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_11 ORTHOPÄDIE & RHEUMATOLOGIE .------------------.----------------------- REfERAT Der anteriore Hüftzugang unter Verwendung des Extensionstisches Die Hüftendoprothetik gehört zu den erfolgreichsten orthopädischen Ope- rationen und sichert dem Patienten in der Regel Schmerzfreiheit und gute Funktionalität über viele Jahre. Der anterolaterale und der laterale Hüftzu- gang werden seit Jahrzehnten erfolgreich angewendet. In den letzten Jahren wurde der anteriore Zugang als muskel schonend empfohlen und zusehends perfektioniert. In diesem Artikel wird der direkte anteriore Zugang beschrie- ben, wobei auch einige praktische Tipps und Tricks angeführt werden. Der anterolaterale und der laterale Hüftzugang werden sehr erfolgreich bei der Hüftimplantation angewendet. Für die Implantation der Pfanne sehen wir kein Problem, die Abduktoren perfekt zu schonen. Egal, ob eine sphärische Pfanne oder eine Schraubpfanne zur Anwendung kommt. Jedoch ist es schwierig, eine 100-prozenrige Scho- nung der Abduktoren bei der Schaftim- plantation sicherzustellen. Dabei ist der Schafttyp für die Schonung der Abduk- toren nicht unwesentlich. Für die Im- plantation einer Geradschaftprothese muss die Trochanterregion ausreichend dargestellt werden, was mit einer ge- ringen Beeinträchtigung der Abduk- toren im Ansatzbereich verbunden ist. Hüftschäfte mit abgeflachter Schulter oder leicht bogenförmige Schäfte wur- C KeyPoints den in den letzten Jahren vermehrt ent- wickelt und werden nun ausreichend angeboten. Mit dem Ziel, eine perfekte Schonung der Abduktorenmuskulatur bei der Implantation einer HTEP si- cherzustellen, wird nun vermehrt der direkte anteriore Zugang (DAA)an den orthopädischen Abteilungen der Lan- deskliniken in Wr. Neustadt und Neun- kirchen verwendet. Es kommen der GTS-Schaft (Fa. Biomet) und der AMIS-Schaft (Fa. Medacta) mit einer sphärischen Pfanne zur Anwendung. Patientenauswahl Grundsätzlich ist jede Hüfte für den DAA geeignet, dennoch ist es empfeh- lenswert, initial eine Patientenselektion vorzunehmen. • DAA erfolgt in gewohnter Rückenlage. • Vor Beginn werden anatomische Präparierübungen dringend empfohlen. • Ausreichende Muskelrelaxation erleichtert die gesamte OP. • Die Pfannenimplantation ist einfach. • Die Schaftpräparation wird durch einen guten Kapselreleasewesentlich erleichtert • Die Geradschaftprothese ist für den DAA nicht gut geeignet • Mit dem DAA kann die zweite OP-Assistenzeingespart werden. • Die absolute Schonung der Abduktoren ist mit dem DAA sichergestellt JATROS I Seite 36 A Ungersböck,Neunkirchen • Ausgeprägte Adipositas ist erschwe- rend. • Ausgeprägte Osteophyten kombiniert mit Coxa vara sind zu vermeiden. • Coxa valga ist eine günstige Voraus- setzung. • Frauen sind einfacher zu behandeln. Präoperative Planung Die präoperative Planung ist eine we- sentliche Voraussetzung für eine kom- plikationslose zügige Hüftimplantation ungeachtet der operativen Erfahrung (Abb.1). • Vermeidung einer Beinverlängerung und Offset-Veränderungen • Bestimmung der zu erwartenden Im- plantatgrößen • Vermeidung einer Schaftsprengung • Vermeidung einer Schaft- oder Pfan- nenfehlposition • "Einstimmen" auf die zu erwartende Operation • Ausbildung von Assistenten (" tea- ching tool") Lagerung (Abb. 2) Die Operation wird in Rückenlage auf dem Extensionstisch der Fa. Maquet durchgeführt. Die Beinpositionierung erfolgt entweder mit dem Condor-Sys- tem (Fa. Biomet) oder mit dem Me- Orthopädie & Rheumatologie 5/13 -------------------------------------------------------------------------------------- -- - - - -

ORTHOPÄDIE & RHEUMATOLOGIE Der anteriore Hüftzugang unter ... · REFERAT dacta-Systern. Die Extensionssysteme werden vorwiegend für die Be inpositi-onierung in Außenrotation und

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Page 1: ORTHOPÄDIE & RHEUMATOLOGIE Der anteriore Hüftzugang unter ... · REFERAT dacta-Systern. Die Extensionssysteme werden vorwiegend für die Be inpositi-onierung in Außenrotation und

_11 ORTHOPÄDIE & RHEUMATOLOGIE.------------------.----------------------- REfERAT

Der anteriore Hüftzugang unterVerwendung des ExtensionstischesDie Hüftendoprothetik gehört zu den erfolgreichsten orthopädischen Ope-rationen und sichert dem Patienten in der Regel Schmerzfreiheit und guteFunktionalität über viele Jahre. Der anterolaterale und der laterale Hüftzu-gang werden seit Jahrzehnten erfolgreich angewendet. In den letzten Jahrenwurde der anteriore Zugang als muskel schonend empfohlen und zusehendsperfektioniert. In diesem Artikel wird der direkte anteriore Zugang beschrie-ben, wobei auch einige praktische Tipps und Tricks angeführt werden.

Der anterolaterale und der lateraleHüftzugang werden sehr erfolgreich beider Hüftimplantation angewendet. Fürdie Implantation der Pfanne sehen wirkein Problem, die Abduktoren perfektzu schonen. Egal, ob eine sphärischePfanne oder eine Schraubpfanne zurAnwendung kommt. Jedoch ist esschwierig, eine 100-prozenrige Scho-nung der Abduktoren bei der Schaftim-plantation sicherzustellen.Dabei ist derSchafttyp für die Schonung der Abduk-toren nicht unwesentlich. Für die Im-plantation einer Geradschaftprothesemuss die Trochanterregion ausreichenddargestellt werden, was mit einer ge-ringen Beeinträchtigung der Abduk-toren im Ansatzbereich verbunden ist.Hüftschäfte mit abgeflachter Schulteroder leicht bogenförmige Schäfte wur-

C KeyPoints

den in den letzten Jahren vermehrt ent-wickelt und werden nun ausreichendangeboten. Mit dem Ziel, eine perfekteSchonung der Abduktorenmuskulaturbei der Implantation einer HTEP si-cherzustellen, wird nun vermehrt derdirekte anteriore Zugang (DAA)an denorthopädischen Abteilungen der Lan-deskliniken in Wr.Neustadt und Neun-kirchen verwendet. Es kommen derGTS-Schaft (Fa. Biomet) und derAMIS-Schaft (Fa. Medacta) mit einersphärischen Pfanne zur Anwendung.

Patientenauswahl

Grundsätzlich ist jede Hüfte für denDAA geeignet, dennoch ist es empfeh-lenswert, initial eine Patientenselektionvorzunehmen.

• DAA erfolgt in gewohnter Rückenlage.

• Vor Beginn werden anatomische Präparierübungen dringend empfohlen.

• Ausreichende Muskelrelaxation erleichtert die gesamte OP.

• Die Pfannenimplantation ist einfach.

• Die Schaftpräparation wird durch einen guten Kapselreleasewesentlich erleichtert

• Die Geradschaftprothese ist für den DAA nicht gut geeignet

• Mit dem DAA kann die zweite OP-Assistenzeingespart werden.

• Die absolute Schonung der Abduktoren ist mit dem DAA sichergestellt

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A Ungersböck,Neunkirchen

• Ausgeprägte Adipositas ist erschwe-rend.• Ausgeprägte Osteophyten kombiniertmit Coxa vara sind zu vermeiden.• Coxa valga ist eine günstige Voraus-setzung.• Frauen sind einfacher zu behandeln.

Präoperative Planung

Die präoperative Planung ist eine we-sentliche Voraussetzung für eine kom-plikationslose zügigeHüftimplantationungeachtet der operativen Erfahrung(Abb.1).

• Vermeidung einer Beinverlängerungund Offset-Veränderungen• Bestimmung der zu erwartenden Im-plantatgrößen• Vermeidung einer Schaftsprengung• Vermeidung einer Schaft- oder Pfan-nenfehlposition• "Einstimmen" auf die zu erwartendeOperation• Ausbildung von Assistenten (" tea-ching tool")

Lagerung (Abb. 2)

Die Operation wird in Rückenlage aufdem Extensionstisch der Fa. Maquetdurchgeführt. Die Beinpositionierungerfolgt entweder mit dem Condor-Sys-tem (Fa. Biomet) oder mit dem Me-

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dacta-Systern. Die Extensionssystemewerden vorwiegend für die Beinpositi-onierung in Außenrotation und Exten-sion bei der Schaftpräparation benö-tigt. Eine Traktion wird kaum ange-wendet. Der Vorteil beim Condor-Sys-tem liegt im elektronischen Antrieb,damit kann der Operateur die wesent-lichen Manöver überwiegend selbst-ständig durchführen.

OP-Team

Die Operation mit dem DAA kann von2 Operateuren (1 Operateur + 1 Assis-tenz) durchgeführt werden. Eine zweiteAssistenz ist nicht notwendig.

Anästhesie

Für die Einführung des DAA empfehleich, gut mit der Anästhesie zusammen-zuarbeiten. Eine Vollnarkose mit opti-maler Muskelrelaxation ist in der Ein-führungsphase vorteilhaft und wirdvon uns empfohlen.

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Hautschnitt (Abb. 2)

Zur Bestimmung des Hautschnitteswird eine Linie zwischen Spina iliacaanterior superior und dem Fibulaköpf-chen gezogen. 2 Querfinger distal und3 Querfinger lateral der Spina beginntder Hautschnitt und verläuft parallelder o.g. Linie. Die Länge ist an denPatienten anzupassen und liegt bei 8bis 10cm. Mit dieser Schnittführungkann die Verletzung des N. cutaneusfemoris lateralis praktisch vollständigvermieden werden.

Zugang

Nach Durchtrennung der Subkutis Ein-setzen eines Spreizers und Inzidierender Faszie des M. tensor fasciae latae.Digitales Auseinanderdrängen derWeichteile und Tiefersetzen des Sprei-zers. Vorsicht: Die Innervation und Ge-fäßversorgung des Tensors erfolgt aufder Innenseite und soll mit dem Sprei-zer oder durch Koagulieren nicht ver-

letzt werden (Abb. 3). Nun kommt dietiefe Oberschenkelfaszie zur Ansicht.Diese wird vorsichtig inzidiert und dieÄste der A. circumflexa femoris latera-lis dargestellt (Abb. 4) und sorgfältigligiert. Eine Umstechung eignet sichsehr gut und ist sicher.In der nächsten Schicht zeigt sich häu-fig ein kräftiger Faszienzügel vom Ten-sor zur Hüftkapsel ziehend (Abb. 5).Dieser entspricht dem tiefen Ursprungdes Tensors und muss exzidiert werden,um eine schöne spannungsfreie Über-sicht auf die ventrale Hüftkapsel zu be-kommen. Nun erfolgt eine lappenför-mige Kapsulotomie entlang der Lineaintertrochanterica bis zum Trochanterminor, dann aufsteigend zum Pfannen-rand und nach lateral ziehend. DieserKapsellappen soll weggehalten werden,er wird später wieder vernäht.Nun gilt es, die Schenkelhals-Osteoto-mie mit der oszillierenden Säge durch-zuführen. Für die Osteotomie sind einsanfter Längszug und Außenrotationvorteilhaft, damit die Osteotomie sich

Abb. 1: Röntgenbild präoperativ, Planung, Röntgen postoperativ

Abb. 2: Lagerung

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Abb. 3: lnnervation (Pfeile). Gefäßversorgung (Stern) des M. tensor (Mtf)

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nach Durchtrennung desSchenkelhalses selbststän-dig öffnet und die Verlet-zung der dorsalen Kapsel-gefäße vermieden wird.Bergen des Kopfes mitdem Korkenzieher über dieOsteotomie. Nun wird einCharnley-Spreizer einge-setzt, welcher während derganzen weiteren Operationin situ bleibt und für eine Abb.4: EndastA. eircumflexafemorislateralis(Stern),M. iliopsoas(Ip)

gute Übersicht sorgt,

Pfannen implantation

Für die Pfannenimplanta-tion kommen bei uns zweisphärische Systeme zurAnwendung: die Exceed-Pfanne der Fa. Biomet unddie Versafit-Pfanne der Fa.Medacta. Beide Systemeverfügen über ein Fräs-instrument mit Winkelge-triebe. Durch das Blockie-

Abb. 5: FaszienzugvomM. tensor(Mtf) in ventraleGelenkkapsel(Ip),A. eireumflexafem. lat. (Stern),M. gluteusmedius(Mgm), M. reetusfemorismit Caput rectum(1)undCaputreflexum(2)

ren des Fräskopfverschlus-ses mit einem Stück Redon Drain kanndie Fräse im Acetabulum konnektiertund dekonnektiert werden, was einschonendes Wechseln der Fräsköpfeund einen kleineren Zugang erlaubt.Die Frästiefe und die definitive Pfan-nenposition werden intraoperativ mitdem Bildverstärker kontrolliert. Zurexakten Pfannenpositionierung kom-men Positionierungshilfen am Setz-instrument zur Anwendung.

Schaftimplantation

Für diese Phase der Operation ist einegute Muskelrelaxation vorteilhaft. DasBein wird außenrotiert. Es erfolgt nunein Release der dorsokranialen Hüft-

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kapsel (Lig. ischiofemorale) sowie derventrokaudalen Kapsel (Lig. pubofe-morale). Sollte die Schaftelevation involler Extension noch unzureichendsein, so kann der Kapselrelease am Fe-mur im Bereichder Fossa trochantericavervollständigt werden.Mit dem Absenken des Beines,Außen-rotation und leichter Adduktion kannnun das proximale Schaftende angeho-ben und mit einem Müller-Haken prä-sentiert werden. Nach der Schafteröff-nung wird der Schaft nun sukzessiveaufgeraspelt. Die Raspel wird aufeinem Einfachoffset- oder Doppeloff-set-Handstück aufgesetzt. Die GTS-Raspel soll dazu permanent nach un-ten gedrückt werden: Damit wird eine

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varische Implantation ver-hindert. Es ist empfehlens-wert, mit der letzten Raspeleine BV-Kontrolle durchzu-führen, um Stellung, Höheund Größe zu kontrollieren.Für die Reposition wird dasBein angehoben und miteinem kurzen Längszug undInnenrotation gleitet derKopf ins Inlay. Eine Trak-tion mit dem Extensionstischist in der Regel nicht not-wendig.

Wundverschluss

Der beim Zugang präpa-rierte Kapsellappen kannnun mit ein bis zwei Nähtenadaptiert werden. BeimVer-schluss der Tensor-Faszieund der Subkutis muss einMitfassen des N. cutaneusfemoris lateralis vermiedenwerden. In der Regel wirdkein Saugdrain verwendet.

Nachbehandlung

Die Mobilisierung erfolgt am 1. post-operativen Tag im 4-Punkte-Gang. Die-ser wird für ca. 4 Wochen empfohlen.Mit dem DAA ist unserer Erfahrungnach die Mobilisierung der Patientenerleichtert. _

Literatur beim Verfasser

Autor:Prim. Dr.Alfred Ungersböck

Orthopädie und orthopädische Chirurgie,Landesklinikum Wiener Neustadt

Orthopädie, Orthopädische Chirurgie undUnfallchirurgie, Landesklinikum Neunkirchen

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