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Oberst a. D. OMuR Dr. Manfred Lachmann Dargestellte Militärgeschichte Bewahrenswerte Fakten aus der Geschichte des anderen deutschen Armeemuseums Mit einem feierlichen Akt wurde 1961 in Potsdam das Deutsche Armeemuseum eröffnet. Ein Jahrzehnt später ist daraus das wesentlich größere Armeemuseum der Deutschen Demokratischen Republik in Dresden hervorgegangen. Als eine der wenigen Institutionen der im Oktober 1990 untergegangenen Nationalen Volksarmee ist dieses Museum mit seinen Sammlungen, den Ausstellungen und mit anfangs nahezu ungeschmälertem personellem Bestand von der Bundeswehr komplett übernommen und weitergeführt worden. Im Unterschied zu dem einst gleichfalls dem Ministerium für Nationale Verteidigung unterstellten Militärverlag der DDR, dem Armeefilmstudio, dem „Erich- Weinert-Ensemble“ oder anderen wissenschaftlichen, publizistischen und kulturellen Einrichtungen der NVA wurde es nicht abgewickelt. Nunmehr nimmt es die Funktion des zentralen Leitmuseums der „Arbeitsgemeinschaft wehrgeschichtlicher Museen und Sammlungen“ der Bundesrepublik wahr. (1) Gewiß wird es nicht nur Historiker interessieren, welche Faktoren und Umstände das Entstehen, die Entwicklung sowie den scheinbar reibungslosen Übergang des „ersten sozialistischen deutschen Armee- museums“ zum „Militärhistorischen Museum der Bundeswehr“ bestimmend geprägt haben. Aus der Sicht des an jenem Prozeß vom ersten bis zum letzten Tage unmittelbar Beteiligten sollen sie anhand ausgewählter Beispiele im folgenden zumindest skizziert werden. Deutsche Militärmuseen vor 1945 Spezialmuseen mit dem gesellschaftlichen Auftrag, historische Sachzeugen des Militärwesens, der Streitkräfte und der Kriege zu sammeln, zu bewahren, zu erschließen und auszustellen, gibt es in beinahe allen Staaten der Erde. Ihre Wurzeln reichen weit in die Menschheitsgeschichte zurück. Wie Ausgrabungen belegten, war es bereits seit dem 9. Jahrhundert v. u.Z. in Assyrien und im frühgeschichtlichen Babylon üblich, militärische Trophäen zu bewahren. (2) Militärmuseen, wie wir sie kennen, haben sich in Europa in der Regel erst im 19. Jahrhundert, insbesondere mit dem Aufkommen der allgemeinen Wehrpflicht herausgebildet. Meist erwuchsen sie aus den in fürstlichen Rüstkammern und in kommunalen oder militärischen Zeughäusern aufbewahrten Beständen an Waffen, Kriegsgerät und Trophäen. In Deutschland schlug ihre Geburtsstunde erst nach der Reichseinigung im Jahre 1871. Auf der Grundlage „Allerhöchster Kabinettsordres“ der jeweiligen Landesherren wurden 1881 das Preußische Heeresmuseum im Berliner Zeughaus und das Bayerische Armee- museum in München, 1897 das Sächsische Armeemuseum in Dresden, 1900 die Reichs- Marinesammlung im Berliner Museum für Meereskunde und 1914 die Ruhmeshalle im Arsenal zu Schwerin errichtet. Ihre Aufgabe läßt sich wohl am besten mit folgendem Zitat umreißen: Als „Ehren- und Ruhmestempel“ der wichtigsten Kontingentsarmeen - vor 1919 existierte bekanntlich in Deutschland de jure kein Reichsheer - sowie der Kaiserlichen Flotte bestand ihre Bestimmung darin, „dem Besucher und vor allem dem Soldaten den Waffenruhm und die unter dem angestammten Herrscherhause errungenen kriegerischen Erfolge seiner Vorfahren näherzurücken.“ (3) Im Verlaufe des Ersten Weltkrieges wuchsen den deutschen Armeemuseen aus dem militärischen Beutegut, das vom Preußischen Kriegsministerium eingesetzte spezielle Sammelkommandos nicht nur auf den Schlachtfeldern erfaßt und nach Deutschland verbracht haben, erhebliche Neubestände zu. Nach dem Zusammenbruch des deutschen Kaiserreiches erzwangen die alliierten Siegermächte von Deutschland die Herausgabe unrechtmäßig eingebrachter Kriegsbeute, im Klartext der aus der Plünderung kommu-

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Oberst a. D. OMuR Dr. Manfred LachmannDargestellte MilitärgeschichteBewahrenswerte Fakten aus der Geschichte des anderen deutschen Armeemuseums

Mit einem feierlichen Akt wurde 1961 in Potsdam das Deutsche Armeemuseum eröffnet.Ein Jahrzehnt später ist daraus das wesentlich größere Armeemuseum der DeutschenDemokratischen Republik in Dresden hervorgegangen. Als eine der wenigen Institutionender im Oktober 1990 untergegangenen Nationalen Volksarmee ist dieses Museum mitseinen Sammlungen, den Ausstellungen und mit anfangs nahezu ungeschmälertempersonellem Bestand von der Bundeswehr komplett übernommen und weitergeführtworden. Im Unterschied zu dem einst gleichfalls dem Ministerium für NationaleVerteidigung unterstellten Militärverlag der DDR, dem Armeefilmstudio, dem „Erich-Weinert-Ensemble“ oder anderen wissenschaftlichen, publizistischen und kulturellenEinrichtungen der NVA wurde es nicht abgewickelt. Nunmehr nimmt es die Funktion deszentralen Leitmuseums der „Arbeitsgemeinschaft wehrgeschichtlicher Museen undSammlungen“ der Bundesrepublik wahr. (1) Gewiß wird es nicht nur Historikerinteressieren, welche Faktoren und Umstände das Entstehen, die Entwicklung sowie denscheinbar reibungslosen Übergang des „ersten sozialistischen deutschen Armee-museums“ zum „Militärhistorischen Museum der Bundeswehr“ bestimmend geprägthaben. Aus der Sicht des an jenem Prozeß vom ersten bis zum letzten Tage unmittelbarBeteiligten sollen sie anhand ausgewählter Beispiele im folgenden zumindest skizziertwerden.

Deutsche Militärmuseen vor 1945Spezialmuseen mit dem gesellschaftlichen Auftrag, historische Sachzeugen desMilitärwesens, der Streitkräfte und der Kriege zu sammeln, zu bewahren, zu erschließenund auszustellen, gibt es in beinahe allen Staaten der Erde. Ihre Wurzeln reichen weit indie Menschheitsgeschichte zurück. Wie Ausgrabungen belegten, war es bereits seit dem9. Jahrhundert v. u.Z. in Assyrien und im frühgeschichtlichen Babylon üblich, militärischeTrophäen zu bewahren. (2) Militärmuseen, wie wir sie kennen, haben sich in Europa inder Regel erst im 19. Jahrhundert, insbesondere mit dem Aufkommen der allgemeinenWehrpflicht herausgebildet. Meist erwuchsen sie aus den in fürstlichen Rüstkammern undin kommunalen oder militärischen Zeughäusern aufbewahrten Beständen an Waffen,Kriegsgerät und Trophäen. In Deutschland schlug ihre Geburtsstunde erst nach derReichseinigung im Jahre 1871.Auf der Grundlage „Allerhöchster Kabinettsordres“ der jeweiligen Landesherren wurden1881 das Preußische Heeresmuseum im Berliner Zeughaus und das Bayerische Armee-museum in München, 1897 das Sächsische Armeemuseum in Dresden, 1900 die Reichs-Marinesammlung im Berliner Museum für Meereskunde und 1914 die Ruhmeshalle imArsenal zu Schwerin errichtet. Ihre Aufgabe läßt sich wohl am besten mit folgendem Zitatumreißen: Als „Ehren- und Ruhmestempel“ der wichtigsten Kontingentsarmeen - vor 1919existierte bekanntlich in Deutschland de jure kein Reichsheer - sowie der KaiserlichenFlotte bestand ihre Bestimmung darin, „dem Besucher und vor allem dem Soldaten denWaffenruhm und die unter dem angestammten Herrscherhause errungenen kriegerischenErfolge seiner Vorfahren näherzurücken.“ (3)Im Verlaufe des Ersten Weltkrieges wuchsen den deutschen Armeemuseen aus demmilitärischen Beutegut, das vom Preußischen Kriegsministerium eingesetzte spezielleSammelkommandos nicht nur auf den Schlachtfeldern erfaßt und nach Deutschlandverbracht haben, erhebliche Neubestände zu. Nach dem Zusammenbruch des deutschenKaiserreiches erzwangen die alliierten Siegermächte von Deutschland die Herausgabeunrechtmäßig eingebrachter Kriegsbeute, im Klartext der aus der Plünderung kommu-

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naler, privater, ja selbst kirchlicher Sammlungen vor allem in Nordfrankreich und Belgienstammenden Militaria-Bestände, sowie die Überführung der Armeemuseen aus der mili-tärischen Unterstellung in die Verantwortung der Bildungsministerien. Sorgfältig ausge-wählte „Sachverständigenkommissionen“, denen in jedem Falle aktive Offiziere ange-hörten, sorgten dafür, daß die Reichswehr ihren Einfluß auf diese nunmehr „zivilen“Spezialmuseen wahren konnte. (4)Mit Hitlers Machtübernahme und der damit immer offeneren Vorbereitung des Revan-chekrieges trat eine neue Situation ein. Bereits im Jahre 1934, also noch vor der„Verkündung der Wehrhoheit“, kehrten die Armeemuseen in die Zuständigkeit militärischerKommandobehörden zurück. Welche Bedeutung man ihnen im Rahmen der psychologi-schen Beeinflussung der Bevölkerung und der militärischen Traditionsvermittlung beimaß,läßt sich nicht zuletzt daran erkennen, daß im März 1938 beim Oberkommando desHeeres die Stelle des Chefs der Heeresmuseen mit dem Rang eines KommandierendenGenerals geschaffen worden ist. Sein Verantwortungsbereich hatte sich seit 1919wesentlich vergrößert, denn zwischen den beiden Weltkriegen entstanden in Deutschlandin kurzer Folge weitere Militärmuseen. So traten 1924 das Heeresmuseum im Residenz-schloß zu Darmstadt zur Geschichte der hessischen Truppen, 1930 das Marineehrenmalin Laboe bei Kiel, 1932 das Stuttgarter Heeresmuseum zum Gedenken an die Württem-bergische Armee, 1934 das Badische Armeemuseum Karlsruhe, 1935 das KurhessischeHeeresmuseum Kassel, 1936 die Heeresgedenkstätte im Leineschloß Hannover (5) und1936 die Deutsche Luftfahrtsammlung in Berlin mit einem rasch anwachsenden Teil-bestand zur Luftwaffe an die Öffentlichkeit.Bei der unmittelbaren Kriegsvorbereitung hat die Wehrmachtsführung auch an diespeziellen Aufgaben der Armeemuseen gedacht. Davon zeugt ein vom 28. August 1939datierter Befehl des Chefs der Heeresmuseen, in dem die Sicherung und Erfassung deserwarteten militärischen Beutegutes detailliert geregelt war. Er wurde von bei allenHeeresgruppen gebildeten, von speziellen Sammlungsoffizieren geführten Beutekom-mandos, die den vorrückenden Truppen vom ersten Kriegstag an folgten, realisiert. (6)

Die Wiedergeburt von Militärmuseen in der BRDMit der vernichtenden Niederlage des „Großdeutschen Reiches“ und seiner Wehrmachtschien es, als habe auch die Stunde für die deutschen Militärmuseen für immergeschlagen. Die teilweise ausgelagerten Sammlungsbestände sowie die Museums-gebäude selbst hatten bereits während der letzten Kriegsphase durch die alliierten Luft-angriffe beträchtliche Schäden erlitten. Nach dem Einmarsch der Siegerarmeen erhöhtesich der Verlust an oft unwiederbringlichem Museumsgut durch wilde Plünderungen undmutwillige Vernichtung. Ein erheblicher Teil der Militaria-Sammlungen - das gilt speziell fürdas von der Sowjetarmee besetzte Gebiet Deutschlands - wurde als Beutegut außerLandes gebracht. Nach Kriegsende verfügten entsprechende Gesetze und Direktiven desAlliierten Kontrollrates im Bemühen um die Liquidierung von Militarismus und Nazismus inganz Deutschland das Ende der Militärmuseen. Doch sollte nicht einmal ein Jahrzehntvergehen, bis sich die inzwischen entstandenen beiden deutschen Staaten im Zuge desdurch den Kalten Krieg forcierten Remilitarisierungsprozesses erneut der mit denMilitärmuseen gegebenen Möglichkeiten zur psychologischen Beeinflussung der Massen,besonders von Armeeangehörigen und potentiellen Wehrpflichtigen, besannen. Bedingtdurch die konträre gesellschaftliche und politische Situation schlugen sie beimRevitalisieren bzw. beim Aufbau ihrer Armeemuseen unterschiedliche Wege ein.In der nunmehrigen Bundesrepublik Deutschland knüpfte man inhaltlich und personellnahezu bruchlos an das Vorbild der vor 1945 geschaffenen Militärmuseen an. Dabeikonnte man sowohl auf die reichlich erhalten gebliebenen Sammlungsbestände wie auf inder Museumsarbeit erfahrene Mitarbeiter zurückgreifen. Diese Kontinuität sei mit vier

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Beispielen belegt. Im Februar 1962 wurde in der Bundeswehr-Pionierschule in Münchenim Beisein des Generalfeldmarschalls von Manstein die mit Exponaten des BayerischenArmeemuseums gestaltete Ausstellung „Deutsches Soldatentum - 250 Jahre BayerischeArmee“ eröffnet. Neben der Bundeswehr zeichnete die Deutsche Gesellschaft fürHeereskunde für dieses Projekt mitverantwortlich. Sie hatte schon vor 1945 wesentlichenEinfluß auf die Arbeit des Berliner Zeughauses ausgeübt. (7) Im Juli 1963 wurde - gestütztauf 1956 angelaufene Vorarbeiten - im Schloß Rastatt das Wehrgeschichtliche Museumder Bundeswehr eröffnet. Mit Oberstleutnant Freiherr Brand zu Neidstein trat ein Wehr-machtsstabsoffizier an die Spitze dieser Einrichtung, die sich anfangs primär auf dieSammlungen des ehemaligen Badischen Armeemuseums Karlsruhe stützte. Seit Endeder fünfziger Jahre erwuchs auf dem unweit von Hamburg gelegenen FliegerhorstUetersen das Luftwaffenmuseum der Bundeswehr. Hervorragenden Anteil an seinerEntwicklung hatten der vormalige Mitarbeiter der Vaterländischen Gedenkhalle in Lötzen/Ostpreußen, Oberregierungsrat Dr. Peter Jaeckel, (8) sowie der Luftwaffen-Hauptmannund spätere Oberstarzt der Bundeswehr Dr. Dietrich Boecker. 1972 ist - nunmehr in zivilerZuständigkeit - das Bayerische Armeemuseum in der Festung Ingolstadt wiedererstanden.

Der Weg zur „Ständigen Ausstellung der Nationalen Volksarmee“Resultierend aus dem gänzlich anderen Charakter der Deutschen Demokratischen Repu-blik und ihrer Streitkräfte wurde nach 1945 im Osten ein Weg eingeschlagen, der zueinem gänzlich anderen Militärmuseum geführt hat. Am bürgerlichen deutschen Armee-museum wollte und konnte man nicht anknüpfen. Nach dem Vorbild der UdSSR und deranderen sozialistische Staaten, die durchweg über entsprechende Spezialmuseen verfüg-ten, gab es im Prozeß des inneren Ausgestaltens der 1956 geschaffenen NationalenVolksarmee jedoch schon relativ frühzeitig Überlegungen, mittelfristig auch auf diesemGebiet nachzuziehen. Davon zeugt primär die im Juni 1957 vom Minister für NationaleVerteidigung erlassene Anordnung über die Einrichtung einer „Ständigen Ausstellung derNVA“. (9) Sekundär kann ich das aus eigenem Erleben belegen. Nach erfolgreich abge-schlossenem Geschichtsstudium mit der Diplomarbeit zu einem militärhistorischen Themaan der Leipziger Karl-Marx-Universität wurde mir im Sommer des gleichen Jahres ineinem Gespräch über den künftigen Berufseinsatz in der Nationalen Volksarmee nebenanderen Möglichkeiten die Tätigkeit als ziviler wissenschaftlicher Mitarbeiter in dieser erstzu schaffenden „Ständigen Ausstellung“ angeboten. Im Gesprächsverlauf klang an,daraus könne sich vielleicht später einmal ein Militärmuseum entwickeln.Als ich am 26. September 1957 in Strausberg mit ziemlichen Erwartungen meine neueberufliche Arbeit antrat, fand ich im Ministerium für Nationale Verteidigung lediglich dasleere, spartanisch eingerichtete, aber mit Telefon versehene Arbeitszimmer Nr. 105 vor.Mein Vorgesetzter, Oberst Erwin Bartz, dessen erster und einziger Mitarbeiter ich zujenem Zeitpunkt war, lag erkrankt im NVA-Lazarett Bad Saarow. Jener Raum 105 imErdgeschoß des Hauses 11 c wurde zur eigentlichen Geburtsstätte des anderen deut-schen Armeemuseums. Er markiert gleichsam die Stunde Null, denn in ihm und von ihmaus begann das Bemühen, mit anfangs recht zaghaften, später immer zielgerichteterenSchritten, ein vorerst recht nebulöses Vorhaben zu realisieren.In der Ministeranordnung waren Zielrichtung und Charakter der künftigen „StändigenAusstellung der NVA“ sehr allgemein umrissen. Lediglich ihre beiden inhaltlichen Schwer-punkte waren genannt: zum einen die Würdigung der progressiven und revolutionärenmilitärischen Traditionen des deutschen Volkes, speziell der Arbeiterklasse, zum anderendie Propagierung des Charakters, der Funktion und der Aufgaben der Nationalen Volks-armee sowie der Waffenbrüderschaft mit den Streitkräften der befreundeten sozialisti-schen Staaten, insbesondere der Sowjetarmee. Wann, womit, wo oder wie das gesche-hen sollte, war nicht erwähnt. Mit dem Stellenplan der Arbeitsgruppe, der ursprünglich

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neben dem Leiter zwei Offiziere, zwei zivile wissenschaftliche Mitarbeiter, zwei technischeKräfte, einen zivilen Kraftfahrer sowie einen personengebundenen Pkw vorsah, warzumindest auf dem Papier abgesteckt, wer das tun sollte. Strukturell gehörte die Arbeits-gruppe zur Politischen Verwaltung der NVA. (10) Deren interimistischer Chef, OberstGrünberg, hatte in der unmittelbaren Aufbauperiode der Streitkräfte gewiß andere Sorgen,als sich um das Entsehen einer Ausstellung zu kümmern. Auch sein Nachfolger, General-major Dölling, wußte offensichtlich wenig mit einer solch ominösen Einrichtung anzu-fangen. So war es Oberst Bartz und seinem allmählich wachsenden Personalbestandnahezu selbst überlassen, welcher Kurs eingeschlagen wurde.Wir machten aus der Not eine Tugend und begannen mit dem Erarbeiten einer „Grob-konzeption für die Ständige Ausstellung der NVA“. Sie war eigentlich nicht mehr als dasSummieren inhaltlicher Grundgedanken und exponatmäßiger Wunschvorstellungen zuden beiden mit der Ministeranordnung vorgegebenen Schwerpunkten. Allmählich begriffenwir den fundamentalen Unterschied zwischen dem Beschreiben und dem mittels konkreterGegenstände beabsichtigten Darstellen in unserem Falle militärhistorischer und militär-politischer Themen. Wir erkannten die Bedeutung aussagefähiger Exponate und desräumlichen Umfeldes für unser Projekt. Damit rückten der beim Nichts beginnende Aufbauvon Sammlungsbeständen sowie die Suche nach einem unseren Vorstellungenentsprechenden Gebäude in den Vordergrund. Gleichzeitig bemühten wir uns um dasKnüpfen von Kontakten zu einer möglichst großen Zahl von militärischen Dienststellenund zivilen Einrichtungen, von denen wir uns materielle, organisatorische und inhaltlicheHilfe erhofften.Die Suche nach einem Gebäude verlief anfangs wenig erfolgreich. Nach unseremVerständnis sollte es sich möglichst im Ostteil Berlins finden lassen. So wurde imZusammenwirken mit der Unterkunftsverwaltung des Ministeriums für Nationale Vertei-digung längere Zeit wegen der Übernahme des mit dem Auszug des dort untergebrachtenStaatlichen Gesangs- und Tanzensembles der DDR freiwerdenden Schlosses Köpenickverhandelt. Als das scheiterte, unternahmen wir den Versuch, das aus unserer Sicht nochbesser geeignete und seit den bewaffneten Kämpfen um die Jahreswende 1918/19 mitbesonderer Tradition behaftete, im Unterschied zum Berliner Schloß nur geringfügigbeschädigte Marstall-Gebäude zu gewinnen. Nach hoffnungsvollem Auftakt schlug auchdas fehl. Letztlich standen zwei Gründe unseren Berliner Plänen im Wege: Zum erstenhätte das in der Zeit vor der Grenzschließung bestehende strikte Hauptstadtverbot Armee-angehörigen den Besuch der beabsichtigten Ausstellung zumindest erheblich erschwert.Zum zweiten war das 1952 im ausgebesserten Berliner Zeughaus eröffnete, dem ZK derSED nahestehende Museum für Deutsche Geschichte keineswegs an der Etablierungeines potentiellen Konkurrenten in direkter Sichtweite interessiert.Ein möglicher Konflikt mit dieser Institution hatte sich frühzeitig angedeutet. Mitte März1959 unternahm die inzwischen zur Abteilung mit den beiden UnterabteilungenFortschrittliche militärische Traditionen und Nationale Volksarmee avancierte, personellaufgestockte und von Strausberg in das Objekt der damaligen NVA-Polit-Offiziersschule inBerlin-Treptow verlegte Arbeitsgruppe den ersten und einzigen Versuch, einen ausverantwortlichen Offizieren des Ministeriums für Nationale Verteidigung und den Teilstreit-kräften sowie kompetenten Fachleuten aus dem zivilen Bereich bestehenden ehrenamt-lichen Beirat zu bilden. In der Diskussion über die mit der „Grobkonzeption“ angesteuerteinhaltliche Richtung der Institution „Ständige Ausstellung der NVA“ forderte der damaligeDirektor des Museums für Deutsche Geschichte, Herr Ullmann, uns geradezu ultimativauf, militärhistorische, militärpolitische und militärkundliche Aspekte für die Zeit vor 1945ausschließlich seinem Museum zu überlassen und uns auf die Zeitperiode ab 1945 zukonzentrieren. Als Vorbild empfahl er die 1958 von der Historischen Abteilung des Mini-steriums des Innern geschaffene Ständige Ausstellung. Inhaltlich begnügte sich diese inder neuerrichteten Sporthalle an der Berliner Karl-Marx-Allee eröffnete, später in einigen

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Bezirksstädten aufgebaute und danach „eingemottete“ Exposition auf das Vorstellen derverschiedenen Dienstbereiche der Deutschen Volkspolizei, ihrer Aufgaben und ihrer Aus-rüstung. (11) Jener Vorstoß scheiterte nicht nur am deutlichen Widerspruch, den spezielldie namhaften Historiker Professor Dr. Fritz Schreiner und Dr. Heinz Helmert vomGeschichtsinstitut der Akademie der Wissenschaften äußerten. Er kam auch aus einemanderen Grund zu spät.Durch vielfältige Aktivitäten war es uns zu jenem Zeitpunkt bereits gelungen, eineneigenen, weit in die Militärgeschichte zurückreichenden Sammlungsbestand aufzubauen.Aus den verschiedensten Bereichen der Nationalen Volksarmee floß ihm anfangs spora-disch, später durch eine vom Minister für Nationale Verteidigung erlassene Sammlungs-ordnung geregelt, kostenlos bewahrenswertes Material unterschiedlichster Art von denBelegexemplaren des militärischen Druckerei- und Verlagswesens bis zu ausgesondertenWaffen und Geräten unterschiedlichster Art zu. Zwischen dem Ministerium für NationaleVerteidigung und dem Ministerium des Innern, dem Ministerium für Staatssicherheit sowieder Zollverwaltung der DDR gab es Absprachen, nach denen wir bewahrenswerte Militariavom Einzelstück bis zur kompletten Sammlung, zurückgelassen durch Republikflüchtige,als unerlaubtes Gut beschlagnahmt, weil durch alliierte Kontrollratsbestimmungen verbo-ten oder auf richterlichen Beschluß eingezogen, unentgeltlich übernommen haben. Inwachsendem Maße überließen uns Veteranen des revolutionären und bewaffnetenproletarischen Kampfes persönliche Erinnerungsstücke, später oft den gesamten mate-riellen Nachlaß. Im Osten Deutschlands hatten die oft summierten Begriffe Militarismusund Nazismus einen derart negativen Ruf, daß mancher in jenen Jahren froh war, seinebis dahin versteckte Wehrmachtsuniform, andere militärische Relikte oder entsprechendeNS-Gegenstände ohne Aufhebens an uns übergeben zu können. Daneben standen inausreichendem Maße finanzielle Mittel zum Ankauf von Exponaten zur Verfügung.Angesichts eines nicht vorhandenen Marktes konnten wir uns oft mit einemAnerkennungshonorar begnügen. Nicht zuletzt erfuhren wir zunehmende materielleUnterstützung durch eine ganze Reihe von Spezial- und Heimatmuseen, zumal wir vonihnen nicht nur durch die Kriegs- und Nachkriegsereignisse zufällig in deren Besitzgelangte oder profilfremde Sammlungsgegenstände übernahmen, sondern allmählichselbst zu gegenseitig vorteilhaftem Exponataustausch imstande waren. Im Herbst 1960,also lediglich drei Jahre nach der Konstituierung der „Ständigen Ausstellung der NVA“zählten zum auf solche Weise geschaffenen Sammlungsbestand bereits 2000 Hand-waffen, 1200 Blankwaffen, 500 Stangenwaffen, 380 Kürasse, Helme und Harnische, 30Geschütze und Kanonenrohre, 70 Modelle sowie zahlreiche Dokumente, Fahnen, Plakate,Bücher und Fotos. (12) Er war lediglich grob erfaßt, weder inventarisiert, noch wissen-schaftlich bearbeitet. Seinen Kern bildeten Exponate des Sächsischen Heeresmuseums,die 1945 von der Sowjetarmee als Kriegsbeute sichergestellt und außer Landes gebrachtworden sind. 1959 gelangten sie eher zufällig in den Besitz der „Ständigen Ausstellung“.Mitte der fünfziger Jahre kehrte zusammen mit den Kunstschätzen ostdeutscher Museenauch aus dem Preußischen Zeughaus, der Schweriner Arsenalsammlung, der DresdenerRüstkammer, dem Waffenmuseum Suhl, dem Schwarzburger Zeughaus und demSächsischen Armeemuseum stammendes militärisches Museumsgut in die DDR zurück.Es gelangte in die Magazine des Museums für Deutsche Geschichte. An der Vorbereitungdieser Aktion hatte der vormalige Leiter der Historischen Abteilung der KaserniertenVolkspolizei, Generalmajor Dr. Otto Korfes, wesentlichen Anteil. (13) Von ihm erhielten wirden Rat, uns um die rechtlich bis Kriegsende der Wehrmacht gehörenden preußischenund sächsischen Bestände zu bemühen. Ein Teilerfolg gelang uns schließlich mit Unter-stützung des damaligen Generaldirektors der Staatlichen Kunstsammlungen in Dresden,Prof. Max Seydewitz. Dank seines Engagements konnten wir zumindest Teile der erhaltengebliebenen Waffenbestände des Sächsischen Armeemuseums übernehmen. Mehr warnicht möglich. Das dem ZK der SED nahestehende Museum für Deutsche Geschichteverstand sich als zentrales historisches Museum der DDR. Es war absolut nicht bereit, auf

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die für sein nationales wie internationales Ansehen bedeutsamen Schätze der vormaligen„Ruhmeshalle der preußisch-deutschen Armee“ zu verzichten. Übrigens fehlten uns zujenem Zeitpunkt die personellen wie die räumlichen Möglichkeiten, um den komplettenZeughausbestand auch nur zu übernehmen, viel weniger ihn sachgerecht zu bewahrenund wissenschaftlich zu erschließen. Dagegen wurden Anfang der sechziger Jahre dieaus dem bombenzerstörten Berliner Museum für Meereskunde geborgenen Reste dereinstigen Reichs-Marinesammlung, seit 1942 des Kriegsmarinemuseums, nach ihrerRückkehr aus Leningrad unmittelbar von uns übernommen.

Admiral Verners Engagement für das andere deutsche MuseumEnde 1959 wurde Vizeadmiral Waldemar Verner Stellvertreter des Ministers für NationaleVerteidigung und Chef der Politischen Verwaltung der Nationalen Volksarmee. Im Unter-schied zu seinen Vorgängern widmete er der „Ständigen Ausstellung der NVA“ zuneh-mende Aufmerksamkeit. Er hatte erfahren, daß deren Eröffnung eigentlich schon für 1958geplant war. (14) Inzwischen wurde sie aus zwei Gründen noch dringender benötigt. Zumersten war es notwendig, nach innen die Bereitschaft zum damals noch freiwilligen Dienstin der Nationalen Volksarmee zu fördern. Zum zweiten konnte mit einer solchen Ein-richtung nach außen der unterschiedliche Charakter der DDR-Streitkräfte im Vergleich mitder vor 1945 in Deutschland existierenden sowie der in der BRD wiedererrichten Armeeveranschaulicht werden. Admiral Verners persönliches Engagement erkannten wir an zweiBeispielen. Zum ersten wurde Oberst Bartz kurzfristig angewiesen, im August 1960 mitseinen beiden Unterabteilungsleitern nach Moskau zu fliegen, um sich dort mit demZentralen Museum der Sowjetischen Streitkräfte und seiner Arbeitsweise vertraut zumachen. Zum zweiten nahm der Chef der Politischen Verwaltung die Standortsucheselbst in die Hand. Sein Blick fiel auf das mit der Auflösung der Flak-Offiziersschule frei-werdende Schloß in Oranienburg. Aus verschiedenen Gründen erwies sich dieses Objektjedoch als ungeeignet. Besser stand es mit dem Marmorpalais in Potsdam. Bis 1926 hattees den Hohenzollern gehört, war nach 1945 von der Sowjetarmee genutzt und infolgeeiner Explosion teilweise beschädigt worden. Bei Einverständnis der örtlichen Staats-organe ist es nach vergeblichen Anläufen erst Admiral Verner persönlich gelungen, denursprünglichen Widerstand des Generaldirektors der Potsdamer Schlösser und Gärten,Professor Willy Kurth, zu überwinden und folgenden Kompromiß auszuhandeln: DieGeneraldirektion der Staatlichen Schlösser und Gärten stellt der Nationalen Volksarmeekostenlos und unbefristet das leergeräumte Gebäude zur Verfügung. Die Nationale Volks-armee übernimmt das Schloß mit der Auflage, ab sofort unter Garantie für den innerenwie äußeren Erhalt des Originalzustandes alle erforderlichen baulichen und restaura-torischen Leistungen auf eigene Kosten zu realisieren und zu gegebener Zeit ebenfallsauf Kosten der Armee eine Generalüberholung durchzuführen. (15)Damit war die räumliche Hülle gegeben, in der die Ständige Ausstellung der NationalenVolksarmee endlich konkrete Gestalt annehmen konnte. Ab Anfang September 1960 ver-blieben lediglich knapp sechs Monate, um gleichlaufend mit der baulichen Instandsetzungdie inhaltliche Konzeption und das Gestaltungsbuch zu erarbeiten, Exponate auszu-wählen, vorzubereiten, zusätzlich zu beschaffen und von Berlin nach Potsdam zu trans-portieren sowie im Zusammenwirken mit der DEWAG Berlin die eigentliche Ausstellungaufzubauen. Dank der außergewöhnlichen Einsatzbereitschaft aller Leiter und Mitarbeiterder Abteilung „Ständige Ausstellung der NVA“ konnte sie geradezu aus dem Bodengestampft werden. Rund 700 Quadratmeter Fläche waren anfangs verfügbar, um mitbereits vorhandenen oder kurzfristig zu beschaffenden Exponaten zwei inhaltlicheThemen zu veranschaulichen: zum einen die fortschrittlichen und revolutionären milit-ärischen Traditionen des deutschen Volkes von der frühbürgerlichen Revolution im 16.Jahrhundert bis zum antimilitaristischen und antifaschistischen Kampf speziell derArbeiterbewegung bis 1945, zum anderen den Charakter, die Aufgaben und die Spezifik

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der Nationalen Volksarmee, ihrer Teilstreitkräfte, Waffengattungen und Dienste.Kurz vor Jahresende 1960 erteilte der Chef der Politischen Verwaltung die Weisung, biszum Vorabend des 5. Jahrestages der NVA am 28. Februar 1961 habe die Ausstellungeröffnungsbereit zu sein. Damit hatten wir gerechnet. Unvorbereitet traf uns dagegen diefür Admiral Verner typische Mitteilung, mit Wirkung vom 1. März 1961 würde im Pots-damer Marmorpalais keine „Ständige Ausstellung“, sondern das „Deutsche Armee-museum“ die Arbeit aufnehmen. Eigentlich war das Etikettenschwindel. Doch tatsächlichwurde durch jene Entscheidung der bereits im Gange befindliche Prozeß auf dem Weghin zum Museum erheblich beschleunigt. Am 7. Oktober 1961 wurden auf rund 300 Qua-dratmetern Fläche im zwischenzeitlich baulich instandgesetzten Obergeschoß desMarmorpalais zwei weitere Ausstellungsabschnitte eröffnet. Der eine war der Waffen-brüderschaft der NVA mit den Streitkräften der anderen sozialistischen Staaten, speziellder Sowjetarmee gewidmet. Der zweite vermittelte in herkömmlicher Manier einenÜberblick über die Entwicklung der Handfeuerwaffen von deren Aufkommen in Europa im14. Jahrhundert bis zu den gegenwärtigen automatischen Modellen. Aber erst nachdemim Mai 1965 auf der Festung Königstein die ständige Ausstellung „Militärtechnik undGesellschaftsordnung“ eröffnet und bis zum 1. März 1966 die Exposition im PotsdamerMarmorpalais in mehreren Schritten von Grund auf neugestaltet worden war, fand ereinen gewissen Abschluß. Anstelle des ursprünglichen Ausstellungskonglomerats konntenunmehr den Besuchern in Potsdam ein zusammenhängender Überblick über dieherausragenden Schwerpunkte der deutschen Militärgeschichte vom 16. Jahrhundert biszur unmittelbaren Gegenwart dargeboten werden. Erstmalig wurden dabei all jene Kräfteund Persönlichkeiten, die sich den reaktionären, militaristischen und volksfeindlichenKräften in der preußísch-deutschen Militärgeschichte entgegen gestellt haben, gebührendgewürdigt. Ebenfalls erstmalig konnte er sich mit dem museal gestalteten Bild der nochjungen Geschichte der Nationalen Volksarmee vertraut machen. Auch die Exposition auf dem Königstein ging wesentlich über das herkömmlicheSchausammlungsprinzip hinaus. Unsere ursprüngliche Absicht bestand darin, auf derFestung Großexponate auszustellen, die sich im Potsdamer Marmorpalais und seinembegrenzten Freigelände nicht präsentieren ließen. Zusätzlich wollten wir zumindest einenTeil der aus der UdSSR zurückgekehrten Waffen aus dem früheren sächsischenArmeemuseum ausstellen. Schließlich wurde mehr daraus. Gestützt auf die Resultateeigener Forschungsarbeit zu militärtechnischen Problemen vermittelte die im Mai 1965eröffnete Ständige Ausstellung „Vom Steinschloßgewehr zur Kampfrakete“ anhandaussagekräftiger Waffen, Geräte, Modelle, Dokumente und Fotos einen Überblick zu denZusammenhängen zwischen Militärtechnik und Gesellschaftsordnung vom ausgehenden18. Jahrhundert bis zur unmittelbaren Gegenwart. Mit der Neugestaltung der Potsdamer Ausstellung und der Eröffnung der Außenstelle aufdem Königstein hatte die Fassade ein solides Fundament erhalten. Neben den beidenständigen und den in regelmäßiger Folge gestalteten Sonder- und Wanderausstellungenzeugten davon die Resultate auf den Gebieten der Sammlungs- und Bewahrungstätigkeitsowie der Besucher- und Öffentlichkeitsarbeit. Selbst kritische in- und ausländischeFachleute mußten das anerkennen. Ihr Erstaunen erregte nicht zuletzt die beruflicheVorbildung jener Menschen, von denen das Deutsche Armeemuseum aufgebaut wordenist. Das ursprünglich kleine Kollektiv bestand aus einigen NVA-Offizieren. Soweit sie ausder Wehrmacht kamen, hatten sie sich als Kriegsgefangene zur Bewegung „FreiesDeutschland“ bekannt. Andere waren infolge gesundheitlicher Gründe aus dem aktivenDienst ausgeschieden. Es wurde ergänzt durch junge Absolventen der Leipziger und derBerliner Universität. Erst viel später kamen Absolventen der Fachschule für Museologen,nach erfüllter Dienstpflicht in die Reserve entlassene Berufssoldaten, teilweise mitmilitärakademischer Ausbildung, künstlerisch-gestalterische Mitarbeiter, Restauratorenund Pädagogen dazu. Auf den Gebieten der Militärgeschichte, der Militärkunde, der

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Ausstellungsgestaltung, der Besucherbetreuung und Öffentlichkeitsarbeit, kurz der militär-historisch-museumswissenschaftlichen Arbeit waren sie fast durchweg Autodidakten. Soweit möglich im postgradualen Studium, vorwiegend allerdings im unmittelbaren Arbeits-prozeß haben sie sich die zum Erfüllen der Aufgaben erforderlichen Kenntnisse undFähigkeiten angeeignet. An ihrer Spitze standen mit den Obristen Erwin Bartz ( von 1957bis 1962), Otto Schwab (1963) und Ernst Haberland (von 1963 bis 1967) drei bewährteAntifaschisten, deren Lebenserfahrung nicht zuletzt während ihrer Zeit als politischeHäftlinge im Zuchthaus und im Konzentrationslager oder in der Emigration gereift ist.Allein deren Biographien bürgten für den grundsätzlich anderen Charakter dieser neuenEinrichtung der Nationalen Volksarmee. (16) Anfang 1962 wurde das Museum dem vomspäteren Generalmajor Prof. Dr. Reinhard Brühl geleiteten Institut für deutsche Militär-geschichte angeschlossen. In den folgenden Jahren vollzog es einen derart erfolgreichenAufschwung, daß sich recht bald die in Potsdam gegebenen Grenzen offenbarten.Anläßlich einer im Beisein des Ministers für Nationale Verteidigung und seines Kollegiumsim Marmorpalais durchgeführten Festveranstaltung zum fünften Jahrestag des DeutschenArmeemuseums äußerte der Chef der Politischen Hauptverwaltung der NVA am 21. März1966 ziemlich deutlich, zu gegebener Zeit müsse ein Ausweg gefunden werden. Er beließes nicht beim Wort.

Von Potsdam nach DresdenAm 6. August 1966 befahl Admiral Verner den Direktor der Militärbibliothek, GeneralmajorFischer, und die beiden Stellvertreter des Direktors des Deutschen Armeemuseums,Oberstleutnant Hans Bierschenk und mich, nach Strausberg. Er wies uns an, unverzüglichund streng vertraulich die Dresdener Stadthalle zu inspizieren und ihm danach zu berich-ten, ob sie sich für die gemeinsame Unterbringung beider Institutionen eigne. Im positivenFalle könnten wir uns etwa 1971/72 auf einen Umzug einstellen. Wir fanden das Haupt-gebäude des Kgl. Sächsischen Arsenals, bis 1945 Ort des Sächsischen Armeemuseumsund nunmehrige Dresdener Stadthalle, in beklagenswertem Zustand vor. Von den Mit-arbeitern des vorübergehend dort untergebrachten Museums der Stadt Dresden sowiedes im Seitengebäude befindlichen Auto-Reparaturwerkes erfuhren wir, die Stadt wolledas ihr als einstiger Wehrmachtsbesitz nicht gehörende Gebäude so schnell wie möglichloswerden. Wir ließen uns vom desolaten Bild des offensichtlich seit seiner Fertigstellungnie überholten Bauwerkes nicht irritieren. Insbesondere das Hauptgebäude mit seinenhallenartigen Räumen von großer Tragfähigkeit machte einen soliden Eindruck. Someldeten wir dem Chef der PHV zu dessen Zufriedenheit, gewiß sei die Rekonstruktioneines vorhandenen und für die Zwecke beider Dienststellen durchaus geeignetenFunktionsbauwerkes effektiver als das Errichten eines Neubaus.Der Minister für Nationale Verteidigung teilte eine solche Sicht der Dinge anfangs nicht.Unangemeldet und lediglich von seinem Adjutanten begleitet erschien er am 11. Sep-tember 1966 im Marmorpalais. Dort kam es zu einem Gespräch unter sechs Augen.Anstelle des dienstlich abwesenden Direktors des Deutschen Armeemuseums verlangteArmeegeneral Hoffmann von mir unverblümte Auskunft über unsere Meinung zur Zukunftdes Deutschen Armeemuseums, speziell zu seinem endgültigen Standort. In seinenAugen sei ein Neubau entweder in Potsdam oder in Berlin gewiß besser als der Bezug dermaroden Dresdener Stadthalle. Doch das sei mit Problemen verbunden und mittelfristigunrealisierbar. Der Chef der Rückwärtigen Dienste, Generalleutnant Allenstein, habe sichsehr bedenklich zur möglichen Nutzung des von der Stadt Dresden nicht mehr benötigtenGebäudes als Bekleidungsmagazin, das es ja ursprünglich gewesen sei, geäußert.Dagegen wäre Admiral Verner zur Übernahme sofort bereit. Als letztlich Verantwortlicherwolle er sich allerdings ein eigenes Bild machen.

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Oberst Dr. Kurt Schützle, der den ebenfalls abwesenden Direktor des Deutschen Institutsfür Militärgeschichte vertrat, überließ mir die Antwort. In meiner Auskunft umriß ich dieVor- und Nachteile der drei in Potsdam, Berlin und Dresden möglichen Varianten. MitVerweis auf die bei mehreren Arbeitsbesuchen in den Moskauer, Leningrader, Prager undBudapester Militärmuseen gesammelten Erfahrungen fiel es mir nicht schwer, dieDresdener Stadthalle zu favorisieren. Das hat die Entscheidung des Ministers offen-sichtlich erleichtert, denn wenige Tage später erteilte uns Admiral Verner die Weisung,unverzüglich die aufwendigen inhaltlichen, organisatorisch-technischen, personellen undfinanziellen Vorarbeiten für das Einrichten eines wesentlich größeren Armeemuseums inDresden in Angriff zu nehmen.Mit einer wesentlich vergrößerten Zahl wissenschaftlicher, künstlerischer und technischerMitarbeiter, gewachsenen Erfahrungen in der militärhistorisch-museumswissenschaft-lichen Arbeit und erweiterten, im Vergleich mit 1961 wesentlich besser erschlossenenSammlungsbeständen konzentrierten wir uns auf die schwierige Aufgabe, für ein imRekonstruktionsprozeß befindliches Gebäude mit mehr als 7 000 Quadratmetern verfüg-barer Ausstellungsfläche sowie einem weitläufigen Freigelände eine repräsentative Expo-sition zur deutschen Militärgeschichte vor 1945 sowie zur Militärgeschichte der DDR zuschaffen und gleichzeitig die Mehrzahl der Mitarbeiter, die Bestände sowie die künst-lerischen und Restaurierungswerkstätten von Potsdam nach Dresden zu verlegen. Jenerschwierige, komplizierte wie aufwendige Prozeß war von Anfang an begleitet vom fordern-den wie fördernden persönlichen Einfluß des Chefs der Politischen Hauptverwaltung, derdem Projekt besondere Aufmerksamkeit widmete.

Im verkürzten VerfahrenUrsprünglich war geplant, nach Abschluß der baulichen Rekonstruktion der Stadthalle inmehreren Schritten die Sammlungsbestände zu überführen und danach die neue Aus-stellung am 7. Oktober 1972 mit den beiden Hauptteilen Militärgeschichte von 1900 bis1945 sowie Militärgeschichte der DDR auf rund 5.000 Quadratmetern zu eröffnen. Demsollte bis Oktober 1974 die Erneuerung der ständigen Ausstellung im PotsdamerMarmorpalais folgen. Zum 1. März 1975 sollte in einem dritten Schritt in Dresden mit demauf den verbliebenen 2.000 Quadratmetern gestalteten Hauptteil Militärgeschichte vonAnbeginn bis 1900 das Museum vollendet werden. Angesichts des notwendigenwissenschaftlichen Vorlaufs , des Zustandes der Sammlungen, des restauratorischen wiekünstlerisch-gestalterischen Aufwandes und nicht zuletzt der perspektivisch errechnetenpersonellen wie finanziell-materiellen Erfordernisse erschien uns ein solcher Ablaufangemessen. Er basierte auf der Tatsache, daß unsere Magazine damals aus den Zeit-perioden vor 1871 nur zufällig erworbenes Sammlungsgut enthielten und die analytischeArbeit zur Militärgeschichte der DDR erst am Anfang stand. Die Zeitereignisse waren aller-dings stärker, denn die politischen Turbulenzen im Zusammenhang mit dem 1971 vollzo-genen Machtwechsel von Walter Ulbricht zu Erich Honecker brachten unser Vorhabengewaltig ins Schlingern.Unmittelbar nach dem 14. Plenum des ZK der SED wurden bekanntlich überall in derDDR Projekte mit der Begründung zurückgestellt oder abgebrochen, sie hätten „überzo-genen Vorstellungen und unrealen Wünschen“ entsprochen. (17) Auch im StadtzentrumDresdens wurden Fundamente eigentlich dringend nötiger Hotels und Kaufhäuser rigoroszugeschüttet. Im politischen Ränkespiel um das maßgebliche Amt der DDR haben diebeiden ZK-Mitglieder Armeegeneral Hoffmann und Admiral Verner eine besondere Rollegespielt. Deren Option für Honecker sowie das gute Verhältnis zwischen dem Chef derPHV und dem damaligen Ersten Sekretär der SED- Bezirksleitung Dresden, WernerKrolikowski, bewahrten die Stadthalle nicht nur vor dem Schicksal einer Investruine.Zugleich bewirkten sie eine enorme Beschleunigung des gesamten Projektes.

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Zu unserer Überraschung verkündete Admiral Verner am 31. März 1971 anläßlich einesBesuches unserer Dresdener „Baustelle“, das neue Museum werde nicht am 7. Oktober,sondern bereits am 1. März 1972 und nicht, wie bis dahin beabsichtigt, mit zwei Dritteln,sondern der gesamten Ausstellungsfläche eröffnet. Eigentlich bedeutete das, in einemhalbfertigen Gebäude mit ungenügendem wissenschaftlichem Vorlauf und einem wegender fehlenden Magazine noch in Potsdam befindlichem, lückenhaftem Exponatbestandvon teilweise wenig erfahrenen oder noch nicht einmal eingestellten Mitarbeitern im ver-kürzten Verfahren eine museale Ausstellung zu erarbeiten und aufzubauen, die sich mitinternational renommierten Militärmuseen messen sollte. Die Diskussion darüber wärezwecklos gewesen, zumal Admiral Verner kurzfristig eine fundierte Stellungnahme for-derte. Unsere weisungsgemäß angestellte Gegenrechnung nahm er scheinbar unwirschzur Kenntnis, hatten wir doch auf ziemlich weitgehende personelle und materielle Konse-quenzen hingewiesen. Doch konkret sorgte er in der bis zur Fertigstellung des neuenMuseums verbleibenden Zeit dafür, daß die berechtigten Forderungen prompt und un-bürokratisch erfüllt worden sind.Zur inhaltlichen Gestaltung des bis dahin zurückgestellten dritten Hauptteiles begnügtesich Admiral Verner mit der sehr allgemeinen Bemerkung, vielleicht sollte man als Inte-rimslösung eine Schau zur sozialistischen Waffenbrüderschaft gestalten. Das erkanntenwir als Chance, entgegen der damals vorherrschenden Konzentration auf die Militär-geschichte der neueren und neuesten Zeit die museale Darstellung deutscher Militär-geschichte von Anbeginn bis 1900 zu versuchen. (18) Zu einem solchen Wagnis hieltenwir uns auch ohne gesicherte Vorgaben der Militärgeschichtswissenschaft der DDR durch-aus in der Lage. Zugleich wollten wir die Gelegenheit nutzen, um mit Rückendeckung desChefs der PHV zumindest an einen Teil der im Museum für Deutsche Geschichteschlummernden Schätze des ehemaligen preußisch-deutschen Zeughauses heranzu-kommen. Diese Rechnung ging im vollen Umfang auf. Das Museum für DeutscheGeschichte gewährte die erbetene Hilfe. Dazu hat nicht zuletzt das inzwischen wesentlichbessere, weil versachlichte Verhältnis zwischen den Leitern und Mitarbeitern beiderEinrichtungen beigetragen. Obwohl schließlich die Ausstellung zur Zeitperiode vomAufkommen stehender Heere im 15. Jahrhundert bis 1900 im Unterschied zu den beidenHauptteilen Militärgeschichte 1900 bis 1945 und Militärgeschichte der DDR geradezuimprovisiert werden mußte, fiel das kaum auf. Lediglich unwesentlich verändert und er-gänzt steht sie heute noch.Wie intensiv sich Admiral Verner um das entstehende Museum kümmerte, konnten wir anseinen in immer kürzeren Abständen stattfindenden Besuchen messen. Manchmal gab esdabei unerwarteten Tadel, manchmal unverhofftes Lob. Als gelernter Dekorateur undpassionierter Bauherr bewegten ihn vorrangig Gestaltungsprobleme. Inhaltliche Frageninteressierten scheinbar weniger. Mit einer rechtzeitig getroffenen und bis in die Gegen-wart wirksamen Grundsatzentscheidung hat er allerdings das Schicksal „seines“ Museumsnachhaltig bestimmt. Bei einem Rundgang durch das noch unfertige Haus am 14. Juli1971 betonte er sinngemäß unmißverständlich: „Ihr seid auf dem richtigen Weg. LaßtEuch nicht irremachen und vergeßt nie, Ihr habt weder die Geschichte der deutschenArbeiterbewegung noch den Großen Vaterländischen Krieg der UdSSR darzustellen. EuerFeld ist die deutsche Militärgeschichte in ihrer Dialektik und mit ihren Widersprüchen.Beschreiben sollen das andere. Eure Aufgabe besteht darin, anhand materieller Zeug-nisse zu veranschaulichen, wie jener Prozeß verlaufen ist“. In der ihm eigenen drastischenArt fügte er hinzu: „Vor allem beachtet eines: Das Museum ist eine Kieke, keine Lese!“Diese Weitsicht bestätigte nicht nur unseren bereits eingeschlagenen Kurs. Letztlichbewahrte sie die Einrichtung 1990/91 im Unterschied etwa zum Museum für DeutscheGeschichte vor seiner ebenfalls bereits beschlossenen „Abwicklung“.

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Arbeitsgegenstand: Komplexe MilitärgeschichteAm 21. Januar 1972 kreiste ein Hubschrauber über der Stadthalle. Mit seiner Hilfe wurdedas über dem Haupteingang des rechtzeitig fertiggestellten Gebäudes angebrachtegroßflächige Signet samt der Inschrift „Deutsches Armeemuseum“ entfernt. Jahre spätererfuhren wir aus dem Nachlaß von Armeegeneral Hoffmann den Grund: Die an dasStaatsoberhaupt gerichtete Meldung des Ministers für Nationale Verteidigung über die inDresden bevorstehende Eröffnung trägt den handschriftlichen Vermerk: „Einverstanden.Aber Armeemuseum der DDR! E. H.“ Wir hatten die Bezeichnung „MilitärgeschichtlichesMuseum der DDR“ vorgeschlagen, ging doch unser Arbeitsgebiet längst weit über dasSammeln, Bewahren, wissenschaftliche Erschließen und Ausstellen materieller Sach-zeugen zur Entwicklung deutscher Armeen in Vergangenheit und Gegenwart hinaus. Wirbetrachteten das Militärwesen als ein ebenso bedeutsames gesellschaftliches Teilgebietwie Ökonomie, Politik, Kultur oder Lebensweise. Die Militärgeschichte reduzierte sichdeshalb keineswegs auf die Existenz der Streitkräfte und ihren Einsatz in Krieg undFrieden. Sie schloß Militärpolitik, Rüstungsproduktion, revolutionäre und antimilitaristischeAktivitäten ebenso ein wie das Verhältnis von Volk und Armee. Nicht zuletzt war für unsMilitär- stets zugleich Kulturgeschichte.Die auf der Grundlage unserer technisch-ökonomischen Vorgaben von den Architektendes zur NVA gehörenden Projektierungsbüros Süd vorbereitete und vom VEB Bau-reparaturen Dresden realisierte innere wie äußere Rekonstruktion der Stadthalle hattesich verzögert. Zwischen der Bauübergabe und dem Eröffnungstermin verblieb deshalbnur eine geringe Zeitspanne. Sie hat den Museumsmitarbeitern wie den unterstützendenKräften alles abverlangt. Ausgehend von den im Museum erarbeiteten Gestaltungs-büchern und künstlerischen Entwürfen lag der unmittelbare Ausstellungsaufbau in denHänden der DEWAG Berlin. In den letzten Wochen hätte ein Außenstehender allerdingserfragen müssen, wer von den ohne Rücksicht auf funktionelle Pflichten oder Arbeitszeitin den beiden Ausstellungsgeschossen Tätigen Museumsmitarbeiter, kommandierterNVA-Angehöriger aus dem Bereich der 7. Panzerdivision, Angestellter der DEWAG oderder kooperierenden Handwerksbetriebe war. Selbst keiner der Bausoldaten wäre auf-gefallen. Ihre anfangs definitive Weigerung, jegliche Waffe zu berühren, haben sie schnellvergessen, nachdem sie das Grundanliegen des Museums begriffen hatten und sie mitanfänglichem Erstaunen bemerkten, daß - beginnend mit den Stellvertretern des Direktors- die Offiziere, die wissenschaftlichen, künstlerischen und technischen Mitarbeiter desMuseums unterschiedslos zupackten.Als das Armeemuseum der Deutschen Demokratischen Republik am 24. März 1972eröffnet wurde, hat die neue Ausstellung die geladenen uniformierten wie zivilen Ehren-gäste sichtlich überrascht. Offensichtlich hatte man eine derart komplexe und unbefan-gene Darstellung der deutschen Militärgeschichte vor 1945 und den großzügigen Über-blick über den von der Nationalen Volksarmee in ihrer damals erst sechzehnjährigenGeschichte zurückgelegten Weg nicht erwartet. Nach dem ersten Rundgang dankte derMinister für Nationalen Verteidigung mit sehr persönlichen Worten allen Schöpfern undGestaltern für ihre außergewöhnliche Leistung. In seiner humorvollen Art ließ Armee-general Hoffmann folgende, nur den Eingeweihten verständliche Bemerkung einfließen:Angesichts der in letzter Zeit immer häufigeren Abmeldung des Chefs der PHV nachDresden habe er sich denken können, daß sich hier Besonderes tue. Desto mehr freue ersich, daß trotz solcher Störungen das Museum so gut gelungen sei.Zufällig hielten sich am Eröffnungstag aus der BRD angereiste Journalisten in Dresdenauf. Sie gehörten zu den ersten Besuchern. Geradezu euphorisch berichteten sie über dieneue Einrichtung. Eine führende BRD-Zeitung bezeichnete unser Haus als „das schönsteArmeemuseum, das wir zur Zeit in Deutschland haben“ und empfahl es als „ein höchstlohnendes Besucherziel“. (19) Davon haben sich anschließend alljährlich mehr alseinhunderttausend Besucher aus aller Welt überzeugt. Tausende davon habe ich per-

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sönlich in Potsdam, Dresden und Königstein durch die Ausstellungen geführt. Beeindrucktwaren sie alle. Drei Dinge sind ihnen durchweg besonders aufgefallen. Zum erstenzeigten sie sich angetan von unserer Methode, gestützt auf originale Sachzeugen undadäquate Hilfsmittel militärische Kenntnisse zu vermitteln, um gesellschaftliche Erkennt-nisse zu fördern. Zum zweiten erkannten und meistens akzeptierten sie unsere dialektischangelegte, betont antifaschistisch prononcierte Aussage. Zum dritten honorierte die Mehr-zahl das Bemühen, mit unseren spezifischen Mitteln zur Erhaltung und Festigung desFriedens zumindest in Europa beizutragen.Die im Frühjahr 1972 einsetzende neue Etappe in der Entwicklung des Armeemuseumsder DDR sowie seiner beiden Außenstellen in Potsdam und auf dem Königstein ist inzahlreichen Artikeln und Broschüren, selbst in einer Promotionsschrift ausführlichbeschrieben. (20) Trotzdem erscheint es aus gegenwärtiger Sicht erforderlich, auf einigeSpezifika zu verweisen, die das Armeemuseum der DDR besonders gekennzeichnethaben. Ausgewählte Beispiele aus drei Teilgebieten der militärhistorisch-museumswissen-schaftlichen Arbeit mögen das im folgenden verdeutlichen.

Zur SammlungsarbeitIm Unterschied zu vergleichbaren Einrichtungen fehlte unserem Museum anfangs nichtnur organisch gewachsener, sondern jeglicher Exponatfundus. Wie bereits angedeutet,hat sich dieser Zustand in denkbar kurzer Zeit verändert. Unter den Faktoren, die zumerfreulich raschen Anwachsen der Sammlungsbestände geführt haben, sei an ersterStelle das gezielte Beschaffen von Exponaten unterschiedlichster Art durch nahezu alleMitarbeiter des Hauses genannt. Schon zu einer Zeit, als in der DDR die deutscheGeschichte von manchen auf die Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung reduziertwurde und Militaria-Exponate aus den Zeitperioden vor 1945 als fragwürdig, wenn nichtgar vernichtenswert galten, haben wir die deutsche Militärgeschichte in ihrer Komplexitätund Dialektik sowie ihrer internationalen Einbettung begriffen. Besonderes Augenmerkwidmeten wir naturgemäß jenen Sachzeugen, die bis 1945 für die deutschen Militär-museen wegen ihrer beschränkten Sicht auf die Militärgeschichte oder als Erinne-rungsstücke an progressive und revolutionäre Persönlichkeiten und Ereignisse uninte-ressant gewesen sind. Zugleich sahen wir uns in der Pflicht, den infolge der Kriegs- undNachkriegsereignisse erheblich reduzierten Militaria-Bestand vor weiteren Verlusten zuschützen. Während nicht nur in wissenschaftlichen Gremien der NVA viele Jahreakademisch über die Begriffe Tradition und Erbe gestritten wurde, sahen wir uns in derPraxis zu tabulosem Handeln gezwungen und nahmen vorsorglich ansonsten von derVernichtung bedrohte Waffen, Geräte, Ausrüstungsgegenstände, Dokumente, Fotos, kurznahezu alle uns angebotenen militärgeschichtlich relevanten Gegenstände in den Fundusauf.Aus den verschiedenen Bereichen der Nationalen Volksarmee, aus anderen Museen undInstitutionen, von Veteranen des revolutionären, antimilitaristischen und antifaschistischenKampfes, aus dem Besitz von Sammlern und Privatpersonen gelangten die unter-schiedlichsten materiellen Zeugnisse zur deutschen Militärgeschichte vom Einzelstück biszum umfangreichen Konvolut in unsere Magazine. So übernahmen wir etwa vom auf-gelösten Deutschen Institut für Zeitgeschichte in Berlin, vom Leipziger Georgi-Dimitroff-Museum oder vom Sächsischen Staatsarchiv beträchtliche Plakat-, Dokumenten- undBuchbestände. Das Sekretariat des Ersten Sekretärs des ZK der SED und Vorsitzendendes Staatsrates der DDR leitete militärisch relevante Geschenke, darunter prachtvolleorientalische Blankwaffen und für Erich Honecker aufwendig gefertigte Ehrensäbel, anuns weiter. Vornehmlich mit preisgünstig von Kostümverleihern, die aus Altersgründenihre Firmen aufgegeben haben, angekauften, mehrheitlich mit Kammerstempel versehe-nen Bekleidungsstücken und Ausrüstungsgegenständen wurde der Uniformfundus für die

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Zeit vor 1918 aufgebaut. Bei seiner Inventarisierung fanden wir neben manch anderemwertvollem Exemplar eine aus der Zeit nach 1871 stammende, mit den Schulterstückeneines Generalfeldmarschalls versehene Attila des Kgl. Sächs. 2. Husaren-Regiments Nr.19. Das deutete auf den Regimentsinhaber jener bis 1918 in Grimma stehendenKavallerie-Formation hin. Es war kein Geringerer als der Preußische Kronprinz undfrühverstorbene Deutsche Kaiser Friedrich I.Die 1961 in Potsdam eröffnete Ausstellung war überwiegend mit Hilfe zielgerichtetbeschaffter sowie mehr oder weniger zufällig aus dem noch weitgehend unerschlossenenBestand herausgepickter Exponate gestaltet worden. Erst danach gestatteten diewesentlich verbesserten personellen, organisatorischen und räumlichen Gegebenheitenim Verein mit dem Erfahrungszuwachs den Übergang zu einer wissenschaftlich fundiertenSammlungsarbeit. Sie begann mit dem Sortieren, ordnungsgemäßen Inventarisieren,Konservieren und Aufbewahren des aus Baracken und Kellern der Polit-Offiziersschule inBerlin-Treptow nach Potsdam überführten, teilweise nicht einmal zahlenmäßig erfaßtenSammlungsgutes. Gestützt auf vornehmlich autodidaktisch erworbene militärkundlicheund typologische Kenntnisse setzte die exakte Katalogisierung der Exponate ein. ZweiHauptlinien bestimmten von nun an den Bestandszuwachs: zum einen das Bemühen umpersonen- und ereignisbezogene Exponate, zum anderen das Komplettieren typologisch-technologischer wie struktureller Entwicklungsreihen. Eine besondere Rolle kam dabeidem Schaffen museumsspezifischer Personenfonds zu. Ursprünglich konzentrierte sichdiese aktive Form der Sammeltätigkeit naturgemäß auf solche Veteranen wie diedeutschen Teilnehmer an der Oktoberrevolution in Rußland oder an den militärischenAuseinandersetzungen in der Zeit von 1918 bis 1923, die antifaschistischen Widerstands-kämpfer, die Angehörigen der Internationalen Brigaden in Spanien und jene Deutsche, diein den Reihen der Sowjetarmee und anderer alliierter Streitkräfte, als Partisanen oder inden faschistischen Konzentrationslagern und Zuchthäusern ihr Leben für ein besseresDeutschland eingesetzt haben. Nach anfänglicher Skepsis waren immer mehr Veteranenbereit, dem Museum ihren Lebensweg dokumentierende persönliche Dinge zu über-lassen. In den achtziger Jahren übergab gar die Sektion der Spanienkämpfer im Komiteeder Antifaschistischen Widerstandskämpfer der DDR ihren Bestand an historischen Fotos,Dokumenten und persönlichen Gegenständen ehemaliger Interbrigadisten dem Armee-museum der DDR. Ähnlich reagierte die mit der Zeit wachsende Zahl an Veteranen ausder Nationalen Volksarmee selbst. Ihr Verständnis für unser Anliegen wuchs desto mehr,je klarer wir ihnen die Geschichtsträchtigkeit der Streitkräfte der DDR und damit ihrespersönlichen Beitrages zu deren Entwicklung verdeutlichen konnten.Dank der fürsorglichen Unterstützung durch das Ministerium für Nationale Verteidigung,speziell der Politischen Hauptverwaltung der NVA, basierte die Sammlungstätigkeit unse-res Museums auf einer innerhalb des Museumswesens einzigartigen Grundlage. Der ausdem Jahre 1964 stammenden „Sammlungsordnung des Deutschen Armeemuseums“ wardie gründlich überarbeitete „Anordnung Nr. 19/72 des Ministers für Nationale Verteidigungüber die Sammlungstätigkeit des Armeemuseums der DDR“ gefolgt. Am 13. März 1979wurde sie, abgestimmt auf die vom Minister für Kultur erlassene „Verordnung über denNationalen Museumsfonds der DDR“ durch die noch bessere „Ordnung 030/9/008 desMinisters für Nationale Verteidigung über die Arbeit mit dem militärmusealen Fonds“ersetzt. (21) Sie regelte noch eindeutiger Verantwortung, Rechte und Möglichkeiten desMuseums hinsichtlich der Sammlung und Bewahrung militärhistorischer Sachzeugensowie die ihm dabei aus dem gesamten Bereich der Nationalen Volksarmee zugewährende Unterstützung. Neben festgelegten Ansprechpartnern in den Fachverwal-tungen des Ministeriums konnten wir uns verläßlich auf jene Offiziere stützen, die von denKommandos der Teilstreitkräfte, der Grenztruppen und der Zivilverteidigung der DDR, denbeiden Militärbezirken, der Stadtkommandantur von Berlin, der Militärakademie „FriedrichEngels“ und der Armee-Sportvereinigung „Vorwärts“ als Verbindungsbeauftragte ein-gesetzt waren.

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Welchen weit über die Streitkräfte hinaus wirkenden Namen sich unser Museum im Laufeder Jahre erworben hatte, sei an den museumsspezifischen Aktivitäten im Zusam-menhang mit dem gemeinsamen Weltraumflug UdSSR/DDR demonstriert. Am 7. März1978 wurde ich nach Strausberg befohlen. Dort teilte mir ein Offizier der PolitischenHauptverwaltung streng vertraulich mit, nach einem vom Politbüro des ZK der SEDbestätigten Dokument müsse das Armeemuseum der DDR exakt vier Wochen nach dergelungenen Landung des noch nicht endgültig benannten DDR-Kosmonauten zu einemebenfalls noch unbekanntem Termin in der Jahresmitte eine diesem Ereignis gewidmeteSonderausstellung bereithalten. Deren Eröffnung durch den von Prominenz begleitetenKosmonauten sei ebenfalls in jenem Dokument vorgegeben. Gleichzeitig erhalte dasMuseum den Auftrag, alle mit diesem historischen Ereignis zusammenhängenden, denersten Deutschen im Weltall betreffenden Sachzeugen zu sammeln und in einem geson-derten Fonds zu bewahren. Erstmals wurde unser Haus in einer solch zentralen Angele-genheit dem Museum für Deutsche Geschichte vorgezogen. Zwar kam der Flieger-kosmonaut und spätere Generalmajor Dr. Sigmund Jähn als Jagdflieger aus den Reihender Luftstreitkräfte. Doch jene Tatsache allein war gewiß nicht entscheidend für einenderart bedeutsamen Auftrag. Er wurde gewissenhaft und pünktlich erfüllt. Auf solchemWege gelangte das Museum in den Besitz solch einzigartiger Sachzeugen wie sehrpersönliche Gegenstände von Sigmund Jähn, den Dubletten der von ihm im All beiForschungsprojekten eingesetzten Geräten, seinem Skaphander und der Landekapselvon Sojus 29, mit der Waleri Bykowski und Sigmund Jähn am 3. September 1978 sicherzur Erde zurückgekehrt sind. (22)Solche weltweit einmaligen Exponate erhöhten die internationale Bedeutung des Muse-ums, zumal sie sich in eine ganze Reihe ähnlich exklusiver Stücke einfügten. Als Beispieleseien hier lediglich erwähnt: die „Faule Magd“, ein aus der Frühgeschichte des Artillerie-wesens stammendes, schmiedeeisernes Riesengeschütz (23), eine aus dem frühen 19.Jahrhundert stammende Vorderlader-Depressionskanone, Kaliber 9 cm, deren originelleLafette es gestattete, im direkten Richten von der Bergfestung Königstein aus Ziele imElbtal zu bekämpfen, oder das erste erhaltene Tauchboot der Welt, der 1850 nach Plänenvon Wilhelm Bauer erbaute „Brandtaucher“. (24)Eine besondere Methode zum Beschaffen aussagekräftiger militärhistorischer Exponatewurde von den Mitarbeitern des Museums bereits frühzeitig angewandt. Sie bestand darin,mit teilweise hohem technischem und körperlichem Aufwand von einstigen Schlacht-feldern, aus Erprobungs- und Rüstungsstätten oder von anderen Orten militärhistorischinteressante Relikte zu bergen. Die Entwicklungs- und Produktionsstätten der berüchtigtenV-Waffen in Peenemünde und im Kohnstein bei Niedersachswerfen, wo vorwiegendHäftlinge des Konzentrationslagers „Dora“ unter SS-Regie im Werk „Mittelbau“ geschuftethaben, erwiesen sich als ebenso fündig wie die auf dem Territorium der DDR befindlichenKampfgebiete aus der letzten Periode des Zweiten Weltkrieges. Besonders das einstigeErprobungsgelände des Heeres-Waffenamtes auf den weiten Flächen um den märki-schen Ort Kummersdorf, das Angriffsgelände der Roten Armee beim Sturm auf Berlin imOderbruch oder die Rudimente der erst im Frühjahr 1945 zur Festung erklärten StadtFrankfurt an der Oder seien stellvertretend für solche Aktionen genannt. (25)Wesentlich einfacher waren dagegen Übernahme oder Ankauf aus staatlichem undprivaten Besitz. So überließ uns das Straßenverkehrsamt Dippoldiswalde kostenlos eineim Mai 1945 bei der Flucht von Wehrmachtseinheiten über den Erzgebirgskamm zurück-gelassene und seitdem in Altenberg zum Schneeräumen verwendete 12 Tonnen-Zug-maschine, auch als „Raupenschlepper“ bekannt. Gegen geringes Entgelt erwarben wirvon LPG-Bauern und Liebhabern militärische Kraftfahrzeuge, Kettenkräder und Troß-wagen der Wehrmacht, ja selbst den mobilen Feldbackofen einer Bäckereikompanie ausder Zeit des Ersten Weltkrieges. Dank der Vermittlung der Prager Armeemuseen wurdenuns aus den Zeughäusern der Tschechoslowakischen Volksarmee Geschütze deutscher

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Herkunft zugeführt, darunter die 10-cm- schwere Feldkanone 17, der in beiden Welt-kriegen eingesetzte Kruppsche 21-cm-Mörser und die 8,8-cm-Flak 36 . Überhaupt wäreohne den gegenseitig nützlichen Exponataustausch mit den Militärmuseen der imWarschauer Vertrag vereinten Staaten, insbesondere denen der UdSSR, weder eineabgerundete Bestandsbildung noch das museumsgerechte Darstellen sozialistischerWaffenbrüderschaft möglich gewesen.Dem Sammeln, Bewahren und Ausstellen von militärischen Großgeräten wie Fahrzeuge,Panzer, Flugzeuge oder Boote und Schiffe sind allein durch deren Dimension und denteils nicht unerheblichen Pflegeaufwand recht enge Grenzen gesetzt. Deshalb ist esüblich, das Original nach Möglichkeit durch das detailgetreue wie maßstabsgerechteModell zu veranschaulichen. Auch auf diesem Gebiet konnte unser Museum durchzielgerichteten Ankauf sowie durch die Anfertigung in eigener Werkstatt in wenigenJahren einen Bestand von europäischem Rang aufbauen. Ähnliches gilt für das in derFotothek gespeicherte militärgeschichtliche Bildgut speziell zur Geschichte der NationalenVolksarmee. Sein Grundstock wurde mit vier von Museumsmitarbeitern erarbeitetenrepräsentativen Bilddokumentationen gelegt. (26) Nach einer mit dem Militärverlag derDDR getroffenen und von der Politischen Hauptverwaltung der NVA bestätigten Verein-barung nahm das Museum die Funktion des Endarchivs für das im Bereich der Streitkräfteanfallende Bildgut wahr.Zumindest erwähnt sei abschließend der umfangreiche Fundus an Werken der bildendenKunst aus Vergangenheit und Gegenwart zu militärischen und militärhistorischen Themen.Zum beachtlichen Teil bestand er aus Arbeiten, die von namhaften wie weniger bekanntenDDR-Künstlern im Auftrag des Museums geschaffen oder von ihnen erworben wordensind.Dieser knappe Einblick in die Sammlungstätigkeit läßt gewiß erkennen, welch zunehmen-de Möglichkeiten mit dem quantitativen, noch mehr dem qualitativen Anwachsen desGesamtbestands wie seiner unterschiedlichen Exponatgruppen entstanden sind. Oberstes Gebot für jedes Museum sollte die Prämisse „Bewahren geht vor Ausstellen“sein. Deshalb waren wir bestrebt, besonders wertvolle oder unwiederbringliche Exponatelediglich kurzfristig oder als Nachbildung auszustellen. Anfängliche, aus der Unerfahren-heit resultierende Fehler konnten später vermieden werden. Mit hohem finanziell-techni-schem Aufwand wurden Magazine und Werkstätten geschaffen, in denen von qualifi-zierten wissenschaftlichen und technischen Kräften die Bestände artgerecht aufbewahrt,erschlossen und gepflegt worden sind. Die Konservierung und Restaurierung der Expo-nate durch qualifizierte Spezialisten erfolgte nicht nur im Museum selbst. Auf Honorar-basis wurden sie von geeigneten Partnern und Firmen unterstützt. Arbeitskommandos derTeilstreitkräfte und NVA-Werkstätten sorgten kostenlos für den Erhaltungszustand derausgestellten Großtechnik.

Zur Truppenbezogenheit der museumsspezifischen ArbeitWas seit jeher in allen Staaten gilt, galt naturgemäß auch für die DDR. Mit den einemMuseum eigenen Mitteln und Methoden vermittelte es ein anschauliches Bild der deut-schen Militärgeschichte in ihrer Komplexität und Widersprüchlichkeit und leistete damitseinen Beitrag zur Vermittlung militärischer Traditionen sowie zur Entwicklung der Wehr-bereitschaft der Bevölkerung, besonders der Jugend. Zugleich erfüllte es als massen-wirksame wissenschaftliche Einrichtung der Nationalen Volksarmee eine Reihe vonAufgaben, die mit solcher Spezifik zweifellos nicht jedem Militärmuseum gestellt sind. ImRahmen dieses Beitrages seien sie zumindest angedeutet.Das sichtbarste Wirkungsmittel jedes Museums ist die ständige Ausstellung. Allein derenräumliche Proportionen lassen erkennen, welche Wertigkeit den verschiedenen inhalt-

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lichen Themen beigemessen ist. Im Deutschen Armeemuseum, im Armeemuseum derDDR sowie in den Außenstellen Armeemuseum Potsdam (ab 1973) und auf der FestungKönigstein wurden für die Darstellung der deutschen Militärgeschichte vor 1945 zweiDrittel, für die der Militärgeschichte der DDR und damit vorrangig der Nationalen Volks-armee ein Drittel der verfügbaren Ausstellungsfläche genutzt. Das gestattete nicht nurgroßzügiges Gestalten. Es erlaubte, vor allem den Armeeangehörigen die Geschichte derStreitkräfte zu verdeutlichen und half ihnen, subjektives Handeln als objektiv geschichts-trächtig zu begreifen. Dem gleichen Ziel diente ein prononciert auf Besuchergruppen vonArmeeangehörigen aller Dienstgrade und unterschiedlichster Truppenzugehörigkeit abge-stimmtes Programm propagandistisch-pädagogischer Maßnahmen. Vorrangig fürSoldaten, Offiziersschüler und Offiziere, die einen erheblichen Anteil der jährlich zwischen150 000 und 200 000 Besucher allein des Dresdener Hauses ausmachten, fandenFührungen und andere Veranstaltungen statt, die sich mit aktuellen oder an derEntwicklung der NVA, ihrer Teilstreitkräfte und Waffengattungen orientierten Problemenbeschäftigten. Am Rande sei erinnert, daß eine geschriebene Geschichte der Armee erst1985 veröffentlicht worden ist. (27)Eine besondere Form des Wirkens in der Truppe war mit den Sonder- und Wander-ausstellungen des Museums gegeben. Orientiert an militärischen oder militärpolitischenSchwerpunkten wurden alljährlich thematische Expositionen erarbeitetet, die in Dresdenselbst, in den Häusern der NVA, in Feldlagern, im Manövergelände und in den Armeenanderer Staaten des Warschauer Vertrages gezeigt worden sind. Bis nach Bulgarien undJugoslawien reichten diese Aktivitäten, realisiert von einigen zum Museum gehörenden,mit Spezialfahrzeug samt entsprechender Technik ausgestatteten Berufssoldaten.Wie bereits erwähnt, widmete das Museum seinem Auftrag, materielle Zeugnisse zurGeschichte der Nationalen Volksarmee zu sammeln, zu erhalten, wissenschaftlich zu er-schließen und museal zu nutzen, besondere Aufmerksamkeit. Die Mehrzahl der männ-lichen Mitarbeiter hatte vor der Verabschiedung in die Reserve längere oder kürzere Zeitin der NVA gedient. Aus teilweise jahrzehntelangem Dienst in der Truppe, an militärischenLehranstalten, in Kommandos oder im Ministerium für Nationale Verteidigung brachten sieKenntnisse und Verbindungen mit, die sich sehr fruchtbar auf das Wechselspiel zwischendem Museum und der Armee sowie den Grenztruppen der DDR ausgewirkt haben.Zugleich wurde jede Gelegenheit genutzt, um vorrangig die Kommandeure undPolitoffiziere aller Befehlsebenen mit der Gedankenkette Militärgeschichte - Erbe – Tradi-tionen - Sachzeugen vertraut zu machen. Vorteilhaft erwies sich dabei der gemeinsameStandort des Museums, der Militärakademie „Friedrich Engels“ und des Stabes der 7.Panzerdivision in Dresden sowie die relative Nähe zum Kommando des Militärbezirkes III,der Offiziershochschule der Landstreitkräfte „Ernst Thälmann“ in Löbau und der Offiziers-hochschule der Luftstreitkräfte/Luftverteidigung „Franz Mehring“ in Kamenz. Das ermög-lichte z B. regelmäßige, mit der Besichtigung der Magazine verbundene Lehrveran-staltungen für die Offiziershörer der Militärakademie und befruchtete mit Sicherheit dietruppengeschichtliche Arbeit.Intensiv unterstützte das Museum die Truppe beim Finden und Erschließen vonTraditionen. Aus der Vielfalt der Maßnahmen seien lediglich zwei herausgegriffen: zumeinen die methodische Anleitung zur Arbeit der Traditionszimmer (28), zum anderen dieFührung des zentralen Nachweises der in den Traditionszimmern befindlichen Exponatemit besonderer musealer Relevanz. In dieser Hinsicht war das Museum zugleich diezentrale Traditionsstätte der Armee.Eine Besonderheit der Nationalen Volksarmee bestand in ihren vielfältigen kulturellenBeziehungen, nicht zuletzt zu den bildenden Künstlern der DDR. Daraus erwuchs eineFülle, teilweise im Auftrag geschaffener Kunstwerke zu militärischen oder militärhisto-rischen Themen. Ihre zentraler Nachweis wurde ebenfalls vom Armeemuseum der DDRgeführt. Die Nützlichkeit einer solchen Festlegung hat sich nicht nur beim Vorbereiten der

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zentralen Kunstausstellung zum 25. Jahrestag der NVA erwiesen. (29)

Zu den internationalen Kontakten des MuseumsAnsehen und Ausstrahlungskraft des sozialistischen deutschen Armeemuseums lassensich ohne Hinweis auf seine vielfältigen internationalen Kontakte nicht erklären. IhrUrsprung geht weit zurück, denn an ihrem Anfang stand der bereits erwähnte Arbeits-besuch in Moskau im Sommer 1960. Von dort brachten wir als wichtigstes Resultat dieErkenntnis mit, die künftige ständige Ausstellung nicht nach der in Deutschland tradi-tionellen Schausammlungsmanier, sondern nach dem in den sowjetischen Museenwirkungsvoll praktizierten chronologisch-thematischen Komplexprinzip zu gestalten. BeimGegenbesuch leitender Offiziere des Zentralen Museums der Sowjetarmee im Frühjahr1962 in Potsdam wurde solches Bemühen trotz der vor allem aus dem Fehlenausreichender Exponate resultierenden Unvollkommenheit unserer Exposition erkanntund begrüßt. Im Dezember 1963 konnte ich den damaligen Direktor des DeutschenArmeemuseums, Oberst Haberland, zu einer zweiten Auslandsstudienreise begleiten. Sieführte nach Budapest. Im dortigen Kriegsgeschichtlichen Museum gewährte man unswunschgemäß Einblick in das Gebiet des Sammelns, Erschließens und Bewahrensmilitärgeschichtlicher Exponate.1966 hatten wir Gelegenheit, den vom Minister für Nationale Verteidigung anläßlichunseres 5. Jahrestages eingeladenen Direktoren der Armeemuseen sozialistischerStaaten in Potsdam und auf dem Königstein die bisher erzielten Arbeitsresultate zupräsentieren. Im Verlauf eines damit verbundenen fruchtbaren Erfahrungsaustauscheswar zu spüren, daß unsere noch sehr junge Einrichtung vollgültig in den Kreis derbefreundeten Museen aufgenommen war. In den Folgejahren entwickelte sich zwischenden sozialistischen Militärmuseen eine wechselseitig fruchtbare Zusammenarbeit. Sieäußerte sich im Austausch von Druckschriften, Exponaten und Sonderausstellungen, imvor Ort geführten Erfahrungsaustausch sowie bei den regelmäßig durchgeführtenZusammenkünften der Direktoren. Nicht zuletzt bewährte sie sich beim gemeinsamenAgieren über die Grenzen des „Eisernen Vorhangs“ hinweg. Dort bestand das DeutscheArmeemuseum schon bald seine Bewährungsprobe.Für den 6. bis 12. Juni 1966 hatte die dem Internationalen Museumsrat (ICOM)angehörende Internationalen Vereinigung der militärhistorischen und Waffenmuseen(IAMAM) zu ihrem IV. Kongreß in die UdSSR eingeladen. Zu unserer Freude sorgte dassowjetische Vorbereitungsbüro für die Teilnahme des Deutschen Armeemuseums. Wäh-rend des Kongresses konnten wir nicht nur die persönlichen Kontakte zu den Reprä-sentanten der sozialistischen Militärmuseen vertiefen. Zugleich nutzten wir die Gelegen-heit, den aus aller Welt angereisten Fachkollegen in einem Diskussionsbeitrag unserMuseum vorzustellen. Dabei hob Oberst Haberland dessen prinzipiellen Unterschied zuden „Ruhmeshallen“ anderer deutscher Armeen hervor. (30) Das empörte den damaligenDirektor des Bayerischen Armeemuseums, Dr. Alexander von Reitzenstein sichtlich. Seingegenüber dem Präsidenten der IAMAM und Direktor der Waffensammlung in der WienerHofburg, Dr. Thomas, geäußerter Vorwurf, daß man einem aus der „Zone“, der offiziellnicht einmal Mitglied der Vereinigung sei, Rederecht gewährt habe, ging allerdings insLeere.Wenige Wochen nach der Eröffnung des Armeemuseums der DDR besuchte uns HofratDr. Thomas am 3. Juni 1972 in Dresden. Von der Visite beeindruckt, veranlaßte erumgehend Herrn William Reid, den damaligen Sekretär der IAMAM und Direktor desNational Army Museum in London, zu einem ähnlichen Besuch. Beides blieb nichtfolgenlos. Am 1. Januar 1973 wurde das Armeemuseum der DDR offizielles Mitglied derIAMAM. Im Mai 1975 nahmen dessen Direktor, Konteradmiral Streubel, und dessenStellvertreter für Wissenschaftliche Arbeit zusammen mit rund einhundert Delegierten aus

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23 Staaten am VII. IAMAM-Kongreß in Frankreich teil. (31) Damit war das Eis endgültiggebrochen. Im Unterschied zum Kongreß in der UdSSR fehlten Ausgrenzungsversuche.Nach der offiziellen Anerkennung der DDR als souveräner Staat fiel es den Fachkollegenaus europäischen wie außereuropäischen Ländern einschließlich der BRD nicht mehrschwer, weitgehend vorbehaltlos mit uns zu verkehren. Über das fachliche Gesprächwuchsen persönliche Kontakte, die sich für die Integration des Armeemuseums der DDRin das internationale Netz der Militärmuseen als sehr nützlich erwiesen haben.Mit unserem Auftreten in Frankreich war die Armeeführung offensichtlich derart zufrieden,daß sie dem Armeemuseum der DDR den Auftrag erteilte, unverzüglich mit derVorbereitung einer spezifischen Konferenz anläßlich des 20. Jahrestages der NationalenVolksarmee zu beginnen. Neben Fachleuten aus den Militärmuseen sozialistischer undNationalstaaten der Dritten Welt seien erstmalig auch solche aus NATO-Länderneinzuladen. Auf unseren Vorschlag hin informierte Admiral Verner den in Frankreich neu-gewählten Präsidenten der IAMAM und Konservator des Polnischen Nationalmuseums inKrakau, Herrn Dr. Zygulski, über das Vorhaben und stellte ihm frei, die Konferenz kosten-los als fakultative Veranstaltung der IAMAM anzubieten. Die am 28. Januar 1976 vomChef der Politischen Hauptverwaltung der NVA persönlich eröffnete, mehrtägige Veran-staltung zum Thema „Museale Darstellung der Militärgeschichte“ war ein voller Erfolg.Erstmalig für die Nationale Volksarmee nahmen neben Gästen aus den Staaten desWarschauer Vertrages überwiegend uniformierte Museumsfachleute aus Ägypten, Finn-land, Irak, Italien, Kuba, Mexiko, Schweden, Syrien und Vietnam teil. Aus der ebenfallsgeladenen BRD war lediglich Herr Dr. Jaeckel vom Bayerischen Armeemuseum Ingolstadtangereist. (32) Zu deren und unserem Bedauern hatte das Bundesministerium fürVerteidigung den Direktoren des Wehrgeschichtlichen Museums in Rastatt und des Luft-waffenmuseums in Uetersen als aktiven Bundeswehroffizieren die angebotene „Reise inden Ostblock“ strikt untersagt.Seit 1975 haben Vertreter des Armeemuseum der DDR an allen folgenden IAMAM-Kongressen mit eigenen Diskussionsbeiträgen teilgenommen. (33) Auf dem 1981 in denUSA veranstalteten IX. Kongreß wurde mit Konteradmiral Streubel sein Direktor insPräsidium der IAMAM gewählt, ebenso später dessen Nachfolger, Oberst Dr. Nikolaus.Am 1. Januar 1977 wurde das Armeemuseum der DDR Mitglied des InternationalenMuseumsrates (ICOM), einer Organisation der UNESCO. Auch an deren Aktivitäten wares gebührend beteiligt.Abschließend seien drei im Verlaufe der achtziger Jahre realisierte, keineswegs alltäglicheProjekte aus der vielfältigen internationalen Arbeit des Museums wenigstens genannt:einmal die Mitwirkung am Aufbau des im Mai 1985 in Krasnogorsk bei Moskau eröffnetenMuseums der deutschen Antifaschisten, zum zweiten die in mehreren arabischen undafrikanischen Staaten zum Einsatz gelangte Wanderausstellung über die NationaleVolksarmee sowie drittens das als Geschenk der NVA für die Technische Unteroffiziers-schule der Vietnamesischen Volksarmee „Wilhelm Pieck“ geschaffene und in Ho-chi-Minh-Stadt aufgebaute Traditionskabinett.

Vom Armeemuseum der DDR zum Militärhistorischen Museum DresdenDie in den Oktobertagen des Jahres 1989 beginnenden und zum Anschluß der „fünfneuen Bundesländer“ an die BRD führenden dramatischen Ereignisse haben um dasArmeemuseum der DDR durchaus keinen Bogen gemacht. Einige Wochen geriet es ingefährliche Turbulenzen. Heraufziehende drohende Gefahren erwuchsen der Einrichtungallerdings nicht von außen, denn weder in Dresden, noch republikweit gab es kritischeStimmen hinsichtlich der Existenz oder der Arbeit des Armeemuseums der DDR. Die Krisehatte innere Ursachen. Am 8. November 1989, unmittelbar nach dem Rücktritt der Stoph-Regierung, forderten in einer stürmisch verlaufenen Dienstversammlung einige Mitarbeiter

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- ob aus eigenem Willen oder ferngesteuert sei dahin gestellt - lauthals und geradezuultimativ das sofortige Ausscheiden „stalinistischer Offiziere“, den Wechsel des Museumsaus militärischer in zivile Zuständigkeit und seine Umwandlung in ein Anti-Kriegsmuseum,„auf dessen Freitreppe öffentlich Waffen und militärisches Spielzeug zerschlagen“ werdensollten. Die Masse der uniformierten wie der zivilen Mitarbeiter verhielt sich anfangs ab-wartend reserviert. Sollte es zu keinem Machtvakuum mit unabschätzbaren Folgen ins-besondere für die Sicherheit und Unversehrtheit der im Fundus aufbewahrten, teilweiseunwiederbringlichen oder besonders wertvollen Exponate kommen, mußte unverzüglichgehandelt werden.Noch im November 1989 wurde auf dienstlicher Ebene eine aus selbstbestimmten Vertre-tern sämtlicher Bereiche, Abteilungen, Unterabteilungen und Arbeitsgebiete bestehendeKommission gebildet. Ihre Aufgabe lautete, Gedanken und Vorschläge zu den KomplexenZustandsanalyse, Status, gesellschaftlicher Auftrag und künftige Hauptaufgaben desMuseums sowie zu Fragen der Organisation, Ökonomie und Sicherheit zusammen-zutragen und abzuwägen. Zur gedanklichen Orientierung dienten einige Thesen mit demrichtungweisenden Titel „Das Armeemuseum der DDR im Aufbruch und im Zeichen derMilitärreform.“ Die Begriffe „Umbruch“ oder „Wende“ wurden bewußt nicht gebraucht.Unter der Federführung der Stellvertreter des Direktors und bei konstruktiver Mitarbeitnahezu aller demokratisch gewählten Kommissionsmitglieder entstand in wenigenWochen ein Grundsatzdokument, das sich als wohldurchdachte und belastbare Basismilitärhistorisch-museumswissenschaftlicher wie organisatorisch-technischer Arbeit weitüber den Augenblick hinaus bewähren sollte. (34) Im Unterschied zu vielen Betrieben,Institutionen und Einrichtungen bewahrte sich damit das Museum das für seine unge-fährdete Existenz, den Erhalt seiner Bestände, die Beschäftigung seiner Mitarbeiter undeine zielgerichtete, auf die Erfordernisse der außergewöhnlichen Zeit abgestimmteTätigkeit unverzichtbare Fundament. Seine Tragfähigkeit erwies sich sehr schnell. Im April1990 sollte eine Streikdrohung dem Mißtrauensvotum gegen uniformierte Vorgesetzte,hinter dem sich Opposition gegen den eingeschlagenen Kurs verbarg, besonderen Nach-druck verleihen. Unter Verweis auf das demokratisch erarbeitete, von der am Erhalt desMuseums ernsthaft interessierten Mehrheit der uniformierten wie zivilen Mitarbeiterverinnerlichte Grundsatzdokument sowie mit der Ankündigung, weitere Störungen desBetriebsklimas würden fristlose Entlassung bewirken, kehrte endgültig Ruhe ein. Sie wardringend erforderlich, denn der nach dem Wegfall des Politstellvertreters und demAusscheiden des in den Ruhestand getretenen Direktors veränderten Museumsleitungverschaffte sie jenen Spielraum, den sie für ein erfolgreiches Agieren dringend benötigte.Inzwischen hatte sich auch das mit der Auflösung der Politischen Hauptverwaltungentstandene Vakuum geschlossen. Wir hatten es ohne die gewohnten „Direktiven“ vonoben“ durch selbständiges Handeln nach bestem Wissen und Gewissen überbrückt.Nunmehr erhielt die neue Leitung in erfreulich unbürokratischer und verständnisvollerWeise wieder Rückendeckung durch Mitarbeiter des Bereiches Staatsbürgerliche Arbeit,die als Verbindungsoffiziere zum nunmehrigen Ministeriums für Abrüstung und Vertei-digung wirkten.Am 1. März 1990 wechselte das Museum seinen Namen. Aus dem Armeemuseum derDDR wurde - wie bereits 1972 vorgeschlagen - das Militärhistorische Museum. Zwei Aus-stellungsprojekte machten unmißverständlich erkennbar, daß sich kein bloßer Etiket-tenwechsel vollzogen hatte. Schon am 11. Mai 1990 konnte in Dresden die Sonderaus-stellung „Zeugen sächsischer Militärgeschichte“ eröffnet werden. Mit dieser Expositionübernahm das Museum erneut eine Vorreiterrolle. Erstmals nach 1945 kündeten histo-rische Sachzeugen wieder über Sachsens militärische Vergangenheit vom Aufkommendes stehenden Heeres zur Zeit des Kurfürsten Johann Georg III. um 1580 bis zur Abdan-kung des Hauses Wettin im November 1918. (35) Die aus allen Bestandsgruppen stam-menden und durch exquisite Leihgaben aus dem Staatsarchiv Dresden sowie denStaatlichen Kunstsammlungen ergänzten Exponate deuteten den widersprüchlichen

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Verlauf der sächsischen Militärgeschichte zumindest an und konnten zum Wiederfindensächsischer Identität beitragen. Als Baustein zu kleinstaatlicher Volkstümelei Biedenkopf-scher Prägung war die Ausstellung weder gedacht noch geeignet. (36)Am 28. Juli 1990 wurde plangerecht die neugestaltete ständige Ausstellung im NeuenZeughaus der Festung Königstein eröffnet. Unter dem Titel „Festungsbau und Festungs-krieg 1789 - 1945“ ersetzte sie die 1965 erarbeitete und danach nur geringfügig ergänzteExposition „Vom Steinschloßgewehr zur Kampfrakete“. Geladene Gäste wie zufälligeFestungsbesucher erlebten ein Ereignis besonderer Art. Als offizielle Vertreter der Bun-deswehr nahmen in voller Uniform Brigadegeneral Dr. Roth, Chef des Militärgeschicht-lichen Forschungsamtes in Freiburg, sowie Oberstleutnant Böhm, damals Leiter desWehrgeschichtlichen Museums in Rastatt, an jenem Akt teil. Beide waren von Aussageund Qualität der Ausstellung ebenso beeindruckt wie bereits zuvor von unserem Haus inDresden. Es zeugt von der wissenschaftlichen wie politischen Solidität der Arbeit desArmeemuseums der DDR, daß es seitdem keinerlei ernsthafte Kritik an der 1987 für denKönigstein konzipierten, 1988/89, also erhebliche Zeit vor der „Wende“, erarbeiteten, 1990produzierten und aufgebauten Exposition gegeben hat. (37) Dem Besuch von Brigadegeneral Dr. Roth, den erst der Verzicht auf die Kontaktsperre füralle Bundeswehrangehörigen gegenüber der DDR und der NVA ermöglichte, waren seitAnfang März zunehmende Kontakte anfangs zu zivilen, später zu militärischen Persön-lichkeiten und Einrichtungen der BRD vorausgegangen. Besonderes Gewicht erlangtedabei eine Zusammenkunft mit Herrn Regierungsrat Dr. Arnold Wirtgen und seinerBegleitung am 9. April 1990. Nach der Besichtigung der Exposition und der Magazine desMilitärhistorischen Museums kam es zu einer fruchtbaren Diskussion über die künftigedeutsche Museumslandschaft. Für Dr. Arnold Wirtgen, den Schöpfer der Wehrtech-nischen Studiensammlung des Bundesamtes für Wehrtechnik und Beschaffung inKoblenz, zugleich Präsident der Deutschen Gesellschaft für Heereskunde, gab es nichtden geringsten Zweifel an der weiteren Existenzberechtigung des MilitärhistorischenMuseums in Dresden. (38) Drei an jenem Tage getroffene, später exakt realisierte Festle-gungen unterstrichen jenen Standpunkt. Zum ersten: Leitende Mitarbeiter des Militär-historischen Museums wurden zu einem Gegenbesuch nach Koblenz eingeladen. Ererfolgte im Juli 1990 und diente dem Abschluß einer Vereinbarung über die künftigeZusammenarbeit beider Einrichtungen. Zum zweiten: Die eigentlich als besondererBeitrag des Armeemuseums der DDR zu Ehren des 40. Jahrestages der DDR gestalteteund am 18. Mai 1989 eröffnete Sonderausstellung „Militärhistorische Hieb- und Stich-waffen aus drei Jahrhunderten“ wird unverändert einschließlich der Wilhelm Pieck undErich Honecker gewidmeten Ehrensäbel ab Oktober 1990 in der WehrtechnischenStudiensammlung Koblenz gezeigt. (39) Zum dritten: Gemeinsam mit der Militaria-Sammlung des Museums für Deutsche Geschichte, der Wehrtechnischen Studien-sammlung Koblenz und dem Wehrgeschichtlichen Museum Rastatt gestaltet das Militär-historische Museum Dresden eine Sonderausstellung mit dem Thema „Das Zündnadel-gewehr. Eine militärtechnische Revolution im 19. Jahrhundert.“ (40)Die damaligen Leiter des Wehrgeschichtlichen Museums in Rastatt, OberstleutnantBöhm, des Luftwaffenmuseums in Uetersen, Oberstleutnant Rogge, oder des Panzer-museums in Munster Oberstleutnant Grundies, die wir bei wechselseitigen Besuchenkennen gelernt hatten, sahen das differenzierter. Das ist verständlich, mußten sie doch inunserer Einrichtung primär einen möglichen Konkurrenten sehen. Angesichts der unüber-sehbaren Aufmerksamkeit, die das Armeemuseum der DDR im Unterschied zu denMilitärmuseen der BRD seit dem Tage der Eröffnung durch die politische und diemilitärische Führung erfahren hat, konnten sie eine Spur von Neid nicht verhehlen.Ängstlichkeit verbreiteten sie bei uns nicht, verfügte das Militärhistorische Museum mitseinem Fundus, seinem Bemühen um die museumsgerechte Würdigung der Militär-geschichte der DDR und - wie wir erst später begriffen - seiner dem Bund als vormaliges

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Wehrmachtseigentum kostenlos zufallenden Liegenschaft über mehrere Trümpfe. Alszusätzlich sehr hilfreich erwies sich die dank der Zugehörigkeit zur Internationalen Vereini-gung der militärgeschichtlichen und Waffenmuseen (IAMAM) gegebene internationaleEinbettung des Armeemuseums der DDR auch über die Grenzen des sozialistischenStaatenbündnisses hinaus und sein daraus resultierender Bekanntheitsgrad. Sieerleichterte persönliche und Arbeitskontakte nicht nur zu den Militärmuseen der BRD. Dassicherte dem Museum sogar eine gewisse Sonderstellung. In der von den MinisternStoltenberg und Eppelmann gemeinsam unterzeichneten und am 1. Juli 1990 in Kraftgetretenen „Rahmenrichtlinie über dienstliche und außerdienstliche Kontakte zwischenSoldaten der Bundeswehr und Angehörigen der Nationalen Volksarmee“ wurden unserebereits vorher angeknüpften Beziehungen zu Einrichtungen der Bundeswehr ausdrücklichsanktioniert. (41)Wenig beeindruckt von den Kursänderungen, die sich auf militärpolitischem Gebiet seitdem Frühjahr 1990 vollzogen haben, stellte sich das Museum zielgerichtet auf eineZukunft nach dem Ende der DDR ein. Im engen Zusammenwirken mit verantwortlichenOffizieren des Ministeriums wurden wichtige Voraussetzungen für das Sichern, Über-nehmen und Aufbewahren des materiellen Erbes der NVA, ihres Traditionsgutes, ihrerTruppenfahnen, ihrer Werke der bildenden Kunst sowie der Belegstücke ihrer Bewaffnungund Ausrüstung vom Kochgeschirr bis zur operativ-taktischen Rakete geschaffen. Ohnegroße Illusionen wurden die Mitarbeiter auf die bevorstehenden komplizierten Aufgabenvorbereitet. Im Vordergrund stand das Bemühen, sie trotz vieler Unsicherheitenoptimistisch zu motivieren. Das fiel nicht allzu schwer, denn in jenen Wochen besuchteeine zunehmende Zahl unterschiedlichster BRD-Bürger das Militärhistorische Museum,galt es doch Vielen als eine besondere Sehenswürdigkeit der Elbestadt. Zu den promi-nentesten Gästen zählte in jenen politisch bewegten Tagen zweifellos Herr Peter Tamm,der Schöpfer des Deutschen Instituts und Museums für Marinegeschichte in Hamburg.Deren Urteil war durchweg positiv. Zugleich bewegte Manchen die Sorge, die Einrichtungkönne von der Gefahr des Abwickelns bedroht sein. Eindeutig belegt das ein vom 27.August 1990 datiertes Schreiben des Herrn Univ.-Prof. Dr.-Ing. Peter Zimmermann vonder Fakultät für Luft- und Raumfahrt der Universität der Bundeswehr in München, in demes heißt: „Ich würde mich freuen, wenn das Museum im wesentlichen erhalten bleibt. Ineinem Brief an den zuständigen Referatsleiter im Bundesministerium für Verteidigung (FüS I 8), Herrn Dr. Jürgen Bertram, habe ich das Meine dazu beigetragen“ (42)Am 26. September 1990 verabschiedete der vorab als neuer Direktor bestätigte Oberst-leutnant Dr. Manfred Kunz die 55 Jahre alten und älteren Stabsoffiziere des Militärhisto-rischen Museums in einer würdigen Dienstversammlung. Sie hatten ihre letzte Aufgabeerfüllt: das Museum sicher durch die Turbulenzen der „Wende- und Nachwendezeit“ zuführen, die Sammlungsbestände vor jeglichem Schaden zu bewahren, die Arbeitsplätzeder Masse der Mitarbeiter dauerhaft zu sichern und eine intakte Einrichtung möglichstreibungslos in die gesamtdeutsche Museumslandschaft einzupassen. Fast wäre unserAnliegen mißlungen, denn ursprünglich hätte die Führung der Bundeswehr ein „Zentral-museum der deutschen Wehrgeschichte“ lieber am Standort Berlin gesehen. Nach einerFü S I 8-Konzeption vom 28. 08. 1990 sollte das in der Hauptstadt erst zu schaffendeMuseum das Gesamtbild, die beiden Museen in Rastatt und Dresden vorrangig die jeweili-gen Landesschwerpunkte, Rastatt zusätzlich die Bundeswehr und Dresden die ehemaligeNVA präsentieren. Wörtlich heißt es in jener, auf Weisung des Generalinspektors derBundeswehr vom Oktober 1990 im Bundeswehrkommando Ost angefertigten Studie zumMilitärhistorischen Museum Dresden: „Laufende Ausstellung und Fundus des Museums(mit 620 000 Exponaten, davon über 100 000 von besonderem qualitativem Wert, diegrößte Sammlung im deutschsprachigen Raum) ... Das MHM Dresden war unabhängigvon der ideologischen Ausrichtung aufgrund des qualitativen Wertes der Exponateinternational bekannt. ... Aufgrund des enormen Fundus, der langen Tradition, des gutenbaulichen Zustandes und der günstigen Lage in Dresden sollte dieses Museum unbedingt

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der Bundeswehr erhalten bleiben und nicht an das Land Sachsen abgetreten werden.Eine solche Entscheidung sollte zumindest so lange zurückgehalten werden, bis Konzep-tion, Genehmigung und Haushaltsmittel für ein Berliner Zentralmuseum für deutscheWehrgeschichte gewährleistet sind.“ (43).Der persönliche Besuch des Bundesministers der Verteidigung, des Historikers Dr.Gerhard Stoltenberg, am 7. März 1991 in Dresden stellte die Weichen. Nach dem Rund-gang durch die Ausstellung und der Besichtigung der Magazine entschied der Minister,das Museum und die Außenstelle auf der Festung Königstein in die Bundeswehr zuübernehmen. Die Unsicherheit über seine künftige Entwicklung war allerdings erst 1994mit der offiziellen Erklärung zum „Leitmuseum im Museums- und Sammlungsverbund derBundeswehr“ endgültig beseitigt.(44)Dreißig Jahre liegt inzwischen jener 24. März 1972 zurück, an dem mit einem feierlichenAkt in der vormaligen Dresdener Stadthalle von Armeegeneral Heinz Hoffmann dasArmeemuseum der DDR eröffnet worden ist. Zu den bleibenden Leistungen, die imErgebnis des Könnens, der Kreativität, des Fleißes und der Einsatzbereitschaft von ihremAuftrag überzeugter Arbeitskollektive erzielt worden sind, gehört zweifellos das Entstehenund das Wachsen des anderen deutschen Militärmuseums. Ohne das Armeemuseum derDDR und seinen Vorläufer gäbe es heute in der Bundesrepublik Deutschland schwerlichein für die deutsche Militärgeschichte insgesamt wie speziell für die zweite Hälfte des 20.Jahrhunderts repräsentatives zentrales Militärhistorisches Museum.Das ist eine unbequeme Tatsache. Noch läßt sie sich nicht ganz verleugnen. Eine der-artige Tendenz zeichnet sich allerdings unverkennbar ab. Nicht zuletzt der Versuch, dieTradition der nunmehr zur Bundeswehr gehörenden Einrichtung aus ihrem Unterbrin-gungort, dem ursprünglichen Hauptgebäude des Kgl. Sächs. Arsenals, abzuleiten, läßtdarauf schließen, daß man die in den Jahren zwischen 1957 und 1971 liegenden eigent-lichen Wurzeln am liebsten vergessen machen und die Periode von 1972 bis 1990 alsdoktriniert disqualifizieren möchte. In Wirklichkeit lag es mehr oder weniger an Zufällen,daß 1971/72 das Potsdamer Museum nach Dresden verlegt und dabei ein Teil seinerAltbestände dorthin zurückgekehrt oder das Museum nach 1990 nicht an das LandSachsen abgetreten worden ist.

Anmerkungen

1. T. E Scheerer.: Das Militärhistorische Museum der Bundeswehr in Dresden 1 - Ausstellungen 1990 - 2000, Dresden 2000, S 5.

2. Siehe Prof. Dr. G. R Mayer: Trophäen-Museum im alten Babylon. In: Protokoll derInternationalen Wissenschaftlichen Konferenz „Museale Darstellung derMilitärgeschichte“ vom 28. - 30. Januar 1976 (unveröffentl.) Dresden 1976. S. 32 ff.

3. A. v Reitzenstein: Das ehemalige Bayerische Armeemuseum. In: DeutscherSoldatenkalender 1958, München-Lochhausen 1958, S. 90.

4. M. Lachmann: Zur Geschichte und zum Charakter der imperialistischen deutschenArmeemuseen. In: Zeitschrift für Militärgeschichte, 5. Jg./Heft 6, Berlin 1966, S. 695 ff.

5.Siehe Stichwort Heeresmuseen. In: H. Franke: Handbuch der neuzeitlichen Wehr-wissenschaften, Zweiter Band, Berlin und Leipzig 1937, S. 271 ff.

6. M. Lachmann: wie Anm. 4, S 700.7. A. Friedel: Militärgeschichtliche Sammlungen zeitgemäß ? In: Wehrwissenschaftliche

Rundschau, 12. Jg., Darmstadt / Berlin / Frankfurt 1962, S. 2118. Siehe Das Luftwaffenmuseum in Uetersen. In: Deutscher Soldatenkalender 1961, S.

145.

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9. Siehe Anordnung Nr. 44/57 des Ministers für Nationale Verteidigung vom 26. 06. 1957.In: Bundesarchiv/Militätarchiv (BA-MA), VA-01/2006, Bl. 11 ff.

10. Deren Umwandlung zur Politischen Hauptverwaltung erfolgte erst am 1. Oktober1961;

11. Die Exponate jener Wanderausstellung dienten als Grundstock beim Aufbau der inden siebziger Jahren als nichtöffentliche Einrichtung in Berlin geschaffenenTraditionsstätte des Ministeriums des Innern der DDR.

12. Sie M. Kunz: Armeemuseum der DDR. In: 100 Jahre Museum im Dresdner Arsenal(1897 - 1997), Dresden 1997, S 36.

13. Generalmajor Dr. Otto Korfes war als Kommandeur der 295. Infanterie-Division beiStalingrad in Gefangenschaft geraten und gehörte zu den insgesamt sechsWehrmachtsgeneralen, die in der Anfangsperiode kurzfristig am Aufbau der DDR-Streitkräfte teilhatten. Wegen seiner aktiven antifaschistischen Tätigkeit imNationalkomitee „Freies Deutschland“ war er in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Dasunterschied ihn von jenen aus einem Kreis von 83 Bewerbern reaktivierten 44Wehrmachtsgeneralen und Admiralen, die in der Regel bis zum Erreichen desPensionsalters in der Bundeswehr weiterdienten. Siehe Militärgeschichte. Probleme -Thesen - Wege, Stuttgart 1982, S. 485 ff;

14. Siehe BA-MA, VA - 01/200, Bl. 145 ff.15. Die Nationale Volksarmee hat sich an jenes Abkommen strikt gehalten. Am 3. Oktober

1990 befand sich das leergeräumte Marmorpalais von innen wie außen im Prozeß einergrundlegenden Restaurierung.

16. Sie M. Drews / M. Stoll: Soldaten der ersten Stunde, Berlin 1981. S. 7 ff. und E.Haberland: Der Pelerinenmann, Berlin 1981.

17. Autorenkollektiv: Geschichte der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands - Abriß,Berlin 1978, S. 545.

18. Der von einem Autorenkollektiv des Militärgeschichtlichen Instituts der DDRerarbeitete „Kurze Abriß der deutschen Militärgeschichte“ ist erst 1974 im Militärverlagder DDR erschienen.

19. E.-O. Maetzke.: Militärgeschichte - präsentiert im anderen Deutschland. In:Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 8. April 1972.

20. Siehe u.a. Autorenkollektiv: Zwanzig Jahre Armeemuseum der DeutschenDemokratischen Republik. 1961 – 1981, Dresden, 1981; M. Kunz, / , B. Näser: DieEntwicklung des Armeemuseum der DDR zum zentralen militärischen Fachmuseumunter Beachtung seiner Rolle als Erziehungs- und Bildungsstätte eines marxistisch-leninistischen Geschichtsbildes und zur sozialistischen Wehrerziehung 1961 - 1981.Ungedr. Promotionsschrift A, Militärgeschichtliches Institut der DDR, Potsdam 1983;M. Lachmann: Dreißig Jahre dargestellte Militärgeschichte auf dem Königstein. In:Offizielles Mitteilungsblatt des Sächsischen Festungsvereins Königstein e.V., Dresden1996.

21. Veröffentlicht im Anordnungs- und Mitteilungsblatt des Ministeriums für NationaleVerteidigung, Nr. 19/79, B/17, Strausberg 1979.

22. Autorenkollektiv: Gemeinsam im Kosmos. Museale Zeugnisse zum erstengemeinsamen Weltraumflug UdSSR - DDR im Armeemuseum der DDR - Katalog.Dresden 1983.

23. M. Lachmann / D. Nissel/ P. Richter/ R. Töpfer/ A. Turra.: eyn rohr aus eisern stangen- Zur Geschichte des Stabringgeschützes „Faule Magd“, Dresden 1987.

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24. H. Krause: Der Brandtaucher von Wilhelm Bauer. In: 100 Jahre Museum, wie Anm.12, S. 138 ff.

25. W. Fleischer / S. Wetzig: Spurensuche. Das Aufspüren, Bergen und Bewahren vonmilitärhistorischen Bodenfunden, Band 1, Wölfersheim-Berstadt 1997.

26: Siehe u.a.: Autorenkollektiv: Soldaten des Volkes - Geschichte der NationalenVolksarmee in Bildern, Berlin 1966; Autorenkollektiv: Getreu dem Fahneneid -Bilddokumente über die Nationale Volksarmee, Berlin 1981.

27. Autorenkollektiv: Armee für Frieden und Sozialismus - Geschichte der NationalenVolksarmee der DDR, Berlin 1985.

28. M. Lachmann/ M. Kunz/ A. Turra: Das militärhistorische Erbe, seine Bewahrung,Pflege und Anwendung. Beilage 17 zur Zeitschrift „im klub“, Berlin 1986

29. Katalog: Kunstausstellung zum 25. Jahrestag der Nationalen Volksarmee. Grafik -Malerei – Plastik, Berlin 1981.

30. Siehe IV. Internationaler Kongreß der Vereinigung der Waffen- undmilitärgeschichtlichen Museen – Bericht, Moskau 1966.

31 Siehe M. Lachmann: VII. Kongreß der Internationalen Vereinigung dermilitärgeschichtlichen und Waffenmuseen (vom 4. bis 14. Mai 1975) in Frankreich. In:„Militärgeschichte“, Heft 6/75, Berlin 1975, S. 729 ff.

32. Protokoll der Internationalen Wissenschaftlichen Konferenz „Museale Darstellung derMilitärgeschichte“, Dresden 1976.

33. Siehe u.a. M. Lachmann: VIII. Kongreß der Internationalen Vereinigung dermilitärhistorischen und Waffenmuseen vom 21. bis 30. Mai in Warschau und Krakau.In: Militärgeschichte, Heft 5/78, Berlin 1978, S. 615 ff.; J. Streubel: Die Restaurierungder „Faulen Magd“ - Beispiel für die Pflege des Kulturerbes der DDR(Diskussionsbeitrag auf dem IX. IAMAM-Kongreß in Washington) In: Zeitschrift fürhistorische Waffen- und Kostümkunde, Heft 3/82, Graz 1982.

34. Grundlagenkommission: Militärreform und Museum - Grundrichtungen der Arbeit desMilitärhistorischen Museums Dresden. Ungedr. Manuskript 1990.

35. Die letzte umfassende Monographie zur sächsischen Militärgeschichte ist im letztenDrittel des 19. Jahrhunderts erschienen! Siehe O. Schuster / F.-A. Francke:Geschichte der Sächsischen Armee, Leipzig 1885;

36. M. Lachmann: Zeugen sächsischer Militärgeschichte - Attraktive Ausstellung inSachsens Hauptstadt. In: Zeitschrift für Heereskunde, Heft 350/351, Beckum 1990, S.125 ff.

37. G. Thiede: Gebt der Festung, was der Festung ist ! - Zur Entstehungsgeschichte einerAusstellung über Festungsbau und Festungskrieg auf dem Königstein. In: OffiziellesMitteilungsblatt des Sächsischen Festungsvereins e.V., Königstein 1996; S. 12 ff.

38. A. Wirtgen: Neuordnung des militärgeschichtlichen Museumswesens im vereintenDeutschland. Probleme und Aspekte. In. WTS-Info - Mitteilungen des Vereins derFreunde und Förderer der Wehrtechnischen Studiensammlung Koblenz e.V., Heft 9,Koblenz 1990, S. 13 ff.

39. Siehe u.a. K. Hilbert: Stichhaltig. Militärische Hieb- und Stichwaffen aus dreiJahrhunderten. Gastausstellung des Militärhistorischen Museums Dresden in derWehrtechnischen Studiensammlung Koblenz. In: Deutsches Waffenjournal, H.11/1990, S. 1682 ff. .Anschließend wurde die Exposition von März bis August 1991 imWehrgeschichtlichen Museum Rastatt, danach von September 1991 bis April 1993 imAuto- und Technikmuseum Sinsheim gezeigt.

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40. Am 04. 11. 1991 wurde diese von einem ausführlichen Katalog begleiteteGemeinschaftsausstellung in Koblenz eröffnet. Siehe R. Wirtgen.: DasZündnadelgewehr. Eine militärtechnische Revolution im 19. Jahrhundert, Berlin 1991.

41. Siehe Th. Hoffmann: Das letzte Kommando - Ein Minister erinnert sich, Berlin 1993,S. 256.

42. Originalbrief im Besitz des Autors.43. G. v. Steinaecker (Brigadegeneral): Studie zum Thema: Nationale Volksarmee und

Warschauer Pakt in der schriftlichen und gegenständlichen historischen Darstellungund ihre Bedeutung für die Traditionspflege der Bundeswehr. Ungedr. Manuskript,Strausberg 1990, S. 18 f..

44. Siehe H.-J. Heibei: Die Übernahme des Museums durch die Bundeswehr. In: 10 JahreDresdner Arsenal (1897 - 1997), Dresden 1997.

Der Autor gehörte dem Museum von September 1957 bis September 1990 alswissenschaftlicher Mitarbeiter, Unterabteilungsleiter, Abteilungsleiter und (seit 01. 02.1966) Stellvertreter des Direktors für Wissenschaftliche Arbeit an.