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Opaparazzi - Arnsberg€¦ · Man ist niemals zu alt, um etwas Neues anzufangen und zu lernen! Ich sage mir jetzt immer häufiger: Zwei Drittel des Lebens hast du jetzt schon hinter

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Präambel Opaparazzi Der Titel des Landesprojektes „Junge Bilder vom Alter“ produzierte in unseren Köpfen sofort eine Reihe schöner Ideen für ein Projekt. Bei aller Vielfalt zeigte sich eines sehr schnell: Das Herzstück unserer Arbeit sollte der unmittelbare Kontakt zwischen den „Jungen“ und den „Alten“ bilden. Uns war klar, ein ehrlicher und intensiver Austausch kann nur entstehen, wenn sich Menschen mit ihren ganz persönlichen Erfahrungen und Gedanken begegnen, mit ihren Vorstellungen von Leben und Tod, vom Glauben, von der Liebe und vom Glück. Genau danach macht sich Opaparazzi auf die Suche und genau das wollten wir versuchen aufzuzeichnen.

Diese authentische Begegnung zwischen Menschen verschiedener Generationen sollte der Ausstellungsbesucher miterleben können. Zudem bieten die ausgestellten, persönlichen Gegenstände - Wegbegleiter der „Alten“ und „Jungen“ - eine ganz andere Art von Einblick in die Welt der Audio

- Gesprächspartner.

Durch die Tondokumente wird der Ausstellungsbesucher unmittelbarer Zeuge dieser Gespräche. Er hört, sieht, assoziiert und zieht seine ganz eigenen Schlüsse. Aus dem Mut und Reichtum der Gespräche beginnt erst allmählich ein Bild der Generationen zu entstehen. Der Reiz liegt dabei im Unaussprechlichen, zwischen den Dingen.

Wir sind verblüfft und erfreut über die fast freundschaftliche Nähe, die sich zwischen den Schülern und Senioren entwickelte; über Momente von Offenheit und Neugierde und über Fragen und Antworten, die spannend sind wie ein Krimi. Das Bedürfnis zum Austausch zwischen Menschen verschiedener Generationen ist groß, der Gewinn an Einsichten und neuen Erkenntnissen auf beiden Seiten aber noch grösser. Sie können unser Leben verändern. Wir hoffen, dass Opaparazzi noch viele Herzen bewegen wird. Karen Brandl und Simone Wrede.

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Treffen Sie OPAPARAZZI Marita Gerwin mit diesem Slogan hat das Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes NRW in den letzen Wochen für den ersten landesweiten Tag der Generationen am Freitag, den 17. Oktober 2008, in der Kulturhauptstadt Ruhr 2010 in Essen geworben. OPAPARAZZI so nennt sich das Projekt der Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 13 des Mariengymnasiums und der Seniorinnen und Senioren aus der Stadt Arnsberg. Marita Gerwin und Martin Polenz aus der Zukunftsagentur, brachten die kreativen Köpfe zusammen. Rudi Olm, Doris Braukmann, Elke Wirth, Anneliese Welling, Anni und Uwe Künkenrenken, Sigrid Grobe, Eva Reuss-Richter und Karola Clarke haben ihre ganz persönliche „Gedanken-Welt“ für die Jugendlichen geöffnet. Herausgekommen ist ein authentisches Vermächtnis. Herr Minister Armin Laschet hat die OPAPARAZZI- „Macher“ eingeladen, in der Auftaktveranstaltung zum Tag der Generationen im Grillo Theater Essen ihr Projekt vorzustellen.

Stolz sind sie - auch Karen Brandl (rechts) und Simone Wrede, die Theaterwissenschaftlerinnen aus Düsseldorf, die das Projekt fachlich und methodisch didaktisch begleitet haben. 400 Schulen, Kindertageseinrichtungen und Kommunen haben sich seit dem Start der Landesinitiative „Junge Bilder vom Alter“ im Mai 2007 in der IHK Arnsberg zusammen mit Künstlerinnen und Künstlern auf eine Entdeckungsreise begeben, um realistische Altersbilder zu entdecken. Pfiffige und mutige Fragen stellten die Jugendlichen des Literaturkurses von Gerti Landers den Älteren. Sie wollten wissen, wie ältere Menschen ticken, welche Werte und Lebensvorstellungen und welches Bild sie von der Jugend haben. Eine multimediale Klangausstellung ist entstanden, die das Publikum begeistern und verblüffen wird. Gängige Altersbilder junger Menschen wurden völlig auf den Kopf gestellt. „Und es hat Spaß gemacht. So kann der Dialog der Generationen gelingen“, ist das Fazit von Marianne Ostermann-Fette, Schulleiterin des Mariengymnasiums Arnsberg. Sie ist begeistert, wie gut sich Alt und Jung verstehen, wenn kreative Ideen entwickelt werden. Sind sie neugierig geworden, welche Fragen die Jugendlichen gestellt und welche Antworten sie erhalten haben? Hier ein Einblick in die Klang-Ausstellung im Schauspielhaus Essen:

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Möchten Sie noch einmal jung sein?“ Jain! Als ich heute Morgen zu Euch in die Schule kam, schlug mein Herz höher. Ich dachte sofort „da möchtest Du noch einmal reingehen. Beneidenswert! Der Sinn des Lebens liegt nicht nur darin zu heiraten und Kinder zu erziehen, sondern Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen! Macht was aus Eurem Leben. Nutzt die Zeit. Wenn ich noch einmal so jung wäre wie Ihr, ich ginge erst einmal ins Ausland.

Sie sind jetzt schon 76 Jahre alt, reizt es Sie überhaupt noch immer wieder Neues zu lernen und zu erleben, oder reichen Ihnen die Erinnerungen an vergangene Tage aus? Man ist niemals zu alt, um etwas Neues anzufangen und zu lernen! Ich sage mir jetzt immer häufiger: Zwei Drittel des Lebens hast du jetzt schon hinter dir, nun mach endlich das, was dir Spaß macht, das was du immer schon tun wolltest. Verschieb nichts mehr auf Morgen. Deine Zeit ist nicht unendlich- nutze sie. Vielleicht etwas gemächlicher als Ihr, doch sinnerfüllt möchte ich leben. Wenn es eben geht, bis zum Lebensende! Was hat Sie geprägt? Was verbinden Sie mit Ihrer Kindheit und Jugendzeit? Ich bin jetzt 64 Jahre alt. Meine Wurzeln sind fest eingepflanzt. Als meine Mutter starb, war ich 18- so alt wie Ihr. Mein Vater war schon tot, den habe ich gar nicht richtig kennen gelernt. Dafür hatte ich aber einen Opa, einen ganz tollen Opa. Mit ihm verbinde ich Liebe, Vertrauen, Zuneigung, Zuwendung, innere Ruhe und Muße. Er hat mich durch meine Kindheit und Jugend begleitet. Ich wollte Euch heute seinen Handschuh mitbringen, den er im Winter immer anhatte, wenn er mit mir an der Hand in Wald und Flur spazieren gegangen ist. Er hat mir die Welt erklärt, in mir die Liebe zur Natur geweckt. Leider habe ich den Handschuh, der Erinnerungen in mir weckt, heute nicht gefunden. Schade!

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Gab es einen Wendepunkt in Ihrem Leben? Ja, eine lebensbedrohende Krankheit! Das war vor einigen Jahren. Das hat mich umgehauen. Mich gerüttelt und geschüttelt, wie Palmenblätter im Orkan. Das war wirklich ein Wendepunkt in meinem Leben und der Wink mit dem Zaunpfahl “Denk mal mehr an dich selbst! Nutz die Zeit, vielleicht gibt es auch noch andere Dinge in Deinem Leben. Mein großes Gottvertrauen hat mich davor bewahrt, nicht zu verzweifeln. Ich

hatte das Gefühl, als hätte mir eine innere Stimme gesagt: „So, ich habe Dir jetzt die Kraft gegeben, nun nutz sie auch!“ Seit der Zeit reise ich viel, habe ein neues Hobby entdeckt, und lebe nicht mehr einfach so in den Tag hinein. Ich lebe heute bewusster. Genieße die Kleinigkeiten. Manchmal kann ein Schicksalsschlag auch ganz neue Wege zu Dir selbst eröffnen.“ Wann ist das eigentlich bei Ihnen so mit den Frauen angefangen- ich meine das mit dem flirten- oder wie sie das früher nannten? Mit 18-19 Jahren. Und wir hatten die gleichen Schmetterlinge im Bauch, wie Ihr auch! Ich kann mich noch sehr genau an dieses Gefühl, das Prickeln im Bauch und an den ersten heimlichen Kuss erinnern! Das vergesse ich nie, auch wenn ich heute schon fast 70 Jahre alt bin.

Hat man mit 60 Jahren überhaupt noch Sex? Na, ja- sie müssen nicht antworten, wenn Ihnen diese Frage zu persönlich ist? Wieso sollte ich darauf nicht antworten? Das gehört doch zum Leben dazu- genau wie in der Jugend. Älter zu sein, bedeutet doch nicht gleichzeitig ein Verzicht auf Liebe, Zuwendung und Partnerschaft. Wieso sollten wir keine Liebesbeziehungen mehr pflegen? Geliebt zu werden, angenommen zu sein, ist in jedem Alter wichtig und schön - und dazu noch gesund!

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Treiben Sie heute mit Ihren 68 Jahren noch Sport? Oder wie halten Sie sich sonst so fit? Klar- wir gehen in die Mucki-Bude- zum Muskelaufbau und Ausdauer-Training.“ Aha, da bin ich aber platt, in die Mucki-Bude? Ich dachte, Sie wandern vielleicht im Gebirgsverein oder gehen spazieren.

Waren die Tugenden wie Höflichkeit oder Respekt vorm Alter anders als heute? Ja, in gewisser Weise schon, der Umgang ist nicht mehr so wie früher. Es hat sich vieles verändert, aber deshalb war es früher nicht besser als heute! Wir hatten in unserer Sturm- und Drangzeit, die gleichen Auseinander-setzungen. Es ging eben nur um andere Dinge, in einer anderen Zeit, mit anderen Werten und Normen als heute. Auch uns kam es vor,

dass die Eltern in dieser Zeit der Pubertät und Aufmüpfigkeit schwierig wurden. Stress gab es auch. Auch wenn es in unserer Jugend noch hieß „solange, wie Du noch die Füße unter meinen Tisch stellst, bestimme ich hier, wo es lang geht!“ Diese doch recht autoritäre Erziehungshaltung hat sich ja Gott sei Dank geändert. Aber Grenzen und Werte brauchen Kinder und Jugendliche, wie Leitplanken, an denen man sich orientieren kann. Ich würde es heute als „liebevolle Konsequenz“ bezeichnen. Das hilft den Kindern selbstbewusst, eigenverantwortlich und sozial kompetent groß zu werden. Was ist der Sinn Ihres Lebens? Man wir geboren um zu sterben. Dazwischen liegt das Leben. Sinnvoll möchte ich die Zeit dazwischen gestalten. Glücklich und zufrieden möchte ich sein, Freunde haben, in einer Gemeinschaft leben, integriert sein, dazugehören. Nicht am Rande stehen, den Kontakt zu jungen Menschen behalten. Ich will das Gefühl haben, das ich noch gebraucht werde. Das ich mich nützlich machen kann. Und wenn ich das eines Tages vielleicht nicht mehr kann, möchte ich nicht das Gefühl haben, dass ich Jemandem zur Last falle. Davor habe ich Angst. Was macht Ihnen Angst? Ganz schwierig war die Phase, als ich aus meinem Beruf ausgeschieden bin. Plötzlich brachen alte Strukturen und Kontakte ab. Zeit für Hobbys und Freundschaften hatte ich bis dahin nicht. Ich stürzte förmlich in ein schwarzes Loch! Ich möchte Freundschaften zu jungen Menschen behalten. Ich möchte nicht herausgerissen sein aus der Gemeinschaft.

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. Was wünschen Sie sich für Ihr Zukunft? Wisst Ihr, ich bin alleinstehend. Das wird in Eurer Generation sicher noch viel häufiger vorkommen als heute. Wir entwickeln uns immer mehr zu einer Single-Gesellschaft mit Lebensabschnittspartnern. Individualisierung kann aber auch zu Vereinsamung führen. Wenn die Herkunftsfamilie nicht da ist, müssen wir uns sog. „Wahl-Verwandschaften“ schaffen, ein soziales Netz um uns herum knüpfen, was uns auffängt, wenn wir die Hilfe und Unterstützung Anderer brauchen. Heute leben auch Eltern, Kinder und Großeltern nicht mehr unter einem Dach. Wir alle müssen beruflich flexibel und mobil sein. Hunderte von Kilometern auseinander zu wohnen, ist ja heute schon nichts besonderes mehr. Da müssen Alternativen her. Aber ich kann nicht darauf warten, das Irgendwer schon kommt, um mich von meinem Sofa abzuholen. Ich muss schon selbst aufstehen, mich auf den Weg machen, wenn ich nicht vereinsamen will. Selbstsorge betreiben, soziale Kontakte- auch im Alter - pflegen, Freunde haben, auch mal streiten oder miteinander lachen, was unternehmen. All das sind Dinge, die mir persönlich wichtig sind. Das wünsche ich mir auch für meine Zukunft. Ihre Lebensweisheit- wie sieht sie aus? Wir müssen nicht ewig jung bleiben, wir müssen handlungsfähig bleiben. Ich lasse heute mit 69 Jahren nicht alles so einfach mehr auf mich zukommen, nehme nicht alles mehr als „von Gott gegeben“ hin. Ich entdecke aber auch Dinge, die ich nicht mehr leisten kann- z.B. extreme Bergturen im Hochgebirge. Das tut irgendwie schon weh. Aber inzwischen trauere ich aber nicht mehr diesen Dingen nach, sondern beschäftige mich jetzt halt mit den Sachen, die ich noch kann, die mich und meine Kräfte nicht überfordern. Alles hat seine Zeit. Jedes Alter hat seine Reize, ob ich 5, 20, 50 oder 80 Jahre alt bin. Was versetzt Sie in Panik? Was mir Angst macht, ist einsam zu werden. Ich möchte meine Mitte finden. Ich wünsche mir mein

Leben im Gleichgewicht. Ich brauche die Gemein-schaft, die Gesellschaft, die mich trägt. Der Mensch ist bei allem Individualismus darauf ausgerichtet, in einer Gemeinschaft zu leben. Wir brauchen die stützen-den Strukturen, egal wie alt wir sind. Ich habe auch Angst allein zu sterben. Immer mehr Freunde sterben weg. Ich habe manchmal das Gefühl, dass ich irgendwann mal allein da stehe und mich aus dieser Welt verab-schiede.

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Was ist Ihnen im Alter besonders wichtig? Mir ist der Kontakt zu jungen Menschen sehr wichtig. Ich möchte den Kontakt zu ihnen behalten. Es bereichert mein Leben. Sie sind so frisch, so lebendig, so spontan, was uns Älteren doch so manches Mal abgeht. Ich bin auch gern in der Gesellschaft mit Gleichaltrigen, sowie Ihr auch. Aber mir reicht das nicht aus. Es wäre mir zu wenig, zu einseitig manchmal auch zu still. Ich möchte mich unterhalten können, mit Anderen sprechen und auch mal streiten. Das braucht der Mensch. Die Emotionen müssen auch mal hochgehen, nach dem Motto“ Gewitter reinigt die Luft“. Nichts ist schlimmer, als ständiger Gleichklang, immer eitel Sonnenschein. Ich will Anregungen von Anderen erhalten, gute Filme ansehen, Bücher lesen und mich anschließend darüber austauschen, Streitgespräche führen. Aber wer spricht schon mit mir? Wer streitet sich heute noch mit mir? Ich lese viel, aber ich kann kaum darüber sprechen. Leider! Haben Sie Angst vorm Sterben- vorm Tod? Vorm Tod habe ich keine Angst. Ich bin fest verwurzelt in meinem Glauben. Sterben gehört für mich zum Leben. Wovor ich schon Angst habe ist, das ich nicht alles geregelt habe, dass mein Sachen nicht in Ordnung sind. Vieles schiebe ich in meinem Leben so einfach vor mir her. Manchmal beunruhigt mich das. Ich nehme es mir wieder vor. Aber letztendlich ändere ich es nicht, obwohl mir mein Kopf sagt „Nun mach mal voran! Entscheide selbst was nach Deinem Tod geschehen soll. Setz endlich die Vorsorgevollmacht, Betreuungs- und Patientenverfügung auf. Schreib Dein Testament. Aber irgendwie ist es schon ein komisches Gefühl, sich mit den Fragen des Todes und mit der Zeit danach auseinander zu setzen. Angst habe ich vor Alzheimer oder Demenz, vor Vereinsamung und Stille- vor Grabesstille in meinem Haus. Manchmal ist es so verdammt ruhig und einsam in diesem Haus, wo früher Leben in der Bude war. Kinder und Freunde gingen aus und ein. Und heute: Ich lebe ganz allein in diesem schönen Haus- inzwischen nur noch in drei Zimmern. Es ist mit dem großen Garten drum herum eigentlich viel zu groß für mich- so allein. Ich sollte wirklich mal überlegen, was ich in Zukunft damit machen möchte. Vielleicht ein Mehrgenerationenhaus? Ich werde mal drüber nachdenken. Morgen! Haben Sie Angst vor der Zukunft?

Nein! Unsere Zukunft ist aus meiner Sicht keine Schicksalsfrage. Wir können eine Menge dazu beisteuern, dass wir diese Zukunft selbst mit gestalten. Die großen Dinge der Welt bewegen wir sicher nicht. Aber jeder an seinem Platz kann die Welt verändern . Ich bin ein alter Pfadfinder. Meine Lebensphilosophie ist: „Viele kleine Schritte, an vielen kleinen Orten, können das Gesicht der Welt verändern“. Wir Älteren und auch Ihr, die jungen Menschen, haben es in der Hand, mit zu steuern, Verantwortung in unserer

Gesellschaft zu übernehmen. Nichts empfinde ich schlimmer als Politikverdrossenheit, einfach alles laufen zu lassen, sich nicht aktiv einzumischen.

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Ich kann nichts ändern, wenn ich alles nur von Anderen regeln lasse. Meckern nützt nichts. Bewegt nichts. Aktiv werden, da wo ich was ändern kann. Nicht nur große Reden schwingen. Ich krempele heute nimmer noch gern meine Ärmel hoch. Lege meine Hände nicht in den Schoß und rufe „Der Fluss ist schmutzig! Seht Ihr das denn nicht? Tut mal was!“, sondern mache den Fluss selbst sauber! Dann habe ich das Gefühl, aktiv mitgewirkt zu haben. Gebraucht zu sein. Nützlich. Das tut mir gut. Kritisch und verantwortungsbewusst möchte ich gern bleiben- das wünsche ich mir auch von der Jugend. Dann mache ich mir um unsere gemeinsame Zukunft eigentlich keine Sorgen. Ich bin sicher, wir in Arnsberg schaffen das. Wir haben in den vergangenen Jahren schon viel zusammen bewegt. Ich glaube, dass wir den Boden dafür schon bereitet haben. Die Saat ist gelegt. Jetzt muss sie nur noch aufgehen, gehegt und gepflegt werden, um dann zukünftig geerntet werden zu können. Allerdings braucht die Saat auch gute Wachstumsbedingungen, damit sie gedeihen kann: aktive, verantwortungsbewusste Menschen in allen Generationen, die unsere Stadt gestalten und das Miteinander der Generationen sichern.

Heute wird immer wieder von Erfahrungswissen gesprochen. Was meint Ihr eigentlich damit? Müssen wir, die jungen Menschen nicht selbst unsere Erfahrungen machen? Nach dem Motto „Aus Erfahrung wird man klug?“ Meine Philosophie ist „Hilf mir dabei, es selbst zu tun“. Wir können viel von Euch als Jugendliche lernen, doch auch wir, die Älteren, haben Potenziale und Erfahrungen, Wissen, das der Gesellschaft nicht verloren gehen sollte. Sicherlich, Ihr müsst Eure Erfahrungen selber sammeln. Deshalb sollten wir, die Älteren auch sorgsam mit unserem Erfahrungswissen umgehen. Wir dürfen Euch dieses sog. Erfahrungswissen, was heute in aller Munde ist, nicht einfach ungefragt überstülpen- Frei nach dem Motto: „das brauchst Du erst gar nicht versuchen, das habe ich alles schon einmal ausprobiert.“ Ihr müsst Euch selbst die Hörner abstoßen. Man muss es am eigenen Leibe erleben, das etwas wehtut, oder welche Dinge im Leben ein tolles Gefühl auslösen. Was man mit allen Sinnen selbst erlebt und fühlt bleibt auch haften. Euch dabei zu begleiten und zu unterstützen, wenn Ihr das wollt, das könnte eine Aufgabe für uns, für die ältere Generation sein. Erfahrungswissen kann aus meiner Sicht nur der weitergeben, der selbst immer wieder Neues dazulernt, aufgeschlossen und neugierig bleibt.

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Nichts verliert so schnell die Haltwertzeit wie Wissen, gerade in der heutigen Zeit. Wichtig ist, dass die Chemie zwischen den erfahrenen und den jungen Menschen stimmt. Nur dann kann aus meiner Sicht, Erfahrungswissen fruchtbar sein. Es wäre ein kultureller Verlust für die Jugend, wenn wir Euch nicht dabei unterstützen würden ins Leben zu starten und im Beruf Fuß zu fassen. Ich empfinde das als meine Verpflichtung, sehe darin meine ganz persönlich Verantwortung für Euch- für die Jugendlichen. Ich hoffe, wir finden eine Atmosphäre, in der dieser Wissenstransfer auch gelingen kann. Was bedeutet für Sie Alter? Lieben - laufen – lernen! Was denken Sie über uns Jugendliche? Da bin ich ganz optimistisch! Ihr seid genauso wie wir. Wir sind nur zu unterschiedlichen Zeiten jung! Vielleicht sprechen wir lieber von der Jugend- von gestern und heute! Wäre das nicht eine tolle Idee? Was meint Ihr dazu? Wichtig ist, das wir uns gegenseitig achten und wertschätzen, dass wir Respekt voreinander haben. Eins kann ich sagen: wir waren auch glücklich! Vielleicht mit anderen Dingen, als Ihr es heute seid. Es war einfach eine andere Zeit mit Entbehrungen; wir sind eben halt die Kriegs- und Aufbaugeneration. Es gab fette und magere Jahre. So war es halt. Wir hatten gar nicht viel Zeit, um nachzudenken. Wir haben einfach gehandelt. Mussten wir einfach, um zu überleben. Wir alle sind doch Kinder unserer Zeit! Gibt es irgend etwas, für das Sie sich zu alt fühlen? Ich bin 76 Jahre alt, der Geist ist fit, nur der Körper macht manchmal nicht so mit, wie ich es will. Wenn ich gefragt werde, wie es mir geht, dann sage ich auch schon mal „ausreichend“. Ich brauche öfters mal Pausen. Ich kann nicht mehr durch die ganze Welt reisen, das mache ich heute mit dem Fernsehen und mit Büchern. Ich verschiebe auch nie mehr was auf morgen. Wer weiß schon, was morgen ist? Wie ich morgen drauf bin? Ich muss jetzt die Zeit, die mir noch bleibt nutzen. Dabei ist mir die Freiheit das höchste Gut. Ich bin nicht mehr abhängig von Fremdbestimmungen, kann eigentlich mein Leben gestalten, wie ich möchte.

Was fehlt Ihnen? Was mir fehlt? Eigentlich Zeit! Ich brauchte viel mehr Zeit. Für Alles! Vieles geht einfach nicht mehr so schnell. Ich möchte noch soviel erleben, da wird mir manchmal doch bewusst, dass mir dieses kostbare Gut – die Zeit- immer mehr durch die Finger rinnt. Wie bei einer Sanduhr. Irgendwann ist sie abgelaufen. Die Tage, Wochen und Monate, sie gehen vorbei. Unwiederbringlich. Ich sollte sie viel intensiver nutzen- meine Zeit- die mir bleibt.

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Haben Sie Angst vor dem Tod? Ob ich Angst davor habe, wollt Ihr wissen, weil ich schon Mitte 70 bin? Nein, eigentlich nicht. Du hast die Chance einmal auf der Welt zu sein, und dann plötzlich ist die Zeit vorbei, die Uhr abgelaufen. Für immer. Ich ärgere mich darüber, dass ich nicht alles mehr mitbekommen kann, das Leben ist so interessant und spannend. Man muss nur neugierig bleiben; immer wieder gibt es für mich Neues zu entdecken. Ich liebe das Leben. Ich möchte es schon noch einige Jahre erleben dürfen. Ich hoffe, gesund und bei klarem Verstand. Ich frage mich schon, hast Du Spuren hinterlassen, Wege markiert. Gibt es Dinge, die über den Tod hinaus an Dich erinnern? Tot ist eigentlich doch nur der, der vergessen ist. Ich habe so viel geschaffen in meinem Leben, dass ich sicherlich nicht vergessen bin, wenn es eines Tages mal soweit sein sollte. Dann ist es eben so. Ich hatte eigentlich ein erfülltes Leben. Was bedeutet für Sie Glück? Glück fängt in meinem Kopf an. Leben Sie in einer Partnerschaft? Ja, ich bin schon 44 Jahre mit dem gleichen Mann verheiratet- und immer noch ganz glücklich! Wie schafft man das denn? Anstrengen! Es ist nicht immer Friede, Freude, Eierkuchen! Es ist auch so manches Mal harte Beziehungsarbeit! Aber das gehört dazu. Mein Mann ist auch mein bester Freund- wir teilen Freud und Leid. Ich weiß eigentlich gar nicht, wo diese Zeit- die 44 gemeinsamen Jahre- geblieben sind. Es geht leider viel zu schnell – das Leben rast nur so, und wir sind mittendrin, in dieser Lebens-Achterbahn. Ich finde, jetzt wo ich älter bin, zerrinnt meine Zeit immer schneller. Wir unternehmen viel zusammen, haben auch gleiche Interessen- lernen ständig neu dazu. Und wir lieben uns immer noch.

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Wie sind Sie zu Ihrem Hobby- dem Märchenerzählen gekommen? Ich erzähle hundert Jahre alte Märchen und Geschichten. Märchen auswendig lernen bedeutet für mich, schönes geistiges Training. Ob ein Harry Potter nach100 Jahren noch gelesen wird ist fraglich. Aber Märchen haben Tradition, werden nicht alt. Ich liebe sie und ihre Lebensweisheiten. Sie scheinen uns sehr flexibel zu sein! Ja, ich denke das bin ich auch. Ich wünsche mir, dass Jung und Alt viel mehr Kontakte pflegen. Das macht doch beiden Seiten Freude. Ich würde mir auch ein Mehrgenerationen-Wohnen wünschen. Ich mag die Aussprüche nicht: „diese Jugend...!“ Genauso wenig, wie „diese Alten...!“ Nicht nur die Jugendlichen, auch die Älteren haben sich verändert. Die Jugend will sich absetzen von den Erwachsenen; mit ihrer Kleidung, mit ihren Frisuren. Und was machen wir, die Älteren? Tragen die gleichen T-shirts und Piercings im Bauchnabel. Wir gehen zu den gleichen Konzerten. Ich frage mich, wie sollen sich die Jungen da noch abgrenzen, frei werden, abnabeln von uns? Wir sollten ihnen diese Freiheit zugestehen. Diese Zeit gehört ihnen. Wir haben diese Abgrenzungen doch auch erzwungen, gegen so machen Widerstand des Elternhauses. Ich kann mich noch genau erinnern, wenn es auch schon ein paar Jahre her ist.

Die Autorin Marita Gerwin, rechts, im Gespräch nach den Interviews Wie stellen Sie sich Ihre Zukunft vor? Ich erschrecke mich manchmal, wenn ich mein Alter sage: Ich bin tatsächlich schon 68 Jahre alt. Ich bin nicht gleichgültig. Ich lebe bewusster als früher. Ich möchte offen bleiben, interessiert. Möchte mich jungen Menschen zuwenden, zuhören können. Ich weiß, dass ich nicht noch 50 Jahre leben werde. Ich sehe da schon eine Mauer, über die ich nicht mehr springen kann. Mir ist bewusst: Alles schaff ich eh nicht mehr! Also mache ich das, was ich tue, eben bewusster.

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Sind Sie früher überhaupt verreist? Als Jugendliche war ich für ein Jahr in Paris, das hat mich verändert und geprägt. Dadurch bin ich ein freier Mensch geworden. Jetzt bin ich fast 70- und denke noch gern an diese Zeit zurück. Wo waren Sie? In Paris? Ich dachte, Sie sind höchsten mal nach Holland, Dänemark oder in die Berge zum Wandern gereist. Nach Paris? Ein ganzes Jahr –wie wir heute in der Klasse 11? Als Austauschschülerin? Ja, so war das, ob ihr es glaubt oder nicht. Ich habe anschließend 1963 geheiratet und seit der Zeit war ich Hausfrau und Mutter. Als unser erwachsener Sohn dann aus dem Haus ging, dachte ich, jetzt kannst Du noch mal durchstarten. Und was war? Meine Eltern wurden krank und pflegebedürftig. Ja, so war das. Dann wurde ich dort gebraucht. Welche Musik lieben Sie? Die Wildecker Herzbuben oder die Kastelruter Spatzen? Bitte, das meint Ihr doch nicht ernst, oder? Haben Sie in Ihrem Alter noch eine Leidenschaft? Ja, klar! Theaterspielen! Ich werde nächstes Jahr 70. Manchmal frage ich mich schon, ob das noch gut ist. Aber das ist und bleibt meine Leidenschaft. Maria Callas war immer mein Vorbild auf der Bühne. Ich mache weiter, solange es mir Spaß macht und das Publikum Freude an meiner komödiantischen Spielart hat. Mit 50 bin ich doch erst gestartet, in dieses zweite Leben. Und ich glaube, dass es den Zuschauern auch immer wieder gefällt, mich auf der Bühne zusammen mit meinen beiden Freundinnen, in dem Stück „Senioritas“ zu erleben. Wir genießen es. Wir müssen sehr viel Text lernen, fleißig üben, improvisieren und uns auf das Publikum einstellen. Die beste und schönste Fitnessübung für Geist und Seele, die es für mich gibt.

Reisen Sie heute immer noch gerne nach Paris und so? Na klar, wieso denn nicht? Sogar alleine! Wir verreisen dieses Jahr 6 Wochen mit dem Wohnmobil zur Ostsee. Und dann besuchen wir auch unseren Sohn und seine Familie mit unserem Enkelkind. Na, ja, manchmal geht mir als Oma schon mal die Puste aus, da ich relativ spät Oma geworden bin. Aber ich genieße es Großmutter zu sein. Es ist einfach nur schön!

Wir dachten, dass sie höchstens mal in die Lüneburger Heide oder nach Bayern fahren? Da staunt Ihr, was? Treiben Sie auch noch Sport? Ja klar, ich war früher eine halbe Leistungsschwimmerin. Ich habe sogar die Stadtmeisterschaft in Arnsberg gewonnen. Mein Mann war früher aktiver Fechter. Heute treiben wir den Sport ein wenig gemächlicher. Sport und Bewegung tut uns gut, und ist wichtig für unser körperliches Wohlempfinden.

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Haben Sie Angst vor dem Tod? Vor dem Tod hatte ich mit 20/30 Jahren Angst. Heute bin ich abgeklärter. Eigentlich habe ich keine Angst davor. Ich sehe das so: Ich möchte gern irgendwann einmal einfach einschlafen, nicht leiden. Ich bin sicher, der Glaube wird mir helfen. Ich möchte gern noch einige Jahre leben, so wie heute. Freundschaften und Kontakte pflegen. Dazugehören. Mit jungen Menschen zusammen sein. Es ist schön, so wie es jetzt ist. Konnten Sie Ihren Beruf seinerzeit frei wählen? Ja, ich habe meinen Berufswunsch in die Tat umgesetzt. Gehen Sie mit der Zeit? Nutzen Sie neuen Kommunikationsmedien wie PC und Internet? Wie kommen Sie mit der Technik zurecht? Schreiben Sie auch e-mails? Haben Sie einen eigenen PC´? Ja. Klar, ich habe sogar einen eyepott! Die Kommunikationstechnik ist mir sehr wichtig. Ich maile natürlich, selbstverständlich. Meine Tochter und meine Eltern wohnen weiter weg, da telefoniere ich auch gern. Seit ich das Internet habe, nutze ich kaum noch Lexika. Ich finde alles über die Suchmaschine und Suchfunktion.

Gerti Landers vom Mariengymnasium Arnsberg. Sie begleitete die Schüler bei der Projektarbeit. Welches Bild haben Sie von der Jugend? Verroht die Jugend? Glauben Sie, dass es immer mehr Gewalt gibt? Ich erlebe die Jugend, so wie wir auch waren, nur vor einem anderen gesellschaftlichen Hintergrund. Ich erlebe lauter interessierte, nette Jugendliche, die sich viele Gedanken machen , z.B. um die Frage: „Wie bringe ich Familie und Beruf unter einen Hut?“

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Haben Sie schon einmal den Slogan der Bertelsmann-Stiftung gehört „Alle kids sind vips“ .Was sagen Sie dazu? Kinder sind unsere Zukunft! Ich bin der Meinung, die Kinder und Jugendlichen müssten bestmöglich gefördert werden. Bildung ist ein kostbares Gut, das allen zugänglich gemacht werden muss, egal aus welchen gesellschaftlichen Schichten sie kommen. Die Gesellschaft muss aus meiner Sicht die Bedingungen dafür schaffen, dass die jungen Familien wieder den Mut haben, Kinder in die Welt zu setzen und groß zu ziehen. Wir, die Älteren, könnten sie dabei wunderbar unterstützen. Die Alterspyramide ist ein Problem für unsere Gesellschaft. Politik braucht die Weisheit der Älteren und die Dynamik der Jungen. Wir müssen der „Generation-Praktikum“- wie es immer so salopp heißt- helfen, im beruflichen und gesellschaftlichen Leben Fuß zu fassen. Haben Sie Angst vor dem Tod? Nein eigentlich nicht. Vielleicht eher vor dem Sterben, aber nicht vor dem Tod selbst. Was würden Sie heute noch machen, wenn Sie morgen sterben würden? Meine Sachen ordnen! Je älter ich werde, desto mehr genieße ich alles und desto mehr vermisse ich die Dinge, die ich nicht mehr kann. Wie blicken Sie in die Zukunft? Ich stelle mir die Zukunft gesichert vor. Ich möchte eine sinnerfüllte Aufgabe haben, möchte ständig dazulernen, Respekt vor der neuen Lebenssituation behalten, neugierig bleiben, Freunde haben. Wenn Sie im Alter allein wären- würden Sie dann auch eine neue Beziehung eingehen? Könnten Sie sich vorstellen noch einmal ein neues Leben anzufangen? Warum nicht? Das könnte ich mir durchaus vorstellen. Ich kann mich schnell in neue Situationen eingewöhnen. Ich liebe es auch, neue Dinge auszuprobieren. Ich bin neugierig geblieben. Das ist mir persönlich ganz wichtig. Wie gehen Sie mit der optischen Veränderung um, wenn Sie morgens in den Spiegel schauen? Ich muss das akzeptieren. Kennen Sie die Sendung „Deutschland sucht den Superstar?“ oder eher die Sendung „Musikantenstadl?“ Ich schau wenig fern. Hab gar nicht so viel Zeit Gehen Sie gern ins Kino? Schauen Sie sich Actionfilme an? Wenn sie pfiffig gemacht sind, okay. Ich gehe gern ins Kino, gute intelligent gemachte Filme, die witzig sind schaue ich mir gern zusammen mit Freunden an. Kennen Sie die Kultband der Jugendlichen „Tokio Hotel?“ Gehört habe ich schon davon, aber nicht bewusst wahrgenommen.

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Westfälische Rundschau Nr. 243 Arnsberg-Neheim-Hüsten 17.10.2008 Erster Tag der Generationen: Arnsberger Projekt OPAPARAZZI erobert die Kulturhauptstadt 2010

Jung – nur zu unterschiedlichen Zeiten Von Nils Hotze Arnsberg/Essen. Wie ticken die „Alten"? Diese Frage haben sich 31 Schülerin-nen und Schüler der Jgst. 13 des Mariengymnasiums gestellt. Neun Seniorinnen und Senioren haben darauf geantwortet. Heute wird ihr gemeinsames Projekt vorgestellt: OPA-PARAllI. Durch Generations-Minister Armin Laschet. Exklusiv - zum Auftakt des ersten landesweiten Tages der Generationen im Grillo-Theater Essen. Welch eine Ehre! Gleich dreimal wird das Arnsberger Projekt heute in der Kulturhauptstadt 2010 präsentiert: Zum Auftakt ab 10 Uhr sowie nachmittags beim Talk im Schauspielhaus und beim Fachforum „Kommune - Grau oder Bunt". „Das ist schon eine etwas größere Nummer", sagt, nicht ohne Stolz, Marita Gerwin von der Zukunftsagentur.

Rudi Olm im Interview Die hatte die kreativen Köpfe zusammengebracht. Den Künstler Rudi Olm, ebenso wie die Hobby-Schauspielerin Doris Braukmann, Märchen-Erzählerin Elke Wirth, Anneliese Welling, Anni und Uwe Künkenrenken, Sigrid Grobe, Eva Reuss-Richter und Karola Clarke - auf der einen Seite. Auf der anderen: Die Schüler des Literaturkurses von Gerti Landers. Die stellten Fragen. Pfiffige. Und mutige. Motto: Antworten schlagen Türen zu - Fragen öffnen neue. Ihre Intention: Realistische Altersbilder. Zugleich reale Bilder von alten Menschen. Dieser Anspruch geht

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einher mit der im Mai 2007 aufgelegten Landesinitiative „Junge Bilder vom Alter". Die werden gemeinhin assoziiert mit Sterbenden, Kranken, Dementen oder aber den übertrieben Dynamischen. „In gewisser Weise", sagt Gerwin, „ist diese Initiative auch eine Erweiterung des Integrationsgedankens." Integration, verstanden nicht allein als Prozess zweier Kulturen, sondern zwischen zwei Generationen.

Martin Polenz und Uwe Künkenrenken in der Arnsberger Kreativ- Werkstatt „Junge Bilder vom Alter in der Kinderliteratur“ in der Städtischen Kindertagesstätte in Bruchhausen. Die Stunde Null des Arnsberger Projekts liegt ein Jahr zurück: Aus den Pilotprojekten an der Ruth-Cohn-Schule und am Städt. Kindergarten Bruchhausen hatten sich zunächst Kreativ-Werkstätten entwickelt. Die Düsseldorfer Theaterwissenschaftlerinnen Karen Brandl und Simone Wrede stellten ihre Idee von OPAPARAZZI vor, die Arnsberger Zukunftsagentur griff beherzt zu - und fand im Literaturkurs des Mariengymnasiums den passenden Partner. Entstanden sind ein multimedialer Diskurs, den Gerwin 'lebendige Geschichtsbücher' nennt - und Freundschaften. „So", sagt Marianne Ostermann-Fette, Rektorin des Mariengymnasiums, „kann der Dialog der Generationen gelingen." Die gängigen Altersbilder junger Menschen jedenfalls sind auf den Kopf gestellt. Denn, wie ein Älterer sagte, jung sind wir alle - nur zu unterschiedlichen Zeiten. Am 27./28. Oktober werden die Rollen getauscht, dann befragen die Senioren die Schülerinnen und Schüler.

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O- Töne Sex mit 60? Warum denn nicht? Hier ein Auszug aus den Interviews: Hat man mit 60 Jahren überhaupt noch Sex? Das gehört doch zum Leben dazu - genau wie in der Jugend. Älter zu sein, bedeutet doch nicht gleichzeitig ein Verzicht auf Liebe, Zuwendung und Part-nerschaft. Geliebt zu werden, angenommen zu sein, ist in jedem Alter wichtig und schön -und dazu noch gesund! Was denken Sie über uns Jugendliche? Da bin ich optimistisch! Ihr seid genauso wie wir. Wir sind nur zu unterschiedlichen Zeiten jung. Wichtig ist, dass wir uns gegenseitig achten, wertschätzen, dass wir Respekt voreinander haben. Wir waren auch glücklich! Vielleicht mit anderen Dingen, als Ihr es heute seid. Wir alle sind doch Kinder unserer Zeit! Ihre Lebensweisheit -wie sieht sie aus? Wir müssen nicht ewig jung bleiben, wir müssen handlungsfähig bleiben. Jedes Alter hat seine Reize, ob ich 5, 20, 50 oder 80 Jahre alt bin. Was versetzt Sie in Panik? Was mir Angst macht, ist einsam zu werden. Ich brauche die Gesellschaft, die m i c h t r ä g t . D e r Mensch ist bei allem Individualismus darauf ausgerichtet, in einer Gemeinschaft zu leben.

Material für den Unterricht Die neun Interviews mit Arnsberger Seniorinnen und Senioren im Projekt OPAPARAZZI stehen nach dem Tag der Generationen allen interessierten Schulen der Sekundarstufe 11 in NRW als Unterrichtsmaterial zur Verfügung. So wird die Nachhaltigkeit garantiert. Arnsberger Schulen im Sek-Il-Bereich, die Interesse am Material haben, können die mp3 AudioCD kostenlos ausleihen. Kontakt: Stadtverwaltung Arnsberg, Zukunftsagentur/Fachstelle Zukunft Alter, Lange Wende 16A,

Telefon: 02932 201-2207 (Marita Gerwin) oder 02932 201-2206 (Martin Polenz) E-mail: [email protected] oder [email protected] Hinweis der Zukunftsagentur/ Fachstelle Zukunft Alter: Die neun Interviews mit Arnsberger Seniorinnen und Senioren im Projekt OPAPAZAZZI stehen als Audio- mp3 CD für PC& DVD Player in Tonstudio-Qualität , nach dem Tag der Generationen allen interessierten Schulen der Sekundarstufe 2 in ganz NRW als Unterrichtsmaterial zur Verfügung Über die Landeszentrale für politische Bildung NRW wird diese authentische Unterrichtsmaterial in den Medienkatalog der örtlichen Medienbildstellen eingespeist. Arnsberger Schulen im SEK 2- Bereich, die vorab schon Interesse an diesem Unterrichtsmaterial haben, können diese mp3 Audio-CD kostenlos ausleihen in der Stadtverwaltung Arnsberg Zukunftsagentur/Fachstelle Zukunft Alter, Lange Wende 16 A, 59755 Arnsberg Tel.Nr.: 02932/201-2207 – Marita Gerwin oder 02932-201-2206- Martin Polenz e-mail: [email protected] oder [email protected] Text: Marita Gerwin Foto: Martin Polenz / Uwe Künkenrenken / Chris Kurtzmann Druck & Layout: Uwe Künkenrenken