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Im Gespräch COPYKILL PAUL SEIDEL/WAR FROM A HARLOTS MOUTH Profil HARD COAL RECORDS TATTOOS, TIERSCHUTZ UND HARDCORE TEPHRA ARKTIKA

Outspoken Ausgabe 10

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Arktika 02 Paul Seidel/ War from a Harlots Mouth 05 Copykill 07 Tephra 10 Reborn To Conquer 13 Still Ill 16 Vegan Black Metal Chef 18 Outspoken Global Kanada 20 Ampire Records 22 Hard Coal Records - Glück Auf! 24 DIY-Konzerte 26 Tattoos, Tierschutz und Hardcore 28 Style & Fashion Oroborus Customs 34 Makani Terror 36 Literatur Pretty Poetry Slam 38

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Im Gespräch

COPYKILLPAUL SEIDEL/WAR FROM A HARLOTS MOUTH

ProfilHARD COAL RECORDSTATTOOS, TIERSCHUTZ UND HARDCORE

TEPHRA ARKTIKA

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Inhalt

EIN JUBILÄUM!

Die 10te Ausgabe vom Outspoken Magazine ist nun endlich fertig! Irgendwie dient so ein Anlass doch im-mer dazu etwas wehmütig zurückzublicken wie alles begann. Bevor aber nun die große Langeweile aus-bricht, wird ein Zeitraffer vollkommen ausreichen. Im Nachhinein finde ich es schon erstaunlich, wie das Ma-gazin sich entwickelt hat, weniger wie es „gewachsen“ ist, sondern vielmer wie es sich gewandelt hat.

Vom Onlineblättermagazin, zu einem Onlinearchiv mit zahllosen Reviews und immer aktuellen News, über eine Community bis zu dem Papiermagazin, was selbst einigen Wandel in Format, Umfang und Inhalt durchgemacht hat. In der Ausgabe 9 haben wir dann auch das erste Mal eine CD Beilage präsentieren kön-nen, die erstaunlich gut angekommen ist (was wir uns natürlich hinter die Ohren geschrieben haben und bei nächster Gelegenheit gerne wiederholen werden).

An dieser Stelle möchte ich, auch im Namen des Out-spoken Teams, allen danken, die uns über die letzten Jahre so beständig unterstützt haben, unseren Part-nern ebenso wie jedem einzelnen Leser, der durch den Kauf unseres liebgewonnen Magazines sein Fort-bestehen mitgestaltet und auch gefordert hat.

Wieder im Heute angekommen, freue ich mich Euch in dieser Ausgabe wieder viele spannende Interviews zu präsentieren. Unser aktueller Outspoken Global Ausflug führt uns dieses Mal nach Kanada, wir stellen Euch mit ampire Records und Hardcoal Records zwei Recordlabels mit Herzblut vor. Jedem unter Euch, der schon mit dem Gedanken gespielt hat einmal selbst eine Show zu organisieren haben wir mit unserem Ar-tikel „Das DIY Konzert“ ein paar nützliche Tipps zum Start mitzugeben. Unser regelmäßiges Tierrechtsthe-ma findet Ihr diesmal in den Artikeln „Vegan Black Metal Chef“ und auch „Tattoos, Tierschutz und Hard-core“ wieder. In Düsseldorf ansässig blicken wir mit Euch bei unserem Poetry Slam Artikel etwas über den Hardcore Tellerrand hinaus. Damit der Lifestyle auch diesmal nicht zu kurz kommt haben wir auch hier mit „Oroborus Customs“ und „Makani Terror“ etwas zum Schmökern in der Sonne beigepackt.

Viel Spaß bei unserer 10ten Ausgabe!

Henning Jäger [email protected]

Interviews

Arktika 02 Paul Seidel/War From A Harlots Mouth 05

Copykill 07 Tephra 10

Reborn To Conquer 13Still Ill 16

Vegan Black Metal Chef 18

Outspoken Global

Kanada 20

Profil

Ampire Records 22 Hard Coal Records - Glück Auf! 24

DIY-Konzerte 26Tattoos, Tierschutz und Hardcore 28

Style & Fashion

Oroborus Customs 34Makani Terror 36

Literatur

Pretty Poetry Slam 38

IMPRESSUM

RedaktionMelanie Bohn, Susanne Breithaupt,

Grischa Eckey, Stevie Fuchs, Alexander Maier, Marc Köhler,

Sandra Redegeld, Sebastian Seitz, Robin Siegert

Art Direction, Grafik & LayoutSaskia Gebauer

CoverfotoReborn To Conquer

Logo

Erwin Pauls

Kontakt & AnzeigenschaltungHenning Jäger,

Brunnenstr.75, 40233 DüsseldorfMobil: 0176/47565050Mail: [email protected]

Herausgeber & V.i.S.d.P.Henning Jäger

Hi Tim. Erstmal danke, dass du dich her gibst und mir ein paar Fragen beantwortest. Kannst du uns etwas über Arktika erzählen? Wie ihr euch gefunden habt? Wie eure Anfänge waren? Wer ihr überhaupt seid? Wir sind Arktika aus Köln, bestehend aus Marc (Gesang), Jürgen (Gitarre), Felix (Bass), Jürgen (Schlagzeug) und mir, Tim (Gitarre). Die Band gibt es seit Mitte 2008. Es fing eigentlich alles damit an, dass ich damals von Münster nach Köln gezogen bin und hier eine neue Band gesucht habe. Vorher hatte ich bei „Muad‘dib“ (Metal) und „Francis Brady“ (Screamo) gespielt, aber beide Bands gab es zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr. Marc habe ich dann über den Sänger von „The Dead“ (Hardcore aus Münster) kennen gelernt und Jürgen, unseren Schlag-zeuger, über Tommec, den Drummer von den „Blackwaves“. Marc kannte dann noch den an-deren Jürgen, mit dem er schon bei „Reno Kid“ zusammen gespielt hatte und Jan (unseren ers-ten Bassisten). Bei einem ersten Treffen haben wir uns dann erstmal alle kennen gelernt und uns auf eine grobe Richtung geeinigt, die da „Envy“ hieß, eine Band, die wir alle großartig finden. Nach den Aufnahmen zur zweiten Platte hat Jan uns dann verlassen. Wir haben glückli-cherweise mit Felix schnell einen richtig guten Ersatz gefunden.

Ihr habt ja früher in diversen unterschiedlichen Bands mit den verschiedensten Musikrichtun-gen (Screamo, Emo, Punk) gespielt. Wie kam es dazu, dass ihr euch dem Postrock verschrie-ben habt?Gute Frage. Als ich nach Köln kam hatte ich zwei Richtungen im Kopf, in denen ich gerne et-was machen wollte: entweder etwas Richtung „Envy“, „Isis“, „Breach“ oder 90s Emo à la „Te-xas is the Reason“. Beides habe ich zu der Zeit viel gehört, wobei die „Postrock/Sludge“-Ecke natürlich angesagter war. Ich denke, dass es bei uns aber gar nicht wirklich der Gedanke war „lass uns mal Postrock machen“ sondern, dass wir alle einfach sehr von „Envy“ angetan waren und dies vielleicht unser kleinster gemeinsamer Nenner zu dem Zeitpunkt war. Uns war aber sehr wichtig, etwas eigenständiges zu entwi-ckeln und nicht einfach nur „Envy“ aus Köln zu sein.

Folgt ihr bei dem Schreiben der Lieder einem bestimmten roten Faden?Wir fangen meistens mit zwei drei Riffs an und schauen, was sich daraus entwickelt. Bis ein Song fertig ist kann es auch einige Zeit dauern. Wir feilen oft lange, bis uns ein Stück in sich geschlossen erscheint und versuchen immer sehr kritisch zu sein. Dabei hilft uns auch häufig,

ARKTIKAEntspannter Plausch mit

2 Interviews

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Köln am Rhein. Die Stadt mit dem Dom, der Domplatte und dem C.S.D. Und Arktika! 5 Jungs mit viel Erfahrung und Ideen. Hier ist jedes Ohr Willkommen. Genauso wie Kritik.

dass wir aus unterschiedlichen Musikrichtun-gen kommen. Da ist es nämlich nicht immer leicht, bis alle richtig zufrieden sind.

Ihr befindet euch gerade bei den Aufnahmen zum neuen Album. Wie weit seid ihr denn ge-rade?Wir haben die neuen Songs so gut wie fertig. Wir feilen noch an Details, aber jetzt heißt es eigentlich nur noch, die neuen Sachen bis zum Erbrechen zu spielen, damit wir sie richtig ver-innerlichen. Jürgen (Gitarre) schraubt nebenbei noch an einem Interlude oder Intro. Ende April geht es dann los und wir hoffen, dass die Platte spätestens im Herbst rauskommt.

Wird es noch mehr von euch geben? Splitge-schichten? Eine 10“?Konkret haben wir da gerade nichts in Planung, spielen aber schon seit längerem mit dem Ge-danken, eine Split mit einer anderen Band zu machen. Was das angeht werden wir nach den Aufnahmen bestimmt wieder konkreter wer-den.

Wie sieht es mit einer Tour aus zum Ende des Jahres?Auch das geistert thematisch immer wieder durch den Proberaum. Mitte des Jahres wird Felix allerdings erstmal Nachwuchs bekommen und wir stricken unsere Tourpläne daher auch gerade noch nicht zu eng.

Bei Robert („Zann“, „BisaufsMesser“) fand ich letztens den Satz: „Bands sollten mehr Energie in den Proberaum stecken als in ihr Merch.“ Ich persönlich finde auch, dass man-che Bands dies beherzigen sollten anstatt 20 Shirts mit überbunten Drucken an der Wand hängen zu haben. Meistens haben die nur eine popelige, selbstgebrannte Demo CD am Stand liegen (HIER MÖCHTE ICH BETONEN, DASS ICH NICHTS GEGEN POPELIGE DEMO CDS HABE!). Wie siehst du das aus der Sicht eines Musik-fans und Musikers?Als Band sollte man sich immer zuerst einmal auf das Wesentliche konzentrieren, also das Songwriting. Alles andere ist Beiwerk. Wir ste-cken viel Arbeit in unsere Songs, zumindest in dem Rahmen wie wir es uns zeitlich erlauben können. So viel Zeit wie in der Studentenzeit haben wir nämlich leider alle nicht mehr. Wir sind aber alle Freunde von gutem Merch und gutem Artwork für Releases. Ich würde daher also sagen, wenn man Energie ins Songwriting steckt, dann kann man auch guten Gewissens Energie in‘s Merch stecken. Das Risiko, dass wir zwanzig verschiedene Designs gleichzeitig anbieten werden halt ich aber eher für gering, haha. Und das sogar, obwohl 60% der Band Gestalter sind.

Wie kam euer Kontakt mir „Narshardaa“ zu-stande? Gibt da so eine schöne Geschichte wie die von „Glasses“ mit „Vendetta“?

Eine richtig spannende Anekdote kann ich da jetzt leider nicht erzählen. Nach den „Heartwrencher“-Aufnahmen haben wir uns einige Labels angeschaut, die für uns für ein Release in Frage kamen und die Songs raus-geschickt. Andre und Flo waren direkt begeis-tert von den Aufnahmen und waren Feuer und Flamme, sie direkt zu veröffentlichen. Da der Kontakt auch supernett war, stand unsere Ent-scheidung damit auch sehr schnell fest.

Als ich eure EP hörte, war ich schon begeistert. Als ich dann eure „2x12“ hörte, hat die mich umgehauen. Wo soll das bitte Enden?Danke , Danke. Ich hoffe, dass wir uns da mit den nächsten Aufnahmen noch steigern kön-nen. Man wird eine Entwicklung im Detail fest-stellen. Wir haben nicht versucht uns neu zu erfinden, sondern uns weiter zu verbessern. Zusätzlich möchten wir mit den neuen Aufnah-men auch unseren Sound weiter verbessern. Wir nehmen dieses Mal in einem neuen Studio auf und erwarten uns davon auch Soundtech-nisch etwas neues.

Wohin soll euch euer musikalischer Weg noch führen? Wollt ihr so eine Veränderung wie „Te-phra“ durchmachen? Oder schaut ihr eher was noch so kommt?Ich finde es immer schade, wenn man in Bezug auf Bands Aussagen hört wie „Na ja, alles was nach dem ersten Demo kam war Müll.“ Die Ent-wicklung einer Band kann man am Anfang na-türlich nie voraussagen. „Cave In“ zum Beispiel haben sich ja vom Metal zum Rock und wie-der zurück ständig in andere Richtungen ent-wickelt. Das fand nicht jeder gut. Letztendlich machen wir aber keine Musik um irgendwel-che Erwartungen zu erfüllen, abgesehen von unseren eigenen. Wir setzen uns auch selbst keine Ziele à la „lass uns jetzt mal mehr in die Metal-Richtung gehen“ oder so. Zuerst einmal soll es Spaß machen und einem selbst etwas geben. Wenn es dann den Leuten gefällt ist es natürlich um so besser. Vielleicht wird irgend-wann der Punkt kommen, an dem man merkt, dass man mit „Arktika“ musikalisch alles er-reicht hat was man wollte und man Platz für etwas neues macht. Zur Zeit kann ich mir das aber gerade überhaupt nicht vorstellen, dafür macht es zu viel Spaß.

Gibt es Bands, mit denen ihr noch nie gespielt habt, mit denen ihr aber gerne die Bühne tei-len würdet?Da kann ich natürlich erstmal nur für mich sprechen. Ich würde unheimlich gerne einmal

Arktika 3

mit „Light Bearer“ aus England spielen. Es hät-te schon zweimal fast geklappt, allerdings stand dann terminlich doch etwas im Weg. Ansonsten wäre es natürlich groß, einmal mit „Cult of Luna“ zu spielen. Das Vergnügen, mit „Envy“ auf einer Bühne zu stehen hatten wir ja zum Glück schon. Unser damaliger Bassist Jan konnte sich sogar ein wenig mit ihnen unterhalten, da er ganz gut japa-nisch spricht.

Wie wichtig ist euch, aufgrund des Punk- und HC-Backgrounds, D.I.Y.? Und wie lasst ihr es in die Band einfließen?D.I.Y. ist auf jeden Fall wichtig für uns. Wir können die Band ja auch nur so am Leben halten. Ich sehe D.I.Y. nach wie vor als den klassischen Gegenan-satz zur Musikindustrie. Es ist heute aber ja zum Glück auch viel leichter geworden, seine Musik digital zu verbreiten, z.B. über Bandcamp oder Fa-cebook. Was das Vinyl angeht: auch „Narshardaa“ ist ja ein D.I.Y.-Label , was auch ein wichtiger Faktor war als wir uns dafür entschieden haben. Wir ma-chen eigentlich alles selbst. Die Musik, das Artwork, Merch, Social Media. Was auch immer.

Und wie ist es bei euch in der Band? Vegetarier? Veganer? Fleischesser?Von allem etwas. Das Thema finden wir Bandtech-nisch aber auch gar nicht so spannend. Das ent-scheidet jeder für sich selbst.

2012 ist ja das Jahr der Reunions. Wie siehst du „den Trend“? Ich stehe dem ganzen eher skep-tisch gegenüber.Das kommt immer ganz darauf an. Prinzipiell bin ich aber der Meinung, dass man am besten auf-hört, wenn es am schönsten ist und sich dann lieber weiterentwickelt, als etwas altem nach zu trauern. Wenn man sich aber irgendwann wie-der zusammen findet, um dort weiterzumachen wo man aufgehört hat und nicht um einfach nur

wieder die alten Drops zu lutschen, kann das auch spannend sein.

Eure Meinung zu ACTA?Wir sind keine politische Band. Deshalb kann ich auch keine „Arktika-Stellungnahme“ zu dem The-ma abgeben. Ich persönlich finde aber, dass der Protest dagegen gerechtfertigt ist. Selbst Amnesty International spricht sich ja dagegen aus. Ich glau-be die Politik hat da gleich zu Beginn versäumt in einen Dialog zu gehen.

Wie wichtig ist euch der „Fankontakt“? Zum Bei-spiel auf Konzerten am Merchstand oder an der Bar?Mmh. Ich bin erstmal gar nicht so der Freund von dem Wort „Fan“ in diesem Zusammenhang. Das hört sich für mich immer so an, als ob man etwas zwei Stufen höher stellt als sich selbst. Daher mag ich auch eher gerne den Kontakt zu den Leuten, denen einfach unsere Musik gefällt und mit denen man sich genau darüber unterhalten kann. Das Feedback, das wir bekommen, gibt uns aber viel und motiviert uns. Wir freuen uns übrigens auch über negatives Feedback. Das hilft uns dabei kri-tisch zu bleiben.

Vinyl oder CD? Wie ist das innerhalb der Band?Wir sind alle Freunde des Vinyls. Wir haben uns von Anfang an auch darauf konzentriert. Zwar gibt es die „At Zero“ in Kleinstauflage auch auf D.I.Y.-CD, dass war aber eher ein kleines Experiment, da wir immer wieder gefragt wurden ob wir nicht auch CDs hätten. Für mich ist die Traumkombina-tion ganz klar Vinyl mit digitalem Download. Und so wird es bei uns auch weitergehen. Alles ande-re scheint so vergänglich. Die „Heartwrencher“-EP gab es übrigens auch auf Tape. Die Jungs von Kreisel-Kreisel-Records hatten uns gefragt und wir fanden,dass das eine tolle Idee ist.

Wie macht ihr das auf Tour? Streitet ihr unter-wegs was im Auto an Musik läuft oder ist es der Fahrer der die Befehlsgewalt in dem Moment hat?Da muss ich überlegen. Ich glaube, dass Fahrer und Beifahrer da am Drücker sind. Nichtgefal-len von den hinteren Bänken wird dann eher mit Aufsetzen eines Kopfhörers ausgedrückt, haha. Manchmal läuft aber auch gar keine Musik, son-dern die Playstation. Zumindest, wenn wir mit ei-nem Van von Highway-Tiger unterwegs sind.

Tim, ich bedanke mich herzlich für das Interview. Gibt es noch etwas dass du UNBEDINGT loslassen willst oder musst?Außer einem dicken „Danke“ an alle die uns un-terstützen, ein Danke an dich und dem üblichen Werbeblock ( bitte auf www.arktika.eu gehen ) fällt mir da eigentlich nichts groß ein.

Marc Köhler

4 Interviews

Paul Seidel/War From A Harlots Mouth 5

Hallo Paul, schön, dass du dir die Zeit neh-men konntest, mir ein paar Fragen über dein Leben als Berufsschlagzeuger zu beantwor-ten! Erzähl doch einmal, wie du überhaupt zum Schlagzeug spielen gekommen bist, bzw kannst du dich noch an dein Gefühl erinnern, dass du bei deiner ersten Schlagzeugstunde hattest?Das werde ich wohl nie vergessen...Ich habe damals mit Freunden aus meiner Klasse mei-ne erste Band gegründet und wir haben Co-versongs gespielt. Keiner von uns konnte ein Instrument spielen und da ich schon immer gerne gesungen hatte, war ich dann erst ein-mal der Sänger. Unser Schlagzeuger war aller-dings alles andere als gut, weshalb wir dann die Rollen tauschten. Ich hatte sofort das Ge-fühl schon früher einmal gespielt zu haben und konnte die Rhythmen sofort nachspielen... Es war also wie ein Déjà Vu.

Bist du hauptberuflich Schlagzeuger?Mittlerweile ja. Ich habe vor circa 2 Jahren an-gefangen Unterricht zu geben und bin seit ei-nem Jahr auch in einer Musikschule tätig. Die Band bzw. Bands nehmen natürlich auch viel Zeit in Anspruch, dementsprechend bin ich mit dem Unterrichten, Bands, Studio etc. ei-gentlich ganz gut eingespannt.

Zwischen den ersten Banderfahrungen und der Selbstständigkeit liegen ja nun ein paar Jahre. Wie ist es dazu gekommen, dass das Hobby so wichtig wurde, dass du es gerne zum Beruf machen wolltest?Nunja, ich habe relativ früh entschieden, dass ich Musik zu meinem Beruf machen möchte. Das war schon zu Schulzeiten. Da mein Va-ter auchMusiker ist und ich dementsprechend also auch erfahren konnte, dass es möglich ist von Musik zu leben, fiel mir diese Ent-scheidung natürlich leichter. Vom Anfänger zum Berufsmusiker ist es natürlich ein lan-ger steiniger Weg, der viel Zeit, Schweiß und Geld gekostet hat, aber das war es definitiv wert. Viele Stunden im Proberaum, Musikaus-bildung und natürlich auch die harte Schule des Tourlebens haben alle ihren Anteil daran. Letztendlich steht jeder Musiker irgendwann vor der Entscheidung, ob er es beim Hobby belässt oder es riskiert alles aufzugeben um frei zu sein.

Was kannst du anderen Musikern an‘s Herz legen, die genau über diesen Weg nachden-ken?Ich kann nur eins sagen: Lasst euch nicht beir-ren und gebt das bestmögliche, um euch wei-terzubilden. Nichts ist für einen(angehenden)

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PAUL SEIDELWar From A Harlots Mouth Drummer im Gespräch:

6 Interviews

Musiker schlimmer, als mit Scheuklappen durchs Leben zu rennen. Hört unterschiedli-che Musik, spielt in unterschiedlichen Bands, geht auf Konzerte, nehmt Unterricht. Haupt-sache man bleibt sich selbst treu.

Welcher Aspekt macht dir am meisten Spaß? Selber unterrichten oder auf der Bühne zu stehen?Zweck des Unterrichts ist ja das Spiel in einer Band bzw. das Musikmachen. Dementspre-chend führt das Eine zum Anderen. Nichts macht mehr Spaß, als mit Freunden in einer Band zu spielen und kreativ zu sein. Genau das versuche ich im Unterricht zu vermitteln.

OK, wo wir gerade bei Bands and Friends sind; Wie kommt es, dass du dich damals ge-rade für das Spielen bei War From A Harlots Mouth entschieden hast?Ich fühlte mich unausgelastet und kreativ ein-geengt. Ich wollte mehr, wusste aber nicht was. Da kam die neue Band genau richtig. Da wir die Band damals nur als Zeitvertreib und die Möglichkeit zum Austoben sahen, war gar nicht von vornherein klar, dass wir uns ent-scheiden mussten. Spätestens nach den ers-ten Releases war dann aber schnell klar, dass die Band mehr Zeit in Anspruch nimmt und viel Aufmerksamkeit braucht.

Wie bekommt man so ein wildes Musikerle-ben mit dem „daily grind“ in Einklang? Ist es überhaupt möglich, noch einen normalen Job nebenbei zu machen?Ist es in der Tat. Man muss nur wissen wie. Ich für meinen Teil hatte immer Glück und war in Jobs tätig, die mir den nötigen Freiraum lie-ßen. Ich konnte zumindest immer „vorarbei-ten“, um Stunden aufzusparen. Somit konnte ich auch meine Miete zahlen, ohne wirklich in Berlin zu sein und zu arbeiten. Ansonsten ha-ben wir natürlich alle unseren daily grind, wie jeder andere Mensch auch.

Was hast du für eine Ausbildung genossen? Hast du dir alles selbst beigebracht oder hattest du eine klassische Musikschulausbil-dung?Ich habe sehr früh angefangen Musik zu ma-chen. Unter anderem Klavier- und Gitarrenun-terricht. Später dann natürlich noch Schlag-zeugunterricht. Vieles kommt natürlich auch durchs Nachspielen und herumexperimentie-ren, aber die feinen Kniffe erlernt man dabei nicht. Den Feinschliff gibt mir neuerdings ein Jazzprofessor des Jazzinstituts in Berlin. Sozu-sagen mein Mentor.

Wie viele Projekte hast du momentan am Laufen? Die Leser kennen dich natürlich am

Ehesten aus WFAHM aber du machst nicht nur metallastige Musik?Das ist richtig. Ich bin noch Schlagzeuger der Band „WassBass“, ich würde es passender-weise mit Gabbernoisepunk bezeichnen. Das ist ein Nebenprojekt meiner Freunde Nico von K.I.Z. und Gregor, mit dem ich früher in einer Ska-Jazz-Band gespielt habe. Ich bin momen-tan noch am überlegen etwas Neues zu star-ten. Jazzig, elektronisch. Mal sehen...

Was sind deine Zukunftsvisionen? Gibt es Dinge, die du noch erreichen oder machen willst?Es gibt wirklich viele Dinge, die ich noch ma-chen bzw. erreichen will. Ich möchte ein Buch schreiben bzw. eine DVD machen. Ich möchte viele Alben einspielen, mit vielen Bands spie-len. Ich habe da schon noch ein paar Ideen im Hinterkopf. Ich habe auch darüber nachge-dacht eine eigene Musikschule aufzumachen. Das ist aber momentan noch Zukunftsmusik.

Was ist Schlagzeugspielen für dich?Schlagzeugspielen ist für mich etwas sport-lich-kreatives. Einerseits empfinde ich voll-kommene kreative Auslastung, sei es prak-tisch oder theoretisch, andererseits ist es mein Ventil, um aus dem Alltag auszubrechen und Dampf abzulassen. Aber es ist schwierig all die Emotionen, die ich empfinde in Worte zu fassen. Ein geiler Groove oder ein abgefah-renes Pattern machen mich glücklich.

Ich wäre damit mit den Fragen durch, die mir auf der Seele gebrannt haben. Möchtest du noch etwas loswerden oder eine Frage beant-worten, die ich nicht gestellt haben?Ja, diese Frage beantworte ich natürlich ger-ne. Es ist ein Thrombosestrumpf für den Arm. Hahaha..

Ich stehe auf dem Schlauch!Die nicht gestellte Frage lautet: Was ist ei-gentlich dieses schwarze Ding, was du immer am Arm trägst :D

Ja, das habe ich mich in der Tat schon gefragt. Haha. Möchtest du den Lesern noch etwas Abschließendes mit auf den Weg geben?Ich bin immer für ein anregendes Gespräch zu haben! Wenn ihr also Bock habt mit mir zu plaudern, dann quatscht mich auf einer der Shows einfach an.

Ich bedanke ich mich vielmals für diesen Ex-kurs durch dein Schlagzeuger-Hirn!Sehr gerne.

Susanne Breithaupt

Copykill 7

Erzählt mal etwas über eurer Bandgeschichte und –mitglieder. Es gibt Copykill ja bereits seit 1998. Da habt ihr bestimmt einiges zu berich-ten.Stephan/Boris: Copykill besteht mittlerweile nur noch aus einem Originalmitglied des 1998er Li-neups. 2001 verließ Holger die Band und Copy-kill bestand nur noch aus vier Leuten. Zu dieser Zeit gab es einen Umbruch in der Band, da sich die Bandmitglieder zwischen beruflicher Karrie-re oder Band entscheiden mussten. Hierdurch resultierte die Auflösung von Copykill als Band an sich. Es gründeten sich Clobberin Time, Machinemade God und Deadsoil, welche eini-ge Jahre als eigenständige Bands bestanden. 2008 entstand dann eher aus einer Bierlaune heraus der Gedanke Copykill neu aufleben zu lassen. So entstand das Album „Fucking Rest-less“, welches neben diversen alten Songs auch vier neue Lieder beinhaltet. Nach der Tour mit Walls Of Jericho und schon fast mitten im Song-writingprozess zum neuen Album verließ der damalige Sänger Chris die Band. Zu diesem Zeitpunkt konnte Sascha sich gegenüber den anderen potentiellen Kandidaten durchsetzten und beweisen. Das neue Album „New World Error“ entstand dann in einem arbeitsreichen Block von gut sechs Monaten und dementspre-

chend wenig konnte die Band 2011 auf Tour gehen.

Copykill – die Band: Haupt- oder Nebenjob?Boris: Alle Bandmitglieder – mit Ausnahme des studentischen Sängers Sascha – haben alle von uns reguläre Jobs. Familie und Job haben ganz klar Priorität. Man sollte an die ganze Bandge-schichte nicht zu blauäugig herangehen und es zu schnell als hauptberufliche Tätigkeit erach-ten. Man sollte jedoch engagiert genug sein, um ein gewisses Ziel vor Augen zu haben und dies auch zu verfolgen.

Ihr habt mittlerweile ja einen neuen Sänger. Wie geht es euch als Band nach dem Wechsel und was hat der Wechsel für euch als Band be-deutet?Boris:Ein neuer Sänger bedeutet erst einmal natürlich eine Umstellung, denn er bringt was Neues in die Band. Chris’ Gesang war einzig-artig und hat definitiv polarisiert und sein Wie-dererkennungswert war sehr hoch. Wir woll-ten aber definitiv keinen „Chris-Klon“, sondern suchten jemanden der einfach eine passende Stimme hat, und diese live bzw. auf der Bühne auch druckvoll rüberbringen kann. Sascha hatte ein Song für die Bandprobe vorbereitet und es

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C O PYKILLNeuer Sänger, neues Glück

8 Interviews

hat einfach gepasst. Es musste halt aber auch menschlich passen, da es in einer Band anders als im Arbeitsleben zugeht. Hier musste einfach auch der Sympathiepart passen.

Wie sieht’s bzgl. Nebenprojekten bzw. anderen Bands aus?Sascha/Jogi: Naja, es gab da mal diese Shock-wave Covergeschichte, dann mal was mit San-dro DLS, aber generell haben wir keine Zeit um uns auf weitere Bandprojekte einzulassen. Ob-wohl spaßeshalber planen Sascha und ich da noch was punkiges....schauen wir mal. Neben-bei spiele ich (Jogi) noch in einem Metal Projekt, welches so in die Richtung der alten Paradise Lost geht.

Was zeichnet eure Band/euch als Band aus? Ich werfe mal das Zitat „weil wir unsere Meinung offen preisgeben“ in den Raum.Boris: Naja, es sind unsere Ansichten als Band. Es wird einfach ausgesprochen was ge-dacht wird. Der (musikalische) Altersunterschied kommt der Band wirklich zugute; eine gelunge-ne Mischung aus etwas blauäugigem Verhalten und Erfahrung. Im Alter hat man immer mehr Verpflichtungen und weniger Freiheiten bzw. Freizeit. Man will, aber kann beispielsweise nicht jedes Wochenende Shows besuchen oder spielen. Man muss einfach seine Prioritäten (er)kennen und auch wahrnehmen.

Was versprecht ihr euch in den heutzuta-ge von einem Release? Jede Menge illegale Downloads oder viele Verkäufe? Was treibt euch als Band an noch CDs pressen zu lassen?Stephan: Für mich hat eine CD definitiv ei-nen Stellenwert. Es ist etwas, was man in der Hand hat, etwas was ich geschafft habe. Das Internet ist hier sogar eher von Vorteil, denn wer Spaß an der Musik hat, der kauft eventuell auch unsere CD. Es geht darum, so viele Leute wie möglich mit unserer Musik zu erreichen.

Sascha: Durch die Downloadsache achten vie-le Leute allerdings weniger auf die Texte und Booklets.

Boris: In Europa gibt es wesentlich mehr Bands, die es verdient haben unterstützt zu werden, indem man ihre CD kauft.

Stephan, Jogi: Man sollte die Kosten einer CD-Veröffentlichung auch nicht unterschätzen. Das sind mal eben ein paar Tausend Euro Pro-duktionskosten, welche die Band tragen muss und in der Regel hierfür ein paar CDs bekommt und mehr nicht. Man will als Band nicht noch oben drauf zahlen und auch nicht Konzerte für die berühmte „feuchte Hand“ spielen. Unse-re USA-Tour, die da in Planung ist, bildet da eine Ausnahme. Das war uns allen aber vorher auch klar. Generell bringen dich Shows außer-halb der Heimat bzgl. des Bekanntheitsgrads weiter, aber es muss sich aber lohnen, wenn man die Unkosten bezüglich Benzin, Mietfahr-zeug usw. im Hinterkopf hat.

Aufgrund der langen Bandgeschichte habt ihr bestimmt auch einiges in Sachen Engage-ment in der Musikszene (andere Bands, Loca-tions) zu erzählen.Boris: Im Julius-Leber-Haus hatten wir unsere erste und auch letzte Show. Persönlich habe ich mein erstes Konzert mit 16 erlebt. Copykill als Band hat definitiv den Ruhrpott-Hardcore mitgeprägt. Wir waren eine der ersten Bands hier im Ruhrgebiet und haben unsere Spuren hinterlassen.

Sascha: Das Jugendzentrum in Essen ist mitt-lerweile auch geschlossen, das Brotherhood-Festival wurde abgesagt, die Ausweichshow im Kreativdorf war wohl auch eine einmalige Sache. Momentan ist es einfach sehr schwie-rig überhaupt Locations zu finden.

Wie seht ihr das Thema „Beatdown“ in Kom-bination mit Jogginghosen, Nike Air und dem stellenweise aggressiven Verhalten auf Shows? Stephan: Ach wir sind einfach froh, dass Leute nachkommen.

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Jeder der die Musik gut findet soll kommen.Boris: Aussehen nicht alles und selbsternann-te Szenepolizisten sind einfach nervig. Sie de-finieren was ist cool und was nicht, tragen ihre Meinung permanent nach außen und profilie-ren sich wo sie nur können.

Stephan: Egal ob Stylepiraten und Szenepo-lizisten, es geht darum dass alle die gleiche Musik hören und Spaß daran haben wollen und auch sollen. Wir sind früher doch nicht anders rumgelaufen.

Wie seht ihr die Entwicklung in der Musiksze-ne und auch speziell das Ruhrgebiet? Boris: Viele Trends kommen und gehen ein-fach.

Stephan: Nehmt Madball als Beispiel. Man trifft auf deren Shows immer wieder die gleichen Leute und hat trotzdem einfach nur Spaß.

Sascha: Beschissene Leute hören halt auch beschissene Musik, hahahaha.

Boris: Stagediven geht heutzutage einfach nicht mehr. Erinnert euch mal an den Verletz-ten auf der Madball-Show.

Stephan: Im Osten Deutschlands ist das Pub-likum irgendwie dankbarer; dort herrscht aber auch ein anderer Tanzstil.

Es gibt natürlich auch ein neues Album namens „New World Error“. Lasst mal hören wie dieses entstand. Ich habe gehört ihr plant zudem ein Split-Release?Boris: Zum Album haben wir ja bereits etwas zur Entstehungsgeschichte erzählt. Die geplant Split machen wir mit The Platoon. Jede Band steuert jeweils zwei Songs dazu bei. Es wird die Split als 7“ Vinyl mit Downloadcode und auch als digitalen Download geben. Warum wir eine deutsche Band als Partner nehmen? Wir hatten einfach keinen Bock einer amerikanischen Band in den Arsch zu kriechen. Europäische Bands sollten sich gegen-seitig pushen. Bestes Beispiel hierfür war seiner-zeit das Release der Copykill/Drift Split. Die Ver-öffentlichung der Split ist für September/Oktober auf Deadserious Records geplant.

Welche Pläne habt ihr als Band und Einzelperso-nen? Geht’s auch bald wieder auf Tour?Boris: Wir machen nun die Songs für die Split fertig. Im Herbst ist eine zweiwöchige Tour durch Deutschland geplant. Außerdem versuchen wir mal die USA-Geschichte anpeilen. Weiterhin wer-den wir im Mai auf dem Evil Horde Festival und im Juli auf dem Nord Open Air mit Sodom spielen.

Irgendwelche letzten Worte?Vielen Dank für die Zeit und die Möglichkeit mal wieder ein Interview zu geben.

Sebastian Seitz

10 Interviews

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TEPHR AErcüment über Inspiration, Bandalltag und Klone

Man kann sie als das Ur-Gestein der deutschen Doom-/Sludge-Szene betrachten. Die Jungs aus Braunschweig kochen seit Jahren ihr ei-genes Süppchen und mittlerweile wirft man ihnen vor ein Klon zu sein. Dabei entwickeln sie sich doch nur weiter.

Hi Ercüment. Zu allererst, wie geht es dir? Du hattest ja im letzten Jahr gesundheitliche Pro-bleme und ihr musstet deswegen Konzerte ab-sagen und verschieben. Siehst du dich jetzt fit genug um im neuen Jahr durchzustarten?Ja, bin auf dem Weg der Genesung und denke auch das wir so langsam wieder starten können.

Nun zur Band. Erzähl doch bitte einmal etwas über Tephra. Ich weiß, es ist Standard!Es war einmal ein Haufen Verrückter die sich dachten „Hey, wir sitzen alle in einem Boot, lasst uns eine Band starten...“ und alles andere nahm seinen lauf.

Wie kamt ihr bzw. du, zur Musik?Mit 10 Jahren oder so habe ich mit einem Freund „Gorilla Biscuits“ und „Spermbirds“ gesehen und als unsere Väter uns abholten, haben wir die ganze Rückfahrt genervt das wir eine Gitar-re und einen Bass haben wollen. Ein paar Tage später war es soweit und wir fanden auch gleich ein paar Jungs die „Metallica“ etc. coverten. Wir gründeten gemeinsam unsere erste Band na-mens „SUICIDE“. Mit eigenen Songs etc.

Eure letzte LP, Tempel, wurde ja Live im Studio aufgenommen. Ich kann jetzt nicht sagen ob man es raushört oder nicht, aber es war schon viel Druck hinter den Aufnahmen. Werdet ihr es bei den neuen Aufnahmen wieder genauso machen oder spielt ihr alle Instrumente einzeln ein?Ja, das haben wir und ich denke auch, dass wir, falls wir was neues machen sollten, es auch wie-der Live einspielen werden.

Nächste Standardfrage: Wie arbeitet ihr an Songs bzw. wie verläuft eine Probe?Wir treffen uns im Proberaum, trinken ein paar Bier und werfen neue Ideen in den Raum. Falls da was gutes dabei ist arbeiten wir daran. Ei-gentlich wie fast jede andere Band.

Als ich „Tempel“ zum ersten Mal hörte, dachte ich: „Oha, hier ist was passiert“. Was hat euch zu dieser Weiterentwicklung gebracht? Viele Leute jammerten ja auch rum, ihr hättet euch total verändert und wärt ein Neurosis Klon ge-worden.Genau deswegen haben wir uns weiterentwi-ckelt, momentan klingt ja alles gleich was auf dem Markt in der sogenannten Doom Sludge Szene ist. Ehrlich gesagt, können wir auch be-

haupten dass wir kein Stück nach „Neurosis“ klingen, musikalisch und Soundtechnisch zwei verschiedene Welten. Dann wäre „Jon Bon Jovi“ ein „Aerosmith“ Klon und „Eva Padberg“ ein „Heidi Klum“ Klon, oder was!?!?

Kannst du einen Einblick im Bezug auf die Be-deutung von Tempel geben? Habt ihr durch den Verlust eures Keyboarders etwas am Sound ein-gebüßt?Körper und Geist wird eins, das ist der Tempel! Der Ausstieg von unserem Keyboarder war zwar traurig aber wiederum war es ein Ansporn neue Wege zu gehen und der Sound wurde dadurch nur direkter.

Hast du schon mal auf der Bühne gestanden und dachtest dir: „Aaaaaah, ich geh Heim“?Klar, manchmal hat man solche Tage, man ist Krank oder das Equipment und Sound macht ei-nem Probleme.

Momentan rennt ja eine Reunion Welle durch die musikalische Landschaft. „Refused“, „at the Drive-In“, „Unbroken“ usw. Wie steht ihr dazu?Ach, das gibt es doch alle Tage wieder, kein Prob-lem damit, sollen sie machen solang die Musiker Energie und Spaß daran haben. Na ja, wir gehö-ren zu den glücklichen die die oben genannte Bands alle schon zu ihrer aktiven Zeit gesehen haben, von daher...

Es passiert oft, dass in einigen Interviews die gleichen Fragen auftauchen. Gebt ihr da mitt-lerweile Standardantworten, nervt es euch gar oder seid ihr froh über jede Frage, auch wenn man sie öfters gestellt bekommt?Hahaha, Standardantworten bedeuten für uns; Copy / Paste!!! Ja, manchmal nervt es weil auch zumal vieles über uns im WWW steht und man es da nachlesen kann, aber so ist das halt und wir nehmen es mit Humor. Aber natürlich freuen wir uns auch denn das zeigt Interesse an uns.

Und noch eine Standardfrage: Was macht ihr neben der Band?Malochen....Leider!

Ganz wichtig ist die Backstage Frage: Was geht bei euch im Backstageraum ab?Koks und Nutten! Nein, Essen, Trinken, Knochen dehnen, Nacken kreisen und uns auf die Show vorbereiten...

Was können wir dieses Jahr noch von euch er-warten? Ich hoffe doch ´ne Tour und ´ne Platte. Und ´ne Tour-Doku wünsche ich mir. Mit Bonus Material !Kann ich dir noch nicht genau sagen aber hoffe mal alles von oben genanntem ! Erstmal werde ich mit „General Chaos“ weiter ar-

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beiten und mit einem neuen Projekt starten wo unser Drummer und Basser mit bei sein werden.

Was haltet ihr innerhalb der Band von ACTA? Und komm mir jetzt nicht mit Abstand! Klar schadet es den großen Bands, aber bei für Underground Bands ist das nur von Vorteil. Wer-bung für umme durch all die Blogs mit direkten Links zu den Downloads, „Spread the word“ prin-zip.

Gibt es noch abschliessende Worte von deiner Seite her?Schafft Facebook ab und schreibt wieder mehr Briefe an echte Freunde!

Dann bedanke ich mich dass du dir die Zeit ge-nommen hast um die Fragen zu beantworten. Danke dir und dein Interesse, Cheers!

Danke.

Marc Köhler

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Kickback Sänger Stephan wurde einst anstelle des Psychos als „denkendes Produkt in unserer kran-ken Welt“ betitelt. In dieselbe Sparte lässt sich wohl die Berliner Kombo „Reborn to Conquer“ einordnen. In den letzten Jahren unglaublich ge-wachsen, veröffentlicht, die vom Metal geprägte Band, nun ihr neues Album „Eternal Sleep“, das ohne Zweifel einen ebenso düsteren wie ständig stärker werdenden Charakter verkörpert. Gitarrist Lennart über die neue Platte, den Tod, Glauben und Macht ...

Du spielst in mehreren Bands. Doch hat alles mit „Reborn to Conquer“ angefangen ... Was bedeutet dir die Band?„RTC“ gibt es mittlerweile seit über 6 Jahren und in dieser Zeit sind die Jungs zu meinen besten Freunden geworden. David, Phil und ich haben die Band zusammen aufgebaut und zu dem gemacht was „RTC“ heute ist. „RTC“ ist eine der beständigsten Sachen in meinem Leben und gibt mir unheimlich viel Halt.

Vom Abhängen zum Konzeptalbum - wie siehst du eure Entwicklung?Durchweg positiv. Wir haben angefangen in einem Jugendzentrum Musik zu machen und Spaß zu haben. Irgendwann hat man aber eine andere Sicht auf die Dinge und fängt

an anspruchsvollere Musik machen zu wollen und etwas zu verkörpern.

Ihr schlagt mittlerweile düstere bis ernstere Töne an. Wie kommt’s?Wir leben in einer Welt, in der im Gesamten NICHTS in Ordnung ist. Natürlich ist bei je-dem nicht alles scheiße - ich habe Spaß am Leben und bin auch kein übertriebener Pes-simist, aber ich bin auch der Meinung, wenn man die Welt realistisch betrachtet, ist man quasi gezwungen ernste Songs schreiben. Ich verarbeite mit „RTC“ meine Umwelt und die ist unfair, dreckig und düster.

Wer schreibt eure Texte und wen wollt ihr damit ansprechen?Die Texte werden ausschließlich, bis auf ein paar Zeilen, welche von mir stammen, von David geschrieben. Wen wir ansprechen wol-len kann man nicht pauschalisieren. Im Prin-zip jeden der die Texte versteht und sich an-gesprochen fühlt.

Euer aktueller Videoteaser erinnert stark an Kickback. Inwiefern beeinflusst euch die französische Skandalband?Also bei mir rotieren gerade die älteren Scheiben sehr regelmäßig. „Cornered“, „Fo-

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rever War“ und „Les 150 passions meurtri-ères“ sind meiner Meinung nach neben den „Length Of Time“, „Arkangel“, „Liar“ und „Negate“ Scheiben die besten europäischen Hardcore Alben der 90er und 00er Jahre. Was das Video angeht lag die Inspiration eher bei den Videos von „Amen Ra“, „Cult of Luna“ und „Integrity“.

Denkst du, dass es durch euer Cover, Layout und Teaser einfacher ist, die Hörer von vorn-herein zu schocken? Schocken eigentlich weniger. Der Teaser schockt vielleicht im ersten Moment viel-leicht ein bisschen, aber der ist ja auch dazu da, die Aufmerksamkeit der Leute auf sich zu ziehen. Wir haben allerdings darauf geach-tet, nicht zu extreme Bilder zu zeigen. Wir verkörpern unsere Musik vollkommen und darum fühlen wir uns auch nicht in der Rolle einer Band die unbedingt schockieren muss, auch wenn man damit sicherlich wesentlich mehr Aufmerksamkeit bekommen würde. So sind wir einfach nicht.

Ihr selbst beschreibt eure Musik als metal-lisch - doch ihr seid im Hardcore manifes-tiert. Was hörst du privat?Alles Mögliche...Kommt auf meine Stimmung an. Klar, viel Metal und Hardcore aber auch HipHop und eigentlich jegliche Form von

Rockmusik. Auch viel Ruhiges. Ich höre z.B. oft „The Fray“ zum runterkommen.

Euer neues Album „Eternal Sleep“ ist weit von dem üblichen, was man in der Szene erlebt, entfernt. Wieso wird die Definition von Härte und Leid ständig erneuert? Wir haben versucht uns für unser neues Zeug stärker von unseren Wurzeln inspirieren zu las-sen. Das ist 80er und 90er Hardcore, Thrash und Death Metal und Sachen wie „Sludge“ und „Stoner Rock“. Das ist Musik die wir fühlen. Richtige Härte kann nur durch ehrliche Emoti-onen entstehen.

Geprägt vom Drang etwas verändern zu wollen und eure persönlichen Gedanken in die Welt schreien, ist „Eternal Sleep“ ein hartes Brett. Wie empfindest du eure Attitüde?Wir versuchen durch die stilistische Weiterent-wicklung in unserer Musik und auch Ansagen auf Shows und Posts in Social Networks schon etwas zu verändern. Wir wollen Anstöße geben, zeigen, dass man nicht das Gleiche machen muss wie alle anderen.

Vielleicht seid ihr Menschen, die „RTC“ auf oberflächlicher Ebene betrachten, einen Schritt voraus? Wenn man etwas verändern will, dann muss man schneller sein als die allgemeine Entwick-lung und die Leute die daran teilhaben. Man muss sie abfangen und in eine Richtung leiten. Nur derjenige der einen Schritt voraus ist, ist dazu in der Lage. Würden wir machen was Leu-te wollen oder erwarten dann wäre das ganze hier sinnlos.

Die Angst vor dem Tod ist auf der neuen Schei-be unüberhörbar ......weil der der Tod allgegenwärtig ist. Es gibt keine Situation in der man davon los kommt, obwohl der Tod eigentlich nicht existent ist. Der Tod ist nur die Nichtanwesenheit von Leben und das macht ihn so unbegreiflich für uns. Leben und Tod sind untrennbar miteinander ver-eint darum umgibt er uns unumgänglich.

Ihr behandelt außerdem das Thema Glaube aus einem kritischen Blickwinkel. Wie stehst du zu Religion?Ich finde, jeder soll glauben woran er glauben will. Das klassische Konzept der Religionen ist meiner Meinung nach ein Problem. Es ist anti-quiert. Die Nichtakzeptanz anderer Religionen ist dabei das größte Problem, da seit jeher in jeder organisierten Religion versucht wird, An-ders- oder Nichtgläubige zur eigenen Religion zu überzeugen. Und warum? Um Macht zu ha-ben. Bei der Glaubensfrage geht es schlichtweg um Macht. Es ist die einzige Möglichkeit ne-

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ben den Gesetzen Menschen in Schranken zu weisen. Durch die Furcht, nicht ins Paradies zu kommen oder so. Wenn es nicht um die Macht ginge könnte man doch jeden Leben lassen wie er will, wenn er nicht danach strebt erlöst zu werden.

Aber ist es nicht der Glaube, der Menschen auf-recht hält? Und nicht zuletzt auch Musik an die Menschen glauben?Ja! Vollkommen richtig, Glaube gibt Halt. Und insofern finde ich es ja auch vollkommen okay. Wer damit leben kann, sich einem „Gott“ zu unterwerfen und Dinge zu tun oder zu lassen weil es so vorgegeben wird soll es tun, solan-ge dadurch keine Feindseligkeiten entstehen. Musik ist dabei meiner Meinung nach nur eine Plattform um Texte jeglicher Bedeutungen zu äußern. Ob jemand christliche Musik macht, atheistische oder satanistische ist dabei voll-kommen egal, da so nur die Zielgruppe definiert wird. Halt können die Texte dann mit Sicherheit geben, das ist dann aber vom Zuhörer abhän-gig.

Gelegentlich streifen eure Lyrics an gesell-schaftskritischen Themen. Was denkst du soll-te in der Öffentlichkeit offener behandelt wer-den?Die allgemeine Informationspolitik lässt zu wün-

schen übrig. Es gibt quasi keinen Bereich aus dem neutrale, reflektierte Informationen an die Öffentlichkeit gelangen. Medien lügen, Poli-tiker lügen. Alles wird entweder geschönt oder dramatisiert. Zudem existiert in unserer Ge-sellschaft quasi kein Respekt mehr. Nicht vor anderen Menschen, nicht vor unserer Umwelt, von der Natur gar nicht erst zu sprechen. Noch nicht einmal vor sich selbst haben die meisten Menschen Respekt. Das ist traurig.

Verkörpert das Album das was „Reborn to Conquer“ ist? Komplett. Dieses Album ist „Reborn To Con-quer“ in Reinform. Wir sind keine Kompromisse eingegangen. „Eternal Sleep2 wurde nicht da-für geschrieben Erwartungen von irgendwem zu erfüllen, außer unsere eigenen.

Any last words?Danke an alle Booker, an alle Labels die gute Musik rausbringen, an alle Bands, an alle Zi-nes, besonders an Outspoken, an jeden der CDs, Vinyls und Merch kauft, an jeden der auf Shows geht, an jeden der sich traut zu denken und den Mund aufzumachen. Ohne euch alle würde das ganze hier nicht funktionieren.

Sandra Redegeld

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Markus, eines vorweg: Wie sieht’s mit „Sneak Attack“ aus?Leider eher schlecht, seit uns Torben in Richtung „Scar-red Mind“ verlassen hat, liegt die Band mehr oder weni-ger auf Eis, da wir weder einen guten Ersatz gefunden haben, noch im Moment die Motivation vorhanden ist. Nichtsdestotrotz gibt es die Band noch und es könnte gut sein, dass da irgendwann nochmal etwas kommt.

Und wie bist du dann zu „Still Ill“ gekommen?Das war eher ein Zufall, bis zum Februar hat dort noch Chris von „Kill This Dream / Papers Please“ gesungen. Auf Grund von zeitlichen Problemen hat er sich aller-dings dafür entschieden die Band zu verlassen und hat mich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte für ihn einzu-springen. Ich hab dann einfach zwei Mal mitgeprobt und es passte wirklich ausgesprochen gut. An dieser Stelle auch einen Gruß und nur das Beste für Chris!

Wie kam’s zu dem Bandnamen?Zuerst lief die Band unter dem Namen „Sledge Ham-mer“, allerdings stellte sich dann heraus, dass es doch schon mehrere noch aktive Bands aus dem Metal/Hard-core-Bereich gibt, die ebenfalls so heißen. Dann ging das ein wenig hin und her mit einigen Vorschlägen und am Ende kam „Still Ill“ bei rum. Man könnte das Ganze als Morrissey oder Mongoloids-Referenz sehen oder aber auch einfach nur als passende Beschreibung für meinen ewig andauernden Gesundheitszustand...

Quasi aus dem Nichts stehen „Still Ill“ nun an vorders-ter Front und werden als ganz heißes Eisen gehandelt. Was steckt hinter dieser außergewöhnlichen Kombo?

Welche Intentionen verfolgt ihr?Danke für die Blumen! Ich denke, was ziemlich cool ist, ist dass wir einfach keinen Einheitsbrei von der Stange machen. Uns ist es allen sehr wichtig, dass die Musik nicht langweilig oder lahm klingt, sondern auch einen gewissen musikalischen Anspruch erfüllt. Die ganzen Jungs hinter den Instrumenten sind halt ziemlich fit in dem Bereich und passen spielerisch einfach ziemlich gut zusammen. Da jeder von uns aus einer anderen „Sparte“ im Hardcore kommt sammeln sich da die ver-schiedensten Einflüsse, was man vor allem auf den neuen Liedern merken wird. Als Intention verfolgen wir wohl das, was jede halbwegs vernünftige Band verfolgt: Wir wollen spielen, eine gute Zeit mit unseren Freunden haben und Aachen wieder ein Stück mehr auf die Karte setzen.

Schnaps gibt’s aber immer noch?Damit kann und muss gerechnet werden.

Worum geht’s in euren Lyrics? Schreibst du die Texte?Genau, die Texte wachsen wie auch bei „SNAT“ auf meinem Mist.

Ich versuche da meiner bisherigen Linie recht treu zu bleiben und schreibe generell über alles was mich so bewegt. Ich fürchte damit im Hardcore nicht unbedingt eine Neuerung zu bringen, allerdings möchte ich das auch gar nicht. Ich schreibe über Freundschaft, Verrat, die Szene an sich, Politiker und die ständigen Lügen, die einen umgeben. Ich denke, dass sich jeder mit dem einen oder anderen Text identifizieren kann, da das ein-fach Situationen sind, die jeden von uns irgendwann

STILL ILLWie Phönix aus der Asche:

Aus der nicht mehr ganz so glühenden Asche der Aachener Band „Sneak Attack“ und den Überresten aus „Kill This Dream“ und „Disloyal“ erhebt sich pünktlich zum Weltuntergang 2012 eine neue Band direkt aus dem Herzen der Kaiserstadt. Am 18.05. stellten die Jungs ihr Können im schönen Münster unter Beweis – doch das ist natürlich noch längst nicht alles. Fronter Markus meldet sich zu Wort.

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: Stil

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Still Ill 17

einmal betreffen. Ich versuche eine gesunde Mischung aus anprangernden und positiven Texten zu schreiben.

Wen wollt ihr mit eurer Musik ansprechen?Wie schon erwähnt, denke ich, dass jeder schon einmal in der Situation war, dass ihn sein bester Freund belo-gen hat, seine Freundin betrogen oder er einfach den Fernseher anmacht und einfach nur Scheiße sieht. Das sind Probleme die sich durch alle Schichten ziehen und die man einfach gut besingen kann. Teilweise biete ich meine eigenen Lösungsansätze an, teilweise schrei ich einfach nur meine Enttäuschung oder Wut heraus. Aber auch positive Texte finden da Platz, über die Freund-schaften, die ich durch die Musik aufgebaut habe und über die guten Zeiten, die ich mit all den Leuten erlebe. Einfach Musik für Leute, die den ganzen Kram genau so sehen wie ich und dieses ganze Hardcore-Ding mit der Zeit einfach zu schätzen gelernt haben.

Du gehörst ja mittlerweile zum alten Eisen. Wie stehst du zur Szene?Das ist immer schwer zu pauschalisieren, es gibt mitt-lerweile ja so unglaublich viele Szenen, dass man da schnell mal den Überblick verliert. Wenn man sich ein-mal durch die neusten Top-Youtube-Kommentare klickt, lernt man wieder zehn neue Musikrichtungen kennen. Generell liebe ich die Szene. Das ist dieser Grundstein, der seit fast 10 Jahren nun mein Leben umgibt und mir bisher nur gute Erinnerungen verschafft hat. So gut wie alle meine Freunde kenn ich durch die Musik und halte auch darüber Kontakt zu ihnen. Durch die Konzertbe-such komme ich viel rum treffe auf verschiedene Men-schen, ich mag das sehr gerne. Wenn man da irgend-wann zum Kern vorgedrungen ist, trifft man auf jeden Fall auf viele Gleichgesinnte Menschen, für die Freund-schaft, Ehrlichkeit und Hilfsbereitschaft sehr wichtig ist. Man will einfach zusammen das am Leben erhalten, was man liebt. Was hingegen einfach nur noch nervt, sind die ganzen Kids, die das nur noch nutzen um sich zu profilieren. Shows in Köln sehen aus wie eine Hipster-Modenschau und große, künstlich gepushte US-Bands spielen vor ausverkauften Hallen, während Bands, die schon 10 Jahre länger dabei sind, vor 50 Leuten im Ju-gendzentrum spielen. Die Leute interessieren sich nicht mehr für ihre lokale Szene, was es Bands und Bookern schwer macht, ihr Hobby und ihre Passion weiterzule-ben, ohne sich selber in ein großes finanzielles Risiko zu begeben. Aber allein so großartige Sachen wie die Hardcore Help Foundation und die Art und Weise wie enorm das mittlerweile funktioniert, zeigt doch dass der Großteil der Szene einfach super ist und man einfach stolz sein kann, daran teilzuhaben.

Ist Individualität bei all den Modeerscheinungen in der heutigen Szene überhaupt noch möglich?Natürlich ist das möglich, jeder Mensch an sich ist in-dividuell, es sind die Menschen selber, die sich immer in ihre Uniformen zwängen. Die ganzen Kids denken, sie wären cool und hart, wenn sie sich mit 18 den Hals und die Hände zuhacken lassen oder ihre Ohren auf 40mm dehnen. Das sind dann meistens die, die in 2

Jahren Dubstep oder Elektro hören und nie wieder eine Hardcore-Show betreten. Jeder soll einfach sein Ding machen, sich nicht von dem Trend-Scheiss blenden lassen und sich selber treu bleiben. Ich denke das ist sehr wichtig und trägt enorm zur eigenen Ausstrahlung und Individualität bei.

Und wenn du innerhalb der Szene etwas ändern könn-test: Was wäre das?Ich will, dass die Leute wieder zu Shows kommen. Shows, wo nicht unbedingt die angesagte US Band spielt oder das neuste Zugpferd von Impericon. In Aachen sind kaum gute Shows, für uns Aachener ist es vollkommen normal 1-2 Stunden zu fast jeder Show zu fahren, egal ob das nun für „Hatebreed“ oder eine kleine lokale Band ist. Die Leute sind zu verwöhnt, ge-hen nur noch auf die großen Touren, während wirklich reale und gute Shows unterbesucht sind. Wenn eine Show in eurer Stadt ist, geht hin. Selbst wenn ihr die Bands nicht kennt oder nicht eure Lieblingsband dabei ist: Supportet eure Szene und euren lokalen Booker, denn nur so kann er weitermachen und vielleicht dann irgendwann auch eure Lieblingsband in eure Stadt ho-len.

Zurück zu euch: Mit wem würdest du am liebsten die Bühne teilen?Ich würde sehr gern mal mit „Death Threat“ zusam-men spielen, welche für mich eine der besten noch aktiven Bands weltweit sind. Um aber mal realistisch zu bleiben freue ich mich persönlich enorm vielleicht in Zukunft mit großartigen Bands wie z.B. „The Ice“, „The Platoon“, „Look My Way“, „City 2 City“, „Ablaze“, „Re-born To Conquer“ und Co. zu spielen. Denn auch wenn „Death Threat“ einfach wunderbar sind, haben wir doch auch genug eigene tolle Bands.

Gibt’s konkrete Showpläne?Also wir hatten unsere Release-Show am 18.05 in Münster mit „Guilty“ und „Redemption Denied“ und werden am 10.08 mit „“ im Roots Club in Mönchen-gladbach spielen. Falls sonst irgendwer Bock hat uns mit auf seine Show zu packen, soll sich einfach bei uns melden, wir haben Bock!

Was erwartet uns sonst in der Zukunft?Nach dem Release der ersten Demo sind wir nun dabei neues Material zu schreiben und uns noch ein wenig mehr aufeinander einzuspielen. Ich weiß nicht wohin das führen wird, vielleicht zu einer 7“ oder einem ande-ren Output-Format. Ich hoffe, dass wir viele Shows spie-len werden und die Leute sich auf die Musik einlassen.

Any last words?Vielen Dank für das Interview, vielen Dank an Timo von Hard Coal Records, für das Releasen und Unterstützen, an Sharp Darts Booking aus NRW für das Buchen von coolen Shows und an alle Bands, Booker und Konzert-besucher aus NRW, die diese Szene so lebendig halten!

Sandra Redegeld

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Black Metal und Veganismus sind zwei Dinge, die sich eigentlich gegenseitig ausschließen, zumindest auf den ersten Blick. Für die meisten Außenstehen-den ist Black Metal lediglich Krach, Bier, aufgespießte Tierköpfe und Satanismus.

Dass es auch anders geht beweist der Schwarzme-taller Brian Manowitz, der seit einiger Zeit fleißig ve-gane Kochrezepte, in Form von Black Metal Videos, unter dem Namen „Vegan Black Metal Chef“ veröf-fentlicht

There are probably some readers who don‘t know your videos. Can you please explain what they are about?Basically its a vegan cooking show set in a dun-geon like atmosphere but there is no talking, I write my own soundtrack to the episodes and the lyrics to the songs are the „recipies“ and what is gonig on. Everything is subtitled so you can understand what I am saying. Add in a bunch of candles, spikes, wicked knives, and insanity.

What was your intention to start this?My main intention was to answer the question „what do vegans eat?“

In the most fun way I know how. Also answering that question with undeniably amazing meals, and making a cooking show... that is actually a cooking show... that kicks ass.

Do you have a favorite episode?I hate every episode by the time I release it (I have seen it so many times). After about a month of not seeing the episode, I like them all.

Did you do it all on your own, or did someone help you?I have had help building some of the „set stuff“ but otherwise its an one man show.

Who plays the instruments in your videos?I play all of the instruments and vocals in the videos. I program the drums.

What are your favorite bands?The obvious bunch of infulences in my music are Dimmu Borgir, Immortal, Emperor, all the greats... I also really like bands like naglfar, equilibrium, fintroll, and a countless list of va-rious bands like these... to thrash greats slay-er, metallica, pantera, to punk to industrial and trance and celtic music. Like many in this age

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V EG AN BLAC K METAL CHEFMetal mal ganz ohne Klischees

of giant music libraries, I listens to a huge vari-ety.

Metal in general often is all about fucking loud music, beer and meat. Do you know many - let‘s say - Metalheads which are vegan, too? I personally know very few, although from the comments on the videos it seems there are a few more than I thought in the world.

How do you think a vegan diet and Black Metal fits together?Luckily my ears do not have to chew my food and my stomach does not need to digest my metal.

How long have you been vegan and how did you come to that decision?I have been vegan for about 12 years or so. The fast answer is that I do not believe in the exploi-tation of animals. You can find a more in depth answer on my website veganblackmetalchef.com/whyvegan

Basically I came to it through a number of ave-nues. 1) I had a girlfriend at the time that went vegetarian (how typical) and she didn‘t die. 2) I recognised that it was probably the „right“ thing to do even if I was not ready for it at the time. and 3) Just became conscious of my ea-ting and its consequences. At some point I just realized not going vegetarian was just a fear in myelf. Once that is recognized its easy to push past the fear. I became vegan later on that year after seeing some videos at an „animal rights“ group I joined in college.

What do you think about these mostly Norwe-gian „super true evil“ Black Metal bands?Some of them have helped create and shape an amazing musical genera that is haunting, dark, and magnificent. Some are just defecating out loud. Its up to us to choose what to feed on.

Black Metal has some kind of a bad image. And there definitely are some harsh tendencies, like using animal parts as decoration or sacri-fication, nationalism or even xenophobia. Do you listen to bands which are somehow related to this?Everything in this world has its 2 aspects of destruction and creation. The study of physics has been linked with millions of deaths and has led us to build incredible things. As can be said about most/all musical generas if you look enough, there are its destructive aspects and constructive aspects. If you focus on the cons-trutive aspects you can build something in this world. If you focus on its destructive aspects you can try to tear something down. I choose to focus on what I see as black metals construc-

tive aspects, an amazing, emotionally moving atmosphere and powerful epic nature to move people to see a great alternative to the typical lifestyle.

For the 2nd part of your questions about bands related to that. I see people using animal parts as decoration everywhere I go in the form of le-ather pants, shoes, couches etc... How is what the bands with animal parts do any different? At least it shows exactly what the decoration is. I also do not agree with every single thing every band I lisen to has to say or does, yet I will try to see where they are coming from.

Are you religious?The word „religion“ is a very loaded term the-se days. I consider myself religious yet I take the defination of religion to be „The study of the subjective (inner) world“ just like science is „the study of the objective (outer) world“. To me religion is of utmost importance with this definition for obvious reasons... to discover the laws and cause effect relationships in the sub-jective world. Since religion does not mean this to most people, I call it mysticism instead.

Do you do sports?I sometimes get in and out of martial arts and work out semi regularly. I do not follow or care about most sports.

Do you prefer organic products or do you use everything as long as it is vegan?At the moment I use everything as long as its vegan... However I recognize organics as the right way to go. How can we be the best we can be without giving ourselves the best fuel? I am currently bringing consciousness to this and am excited to incorperate more organics into my diet. Im not sure if I will ever go 100% organic as I still feel it might not be a completly afforda-ble alternative to the common person just yet.

What do you think about direct action in any way?While currently not having the guts to do such acts myself at the moment. I admire those who are willing to thoughtfully put thier own free-dom on the line in order to help some relativly small number of individuals out of an existance of hell. Especially when it is done with great pl-anning (a place for the animals to go) and no additional harm to other people. We should never forget that beings right this moment are suffering an unimaginable amount.

Thank you for your time.

Robin Siegert

Vegan Black Metal Chef 19

20 Outspoken Global

9.984.670 km². 10 Staaten. 2 Amtssprachen. Eine Menge guter Bands und „Raymi the Minx“. Das ist „the Great White North“. Auch Kanada genannt. Was wissen wir alles über Kanada? Die Amis mö-gen es nicht besonders, sie haben dort Elche, ei-nen verdammt kalten Winter, „Bryan Adams“ und die „Excellence of Execution Bret the Hitman Hart“. Und die Musik? Bisher konnte man ohne zu lügen sagen, dass Bands/Musiker aus Kanada immer sehr gut waren in dem was sie taten. Hier möchte ich euch eine kleine Auswahl geben.

Fangen wir mit einem Mann an, einem ge-standenen Mann. Leonard Cohen. Seines Zeichens ehemaliger Anhänger der Church of Scientology, Schriftsteller und Singer/Song-writer in der Folkbewegung der 60er Jahre. Er wurde 1934 in einer jüdischen Mittelschichts-Familie geboren und begann das Gitarre spie-len NUR um damit Mädchen imponieren zu können.

Seine Karriere fing als Schriftsteller an und erst Mitte der 60er Jahre wechselte er zur Musik um mit den Einnahmen von der Musik

seine Bücher finanzieren zu können. Zu der Zeit wohnte er auch in New York im Chealsea Hotel. Das Lied „Chelsea Hotel No.2“ ist Janis Joplin gewidmet und wurde zu einem Denk-mal für gleichnamiges Hotel.

Das Album „Songs of Love and Hate“, wel-ches 1971 raus kam, versetzt seine Hörer in melancholische und depressive Stimmung.

Kritiker waren der Meinung, man solle dem Album Rasierklingen hinzufügen.

Seine Lieder und Songtexte waren Vorlagen für Bands (u.a. „the Sisters of Mercy“) , Plat-tennamen und wurden teilweise sogar für Soundtracks („Waiting for the Miracle“ wurde die Titelmelodie von „Natural Born Killers“) benutzt. Viele seiner Lieder wurden von na-menhaften Künstlern und Bands gecovert. Und diese waren teilweise erfolgreicher als die Originalversion von Cohen. Das wohl be-kannteste und am meisten gecoverte Lied von Cohen ist „Hallelujah“. Sein letztes Al-bum brachte der Meister im Januar 2012 raus.

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Kanada 21

Kommen wir nun zu Bryan Adams. Der Schmusesänger mit der Reibeisenstimme...äääh... STOP!

Bleiben wir nun im französischen Teil Kana-das und fahren von Montreal nach Ottawa. Dadurch verändert sich die Musik. Vom leich-ten und melancholischen Cohen, kommen wir zu „Alaskan“. Brachial, düster und guttural. Sollte man Vergleiche ziehen und ich weiß ihr wollt es unbedingt, so könnte man Bands wie „Cursed“, „Fall of Efrafa“, „Planks“, „Tephra“ und „Vestiges“ nennen. Alle schlagen sie in die selbe Kerbe.

Alaskan bestehen aus drei Kids, die, sollte man allem geschriebenem Glauben schen-ken, wohl die nettesten Jungs sind, die die Welt je gesehen hat. Zuvorkommend und höflich, aber auch trinkfest. So etwas wie Großmutters Lieblinge. Dabei sehen sie alles andere als nett aus. Bärtig, tätowiert, tragen schwarze Kleidung. Man könnte sie eher in die Crust-Punk-Ecke stecken. Und genauso ist ihre Musik. Brachial und düster. Die Lieder kommen zum größten Teil mit einer Länge von knapp 6-10 Minuten um die Ecke. Dies nimmt man aber nicht wirklich wahr, weil die Lieder in sich selbst so dermaßen stimmig und abwechslungsreich sind. So kommen sie locker mit 4 Liedern auf eine Spielzeit von +/- 30 Minuten.

Auf ihrer ersten Veröffentlichung haben sie zwischen den Liedern Schnipsel aus dem Film „Session 9“ eingebaut. Dies sorgt auf der Plat-te für eine ziemlich düstere Grundstimmung. Und die Lieder unterstützen das Ganze noch.

Bewegen wir uns nun etwas westlich, kom-men wir zu dem Bundesstaat Manitoba mit der Hauptstadt Winnipeg. Hier sind die groß-artigen „the Weakerthans“ beheimatet. Der Sänger und Bassist John K. Samson spielte vorher bei der Polit-Punk-Band „Propaghan-di“. Er verließ jedoch die Band um: „Musik mit politisch ambitionierten Texten zu ma-chen!“ Seine alte Band war ihm nicht poli-tisch genug und auf „Funpunk“ hatte er keine Lust. Weakerthans spielen eine Mischung aus Midwestern Emo und Indirock mit vereinzel-ten Ausflügen in die Popwelt. Balladen sind der Band auch nicht gerade fremd, steht ih-nen aber gut zu Gesicht. Wenn man die Band auf der Bühne sieht bekommt man immer einen falschen Eindruck, denn ihr Sänger ist ein schmaler Mensch mit einer eher schüch-ternen Ausstrahlung.

Textlich gehen die Werke von den „Wea-kerthans“ in eine politische, soziale und

eine emotionale Richtung. Hier werden Un-gerechtigkeiten angefasst und zum Liedgut verarbeitet. So ist einer ihrer Leitsätze: „Kein Kampf ist aussichtslos, es macht Sinn, sich für eine Veränderung einzusetzen“.

Wer die Möglichkeit hat sie live zu sehen, soll-te sie nutzen. Ihr werdet diese Band lieben!

Auf unserer Reise durch Kanada dürfen „Ni-ckelback“ nicht fehlen. Der Name „Nickel-back“ kommt daher, dass einer der Brüder Kroeger als Verkäufer im Starbucks sagte: „Here´s your Nickel back“. Die Band beste...äääääh...STOP!

Wir ziehen weiter, nach Quebec. Dort sind „Godspeed you! Black Emperor“ heimisch. Die Band besteht seit Mitte der 90er Jahre und wird als ein Vorreiter des modernen Postrock angesehen. Sie selbst distanzieren sich aber von dem gängigen Denken in Musikschubla-den. Ihre Lieder sind meistens zwischen 10 und 25 Minuten lang. So haben sie nie viele Stücke auf ihren Platten. Der Gesang fehlt hier komplett, die Musik wird durch „Feldauf-nahmen“ begleitet. Auch werden klassische Instrumente wie Kontrabass, Violine, Cem-balo, Waldhorn und Cello eingesetzt, da die Band sich komplett modernen Geräten wie Keybord, Computer und Syntheziser verwei-gert.

Die Band startete als Trio und hatte zwischen-durch bis zu 15 Mitglieder. Die Band bestand die meiste Zeit aus neun Musikern.

2003 löste sie sich auf, bzw. machte sie eine siebenjährige Pause. Im April 2010 kündigten sie eine Rückkehr für den Winter im selben Jahr an.

Marc Köhler

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Ampire Records aus Frankfurt ist ein kleines Label aus Frankfurt, welches neben Bands wie „Traeos“, „The Hirsch Effekt“ und „Caleya“ noch einige andere Vertreter der modernen Musik be-heimatet.

Hi Jungs, stellt euch und euer Label mal kurz vor.Wir haben uns 2007 gegründet, die Idee dazu stand schon einige Zeit vorher im Raum. Man musste sich aber auch erstmal in die Materie einarbeiten um zu wissen, auf was man sich einlässt. Anfangs war „Ampire“ so eine Art Side-Project von unserer Konzertveranstaltertruppe, die aber heute nicht mehr existiert. Seit 2009 arbeiten wir sozusagen unabhängig. Momentan besteht das Label aus vier Leuten, die sich je nach Zeit einbringen.

Könnt ihr davon leben?Nein, aber es trägt sich selber. Das Geld, was wir verdienen, wird sofort in neue Projekte oder Werbemaßnahmen gesteckt. Um wirklich Geld damit zu verdienen, da arbeiten wir mit der fal-schen Musik.

Wieviel von eurer Freizeit geht für Ampire Re-cords drauf?Schwer zu sagen, da es keine „regelmäßige“ Arbeit ist. Je nachdem, wieviele Platten wir ver-öffentlichen, kostet es mehr Zeit. Nach den Ver-öffentlichungen heißt es dann erstmal auf die Ergebnisse warten, bevor wir uns in neue Pro-jekte stürzen.

Welche Vorteile bringt es heutzutage (im Zeit-alter der weltweiten Vernetzung) einer Band, sich ein Label zu suchen? Was bietet ihr spe-ziell, was andere Labels möglicherweise nicht bieten?Da hat sich einiges geändert in den letzten 10 Jahren. Früher war ein Vertrag mit einem Plat-tenlabel so ziemlich die einzige Chance, um überregional sich als Band präsentieren zu können. Heute können die Bands sich aufgrund

Facebook und co sehr gut selber vermarkten. Sprich, die ursprüngliche Hauptarbeit eines La-bels ist heutzutage nicht mehr so gewichtig wie damals. Natürlich ist die Promotion und der Ver-trieb nach wie vor die Hauptaufgabe eines La-bels. Der Vorteil heutzutage besteht allerdings, in der Flut von Bands, die es ja schon seit eini-ger Zeit gibt, hervorgehoben zu werden. Gerade aus Sicht von Veranstaltern und Bookern ist es relevant, ob Bands labelgestützt sind. Viele Ver-anstalter arbeiten nur mit Booking Agencies zu-sammen, die wiederum nehmen nur Bands auf, die auf einem Label sind. Wir selber verstehen uns eher als Partner der Bands, die versuchen, ihren Werdegang zu unterstützen und eventuell zu beraten. Allerdings bestimmen wir nicht, was die Band zu tun hat. Laut unserem Leitfaden mi-schen wir uns in das Geschehen nicht ein, da wir den Hörern 100% Band liefern wollen.

Was macht eine Band für euch attraktiv? Nach welchen Kriterien selektiert ihr? Das ist wirklich nicht leicht zu beantworten. Wichtig ist vorallem aber zu erwähnen, dass wir ein szene-ungebundendes Label sind. Klar, der Schwerpunkt liegt auf Hardcore in diversen For-men, da wir alle aus diesem Umfeld kommen. Aber wir mögen auch viele andere Arten von Musik und wollen nichts von vornherein aus-schliessen. Wichtig ist halt, dass die Band nicht aufgesetzt ist, und halt das, was sie macht, ger-ne macht und nicht einen kommerziellen Mas-terplan verfolgt, nur um Platten verkauft zu be-kommen. Authentizität ist hier denken wir mal das wichtigste Merkmal. Klar, der Sound sollte natürlich auch entsprechend qualitativ und gut gemacht sein.

Welche Bedeutung haben digitale Medien für euch? Distanziert ihr euch eher davon oder seid ihr froh, über „neue“ Plattformen und me-diale Formate?Anfangs haben wir diese Itunes-Geschichten so-gar abgelehnt, aber da viele Bands von sich aus danach gefragt haben, sind wir um den bekann-

Ampire Records 23

ten Zahn der Zeit nicht drum herum gekommen. Wir alle haben angefangen Musik zu hören und zu kaufen, wo die CD nahezu das einzige Medi-um war, worauf man Musik kaufen konnte. Kas-setten wurden für die obligatorischen Sicher-heitskopien genutzt. Heute ist in der Tat wieder Vinyl sehr gefragt, und über Itunes geht auch einiges weg. Vinyl ist natürlich der Klassiker und das absolute „Gegenteil“ zum MP3 Download. Dieser ist in unseren Augen ein wenig seelenlos, da es die schnellste und kostengünstigste Versi-on zum Konsumieren ist, jedoch fehlt irgendwo etwas…das Gefühl, die Platte ergattert zu ha-ben und sie in der Hand zu halten. Vinyl wiede-rum ist das teuerste Medium, im Verkauf, wie in der Herstellung. Aber zeigt wiederum auch, dass es einigen Leuten doch wirklich noch um die Musik, die Band, die Veröffentlichung geht.

Am 21.12.2012 geht ja bekanntlich die Welt mal wieder unter. Bands wie Left me Breath-less oder Lavatch könnten dazu den passenden Soundtrack liefern. Was steht kurz und lang-fristig bei euch aufm Plan?Also mit Bands wie Digression Assassins und Facing The Swarm Thought haben wir sogar noch einen besseren Soundtrack zur diesjähri-gen Apokalypse an Bord ;-). Der Plan wird aber unbeirrt der gleiche bleiben. Nach guten Bands suchen, und deren Platten veröffentlichen. Wir freuen uns, dass wir auch in diesem Jahr wieder

5-10 neue Platten rausbringen werden. Wir wer-den es euch wissen lassen.

Inwiefern hat eure Heimatstadt Frankfurt am Main euch und euer Label beeinflusst? Ist das überhaupt relevant?Ja und nein. Klar, es ist etwas einfacher mit Bands zu arbeiten, die aus dem Frankfurter Raum kommen, da man sie besser einschätzen kann. Meistens hat man diese ja schon vorher irgendwo auf einer Show kennengelernt. Jedoch war von Anfang an klare Aussage, dass wir auf internationaler Ebene arbeiten wollen. Wir ha-ben ja auch recht direkt als dritten Release mit den Digression Assassins eine Band aus Stock-holm/Schweden veröffentlicht. Für uns gilt al-lerdings nach wie vor: Frankfurt kann mehr als Onkelz!!!!

Famous Last Words?Vielen Dank erstmal an euch für das Interview. Es freut uns, dass ein Magazin auch mal über den unpopülären Teil der Sache schreibt. Es gibt ja auch neben den Bands eine Menge Leute, die zum Gesamtkunstwerk beitragen: die Ver-anstalter, Promoter, Clubs, Groupies und eben Labels etc. Davon würden wir uns gerne mehr wünschen.

Alexander Meier

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Was mir als erstes einfällt? „Kohle unter unseren Füßen, Schlote ragen hoch hin-aus, unsere Heimat Ruhr-Revier!“

Im schönen und beschaulichen Ruhrpott, da liegt die kleinste Großstadt des Ruhrpotts: Witten. Hier lebt auch Timo Budszinski, 25 Jahre jung, La-belgründer von „HARD COAL RECORDS“. Das Label bzw. den Distro gibt es nun seit 2011, Hauptaugenmerk: Analoge Datenträger, wie Vinyl oder Kassetten am Leben zu erhalten. Dazu: „Das Distro soll den Kids aus Deutschland und gegebenenfalls ganz Europa die Chance geben leich-ter und günstiger an Musik aus Übersee zu kommen.“

Aber bevor ich mir hier weiter Gedanken ma-che, wie ich euch „HARD COAL RECORDS“ am besten vorstelle, lasse ich lieber den Mann da-hinter zu Wort kommen.

Was hat dich dazu bewegt ein Label zu machen? In der heutigen Zeit ist es ja nicht besonders leicht, denn immer weniger kaufen Platten etc. Die digitalen Medien sind scheinbar schwer im Kommen?Der Grundgedanke war, wie auch auf meiner Seite zu lesen, analoge Medien am Leben zu halten. Das meiste Interesse liegt dabei na-türlich am Vinyl, wobei ich bei kleineren Veröf-fentlichungen, von eher unbekannten Bands, auch Tapes bevorzuge. Weiterhin möchte ich mit dem Distro den Leuten die Chance geben,Veröffentlichungen aus Über-see einfacher und günstiger in Deutschland zu erstehen, als wenn sich jeder die Platten selber bestellt.

Die Sache mit dem Vinyl gestaltet sich da auch doch schwieriger als gedacht. Man muss sich genau überlegen, was man auf Vinyl veröffent-lichen kann, da die Auflagen nicht so klein wie bei Tapes oder CDs zu gestalten sind. Das ist eine Folge aus deinem angesprochenen Pro-blem, dass einfach nicht mehr so viele Platten gekauft werden. Meine persönliche Meinung ist aber, dass man das Problem mit Qualität in Sa-chen Musik und der gesamtem Produktgestal-tung kompensieren kann. Man muss den Leuten etwas Besonderes bieten, was sich auch lohnt zu kaufen. Eine Zukunft in rein digitalen Medien sehe ich (noch) nicht. Natürlich muss ich mit der Zeit ge-hen und biete zu jedem analogen Release einen Downloadcode an. Die gekaufte Musik soll ja schließlich auch problemlos auf dem MP3-Player oder im Auto gespielt werden können.

2.Wie wurde die Idee dazu geboren? Und wie kamst du auf den Namen?Die Idee zur Labelgründung kam eigentlich nach und nach. Mit der Zeit haben sich einige Platten bei mir angesammelt und vor einiger Zeit, kam ein ganzer Haufen älterer Hardcore-Platten auf einen Schlag dazu. Da war ich mir sicher, das muss weitergeführt werden. Es ist ein ganz anderes Gefühl, wenn man sich zu Hause die Zeit nimmt, die Musik be-wusst zu hören und dabei ein gut gestaltetes Cover mit den Songtexten in der Hand zu hal-ten, als massenhaft Musik, zu jeder Zeit, unbe-wusst zu konsumieren. Der Name „Hard Coal Records“ war eigentlich ein spontaner Einfall. Zuerst habe ich an meinen seit Jahren im Internet verwendeten Nickname „hayma-ker“ gedacht. „Haymaker Records“ sollte es dann aber doch nicht sein. „Was steht also für das Ruhrgebiet?“ war die Frage. Genau, Steinkohle! Übersetzt auf Englisch kommt dabei „hard coal“ heraus. Mit der Nähe zum Begriff Hardcore war damit für mich der perfekte Name gefunden.

3.Was war der schwierigste Schritt beim Grün-den des Labels?Wenn man sich ein bisschen mit der Materie be-schäftigt, gibt es bei der Gründung eigentlich gar keine so großen Probleme. Steht die Idee und der Name heißt es eigentlich nur noch das gan-ze beim Ordnungs- und Finanzamt anzumelden und eine Plattform zu erstellen. Das bisschen Bürokratie sollte niemanden ab-schrecken und die nette Dame im Finanzamt stand mir beim Ausfüllen der Bögen auch hel-fend zur Seite. Mein persönliches Problem, wenn man es denn so nennen kann, ist die unregelmäßige Beschäf-tigung und damit das unregelmäßige Einkom-men als Student. So muss ich vor jeder Entschei-dung das nötige Kapital angespart haben.

4.Oft hört man die Kritik, dass sich die Szene zu sehr von den Idealen der Anfangszeit entfernt hat. Wie stehst du dazu?Ich muss ehrlich sein und sagen, so lange bin ich ja auch noch nicht dabei, aktiv vielleicht seit 7 Jahren. Damals kam mir das ganze aber ziemlich verkorkst vor. Es ging viel um Poserei und Zusammenhalt gab es nicht wirklich, au-ßer vielleicht in den immer noch existierenden Crews. Das mag aber auch daran liegen, dass ich wirklich keine Sau kannte. Freisprechen kann ich mich von diesem „Möchtegern-Toughguy-Image“ damals auch nicht, aber man wächst mit der Zeit.

HARD C OAL REC ORDS - GLUCK AUF!..

Hard Coal Records 25

Heute muss ich aber sagen, dass ich in den Jah-ren viele nette und hilfsbereite Leute kennen gelernt habe. Gerade hier im Ruhrgebiet, aber auch im Südwesten, Hamburg, Berlin und dem Ausland. Vielleicht liegt es daran, dass sich die Szene doch wieder ein bisschen gesund ge-schrumpft hat, aber auch die wieder offenere Haltung gegenüber neuen Leuten. Man muss nicht zwingend in einer Crew sein, um sich ge-genseitig zu unterstützen. Zusammengefasst bin ich eigentlich sehr zufrie-den, wie es gerade läuft.

5.Was ist dein Plan in den nächsten zwölf Mo-naten? Gibt es etwas, was wir unbedingt wissen sollten?Bis zu diesem Interview gab es leider noch kei-ne Veröffentlichung auf Vinyl. Das steht natürlich ganz oben auf der Liste! Natürlich gab es dazu schon Anfragen und auch tiefere Gespräche mit Bands, aber da steht lei-der immer noch das oben genannte Problem zwi-schen der Idee und der Realisierung.

Vielleicht ist es ja bis zur Veröffentlichung dieses Interviews so weit und es gibt konkrete Informa-tionen zu einem Vinyl-Release.

6.Wen hat „HARD COAL RECORDS“ auf dem La-bel?Bis jetzt:

„NO REGRETS“ (Chicago, Illinois, USA)

„RACE RIOT 59“ (Youngstown, Ohio, USA)

„VIOLENT OFFENSE“ (Youngstown, Ohio, USA)

Gespräche mit anderen Bands aus Deutschland, aber auch weltweit laufen wie gesagt. Genaues kann ich nur leider noch nicht verraten.

7.Empfindest du es als wichtig, dass Bands, nach denen du suchst, aus der RegionRuhrgebiet kommen?Nein, ganz und gar nicht! Das sieht man ja an den ersten zwei Veröffentlichungen. Ich freue mich natürlich, wenn Freunde auf mich zukom-men und gemeinsam mit mir arbeiten möchten, aber ein Muss ist es definitiv nicht.

8.Wieviel Zeit musst du für dein Label investie-ren?Das ist ganz unterschiedlich. Bei Neuerschei-nungen oder beim Aufstocken des Distros laufe ich manchmal täglich zur Post und muss dem-entsprechend auch viele Umschläge / Päckchen packen. Dann gibt es aber auch Wochen, in de-nen keine einzige Bestellung eingeht. Das liegt vermutlich auch an der noch etwas geringen Verfügbarkeit der Produkte in meinem Shop und

dass der Name „HARD COAL RECORDS“ noch nicht sonderlich verbreitet ist.

9.Was suchst du genau? Welche Kriterien muss eine Band besitzen, um für dich interessant zu sein?Genau kann ich das gar nicht beschreiben. Die Musik muss mich in gewisser Weise bewegen, wenn sie mich vor dem PC oder vor der Anla-ge zum Wippen bringt, ist das schon einmal gut. Desweiteren sollten die Bandmember keine Idi-oten sein. Die Qualität muss einfach stimmen. Mehr kann ich dazu eigentlich nicht sagen.Au-ßerdem helfe ich wie o.g. auch gerne Freunden aus. Da sollte mich die Musik auch in einem be-stimmten Maß ansprechen, es ist aber kein so starkes Kriterium, wie wenn ich auf Bands zuge-he.

10.Wo und in welcher Form werden die Releases erhältlich sein?Das ist einfach. „www.hardcoalrecords.com“ Dort findet ihr alle Informationen zum Label und den Webshop. Die bevorzugten Formate sind wie gesagt analoge Medien mit einem Download-code. CD’s sind aber keineswegs ausgeschlossen. Ansonsten bin ich hier im Ruhrgebiet oft auf Kon-zerten unterwegs. Auch wenn ich meinen Stand nicht unbedingt aufbaue, sprecht mich einfach an. Die Kiste habe ich in der letzten Zeit ja im-mer dabei.

11. Ein paar freie Zeilen nur für dich- Letzte Worte!Erst einmal möchte ich mich bei dir für dieses In-terview und der Publikation bedanken. Weiterhin bedanke ich mich natürlich bei allen Leuten, die bis jetzt fleißig eingekauft haben oder mich in einer anderen Weise unterstützt haben und den Bands für die gute Zusammen-arbeit.

Für alle, die heute zum ersten Mal von „HARD COAL RECORDS“ hören, besucht die Seite www.hardcoalrecords.com und folgt dem Facebook-Link, um immer auf dem Laufenden zu bleiben. Wenn euch das gefällt, was ihr seht, kauft fleißig im Webshop oder auf Shows, damit das Label in Zukunft weiter wachsen kann.

Checkt außerdem die „HARDCORE HELP FOUND-ATION“! Aber die sollte ja mittlerweile fast jeder kennen. Es ist einfach der Wahnsinn, was dar-aus in dem letzten Jahr geworden ist, absolute Unterstützung wert. Dort werdet ihr auch immer eine Hand voll Spezialeditionen von meinen Re-leases finden, die es nirgendwo anders zu kau-fen gibt. Für die Sammler unter euch heißt das also: Greift zu und unterstützt damit gleichzei-tig eine gute Sache! Stevie Fuchs

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Der DIY-Bereich des Outspoken Magazins richtet sich in erster Linie an engagierte Menschen, die Zeit und Lust haben die Szene aktiv mitzugestalten. In dieser Ausgabe befassen wir uns mit der Organisation von Low - Budget Shows. Jedoch ist dieser Artikel keine „Schritt für Schritt“ - Anleitung, sondern soll vielmehr auf einige elementare Eckpunkte hinweisen, die man beachten sollte. Ansonsten gilt „LEARNING BY DOING“.

1. Bands

Empfehlenswert sind regionale sowie überre-gionale Acts, die sich ohne kommerzielle Hin-tergedanken über jegliche Auftrittsmöglichkeit freuen. Dabei kann der Bekanntheitsgrad einer Band variieren: Nicht alle „großen“ Bands wol-len nur auf großen Bühnen spielen! Kennt man die Bands bzw. deren Mitglieder persönlich, kann das Booking vereinfacht werden - ist aber nicht zwingend notwendig. Generell solltest du die ge-buchten Bands respektvoll behandeln, unabhän-gig von ihrem Status in der Musikszene. Konkret bedeutet dies, dass du für Speis und Trank sor-gen solltest, denn niemand spielt gerne hungrig oder durstig. Hier reichen manchmal schon be-legte Brötchen und Fingerfood aus, beachte le-diglich die Menschen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren.

Biete den Bands Schlafplätze an, wenn sie lan-ge Wege auf sich nehmen müssen. Außerdem solltest du für größtmögliche Transparenz sor-gen: Erzähl nichts von einer riesigen Halle mit gigantischer Bühne, wenn du lediglich einen Kel-lerraum mit 6 Europaletten anbieten kannst. Ob Keller oder Halle sagt zwar nichts über den Spaß-faktor des Abends aus, aber die Musiker haben ein Recht zu erfahren, worauf sie sich einlassen. Was die Gage betrifft, musst du selbst wissen wieviel du opfern kannst und willst. Wir empfeh-len hierzu das Modell des „Door-Deals“. Beispiel: 3 Bands = 3 € Eintritt. Das bedeutet, jede Band erhält pro Besucher 1 €. Damit sicherst du dich vor roten Zahlen ab und motivierst gleichzeitig die Bands, selbst und eigeninitiativ Werbung für das Event zu machen. Wenn du dich allerdings für den Door-Deal entscheidest, solltest du das den Bands unbedingt vorher sagen, um Stress zu vermeiden!

Blöderweise hat sich selbst bei unbekannten Bands die Unart ausgebreitet, Starallüren und

Größenwahn zu entwickeln. Das bedeutet, dass du dich möglicherweise mit zickigen Diven aus-einandersetzen musst, die an allem rummeckern und für die nichts gut genug sein kann. Ignoriere diese Leute, solange du kannst. Ist das Maß je-doch voll, dann weise freundlich darauf hin, dass DU der Boss bist und kurzfristig auch eine ande-re Band engagieren kannst. Lass dir auf keinen Fall von der Mariah Carey des Metals die Butter vom Brot nehmen!

2. Location

Du hast also Bands mobilisiert, die Bock auf ein Konzert haben. Die Frage ist jetzt: Wo? Im Grun-de genommen kann alles eine Location sein: Bars, Jugendzentren oder auch dein Wohnzim-mer. Wäge das Kosten-Nutzen-Verhältnis ab! Be-vor du also eine Halle mietest, eine P.A. mitsamt Techniker orderst und auch noch selbst Getränke zapfen musst, hör dich lieber nochmal um, denn einige Bars oder Kneipenbesitzer stellen auch un-entgeldlich ihre Räumlichkeiten und manchmal sogar ihre Musikanlage zur Verfügung. Manche bieten den Bands sogar kostenlose Verpflegung für den Abend! Im Gegenzug verdienen sie dann an den trinkenden Gästen ihren Anteil. Wäge also sorgfältig ab, welche Schritte du gehen und wieviel Aufwand du aufbringen kannst! Erfahre genau, welche Eigenschaften die Location deiner Wahl mit sich bringt wie z.B. Ruhezeiten. Von der Location hängt auch die Soundqualität ab. Überprüfe also, ob die bereits vorhandene Anla-ge deinen Ansprüchen genügt oder ob es sich empfiehlt nachzurüsten. Denn mit dem Sound steht und fällt jedes Konzert.

3. Zeitmanagement

Ein gutes Zeitmanagement ist für dein Konzert essenziell. Ausreichender Vorlauf ist wichtig, um eventuelle Probleme stressfrei lösen zu können. Das fängt schon bei der Auswahl des Termins an: Prüfe, ob an diesem Datum andere Konzerte, Festivals oder sonstige Veranstaltungen stattfin-den, denn es bringt nichts, das tollste Konzert zu veranstalten, wenn deine Zielgruppe gerade Karneval feiert! Beginne mindestens 2-3 Mo-nate vor dem Konzert mit der groben Planung, sodass 1 - 2 Monate vor dem Termin alles steht und du genügend Zeit übrig hast, eventuell not-wendige Änderungen vorzunehmen. Am Abend

DAS DIY-KO NZERTWie man eine HC-Show in vier Schritten organisiert:

DIY-Konzerte 27

selbst macht es Sinn, wenn ca. 1 Stunde vor Einlass ALLES steht, das heißt: Soundcheck ist erledigt, alle Bands sind vor Ort und alle notwen-digen Informationen und Hinweise zum Ablauf sind ausgetauscht. Letztens ist es auch deine Aufgabe, darauf zu achten, dass die Bands ihre Spielzeiten nicht groß überschreiten, damit im-mer genügend Zeit für den Umbau der Bühne vorhanden ist.

4. Werbung

Wenn keiner von deinem Konzert weiß, kommt auch keiner. Also tu alles, damit absolut JEDER Bescheid weiß. Geh deinen Mitmenschen so richtig auf die Nerven! Das Internet bietet vie-le Plattformen, auf denen man kostenlose Wer-bung betreiben kann. Auf Outspoken.de kann man kostenfrei Shows eintragen, ansonsten kann man das Event auch in vielen anderen sozi-alen Netzwerken ankündigen. Die Bands sollten im Sinne ihrer Bandkasse selbst soviel Werbung machen, wie nur möglich. Am besten erinnerst du sie nochmal daran! Trotz Mundpropaganda und Internet sollte man den Klassiker der Wer-bung nicht vergessen: Flyer und Plakate! Beides ist heutzutage absolut erschwinglich und in Kom-bination mit einem auffälligen Design ein absolu-ter Eyecatcher. www.bizkuit.de hat zum Beispiel

preiswerte Angebote im Repertoire und gilt als zuverlässig.

Wenn man allerdings das ganze Budget bereits investiert hat, kommt wohl nur noch die kosten-günstigste Variante in Frage: Druck deinen Flyer 4 Fach auf DIN4 aus, geh damit in den Copyshop deines Vertrauens und mach 100 Kopien. Da-nach setzt du dich erstmal hin und schneidest deine DIY-Flyer aus. Deine schwarz-weißen Flyer machen zwar nicht annähernd soviel her, wie die Flyer von Bizkuit, aber erfüllen im Notfall wahr-scheinlich auch ihren Zweck. Jetzt musst du nur noch sämtliche Geschäfte, Tattooshops, Musiklä-den, Kneipen etc. mit deiner Werbung versorgen. Es macht Sinn, immer und überall ein paar Flyer dabeizuhaben, denn dein Publikum triffst du im Alltag beim Einkaufen, in der Bahn und beim Bä-cker.

Wenn du jetzt also Bock hast, was zu machen, musst du nur noch ein paar nette Leute um Hilfe bitten. Denn so engagiert und motiviert du auch bist, du kannst dich nicht gleichzeitig um die Bands kümmern, Kasse machen und Bier zap-fen...

Alexander Meier

28 Profil

TATTO OS, TIERSCHUTZ UND HARDC O RE KAPITEL 1: NICLAS HECHT - DEAD MAN‘S CHEST TATTOO IN ESSEN

Dead Man‘s Chest, Fuchsteufelswild & Engrain

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Niclas Hecht ist 21 Jahre alt und kommt ge-bürtig aus der HC- Hauptstadt Paderborn. Kein Wunder dass er mit 15 das erste HC Konzert be-sucht hat... Vor ca. 3 Jahren zog es ihn allerdings in den Ruhrpott, genauer gesagt nach Essen. Warum? Körperkunst! Niclas arbeitet seit ca. 2 Jahren als selbstständiger Tätowierer bei Dead Man´s Chest Tattoo. Nebenbei lässt er die übrig gebliebene Wut in seiner Band En-grain raus. Ich konnte mir von beidem ein genaues Bild machen und muss sagen, dass beides ganz gut läuft.

Mit seinem Neo- Traditional Tattoo- Stil steckt er natürlich, wie seine Band Engrain in einer ge-wissen Schublade für Alle, die andere Menschen gerne kategorisieren. Ich kann ruhigen Gewis-sens sagen, dass wir hier es nicht mit einer Ko-pie von einer Kopie zu tun haben. Niclas spielt gerne Gitarre und schnappt sich auch mal das Rollbrett und nebenbei laufen William Fitzsim-mons und The Red Shore auf den Kopfhörern, außerdem lebt er vegetarisch und hat ein gro-ßes Herz für Tiere.

Im Studio ist Niclas gern sein eigener Held, sticht längst nicht alles und überall hin, sagt auch gerne mal „NEIN“ oder verscheucht ner-vende möchtegern Nazis aus seinem Laden, den er zusammen mit Sandy Kempkens an der Mühlheimer Str. 84 in Essen führt. Als Tätowierer hat man zwar viel zu tun, dennoch wirkt Niclas sehr entspannt und fröhlich als er die Maschine vorbereitet. Nebenan sitzen ein paar Freunde, die herum witzeln und mächtig Spaß haben...

Um mir ein Bild zu machen sitze ich mittendrin im bunten Treiben. Während Bands wie Abfukk oder Ceremony durch die Boxen ballern, un-terhalten wir uns ein wenig. Als Tattoo-Artist ist ihm sein eigener Stil sehr wichtig, in seinen jungen Jahren hat er sich da schon ein recht ge-naues Bild zurecht gelegt. Es gibt viele Leute, die sich zu wenig Gedanken über Ihre Tätowie-rungen machen, lamentiert er. „Wenn jemand als erstes Tattoo etwas auf der Hand haben will, würde ich Ihn/Sie wieder nach Hause schicken.“ Viele sehr junge Leute sind heutzutage schon so stark tätowiert, dass Sie es sicherlich in ihrem Leben das ein oder andere Mal bereuen werden.

Wir mutmaßen sogar über einen baldigen An-stieg an „Wieder-weg-laser-Anfragen“.

„Wie bist du eigentlich zur Band gekommen?“

„Ein Kumpel von mir hat mich mal zur Bandpro-be mitgenommen, weil die damals nen Sänger gesucht haben. Ich habe dort das erste Mal ein Mikrofon in der Hand gehabt und es seitdem nicht mehr losgelassen“, schmunzelt er.

Man bekommt den Eindruck, dass Niclas alles recht entspannt sieht, obwohl es auch wohl viel zu tun gibt. „Ein neues Output ist in der Mache, welches am liebsten nur auf Vinyl erscheinen sollte.“

Auch wenn er fallen lässt: „Arbeit ist der Teufel“, scheint er ganz gut mit Terminen, Zeichnungen, Band, Shows und Privatleben klar zu kommen. Zu keiner Zeit wirkt er überheblich oder ein-gebildet und so wirken auch seine Antworten nicht wenn es um Ziele geht. „Ich möchte als Gast- Tätowierer ein bisschen herum kommen, n wenig was von der Welt sehen und neue Leute kennen lernen.“

Während ich so im Studio sitze fallen mir mas-senweise Flyer und Infomaterial ins Auge – eine Outspoken-Ausgabe finde ich auf der Couch... Am Tresen hängen Shirts vom Studio und „FuchsTeufelsWild“. Interessiert fragte ich also einfach nach, denn ich will schon gerne wissen was es damit auf sich hat:

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Christina Rieger ist der Kopf hinter dem Projekt. Christina hat schon vor 6 Jahren ihre ersten handgefertigten Ket-ten und Anhänger hergestellt und angeboten. Mittlerwei-le ist alles ein wenig anders, die Leute können mehr mit der ganzen D.I.Y. Mentalität anfangen und somit läuft die ganze Sache auch ein wenig besser. Da Sie viel mit dem Tierschutz und z.B. Peta zusammenarbeiten, sind natür-lich auch mittlerweile eine Menge Leute auf das Label aufmerksam geworden. Grund genug die junge Dame mit ein paar Fragen zu löchern.

Was genau steckt hinter Fuchsteufelswild?Fuchsteufelswild ist ein Onlineshop mit Produkten, die von mir DIY gefertigt werden. Shirts, Jutebeutel, Accessoires und Poster, von der Idee bis zur Um-setzung, alles bei Fuchsteufelswild ist Handarbeit. Die Artikel sind vegan und von dem Erlös wird ein Teil an Projekte im Tierschutz gespendet.

Wie kam Fuchsteufelswild zustande?Je erfolgreicher der Shop wurde desto mehr lag es mir am Herzen etwas zu machen das auch etwas bewegen kann. Somit habe ich den Schritt gewagt das ganze Konzept meiner Firma, die bereits 6 Jah-re bestand, über Bord zu werfen und unter neuem Namen und mit neuem Konzept durchzustarten.

Mein Shop war im Ansatz schon immer so wie er nun vorzufinden ist, nur viel szenelastiger und das „handmade“ war eher im kleingedruckten zu lesen. Als ich begonnen habe Schmuck und Ac-cessoires zu verkaufen war DIY negativ behaftet, Leute konnten mir Handarbeit nichts anfangen und handmade hieß für den Großteil aus Fimo Sa-chen kneten und zu Schmuck verarbeiten. Das hat es mir sehr schwer gemacht mich durchzusetzen, aber irgendwann konnte ich die Leute von meinen Produkten überzeugen. 2011 war es dann so weit, und seitdem ist definitiv sehr viel passiert. Wir können auf erfolgreiche Spendenaktionen zurück-blicken, auf viele Menschen die sich durch unsere Infop ackages (z.B mit Broschüren von PETA2 etc.) dazu entschieden haben sich vegetarisch oder so-gar vegan zu ernähren. Es war rundum ein tolles Jahr 2011 und wir hoffen, dass wir in diesem Jahr noch mehr Gutes erreichen können.

Wer ist alles bei Fuchsteufelswild aktiv?Das Hauptteam besteht aus mir und bis vor kur-zem noch aus Andreas. Außerdem haben wir viele Menschen die aktiv mithelfen, dazu gehören Täto-wierer die uns bei Designs für Spendenaktionen unterstützen, oder auch Bands und Firmen die uns

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helfen mit Aktionen die Fuchsteufelswild startet mehr an die Öffentlichkeit zu kommen. Und natür-lich sind unsere Kunden auch aktiv und unterstüt-zen uns.Viele Kunden bieten Hilfe an, verteilen für uns Flyer in Ihrer Schule oder Uni, oder verbreiten Aktionen über Facebook. Ansonsten werden wir in Zukunft mit einer Tierschutzorganisation eine Ket-tenkollektion mit Animal Rights–Produkten raus-bringen.

Wie erzielt ihr Spenden / Erlöse?Durch die Verkäufe. 5% der Erlöse werden direkt beiseite gelegt und gespendet. Für Aktionen die uns besonders am Herzen liegen spenden wir 100% der Erlöse, indem wir eine Sonderauflage von Shirts oder Beuteln verkaufen.

Wem kommen die Erlöse zu Gute?Da legen wir uns nicht fest. Immer dort wo Hilfe benötigt wird. Die letzten Erlöse gingen an eine Hundeauffangstation in Essen, an Tierheime im Ruhrgebiet, gern auch mal als Futterspende. Die nächste Aktion finden im Laufe der nächsten Wo-chen statt, es gibt Limitierte Shirts/Taschen von Tä-towierern für den Guten Zweck: Die Verbesserung der Lebensumstände im Tierheim meiner Heimat-stadt.

Was wünscht du dir für die Zukunft für Fuchsteu-felswild?Ich wünsche mir auf jeden Fall noch viel mehr spannende Hilfsaktionen und Menschen die dazu beitragen das Fuchsteufelswild weiterhin ein Er-folg ist und bleibt. Es macht Spaß mit Menschen zusammenarbeiten die das gleiche Ziel verfolgen. Ich hoffe das geht die nächsten Jahre so weiter.

Du lebst vegetarisch. Wie lange schon und was hat dich dazu gebracht, dich fürden Lebensstil zu entscheiden? Ich lebe seit jetzt seit knapp 3 Jahren vegetarisch. Dazu habe ich mich entschlossen als ich meinen Kater aus dem Tierheim geholt habe. Mich haben die Umstände im Tierheim sehr betroffen gemacht und mich zum nachdenken angeregt.Mir ist recht schnell bewusst geworden, dass das was ich tue widersprüchlich und falsch ist und konnte mich einfach nicht mehr gut damit fühlen. Tiere lieben, Mitgefühl empfin-den und sich dann locker ein Schnitzel reinzuzie-hen hat ganz plötzlich keinen Sinn mehr ergeben, sodass es die logische Konsequenz war auf Fleisch zu verzichten.

Niclas hat mir was von einer Fuchteufelswild -Tat-too-Aktion erzählt, kannst du uns mehr darüber verraten? Für das nächste Fuchsteufelswild Projekt organisie-re ich derzeit eine Aktion für das Tierheim meiner Heimatstadt Dorsten. Die Aktion wird in einigen Wochen starten: Tätowierer aus Deutschland z.B. Sebastian Brade, Anton Aselbor, Sandy Kempkens

und Niclas Hecht malen für mich ihre eigene Inter-pretation von dem Thema „Einsamkeit“. Aus den Designs werden wir auf eigene Kosten Shirts und Taschen in limitierter Auflage drucken. Die Erlöse werden vollständig an das Tierheim gespendet. Wann die Aktion losgeht erfahrt Ihr auf unserer Fa-cebook Seite.

Hier in Essen herrscht also ein sehr buntes Trei-ben... Wir sitzen wie gesagt mittendrin. Alle Leute um uns herum haben viel zu erzählen. Wir müs-sen es nur noch einfangen. Wir entscheiden uns also das Ganze wieder Richtung Musik und Band zu lenken.

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Die Band Engrain kommt aus Essen und seit Ok-tober 2010 schreiben die Jungs zusammen Songs. Nach einigen Umbesetzungen und einer komplet-ten Umstrukturierung hat sich mittlerweile eine feste Bandbesetzung und ein eigener Stil heraus kristallisiert.

Niclas ist der Sänger in der Band, Dennis gibt den Takt an den Drums an, Jan und Andre-as sind die Gitarreros und Patrick ist für den Bass zuständig. Fünf total verrückte Jungs, mit viel Humor spielen Ihre eigene Interpre-tation von Hardcore Punk.

Bevor Jan zu Engrain kam, spielte er in der Band Daylight aus Recklinghausen, Andreas war führer bei All I Left Behind und ist seit Febraur 2012 bei Engrain. Beim Songwriting sind alle beteiligt, auch Niclas schnappt sich gern mal die Gitarre und schreibt das ein oder andere Riff. Ob jetzt nochmal ein an-derer Wind wehen wird, werden die neuen Songs mit Andreas zeigen, welcher seit kur-zem die Band an der zweiten Gitarre berei-chert. Ab und zu veranstaltet Jan auch selber Shows und ist auch bei Engrain für die Kon-zertplanung und die Organisation zuständig. Die Texte werden allein von Niclas geschrie-ben, der auf Erfahrungen, eigene Erlebnisse und Emotionen zurück greift.

Wenn man die Jungs nach ihren Zukunftsplä-nen fragt, kommen ganz klare Antworten. Sie würden gerne auf ein kleines Label kommen, über dem Pott hinaus regelmäßig Shows spielen und die neue Platte raus bringen. „Wir würden gerne irgendwann mal selbst auf das was wir mit der Band erreicht haben stolz sein. Wie unglaublich ist es denn in 10 Jah-ren seine eigene Platte aus dem Schrank zu ziehen und zu wissen, das Andere die Songs hören, die man selbst geschrieben hat.“

Nicht nur bei der Musik sind Engrain sich ei-nig, auch beim Essen ist es ganz klar: KEIN FLEISCH!!! Jan ernährt sich vegan und der Rest der Band lebt vegetarisch. Man hat das Gefühl, die Fünf haben sich gesucht und ge-funden.

Den Essenern ist es egal, ob sie vor 2 oder vor 50 Leuten zocken. Jede einzelne Show ist wichtig und wertvoll, ob man neue Erfah-rungen macht, neue Menschen kennenlernt oder auch einfach mal nur die ganze Bühne auseinander nimmt. Interessante Antworten kamen bei der Frage:

Welche Songs hättet ihr gerne geschrieben? Dennis hätte gerne Rock n Roll von Led Zep-pelin geschrieben, Jan hätte gern den Klas-

siker Bro Hymn von Pennywise rausgebracht und Patrick den Song Alive von Pearl Jam.

Niclas Lieblingsplatten 2011 listet er wie folgt auf:- La Dispute – Wildlife - Kollegah - bossaura - Trapped under ice - big kiss goodnight

Eine weitere Frage lautete:

Welche Bands sind eure Favoriten 2011? Bei Andreas rotiert Turbostaat ständig im Player, Niclas wird die True Colors Show in Belgien nicht so leicht vergessen, da es sein persönliches Band Highlight 2011 war, bei Jan stehen Carpathian ganz weit oben und bei Patrick sind es die Foo Fighters.

Oft werden die Drummer übersehen. Dennis deswegen die Frage an dich, wie wurdest du musikalisch sozialisiert? Was hat dich ge-prägt? „Schon in jungen Jahren, wenn mein Dad seine Schallplatten von Led Zeppelin, Ali-ce Cooper, White Snake und vielen anderen großartigen Bands aus den 70er Jahren auf-gelegt hat, war ich schon immer von den Trommlern begeistert. Eines meiner größten Vorbilder ist John Bonham, als ich damals sei-ne ersten Video Aufzeichnungen von den Live Auftritten sah, war ich hin und weg und mir war klar – DAS WILL ICH AUCH!“

In letzter Zeit ist bei Engrain also einiges los. Es gibt ein neues Shirt Design und die Arbeit am neuen Output hat ca. vier Mona-te gedauert.Voraussichtlich im Sommer wird das Teil erscheinen. Zur neuen Platte sagt Dennis: „Wir sind auf jeden Fall einen Zahn flotter unterwegs als vorher“ und Patrick findet, dass die neue Scheibe die Entwicklung von Engrain zeigt. „In meinen Augen ist die Plat-te individueller, da sich unser Stil viel mehr zeigt.“

Wir dürfen also gespannt sein, wo die Reise des Rudels um Dead Mans Chest, Fuchteu-felswild und Engrain hingehen wird. Die Se-gel sind gesetzt – AHOI!Kontakt:

www.facebook.com/dmctattooessen www.fuchsteufelswild.com www.facebook.com/engrainhc

Melanie Bohn & Grischa Eckey

Stell‘ dich uns doch bitte erst einmal vor.Erst einmal vielen Dank, dass ich euch mit mei-ner Geschichte langweilen darf. Ich heiße Tobi, bin 26 Jahre alt und Inhaber von „Oroborus Customs“. Ich bin gelernter Tischler und Zupfinstrumente-Macher. Aber da mit der Bezeichnung kein Mensch was anfangen kann, sagen wir einfach ich bin Gi-tarrenbauer und erst kürzlich bin ich nach Berlin gezogen.

Wie bist du zu diesen „Beruf“ gekommen? Haupt-job oder (nur) ein Nebenerwerb?Naja, Holz hat mich schon immer fasziniert. Dazu kommt, dass ich definitiv kein Theoretiker bin, son-dern alles leidenschaftlich gerne mit den Händen mache. Deswegen war damals eigentlich sofort

klar, dass ich Tischler werden möchte. Leider hat sich während der Lehrzeit dann gezeigt, dass die-ser Beruf so wie er sich heute darstellt, nicht so ganz meinen Vorstellungen entspricht, als dass ich das mein ganzes Leben machen wollen würde. Da-für hab ich einfach zu wenig mit Massivholz und zu viel mit Plattenwerkstoffen zu tun gehabt. Ich wusste allerdings nicht welche Alternative es dazu gab. Eine neue Lehre wollte ich nicht anfangen und als Tischler wollte ich auch nicht mehr arbeiten. Also hab ich eben mit ein paar Umwegen meine Fachhochschulreife nachgeholt und danach in ei-ner Buchbinderei gearbeitet. Irgendwo musste das Geld ja her kommen. Parallel dazu hat mein Bruder eine Ausbildung zum Musikalienhändler absolviert. Somit hatte ich einen etwas tieferen Einblick in die

ORO BORUS C USTO MSSchönes für die Ohren:

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Musikwelt. Ich spiele selber seit 22 Jahren Schlag-zeug und hab dann irgendwann auch angefangen Gitarre zu spielen. Da mein geschätzter Bruder auch Gitarre spielt und in der Hinsicht wirklich ein Freak ist, hat er mich solange bequatscht, dass ich meine Ausbildung zum Gitarrenbauer anfing (wahrscheinlich aber nur, damit er endlich jeman-den hatte, der seine Instrumente repariert und sei-ne kranken Ideen in die Tat umsetzt...der Sack!). Ich muss gestehen ich wusste bis dahin noch nicht einmal, dass es den Beruf gibt.

Ich hab mich dann damit auseinandergesetzt und festgestellt, dass es genau das ist was ich machen möchte. Ich hatte dann das Glück, dass ich bei Stevens Guitars/Munich Repair Shop in München einen Ausbildungsplatz fand. Dort habe ich eine Menge gelernt und bin wirklich sehr dankbar,für das, was mir alles ermöglicht und beigebracht wurde. Ich kann diesen Laden wärmstens weiter empfehlen. Neben der Lehre als Gitarrenbauer habe ich dann angefangen Plugs und Tunnel aus Holz herzustellen. Anfangs nur als Hobby, auf An-frage einer damaligen Freundin und später dann als Nebenberuf. Mittlerweile bin ich selbstständig und baue vegane Custom Gitarren, vegane Cus-tom Plugs und Tunnel, erledige Gitarrenreparatu-ren und Modifikationen aller Art.

Welche Materialien benutzt du? Woher beziehst du diese und womit bearbeitest du die Werkstof-fe?Da ich schon seit mehr als acht Jahren vegan lebe, ist und war es mir schon immer sehr wichtig, dass meine Arbeiten auch zu mir passen und ich mich damit identifizieren kann. Deswegen verwende ich für meine Gitarren und Plugs ausschließlich vega-ne Materialien. Überwiegend ist es Holz, denn das sind eben meine Wurzeln. Meine Hölzer beziehe ich von ausgewählten Drechselshops und Tonholz-Händlern. Welche das im einzeln sind behalte ich an dieser Stelle für mich. Betriebsgeheimnisse und so. Neben dem Spezialwerkzeug,dass der gemeine Gitarrenbauer ebenso braucht, verwen-de ich eigentlich ganz normale Tischlertypische Werkzeuge: Hobel-Abbricht-Maschine, Bandsäge, Drechselbank, Breitbandschleifmaschine, Kanten-schleifmaschine, Stecheisen, Raspeln, Feilen und Ziehklingen.

Neben individuellem Ohrschmuck auf Anfrage stellst du auch Gitarren her. Erzähl uns bitte mehr darüber!Ja, du hast genau wie bei meinem Ohrschmuck, die Möglichkeit dir dein Wunschinstrument zusammen zu stellen. Man hat verschiedene Modelle, Korpus-hölzer und Deckenhölzer zur Auswahl. Man kann sein Halsprofil und die Griffbrettbreite bestimmen usw. Kurzgesagt: Du sagst mir, was du dir tonlich, spieltechnisch und designtechnisch vorstellst. Ich setzte deine Vorstellungen im Instrument so um,

dass am Ende eine speziell auf dich zugeschnitte-ne Gitarre rauskommt, sei es nun eine Steelstring-Gitarre, eine E-Gitarre, Bass, Ukulele, Bouzouki oder was dir sonst noch so im Kopf rumschwebt. Ich bin auch immer offen für ganz verrückte Ideen. Mittlerweile gehören sogar Persönlichkeiten wie Ja-kub Settgast (www.sevendevils.de), Pablo Sanchez von „Billy the Kid“ und Nessi (www.iamnessi.de) zu meinen geschätzten Kunden. Die letzten beiden konnte ich auch als Endorser für meine Instrumen-te gewinnen.

Wie lange benötigst du für die Fertigung eines Werkstücks?Das hängt immer ganz von den Wünschen der Kunden ab. Bei Plugs sitze ich von einer Stunde bis zu vier Stunden an einem Paar. Bei Akkustikinstru-menten variiert es zwischen 50 und 70 Stunden. Je nachdem wie aufwendig das Instrument eben wird. Bei E-Gitarren sind es zwischen 30 und 40 Stunden.

Wie kommst du auf deine Entwürfe und Designide-en? Da ich ja Custom Schmuck und Instrumente her-stelle, kommen die Grundideen oft von Kunden. Ich arbeite dann mit ihnen zusammen das letztendliche Design aus. Bei den Instrumenten ist es allerdings so, dass ich den Kunden in meine Spur lotse. Ich respek-tiere und setzte natürlich die Wünsche meiner Kun-den so um, wie sie es wollen, verpasse dem Ganzen aber meine Handschrift. Das ist wie beim Tätowieren. Der Kunde gibt dir die Richtung vor, wie du das Gan-ze aber letztlich umsetzt was Ausführung und Stil angeht obliegt dem Herstellenden. Aber genau das finde spannend: Wie schaffe ich es beide Ideen unter einen Hut zu bringen, damit am Ende etwas heraus-kommt das beiden zu 100% gefällt?!

Wird es einen Laden geben in welchem man deinen Schmuck kaufen kann oder kann man nur online bestellen?Es gibt ihn schon, diesen Laden. Zu finden ist er in der Richard-Sorge-Str. 10, 10249 Berlin-Friedrichs-hain. Dort könnt ihr gerne Montags bis Freitags von 10:00 Uhr bis 18:00 Uhr und Samstags von 10:00 Uhr bis 14:00 Uhr vorbeikommen. Sondertermine sind natürlich nach Absprache auch möglich. Web-shop und Homepage sind momentan noch in Arbeit, aber ihr könnt gerne mal unter www.facebook.com/oroboruscustoms reinklicken.

Was ist in Zukunft geplant? Welche Ideen möchtest du noch realisieren? Für die Zukunft möchte ich mich gerne weiter eta-blieren. Es ist geplant diverse Messen zu besuchen und eben den Kundenstamm zu erweitern. Und ich will bauen, bauen und nochmal bauen. Ist doch geil wenn man einen Job hat der einen erfüllt, oder? Auf jeden Fall vielen Dank, dass Ihr euch die Zeit für mich genommen habt. Sebastian Seitz

M AK ANI T ERRORÜber den Weg der Selbstfindung: Kathrin Tölle aka

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Geboren wurde ich 1979 als Einzelkind in einem klei-nen Städtchen namens Duderstadt, Niedersachsen. Auf dem Pfad der Irrwege ließ ich eine abgebrochene Fotografenausbildung, das Abitur und ein 1,5 jähri-ges Philosophie- und Geschichtsstudium.

Doch nichts sollte mich lange halten und ein erneuter Drang nach Veränderung setzte mich stetig in Bewe-gung. 2004 bekam ich dann endlich die Chance eine meiner Leidenschaften zum Beruf auszubauen und absolvierte so in einem Hamburger Tattoo- und Pier-cing Studio meine 1,5 jährige Ausbildung zur Pierce-rin. Kurz darauf wechselte ich in den Ruhrpott und verbrachte dort 5 Jahre als Piercerin und Mädchen für alles. Nebenbei entdeckte ich die andere Seite des Fotoapparates, der Szenerie, der Verwirklichung. Von der Fotografin zum Tattoo Model. Anfang 2012 leg-te uns das Schicksal ein ganz besonderes Geschenk parat. Mein Freund Chris erbte ein wunderschönes Haus mit eigener Ladenfläche von seinen Großeltern. Dies war natürlich die beste Gelegenheit der Selbst-verwirklichung, für uns beide und so eröffneten wir am 18.Februar 2012 unserer eigenes Tattoo Studio, FALLOUT TATTOO ( www.fallout-tattoo.de) in dem kleinen Ort Münzenberg bei Gießen in Hessen. Hier bieten wir leider keine Piercings an aber so kann ich mich mehr in meinem Tattoo Model Job ausleben und weiterentwickeln.

Wie kam es denn überhaupt dazu, dass du dich für die Selbstverwirklichung im Bereich der darstellenden Kunst vor der Kamera interes-siert hast?Das ist eine lange Geschichte. Schon in meiner Kindheit habe ich es geliebt zu fotografieren. Man hat mich nur mit einer Kamera in der Hand gesehen. Mit 16 fing ich dann eine Ausbildung zur Fotografin in meiner Heimatstadt Duder-stadt an. Doch leider musste ich diese schon nach 3 Monaten Probezeit aufgrund von Mob-bing wieder beenden. Neue Stellen gab es keine und so entschied ich mich erst einmal wieder weitere Schulformen zu verfolgen. Wirtschaft, Sozialpflege, Abitur und kurzzeitig ein Studium. Zwischenzeitig wollte eine befreundete Foto-grafin eine Fotostrecke machen und fragte mich ob ich nicht Lust hätte für diese zu modeln. Und ich stelle fest, dass mir die Arbeit vor der Kamera wirklich Spaß macht. Als mich wenige Jahre später ein Fotograf des deutschen Täto-wierMagazins auf einer Tattoo Convention an-sprach, bekam ich mein erstes Cover auf einer Zeitschrift. Daraufhin häuften sich über einige Social-Networks die Aufträge und ich hatte end-gültig Blut geleckt.

Wann hast du dein erstes Tattoo bekommen, was war es und welche Bedeutung hat es für dich?Mein erstes Tattoo lies ich mir heimlich mit 15 Jahren tätowieren. Hinter dem Rücken meiner

Mutter. Damals waren die Kontrollen und Ein-sichten über Verantwortung noch nicht so hoch wie (Gott sei Dank) heute. Es sollte ein kleiner Schriftzug am Knöchel sein, in dem „Punx fore-ver“ stand. Eine Hommage an meine damalige Weltanschauung.

Nun die altbekannte Frage: gibt es Tattoos, die du heute bereust?Was hälst du vom Weglasern?Oh ich würde gern einige Schandtaten schlech-ter Tätowierer von meinem Körper entfernen lassen. Weniger wegen dem Motiven, denn die mag ich heute noch genauso gern, sondern eher, weil man in der Vergangenheit wenig Er-fahrung mit Qualität hat. Natürlich sollte man sich gut überlegen ob man das Tattoo für immer haben will und nicht schon mit dem Gedanken es irgendwann wieder entfernen zu können, an die Sache rangehen. Doch auch Tattoos und ihre Träger entwickeln sich weiter und so finde ich es okay „alte Sünden“ weglasern zu lassen.

Was bedeuten die Tätowierungen für dich? Ha-ben sie deine Persönlichkeit verändert oder würdest du eher sagen, dass sie deine Person unterstreichen?Ich liebe meine Tätowierungen, sie sind eine Art Geschichtsdokumentation für mich. Natürlich haben sie auch einen künstlerischen Aspekt, sich selbst zu verwirklichen, darzustellen, neu zu kreieren. Manchmal sicher auch eine Art Schutz. Ich werd sicher weniger auf der Straße angegriffen als andere. Sie haben mir zumindest mehr Selbstbewusst-sein verliehen, Stärke und positiven Zuspruch.

Wie reagiert die Außenwelt auf dich als stark-tätowierte Lady?Die Umwelt reagiert zum größten Teil sehr po-sitiv auf mich. Ich bekomme viele Komplimente und viele Interessierte Fragen. Sicher gibt es auch Menschen, denen das gar nicht gefällt aber hey, ich mag auch nicht alle Nasen dieser Welt. So anyway...

Mittlerweile sprießen Tattoo Models auf der ganzen Welt nur so aus dem Boden; Gibt es etwas, dass du den nachwachsenden Models empfehlen kannst?Ja das ist mir auch schon aufgefallen, gerade dieses Jahr werden es immer mehr. Was kann ich empfehlen? Puh, das ist schwer. Letztendlich muss jeder selbst seine Erfahrungen machen und Wege finden.

Wie stellst du dir deine Zukunft vor? Ich weiß nicht. Unsere Zukunft ist noch nicht geschrieben, wo auch immer sie mich hin-führt, ich bin bereit. Carpe Diem. Susanne Breithaupt

„The point is not the points, the point is the poetry.“ – Allan Wolf

Unter einem Poetry Slam, was so viel heißt wie Dichterwettbewerb, versteht man einen Vor-tragswettstreit in welchem selbstgeschriebe-ne Texte innerhalb einer festgelegten Zeit vor einem Publikum mit vorher festgelegter Publi-kumsjury vorgetragen und bewertet werden.

In einer Vorrunde, einem Halbfinale und einem Finale haben die Slammer die Möglichkeit mit allem, was sie lyrisch zu Stande gebracht ha-ben, Punkte zu erzielen. Entstanden ist Diese Art Battle, wie sollte es auch anders sein, in den USA 1986 und schwappte in den 90er Jahren auch nach Deutschland über, wo mittlerweile in fast jeder großen Stadt ein monatlicher Slam stattfindet. Zu gewinnen gibt es neben Ruhm,

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Glamour meets Lyric, Lyric meets Fightclub

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Ehre sowie kreischenden Fans auch kleinere Sachpreise und vor allem auch die Qualifizie-rung an Städteübergreifenden Slams.

„Der durchschnittliche Slam-Zuhörer bewertet den künstlerischen Wert eines Dichters nicht aufgrund literarischer Qualität, sondern im Vergleich zum All-tag, der ihn umgibt. Nur mit der Erfahrung dessen ausgestattet, was ihn sonst unterhält, überträgt der Zuhörer die gleichen Standards auf den Bühnendich-ter.“ – Joe Pettus: How to win a poetry slam

Wie es so oft im Leben spielt, gerät man mit neuen Einflüssen ganz zufällig in Kontakt und so hat es sich auch bei der liebreizenden Sym-biose zwischen mir und dem Poetry Slam ver-halten. Ein Bekannter zeigte mir vor geraumer Zeit ein Video von Patrick Salmen, in welchem dieser mit Witz und Charme über harte Männer und ihre Zuneigung zur Gesichtsbehaarung debattierte. Nach der Überwindung des anhal-tenden Heiterkeitsausbruchs, erinnerte mich das Umfeld an einen Hip Hop Slam, in dem sich gegnerische Parteien duellierten. Anders als bei einem solchen greifen sich die Teilnehmer hier aber nicht gegenseitig an, sondern tragen jeder für sich eigene, in sich abgeschlossene Texte vor einem Publikum vor.

Als mich meine Wege kurze Zeiten später in den Ruhrpott verschlugen und mir ein Freund von einem Poetry Slam erzählte, der im Pretty Vacant in der Düsseldorfer Altstadt monatlich stattfindet, war ich direkt Feuer und Flamme, mir die Sache nun endlich einmal persönlich zu Gemüte zu führen. Kurzerhand ergriff ich die Initiative mich mit dem Veranstalter Denis Seyf-arth in Verbindung zu setzen und ihn um ein paar Auskünfte zu bitten. Freundlich und aufge-schlossen antwortete er mir auf meine Anfrage:

„Wir machen zwar keinen Heavy Metal aber ich meine, jede Form von PR ist auch Werbung. Also nur zu.“

Also setzte ich mich wenige Tage später in Bewegung und war überwältigt von dem Mas-senandrang, der sich schon eine Stunde vor Öffnung der Pforten eingefunden hatten. Breit durchwachsen zeigte sich die Vielfalt junger Individueller, fest entschlossen Großes zu er-leben. Denn neben den sieben Wortakrobaten und Wortakrobatinnen, die sich für den verba-len Fight angekündigt hatten war auch Patrick Salmen, seinerseits deutscher Meister 2010 und Vizemeister 2011, als Special Guest vor Ort, um der intellektuellen Jugend ihre rar gesäten Emotionen zu entlocken.

Von meinem Luxus-Platz auf der Bühne beob-achtete ich gespannt, wie sich die Reihen über die Kapazitäten hinaus füllten und bereitete

mich seelisch und mental auf alles vor, was ich mir unter textuellem Erguss vorstellen konnte.

„Alle waren sie da: der sensible Lyriker mit dem Schmachtblick hinter der John-Lennon-Brille, der pol-ternde Heavy Punk mit einer Mordswut im Bauch, der Freestyle MC, der so schnell rappte, dass er mitunter seinen eigenen Gedanken nicht folgen konnte, der theatralische Esoteriker mit seinen Drogenvisionen und der versoffene, puren Unsinn faselnde Boheme.“ – Peter Gruner

Nachdem kurzerhand die Publikumsjury ge-wählt und mit Nummern ausgestattet wurde, leitete Herr von und zu Salmen den Abend mit einer Parodie über Partnersuche bei Immobilien Scout ein. Die Stimmung war denkbar fröhlich und entspannt und so wurde durch ein Bingo-ähnliches Losverfahren die Reihenfolge der An-werber festgelegt. Durch das Programm führte Denis als sogenannter Slammaster. Die Show konnte beginnen und was folgte, war, wie an-gekündigt, ein Spektrum aller sich vorstellbarer Art vertextlichter Gedankenwelten. Besonders faszinierend empfand ich dabei, die Konzentra-tion des Publikums. Denn was nicht außer Acht gelassen werden darf, ist, dass jedem Anwerber nur 5 Minuten Sprechzeit zur Verfügung stehen und ohne große Pause von einem zum nächs-ten übergegangen wird. Das verlangt natürlich auch von den Zuhörern ab, sich schnell von ei-ner Stimmung in die nächste gleiten zu lassen. Nach sieben gehörten Texten, und sieben Be-wertungen, wurden die vier Anwerber mit der höchsten Punktzahl in die nächste Runde ge-schickt. Diese sollte nun nicht mehr durch Punktvergabe entschieden werden sondern durch den erzeugten Lärmpegel des gesam-ten Publikums. Aufgrund der fortgeschrittenen Zeit entschied man sich kurzerhand dazu das Halbfinale ausfallen zu lassen und startete nach einer kurzen Pinkelpause und einem weiteren Ausflug durch Patrick Salmens facettenreiche Seelenlandschaften direkt in‘s Finale durch. Mit merklich erhöhtem Niveau wurde von allen Be-teiligten noch einmal alles abverlangt. Ich per-sönlich kann sagen, dass sich meine Stimmung innerhalb weniger Augenblicke von nachdenk-lich-überwältigt zu tiefenentspannt-erheitert änderte.

Die letztendliche Siegerentscheidung zwischen den meistgefeierten Texten gestaltete sich gerade deshalb extrem schwierig. Auch wenn im Verlaufe des Abends deutlich geworden ist, dass man auf humorvolle Texte mehr huldigt, überzeugte Beatrice aus Bochum besonders mit ihrem emotional-tiefgreifenden Text über die Differenzierung zwischen Gutmenschen und guten Menschen. Doch lange Rede kurzer

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Sinn, Ehre wem Ehre gebührt und so sollte am Ende der Fahnenstange doch der witzige Text über Pokemons von Oskar aus Wermskirchen hängen, der sich damit für die Düssseldorfer Altstadtmeisterschaften qualifizierte.

Poetry Slam – das ist nicht nur etwas für Ly-riker oder vertrackte Denker, sondern eine Be-reicherung für jeden, der gerne lacht, zuhört oder einfach nur gesättigtt ist von abgelebter TV-Unterhaltung und mit neuen Denkanstößen und einem Perspektivenwechsel den nächsten Tag beginnt.

„Die Arbeit des Performance Poeten auf der Bühne ist mitnichten ein Buhlen um die Publikumsgunst, vielmehr wird bei der Produktion und Rezeption von Slam Poetry ein wechselseitig beeinflusster Lernpro-zess in Gang gesetzt.“ – Reinhold Schulze-Tammena Susanne Breithaupt

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