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ISBN 978-3-663-00887-3 ISBN 978-3-663-02800-0 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-02800-0

Optimale Investitionspolitik

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Dr. H.-P. Kahl Die Methoden der Wirtschaftlichkeitsrechnung und ihre Bedeutung
filr die praktische Investitionspolitik
Prof. Dr. D. Schneider
Der EinflufJ der Besteuerung aUf die Investitionspotitik der Unternehmungen 33
Prof. Dr. J. Dean Kapitalbudgetierung und Investitionsprogramm
H. W. Kolb Investitionsplanung und Investitionsentscheidung
Prof. Dr. H. Jacob Investitionsplanung mit Hilfe der Optimierungsrechnung .
Dipl.-Kfm. A.-W. Scheer
Praktische Feille zur Unternehmensfilhrung
Unternehmer-Manual
Erliiuternde Fragen zum Themenkreis der gebrachten Aufsiitze 143
Kurzlexikalische Erliiuterungen 159
BezugsbedingDngen:
Einzelband 12,50 DM
9,50 DM ermii8igier Preis je Band bei Dauerbezug fur 1 Jahr (4 Biinde)
7,50 DM ermii8igter Preis je Band fur Studierende, befristet auf 1 Jabr (Nur mit Angabe der Matrikel-Nr.)
BesteU-Nr. dieses Bandes U 730/4
Springer Fachmedien Wiesbaden, 62 Wiesbaden, PostCach 11
(Zlt1erwelse: "Schrlften zur UnternehmensfUhrung" Bd. 4, Wlesbaden 1968)
I Die Binde der Schriftenreihe kommen vierteljihrlich heraus. I Als nichster erscheint Band 5 im Juli 1968.
Investitions­ entscheidungen bestimmend fur die Entwicklung der Unternehmen
Verstiirkte Abhiingigkeit der Kosten von den Investitions­ entscheidungen
Marginalien des Herausgebers
Von entscheidender Bedeutung fUr die Entwicklung eines Unternehmens dafUr, wie es den Anforderungen des Marktes gerecht zu werden ver­ mag, sind die Investitionsentscheidungen, die mehr oder weniger standig zu treffen sind. Eine sehr wesentliche Aufgabe der Unterneh­ mensfUhrung besteht darin, das Unternehmen so auszustatten und zu gestalten, daB es - in Anpassung einmal an die Entwicklungen auf den Markten, zum anderen an die fortschreitende Technik - den gestellten Anforderungen am besten gerecht zu werden vermag. Je besser es ge­ lingt, diese Aufgabe zu erfOllen, um so starker ist die Stellung des Unternehmens im Konkurrenzkampf, um so begrOndeter die Aussich­ ten, sich in dem standigen Wettbewerb mit anderen zu behaupten und durchzusetzen.
Die zunehmende Mechanisierung, Maschinisierung, ja Automatisierung des Produktionsprozesses laBt die Investitionsentscheidungen immer mehr an Bedeutung gewinnen.
Der Obergang zu einem Produktionsverfahren mit hoherem Mechanisie­ rungsgrad bedeutet im Hinblick auf die Kosten, daB in starkerem MaBe als bisher von der Ausbringung unabhCingige (fixe) Kosten in Kauf genommen werden, um Kosten, die von der Ausbringung abhangig sind (variable Kosten), zu senken.
WCihrend die von der Ausbringung abhangigen Kosten (z. B. der Materialaufwand) k u r z f r i s t i 9 beeinfluBt werden konnen, sich z. B. im Faile einer verminderten Nachfrage kurzfristig abbauen lassen, ent­ ziehen sich die fixen Kosten einer solchen EinfluBnahme. Sie werden in ihrer Hohe allein durch die Investitionsentscheidung festgelegt und las­ sen sich in dieser vorbestimmten Hohe nur wiederum durch neue In­ vestitions-(bzw. Desinvestitions-)entscheidungen verandern.
Investitionsentscheidungen sind mithin in z wei e r lei Richtung be­ deutsam:
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Marginalien des Herausgebers
1. Es hangt von ihnen ab, was und w i e vie I ein Unternehmen jeweils zu produzieren vermag, wie leistungsfahig es ist. Daraus folgt beispielsweise: Das Unterlassen einer Investition kann fUr ein Unter­ nehmen ebenso gefahrlich werden, wie die Vornahme einer Fehl­ investition.
2. Durch die Investitionsentscheidung wird ein relativ groBer leil der Kosten - der sich in Zukunft standig weiter ausdehnen wird - eindeutig festgelegt und ist damit kurzfristigen MaBnahmen, die sich beispiels­ weise auf die Hohe der Ausbringung beziehen, nicht mehr zuganglich.
Investitionsentscheidungen wirken wei tin die Z u k u n f t hinein und binden das Unternehmen in der Regel fUr eine Reihe von Jahren. Eine Investitionsentscheidung vor Ablauf der normal en Lebensdauer des betreffenden Investitionsobjektes korrigieren oder ruckgangig machen zu wollen, erfordert in der Regel besondere Opfer. Hat sich z. B. die Anschaffung einer Anlage als unzweckmaBig herausgestellt und will man diese Entscheidung ruckgangig machen, um die damit verbunde­ nen fixen Kosten abzubauen, und das in der Investition gebundene Kapital wenigstens teilweise zuruckzugewinnen, so besteht das mit einer solchen "Korrektur" verbundene Opfer mindestens in der Differenz zwi­ schen dem ursprunglichen Anschaffungswert der Anlage und dem Liqui­ dationserlos, der sich nach Abzug aller Verkaufskosten heute erzielen laBt. In der Regel ein erklecklicher Betrag!
Es stellt sich hier die Frage, was getan werden kann, um die fUr das Ergehen eines Unternehmens so schwerwiegenden Investitionsent­ scheidungen rational treffen zu konnen. Nicht auf Grund yager Hoff­ nungen und gefUhlsbetonter Erwagungen sollten diese Entscheidun­ gen gefallt werden, sondern, soweit das uberhaupt moglich ist, auf der Grundlage einer rationalen Durchdringung der Zusammenhange und Gegebenheiten. Die Verfahren, die eine solche rationale Beurteilung investitionspolitischer MaBnahmen ermoglichen sollen, sind unter dem Begriff "I n v est i t ion s r e c h nun g" zusammengefaBt.
Welchen Zweck Was vermag die Investitionsrechnung? Worin bestehen ihre Aufgaben hat die Investitions- im einzelnen? Der Erfolg eines Investitionsvorhabens hangt von einer rechnung? Vie I z a h I von D ate nab, von gegenwartigen und zukunftigen
Gegebenheiten und Entwicklungen eben so wie von zukunftigen MaB­ nahmen.
E i n e Aufgabe der Investitionsrechnung besteht darin, diese fUr den £r"folg eines Investitionsvorhabens relevanten Komponenten aufzuzei-
3
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Investitions­ rechnung in der Praxis
gen; eine z wei t e, ihre spezifischen Wirkungen auf den Erfolg zu er­ kennen und die Abhangigkeit zwischen dem Erfolg und diesen den Er­ folg bestimmenden Gro6en formelma6ig zu erfassen.
Sind die Komponenten bekannt, auf die es in einer speziellen Investi­ tionssitutation ankommt und wei6 man, welche Bedeutung ihnen bei­ zumessen ist (z. B. den Absatzzahlen in den kunftigen Perioden), so ist damit eine Grundlage gegeben, die es erlaubt, die Vorteilhaftigkeit des ins Auge gefa6ten Investitionsprojektes abzuschatzen. Gleich­ zeitig besteht die Moglichkeit, ausgehend von den einzelnen Kompo­ nenten und der ihnen anhaftenden Unsicherheit, zu veranschlagen, welches Risiko mit der Investition verbunden ist.
Sicherlich wird es fUr die Entscheidung bedeutsame Tatbestande geben, die sich nicht ohne weiteres zahlenma6ig erfassen lassen. Die endgUl­ tige und letzte Entscheidung, was zu geschehen hat, kann darum nicht "errechnet" werden. Nichtsdestoweniger aber ist es ein gewaltiger Unterschied, ob der Entscheidende sich auf die Ergebnisse einer Inve­ stitionsrechnung stOtzen kann oder ob er sich gezwungen sieht, die Ent­ scheidung ohne die Kenntnisse, die die Investitionsrechnung vermittelt, lediglich geWhlsma6ig - sozusagen ins Dunkle hinein - fallen zu mussen.
Wie Untersuchungen uber das Treffen von Investitionsentscheidungen gezeigt haben, setzt sich diese Erkenntnis, wie notwendig exakte Ana­ Iysen und Berechnungen sind, immer mehr durch. Nicht nur gr06e Unter­ nehmen Whren genaue Investitionsrechnungen, verbunden mit einer umfassenden Investitionsplanung, durch, sondern auch der Kreis der mittleren und klein en Unternehmen ist stCindig im Wachsen begriffen, der sich bemuht, Investitionsentscheidungen auf eine rat ion e II e Basis zu stellen. Je scharfer der Wettbewerb, um so weniger kann es sich das einzelne Unternehmen leisten, Fehlentscheidungen zu treffen. Dabei ist zu beachten, da6 eine Fehlentscheidung auch dann vorliegt, wenn Investitionen - sei es aus Unkenntnis, sei es aus geWhlsma6iger Unsicherheit - unterlassen werden, die fUr das Unternehmen vorteil­ haft gewesen waren.
Der hier vorliegende Band 4 der "Schriften zur UnternehmensWhrung" will einen Oberblick uber den heutigen Stand der Investitionsrechnung vermitteln. Es soli gezeigt werden, wie sich die Methoden der Investi­ tionsrechnung i n de r P r a xis a n wen den lassen, welche Aus­ sagen sie ermoglichen und in welcher Weise auf der Grundlage dieser Aussagen die Entscheidung getroffen werden kann.
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Einfluj3 der Steuern auf die Investitions­ entscheidungen
Kapitalbudgetierung und das Aufstellen des Investitions­ programmes
,, !!1 Q r ~)!I a I j~ n des Her:a us 9 ~ b e r s
In dem Aufsatz "Die Methoden der Wirtschaftlichkeitsrechnung und ihre Bedeutung fUr die praktische Investitionspolitik" werden die k I ass i - s c hen Met hod e n der Investitionsrechnung dargestellt, diskutiert und auf ihre Anwendungsmoglichkeiten in der Praxis hin untersucht. Besonderes Gewicht ist dabei ouch der Frage beigelegt, wie sich die Unsicherheit der Daten auswirkt und wie sie im einen und anderen Faile berucksichtigt werden kann.
Da13 die Art und Hohe der B est e u e run 9 die Investitionspolitik der Unternehmungen beeinflu13t, gilt heute zu Recht als feststehende Tatsache. Nicht ganz so klar ist es hingegen oft, wie die Besteuerung wirkt, ferner, wie die anfallenden Steuern im Rahmen der Investitions­ rechnung berucksichtigt werden sollen. Die Arbeit "Der Einflu13 der Be­ steuerung auf die Investitionspolitik der Unternehmungen" befa13t sich mit diesem Fragenkreis. So wird z. B. die Wirkung der steuerlichen Ab­ schreibungsverfahren, der Sonderabschreibungen und Investitions­ pramien auf die Investitionspolitik der Unternehmen aufgezeigt. Die In­ vestitionsentscheidung kann in einem konkreten Faile anders ausfallen je nachdem, ob steuerlich linear oder degressiv abgeschrieben werden darf, ob Sonderabschreibungen moglich sind oder eine Investitions­ pramie gewahrt wird. Es bedarf einer exakten Erfassung der Zusam­ menhange (z. B. zwischen Investitionspramie und Vorteilhaftigkeit einer Investition), um in einem konkreten Faile sagen zu konnen, welche Be­ deutung der einen oder anderen steuerlichen Regelung zukommt und wie das Unternehmen darauf reagieren sollte.
Unter konjunkturpolitischen Aspekten interessant ist der Einflu13 der Besteuerung auf die Investitionsneigung gene rei I. Auch diese Frage ist in der genannten Arbeit erortert.
1m Rahmen der klassischen Investitionsrechnung lassen sich z wei S c h r itt e unterscheiden:
!:::,. Der erste Schritt besteht darin, die einzelnen moglichen Investitions­ projekte jedes fUr sich zu betrachten und zu beurteilen.
!:::,. In einem zweiten Schritt mussen donn aus der Menge der mog­ lichen Investitionen jene ausgewahlt werden, die im Einklang mit den finanziellen Moglichkeiten des Unternehmens tatsachlich reali­ siert werden sollen.
Mit dem Fragenkreis der Kapitalbudgetierung und der Aufstellung des Investitionsprogramms befa13t sich die Arbeit des bekannten amerika­ nischen Wirtschaftswissenschaftlers J. D eon, Professor an der
Wie ist der Ent­ scheidungsprozeJ3 zu organisieren?
Zur Frage der Investitionskontrolle
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M a r9 ina lie n des H era U Ii g'e b e r s < a, ,
Columbia UniversitCit zu New York. Dean ist u. a. durch seine For­ schungen und Veroffentlichungen auf dem Gebiete der Kapital­ budgetierung und Investitionsplanung bekannt geworden. Der hier vor­ liegende Aufsatz stellt einen Auszug aus einer grof3eren Arbeit dar, in der in umfassender Weise die Themenkreise Kapitalbeschaffung und Kapitaleinsatz in der Unternehmung behandelt und die Gedanken und Forschungsergebnisse Deans zu den genannten Fragenkreisen darge­ legt sind. Sie wird in deutscher Sprache in einem Sonderband der "Schriften zur UnternehmensfUhrung" veroffentlicht werden. Dem Herausgeber ist es eine besondere Freude, die Lehren Deans zu den oben erwahnten Fragen zum ersten Mal in deutscher Sprache vorlegen zu konnen.
Soli sich das Treffen von Investitionsentscheidungen und die gesamte Investitionsplanung eines Unternehmens auf rationaler Grundlage voll­ ziehen, so muf3 der Entscheidungsprozef3 selbst in geeigneter Weise gestaltet und organisiert werden. Wie diese Aufgabe im Rahmen eines Grof3unternehmens gelost werden kann, ist in der Arbeit "Investi­ tionsplanung und Investitionsentscheidung" dargestellt. Dabei wird auch auf die in der Praxis so wichtige Frage eingegangen, wer welchen Beitrag zu den Investitionsuberlegungen zu leisten hat; es wird gezeigt, wie diese Beitrage formularmaf3ig erfaf3t und zu den Zahlen ver­ arbeitet werden, auf die sich die Investitionsentscheidung alsdann sWtzen kann .
Ebenso wichtig wie die Vorbereitung der Investitionsentscheidung ist die Kontrolle der Investition nach ihrer Verwirklichung. Auch hieruber gibt die genannte Arbeit Auskunft. An Hand eines Beispiels ist unter Ver­ wendung des beschriebenen Formularsatzes gezeigt, wie die Investi­ tionsentscheidung praktisch vorbereitet und spater dann auch uber­ wacht und kontrolliert wird.
Der Aufsatz "Investitionsplanung mit Hilfe der Optimierungsrechnung" gibt einen Oberblick uber die neueren Bemuhungen auf dem Gebiet der Investitionsrechnung und insbesondere daruber, wie und mit wel­ chen Erfolgsaussichten das in den fUnfziger Jahren entwickelte Ver­ fahren der (Iinearen) Optimierungsrechnung zur Losung der hier an­ stehenden Fragen eingesetzt werden kann. Dabei ist ausfUhrlich auf das Problem der Unsicherheit der Daten eingegangen und gezeigt, welche Moglichkeiten gerade im Rahmen der Optimierungsrechnung gegeben sind, diesem Problem zu begegnen.
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Fallstudie
Die Fallstudie befaf3t sich mit der Erh6hung der Pref3werkzeugbau­ kapazitat einer grof3en Automobilfabrik. Es wird gezeigt, welche Viel­ zahl von Oberlegungen anzustellen waren, welche Untersuchungen vor­ genom men, welche Teilplane aufgestellt und welche Rechnungen durch­ gefUhrt werden mufiten, um die fUr eine optimale Entscheidung not­ wendigen Informationen und Einsichten zu gewinnen.
In dem Beitrag "Mathematische Methoden als Hilfsmittel der Unter­ nehmensfUhrung" sind die mathematischen Grundlagen der klassi­ schen Verfahren der Investitionsrechnung erlautert und die Verfahren selbst mathematisch abgeleitet und dargestellt. Der Beitrag erganzt damit insbesondere die ersten drei Aufsatze, in denen bewuf3t auf weitergehende mathematische Ableitungen verzichtet wurde.
Die Methoden der Wirtschaftlichkeits­ rechnung und ihre Bedeutung fur die
praktische Investitionspolitik
InhaltsUbersicht
II. Die Beurteilung der Vorteilhaftigkeit einer Investition a) Die grundlegenden Verfahren der Rentabilitctsrechnung
1. Die Kapitalwert-Methode 2. Die Annuitcts-Methode
b) Dos Problem der Unsicherheit in der Rentabilitatsrechnung 1. Unsichere Einzahlungs-Werte
2. im Kalkulationszinsfuf3 begrundete Unsicherheiten c) Risiken aus der Fehlschctzung der Anlagen-Nutzungsdauer
III. Die Wahl zwischen mehreren vorteilhaften Investitionen a) Die Verfahren der Rentabilitcts-Maximierung
1. Die Kapitalwert-Methode 2. Die Interne-Zinsfuf3-Methode
b) Die Pay-off-Methode als Verfahren der Sicherheits-Maximierung c) Optimierung von Rentabilitcts- und Sicherheits-Gesichtspunkten
IV. Dos Ersatzproblem in der Investitionsrechnung a) Zur Fragestellung b) Methoden der Ersatzvergleichs-Rechnung
1. Allgemeine Ausgangsuberlegung 2. Rentabilitcts-Analyse 3. Der Ersatzvergleich in der Pay-off-Rechnung
c) Technischer Fortschritt und Ersatzvergleich
V. Dos Problem der Ertragszurechnung in der Investitionsrechnung a) Die Problemstellung b) Ertragszurechnung bei Erweiterungsinvestitionen
1. Erweiterungsinvestitionen bei einstufiger Fertigung 2. Erweiterungsinvestitionen bei mehrstufiger Fertigung
8 H.-P. Kahl
I. Einfuhrung
Jede wirtschaftliche Totigkeit ist ein andauernder ProzeB des W 0 9 ens, R e c h - n ens u n d We r ten s. Es geht dabei stets von neuem um die Beantwortung der grundlegenden Frage, ob eine okonomische Entscheidung in Obereinstimmung mit der vorgegebenen Zielvorstellung des Unternehmers getroffen wird.
Ein Holzhondler beispielsweise, der in der Absicht der Gewinnerzielung einen Posten Holz zu kaufen plant, wird sich vor KaufabschluB die Frage vorlegen, zu welchem Preis er voraussichtlich diesen Posten wieder wird verouBern konnen. 1st die Hohe des zu erwartenden Verkaufspreises abschotzbar und liegt zwischen Kauf und Verkauf eine relativ kurze Zeitspanne (etwa nur wenige Tage), so ist die Ent­ scheidung uber die Vorteilhaftigkeit dieses Geschofts verholtnismoBig leicht zu treffen. Angenommen, der Kaufpreis betrage 1000 Geldeinheiten und der Verkaufs­ preis 1100 Geldeinheiten, so ist mit der Differenz der Gewinn dieser Transaktion einfach ermittelt. Vollig anders ist jedoch die Sachlage, wenn der Kaufmann das Holz ein Jahr lang e i n z u I age r n beabsichtigt, um es erst dann fUr 1100 Geld­ einheiten zu verkaufen. Den Erfolg dieses Handels mit 100 Geldeinheiten angeben zu wollen1), wore eben so falsch wie die Rechnung, 1100 Dollar minus 1000 Schwei­ zer Franken ergoben 100 Deutsche Mark. Es handelt sich nomlich in beiden Follen um Betroge unterschiedlichen Wertinhalts. Fur den Holzhondler bedeutet die Ein­ lagerung des Holzes Kapitalverzicht und damit Zinsentgang fUr ein Jahr. Die historische Ausgabe von 1000 Geldeinheiten ist zum Verkaufstermin bei einem an­ genommenen Zinssatz von p = 8 % p. a. bereits 1 080 Geldeinheiten wert; das Geschoft erbrochte mithin einen um den ZinseinfluB verringerten Gewinn:
(1 ) 1100 - 1 000 (1 + i) = + 20 (i = Too = 0,8
Der Kaufmann wird sich nun z wei Fragen vorlegen, die streng genommen uno actu gestellt werden:
1. Reicht der errechnete G e win n von 2 0 Gel d e i n h e it e n aus, um das GeschCift wirtschaftlich attraktiv erscheinen zu lassen? Es geht hier um das Problem der "Vorteilhaftigkeit einer Investition".
2. Gibt es eine a I t ern at i v e Verwendungsmoglichkeit fUr das zur Ver­ fUgung gestellte Kapital, die einen hoheren Nutzen verspricht? Mit dieser Frage stellt sich das "Auswahlproblem".
In der Wirtschaftspraxis mundet jede Investitionsentscheidung, also jede Entschei­ dung Ober Ausgaben zur Beschaffung von Vermogensgegenstonden, zwangsloufig in die hier formulierten Fragestellungen ein, obwohl natOrlich die Entscheidungs­ situationen in der Mehrzahl der Folie ungleich komplizierter sind als an dem ein­ fachen Beispiel demonstriert. In der Regel wird eine Investition nicht durch ein­ malige Zahlungsakte, sondern durch umfangreichere Zahlungsreihen reprasen­ tiert, die zudem noch meist wechselnde Rhythmen aufweisen. Die Methoden fUr derartige Investitionsrechnungen sollen im folgenden zunachst dargestellt werden.
') Siehe hierzu die Ausfiihrungen zur "Buchhalterischen Methode" bei Jonas, Heinrich H.: Investitionsrech· nung, Berlin 1964, S. 29 fl.
Die Beurteilung der Vorteilhaftigkeit einer Investition
II. Die Beurteilung der Vorteilhaftigkeit einer Investition
a) Die grundlegenden Verfahren der Rentabilitatsrechnung
1. Die Kapitalwert-Methode
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Bei der Kapitalwert-Methode werden die Aus- und Einzahlungs-Strome einer In­ vestition auf eine gemeinsame zeitliehe Basis (in der Regel auf den Zeitpunkt unmittelbar vor der Investition) bezogen; der Kapitalwert stellt damit die Summe aller bei einem Zinssatz i auf den Zeitpunkt t diskontierten (abgezinsten) Zahlungen dar, die naeh dem Zeitpunkt t erfolgen.
Nehmen wir einmal an, eine Investition bestehe aus einer Auszahlung a im Zeit­ punkt Null und (der Einfaehheit halber jeweils fOr den SehluB eines Jahres an­ genommenen) wechselnden Einzahlungen b und Auszahlungen e in den Folgejahren. Dann errechnet sich der auf den Zeitpunkt t bezogene Kapitalwert Kt wie folgt:
(2) Kt = b t + 1 - et + 1 + ... + bn - en - a 1 + i (1 + i)n - t
Die Reehnung vereinfaeht sieh, wenn es sieh bei den Werten b und e um konstante, in jedem Jahre gleieh groBe Zahlungen handelt. Die Zahlungsstrome (b-e) konnen dann dureh eine geometrisehe Reihe dargestellt werden:
(3) Kt = (b - c) (1 + i)n - 1 - a i (1 + i)n
(30)
Beispiel 1: Eine Investition C bestehe aus dem Ansehaffungswert a der Masehine in H6he von 20 000 OM, jahrlichen Auszahlungen e in H6he von 7 000 OM und jahrlichen Einzahlungen b in H6he von 15 000 OM; sie habe eine lebensdauer von n = 7 Jahren. Bei einem KalkulationszinsfuB von p = 8 % erreehnet sich donn folgender Kapitalwert:
K = 8 000 1 + 0,08)7 - 1 - 20 000 = 21 651 OM t 0,08 (1 + 0,08)7
Dem Grundsatz entspreehend, daB sich eine Investition immer dann als vorteil­ haft erweist, wenn ihr Kapitalwert bei einem gegebenen KalkulationszinsfuB nieht negativ ist, ware die Realisierung des im Beispiel 1 genannten Vorhabens unter Rentabilitats-Gesiehtspunkten zu empfehlen.
2. Die Annuitats-Methode
Der Praxis ist das Denken in Kapitalwerten weniger gelCiufig. Man operiert Yor­ nehmlich mit Kosten und Erlosen, also periodenbezogenen Ausgaben und Ein­ nahmen.
Eine derartige Reehnung, die auf durehsehnittliehen jahrliehen Einnahmen und durehsehnittliehen jahrliehen Ausgaben basiert, wird als ,,AnnuitCits-Methode" be­ zeiehnet. Mathematiseh gesehen werden bei Anwendung dieses Verfahrens die Zahlungsreihen bl, b2, ... , bn und el, e2, ... , en transformiert in aquivalente uni­ forme Reihen.
Ais B e i s pie I fOr die Berechnung einer uniformen Reihe sei nachfolgend der Ansatz fOr die Ermittlung der durehschnittliehen jahrliehen Ausgaben y einer Masehine wiedergegeben:
10 H.-P. Kahl
(4) _ ( + Cl + + en ) i (1 + i)n y - a -,----:ti . . . (1 + i)n (1 + i)n - 1
Da in der Praxis zumeist vereinfachend - wie auch in unserem Beispiel 1 berOck­ sichtigt - fOr die einzelnen Jahre konstante Betriebs- und Instandhaltungs-Kosten und konstante Verkaufserlose angenommen werden, reduziert sich der Ansatz der Annuitatsrechnung erheblich:
(4a) y = a i (1 + i)n (1 + i)n - 1
+ C
Der Multiplikator des Wertes a wird in der Investitionsrechnung als "W i e d e r - 9 e win nun 9 sf a k tor" bezeichnet; das Ergebnis der Multiplikation gibt den sogenannten "K a pit a I die n s til an, der mit einer Investition verbunden ist.
Bei der Anwendung der Annuitats-Methode erweist sich eine Investition dann als vorteilhaft, wenn die durchschnittlichen iahrlichen Einnahmen (= Erlose) die durchschnittlichen iahrlichen Ausgaben (= Kosten) iiberragen.
FOr das Beispiel 1 lautet diese Bedingung wie folgt:
(5) b - (a i (1 .+ i)n + c) > 0 (1 + I)n - 1
oder mit eingesetzten Betragen:
b) Das Problem der Unsicherheit in der Rentabilitatsrechnung
1. Unsichere Einzahlungs-Werte
Die Bevorzugung der Annuitats-Methode in der Investitionsrechnung der Praxis ist jedoch nicht nur durch die relativ einfache Anwendbarkeit dieses Verfahrens erklart, sondern sie ergibt sich vor allem aus dem BedOrfnis der Entscheidungstra­ ger, das in der Schatzung der Einzahlungs-Werte begrOndete Risiko zu vermindern.
Die Entscheidung Ober die Vornahme einer Investition muB getroffen werden in einem Zeitpunkt, zu dem Ober die Hohe zukOnftiger Einzahlungsbetrage lediglich E r war tun 9 e n bestehen. Die letzte Sicherheit Ober die Realisierbarkeit pro­ gnostizierter Entwicklungen wird niemals erreichbar sein; "falls die Forderung voller Voraussicht erfOlit sein soli, mOBten die Wirtschaftssubjekte keine gewohn­ lichen Menschen, sondern Halbgotter sein." (Oscar Morgenstern). Erweist sich spater etwa, daB die Vorstellungen Ober die durch die Investition bewirkte Ein­ zahlungsreihe zu gOnstig waren, kann sich u. U. a posteriori die Kapitalanlage als unrentabel erweisen. Aus diesem Grunde ist es fOr den Investor von erheblicher Bedeutung zu wissen, welchen Wert die Einzahlungen min des ten s erreichen mOssen, damit der Kapitaldienst und die jahrlichen Betriebs- und Instandhaltungs­ kosten durch Verkaufserlose gedeckt sind. Gelangt der Investor etwa zu dem Er­ gebnis, daB dieser "kritische Wert" voraussichtlich nur bei einer extrem gOnstigen Entwicklung der zukOnftigen Erlossituation erreicht werden kann, so wird ihm durch diese Methode zumindest das bedeutende Risiko bewuBt gemacht, das mit einer solchen Investition verbunden ist.
Die Beurteilung der Vorteilhaftigkeit einer Investition 11
Die Kapitalwert-Methode dagegen gestattet derartige klare Aussagen Dber Grenz­ situationen nicht. Bei ihrer Anwendung muB der Investor dem Risiko-Phenomen vielmehr durch vorsichtige, aber immerhin eindeutige Schetzungen Rechnung tra­ gen. Die einfachste Methode besteht darin, gewisse Sic her h e its a b s chi e 9 e auf den als wahrscheinlich erachteten Wert vorzunehmen - eine Praxis, die unter dem Gesichtspunkt der Logik wohl nicht ganz zu befriedigen vermag. Eine Ver­ feinerung kann dieses Verfahren schlieBlich erhalten durch die zusetzliche Ein­ beziehung optimistischer und pessimistischer Werte, wobei sich hier u. U. noch Dber eine unterschiedliche Gewichtung der Schetzbetrege die Prognose als ein gewogenes Mittel2) ergibt: (6) optimistischer Wert . 1 + wahrscheinlicher Wert . 3 + pessimistischer Wert . 2
6 Diese Methoden einer weitgehenden Einbeziehung des Risiko-Phenomens lassen sich beliebig variieren und verfeinern3). Der Kapitalwert-Methode ist jedoch darDber hinaus eine Art Automatismus inherent (innewohnend d. Red.) durch die das Unsicherheits-Problem eine unmittelbare BerDcksichtigung erfehrt. Es ist eine Erfahrung der Praxis, daB Schetzungen kDnftiger Entwicklungen um so schwieriger und damit risikoreicher sind, je weiter sich diese Recherchen in die Zukunft er­ strecken. Wehrend in der Regel die Erlossituation etwa der ersten Jahre einer In­ vestitions-Laufzeit verheltnismeBig exakt prognostiziert werden kann, ist die Schet­ zung fUr die letzten Jahre der Kapitalbindung meist ungleich schwieriger. Do aber der Kapitalwert durch eine Diskontierung ermittelt wird und der Abzinsungseffekt um so sterker wirkt, je weiter der Betrag in der Zukunft liegt, werden die Erlos­ schetzungen fUr die (mit geringerem Risiko behafteten) ersten Jahre sterker ge­ wichtet als jene der (in der Regel mit erheblich groBeren Unsicherheiten verbun­ denen) letzten Rechnungsperioden. Wird beispielsweise in Abenderung des Bei­ spiels 1 angenommen, die Einzahlungen der ersten beiden Jahre erwiesen sich speter als um je 20 % Dberhoht, so errechnete sich ein korrigierter Kapitalwert in Hohe von 16 301 DM (Minderung des Kapitalwertes gegenDber (3 a) von etwa 24,7 %). Lege eine derartige Fehlschetzung der Einzahlungen dagegen fUr die letzten beiden Jahre vor, so ergebe sich der korrigierte Kapitalwert mit 18 010 DM (Minderung des Kapitalwertes gegenDber (3 a) von etwa 16,8 %).
Zusammenfassend kann also festgestellt werden, daB es unterschiedliche Mog­ lichkeiten gibt, das mit der Gefahr einer Fehlschetzung von Einzahlungen verbun­ dene Risiko im Rahmen der Kapitalwert-Methode zu berDcksichtigen.
Dennoch vermag aber die auf einer GegenDbersteliung durchschnittlicher Einzah­ lungen und Auszahlungen basierende Annuitets-Methode weiterreichende Erkennt­ nisse zu vermitteln.
Darum wird sie in der Praxis bevorzugt angewandt. Nicht zufellig treten daher beispielsweise die Grundelemente dieses Verfahrens in einer Schrift hervor, die
'l "Tatsechlich aber ist bei Investitiansentscheidungen nicht nur der ,mittlere Treffpunkt' van Bedeutung, san· dern auch das Risika eines Fehlschlages. Ein vernunftiger Schutze schieGt nicht auf eine Scheibe, neben der ein Mann stehl, auch wenn er mit ziemlich grafler Wahrscheinlichkeit annehmen kann, die Scheibe und nicht den Mann zu treffen. In Illeicher Weise wird ein Unternehmer zumindest zegern, eine Investition vorzunehmen. die zwar aller Wahrschemlichkeit nach rentabel ist, aber moglicherweise auch zum volligen Ruin der Unter­ nehmung fUhrt." (Trechsel, Fritz: Investitionsplanung und Investitionsrechnung, Bern 1966, S. 53.) ') Zum Studium dieser Moglichkeiten sei hier die Arbeit von Horst Albach (Wirtschaftlichkeitsrechnung bei unsicheren Erwartungen, Koln und Opladen 1959) empfohlen.
12 H.-P. Kahl
der Fachverband Buchdruck als eine "praktische Hilfe bei InvestitionsOberlegun­ gen" herausgegeben hat. Dort werden zur DurchfOhrung der Renditeberechnung fOnf grundlegende Fragen an den Investor gerichtet:4)
,,1. Wie hoch sind die unvermeidbaren Kosten der Anlage (Bereitschaftskosten)? 2. Wie hoch sind die beschaftigungsabhangigen Kosten je Einheit (leistungs-
kosten)? 3. Bei welcher Produktion deckt die Maschine gerade die Kosten? 4. Welchem Beschaftigungsgrad entspricht das? 5. Wie wirkt sich eine Erlosverschlechterurig auf die Rentabilitatsgrenze aus?"
Die spezifische Formulierung des zitierten Fragen-Katalogs zeigt, daB in der prakti­ schen Investitionsrechnung bei der Einbeziehung der Einnahmenseite der Mengen­ faktor des Erlosbegriffes ein besonderes Gewicht erhalt. Die Einnahmen einer Unternehmung ergeben sich namlich aus dem Produkt
(7) Menge (m) . Preis (p) = Einzahlung (b)
Da sich die Unternehmungen auch unter den Bedingungen unvollkommener Markte zumindest innerhalb bestimmter Grenzen als Mengenanpasser verhalten, stellt der Pre i s e i n D a tum dar, so daB fOr die Investitionsrechnung die Begriffe "Produktionsmenge" und "Beschaftigungsgrad" eine starkere Bedeutung erlan­ gen. FOr die Struktur derartiger Entscheidungsfalle sei ein Beispiel aus dem Zei­ tungsverlags-Bereich zitiert:
Beispiel 2: Ein bedeutender Verlag, dessen Tageszeitung in den vergangenen Jahren einen fortlaufenden Anstieg von Umfangen (Seitenzahlen) und Auflagen zu verzeichnen hatte, stand in der Mitte des Jahres 1966 vor der Frage, ob die Kapazitat seiner Buchdruck-Rotationsmaschinen urn eine zusatzliche Aggregat-Einheit (Anschaffungs­ kosten etwa 750000 OM) erweitert werden sollte. Fur diese Investitions-Entschei­ dung war zu recherchieren, ob der Trend steigender Umfange und Auflagen in der Zukunft weiterhin anhalten werde. Man kam zu folgenden Ergebnissen: a) Infolge der gesamtwirtschaftlichen Rezession war seit einigen Monaten ein
erheblicher R (j c k 9 a n 9 von S tell e nan 9 e bot s - A n z e i 9 e n zu verzeichnen gewesen. Da der Umfang einer Zeitung sich aus okonomischen Grunden stets am Anzeigenvolumen orientiert, gelangte man zu der Auffas­ sung, daB zumindest in den nachsten 18 Monaten keine Umfangssteigerungen zu erwarten seien.
b) Der Mar k tan t e i Ide r Z e i tun 9 hatte im Stadt-Kerngebiet mit ca. 70 Ofo einen Wert erreicht, der trotz konstant gehaltenen Aufwandes an absatzpoliti­ scher Aktivitat einen stark unterproportionalen Veri auf des Trends erwarten lieB (ein Beispiel fOr die Gultigkeit des Gesetzes yom abnehmenden Grenz­ ertrag). Da auBerdem die Moglichkeiten einer Ausdehnung des Absatzgebietes auf weitere landliche Zonen infolge der noch nicht abgeschlossenen Verwal­ tungs- und Gebietsreform dieses Bundeslandes nicht mit der erforderlichen Sicherheit abgeschatzt werden konnten, hielt man eine erhebliche Steigerung der Auflage fOr unwahrscheinlich.
In Anbetracht der Ergebnisse dieser Analysen entschied sich der Verlag, die Inve­ stition im Rahmen eines mittelfristigen Investitions- und Finanzplanes urn min­ des ten s z wei J a h r e z u r u c k z u s tell en, obwohl die derzeitige Kapa­ zitat ausgeschopft war. Man nahm dabei auch das Risiko bewuBt hin, daB bei einem Ausfall eines der vorhandenen Aggregate eine empfindliche Storung des Produktionsablaufes eintreten konnte. Bei diesem Beispiel ware interessanterweise noch zu erwahnen, daB fOr den Fall eines mit erheblicher Wahrscheinlichkeit feststellbaren wesentlichen Auflagen-
.) Menz, Wolfgong: Investitions· und Wirtschaftlichkeitsrechnung im graphischen Gewerbe, Ein leitfaden fOr die Praxis, Wiesbaden 1966, s. 45 f.
Die Beurteilung der Vorteilhaftigkeit einer Investition 13
anstiegs auch der Faktor p des Ausdrucks (7) variablen Charakter erhalten hette, da merkliche Auflagensteigerungen (GroBenordnung etwa 10 %) Erhohungen des Anzeigen-Grundpreises rechtfertigen.
Die Struktur dieses Entscheidungs-Problems zeigt ganz deutlich, daB in der prakti­ schen Investitionsrechnung die Ann u ita t s -M e tho d e der Kapitalwert­ Methode G b e r leg e n sein kann, da sie eine Isolierung und damit eine tiefer­ gehende Analyse des als unsicher erachteten Rechengliedes ermoglicht.
2. 1m KalkulationszinsfuB begriindete Unsicherheiten
Eine bisher noch nicht dargestellte Moglichkeit, im Rahmen einer Anwendung der Kapitalwert-Methode dem Problem unsicherer Einzahlungs-Prognosen Rechnung zu tragen, liegt in einer bewuBt hoheren Festlegung des Kalkulationszinsfuf3es: Der Investor erkennt dem ZinsfuB in der Absicht einen groBeren Wert zu, damit das aus der Fehlschatzung von Einzahlungen sich ergebende Risiko zu verringern. Bei diesen Oberlegungen geht der Unternehmer davon aus, daB der Kalkulationszins­ fuB als Abzinsungsfaktor normalerweise der Rendite entsprechen soli, die eine Finanzinvestition - also eine Investition mit relativ geringem KapitalrGckfluB-Risiko - erbringt. Wenn nun im Faile der Sachanlage ein vergleichsweise hoheres Risiko eingegangen wird, so wGrde sich diese Investition nur lohnen, wenn sie eine Gber die Normalverzinsung hinausgehende Rendite erbrachte. Der unter diesem Aspekt zu ermittelnde KalkulationszinsfuB enthalt also strenggenommen z wei Ele mente, namlich einen 0 b j e k t i v e n Bestandteil, der einer potentiellen Verzin­ sung der Finanzinvestition (z. B. 8 % p. a.) entspricht, und einen 5 u b j e k t i v e n Bestandteil (z. B. 2 % p. a.), den der Unternehmer zum Ausgleich des Investitions­ risikos subjektiv fOr erforderlich halt. Dieser Risikobestandteil des Kalkulationszins­ fuBes hangt in seiner Hohe einmal von der geschatzten Sicherheit bzw. Unsicher­ heit des betrachteten Investitionsobjektes ab, zum anderen aber auch von der subjektiven Einstellung des Investors selbst.
Durch eine Oberhohung des KalkulationszinsfuBes wird also die Wirkung einer Fehlschatzung von Einzahlungen abgeschwacht.
Nun werden zwar bei dieser Methode auch die Auszahlungen "abgewertet"; da das "Zeitzentrum" der Auszahlungen jedoch - vor allem infolge des groBen Ge­ wichts der Anschaffungskosten - in der Regel vor dem der Einnahmen liegt (also - anders formuliert - die Ausgaben im ganzen gesehen frGher erfolgen als die Einnahmen), werden die Einnahmen von der Abzinsung starker betroffen als die Ausgaben.
Beispiel 3:
Bei weiterer Geltung der ubrigen Oaten des Beispiels 1 wird der Kalkulations­ zinsfuB zur Berucksichtigung des Unsicherheitsfaktors von 8 % auf 10 % erhoht. Unter Ansatz der Formel (3) errechnet sich dann ein Kapitalwert in Hohe von 18944 OM. Oerselbe Kapitalwert hC:itte sich ergeben bei einem unverenderten KalkulationszinsfuB (8%), aber einem um 519 OM verminderten jehrlichen Netto­ ertrag (d = b - c).
Die BerGcksichtigung des Unsicherheits-Problems durch Ansatz eines bewuBt Gberhohten KalkulationszinsfuBes erscheint zunachst faszinierend weil besonders
14 H.-P. Kahl
einfach realisierbar. Ais Nachteil erweist sich jedoch, daB nunmehr keine exakte Aussage Gber den Umfang des auf den Net toe r t rag erhobenen Sicherheits­ abschlages getroffen werden kann. FGhrt man sich vor Augen, daB auBerdem
1. die Kapitalstruktur der investierenden Unternehmung (Verhcltnis von Eigen­ zu Fremdkapital5),
2. die langfristig durchschnittliche Rentabilitct der Unternehmung,
3. das "Opportunitctskosten-Prinzip" (d. h. die Bewertung der Kapitalanlagen nach Gewinnchancen)
im KalkulationszinsfuB zum Ausdruck gebracht werden soli en, so wird deutlich, daB dieses Instrument, das eigentlich nur die zu unterschiedlichen Zeitpunkten erfolgen­ den Zahlungen vergleichbar mach en so lite, restlos uberfordert wird.
Die Erkenntnis, daB der KalkulationszinsfuB aus den genannten Grunden selbst einen Unsicherheitsfaktor darstellt, hat dazu gefUhrt, die Fragestellung derart um­ zuformulieren, daB es keiner Festlegung eines bestimmten KalkulationszinsfuBes mehr bedarf.
Es wird nunmehr lediglich jener ZinsfuB gesucht, der die Differenz zwischen der Einnahmen- und der Ausgabenreihe zu Null werden IcBt:
(8) K = bt + 1 - Ct + 1 + + bn - Cn t 1 + i . . . (1 + i)n - t a = 0
Dieser gesuchte ZinsfuB wird allgemein als "i n t ern e r Z ins f u B" (r) be­ zeichnet. Unter Ansatz der Daten des Beispiels 1 kann seine Position wie folgt bestimmt werden:
Tabelle 1:
Kapitalwert
21651 OM 13283 OM 8837 OM 5289 OM 2417 OM
60 OM 360 OM
- 1897 OM
r = 35,14 %
Mit dem internen ZinsfuB r hat sich der Entscheidungstrcger nunmehr einen Wert errechnet, der ihm eine umfassende Abwcgung des Problems erleichtert6).
Der Investor kann jetzt diesem Betrag den Bankzins oder die durchschnittliche Rentabilitct der Unternehmung gegenuberstellen; hinsichtlich des Unsicherheits­ moments wird dadurch die Fragestellung eingeengt auf die Formulierung: Reicht die errechnete Rendite nach Abzug des Bankzinses oder der durchschnittlichen Rentabilitct aus, um dem Investor einen Anreiz zu geben, das mit jeder Investition
'l Siehe hierzu: Trechsel, Fritz, a. a. 0., S. 49 f. 6) Vgl. hierzu: Kilger, Wolfgang: Kritische Werte in der Investitions- und Wirtschaftlichkeitsrechnung, in: Zeitschrift fiir Betriebswirtschaft, 35 Jg. (1965), S. 338, bes. S. 341 f.
Die Beurteilung der Vorteilhaftigkeit einer Investition 15
verbundene Risiko der Daten-Fehlschatzung zu Obernehmen? Wir werden uns die­ ser Fragestellung an anderer Stelle noch ausfOhrlicher zu wid men haben.
Der mathematische Ansatz fOr die Ermittlung des internen ZinsfuBes lautet fOr den Fall regelmaBiger konstanter Zahlungen wie folgt:
(9) J!... = r (1 + r)n a (1 + r)n - 1
Fallen die Zahlungen dagegen unregelmaBig und in unterschiedlichem Umfang an, so laBt sich der interne ZinsfuB aus folgender Gleichung
(10) - bl bll + + bn a - ~ + (1 + r)2 . . . (1 + r)n
nur durch Probieren approximativ ermitteln.
In der praktischen Investitionsrechnung fallt dem internen Zins als Entscheidungs­ maBstab eine groBe Bedeutung zu, wenngleich auch fOr seine Berechnung nicht selten insofern e r h e b I i c h eVe rei n f a c hun 9 e n vorgenommen werden, als daB unter Vernachlassigung des Reihen-Charakters der Zahlungen lediglich die jahrlichen OberschOsse (Gewinne und kalkulatorische Zinsen) den Investitions­ Erstausgaben (Anschaffungswert) gegenObergestelit werden; die 11K a pit a I - r end i t e" als Ergebnis dieser Rechnung wird dann mit dem Bankzins fOr lang­ fristige Anlagen verglichen.
c) Risiken aus der Fehlschatzung der Anlagen-Nutzungsdauer
Den dritten Risikofaktor im Rahmen der Rentabilitatsrechnung stellt die Lebens­ dauer des Investitionsobjektes dar. Es mag Entscheidungsfalle geben, die dadurch gekennzeichnet sind, daB der gewOnschte KalkulationszinsfuB und der erwartete jahrliche Nettoertrag der Investition hinreichend genau bekannt sind, daB jedoch die Anzahl der Perioden, in denen dieser Nettoertrag realisiert werden kann, nur mit gro6tem Risiko geschatzt werden kann. Solche Situation en sind stets dann gegeben, wenn die Entwicklung der Verfahrenstechnologie bis zum Ende der technischen Lebensdauer der zu beschaffenden Anlage unbekannt ist, wenn also vor allem sogenannte IIVerfahrensmutationen", revolutionare technische Neuerun­ gen, im Bereich des Moglichen liegen. Die Erfahrung lehrt, daB sich auch derartige umwalzende Entwicklungen zumeist einige Zeit vor ihrer Prasenz auf dem Investi­ tionsgOtermarkt ankOndigen; in der Regel liegen jedoch zwischen beiden Terminen nur relativ kurze Zeitraume. Es ist deshalb nur allzu verstandlich, wenn vor allem aus der praktischen Investitionsrechnung heraus haufig die Frage gestellt wird, ob sich das betrachtete Objekt im Rahmen des in seiner technologischen Weiterent­ wicklung Oberschaubaren Zeitraumes aus seinen eigenen Nettoertragen selbst amortisieren kann. In diesem Faile erlitte der Investor dann durch ein spateres Angebot technologisch veranderter Verfahren lediglich GewinneinbuBen.
Aus der gekennzeichneten Fragestellung heraus ist die For mel fOr die Ermitt­ lung des die Z e its pan ned e r K a pit a I bin dun 9 angebenden Wertes t leicht entwickelt:
(11) t =_a_ d
16 H.-P. Kahl
Das Ergebnis dieser Rechnung wird auch als "pay-off-period" bezeichnet. Fur die Daten des Beispiels 1 laBt sich dieser Wert wie folgt ermitteln:
(11 a) t = 20 000 DM = 2 5 Jahre 8 000 DM '
Die V 0 r t e i I e dieser Methode sind leicht erkennbar:
1. Der mit Unsicherheit behaftete KalkulationszinsfuB bleibt auBer Ansatz.
2. Die Nettoertrags-Schatzung umfaBt nicht - wie bei der Kapitalwert­ Methode oder dem Verfahren des internen ZinsfuBes - die gesamte Lebensdauer des Investitionsobjektes, sondern lediglich die zumeist hin­ reichend uberschaubaren ersten Nutzungsjahre.
Aus diesen beiden Kriterien folgt aber zugleich ein schwerwiegender Mangel die­ ses Verfahrens: Die Pay-oft-Methode trifft keine Aussage uber die Ertragskraft einer Investition wahrend ihrer gesamten Lebensdauer, sie umgreift lediglich den Zeitraum des Kapitalruckflusses.
Damit wird jedoch praktisch der Bereich der Rentabilitatsrechnung verlassen und der Risiko- und Elastizitats-Gesichtspunkt zum EntscheidungsmaBstab uber eine Investition erhoben. Galt fUr aile anderen Methoden das "Gewinn-Kriterium unter der strengen Nebenbedingung Sicherheit", so verliert nunmehr beim Pay-off-Ver­ fahren das Sicherheitsmoment den Charakter einer Nebenbedingung und erhalt die Bedeutung einer Zielfunktion. Die Konsequenzen einer solchen Konstellation werden noch darzustellen sein.
III. Die Wahl zwischen mehreren vorteilhaften Investitionen
a) Die Verfahren der Rentabilitats-Maximierung
1. Die Kapitalwert-Methode
Eine Investition ist bei einem gegebenen KalkulationszinsfuB vorteilhaft, wenn sie einen positiven Kapitalwert aufweist. Das MaB der Vorteilhaftigkeit wird durch die Hohe des Kapitalwertes bestimmt. Bei konsequenter FortfUhrung dieses Gedan­ kens konnte dann im Rahmen einer Gegenuberstellung mehrerer Investitions­ objekte dasjenige als das gunstigste bezeichnet werden, das den hochst-::::1 Kapi­ talwert reprasentiert. Wird etwa das Investitionsobjekt C des Beispiels 1 vergli­ chen mit einer Alternative B, die - bei gleicher Erstausgabe (a = 20 000 DM) - 5 Jahre hindurch einen jahrlichen Nettoertrag in Hohe von 10 000 DM erbringt, so ergibt sich folgende Gegenuberstellung:
Tabelle 2:
Objekt B
5 Jahre 19927 DM
21650 DM
Die Wahl zwischen mehreren vorteilhaften Investitionen 17
Offensichtlich wird das Objekt C durch den vergleichsweise h6heren Kapitalwert gekennzeichnet, es k6nnte daher - auf den ersten Blick - als die gunstigere Variante angesehen werden. Bei einer genaueren Durchdringung des Problems fOlit aber auf, daB die Kapitalbindung bei B zwei Jahre kurzer ist als bei C, daB also - wahrend das Objekt C im Faile seiner Realisierung das Kapital im 6. und 7. Jahr noch bindet - bei einer Bevorzugung des Objektes B das fruher freigesetzte Kapital einer anderen werbenden Anlage X zugefUhrt werden kann. Entscheidet sich also der Investor fUr die Alternative C, so verzichtet er nicht nur auf die Variante B, sondern auch auf die mit ihr verbundene M6glichkeit einer "Differenz­ investition" X. Es ist leicht einzusehen, daB die Differenzinvestition X nur dann keinen EinfluB auf die allein die Kapitalwerte einbeziehende Wahlentscheidung auszuuben vermag, wenn ihr eigener Kapitalwert Null betragt. Da der Wert Null allein bei einer dem KalkulationszinsfuB entsprechenden Rendite erreicht wird, kann also folgende Bedingung formuliert werden: Die H6he der Kapitalwerte unterschiedlicher Investitionsobjekte kann nur dann Auswahlkriterium sein, wenn angenommen wird, daB die Differenz-Kapitalbetrage in beliebigem Umfange allein zum gegebenen KalkulationszinsfuB ausgeliehen oder geliehen werden k6nnen.
Die Kapitalwert-Methode als Verfahren zur Auswahl des vorteilhaftesten Investi­ tionsobjektes ist also nur unter den einengenden Bedingungen eines vollkomme­ nen, atomistisch strukturierten Kapitalmarktes anwendbar. Ein Blick auf die 6kono­ mische Wirklichkeit IOBt damit dieses Verfahren fUr die Bedurfnisse der Praxis als v611ig ungeeignet erscheinen.
2. Die Interne-ZinsfuB-Methode
Zu einer interessanten Abweichung gelangt der Investor, wenn er die beiden Inve­ stitionsobjekte B und C nach dem MaBstab ihrer internen ZinsfUBe miteinander vergleicht:
Tabelle 3
Objekt B
21650 OM 35,14 %
1m Gegensatz zu dem Ergebnis, das der Kapitalwert-Vergleich ausweist, zeigt sich nunmehr das Objekt B als das vorteilhaftere. Aber auch hier wirken sich die unterschiedlichen Konditionen der Varianten st6rend aus: Wah rend im Faile B die relativ hohe Verzinsung nur uber 5 Jahre erzielt werden kann, fallt sie beim Objekt C dem Investor fUr 7 Jahre zu. 1st ein anschlieBender werbender Einsatz des Kapi­ tals bei Wahl des Objektes B in den Jahren 6 und 7 nicht m6glich, so k6nnte sich die longer andauernde, allerdings etwas geringere Renditen-Erzielung beim Ob­ jekt C insgesamt gesehen gunstiger erweisen. Nur unter der Bedingung, daB die "Differenzinvestition" X den gleichen internen Zins erbringt wie die Investition B, wird also ein Vergleich der Alternativen auf der Basis ihrer internen ZinsfUBe zur optimalen Investitionsentscheidung fUhren.
18 H.-P. Kahl
Ahnlich wie die Kapitalwert-Methode basiert also auch die Interne-ZinsfuB­ Methode - soli sie zu exakten Ergebnissen fUhren - auf bestimmten Annahmen Ober die Konditionen der Differenz-Investitionen X.
Nimmt man beispielsweise an, daB mehrere Anlagemoglichkeiten mit unterschied­ lichen internen ZinsfOBen zur Auswahl stehen, von denen nach dem zugrunde ge­ legten Entscheidungskriterium naturgemoB diejenigen mit der groBten Effektivver­ zinsung bevorzugt werden, so kann es durchaus moglich sein, daB die Differenz­ investitionen lediglich den internen Zins der ersten nicht mehr realisierten Varianten erbringen; der interne ZinsfuB als Auswahlmethode wOrde in diesem Faile ver­ sagen.
Dieses Ergebnis steht in Gegensatz zu der Feststellung, daB der interne Zins als MaBstab fUr Investitions-Entscheidungen in der Wirtschaftspraxis eine nicht zu unterschotzende Bedeutung gewonnen hat.
HierfOr konnen vor allem f 0 I 9 end e E r k lor u n 9 e n gegeben werden: 1. Es handelt sich in der Investitionspolitik - vornehmlich der Industriebetriebe -
zumeist nicht um die Frage, fUr welche potentiellen Erlostrager ein bestimmter Kap.itGllbetrag angelegt werden soli, sondern vielmehr um die Aufgabe, das­ jenige Be- oder Verarbeitungsverfahren herauszufinden, das fUr die Erstellung einer bereits fixierten marktgerechten leistung mit bestimmten Erloschancen sich als gOnstigstes erweist. Es wird dabei dann - in der Regel stillschweigend - unterstellt, daB nach Ablauf der Nutzungsdauer des alten Aggregates eine neue Anlage gleicher Art installiert wird, wodurch sich die Zahlungsreihe prak­ tisch mit gleichen Werten Ober den Ersatztermin hinaus fortsetzen wOrde.
2. Die Rechentechnik bei Anwendung dieses Verfahrens ist - allerdings unter Vornahme erheblicher Vereinfachungen, die bereits dargestellt wurden - relativ unkompliziert.
Trotz dieser Rechtfertigungen gilt jedoch auch fUr die Interne-ZinsfuB-Methode die Feststellung, daB sie infolge erheblicher, von den Bedingungen der Praxis nicht selten abweichender Annahmen nicht immer zu richtigen Ergebnissen fUhrt.
b) Die Pay-off-Methode als Verfahren der Sicherheits-Maximierung
Die Pay-off-Periode gibt jenen Zeitraum an, innerhalb dessen die Anschaffungs­ ausgaben eines Investitionsobjektes aus seinen eigenen johrlichen Nettoertrogen wiedergewonnen werden konnen.
Der Investor verfolgt mit der Anwendung dieser Methode das Ziel, das Investi­ tionsrisiko zu verringern. Entsprechend mGBte eine Verfahrensauswahl nach dem Kriterium der kGrzesten Pay-off-Periode dem SicherheitsbedGrfnis des Unterneh­ mers optimal Rechnung tragen; denn das Risiko, Fehlentscheidungen zu treffen, wird allgemein um so groBer sein, je longer die Berechnungsperiode bemessen ist.
Mathematisch gesehen stellt sich die Pay-off-Periode durch folgenden Ansatz dar:
(11) t=E d
(12) a geschrieben werden.
Die Wahl zwischen mehreren vorteilhaften Investitionen 19
Wird nun im Rahmen eines Vergleichs von Investitionsobjekten t minimiert, so wird d d
zugleich der Ausdruck - maximiert. Der Wert - ist zwar ein MaB fUr die Renta- a a
bilitat; da aber in ihm der Kapitaldienst noch nicht erfaBt ist, zeigt er nicht die Netto-Rentabilitat, die "echte" Rentabilitat, an.
1m folgenden sei die Wirkung der Pay-off-Methode an den Beispielen A, B, C und D dargestellt:
Tabelle 4:
Objekt A Objekt B Objekt C Objekt D
Anschaffungsausgaben a 20000 OM 20000 OM 20000 OM 20000 OM Nettoertrag d / Jahr 12 000 OM 10 000 OM 8000 OM 6000 OM lebensdauer n 3 Jahre 5 Jahre 7 Jahre 9 Jahre
Kapitalwert Kt 10924 OM 19927 OM 21650 OM 17482 OM Interner Zins r 36,31 % 41,04 % 35,14 % 26,34 % Pay-off-Periode t 1,7 Jahre 2,0 Jahre 2,5 Jahre 3,3 Jahre
Der Vergleich laBt klar erkennen, daB die Entscheidung fUr das Verfahren mit der kurzesten Pay-off-Periode nicht zugleich die Rentabilitat optimiert: Die erhohte Sicherheit wird durch verminderte Gewinnchancen erkauft.
c) Optimierung von Rentabilitats- und Sicherheits-Gesichtspunkten
Es stehen sich also in der Investitionsrechnung z wei d i arne t r a leE n t - s c h e i dun 9 s - K r i t e r i e n gegenuber: Die Rentabilitats- und die Sicher­ heits-Maxime. Beschranken wir uns bei der Wurdigung des Rentabilitas-Gesichts­ punktes auf das Kapitalwert-Verfahren, so ergabe sich aus der Tabelle 4 das Ob­ jekt C als das gunstigste. Dominiert dagegen das Risiko-BewuBtsein des Investors, so erweist sich das Objekt A als die geeignetste Variante. Es ist jedoch aus der Tabelle 4 deutlich zu erkennen, daB der Investor mit dem Objekt B durch Ober­ nahme eines relativ geringen zusatzlichen Risikos (L,t = 0,3 Jahre) seine Gewinn-
Darstellung 1
OM K
20 H.-P. Kahl
chancen betrochtlich verbessern kannte (DKt = 9003 DM). Der Sprung auf das Objekt C dagegen wurde eine nur geringe weitere Steigerung der Gewinnchancen bei einem relativ starken Risikozuwachs bedeuten. Es liegt also nahe, daf3 die Kombination von t und K im Faile des Objektes B in den Augen des Investors einen graf3eren Nutzen spendet als bei Wahl der Varianten A, Coder D. Man kann diese Situation a sehr leicht graphisch veranschaulichen (Darstellung 1); dabei mage die Kombination a dem Investor den Nutzen N = 1 stiften. Die Situation f3 (Objekt C) wird dem Unternehmer weniger effizient erscheinen; sie mage - an­ genom men - im Vergleich zu a nur einen Nutzen N = 0,5 stiften. Der Investor wird sich die Frage vorlegen, wie hoch der potentielle Kapitalwert beim Objekt C sein muf3te, damit die Kombination tK den gleichen Nutzen (N = 1) erbrochte wie die Situation a. Diese Frage 10f3t sich mit wirtschaftlichen Mitteln nicht durchdringen; sie ist ein metaakonomisches Problem, das allein der einzelne Unternehmer sub­ jektiv lasen kann. Nehmen wir einmal an, diese Kombination muf3te nach Meinung des Investors den Standort y haben, dann logen a und y als Punkte gleicher Nutzenstiftung - zusammen mit anderen Alternativen - auf einer gemeinsamen Kurve; der graphische Ausdruck dieser Verbindung wird in der Wirtschaftstheorie auch "Indifferenzkurve" genannt.
Eine zweite Indifferenzkurve, auf der Punkte geringeren - in sich jedoch wiederum ubereinstimmenden - Nutzen liegen, stellt die Kurve N = 0,5 dar. Die Kurve N = 1,5 schlieBlich verbindet die Punkte gleichen Nutzens auf einem insgesamt h6heren Niveau. Zeichnet man schlief3lich noch (Darstellung 2) die tK-Kombinationen der Objekte in das Diagramm ein, so erholt man die Kurve abed, die im Punkte b die
Darstellung 2
OM K
o~-----.,....------.------.....,.--+ t ll .. ~~.) 1 1 ~
Indifferenzkurve N = 1,0 tangiert. Diese Kombination reprosentiert unter den zugrunde gelegten Daten das Entscheidungs-Optimum7). Jede andere Entschei­ dung stiftet dem Investor einen geringeren Nutzen; so werden beispielsweise die den Objekten A und C entsprechenden Kombinationen a und c nur mit dem Nutzenindex N = 0,7 bewertet und scheiden damit aus. Auf diese Weise ist also ein Entscheidungs-Maf3stab gewonnen worden, der - bewuf3t oder unbewuf3t - an jede Investitionsuberlegung gelegt wird; denn vor allem in der Praxis entspringt die Mehrzahl der Entscheidungen dem Zwang, Kompromisse zu schlief3en.
') Vgl. hierzu: Albach, Horst: 'Rentabilitiit und Sicherheit als Kriterien betrieblicher Investitionsentscheidungen, in: Zeitschrift fUr Betriebswirtschaft, 30. Jg. (1960), S. 599.
Das Ersatzproblem in der Investitionsrechnung 21
IV. Das Ersatzproblem in der Investitionsrechnung
a) Zur Fragestellung
Bei der "Wahl zwischen mehreren vorteilhaften Investitionen" sieht sich der In­ vestor vor das Problem gestellt, welches der in den Vergleich einbezogenen Ver­ fahren fOr die OurchfOhrung einer neuen Produktionsaufgabe das gOnstigste ist; keines der miteinander verglichenen Aggregate war bisher im Betrieb installiert ("Reiner Rentabilitotsvergleich"). Nicht selten ist jedoch im Rahmen der Investi­ tionsrechnung die prinzipiell anders formulierte Frage zu beantworten, ob und gegebenenfalls wann ein bereits vorhandenes, technisch noch einsatzfohiges Ver­ fahren durch eine inzwischen auf dem Markt angebotene funktionsgleiche, jedoch kostengOnstigere Anlage ersetzt werden soli ("Ersatzvergleich").
Es sei einmal angenommen, es werde neben dem im Beispiel 1 gekennzeichneten Verfahren Cl zur gleichen Zeit ein funktionsgleiches Aggregat C2 auf dem InvestitionsgOtermarkt angeboten, das sich von Cl lediglich durch ein anderes technologisches Bearbeitungsprinzip unterscheidet, auf Grund dessen die johr­ lichen Betriebskosten (Auszahlungen) nicht 7000 OM (wie bei Cl), sondern nur 2500 OM betragen. Wie die Tabelle 5 erkennen loBt, erweist sich die Alternative C2 - gleichgOltig, welche Methode der Investitionsrechnung angewandt wird - als gOnstigste:
Tabelle 5:
Objekt Cl Objekt C2
Anschaffungsausgaben a 20000 OM 20000 OM Nettoertrag d/Jahr 8000 OM 12500 OM lebensdauer n 7 Jahre 7 Jahre
Kapitalwert Kt 21650 OM 45081 OM Erfolgs-Annuitat 4159 OM 8659 OM Interner Zins r 35,14 % 60,19 % Pay-off-Periode t 2,5 Jahre 1,6 Jahre
Eine vollig andere Situation ergibt sich dagegen, wenn - im Ersatzvergleich davon ausgegangen werden muB, daB die technisch fortschriUliche Alternative C2 erst auf dem Markt angeboten wird, nachdem das Aggregat Cl - beispielsweise - bereits fOnf Jahre im Betrieb arbeitet. Dieser Fall sei anschlieBend analysiert.
b) Methoden der Ersatzvergleichs-Rechnung
1. Allgemeine Ausgangsiiberlegung
Soli eine bereits im Betrieb vorhandene Anlage durch eine andere, funktionsgleiche aber kostengOnstigere abgelost werden (Anlage Cl durch Variante C2), so er­ gibt sich als besondere Schwierigkeit, daB in dem zu ersetzenden Aggregat in der Regel noch ein Leistungspotential enthalten ist, auf dessen Ausbeutung im Faile eines vorzeitigen Ausscheidens dieser Anlage verzichtet werden muB. Wird die
22 H.-P. KahL
betreffende Anlage nun aus dem Maschinenpark ausgesondert, so werden ledig­ lich die Betriebsausgaben c eingespart, die Anschaffungsausgaben a sind dagegen als historische GroBe nicht mehr beeinflu13bar. Es wird sich fUr den Unternehmer also nur dann lohnen, das alte Verfahren durch ein technisch fortschrittlicheres zu ersetzen, wenn die Betriebskosten-Vorteile, die das neue Verfahren bietet, so gro13 sind, daB die noch nicht uber den Fertigerzeugnis-Preis wiedergewonnenen Kapi­ taldienst-Anteile der alten Maschine (sie seien vereinfachend hier zunachst durch konstante Jahresbetrage dargestellt) als Kosten des neuen Aggregates zusatzlich ubernommen werden konnen:
(13) 0, + C1 :2:: ~ + C2 + 0, n n n
Dieser Ansatz la13t sich wie folgt umformulieren:
(14) 02
C1 :2:: -n- + C2
Aus diesem Ausdruck kann geschlossen werden, daB bei einer Fortbeschaftigung der alten Anlage fUr dieses Aggregat nur die laufenden Betriebsausgaben c in die Rechnung einzubeziehen waren, die Anschaffungsausgaben a dagegen au13er Ansatz bleiben konnten.
Wird die Ungleichung (14) noch einmal umgeformt zum Ansatz (15), so zeigt sich besonders deutlich die Bedingung, unter der allein sich ein Anlagenersatz wirt­ schaftlich rechtfertigt: Der Vorteil der Betriebskostenersparnis C1-C2 mu13 minde-
stens so gro13 sein wie der zusatzliche Kapitaldienst ~ :
(15)
n
Nach der Internen-Zinsfu13-Methode ware der kritische Wert - also jener interne Zins, bei dem sich ein Ersatz der alten Anlage empfehlen wurde - durch folgenden Ansatz bestimmt:
(16) -EL. (1 + r)n - 1 < J?L. (1 + r)n - 1 01 r (1 + r)n - 02 r (1 + r)n
Do der Wert fUr 01 jedoch gema13 den im vorstehenden Abschnitt dargelegten Grunden mit Null angesetzt werden mu13, wurde sich fUr die Anlage C1 ein unend­ lich groBer, fUr die Anlage C2 jedoch ein endlich gro13er interner Zins errechnen, so daB es niemals - auch unter ganz extremen Bedingungen nicht - zu einer Er­ setzung der alten Anlage kame. Zur Losung des Ersatzproblems ist diese Methode also nicht geeignet.
Das Ersatzproblem in der Investitionsrechnung 23
Be der Anwendung der Kapitalwert-Methode m013te von folgendem Ansatz aus­ gegangen werden:
(q (b1 - c) (1 + i)n - 1 < (b _ C2) (1 + i)n - 1 1 i (1 + i)n - 2 i (1 + i)n
SEtzt man fUr den gekennzeichneten Fall die Werte in die Gleichung (17) ein, so egibt sich folgender Ausdruck:
(10) 8000 . 1,78326 < 12500 . 5,20637 - 20000
Das Ergebnis dieser Rechnung zeigt zunachst eindeutig, da13 ein Ersatz der Anlage (1 durch C2 zu empfehlen ist. Erst eine nochmalige OberprOfung der Annahmen,
ein in der Kapitalwert-Methode enthalten sind (Verzinsung der Differenzinvestition zum Kalkulationszinsfu13), la13t diesen Schlu13 dubios erscheinen; denn wahrend fUr las Aggregat C2 noch die volle Lebensdauer (n = 7) angesetzt werden kann, )Ieibt fUr die Anlage C1 nur noch eine Restnutzungsdauer von n = 2. Da nun lber die Reinvestition des bei der Anlage C1 nach Ablauf weiterer zwei Jahre :reigesetzten Kapitals annahmegema13 nur zum Kalkulationszinsfu13 erfolgen kann, so da13 die NeUoertrage dieser Differenzinvestition einen Kapitalwert Kt = 0 haben, fUhrt die Kapitalwert-Methode infolge der ihr inharenten wirklichkeitsfrem­ den Annahmen zu falschen Ergebnissen.
Weder das Verfahren des internen Zinsfu13es noch die Kapitalwertmethode erschei­ nen also geeignet, das Ersatzkriterium zu bestimmen. Beide Methoden scheitern an dem Problem der Restnutzungsdauer. Allein ein Verfahren, das die Anschaffungs­ ausgaben auf die Lebensdauer der Aggregate verteilt, ist in der Lage, ein exaktes Ergebnis zu Iiefern; dieses Verfahren ist jedoch mit der Annuitatsmethode gegeben.
Das Ersatzproblem, mit dem Instrument der Annuitatsrechnung gel6st, zeigt folgen­ den Ansatz:
(18) i (1 + i)n
C1 ~ 02 + C2 (1 + i)n - 1
Setzt man die Daten der Vergleichsobjekte ein, so zeigt sich folgende Relation:
(180) 7000 > 20000 . 0,19207 + 2500
Die Annuitatsrechnung fUhrt hier zu dem Ergebnis, da13 es rentabilitatsmaf3ig empfehlenswert ist, das Verfahren C1 durch ein Aggregat C2 zu ersetzen.
Diese Rechnung kann sich auf einen Vergleich der Ausgaben-Annuitaten beschran­ ken, da fUr beide Verfahren gleiche Kapazitaten und gleiche Absatzverhaltnisse (Vollbeschaftigung) angenommen wurden. Die Annuitatsmethode vermag darOber hinaus auch die Frage zu beantworten, bei welcher Produktionsmenge im Faile wechselnder Beschaftigung der kritische Wert gegeben ist. Angenommen, die der
24 H.-P. Rahl
Rechnung zugrunde gelegten jahrlichen Auszahlungen c entsprachen fUr beide Ve­ fahren einer an der Kapazitatsgrenze liegenden jahrlichen Gesamtfertigung~
menge von 1000 Mengeneinheiten x. Wird weiterhin unterstellt, daB der Wert e
mengenproportionalen Charakter tragt (e' = -), so ergeben sich die in der Dar x
stellung 3 gezeigten Kostenverlaufe, wobei die Mengeneinheiten als Varia~le de! Problems aufgefaBt werden.
Nur wenn die jahrliche Produktions- und Absatzmenge den kritischen Wert Xk uber­ schreitet, erweist sich der Ersatz des Verfahrens C1 durch ein Aggrgat C2 als
i(1 + i)n a2 ~--:-----:-
sinnvoll. Errechnen laBt sich Xk aus folgendem Ansatz: Xk = (1 + i)n -1
3. Der Ersatzvergleich in der Pay-off-Rechnung
Voraussetzung fUr die Richtigkeit der uber die AnnuitCiten-Methode getroffenen Ent­ scheidung im Ersatzvergleich ist die GewiBheit, daB die Absatzmoglichkeiten und die Lebensdauer des Aggregates C2 mit hinreichender Sicherheit geschatzt zu werden vermogen. 1st diese Bedingung nicht erfullt und wird das Sicherheitsmoment durch den Investor hoch bewertet, so mundet das Problem wiederum ein in die typische Fragestellung der Pay-off-Methode: In wieviel Jahren sind die erforder­ lichen Ausgaben fUr die Beschaffung der Anlage C2 durch die Einsparung an )ahrlichen Betriebsausgaben verdient?
(19) t = ct - ell
(19a) t = 20000 = 3,6 Jahre 8000 - 2500
Der Investor muB jetzt entscheiden, ob er die der Rechnung zugrunde gelegten Daten als fUr die nachsten 3,6 Jahre mit ausreichender Wahrscheinlichkeit realisier­ bar erachtet. Nur in diesem Faile wird er den Ersatz des Aggregates Cl vorneh­ men. Diese Variante der Investitionsrechnung findet sich in der Praxis weit ver­ breitet.
Das Ersatzproblem in der Investitionsrechnung 25
c) Technischer Fortschritt und Ersatzvergleich
Der Ausdruck (14) zeigt deutlich, daB die noch nicht wiedergewonnenen Beschaf­ fungskosten-Anteile der alten Maschine eine Bremse bedeuten fOr den Ersatz dieses Aggregates durch eine technisch fortschrittliche Alternative. Allein dann, wenn der technische Fortschritt fOr seine Realisierung im InvestitionsgGter-Angebot relativ langer ZeitrCiume bedarf, bleibt diese bremsende Wirkung der Restwerte aus. Kann beispielsweise (Darstellung 4) eine im Zeitpunkt to gekaufte Anlage bis t7 technisch genutzt werden, und taucht erst zu diesem Termin eine fortschrittlichere Variante C2 auf, so ist streng genommen das Ersatzproblem nicht gegeben; Gber die weitere technische Ausstattung wird die "reine RentabilitCitsrechnung" ent­ scheiden. Taucht dagegen die vollkommenere Alternative beispielsweise bereits im Zeitpunkt t5 auf, so ist die Ersatzrechnung aufzumachen, in deren Rahmen den Restwerten der alten Anlage - wie dargestellt - eine erhebliche Bedeutung zukom-
Darstellung 4
men kann. 1st die technische Entwicklung der betreffenden Branche erfahrungs­ gemCiB derart dynamisch, so wird der Unternehmer bemGht sein, dieser Tendenz bereits dadurch Rechnung zu tragen, daB er die Lebensdauer der alten Anlage in der Investitionsrechnung von vornherein kGrzer bemiBl. Diesen Bestrebungen ste­ hen jedoch vor allem steuerliche Vorschriften entgegen. Es ist daher interessant, die Empfehlungen der sogenannten "Pressekommission" (Kommission zur Untersuchung der GefCihrdung der wirtschaftlichen Existenz von Presseunternehmen und der Fol­ gen der Konzentration fOr die Meinungsfreiheit in der Bundesrepublik an die Bundesregierung) zu studieren, die fOr einen Wirtschaftszweig erarbeitet wurden, der gegenwCirtig durch eine auBerordentlich starke technische Entwicklung gekenn­ zeichnet wird:
"Die Kommission schlagt der Bundesregierung vor, erhohte Sonderabschreibungen fOr Druckereien der Tageszeitungen und Zeitschriften, die vorwiegend der politi­ schen Bildung und Unterrichtung dienen, durch Anderung des § 51 Abs. 1, Ziff. 2 EStG zuzulassen. Die technischen Personal- und Produktionskosten usw. machen es erforderlich, daS Maschinen und sonstige Einrichtungen, auch wenn sie noch ge­ brauchsfahig waren, zwecks groSerer Wirtschaftlichkeit und Verbesserung der Qualitat des Drucks vorzeitig durch Neuanschaffung ersetzt werden miissenB)."
.) Quelle: ZV + ZV, Jg. 64, H. 40,5. Oktober 1967, s. 1646
26 H.-P. Kahl
Eine weitere Voraussetzung fUr die vorzeitige Ersetzung technisch uberholter Anla­ gen ist die Fahigkeit der Unternehmung, diese Ersatzinvestitionen zu finanzieren. 1st die Liquiditatssituation demgegenuber derart angespannt, daB solche Aus­ gaben ohne eine GefCihrdung des finanzwirtschaftlichen Gleichgewichts nicht ge­ tatigt werden k6nnen, k6nnte das Unternehmen gezwungen sein, die rentabilitats­ maf3ig gerechtfertigte Ersatzinvestition aus LiquiditCitsgrunden zu unterlassen.
Auch auf dieses Problem ist die "Pressekommission" in ihrem Bericht an die Bundes­ regierung eingegangen; sie unterbreitet folgenden G e set z e s v 0 r s chi a 9 :
"Steuerpflichtige, die den Gewinn nach § 5 des Einkommensteuergesetzes er­ mitteln und in ihrem Gewerbebetrieb Tageszeitungen oder Zeitschriften, die der politischen Bildung und Unterrichtung dienen, verlegen, konnen den steuerlichen Gewinn mindernde ROcklagen ... bilden (InvestitionsrOcklagen)."9)
"Eine InvestitionsrOcklage ist soweit gewinnerhohend aufzulosen, als nicht spate­ stens am Ende des 5. auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahres Gegenstande des Anlagevermogens angeschafft oder hergestellt worden sind, die der Her­ stellung oder dem Vertrieb der bezeichneten Publikationen ... ganz oder uber­ wiegend dienen (begunstigte Nutzung) ... " 9)
Von ahnlicher Bedeutung fUr den Ersatzvergleich sind auch die sogenannten "Ver­ schrottungspramien", die beispielsweise im graphischen Gewerbe lange Zeit hin­ durch von der Maschinenbauindustrie gezahlt wurden, wenn Anlagen alterer Jahr­ gange ersetzt wurden durch technisch fortschrittliche Aggregate. Infolge der Ge-
wahrung derartiger Beihilfen nimmt im Ausdruck (14) der Betrag ~ einen ge- n
ringeren Wert an, so daB das Ersatzkriterium erheblich beeinfluBt wird.
Dem technischen Fortschritt kann jedoch auch dann im Rahmen des Ersatzver­ gleiches eine groBe Bedeutung zukommen, wenn er sich noch gar nicht in konkreten Verbesserungen niedergeschlagen hat, sondern lediglich latent wirksam ist. Auch hierfUr gibt es auf dem Verlagssektor ein aktuelles Demonstrationsobjekt:
Beispiel 4:
Nachdem jahrzehntelang der Rotations-Buchdruck als die fOr die Herstellung von Tageszeitungen allein anwendbare Methode galt, ist in den letzten Jahren mit dem Rotations-Offsetdruck ein Konkurrenzverfahren entwickelt worden, dos infolge sei­ ner Moglichkeiten eines qualitativ hoherwertigen Mehrfarbendrucks aile Aussicht hat, den Buchdruck zu verdrangen, sofern noch einige weitere technische Vorous­ setzungen hierfOr (ROstzeit- und ROstkosten-Probleme) geschaffen werden konnen. Seit wenigen Jahren wird jedoch in den Laboratorien der Chemischen Industrie an einem unter der Bezeichnung "Nyloprint" bereits bekonntgewordenen verbesserten Buchdruck-Drucktrager gearbeitet, der - nach Meinung der beteiligten Fochleute - bereits in wenigen Jahren auf Buchdruck-Rotationsmaschinen Offset-Druckqualitat ermoglichen soli. Es gibt nicht wenige renommierte Druckhauser, in denen an sich
') Quelle: ZV + ZV, S. 1646
Das Problem der Ertragszurechnung in der Investitionsrechnung 27
fCillige Ersatzinvestitionen zunCichst solange zuruckgestellt worden sind, bis ein­ deutig geklCirt ist, in welche Richtung die technische Entwicklung auf dem Sektor des Zeitungsdrucks gehen wird.
In der Darstellung 4 wird das Problem einer zeitlichen Verschiebung der Ersatz­ investition deutlich erkennbar10): Angenommen, die Ersetzung des uberholten Aggregates durch ein zwar verbessertes, jedoch nach gleichen technologischen Prinzipien arbeitendes sei zum Zeitpunkt t5 rentabilitatsmaBig empfehlenswert. Nimmt der Unternehmer zu diesem Termin die Ersatzinvestition vor, obwohl er das Angebot eines technisch revolutionaren Verfahrens fUr die nachsten Jahre erwartet, so ist er an diese Entscheidung mit der Konsequenz gebunden, daB der spatere Austausch des ersatzbeschafften Aggregates nur mit groBeren wirtschaftlichen Opfern moglich sein wird, sofern das technisch revolutionare Verfahren auftaucht, bevor das Ersatzaggregat das Ende seiner technischen bzw. wirtschaftlichen Lebensdauer erreicht hat. Zur Vermeidung derartiger Nachteile wird sich der In­ vestor uberlegen, ob es fUr ihn nicht gunstiger ist, die Ersatzinvestition zum Zeit­ punkt t5 zu unterlassen und die alte Anlage zunachst weiterhin einzusetzen. Die Verschiebung des A n I age n a u s tau s c h e s wird jedoch auch einen wirt­ schaftlichen Preis fordern:
1. In den dem Zeitpunkt ts folgenden Jahren wird ein Verfahren eingesetzt, das - im Vergleich mit bereits auf dem Markt angebotenen Alternativen - durch relativ hohe Fertigungskosten gekennzeichnet ist.
2. WCihrend des gleichen Zeitraumes besteht - neben dem bereits verrech­ neten Kosteneinfluf3 - ein erhohtes Produktionsausfall-Risiko, da die technisch weitgehend verschlissenen Anlagen in der Regel weitaus storanfCilliger sind.
Diese AusfUhrungen mogen genugen um kenntlich zu machen, daB Investitions­ entscheidungen nicht immer nur das Ergebnis von Rechenoperationen darstellen, wie die Begrunder der als "scientific management" bekannt gewordenen Betriebs­ fUhrungs-Methoden noch glaubten, sondern daB es fUr einen 6konomisch richtigen Wahlakt stets auch der Erfahrung und des Weitblicks des Investors bedarf.
V. Das Problem der Ertragszurechnung in der Investitionsrechnung
a) Die Problemstellung
Investitionen in dem bisher dargestellten Sinne sind Prozesse, die sich durch Strome von Aus- und Einzahlungen darstellen lassen. Samtliche der hier beschriebenen Rechenverfahren sind bei aller Unterschiedlichkeit ihrer Methoden auf die gleiche elementare Fragestellung ruckfUhrbar: In welchem Verhaltnis steht die mit der Be­ schaffung des Objektes Z verbundene Auszahlungsreihe zu der sie kennzeichnen-
10) Vgl. hierzu: Jacob, Herbert: Dos Ersatzproblem in der Investitionsrechnung und der Einflufl der Rest­ nutzungsdauer alter Anlagen auf die Investitionsentscheidung, Zeitschrift fUr handelswissenschaftliche Forschung, N. F., 1957, S. 132 If.
28 H.-P. Kahl
den Einzahlungsreihe? Damit wird deutlich, daB die Moglichkeit, jedem Investi­ tionsobjekt seine eigenen Aus- und Einzahlungsreihen zuzuordnen, eine unabding­ bare Voraussetzung fOr die Anwendung dieser klassischen Methoden der Investi­ tionsrechnung ist. Wahrend die eindeutige Zuordnung der mit der Beschaffung und dem Einsatz eines neuen Aggregates verbundenen Ausgaben in der Regel keiner­ lei Schwierigkeiten bereitet, stellt die Zurechnung eigener Ertragsanteile - wie noch darzustellen sein wird - eine kaum zu losende Aufgabe dar.
Dieses kurz angedeutete Problem vereinfacht sich naturgemaB dann, wenn es bei der Investitionsentscheidung lediglich um die Frage geht, welchem von mehreren zur Auswahl stehenden Verfahren der Vorrang gegeben werden soil fOr die Ober­ nahme einer bestimmten Teil-Produktionsaufgabe, die auf die Hohe der Erlose fOr das Fertigprodukt keinen EinfluB hat. In diesem Fall reduziert sich die Investitions­ rechnung auf einen K 0 s ten v erg lei c h funktionsgleicher Anlagen. Allerdings muB als Voraussetzung fOr eine solche Vereinfachung die qualitative Leistungs­ gleichheit aller in den Vergleich einbezogenen Verfahren gewahrleistet sein. Hier stellt sich jedoch das schwerwiegende Problem, wann im einzelnen die Forderung nach HomogenitOt der Leistungen erfUlit ist und wie die Nichteinhaltung dieser Be­ dingung okonomisch zu bewerten ist.
Beispiel 5:
Viele graphische Betriebe bedienen sich fOr die Anfertigung von Klischees sowohl manueller Atzverfahren als auch elektronischer Herstellungsmethoden (z. B. Vario­ Klischograph). Die automatische Anfertigung von Farbsatzen erfordert einen geringe­ ren Zeitaufwand, der jedoch bei einem langfristig begrenzten Auftragsbestand kapazitatsmaBig uninteressant ist. In diesem Faile konnte sich also der Verfahrens­ vergleich normalerweise auf den Kostenvergleich beschranken. Geht es dagegen jedoch um die Herstellung von Zeitungs-Farbsatzen, fOr die aus Aktualitatsgrunden kurzeste Bearbeitungszeiten gefordert werden mussen, ist eine solche Verein­ fachung der Rechnung nicht moglich, da sich in diesem Spezialfall plotzlich aus einer eigentlich technisch homogenen Leistung qualitative Unterschiedlichkeiten ableiten lassen. Der Zeitersparnis-Vorteil muBte in diesem Faile also quantifiziert und - so gut es eben geht - als fiktiver Erlos in die Rechnung eingezogen werden.
Beispiel 6:
Beim Zeitungsdruck unterliegen die verwendeten Bleiplatten einem kontinuierlichen VerschleiB. Es gibt nun zwei Moglichkeiten, die Druckqualitat zu sichern: Entweder die Druckplatten werden mehrfach erneuert oder aber durch ein besonderes chemi­ sches Bad gehartet. Der Zeitaufwand durfte fOr beide Faile gleich sein; bei Installation einer Plattenhartungsanlage ist die qualitative Kontinuitat des Druck­ ergebnisses jedoch groBer. Es ware also die Aufgabe des Investors, diesen quali­ tativen Vorteil zu quantifizieren (konkrete Frage: Wieviele Abonnenten oder Inserenten werden dadurch zusatzlich gewonnen?), um festzustellen, ob und wie­ weit dieser technische Faktor auch okonomisch relevant ist - ein Unterfangen, bei dem er auf mehr oder weniger vage Schatzungen angewiesen ist.
Es sind aber nicht nur diese Grenzfalle, in den en eine Ermittlung objektbezogener Ertrage oder ertragsgleicher Vorteile fUr den Praktiker so schwierig wird; ungleich
Das Problem der Ertragszurechnung in der Investitionsrechnung 29
gewichtiger ist das der Theorie und der Praxis gleichermaBen gestellte allgemeine Repartitionsproblem, das Gegenstand der folgenden Betrachtungen sein soli.
b) Ertragszurechnung bei Erweiterungsinvestitionen
1. Erweiterungsinvestitionen bei einstufiger Fertigung
Der Darstellung 3 lag folgende Situation zugrunde: Ein bestimmtes Erzeugnis wird mit exakt definierten Eigenschaften bisher auf einem Aggregat des Typs C1 her­ gestellt, dessen Kapazitat mit 1000 Mengeneinheiten x begrenzt ist. Es war nun die Frage zu beantworten, ob die Anlage C1 durch eine kapazitCits- und funktions­ gleiche, aber kostengOnstigere Variante C2 ersetzt werden soil.
FOr die weiteren Betrachtungen mage die Fragestellung nun insofern verandert wer­ den, als daB zu analysieren sei, welche akonomische Wirkung die zusatzliche - nicht die ersatzweise - Installation des Aggregates C2 hatte. Erganzend zu den bekannten Daten wird lediglich eine Absatzgrenze von 1600 Mengeneinheiten x je Periode hinzugefOgt. Es ergabe sich auf den ersten Blick folgende Rechnung:
Beispiel7a:
Anlage C1:
Kapitaldienst-Annuitat Variable Kosten: 1000 ME je 7 OM Gesamtkosten der Anlage Erl6santeil: 1 000 ME je 15 OM Gewinnanteil
Anlage C2:
Kapitaldienst-Annuitat Variable Kosten: 600 ME je 2,50 OM Gesamtkosten der Anlage Erl6santeil: 600 ME je 15 OM Gewinnanteil
Gesamt-Periodengewinn der Unternehmung
4159 OM
3659 OM 7818 OM
Oieser Rechnung liegt die Disposition der Betriebsleitung zugrunde, das bereits -vorhandene Aggregat C1 im bisherigen Umfange (1000 ME/Periode) einzusetzen, und die Restmenge (600 ME/Periode) durch die zusatzlich beschaffte Anlage C2 her­ stell en zu lassen. Wie die nachfolgende Alternativrechnung zeigt, lieBe sich jedoch durch eine Umverteilung der Produktion ein haherer Gesamt-Periodengewinn er­ zielenl1):
.") Siehe hierzu die Analyse des Problems der Produktionsaufteilung bei Jacob, Herbert: Produktionsplanung ,und Kostentheorie in: Zur Theorie der Unternehmung, Hrsg. Helmut Koch, Wiesbaden 1962, S. 236 fl.
30
Beispiel 7b:
Anlage (1:
Kapitaldienst-Annuiti:it Variable Kosten: 600 ME je 7 OM Gesamtkosten der Anlage Erlosanteil: 600 ME je 15 OM Gewinnanteil
Kapitaldienst-AnnuitcH Variable Kosten: 1000 ME je 2,50 OM Gesamtkosten der Anlage Erlosanteil: 1000 ME je 15 OM Gewinnanteil
Gesamt-Periodengewinn der Unternehmung
3841 OM 2500 OM 6341 OM
15000 OM
H.-P. KahL
959 OM
8659 OM 9618 OM
Je nach der spezifischen Art der Produktionsverteilung lassen sich also dem zu­ satzlich beschafften Aggregat C2 unterschiedliche Erl6santeile zuordnen. Eine exakte Ertragszurechnung stellt dieser Erl6sausweis jedoch nicht dar; lediglich eine Foigerung ist sinnvoll und richtig: Durch die zusatzliche Beschaffung der Anlage C2 hat sich der G e sam t 9 e win n d e r pro d u k t i v e n K 0 m bin a t ion um 5459 DM erh6ht. Jeder Versuch einer Zuordnung dieses Differenzbetrages auf einen einzelnen Faktor der Kombination ware willkurlich. Damit ergibt sich aber zugleich, daB nicht das Objekt C2 Gegenstand der Investitionsrechnung sein kann, sondern nur die Einheit C1 C2 insgesamt; fUr C2 ist damit kein eigener Kapital­ wert ermittelbar.
2. Erweiterungsinvestitionen bei mehrstufiger Fertigung
Ungleich komplexer wird jedoch das Problem der Ertragszurechnung, wenn der - fUr die Praxis vorherrschende - Fall einer mehrstufigen Fertigung gegeben ist. An­ genom men, ein Einproduktbetrieb bestehe aus drei Abteilungen, die von allen Fertigungseinheiten nacheinander zu durchlaufen sind. Foigende Aggregate seien installiert: A1, B1, B2, C1 und C2 (Darstellung 5).
Darstellung 5
A8TEILUN" A
A8UILUMCo B
Das Problem der Ertragszurechnung in der Investitionsrechnung 31
Nehmen wir an, die Absatzgrenze lage bei X5, so konnte der Betrieb die Menge Xl
herstellen und absetzen; EngpaBsektor ware die Abteilung A. 1m Faile einer Erweiterung der Abteilung A um das Aggregat A2 ware die Produktion auf die durch den neuen EngpaBsektor C vorgegebene Menge X2 beschrankt. Entschlosse sich der Unternehmer, nunmehr auch die Abteilung C um ein zusatzliches Aggregat zu erweitern, so wurde die Gesamt-Absatzmenge (und entsprechend auch der Er­ los) um den Betrag X2X3 ansteigen. Da aber die Erlosmehrung nicht allein durch das Zusatzaggregat C3, sondern ebenso durch die Aktivierung der Kapazitats­ anteile X2X3 in den Aggregaten A2 und B2 herbeigefUhrt wird, darf sie nicht allein der Erweiterungsinvestition C3 zugerechnet werden. Der Nutzen, den das Aggregat C3 erbringt, wird also bestimmt durch die Kombination, in die es ein­ geordnet wird; folglich kann dieser zusatzliche Nutzen auch nur der gesamten Kombination und nicht einzelnen ihrer Glieder zugerechnet werden. Da aber letztlich dieser zusatzliche Nutzen erst durch das neue Aggregat aktiviert wird, muB die wirtschaftliche Bedeutung dieser Erganzungsinvestition im Rahmen der gesamten produktiven Kombination auch an der durch sie bewirkten Gewinnmehrung gemessen werden. Diese Bewertung des Entscheidungsproblems wird auch aus der okonomisch richtigen Fragestellung des Unternehmers deutlich, ob die mit der Anlagenbeschaffung auftretenden zusatzlichen Kosten durch den Erloszuwachs der Kombination zu rechtfertigen sind. Dieser "Grenzgewinn" bedarf jedoch einer besonderen Bewertung; er darf nicht verstanden werden als eine absolute, ausschlieBlich der Erganzungsinvestition zuzuordnende GroBe, sondern lediglich als ein relativer, im Verhaltnis zur Gesamtkombination zu wurdigender Betrag. Der "relative Kapitalwert" als ein Ausdruck des Mehrnutzens, der durch eine betreffende Investition im Vergleich zum Fortbestehen der alten Situation bewirkt wird, kann also in der praktischen RentabilitCitsrechnung durchaus zu einem Instrument werden, das quantitative Investitionsentscheidungen trotz Un­ losbarkeit des Zurechnungsproblems ermoglicht; der Investor muB sich aber stets des besonderen Charakters dieses als Kombinations-Mehrgewinn definierten "relativen Kapitalwertes" bewuBt sein.
Der Nutzen, den ein einzelnes Investitionsobjekt stiftet, hangt aber nicht nur von den Bedingungen seiner Einordnung in ein bestehendes System produktiver Fak­ toren ab, sondern auch von der Entwicklung, die diese Kombination nehmen wird.
Unter diesem Gesichtspunkt kann also ein einzelnes Investitionsobjekt - isoliert be­ trachtet - einer ebenfalls in die Auswahl einbezogenen Alternative zum Entschei­ dungstermin wirtschaftlich unterlegen sein, nach einigen Jahren jedoch im Rahmen zukunftiger Investitionen seine zunachst gunstiger erscheinenden Varianten uber­ treffen. Es ware also nicht richtig, die Frage der Vorteilhaftigkeit einer solchen In­ vestition allein nach ihrer Eignung zum Kalkulations-Zeit pun k t zu prufen; es muBte wohl vielmehr der Nutzen gewertet werden, den eine sich in ihrer Zusam­ mensetzung laufend verandernde Kombination produktiver Faktoren innerhalb eines bestimmten Zeit r a u me s erbringt. Es gilt also, fUr die Gesamtheit der
32 H.-P. Kahl
Investitionsobjekte ein dynamisches Modell zu entwickeln I2). Diese Konzeption kann jedoch nicht allein investitionspolitische Merkmale tragen, sondern sie muB vielmehr eine allgemeine Optimierungsrechnung sein, die - da sich im Zeitablauf Investitionen, Absatzdaten und Produktionsprogramme laufend gegenseitig stimu­ lieren - sCimtliche Planungsbereiche des Betriebes einbezieht. Allein diese kurze Kennzeichnung des Problems mag genugen, die Schwierigkeiten anzudeuten, die mit einer solchen Planungsaufgabe verbunden sind. Arbeiten zur Entwicklung ge­ eigneter Modelle sind im Gange. Es wird freilich noch mancher Anstrengungen be­ durfen, bis sie so ausgestaltet sind, daB sie in der Praxis Anwendung finden ken­ nen. Dos Cindert aber nichts an der Entwicklungsrichtung, die heute schon deutlich sichtbar ist:
Die Investitionstheorie wendet sich in immer stCirkerem MaBe von der Analyse ein­ zeiner Objekte ab und wid met sich zunehmend dem gesamtunternehmerischen I nvestitionskal ku I.
12) "Wenn eine Anzahl miteinander verbundener Ketlen vorliegt, die sehr unterschiedliches Alter oufweisen, kann man wahrscheinlich nichts Genaueres sagen, als daB der Unternehmer seine Maschinen gemeB der Regel ersetzen so lite, daB der Kapitalwert des Gesamtunternehmens immer ein Maximum sein sollte und daB dies wahl equivalent der Regel ist, den Kapitalwert der Kosten einer bestimmten Leistungserstellung moglichst klein zu machen." (Lutz, F. A. und V.: The Theory of Investment of the Firm, Princeton 1951, S.112).
Der EinfluB der Besteuerung auf die Investitionspolitik der Unternehmungen
Prof. Dr. Dieter Schneider, MUnster (Westf.)
InhaltsUbersicht
B. Die Datenerfassung zur Investitionsentscheidung
I. VolistCindig bewertbare und begrenzt bewertbare Investitionsobjekte
II. Die Prognose kunftiger Steuerzahlungen
III. Das Problem des KalkulationszinsfuBes
C. Der EinfluB der Besteuerung auf die Investitionsrechnung
I. Einzelprobleme der Investitionsrechnung
b) Die Rechnung zur Bestimmung derVorteilhaftigkeit einer Neuinvestition 1. Die einmalige Investition 2. Die wiederholte Investition
c) Das Problem des optimalen Ersatzzeitpunktes
II. Steuerliche Abschreibungsverfahren, Sonderabschreibungen und Investi­
tionspramien in ihrer Wirkung auf die Investitionspolitik
a) Das Ausgangsbeispiel
b) Lineare Abschreibung
c) Degressive Abschreibung
34 D. Schneider
Investitionsentscheidungen legen das Unternehmensgeschehen auf lange Sieht fest. Einer systematischen Investitionsplanung kommt deshalb entscheidende Bedeutung zu. Hier 5011 untersucht werden: Wie nehmen Steuern EinfluB auf die unternehme­ rischen Investitionsentscheidungen? Wie kennen sie in der Investitionsplanung berucksiehtigt werden?
Wegen des langfristigen Charakters der Investitionen sind die praktischen Probleme der Investitionsplanung besonders schwierig. Die Vorteilhaftigkeit einer Investition wird durch ihre Gewinne bestimmt. Die Hehe der Gewinne hangt ab von dem Zeitraum, in dem das Investitionsobjekt genutzt werden kann, von der Beschafti­ gung des Investitionsobjekts, von den Erlesen der Produkte, yom Verlauf der Betriebskosten (Lehne, Werkstoffe, Anlagenunterhaltungsaufwendungen usw.) und der Entwieklung des Restverkaufserleses alter Anlagen. Kurz: Um die Gewinn­ wirkungen einer Investition exakt bestimmen zu kennen, muBte man wissen:
1. Wie verlauft die Entwieklung der Unternehmung in den nachsten zehn, fUnfzehn oder zwanzig Jahren? Und
2. Wie sehen in diesem Zeitraum die einzelnen Detailentscheidungen der Unter­ nehmensfUhrung aus, die Entscheidungen zur Finanz-, Absatz- und Produktions­ politik?
Die erste Frage betrifft die UngewiBheit der kunftigen Entwieklung. Die zweite Frage betrifft die Interdependenz zwischen allen unternehmerischen Entscheidun­ gen. Die Berechnung der Gewinnwirkungen einer Investition erscheint so als kaum lesbares Problem. Indes: Erst wenn die Gewinnwirkungen eines Investitionsvor­ habens bekannt sind, kann der EinfluB der Besteuerung auf die Vorteilhaftigkeit einer Investition vollstandig erfaBt werden. "K 0 5 ten 5 t e u ern" (wie Grund­ steuer, Gewerbekapitalsteuer, Vermegensteuer, Lohnsummensteuer usw.) lassen sieh dabei noch verhaltnismaBig gut als Teile der Betriebskosten ermitteln. Das Problem liegt in der Berucksiehtigung kunftiger "G e win n s t e u e r nil. Deshalb ist es angebracht, zunachst die Frage zu beantworten: 1st es uberhaupt sinnvoll, den EinfluB der Besteuerung (insbesondere der Gewinnbesteuerung) auf die Investitionsentscheidung zu berucksiehtigen?
Diese Frage fUhrt auf das Problem, welches Ziel der Unternehmer mit der Unter­ nehmung verfolgt. Das Problem unternehmerischer Zielsetzungen ist derzeit ein Modeproblem in der wirtschaftswissenschaftlichen Diskussion. Ich will es kurz machen: Interessiert sieh der Unternehmer uberhaupt nieht fUr den Gewinn, dann kann auch die Gewinnbesteuerung auf seine Entscheidung keinen EinfluB ausuben. Aber es ist unwahrscheinlieh, daB sieh der Unternehmer nieht fUr den Gewinn interessiert, und es ware volkswirtschaftlieh sehr bedenklich, wenn die Investitions­ entscheidungen ohne Rucksieht auf die Rentabilitat erfolgten. Sobald sieh der Unter­ nehmer aber fUr den Gewinn persenlieh interessiert, muB er berucksiehtigen, daB durch die Steuerbelastung ein erheblieher Teil seiner Gewinne wieder verzehrt wird. Fur die Entscheidungen des Unternehmers wird dabei stets die Hehe der Gewinne nach Abzug der Gewinnsteuern maBgebend sein; nieht die Hehe des Brutto­ gewinns. Dieser Gewinnverzehr durch die Besteuerung betragt bei nieht personen-
Investitionsplanung unter Beriicksichtigung der Besteuerung 35
bezogenen Kapitalgesellschaften bekanntlich um 57 % des Gewinns, wenn gar kein Gewinn ausgeschuttet wird. Der Satz von 57 % berechnet sich aus Gewerbe­ ertragsteuer und Korperschaftsteuer. Je nach Hohe der Hebesatze bei der Gewerbe­ ertragsteuer schwankt der Satz der Gesamtbelastung um 57 %. Unter Beruck­ sichtigung der 3%igen Erganzungsabgabe steigt die Belastung auf ca. 59 %. Sehuttet die nicht personenbezogene Kapitalgesellschaft alles aus, donn liegt die Steuerbelastung niedriger, aber diese minima Ie Ertragsteuerbelastung, Korper­ sehaftsteuer plus Gewerbeertragsteuer, betragt immerhin noeh rund 33 %1). Hinzu treten die Vermogensteuer und die Gewerbekapitalsteuer, die auch aus dem Ertrag zu decken sind, wenn kein Verlust entstehen soli, und fUr die Anteilseigner der Kapitalgesellsehaften noeh die personliehe Einkommensteuer.
Bei Einzelkaufleuten und Personengesellsehaften ist die Hohe der Gewinnsteuer­ belastung aus Einkommen- und Gewerbeertragsteuer nicht eindeutig zu bestimmen. Aber auch hier ist es vielfach realistisch, von einer Steuerbelastung auszugehen, die nur in schleehten Jahren unter ein Drittel sinkt und die in guten Jahren bei 50 % oder daruber liegen wird.
Von der Grof3enordnung her nehmen die Steuern einen starken EinfluB auf