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„ÖKOLOGIE – ÖKONOMIE“ Ziele, Ergebnisse, Umsetzung NATUR.RAUM. MANAGEMENT N r . 34 04 / 2017 DAS FACHJOURNAL DER NATURRAUMMANAGERI NNEN

„ÖKOLOGIE – ÖKONOMIE“ - bundesforste.at · NATUR.RAUM.MANAGEMENT INHALT 3 Ökologisches Landschaftsmanagement – ein Integrationsmodell mit Zukunft 4 Waldbewirtschaftung

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„ÖKOLOGIE –ÖKONOMIE“

Ziele, Ergebnisse, Umsetzung

NATUR.RAUM.MANAGEMENT

N r . 340 4 / 2 0 1 7

DAS FACHJOURNAL DER NATURRAUMMANAGERINNEN

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NATUR.RAUM.MANAGEMENT

INHALT

3 Ökologisches Landschaftsmanagement –ein Integrationsmodell mit Zukunft

4 Waldbewirtschaftung – Ziel: Langfristig mit der Natur wirtschaften

6 „Fertig sind wir nie“ – Rudolf Freid -hager über „Ökologie – Ökonomie“

8 Naturschutz im Wald – Ziel: Biodiversität in der Forstwirtschaft„mitdenken“

10 Wald und Wild – Ziel: Weniger Wildschäden, robustere Wälder

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NATUR. RAUM. MANAGEMENT | Ausgabe 04/2017 – Nr. 34 3

ÖKOLOGISCHES LANDSCHAFTSMANAGEMENT –EIN INTEGRATIONSMODELL MIT ZUKUNFT!

LEITARTIKEL

N achhaltig zu wirtschaften bedeutet, dieAuswirkungen des wirtschaftlichen Han-delns auf Mensch und Natur zu berück-

sichtigen. Mit dem Projekt „Ökologie – Ökonomie“versuchen die Bundesforste, die ökologischenGrundlagen bei der Bewirtschaftung ihrer Natur-ressourcen so zu gestalten, dass das oftmals als Ge-gensatz missverstandene Verhältnis zwischen Öko-logie und Ökonomie sich in einen Vorteil für beideAnsätze verwandelt. Wie wir uns dem schwierigenThema genähert haben, dürfen wir Ihnen in dieserAusgabe des Fachjournals nahebringen. Die vierThemenbereiche, die im Rahmen des Projekts bear-beitet wurden, waren Waldbau, Jagd, Umwelt-schutz und Naturschutz.

WaldbesitzerInnen und -bewirtschafterInnen sehen sich vor der immer größer werdenden Herausforderung, einen Ausgleich zwischen denverschiedensten Interessen auf den Flächen undzwischen den verschiedensten Ansprüchen andie Flächen zu schaffen. Insbesondere was Schutzund Erhaltung betrifft, erfordern neue wissen-schaftliche Erkenntnisse, europarechtliche Vor ga-ben, aufgeklärte BürgerInnen, die Ertragswert-wartungen der EigentümerInnen usw. immermehr ein differenziertes Herangehen bei der Nut-zung der Naturlandschaft. Die im Wald stattfin-dende Holzgewinnung ist ein zwar wichtiger –für die Energiewende sogar elementarer – abertrotzdem nur ein Teilanspruch an die Landschaft.Wir brauchen aber eine gesamthafte und in hohem Maß professionalisierte Betrachtung. Diese Überzeugung hat uns zum Begriff des Öko-logischen Landschaftsmanagements, kurz Ö.L.,geführt.

Was sind nun die Kernelemente des Ö.L.? So man-che/r mag jetzt vielleicht der Verdacht beschlei-chen, es ginge uns nur um eine neue „Sprachrege-lung“, mit der wir das Verändern der Landschaftökologisch verbrämen. Darum geht es uns abernicht, denn wir wollen verstärkt biodiversitätsrele-vante Maßnahmen als integrativen Bestandteilder Bewirtschaftung fördern. Für den Wald bedeu-tet Ö.L., dass dank moderner waldbaulicher undnaturschutzfachlicher Ansätze die Dynamik im Le-bensraum Wald stärker forciert wird, und zwar im

Rahmen des so genannten Kombinationsmodells1.Dabei kommen auf der Fläche Elemente des seg-regalen und des integralen Naturschutzes zumTragen. Waldbewirtschaftung, Vertragsnatur-schutz, Prozessschutz sowie Pflege- und Biotopge-staltung greifen ineinander, und zwar zeitlich undörtlich wirkungsoptimiert. Damit wird ein Netz-werk aus Flächen geschaffen, die unter Integra ti-on von Schutzmaßnahmen bewirtschaftet wer-den und anderen Gebieten, denen eine spezifi-sche Naturschutzfunktion zukommt.

Durch die Zusammenarbeit v.a. zwischen Forstein-richtung, Forstbetrieben, Jagd- und Naturraum-management wird sichergestellt, dass die Moduledes Ö.L. in der langfristigen Planung, aber vor al-lem auch in der täglichen Umsetzung berücksich-tigt werden. Folgende Maßnahmen sollen inei-nandergreifen: > Die Erstellung eines Schutzgutbuches für je-

den Forstbetrieb;> Die Analyse des Erhaltungszustandes und des

möglichen Renaturierungspotenzials von Bio-toptypen wie Mooren, Trockenrasen, Gewäs-sern oder seltenen Waldgesellschaften;

> Die Erhebung des Lebensraum-Vernetzungspo-tentials für uns relevante Leitarten wie Auer-hühner, Fledermäuse oder Weißrückenspechtesoll die Biodiversitätsqualität in Wald und Flurweiter gesteigert werden.

> Die Förderung des Prozessschutzes und derdarauf angewiesenen Arten wird durch dieIdentifikation von nutzungsfreien Flächen ge-fördert. Diese können von der 2000 m² großenaußerplanmäßigen Störung im Wald – der so-genannten „Wildnisecke“ – bis zu einem „aus-gewachsenen“ Wildnisgebiet um den Dürrn-stein in Niederösterreich reichen.

Mehr Nachweise für die Notwendigkeit einer um-fassenden und langfristigen Betrachtung, die dieZusammenhänge zwischen Waldbau, Jagd, Um-welt- und Naturschutz berücksichtigt, braucht esnicht. Mit dem Ö.L. steht ein dafür bestens geeig-netes Managementmodell zur Verfügung! <<

GERALD PLATTNERLeiter [email protected]

ANMERKUNG:1 Siehe NRM – Fachjournal 1/2016

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Was?Unternehmensweiter Strategie-prozess

Wofür?> Besserer Ausgleich zwischen

Ökologie & Ökonomie> Erarbeiten von Praxismaßnah-

men in den Bereichen „Wissen“,„Methoden & Maßnahmen“,„Vernetzung & Kommunika ti-on“ sowie „Bekenntnis & Ziel-vereinbarungen“

> Einbetten der Maßnahmen ineine langfristige Strategie

In welchen Bereichen?> Waldbewirtschaftung> Wald & Wild> Umweltschutz> Naturschutz

Wann?April 2015 – Juni 2016

Wer?> Österreichische Bundesforste

(Auftraggeber)> brainbows informations ma-

nagement GmbH (Begleitung& Ausarbeitung)

> Externe ExpertInnen (z. B. aus BFW, BOKU, WWF)

ÖBf-PROJEKT „ÖKOLOGIE – ÖKONOMIE“

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EINSICHTEN

NATUR.RAUM.MANAGEMENT

Im Projekt „Ökologie – Ökono-mie“ wurde anhand konkreterMaßnahmen aufgezeigt, wiescheinbare Widersprüche durchlangfristiges Denken aufgelöstwerden können. Einige Beispie-le aus dem Bereich „Waldbe-wirtschaftung“ illustrieren dies.

E in Unternehmen, das ausschließlich mitnatürlichen Ressourcen arbeitet, sichder Nachhaltigkeit verpflichtet fühlt

und Erträge erwirtschaftet, muss tagtäglichden Interessenausgleich zwischen Ökologieund Ökonomie schaffen. Im besten Fall gelingtes sogar, Synergien zu nützen. Denn vielfachstehen Ökologie und Ökonomie nicht im Wi-derspruch, sondern ergänzen einander und bil-den zusammen die Basis für ein langfristig er-folgreiches Wirtschaften.

Im ÖBf-Strategieprojekt „Ökologie – Ökono-mie“ befassten sich vier Arbeitsgruppen mitWaldbewirtschaftung, Jagd, Naturschutz undUmweltschutz. Die Grundüberlegung war füralle vier dieselbe: Da Bäume 100 Jahre undmehr brauchen, bis sie geerntet werden kön-nen, sind FörsterInnen auf die Arbeit der Gene-ration(en) vor ihnen angewiesen und stellengleichzeitig die Weichen für den Ernteerfolgder nachfolgenden Generationen. Das heißt,sie müssen bei all ihren Entscheidungen lang-fristig denken und nicht kurzfristigen Profitauf Kosten der Substanz anstreben.

NACHHALTIGE ERNTEMENGEDie Leitkennzahl in einem Forstbetrieb stelltder nachhaltige Hiebssatz1 dar. Richtungswei-sendes Ergebnis des Projektes „Ökologie – Öko-nomie“ ist, dass für die nächsten Jahre die

Holzerntemenge der Bundesforste mit 1,5 Mio.Festmeter festgelegt wird. Dieser Wert liegtzwar deutlich unter dem laufenden Zuwachs,ist aber aus drei Gründen erforderlich. Erstensgab es große Schadereignisse2, bei denen mehrHolz als geplant anfiel. Zweitens hatte die Auf-schließung der Wälder durch Forststraßen inden vergangenen Jahrzehnten hohe Abbau-hiebssätze ermöglicht. Drittens ist aus Verant-wortung gegenüber nachfolgenden Generatio-nen ein Vorratsaufbau erforderlich. Denn diehohen Zuwächse finden derzeit in jungen Be-ständen statt. Haben sie in einigen Jahrzehn-ten die Erntereife erreicht, kann der Hiebssatzauch wieder spürbar erhöht werden.

AM BILLIGSTEN IST NICHT AM BESTENIn einem Forstbetrieb haben Holzerntekostenhohe Priorität, weil sich hohe Kosten sofort inden jährlichen Bilanzen niederschlagen unddamit den wirtschaftlichen Erfolg des Unter-nehmens beeinflussen. Langfristig betrachtetist das wirtschaftlich günstigste Holzerntever-fahren aber nicht immer das optimale. Wennbei der Ernte z. B. vorhandene Naturverjün-gung3 beschädigt wird, tritt auf lange Sicht einSchaden ein. Daher wurde im Rahmen des Pro-jekts „Ökologie – Ökonomie“ ein einfaches In-strument entwickelt, das den Wert4 einer Na-turverjüngung mit den Holzerntekosten in Be-ziehung setzt. Dank der natürlichen Verjün-

4 NATUR. RAUM. MANAGEMENT | Ausgabe 04/2017 – Nr. 34

WALDBEWIRTSCHAFTUNGZiel: Langfristig mit der Natur wirtschaften

Blick vom Nationalpark Kalkalpen zum Warscheneck

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ANMERKUNGEN:1 Holzmenge, die jährlich nach-

haltig geerntet werden kann2 v. a. Windwürfe3 aus den Samen des Altbestan-

des gewachsene Jungbäume4 meist mehrere tausend Euro

pro Hektar5 entspricht auch dem forstge-

setzlichen Auftrag6 siehe Seite 10-117 Dies ist auch Ziel der ÖBf- Klima-

wandelanpassungsstrategie

WEBTIPP:www.bundesforste.at/unternehmen-nachhaltigkeit/nachhaltigkeit/waldbau.html

gung erspart man sich in der Folge Auffors-tungs- und Pflegekosten und gibt dem Waldaußerdem die Chance, sich an ändernde Um-weltbedingungen anzupassen.

STANDORTABHÄNGIGE BIOMASSENUTZUNGDie Nutzung von Biomasse für die Energiege-winnung – und damit der Ersatz fossiler Roh-stoffe durch nachwachsende – ist grundsätz-lich positiv zu beurteilen. Entnimmt man demWald allerdings zu viele Äste und Zweige, kannes zu einem erheblichen Nährstoffentzug kom-men, weil in Wipfelfraktionen, Kronenteilen,Nadeln und Blättern die Nährstoffkonzentrati-on um ein Mehrfaches höher ist als im Stamm-holz. Eine unbedachte Nutzung von Biomassewürde zu einem Humusabbau und damit zuZuwachsverlusten in den nächsten Baumgene-rationen führen. Damit dies nicht passiert, istes notwendig, auf Grundlage einer detaillier-ten Kartierung festzulegen, an welchen Stand-orten eine Entnahme dieser Fraktionen erfol-gen kann und an welchen Standorten sie un-terbleibt. Auf rund der Hälfte der Waldflächeder Bundesforste ist Biomassenutzung mög-lich. Ihre Grenzen werden aber, so ein weiteresProjektergebnis, nicht überschritten.

Um die Regeneration des Waldbodens zu erhal-ten und auch zu verbessern5, wird in Zukunftauf besonders sensiblen Standorten mit gerin-

gem Humushorizont auf Kahlschläge generellverzichtet. Ziel ist es, hier ausschließlich mitNaturverjüngung die gewünschten Besto-ckungsziele zu erreichen. Ein angepassterWildstand ist dafür die Hauptvoraussetzung.6

ANPASSUNG AN KLIMAWANDELGenerell wird die Waldbewirtschaftung an diezu erwartenden Veränderungen der Umwelt-bedingungen angepasst.7 Es müssen Beständebegründet werden, die mit dem Klima, das inZukunft möglicherweise herrschen wird, gutzurechtkommen. Als ausländische Baumartenwerden etwa Douglasie und Roteiche an denpassenden Standorten zwar eine wichtige Rol-le spielen, aber noch wichtiger erscheint es,dass das vorhandene Potenzial viel besser alsbisher genutzt wird. Es gibt ausreichend vieleheimische Baumarten, die zum Aufbau stabilerBestände genutzt werden können. Als Beispielsei hier die Tanne genannt, die in Österreichauf großen Flächen Teil der natürlichen Wald-gesellschaft ist, aber oft wegen Wildverbissesausfällt. Insofern hat das Projekt „Ökologie –Ökonomie“ eine Erkenntnis bestätigt, dieschon bisher bestmöglich berücksichtigt wur-de: Die rechtzeitige Waldpflege mit Dickungs-pflege und Erstdurchforstung muss weiterge-führt werden. Nur mit dieser Investition in dieZukunft lassen sich stabile, naturnahe und er-tragreiche Bestände für künftige Generationenerzielen. <<

NATUR. RAUM. MANAGEMENT | Ausgabe 04/2017 – Nr. 34 5

Was war das Ziel des ÖBf-Projektes „Ökologie – Ökonomie“?Es sollte eine langfristige Strategie zur nach-haltigen Waldbewirtschaftung entwickeltwerden. Ziel war, Wildschäden zu reduzieren,aktiven Klima- und Umweltschutz zu betrei-ben und eine multifunktionale Forstwirt-schaft in Einklang mit dem Naturschutz zubringen.

Was war die Haupt-Herausforderung in diesem Prozess?Der „Blick aufs Ganze“ hat bei den ÖBf nochnicht den entsprechenden Stellenwert er-reicht. Ökonomisches Denken und der vor-herrschende Kostendruck stehen im Vorder-grund, Umwelt- und Naturschutz werden

häufig als „Alibi-Maßnahmen“ wahrgenom-men. Mit der Strategie ist ein erster mutigerSchritt gelungen und führte in einigen Berei-chen zu einer Art Dogmenbruch.

Wie ist diese Herausforderung zu meistern?Wichtigstes Erfolgskriterium war und ist,dass beide Vorstände und der Aufsichtsratvoll hinter dem Prozess gestanden sind undstehen. Es wurde von Anfang an klarge-macht, dass der Prozess „Ökologie – Ökono-mie“ ein zentrales Anliegen der Unterneh-mensleitung ist. In weiterer Folge zeigtesich, dass die Mitarbeiterinnen und Mitar-beiter der Bundesforste diesen Prozess sehrengagiert, konstruktiv und professionell mit-gestaltet und umgesetzt haben.

Was war für Sie die größte Überraschung imProjektverlauf?Die Angst vor der eigenen Courage. Es wur-den häufig tolle Maßnahmen vorgeschlagen,gleichzeitig aber gesagt „das wird ja eh nieumgesetzt“. Ich glaube aber, dass es gelun-gen ist, eine Vielzahl dieser tollen Ideen imMaßnahmenkatalog zu verankern.

Christian Nohel ist geschäftsführender Ge-sellschafter bei brainbows informationsma-nagement GmbH. Er koordinierte den ÖBf-Strategieprozess „Ökologie – Ökonomie“.www.brainbows.com

NACHGEFRAGT BEI CHRISTIAN NOHEL

Dr. Norbert Putzgruber ist Leiter der Stabsstelle Wald- Naturraum-Nachhaltigkeit derÖsterreichischen Bundesforste. Erhatte die Federführung im Ge-samtprojekt „Ökologie – Ökono-mie“ inne und leitete die Arbeits-gruppe Waldbewirtschaftung.www.bundesforste.at

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EINSICHTEN

NATUR.RAUM.MANAGEMENT

Was bedeutet der Strategie-prozess „Ökologie – Ökono-mie“ für das Unternehmen?Bundesforste-Vorstand RudolfFreidhager über das Arbeitenmit der Natur, Einsparungenauf Umwegen und die Paralle-len zwischen Unternehmens-zielen und Demokratie.

Am Anfang des Projektes „Ökologie – Ökono-mie“ stand der Befund, dass bei den Bundes-forsten die Ökonomie über die Ökologie domi-nierte. Sind diese beiden Aufgaben heute aus-gewogen?

Freidhager: Noch nicht zur Gänze, aber wir ha-ben gute Fortschritte gemacht.

Instrumente, um die Ökologie zu fördern, gibtes bei den Bundesforsten schon länger.1 Warensie bisher zu wenig wirksam?

Freidhager: Ja. Da möchte ich gar nicht herum-reden. Es hat sicher ernsthafte Bemühungengegeben. Aber wenn wir uns den Befund anse-hen, muss ich sagen: Das reicht bei weitemnicht. So gesehen ist das Projekt „Ökologie –Ökonomie“ ein Paradigmenwechsel.

Inwiefern?

Freidhager: Die Bundesforste müssen bei derWaldbewirtschaftung verinnerlichen, dass Öko-logie und Ökonomie kein Widerspruch sind,sondern sich in gewissen Bereichen geradezubedingen. Ein Beispiel: Wenn mein Hauptzielist, die Holzernte so effizient wie möglich zumachen, dann kann ich nicht erwarten, dass sieunter ökologischen Gesichtspunkten geschieht.Das zieht oft hohe Folgekosten nach sich.

Heißt das, dass sich mit dem Bewahren einesintakten, naturnahen Waldes kein Geld ver -dienen lässt?

Freidhager: Doch. Sogar mehr als heute. Wennwir z. B. auf sensiblen Standorten auf Kahl-schläge verzichten, dann müssen wir dort zwarhöhere Holzerntekosten in Kauf nehmen, aberzwei, drei Euro Mehrkosten pro Festmeter kön-nen die Bundesforste verkraften. Und wir spa-ren bei den Folgekosten: Wenn es gelingt, eineWilddichte herzustellen, bei der sich Naturver-jüngung2 einstellt, dann senke ich damit dieAufforstungskosten. Ein Forstarbeiter hat dasvor kurzem goldrichtig formuliert: „Wir müssenendlich anfangen, dass wir mehr mit der Naturarbeiten als gegen sie.“

Laut Bundesforstegesetz sind die ÖBf dazu verpflichtet, den „bestmöglichen wirtschaftli-chen Erfolg“ zu erzielen – nicht den größtmög-lichen. Was bedeutet „bestmöglich“ für Sie indiesem Zusammenhang?

Freidhager: „Bestmöglich“ ist für mich einelangfristige Betrachtung. Dass wir auch unterden schwierigeren Bedingungen des Klima-wandels nachhaltig erfolgreich sind. Das gehtnur, wenn wir die Prinzipien und die Maßnah-men des Projektes „Ökologie – Ökonomie“ um-setzen.

6 NATUR. RAUM. MANAGEMENT | Ausgabe 04/2017 – Nr. 34

„FERTIG SIND WIR NIE.“Rudolf Freidhager über „Ökologie – Ökonomie“

Blick vom Gerzkopf zum Dachstein und zur Bischofsmütze

DI Dr. Rudolf Freidhager ist als Vorstandssprecher fürForstwirtschaft und Naturschutzder Österreichischen Bundes -forste verantwortlich.www.bundesforste.at

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ANMERKUNGEN:1 z. B. Nachhaltigkeitsstrategie

„Horizont 2020“, ÖBf-Klima-schutzstrategie

2 Jungbäume, die von selbst – d. h. ohne aktive Pflanzungoder Aussaat – nachwachsen(z. B. durch anfliegende Samenoder vegetative Vermehrungumstehender Bäume)

3 Eigentümer der BayerischenStaatsforste

4 Republik Österreich, vertretendurch das Bundesministeriumfür Land- und Forstwirtschaft,Umwelt und Wasserwirtschaft(BMLFUW)

5 Details: siehe Seite 10–11

Diese Prinzipien verlangen auch, eingefahreneDenkmuster zu verändern. Erzeugt das nichtWiderstand?

Freidhager: Ich habe gesehen, dass unsere Leu-te draußen in den Forstbetrieben diesen Prinzi-pien extrem offen gegenüberstehen. Manmuss sie nicht groß überzeugen. Natürlich gibtes da und dort Konflikte, gerade bei der Jagd.Aber da müssen wir als Bundesforste-Vorstän-de dann klar hinter unseren Mitarbeiterinnenund Mitarbeitern stehen. Denn sie entscheidenüber Erfolg oder Misserfolg.

Sie sind seit Frühjahr 2015 Bundesforste-Vor-stand, waren zuvor bei den Bayerischen Staats-forsten. Was haben Sie aus Bayern für „Ökolo-gie – Ökonomie“ mitnehmen können?

Freidhager: Was hinter den bayerischen Erfol-gen steckt, ist Konsequenz. Der Freistaat Bay-ern3 betreibt z. B. die Waldbewirtschaftungschon seit 1990 nach dem Grundsatz „Wald vorWild – aber Wald mit Wild“. Und zwar konse-quent. Heute sehen Sie dort auf tausendenHektar Tannenverjüngungen, da ist nichts ver-bissen. Und trotzdem gibt es eine intakte, or-dentliche Jagd in Bayern. Das ist kein Wider-spruch. Man muss die Jagd nur unter einem et-was anderen Gesichtspunkt betreiben.

Die Bundesforste müssen große Flächen be-treuen. Und gleichzeitig sollen sie aus Klima-schutzgründen PKW-Kilometer einsparen. Wiebringt man solch widersprüchliche Unterneh-mensziele unter einen Hut?

Freidhager: Ich beginne bei mir selbst: AufDienstreisen fahre ich mehr mit dem Zug,nicht mit dem Dienstwagen. Das heißt, es gibtviele, oft auch kleine, Möglichkeiten um Kilo-meter zu sparen.

Und der Forstarbeiter, der täglich in den hin-tersten Graben muss?

Freidhager: Der muss klarerweise mit demAuto fahren. Aber die Frage ist: Haben wir nichtein Einsparpotenzial, ohne den Betriebsablaufnur im Geringsten negativ zu beeinflussen?Und ich behaupte, dass wir einen zweistelligenProzentsatz an Kilometern einsparen können.

Welche Rahmenbedingungen fördern nachhal-tiges Handeln bei den Bundesforsten?

Freidhager: Für mich ist das Wichtigste, dassder Eigentümervertreter der Bundesforste4 dasmitträgt. Und das tut er.

Und welche sind mehr fordernd als fördernd?

Freidhager: Wir müssen verhindern, dass tau-sende Hektar Wald verbissen und geschältwerden. Dazu müssen wir die Jagd verändern.5

Wir nehmen z. B. Reviere zurück, um mehr Ein-fluss auf die Jagd zu bekommen. Nicht jederJagdkunde ist glücklich, wenn er ein Reviernicht mehr kriegt. Das verstehe ich auch.

Die Bundesforste-Jagd betrifft 10 Prozent derStaatsfläche. Was ist mit den anderen 90 Prozent?

Freidhager: Ich kommentiere grundsätzlich dieJagd anderer Eigentümer nicht. Ich bin zufrie-den, wenn wir während meiner Zeit bei denÖBf ein gutes Stück des Weges zurückzulegen.Da habe ich Arbeit genug.

Auch die besten Strategien scheitern manch-mal an der Umsetzung in die tägliche Praxis.Was können Sie beitragen, damit „Ökologie –Ökonomie“ kein Papiertiger bleibt?

Freidhager: Wir haben ein Qualitätsmanage-ment eingeführt, das auch ökologische Para -meter kontrolliert – zusätzlich zur klassischenForstkontrolle. Ökologische Ziele wurden in dieverbindlichen Zielvereinbarungen mit Vorstän-den, Betriebs- und Revierleitern aufgenommen.Wichtig bei der Umsetzung sind auch Mitarbei-terschulungen. Zudem gibt es heuer eine exter-ne Evaluierung von „Ökologie – Ökonomie“.

Zurück zur Einstiegsfrage: Wann rechnen Siedamit, dass Ökologie und Ökonomie bei denBundesforsten ausgewogen sind?

Freidhager: Spürbare Ergebnisse müssen wirnach fünf Jahren sehen. Andererseits: Das istwie mit der Demokratie. Es ist ein tägliches Rin-gen und Weiterentwickeln. Aber fertig sind wirdamit nie. Das macht es auch spannend. <<

Die Fragen stellte Uwe Grinzinger.

NATUR. RAUM. MANAGEMENT | Ausgabe 04/2017 – Nr. 34 7

„DAS PROJEKT ‚ÖKO-LOGIE – ÖKONOMIE‘IST EIN PARADIGMEN-WECHSEL.“Rudolf Freidhager, ÖBf

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ANSICHTEN

NATUR.RAUM.MANAGEMENT

Die Naturschutz-Ergebnissedes Projektes „Ökologie –Ökonomie“ sollen das Natur-schutzwissen im Unterneh-men verbessern, den Natur-schutz noch besser in dieForstwirtschaft integrierenund eine verbindliche Umset-zung in der täglichen Praxisgarantieren.

B eim ÖBf-Projekt „Ökologie – Ökonomie“wurden auch konkrete Naturschutz-maßnahmen entwickelt. Sie tragen

u. a. zur Umsetzung der EU-Biodiversitätsstra-tegie und der „Biodiversitätsstrategie Öster-reich 2020+“ bei. Ziel ist ein integrierter Natur-schutz, der im Zuge der täglichen Waldbewirt-schaftung stattfindet. Und das durchgängigund auf möglichst großer Fläche. Aber wie?

KOMMUNIZIEREN & VERNETZENDer Ausgleich zwischen Ökonomie und Ökolo-gie kann nur gelingen, wenn Natur- und Um-weltschutzziele klar und konsequent vermit-telt werden. Und zwar sowohl nach innen (ei-gene MitarbeiterInnen) als auch nach außen(z. B. gegenüber Holzerntefirmen oder Jagd-kundInnen). Speziell die Zusammenarbeit mitNGOs (z. B. BirdLife, WWF, Naturschutzbund)und anderen FachexpertInnen (etwa an Uni-versitäten) ist ein wichtiger Bestandteil derÖBf-Naturschutzarbeit. Auf nationaler Ebeneläuft diese Kooperation bereits gut. Regionalist sie noch ausbaufähig, auch wenn es bereitserfolgreiche Beispiele gibt (z. B. ÖBf-Forstbe-trieb Pinzgau und Moorverein Wasenmoos,Biotopschutzgruppe Pinzgau).

Noch enger abstimmen müssen sich auch dieeinzelnen Unternehmensfelder der Bundes-forste. Denn integrierter Naturschutz ist eine

Querschnittsmaterie. Es müssen also sektoren-übergreifende Maßnahmen auf der gesamtenBundesforstefläche geplant und umgesetztwerden. Die Kernfrage lautet: Was kann einUnternehmensbereich für den anderen beimNaturschutz tun? Gelingt es z. B. Waldschädendurch das Wild zu senken ( jagdlicher Aspekt),kann mehr Naturverfügung1 aufkommen (öko-logischer Aspekt). Dadurch spart man Auffors-tungskosten (wirtschaftlicher Aspekt). VieleNaturschutzmaßnahmen aus dem Projekt„Ökologie – Ökonomie“ verfolgen auch dieübergeordneten Bundesforste-Ziele beim Um-weltschutz: Ressourcenschonung und Klima-schutz2.

BESCHEID WISSENEine zentrale Rolle bei der Umsetzung von Na-turschutzmaßnahmen spielen die Betriebs-und RevierleiterInnen der Bundesforste. Damitsie den Naturschutz „auf den Boden bringen“können, brauchen sie zweierlei: Sie müssenüber wertvolle Arten und Lebensräume in „ih-rer“ Region Bescheid wissen. Und darüber, wiesie sie in der Praxis konkret fördern können.Dazu stehen ihnen mehrere Instrumente zurVerfügung:> Das „Ökologische Landschaftsmanagement“3

stimmt forstliche und ökologische Erforder-nisse ab. Erster Schritt ist eine Bestandsauf-nahme: Welche schützenswerten Arten und

8 NATUR. RAUM. MANAGEMENT | Ausgabe 04/2017 – Nr. 34

NATURSCHUTZ IM WALDZiel: Biodiversität in der Forstwirtschaft „mitdenken“

Mischwald

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ANMERKUNGEN:1 Jungbäume, die von selbst –

d. h. ohne aktive Pflanzungoder Aussaat – nachwachsen

2 Ziel lt. ÖBf-Klimaschutzstrate-gie: Senken der CO2-Emissio-nen um 16 % zwischen 2010und 2020

3 entwickelt von ÖBf und WWF4 Flächen mit freier natürlicher

Entwicklung, ohne menschli-chen Einfluss

5 Schwellenwert: mind. vierHöhlenbäume pro Hektar

6 Im Ertragswald für viele waldge-bundene Arten bestandssichernd:drei bis fünf Prozent Totholz

7 Biotopbäume: lebende Bäume,die über das Umtriebsalter hi-naus im Bestand verbleiben. Ziel:mind. 9 Vorratsfestmeter/ha

8 Kleine, naturnahe Altholzbe-stände, die aus der Nutzunggenommen werden. Ziel: mind.vier pro Forstrevier, bis 2020mind. 480 in ÖBf-Wäldern.

9 Ziel: Halten des aktuellen An-teils (rd. 8 % der ÖBf-Flächen,inkl. Ödland)

10 Wald, der sich ohne menschli-chen Einfluss einstellen würde

11 Ziel bis 2020: Setzen von 150gefährdeten Bäumen & Sträu-chern pro Jahr in jedem Revier.

12 siehe Projekt „ADAPT“, sieheNRM-Journal Nr. 21, S. 11

13 siehe Seite 6–7

WEBTIPP:www.bundesforste.at/produkte-leistungen/naturraum-management.html

NATUR. RAUM. MANAGEMENT | Ausgabe 04/2017 – Nr. 34 9

Lebensräume, welche Schutzgebiete gibt es?Wie sind Naturnähe, Renaturierungs- undVernetzungspotenzial der Lebensräume?Welche Prozessschutzflächen4 gibt es wo?Wo sind neue denkbar? Darauf aufbauendwird in jedem Forstbetrieb und in den Forst-revieren ein Naturschutzkonzept entwickelt,samt konkreten Handlungsempfehlungenfür das Flächenmanagement in der Region.

> Das „Waldbauhandbuch“ ist die zentrale In-formationsquelle für ÖBf-ForstarbeiterIn-nen. Es wurde um praktische Naturschutz-maßnahmen ergänzt, um sicherzustellen,dass sie in der täglichen Forstarbeit nochstärker berücksichtigt werden.

> Im Herbst 2017 erscheint das „Naturschutz-praxisbuch“. Es gibt konkrete Hilfestellun-gen zu Biodiversitäts- und Naturschutz vorOrt, auch bei der Waldbewirtschaftung.

Das Naturschutzpraxisbuch bildet zudem dieGrundlage für die verpflichtende Schulung„Ökologische Waldbewirtschaftung“, angebo-ten seit 2017. Anhand gelungener Praxisbei-spiele erfahren ÖBf-MitarbeiterInnen hier u. a.vom Wert der Naturverjüngung und der Bio-masse oder erhalten Tipps zum richtigenDurchforstungszeitpunkt.

MASSNAHMEN UMSETZENUm die Biodiversität im Wald zu sichern, isteine Vielfalt an Arten und Lebensraumstruktu-ren nötig, z. B. alte Bäume5, ausreichend Tot-holz und Biotopbäume6, 7. Auch ein Netzwerk

aus Biodiversitätsinseln8 und Prozessschutzflä-chen9 soll entstehen – inklusive kleiner „Wild-nis-Ecken“ im Wirtschaftswald.Insgesamt müssen sich die Bundesforstewäldernoch mehr an der potenziell natürlichen Wald-gesellschaft10 orientieren. In vielen Fällen bedeu-tet das, die Baumartenvielfalt zu erhöhen, z. B.durch die Förderung von Tanne und Laubhölzern(inkl. regionalen, seltenen Baum- und Strauchar-ten)11. Struktur- und artenreiche Wälder sindauch widerstandsfähiger gegenüber Schädlings-befall und Klimawandel. Wälder müssen daherschon jetzt an die Klimaverhältnisse angepasstwerden, die Ende des Jahrhunderts herrschenwerden.12 Gelingt dies, gehen auch hier ökono-mischer und ökologischer Vorteil Hand in Hand.

Verstärkt geschützt werden auf Bundesforste-flächen auch die rd. 700 WildbienenartenÖsterreichs, z. B. durch Pflanzen von Wildobst-sträuchern, Einsaat von Wildblumen, Belassenvon Totholz (als Nisträume) und Fördern be-stimmter Baumarten (z. B. Weiden, Pappeln,Linden).

NATURSCHUTZERFOLG MESSENDamit die erarbeiteten Maßnahmen verbind-lich und unternehmensweit einheitlich umge-setzt werden, müssen bestehende Bewertungs-methoden, Kennzahlen und Zielvereinbarungenangepasst werden. Künftig soll der Unterneh-menserfolg der Bundesforste deshalb nicht reinan wirtschaftlichen, sondern auch an ökologi-schen Kriterien gemessen werden.13 <<

Worin sehen Sie den größten Verdienst desÖBf-Projektes „Ökologie – Ökonomie“?Es stärkt die Berücksichtigung der standört-lich-ökologischen Gegebenheiten, welchedie Basis für die Waldbewirtschaftung dar-stellen, im strategischen und operativen Management. Dieses Projekt wird dazu bei-tragen sowohl die Anpassungsfähigkeit alsauch die Resilienz der Waldbestände zu er-höhen. Dadurch vermindern sich die Bewirt-schaftungsrisiken, was wesentlich zur nach-haltigen Sicherung des betrieblichen Erfol-ges beiträgt.

Welche Vorteile ergeben sich aus einemMehr an Ökologie im Wald?Kurzzeitig bis langfristig können beachtlichewirtschaftliche Verbesserungen erwartetwerden: durch Förderung standortsgerechterMischwald-Bestockung, durch Naturverjün-

gung sowie durch Verminderung von Wild-schäden und sonstigen Schadereignissen,wie Windwurf oder Borkenkäfer.

Lässt sich das auch konkret beziffern?Zahlreiche waldbaulich-betriebswirtschaft -liche Untersuchungen weisen auf einen beachtlichen wirtschaftlichen Mehrwert hin.Durch Forcierung von Naturverjüngung imVergleich zu Kahlschlag und Aufforstung,können kurz- bis mittelfristig Kostenvorteilevon 5.000 bis 8.000 Euro pro Hektar oderhöhere Deckungsbeiträge1 von 10–15 Europro Erntefestmeter lukriert werden. Bau m ar-tenentmischung2 und/oder Schälschädendurch zu starken Wildeinfluss ver ursachenKosten von 10–30 Euro pro Hektar und Jahr.

Was sind Erfolgsvoraussetzungen bei derStrategieumsetzung?

Am wichtigsten sind eine klare operativeZielformulierung, ein konsequentes Vorge-hen sowie das Beibehalten der eingeschla-genen Strategien zur Wald- und Wildbewirt-schaftung über einen längeren, mindestensmittelfristigen Zeitraum.

Eduard Hochbichler ist Professor am Institutfür Waldbau der Universität für Bodenkultur.Er war externer Berater beim ÖBf-Projekt„Ökologie – Ökonomie“ (ArbeitsgruppeWaldbewirtschaftung).www.wabo.boku.ac.at/waldbau

ANMERKUNGEN:1 genauer: DB II2 Verlust von Tanne oder Eiche

NACHGEFRAGT BEI EDUARD HOCHBICHLER

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Rehwild

Beim Ausgleich zwischen Öko-nomie und Ökologie spielt dasWild eine Schlüsselrolle: Esmuss gelingen, Wildschädenim Wald deutlich zu reduzie-ren – durch weniger Schalen-wild, geringere Wildschadens-anfälligkeit des Waldes undveränderte Raumnutzung desWildes.

D ie Wildschäden1 in Österreichs Wäldernbewegen sich auf hohem Niveau. Siebringen nicht nur ökologische Einbu-

ßen mit sich (z. B. Baumartenentmischung),sondern auch wirtschaftliche (z. B. Auffors-tungskosten durch fehlende Naturverjüngung2):in Summe etwa 220 Mio. Euro pro Jahr3, davonrd. 17 Mio. Euro (knapp 8 %) in Bundesforstewäl-dern. Im Schutzwald mindern Wildschäden dieSchutzwirkung des Waldes vor Naturgefahren.

Abhilfe tut also not. Mit dem Projekt „Ökologie– Ökonomie“ wollen die Bundesforste einen„Dimensionssprung“ in der Wildschadensre-duktion erreichen. Laut Fritz Völk, Leiter der Arbeitsgruppe „Wald und Wild“, sind folgendeMaßnahmen besonders erfolgversprechend:

WENIGER SCHALENWILD4

Flexiblere VerträgeWildschäden lassen sich nur gemeinsam mitJagdkundInnen reduzieren. Schließlich sind rd. 90% der ÖBf-Jagdflächen vermarktet. Diejagdlichen Vorgaben in einem Revier tatsäch-lich umzusetzen, erfordert jedoch oft viel Zeitund Energie von „FreizeitjägerInnen“.Vor allem auf sensiblen Standorten mit hohemWildschadensrisiko empfiehlt es sich daher, ver-stärkt kurzfristige Jagdverträge anzubieten. Jähr-liche Kündbarkeit bietet die Chance, bei unerwar-teten Entwicklungen rasch gegenzusteuern.

Reviere in EigenbewirtschaftungWenn die Wildschadensreduktion gemeinsammit JagdkundInnen nicht ausreichend gelingt,kann – v. a. in sensiblen Gebieten – die Rück-nahme von „Wildschadenszentren“ in Regiedas Mittel der Wahl sein. Dort senken dann Be-rufsjägerInnen der Bundesforste5 gezielt denWildstand. So verzichtet man zwar auf erziel-bare Jagderlöse, langfristig kann sich das aberrentieren, etwa durch eine produktivere Forst-wirtschaft bei geringeren Waldschäden.

MonitoringSchalenwild-Planung muss sich an den Ent-wicklungstrends von Abschuss und Einflussauf den Wald (Verbiss) orientieren. Ein Monito-ring, das diese Trends erfasst, ist somit Voraus-setzung für das jährliche Controlling.

WENIGER ANFÄLLIGKEIT„Kluge Waldbewirtschaftung verbessert dieTragfähigkeit des Waldes für Wild“, stellt FritzVölk fest. Ein Beispiel: Frühzeitige Dickungs-pflege und Durchforstung sowie Auflichtenbringen Licht und Wärme auf den Waldboden.Das fördert die Naturverjüngung und erhöhtdas Nahrungsangebot für Pflanzenfresser: Diereichere Bodenvegetation dient dann sozusa-gen als „Blitzableiter“ und lenkt einen Teil desVerbisses von den jungen Waldbäumen weg.Gleichzeitig bieten lichtere Wälder weniger

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ANSICHTEN

NATUR.RAUM.MANAGEMENT

WALD UND WILDZiel: Weniger Wildschäden, robustere Wälder

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NATUR. RAUM. MANAGEMENT | Ausgabe 04/2017 – Nr. 34 11

Witterungsschutz, was sie für das Schalenwildunattraktiver macht. Daneben kann der Wald-bau auch die Jagddurchführung fördern: Wenndie Bundesforste z. B. Schussschneisen im Waldanlegen und freihalten, wird Ihren JagdkundIn-nen die effiziente Jagd leichter fallen.

Maßnahmen zur Wildschadensreduktion, diefachübergreifend abgestimmt sind (z. B. zwi-schen Waldbau und Jagd), bringen bessere Er-gebnisse, als wenn nur an einer „Schraube“ (z. B. Abschuss) gedreht wird. Bei dieser Ab-stimmung haben RevierleiterInnen mit ihrerOrts- und Fachkenntnis eine Schlüsselrolle.

ANDERE RAUMNUTZUNGNeben dem Abschuss kann auch die Wildlen-kung zur Reduktion von Wildschäden beitragen.Das zielorientierte Anpassen der Überwinte-rungskonzepte ist ein Instrument, mit dem mandie Raumnutzung von Reh- und Rotwild verän-dern kann. Anzahl und Positionierung von Win-terfütterungen erlauben z. B. das Wild in (mög-lichst unbedenkliche) Waldbereiche zu lenken.In langsamwüchsigen und entmischungsge-

fährdeten Bergwäldern wird ein Verzicht aufRehwild-Fütterungen oft das Mittel der Wahlsein, wenn dann außerhalb der Vegetationszeitdeutlich weniger Rehwild in solchen „Verbiss-Risikoflächen“ verbleibt.Auch beim Rotwild kann das Auflassen oderVerlegen von Fütterungen sinnvoll sein, umWaldschäden im Bereich der bisherigen Fütte-rung zu senken. „Zu beachten ist aber, dass dieSchäden nicht nach dem ‚Floriani-Prinzip‘ ein-fach nur in andere Waldgebiete verlagert wer-den“, betont Fritz Völk. Der Umgang mit Rot-wildfütterungen müsse daher immer revier-übergreifend geplant und kommuniziert wer-den – ganz anders als beim Rehwild, das klein-räumig und recht standortstreu lebt.

Apropos Kommunikation: Zum effektiven Redu-zieren von Wildschäden werden die Bundes-forste beharrlich um Verständnis für ihre jagd-lichen Ziele werben müssen. Unerlässlich istdabei ein offener und wertschätzender Dialog„auf Augenhöhe“ mit JagdkundInnen, Behör-den und der Öffentlichkeit. Und zwar vorausschauend, nicht erst bei „Gegenwind“. <<

ANMERKUNGEN:1 Inwieweit Verbiss, Schälen

oder Fegen ein Schaden sind,hängt stark von Interpretationund Nutzungsansprüchen desMenschen ab.

2 Jungbäume, die von selbst – d. h. ohne aktive Pflanzungoder Aussaat – nachwachsen

3 Kalkulation von Prof. FriedrichReimoser, zit. nach „ÖsterreichsWeidwerk“ 2014, Heft 2, Seite 18

4 Rot-, Reh-, Gams-, Stein-, Muf-fel-, Schwarz-, Dam- & Elchwild

5 Dzt. sind 25 BerufsjägerInnenbei den ÖBf angestellt.

WEBTIPP:Jagdfilm „Anders Jagen“:www.bundesforste.at/produkte-leistungen/jagd.html

LITERATURTIPP:> ÖBf-Broschüre „Jagen in

Bundesforste-Revieren“>> www.bundesforste.at/service-

presse/publikationen.html

Das Projekt „Ökologie – Ökonomie“ orteteNachholbedarf der Forstwirtschaft bei Res-sourcenschonung und Klimaschutz. Was tunbei den ÖBf?Das Hauptziel „Reduktion von Kilometernund CO2-Emissionen beim Holztransport undbei der Dienst-Kfz-Benützung“ ist nur durchein ganzes Maßnahmenbündel zu erreichen:von der Frachtauftragsvergabe über Sprit -spartrainings bis hin zum Ausbau der Kom-munikationsmöglichkeiten. Im Gebäudebe-reich wollen wir ab 2020 keine Raumwärmeaus fossilen Energieträgern mehr einsetzen.Der dritte Punkt ist die Einführung von E-Mobilität. Auch hier lassen wir es nicht beider Anschaffung von E-Autos bewenden,sondern statten unsere Betriebsstandortenach und nach mit E-Tankstellen aus – imOptimalfall gekoppelt an Photovoltaik-Anlagen.

Seit 2009 gibt es eine ÖBf-Klimaschutzbi-lanz, seit 2011 eine Klimaschutzstrategie.Wozu jetzt ein weiteres Strategiepapier mitKlimabezug?Weil die bestehenden Aktivitäten damitganz einfach neuen Schub erhalten und Kli-

maschutz – auch wenn sich der Begriffschon abzunützen beginnt – höchste Auf-merksamkeit verdient. Wir müssen ihn imstrategischen Denken ebenso wie im opera-tiven Handeln fix verankern.

Wo finden sich die QuerschnittsmaterienUmwelt- oder Klimaschutz in den anderendrei Themenfeldern wieder?Wenn es bei der Waldbewirtschaftung umdie Einhaltung von Rückegassen1 und diesensible Nutzung von Biomasse geht, ist dasBoden- und damit Umweltschutz. WennKahlschläge vermieden werden, ist das Land-schafts- und damit Umweltschutz. Mankann Waldschutz überhaupt mit Klima-schutz gleichsetzen. Was den Naturschutzanlangt, so ist Biodiversitätsförderung einesvon vielen gemeinsamen Anliegen von Na-tur- und Umweltschutz. Selbst in der Jagdgibt es Umweltschutzaspekte – allerdings imProjekt nicht direkt adressiert –, etwa dieEinführung bleifreier Büchsenmunition.

Was muss geschehen, damit sich Quer-schnittsmaterien wie der Umweltschutz imUnternehmen durchsetzen?

Wissen, Bewusstsein und Commitment sindunabdingbar. Nur so lassen sich auf DauerVerhaltensänderungen herbeiführen. Des-halb gibt es neue Angebote bzw. Module inder internen Aus- und Weiterbildung, eineneue Kennzahl zu CO2-Emissionen in derSustainability Balanced Scorecard2 sowieerstmals eine Verankerung von Umwelt-schutz in den Zielvereinbarungen zwischenVorstand und Führungskräften.

Susanne Langmair-Kovács ist Nachhaltig-keits- und Umweltbeauftragte der ÖBf. Beim Projekt „Ökologie – Ökonomie“ leitetesie die Arbeitsgruppe „Umweltschutz“.www.bundesforste.at

ANMERKUNGEN:1 unbefestigter Fahrweg zum Transport ge-

fällter Bäume2 Steuerungsinstrument mit je fünf strate-

gischen Zielen samt zugehörigen Kenn-zahlen und Zielwerten in den BereichenWirtschaft, Gesellschaft und Natur.

NACHGEFRAGT BEI SUSANNE LANGMAIR-KOVÁCS

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NATUR.RAUM.MANAGEMENT

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