrik in Stangen (ca. 20 x 20 Zentimeter bei bis zu 1,50 Meter) geliefert. Bis ans Ende der 1970er Jahre wurde auch die Milch auf Bolles Milchlieferwagen mit Stangeneis gekühlt.Für über 25 Jahre lief das Geschäft gut: Zwischen 1909/1910 wurden unter der Leitung des Bauunterne-hmers Albert Biebendt zusätzliche Wohn- und Fabrikanlagen zur Kunsteisproduktion errichtet. Anschließend kamen zwischen 1913/1922 eine Eismaschine (noch heute vorhanden), drei Kühlhäuser und ein Maschinenhaus dazu.Doch danach traf die Fabrik der Schicksalsschlag: 1945 zer-störten Bomben eines der beiden Wohnhäuser der Fabrik. Kurz danach, im Jahre 1951, musste die Produktion an Stangeneis wegen sinkenden Bedarfs auf 50% reduzi-ert werden. Das endgültige Aus lies noch bis 1995 auf sich warten, als die Türen des Betriebes auf der Köpenicker Straße dann ein letztes

mal ins Schloss fielen.Mittlerweile ist leider schon viel des ursprünglichen Geländes verloren gegangen und die Fabrik von seiner Umgebung verlassen und vergessen. Wie viel länger die letzten Gebäude überleben werden ist unklar, denn es wird immer wie-der im Rahmen des umstrittenen Mediaspree-Projekts über einen eventuellen Abriss diskutiert.Ein seltener Fund in der „Urban Exploring“ Szene. In Berlin und Umgebung gibt es zahlreiche „Lost Places“, die mittlerweile teils so bekannt sind, dass sogar Filmregis-seure wie Joe Wright Szenen von „Wer ist Hanna?“ in dem Spreepark in Friedrichshain drehen ließ.

Wer Lust hat, selbst mal reinzus-chleichen, sollte mitbringen: einen Fotoapparat, reißfeste Klamot-ten (falls man doch am Zaun hängen bleibt), feste Schuhe und – die Geruchsempfindlichen – ein parfümiertes Taschentuch (denn auch in der Eisfabrik sind Ecken von Obdachlosen als praktische Toilette auserwählt worden).

Nulltarif: nach Tallinn auch in Berlin?

Bahnfahren zum

Die Piratenpartei setzt sich schon seit einiger Zeit dafür ein, in Berlin einen kostenlosen öffentlichen Personenverkehr einzurichten. Seit Januar 2013 ist der Nahverkehr in der estländischen Hauptstadt Tallinn umsonst.

Warum Berlin meiner Ansicht nach versuchen sollte, diesem Beispiel zu folgen: Das erste auf der Hand liegende Argument dafür ist der Umweltschutz.

Wenn der Personenverkehr kostenlos ist, wird er auch attraktiver für andere Verkeh-rsteilnehmer, weniger würden das Auto nehmen. Auch Fußgänger und Radfahrer

könnten umsteigen, was insgesamt weniger Verkehrsunfälle zur Folge hätte.

Dafür muss aber durchaus das Streckennetz weiter ausgebaut werden und sogar neue Linien müssten entstehen, damit zur Rushhour nicht japanische Verhältnisse herrschen. Finanziert werden kann dies durch Einsparungen bei der Wartung der Fahrkartenautomaten und das Wegfallen der Kosten durch Kontrolleure. Zusätzlich können noch höhere Parkplatzgebühren eingeführt werden, mit denen der Stadtverkehr querfi-nanziert wird. Außerdem können diese vielen Orte in Berlin, die nur dem Parken dienen, für das öffentliche Leben ausgestaltet werden.

Der Umstieg von den zur Zeit teuren Fahrpreisen zu kostenlosem Bus- und Bahnverkehr scheint utopisch, ist aber in kleinen Schritten durchaus zu schaffen. Durch die schrittweise Reduzierung des Fahrpreises, die Entprivatisierung der Bahn und mittels Unterstützung des Nahverkehrs durch die Kommunen entstünde ein Fahrklima, bei dem niemand ausgeschlossen wird oder Angst haben muss, kontrolliert zu werden.

In Tallinn müssen Touristen weiterhin den regulären Preis zahlen. Ob das auch eine Möglichkeit für Berlin ist, bleibt abzuwägen, da Berlin als Touristenstadt noch attraktiver werden würde. Allerdings ist die Stadt auch jetzt schon sehr überlaufen.Es gilt jetzt den Ablauf in Tallinn zu beobachten und ernsthaft abzuwägen, auch den Berliner Nahverkehr den Berlinern nahe zu bringen. Möglich ist es dur-chaus.

von JESSIKA

von ANNE HECTOR

Es ist Montagabend, die U-Bahn ist voll. Leute sind auf ihrem Weg nach Hause - und sehen müde aus. Vielleicht haben sie einen stressigen Tag hinter sich oder Hunger oder Kopfschmerzen. Plötzlich steigt ein junger Typ mit einer Gitarre in der Hand in die Bahn und stimmt einen lauten Song für die dicht gedrängten Fahrgäste an. Die Reaktionen auf ihn könnten unterschiedlicher nicht sein: Manche der Fahrgäste lächeln angesichts des unerwarteten Ereignisses, als ob diese Unterbrechung der Routine ihren Tag rettete. Andere wiederum scheinen die Klänge mit ihren Blicken töten zu wollen - ganz als

könnten sie sich keine schlimmere Störung ihres Nachhausewegs vorstellen.

Es gibt viele Leute, die im Untergrund Berlins Musik spielen - jeder mit unterschiedlichem Anspruch. Einmal sah ich eine ältere Dame, welche die Bahn einfach mit Chorgesang aus ihrem alten Kassetten-spieler beschallte und dafür Geld erwartete. Andere Male wird man wiederum regelrecht davon über-rascht, wie talentiert manche Leute sind.

Eure Meinung auf: tinyurl.com/bahnmusik

Straßenmusiker in der U-Bahn schön oder scheiße?

von STEFANIE TALASKA