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Arch. exper. Path. u. Pharmakol., Bd. 229, S. 220--232 (1956) Aus der Universit~ts-Kinderklinik Freiburg im Breisgau (Direktor: Prof. Dr. W. KELLER) 0xydation menschlicher und tierischer 0xyh~imogl0bine durch Natriumnitrit* Von K. BETKE, I. GREINACHER und 0. TIETZE Mit 8 Textabbildungen (Eingegangen am 9. April 1956) Die Oxydation yon Blutfarbstoff mittels Natriumnitrit (Na~T02) zu H~Lmiglobin (Meth~moglobin, Hb m) ist vielfach experimentell untersucht worden. Nitrit ist -- im Gegensatz etwa zu Kaliumferricyanid -- in der Lage, auch den in intakten roten Zellen eingeschlossenen Blutfarbstoff zu oxydieren, wobei als besonderer Vorteil hinzukommt, da{~ bei diesem Vorgang die Zellen nicht nennenswert gesch~digt werden. AuBerdem haben die besonderen Eigenarten des Reaktionsablaufs bei der Nitrit- oxydation, die einer autokatalytischen l~eaktion entsprechen 12, mehr- fach das Interesse yon Untersuchern geweckt. 1950 stellte SricwR lest, daI3 zwischen verschiedenen Tierarten Differenzen in bezug auf die Oxy- dierbarkeit des Blutfarbstoffs innerhalb und aul~erhalb der roten Zellen bestehen. Durch eigene Untersuchungen wurde gefunden, dab mensch- licher Nabelschnur-Blutfarbstoff dutch NaNO 2 etwa doppelt so schnell oxydierbar ist wie Erwachsenen-Blutfarbstoff ~, 3. In der Zwischenzeit haben wir noch Blutfarbstoff verschiedener Tiere untersucht und kSnnen auch einige neue Befunde in bezug auf die Eigenart des Reaktionsablaufs der Nitritoxydation mitteilen. Material und Methodik In der Methodik lehnten wit uns eng an das Vorgehen bei der Oxydation mit Kaliumferricyanid an, fiber die in der vorhergehenden Mitteilung berichtet wurde 4. Wit kSnnen uns daher mit kurzen Hinweisen begniigen. Natriumnitrit. Fiir die Versuche benutzten wir 0,025--0,1 tool LSsungen, die jeweils frisch aus einer 0,25 tool StammlSsung bereitet wurden. Die StammlSsung enthielt 0,25 °/o ~atriumcarbonat und wurde alle 10 Tage erneuert. Versuchsvorgang. Die BlutfarbstofflSsung (2,5 cm 3) wurde in der Photometer- cuvette des Zeiss-Spektralphotometers mit einem geringen Volumen der Nitrit- 15sung (0,05--0,1 cm a) versetzt. Nach raschem Durchmischen wurde die Bildung yon HbIII im Ablauf der Zeit am Anwachsen der Extinktion bei 630 m# verfolgt. * Mit Unterstiitzung der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

Oxydation menschlicher und tierischer Oxyhämoglobine durch Natriumnitrit

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Page 1: Oxydation menschlicher und tierischer Oxyhämoglobine durch Natriumnitrit

Arch. exper. Path. u. Pharmakol., Bd. 229, S. 220--232 (1956)

Aus der Universit~ts-Kinderklinik Freiburg im Breisgau (Direktor: Prof. Dr. W. KELLER)

0xydation menschlicher und tierischer 0xyh~imogl0bine durch Natriumnitrit*

Von K. BETKE, I. GREINACHER und 0. TIETZE

Mit 8 Textabbildungen

(Eingegangen am 9. April 1956)

Die O x y d a t i o n yon Blu t fa rbs to f f mi t te l s N a t r i u m n i t r i t (Na~T02) zu H~Lmiglobin (Meth~moglobin, H b m) ist vielfach exper imente l l un te r such t worden. N i t r i t i s t - - im Gegensatz e twa zu K a l i u m f e r r i c y a n i d - - in de r Lage, auch den in i n t a k t e n ro ten Zellen eingeschlossenen Blu t fa rbs to f f zu oxydieren , wobei als besonderer Vor te i l h inzukommt , da{~ bei d iesem Vorgang die Zel len n icht nennenswer t gesch~digt werden. AuBerdem h a b e n die besonderen E igena r t en des Reak t ionsab lau f s bei der Ni t r i t - oxyda t ion , die einer a u t o k a t a l y t i s c h e n l~eakt ion en t sprechen 12, mehr- fach das In te resse yon Unte r suchern geweckt . 1950 stel l te SricwR lest , daI3 zwischen verschiedenen T ie ra r t en Differenzen in bezug auf die Oxy- d i e rba rke i t des Blut farbs tof fs innerha lb und aul~erhalb der ro ten Zellen bes tehen. Durch eigene Un te r suchungen wurde gefunden, dab mensch- l icher Nabe l schnur -Blu t fa rbs to f f du t ch N a N O 2 e twa doppe l t so schnell oxyd i e rba r is t wie Erwachsenen-Blu t fa rbs to f f ~, 3. I n der Zwischenzei t h a b e n wir noch Blu t fa rbs to f f versch iedener Tiere un te r such t und kSnnen auch einige neue Befunde in bezug auf die E igena r t des Reak t ionsab l au f s der N i t r i t o x y d a t i o n mi t te i len .

Material und Methodik In der Methodik lehnten wit uns eng an das Vorgehen bei der Oxydation mit

Kaliumferricyanid an, fiber die in der vorhergehenden Mitteilung berichtet wurde 4. Wit kSnnen uns daher mit kurzen Hinweisen begniigen.

Natriumnitrit. Fiir die Versuche benutzten wir 0,025--0,1 tool LSsungen, die jeweils frisch aus einer 0,25 tool StammlSsung bereitet wurden. Die StammlSsung enthielt 0,25 °/o ~atriumcarbonat und wurde alle 10 Tage erneuert.

Versuchsvorgang. Die BlutfarbstofflSsung (2,5 cm 3) wurde in der Photometer- cuvette des Zeiss-Spektralphotometers mit einem geringen Volumen der Nitrit- 15sung (0,05--0,1 cm a) versetzt. Nach raschem Durchmischen wurde die Bildung yon HbIII im Ablauf der Zeit am Anwachsen der Extinktion bei 630 m# verfolgt.

* Mit Unterstiitzung der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

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Oxydation mensehl, u. tieriseher Oxyh~moglobine durch Natriumnitrit 221

Im Realctlonsan~atz befanden sich in der meist gew~hlten Anordmmg 5,76- 10 -5 J~qu./1 02Hb (1 ~quivalent : ~ Molekiil, ~quivalentgewicht ~ 17000). Natrium- nitrit war in einer Konzentration yon 9,8- 10 -4 Mol/1 vorhanden. Auf 1 _~quivalent 02Hb entfielen also meist 17 Molekiile NAN02.

Alle Versuche wurden als Doppelbestimmungen durehgefiihrt. Fiir 10 ohne Auswahl herausgegriffene Doppelbestimmungen mit einer Halbwertzei~ zwischen 1 und 2 rain errechnete sich eine Streuung gegeniiber dem Mittelwert yon ~= 4,9 sec bei einem mitVleren Fehler yon =~: 1,55 see. Bereehnet auf sine durehschnittliche Halbwertzeit yon 11~ rain ergibt das eine mittlere Streuung der Einzelbestimmung von rund ~ 5 %.

Titration yon O~Hb mit Natriumnitrit. AuBer der Verfo]gung der Reaktions- geschwindigkeit wurde bei Blutfarbstoff vom Menschen und yon einigen Tieren eine Titration durchgefiihrt. Hierzu wurden gepufferte 02Hb-LSsungen mit steigenden Mengen NaNO 2 versetzt und bis zu 8 Std bei 37 ° C zum Tefl auch bei 40 ° C inkubiert. AnschlieBend wurde der Gehal~ an HbIII in den einzetnen Proben nach HAVEMA~, JU~G u. v. ISSEKUTZ (Ausl5schung der Hbm-Bande bei 630 m# naeh Zusatz yon KCN) bestimmt. Von den erhaltenen Werten wurde der Betrag an HbIII abgezogen, der sieh in einer nicht mit NaNO~ versetzten Probe unter den gleichen Bedingungen spontan gebildet hatte.

Untersuchungsgut. Die Ergebnisse der Arbeit griinden sich auf die Untersuehung der Blutproben yon 44 Erwachsenen, 13 Neugeborenen (Nabe]sehnurblut*), 4 er- wachsenen Rindern, 3 Rinderfeten (bei Schlaehtung der Muttertiere gewonnen), 2 Hirschen**, 3 Schweinen, 3 Hammeln, 2 Kaninehen, 4 Meerschweinehen und 10 M~usen. Aui3erdem wurden noch 3 Blutproben yon Siehelzellan~i.mie-Patienten und 1 Probe eines heterozygoten Tragers der H~moglobinanomalie C (Hb A und Hb C im Blut) untersucht. Diese pathologischen menschliehen Blutproben wurden freund- lieherweise yon Herrn Prof. Dr. K. SI~GE~, Chicago, zur Verfiigung gesteltt.

Ergebnisse 1. A uswertung der Versuchsergebnisse

Nach Zusatz yon NaNO 2 bildete sich im H~molysa t Hb m in dem fiir diese Reak t ion b e k a n n t e n charakteris t ischen S-fSrmigen Ablauf 1,13. Die HbHI-Bildung setzt langsam und unmerkl ich ein, steigert sich weiterhin zunehmend u n d kl ingt schlie~lich wieder aus (Abb. 1). E ine Reakt ions- kons tan te ffir diese Fo rm des Ablaufs zu ermit te ln , w~re umst~ndl ich, insbesondere well die K u r v e n keineswegs immer symmetr isch sind. Ffir die Bezeichnung der Reaktionsgeschwindigkei t haben wir, dem all- gemeinen Brauch folgend, die Angabe der HalbwertzeR (d. h. Zeit, die bis zur Umse tzung der H~lfte des Blutfarbstoffs verstreicht) gewi~hlt.

2. Einflufl guflerer Versuchsbedingungen a) Vorbereitung der O~=tb-L6sungen. I m Gegensatz zur Oxydat ion mi t

Kal iumfer r icyanid zeigte die mi t NaI~O~ eine Abh~ngigkei t vom Ausmal~ der Rein igung des Hamolysats . Einfache Hi~molysate gewaschener

* Herrn Prof. Dr. ELERT, kommissarisehem Direktor der Univ.-Frauenklinik ~reiburg/Br., danken wir fiir die ~berlassung des Nabelschnurblutes.

** Ftir die ~-berlassung der Hirseh-Blutproben danken wir Herrn Dr. E. U~- DRITZ, Basel,

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222 K . BETKE, I . GREINACItER u n d O. TIETZE:

Erythrocyten oxydierten sich langsamer als Hi£molysate, die durch Adsorption an Aluminiumhydroxyd oder durch Adsorption + Dialyse gereinigt worden waren (Abb. 1). Die Reaktionsgeschwindigkeit bei den beiden letzten Pr~p~rationsarten war auch nicht immer identisch; sie war bei einzelnen lediglich adsorbierten Proben ein wenig geringer als bei den zusi~tzlich dialysierten. - - Bei unseren vergleichenden Unter-

70C %

86

Hb ~o

0 Z rain 3

Abb. 1 . 0 x y d a t i o n yon O2Hb des erwachsenen I~fenschen durch Natr iumnitr iL p~ 6,8. - - V einfaches tt / imolysat gewaschener Erythrocyten. A durch Adsorption gereinigtes tt/imolysat. • dutch

Adsorption und Dialyse gereinigtes H~molysat

suchungen haben wir fast nur mit Pr/~parationen gearbeitet, die durch Adsorption gereinigt waren.

Wurde den O~Hb-LSsungen vor Versuchsbeginn eine i£quivalente Menge Jod zugesetzt, so/~nderte das die Reaktionsgeschwindigkeit nicht. Dagegen verzSgerte ein minimaler Zusatz yon Ascorbins~ure die l~eak- tion betr~chtlich. Vgl. unten S. 224.

b) Pu//erung. Mit fallendem pH stieg die Reaktionsgeschwindigkeit aui~erordentlich (siehe Tab. 1), starker als es bei der Oxydation mit KaFe (CN)6 der Fall war. Die in der Tabelle angegebenen p~-Werte wur- den in den fertigen 02Hb-LSsungen mit der Glaselektrode ermittelt. Die yon uns gefundene Abh~ngigkeit der Oxydationsgeschwindigkeit vom pH s t immt mit den yon R~MM~R mitgeteilten Werten gut iiberein.

TabeUe 1. Geschwindigkeit der Oxydation yon Erwachsenen-O~Hb dutch NaNO 2 bei verschiedenem prf ( Phosphat 0,1 mol.)

pit 6,1 6,58 6,88

I-IMbwertzeit sec . . . . Reaktionsges chwindigkeit relativ, a b g e r u n d e t . . .

Relative Reaktionsge- schwindigkeiten bei KsFe(CN)6-Oxydation..

19

30

4

182

3,5

610

1

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Oxydation menschl, u. tierischer Oxyhgmoglobine durch Natriumnitrit 223

Die Pufferkonzentra t ion ha t te ebenfalls einen Einflu6. E rh6hung der Phospha tkonzen t ra t ion yon 0,1 tool auf 0,4 tool, also auf das 4 fache, lieB die Oxydat ion mi t der doppel ten Geschwindigkeit ablaufen.

c) Temperatur. Orientierende Messungen mi t vorgekiihl ten und vor- gew~rmten LSsungen zeigten, dag mit steigender Tempera tu r die Oxy- dationsgeschwindigkeit zun immt . Alle in dieser Mit tei lung referierten Versuche wurden wie die der vorhergehenden Mittei lung 4 bei Zimmer- t empera tu r vorgenommen.

d) Konzentration an NAN02. Mit steigender Konzen t ra t ion an NAN02 stieg die Reaktionsgeschwindigkei t mehr als proport ional (siehe Tab. 2). Auch diese Befunde s t immen mit denen von I~EMMER fiberein.

Tabelle 2. Geschwindigkeit der Oxydation yon Erwachsenen-O2Hb bei verschiedenen Konzentrationen an NaNO 2

NaNO8 )fol/1 4,3 • 10 -~ 7,15 . 10 -4 10,5 • 10 -~ 14,3 • 10 -4

Halbwertzeit sec . . . 310 120 77 53 NaO2-Konzentr. relativ . . . . . . 1,0 1,66 2,33 3,33

Reaktionsgeschwindig- keit relativ . . . . . 1,0 2,58 4,03 5,85

Bei der nachtr~glichen Auswer~ung der in mehreren Monaten entstandenen Versuchsprotokolle fie1 auf, dab einzelne Versuchsserien in ihren Reaktionsgeschwin- digkeiten systematisch von anderen abwichen. Die Unstimmigkeiten waren jeweils auf die Benutzungsdauer einer Stamml6sung von NaNO 2 beschr~nkt. Wir k6nnen nachtri~glich nicht ausschlieBen, dab es sich vielleicht um die Auswirkung yon Wagefehlern handelt; m6glicherweise unterschieden sich die verschiedenen Stamm- 15sungen aber auch in irgendeiner anderen, uns vorli~ufig nicht erkli~rbaren Hinsicht.

e) Konzentration an Blut/arbsto/]. Eine VerS~nderung der Blutfarb- s toffkonzentrat ion ha t te nu r einen m~13ig s tarken Einflul~ auf die Re- akt ionsgeschwindigkei t ; mi t steigender Menge an Blutfarbstoff sank sie. Bei der 4fachen Menge an 02Hb verli~ngerte sich die Halbwertzei t auf nicht ganz das 1 ½fache (siehe Abb. 2).

/) Gehalt an Hdmiglobin vor Versuchsbeginn. Eine aus mit NaNO 2 behandel ten Ery th rocy ten hergestellte gereinigte, dialysierte HblII-LS- sung wurde in verschiedenen Antei len zu O2Hb-LSsungen gesetzt, wobei die Gesamtblu t fa rbs tof f -Konzent ra t ion in allen Ans~tzen gleich war. Die d a n n durchgefiihrte Oxydat ion mit NaNO 2 lief um so schneller ab, je mehr Hb III in den LSsungen vorhanden war. Die Beschleunigung ging fiber den Effekt hinaus, der allein aus der Tatsache zu erwarten war, da[~ die Konzen t r a t i on an O~Hb in den Proben mi t viel Hb In geringer war als in denen mit wenig Hb n1 (Abb. 2). Die typische S-Form der K u r v e n ver- £nderte sich - - wie bereits JUNG u. I~EMMER feststell ten - - durch den HbIH-Zusatz nicht .

Arch. exper. Path. u. Pharmakol., Bd. 229 16

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224 K. BETKE, I. GREINACtIER und O. TIETZE

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Die S-Form der K u r v e n blieb auch erhalten, wenn zuerst 1/5 der ~l i t r i tmenge und nach 1, 3 oder 5 rain der Rest zugesetzt wurde, d. h. also, wenn die Haup tmenge des Ni t r i t in die bereits anlaufende Reak- t ion kam (Abb. 3). Die Halbwer tze i ten ffir die d a n n einsetzende rasche Res tumse tzung verkiirzte sich ein wenig, n n d zwar mnso mehr, je spgter der Zusatz der Haup tmenge erfolgte.

Merkwiirdigerweise trat eine solche Verktirzung der Halbwertzeit der Rest- reaktion nicht ein, wenn man den Oxydationsproze$ mit einer geringen Menge

Kaliumferrieyanid anlaufen lieB und dann Natriumnitrit zusetzte. Gegeniiber

_ der Oxydation ohne vorherige Gabe von .9- Kaliumferrieyanid waren die Halbwert-

y zeiten eher verl~ngert.

g) Zusa tz von Ascorbinsi iure. J Wurde dem H~molysa t Ascorbin- • s~ure zugesetzt und 1 rain sparer

das Nitr i t , d a n n lief die Oxydat ion ver langsamt ab (Abb.4). Bei einer Dosierung yon 1 Molekiil Ascorbin- s~ure auf 10Xquivalente 02Hb und 170 Molekiilen NAN02 result ier te

, I I ,J J ~ eine Verl~ngerung der Halbwer t - ¢o ~o leo /~ora9°/, zeit auf das 4fache. Wurde die

02Hb " Menge Ascorbins~ure auf 3 oder

Abb. 2. Abhgngigkeit der ttalbwertzeit yon der Blutfarbstoffkonzentration and yore HbHI- 4 Molekfile pro 10 Aquiva len te Gehalt. © O~I~b-L6sungen verschiedener Blur- 02Hb erh6hfi, d a n n lief die Reak- farbstoffkonzentration. • Blutfarbstoffl6sungen gleicher Gesamtkonzentration, aber mit vet t ion nur noch gerade eden an, ob- schieden starker Beimischung yon ]IbHL Ein- wohl der UberschuI~ an NaNO 2 getragen ist die effektive O~Hb-Konzentration

immer noch ganz erheblich war. Die VerzSgerungswirkung der Ascorbins~ure lag in einer Verli ingerung der Anlaufzei t (Abb. 4); e inmal in Gang gekommen, konn te die Oxy- da t ion mi t re la t iv hoher Geschwindigkeit zu Ende ]aufen.

Ascorbins~ure hemmte ebenfalls, wenn sie vor Ausl6sung der Oxydat ion der NaNO2-L6sung zugesetzt wurde. Das Ausma$ der H e m m u n g war ein wenig geringer, wahrscheinlich weil durch die Alkalisierung der NaNOe- LSsung durch Na2CO 3 die Ascorbinsi~ure teihveise unwirksam wurde.

Wurde Ascorbins~ure zu einer bereits angelaufenen Oxydat ion gegeben, result ierte nu r eine geringe Hemmung . Es wurde vom Zei tpunkt des Zusat- zes an die weitere Eigenbeschleunigung der Reakt ion aufgehoben (Abb. 5).

Als Ascorbins/~ure wurde der Ampulleninhalt yon ,,Redoxon forte" (Roche) verwendet. Die Verdiinnungen muBten mit Wasser hergestellt werden, alas in einer Glasapparatur destilliert worden war. Das iibliche im Laboratorium verwendete destillierteWasser aus einer Groganlage inaktivierte die Ascorbins/iure bei der er- forderlichen starken Verdiinnung rasch.

Page 6: Oxydation menschlicher und tierischer Oxyhämoglobine durch Natriumnitrit

Oxydation menschL u. tierischer Oxyh/imog|obine durch Natriumnitrit 225

3. Vergleichende Untersuehungen a) Vergleich verschiedener Individuen einer Species. Abb. 6 zeigt den

Streubereich der 0xydat ion yon 02Hb bei 4 verschiedenen Erwachsenen und bei 4 M/i, usen. Wenn auch die ~bereinst immung der Werte nicht

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Hb~ T ! I ! I

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4 5 rain 6

Abb. 3. Wirkung der Vorgabe yon einer geringen l~[enge Nitrit. Kurve A libliehe Ausl6stmg mit 0,1 cm 3 0,025 tool 57aNOn. Kurve B, C, D Yorgabe yon 0,02 cm 3 0,025 mol. l~aN02 zum Zeitpunkt 0;

Ausl6sung der Restreaktion mit 0,08 cm 3 0,025 tool NaNO~ bei 1, 3 und 5 rain

I 6"0

Hb~o i / /

~.7' -J2 0 ;' .2 3 q # rain 6

Abb. 4. Wirkung des Zusatzes von Ascorbins/ture. Links Kontrollreaktion. Kurven A , B u. G': Im Zeitpunkt 0 Ascorbins/turezusatz zum H~imolysat, nach 1 rain (Pfeil) Nitritzusatz. Xqu. O~Hb: MolNaNO~ = 1:17 ftir aIle Kurven. Pro ~qu. O~Hb kommen an ]Viol Ascorbins/iure bei Kurve A

0,058, bei Kurve B 0,193, bei Kurve C 0,387

ganz so scharf war wie bei der Kaliumferrieyanidoxydation, so sahen wir doeh selten grSSere individuelle Abweichungen der Halbwertzeit als +__ 1 0 ~ yore Mittelwert.

Kinder fiber dem Alter yon ½ Jahr verhielten sich wie Erwaehsene.

b) Vergleich verschiedener Species. Wegen der auBerordentlich hohen Empfindlichkeit der NaNO2-Oxydation gegentiber den/~uBeren Versuehs- bedingungen konnte ein Vergleich immer nur in bezug auf einen Stan- dardblutfarbstoff vorgenommen werden. Als soleher wurde Erwachsenen- blutfarbstoff gewi~hlt. Die Reaktionsgeschwindigkeiten wurden dann

16"

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226 K . BETKE, I . GEEIbTACttER u n d O. TIETZE :

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e in f ach als r e l a t i v e Z a h l e n gegen i ibe r de r R e a k t i o n s g e s c h w i n d i g k e i t y o n

E r w a e h s e n e n b l u t f a r b s t o f f = 1 a n g e g e b e n . W i e bei de r K a l i u m f e r r i c y a n i d o x y d a t i o n so b e s t a n d e n a u c h be i d e r

N i t r i t o x y d a t i o n z w i s e h e n d e n e inze lnen Spec ies e rheb l i che Di f fe renzen .

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Abb. 5. Zusatz yon Ascorbinsiiure w~thrend der Nitritoxydation. Oben: Kontrollk~rve. Unten: 5Taeh 55 see Zusatz yon Ascorbins/iure (0,115 Mol.]~qu. O2Hb). Nitritkonzentration

17 Mol./~qu. O21Ib. Punktiert: mutmal,~- licher Ablauf ohne Aseorbins,turezusatz

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8

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Abb. 6. Oxydation yon 4 verschiedenen Blut- farbstoffproben erwachsener ]V[ensehen (oben) und weil~er M~iuse (unten). Nitritkonzentration

lmten 4mal so hoch wie oben

Als Be isp ie l d iene A b b . 7. ~ b e r r a s c h e n d e r w e i s e s t e l l t en sich die ve r -

s ch i edenen O x y d a t i o n s g e s e h w i n d i g k e i t e n j e d o e h ganz ande r s d a r als be i

d e r K a l i u m f e r r i c y a n i d o x y d a t i o n . T a b . 3 s te l l t d ie g e f u n d e n e n W e r t e

d e n e n bei de r K s F e ( C N ) 6 - O x y d a t i o n gegenf iber .

Tabelle 3. Oxydationsgeschwindig]ceiten gereinigter Oxyhgmoflobine. Relative Zahlen.

Mensch )Iensch erwachs, neugeb.

Oxydation mit I KaFe(CN)6' " I 1

Oxydation mit NaN0~ . . . 1

1,5

2,5

Mensch ~ 1

Rind / Kanin- Hammel Rind Fetus 8chwein/ chert

2,5 3 1,5

(1,5) 1,5 2,5

2,5

0,5

~e~r- schwein. Maus

3 3

0,75 0,1

Page 8: Oxydation menschlicher und tierischer Oxyhämoglobine durch Natriumnitrit

Oxydation menschl, u. tierischer Oxyh&moglogine durch Na~riumnitrit 227

Die Blu t fa rbs tof fe der be iden e rw~hnten as ia t i schen Hirsche (David- hirsch und Sikhahirsch) ze igten eine re la t ive 0xyda t i onsge sc hw ind igke i t yon fas t 0,5. Sichelzel l -Hb des Menschen verh ie l t sich wie normales Erwachsenen-Hb , ebenso die anomale Hb-Mischung AC. - - Der W e r t ft ir den Blu t fa rbs to f f des H a m m e l s wurde in K l a m m e r n gesetzt , well d ie Differenz gegeni iber menschl ichem O~Hb n ich t e indeut ig war.

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Abb. 7. Oxyda t ion der Blu t fa rbs tof fproben yon je 3 Rinder fe ten ( A ) , erwachsenen Rindern (A), Schweinen ( . ) im Vergleich mi t menschl ichem Blu t fa rbs tof f (o)

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Abb. 8. 0xydaLion yon 02Hb des ]V~enschen (Me) und der wei/~en ]~Iaus (Ma) und yon Mischungen beider Blutfarbstoffe. 1Kischungsverh~tltnis an den Kurven angegeben

Von al len un te r such ten Blu t farbs tof fen war der der weil~en Maus am in teressantes ten . W~hrend er bei der K3Fe(CN)6-Oxydat ion 3rea l so rasch reagier te wie menschl icher 4, war er gegeniiber der N i t r i t o x y d a t i o n e rs taunl ich unempfindl ich . Die Ha lbwer t ze i t be t rug bei gleicher Ni t r i t - konzen t r a t i on gegeni iber menschl ichem O~Hb das 10fache. Bei 4 facher N i t r i t k o n z e n t r a t i o n waren die Ha lbwer t ze i t en e twa gleich (Abb. 6).

c) Oxydation yon Blut/arbsto/]mischungen. Bei der O x y d a t i o n yon Mischungen yon M~use- und Menschen-O2Hb resu l t i e r t en K urve n , die formal n ich t yon O x y d a t i o n s k u r v e n e inhei t l icher Blu t farbs tof fe ab- wichen. Es en t s t anden die gleichen S-f5rmigen Abl~ufe (Abb. 8). Die

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228 K. BETKE, I. ~REI~ACHER und O. TIET~,E:

Oxydationsgeschwindigkeit des Gemisches war hSher als bei einer ein- fachen Summation der jewefligen Oxydationsgeschwindigkeiten der Komponenten, wie sich aus Abb. 8 ohne weiteres ergibt. Die tr~ge Reakt ion des MKuseblutfarbstoffs lieB sich also durch Zusatz des rasch reagierenden Menschenblutfarbstoffs beschleunigen.

Die natiirlichen Blutfarbstoffmischungen der menschlichen Neu- geborenen und der Rinderfeten (fetales + bleibendes Hb) lieferten eben- falls einheitliche S-fSrmige Abli~ufe der Oxydation. Aus ihnen kann die wahre Reaktionsgeschwindigkeit des jeweiligen fetalen Hb nicht ab- geleitet werden. Es l~Bt sich nur sagen, dal~ sie hSher sein mu$ als der in der Tabelle ffir das Nabelschnur- bzw. Fetalblut aufgefiihrte Wert, weil die Oxydationsgeschwindigkeit des darin enthaltenen bleibenden Farb- stoffs niederer ist.

4. Titration der Blut/arbsto//e mit NaNO~

Die Titrationsversuche (Inkubation yon H£molysat mit steigenden Mengen Nitri t und Messung der bei vollst~ndiger Reaktion gebildeten Mengen Hb m) wurden an O~Hb des neugeborenen Menschen (10 Nabel- schnurblutproben), des Kaninchens (2 Tiere) und der Maus (4 Tiere) durchgefiihrt, jeweils vergleichend mit 02Hb des erwachsenen Menschen. I m Gegensatz zu dem differenten Verhalten in bezug auf die Oxydations- geschwindigkeit fanden sich keine Differenzen in bezug auf die quanti- ta t ive Umsetzung.

Das Verh~ltnis yon neugebfldetem HbIn (abziiglich der Spontanoxydation) zu der zugesetzten Menge Nitrit war in allen Versuchen durchschnittlich knapp 1 ~quivalent HbIn auf 1 Molekiil NAN02. Wenn sehr kleine Menge Nitrit genommen wurden (1/10 der Hb-~quivalente), riickte das Verh~ltnis NAN02 : HbIn auf nahezu 1 : 2. - - StSrend war bei den erforderlichen langen Wartezeiten die hohe Spontan- oxydation der von uns verwendeten gereinigten H~molysate.

Besprechung Bei der Oxydation von 02Hb durch Natr iumnitr i t wird gleichzeitig

mit der Oxydation des Hb-Eisens auch Nitri t zu Ni t ra t oxydiert 15. Die Verhi~ltnisse sind also andere als im Fall der Oxydation mit Kaliumferri- cyanid, die einen einfachen OxydationsprozeI~ darstellt, bei dem das Oxydans reduzier~ wird. Diese grundlegende Verschiedenheit macht sich auch im formalen Ablauf bemerkbar: Ein Exponentialproze~ bei der K3Fe(CN)6-Oxydation, ein, ,autokatalyt ischer" 12 oder , ,Ket ten" 16-Proze~ bei der NaNO~-Oxydation.

Welche Vorg~nge sich ira einzelnen bei der Nitr i toxydat ion abspielen, ist nicht bekannt. Man kann vermuten, dab der Blutfarbstoff beschleuni- gend auf einen auch ohne ihn in einer NitritlSsung stattfindenden Dis- mutationsprozel~ wirkt, in dessen Ablauf Nitri t unter Sauerstoffaufnahme zu Nit ra t oxydiert wird 9. Der Blutfarbstoff stellt dabei nicht einen

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Oxydation menschl, u. tierischer Oxyh~moglobine durch Natriumnitrit 229

einfachen Katalysator dar, sondern geht unter Umwandlung in H~mi- globin quantitativ mit in die Reaktion ein. Die derzeit angenommene Summenformel ftir den Vorgang lautet 8, 1~.

NaNO~ + 2 02Hb ~- H20-~ NaNO 3 ~- 2 HbOH ~- O3 (1) Der EirdiuB yon pH und Nitritkonzentration stellte sich in den eigenen

Versuchen in gleicher Weise dar wie bei den Untersuchungen yon R ~ E R und JuNo u. REMMER. Aus den Abhangigkeiten bat ten diese Autoren geschlossen, dab mSglicherweise die undissoziierte HNO~ der Reaktionspartner des Blutfarbstoffs ist; ihre Konzentration sei in dem untersuchten Gebiet in gleicher Weise yon der H-Ionen- wie yon der Nitritkonzentration abhangig. Auch der yon den genannten Autoren bereits angegebene verhaltnismal~ig geringe Einflul~ einer Veranderung der O~Hb-Konzentration wurde bestatigt, wobei bemerkenswert ist, dab eine ErhShung der 02Hb-Konzentration die Reaktion verlangsamte. O~Hb kann daher kaum selbst das aktive Prinzip in der ,,Autokatalyse" darstellen, obwohl es bei dem gewahlten pH fiberhaupt erst das Anlaufen des Prozesses ermSglicht. Auch Hamiglobin kommt als eigentlicher Kata- lysator nicht in Frage, denn obwohl es einen deutlich beschleunigenden Einflu2 auf den Reaktionsablauf hatte (Abb. 2), blieb doch immer eine Anlaufstrecke bei der Reaktion erhalten. Nicht einmal ein Anlaufen- lassen der Reaktion mit einer kleinen Menge Nitrit (die aber immer noch einen Uberschu~ gegeniiber dem Blutfarbstoff darstellte) konnte in der Restreaktion nach Zusatz der Hauptmenge den Anlauf zum Verschwin- den bringen (Abb. 3).

Konnte damit zu der Natur des beschleunigenden Prinzips der Reak- tion kein neuer Aufsch]u2 erhalten werden, so wurde auf der anderen Seite aber ein erstaunlich wirksamer Hemmstoff gefunden, die Ascorbin- saure (Abb. 4 u. 5). Quantitativ war in den Ansatzen die Menge an Ascorbinsaure zu gering, um etwa einen wirksamen Schutz des Hb-Eisens vor einer Oxydation darzustellen. Bei der Kaliumferricyanidoxydation hat te im iibrigen die gleiche Dosierung yon Ascorbinsaure keinen erkenn- baren Effekt gemacht a. Die Ta~sache, dab besonders das Anlaufen der Reaktion verzSgert wurde, deutet darauf bin, dab die Ascorbinsaure mit dem eigentlichen Katalysator der Reaktion intefferiert bzw. seineBfldung hintanhalt. Vielleicht gibt diese Beobachtung einen neuen Ansatzpunkt zur Aufklarung der Nitritoxydation. - - Die Wirkung der Ascorbinsaure mach~ die Abhangigkeit der Oxydationsgeschwindigkeit vom AusmaB der Reinigung der Hamolysate erklarlich. Insbesondere leuchtet ein, da~ einfache Hamolysate langsamer oxydiert wurden, da sie Stromareste mit reduzierenden Substanzen enthalten.

Die Blutfarbstoffe des neugeborenen und des erwachsenen Menschen und verschiedener Tiere zeigten reproduzierbar eine differente Oxydier- barkeit mit Nitrit. Nachdem wir in alteren Untersuchungen beim

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230 K. BETKE, I. GREINACHER und O. TIETZE:

Vergleich der Nitr i toxydation yon Neugeborenen- und Erwachsenenblut- farbstoff eine ~hn]iehe Differenz bekommen bat ten, wie bei der Xalium- ferricyanidoxydation 2, a (Nabelsehnur O2Hb wurde rund doppelt so schnell oxydiert wie Erwachsenen-O2Hb), iiberraschte uns die Tatsache, dal~ eine derartige Parallelit~t des Verhaltens gegeniiber den beiden Oxydationsarten keineswegs eine allgemeine Gesetzm/~l~igkeit war. Ha t t e beispielsweise bei der Kaliumferricyanidoxydation der Blutfarbstoff des Rinderfetus eine Mittelstellung zwischen dem des erwachsenen Rindes und dem des Menschen eingenommen, so war bei der Nitr i toxydat ion die Reihenfolge eine andere : Mensch - - Rind - - Rinderfetus. Besonders anf- fallend war aber die aul~erordentlich ]angsame Oxydation des M~useblut- farbstoffes, der bei der Kaliumferricyanidoxydation sehr rasch reagierte.

Diese Befunde und weitere mit anderen Oxydationsmitteln erhobene 5 zeigen, dal~ man nicht yon einer Oxydationsemp/indlichkeit eines Blut/arb- sto/]es schlechthin sprechen kann. Es kommt immer auch auf das Oxydans an. I m Einzelfall kann ein Blutfarbstoff, der gegen das eine Oxydans sehr empfindlich ist, gegen ein anderes relativ resistent sein.

Wodurch die unterschiedliche Oxydierbarkeit der verschiedenen Oxy- h/imoglobine mit Nitri t bedingt ist, 1£13t sich nicht sagen, weft der Mocha- nismus der Nitr i toxydation selbst ungekl/~rt ist. Bei der Kaliumferri- cyanidoxydation konnten Argunlente daftir beigebraeht werden, dab die Differenzen bei den einzelnen Species Unterschiede in der Geschwindig- kei t der Sauerstoffdissoziation widerspiegelten 4. Auch bei der Nitrit- oxydation ist die Sauerstoffdissoziation von Bedeutung, weil ein Tell des molekular an den Blutfarbstoff gebundenen Sauerstoffs efforderlich ist, damit der Oxydationsproze$ fiberhaupt in der oben in Formel (1) an- gegebenen Weise ablaufen kann. Die Oxyda~ion von sauerstofffreiem Hb mit Nitrit geht nach einer anderen Gesetzm~l~igkeit vor sich als die yon O2Hb ;sie l~uft viel langsamer ab a un d fiihrt zu den Endprodukten Hb IH und NO-Hb s, 12, 15. Noch wesentlich ]angsamer ist die Reaktion yon CO-Hb mit NitritS: Daraus kann man zwar ableiten, welch erheb]iche Rolle es spielt, dal~ O2 ftir die Reakt ion zur Verfiigung steht. Fiir die Oxydationsgeschwindigkeit des O2Hb ist aber in erster Linie die Steilheit des Anlaufs, des ersten Teils der S-Kurve, entscheidend. Die dabei ge- fundenen Reaktionszeiten liegen weir oberhalb yon denen, die man fiir die O2-Dissoziation voraussetzen kann. Damit ist es unwahrscheinlich, dal~ die O2-Dissoziation in einer Weise wie bei der KsFe(NC)6-Oxydation als limitierender Faktor in Betracht kommt.

Bei einer Mischung von einem ]angsam und einem schnell reagierenden Blutfarbstoff (OzHb der Maus und des Menschen) wurde die Reaktions- geschwindigkeit der langsamer reagierenden Komponente beschleunigt (Abb. 8). Die Oxydation war schneller zu Ende als bei einfacher Summie- rung der Reaktionsgeschwindigkeiten zu erwarten gewesen wKre. Es

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Oxydation menschl, u. tieriseher Oxyh/~moglobine durch Natriumnitrit 231

ergaben sich aul]erdem formal einheitliche Kurven, Daraus ist zu ent- nehmen, dab beide Komponenten nicht unabh/~ngig voneinander reagieren (wit es bei der K3Fe(CN)6-Oxydation derartiger Mischungen der Fall ist 4), sondern dal~ die Oxydation der einen Komponente die der anderen be- einfluBt. Damit entf/£11t die MSglichkeit, reehnerisch die erhaltene Kurve in die der Einzelkomponenten zu zerlegen - - , was bei der KzFe(CN)6- Oxydation mSglieh war - - , und es ist weiter nicht mSglich, durch eine solche Zerlegung etwa die unbekannte Reaktionsgeschwindigkeit einer Komponente zu bestimmen (z. B. des fetalen Hb im Nabelschnur-Hb).

Durch die Titrationsversuche wurde ausgeschlossen, dab verschiedene Blutfarbstoffe einen verschiedenen NaNO~-Verbrauch fiir die Bildung gleicher Mengen an Hb III aufweisen, wie kS beispielsweise bei der Oxy- dation durch Jod der Fall ist. Die Speciesunterschiede in den Oxydations- geschwindigkeiten kSnnen also nicht auf quantitative Differenzen dieser Art zuriickgeftihrt werden.

Auffallend ist, dab die erzielten Ums/~tze pro Molekiil NaNO~ nicht 2 _~quivalent ttblII waren, wie es nach Formel (1) zu fordern war, sondern nur knapp 1 _~quiva- lent. Ein Fehler in der Einstellung der NaNO2-Konzentration kann ausgesehlossen werden, da sie durch Titration mit Permanganat (JA~D~R U. JAm~) iiberpriift worden war. MSglieherweise war unter den vorliegenden Bedingungen jedoeh nicht alles Nitrit zur Reaktion gekommen. Die Spontanoxydation in den Kontrollans~tzen schritt so schnell voran, dab nieht beliebig lange gewartet werden konnte. Nur wenn sehr wenig Nitrit in den Ans/itzen war, erreichten wir einen Umsatz yon 2 J~qui- valent Hb~II auf 1 Molekiil NAN02.

Die ermittelten Speciesdifferenzen der Oxydationsgeschwindigkeit gelten nur fiir I-I~moglobinlgsungen. In intakten Erythrocyten kann sich der Blutfarbstoff anders verhalten. Die Reaktion lguft formal nicht mehr in einer so ausgepr/~gten S-Form ab, sondern nKhert sich nach einem angedeuteten Anlauf mehr einer Exponentialkurve 7. Das Verh/~ltnis der Oxydationsgesehwindigkeiten des Blutfarbstoffs in ver- schiedenen Erythrocytenarten kann anders sein als bei den zugehSrigen H/£moglobinen 7, is. In vivo kommt noch als korrigierender Faktor der Rfickbildungsmechanismus der Erythrocyten fiir Hb IH hinzu, der bei verschiedenen Species verschieden abl/~uft xs, is. SchlieBlieh seheint in vivo auch die quantitative Beziehung nach Formel (1) nicht durchgehend zu stimmen 14.

Zusammenfassung An Oxyh/~moglobinlSsungen yon neugeborenen und erwachsenenMen-

schen und von verschiedenen Tieren wurde der zeitliche Ablauf der Oxy- dation nach Zusatz yon Natriumnitrit untersucht. Die Oxydations- geschwindigkeit hatte bei gleich gehaltenen guBeren Bedingungen fiir jede Blutfarbstoffart eine charakteristische GrSBe.

Die Oxydation beschleunigte sich stark mit fallendem p~r, stei- gender Nitritkonzentration und steigender Temperatur. Mit steigender

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232 BETKE, GREINACHER U. TIETZE : Oxydation menschl, u. tier. Oxyh~moglobine

Blut farbs tof fkonzent ra t ion ver langsamte sich die Reak t ion in geringem Mal~. Vermehrter Gehalt an H/~miglobin (Meth~moglobin) in der Blut - farbstofflSsung wirkte gering besehleunigend.

Ascorbins~ure hemmte das Anlaufen der Oxyda t ion bereits in geringen K o n z e n t r a t i o n e n ; gleiche Mengen i ib ten bei der Kal iumferr icyanid- oxyda t ion keine e rkennbare Wi rkung aus.

Das Verh/~ltnis der Oxydat ionsgeschwindigkei ten yon Blutfarbstoffen verschiedener Tiere und des Menschen stellte sich bei der N i t r i t oxyda t ion anders dar als bei der Fer r icyanidoxyda t ion . Besonders fiel das gegen- fiber Kal iumferr icyari id sehr empfindliche 02Hb der weil]en Maus auf: Es wurde durch Ni t r i t 10mal ]angsamer oxydier t a]s das des Menschen.

Eine Misehung aus e inem langsam und einem schneU reagierenden Blutfarbstoff (M/~use- und Menschen-O2Hb ) lieferte bei der Oxyda t ion e inen einhei t l ichen K u r v e n a b l a u f mi t mi t t lerer Geschwindigkeit ; die Blutfarbstoffe beeinflussen sich also gegenseitig bei der Oxydat ion.

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Doz. Dr. K. BETKE, Freiburg/Br., Univ.-Kinderklinik