8
Nach der weltweiten Resonanz auf seine Streitschrift „Empört Euch“ ist der Diplo- mat und Literat Stéphane Hessel der be- kannteste 94-jährige Europäer. Er hat das KZ Buchenwald überlebt und wurde 1948 Sekretär der UN-Menschenrechtskommis- sion während der Erarbeitung der Char- ta der Menschenrechte. Und heute ist der kerzengerade Greis Präsident des Russell- Tribunals zu Palästina, das 2009 nach der blutigen israelischen Offensive „Gegosse- nes Blei“ gegen den Gazastreifen gegrün- det wurde. Die dritte Sitzung des Tribunals in Südafrika untersuchte vom 5. bis 7. No- vember 2011 die Frage: „Verletzt das israeli- sche Vorgehen gegen die Palästinenser das Apartheidsverbot des Völkerrechts?“ Die Bundestagsabgeordnete Annette Groth be- richtet darüber in ihrem Interview auf Seite 4. Hier dokumentieren wir, wie Stéphane Hessels in seinem jüngsten Buch Bilanz zieht: „In der ... israelisch-palästinensi- schen Frage haben wir es auf der einen Seite mit einem Recht ohne Macht und auf der anderen Seite mit einer Macht ohne Recht zu tun. Beide Seiten sind in eine Sackgasse geraten: Israel mit seiner ... Übermacht, ... und ihm gegenüber die Pa- lästinenser mit ihrem Recht, das sich auf ein völlig abstraktes und von niemandem eingehaltenes internationales Recht stützt, dessen bloße Anrufung schon fast als anti- semitische Provokation aufgefasst wird. Es gibt eben Länder, die sich stark genug füh- len, um sich über gemeinsame Regeln hin- wegzusetzen. Da werden immer die Verei- Handala, „Flüchtlingskind“ Naji el-Ali (1938-1987) © Kahled el-Ali, Bahrein PalästinaIsraelZeitung für Völkerrecht und Menschenrechte „Palästina, Land meiner Träume“ Gemälde von Ibrahim Hazimeh (Ausschnitt) Augenzeugen berichten aus Bethlehem und südlich von Hebron Interview mit Annette Groth: Für Menschenrechte im Bundestag Mark Braverman im Interview: Die Kirche darf angesichts israelischer Apartheid nicht schweigen Bin ich Antisemit? Eine Selbstprüfung Internationaler Aufruf zum Ende der Blockade von Gaza Themen Seite 4 Seite 3 Seite 6 Diese Zeitung möchte über die lauten und leisen Realitäten in Palästina und Israel informieren. Sie will unbekann- te oder ungern wahrgenommene Fakten mitteilen. Zum Maßstab nimmt sie hierfür die Allgemeinen Menschenrechte und das Völkerrecht. Herausgeber ist unsere „Ar- beitsgemeinschaft Völkerrecht und Menschenrechte in Palästina und Isra- el e. V. Das Hauptthema dieser Ausgabe ist die israelische Politik der Vertreibung: Immer mehr Palästinenser werden aus den Rest- gebieten des von ihnen seit vielen Jahr- hunderten bewohnten Landes gedrängt. Für jede einzelne Familie, für Kinder, Er- wachsene und Alte ist das ein Drama des Leids und des schreienden Unrechts. Doch hört man derzeit häufig, da keine erschüt- ternden Fotos von Explosionen durch die Medienwelt schwirren:„ In Israel/Palästina ist es zur Zeit still.“ Tatsächlich wird der Blick auf der einen Seite nach Syrien, auf der anderen nach Ägypten gezogen. Da- zwischen scheint Ruhe zu herrschen. Wie die Raupe Nimmersatt Auf den ersten Seiten beschreibt der Hintergrundbericht zur Politik des Land- raubs die Methoden, wie Israel den größ- ten Teil des palästinensischen Westjord- anlands ethnisch säubert. Wie eine Raupe still aber stetig ein Blatt vertilgt, so verleibt sich der Staat Israel seit 45 Jahren Fremd- land ein. Aber dies bleibt meist unterhalb der Schwelle dessen, was deutschsprachi- ge Medien berichten. Aufmerksame Beo- bachter reiben sich allerdings erstaunt die Augen und fragen: Wie konnte es kom- men, dass für den von der UNO vorgese- henen Staat Palästina fast kein Land mehr da ist? Menschenrechtsarbeit ist Öffentlichkeitsarbeit „Israel wird sich nicht alleine aus dem Sumpf ziehen können. Es braucht die Un- terstützung und den Druck aus Europa und Deutschland,“ sagt der deutsche Jude Prof. Rolf Verleger. Direkte Einflussmög- lichkeiten für eine Änderung der Nahost- politik unserer Regierung haben wir nicht. Aber wir sind überzeugt, dass eine bessere Informiertheit der Bevölkerung die nötige Öffentlichkeit schafft, um Druck auszu- üben und Politiker wie Annette Groth (S. 4) und Albrecht Schröter (S. 6) zu unterstützen. Man kann sich an unserer Arbeitsgemeinschaft beteiligen (S. 8). Peter Bingel Großer alter Konflikt – kleiner neuer Anfang Stéphane Hessel: Empörung für Palästina Stéphane Hessel im November 2011 als Präsident des Russell-Tribunals zu Palästina in Südafrika (Foto G. Rath) Vertreibung ist seit der Staatsgründung Israels im historischen Palästina eine Rea- lität. 700.000 Menschen wurden im Verlauf der kriegerischen Auseinandersetzungen Ende der Vierzigerjahre zu Flüchtlingen. Infolge der militärischen Besetzung der Westbank einschließlich Ostjerusalems, des Gaza-Streifen, der Sinai-Halbinsel und der Golanhöhen im Sechs-Tage-Krieg 1967, kam es zu neuen Vertreibungen. Diese halten bis heute an. Nach UNO-Angaben sind 40 Prozent der Bewohner der West- bank und zwei Drittel der Bevölkerung von Gaza Vertriebene. Insgesamt schwan- ken die Zahlen der vertriebenen Palästi- nenser zwischen 3,7 Millionen (UNO) und 5,2 Millionen (palästinensische Quellen). Offensichtlich muss eine künftige Frie- densregelung die palästinensische Flücht- lingsfrage berücksichtigen. Aber es geht nicht nur um Vorgänge in der Vergan- genheit. Unter der israelischen Besatzung geht die Vertreibung weiter. Die Methoden sind vielfältig. Sie sind langfristig darauf angelegt, den israelischen Siedlungsraum schrittweise auszudehnen, die ursprüngli- che palästinensische Bevölkerung zu re- duzieren und auf einige Gebiete im Land zu konzentrieren. In Oslo betrogen: Die Menschen in Zonen Mit den Osloverträgen, die 1993 im Rahmen von Friedensverhandlungen zwi- schen der israelischen Regierung und der palästinensichen Führung geschlossen wurden, entstand die Palästinensische Au- tonomiebehörde (PA), die „Regierung“ der palästinensischen Gebiete. Die Westbank wurde in drei Zonen geteilt. Was als Vor- stufe zu eigener palästinensischer Staat- lichkeit propagiert wurde, ist inzwischen zu einem Instrument für deren Verhinde- rung geworden: Zone A (etwa 18 %) umfasst überwiegend die Gebiete der größeren palästinensi- Israels Politik der Vertreibung schen Städte, wo die PA die Verantwor- tung für die Zivilverwaltung und öffentli- che Sicherheit hat. Zone B (etwa 20 %) ist das Gebiet der palästinensischen Dörfer und Kleinstädte: Die PA verantwortet hier die Zivilverwal- tung, während für Sicherheitsfragen is- raelische und palästinensische Behörden gemeinsam zuständig sind. Zone C (etwa 62 %) umfasst die israe- lischen Siedlungen, Armeestützpunkte und Naturreservate. Sie schließt auch fast das gesamte Jordantal sowie den Teil der Westbank ein, der am Toten Meer liegt. Israelische Regierung und Armee haben hier die volle Kontrolle, auch über die le- benswichtige Infrastruktur und die Bau- tätigkeit. Keine Baugenehmigung: Abriß von Häusern In Zone C leben etwa 150.000 Palästi- nenser, darunter viele Beduinen. Die pa- lästinensischen Familien sind kinderreich, der Wohnraum knapp. Traditionell ist die Gündung einer neuen Familie mit dem Bau eines neuen Hauses verbunden. An- träge auf Baugenehmigungen werden aber fast immer abgelehnt. Illegale Bautätigkeit ist deshalb die Vo- raussetzung dafür, dass junge Menschen ihren Wunsch nach Familie und Kindern auf eigenem Grund und Boden verwirk- lichen können. Die Folge: Die israelische Armee zerstört im Jahr durchschnittlich 200 palästinensische Häuser. Über 3.000 Gebäude sind derzeit in Zone C vom Ab- riß bedroht. Siedlungskolonien In Westbank und Ostjerusalem leben 2,5 Millionen Palästinenser und 500.000 Sied- ler in 149 Siedlungen und 100 Außenpos- ten. Nach internationalem Recht sind alle diese Siedlungen illegal (Artikel 49 der IV. Genfer Konvention). Die israelische Regie- herausgegeben von der Arbeitsgemeinschaft Völkerrecht und Menschenrechte in Palästina und Israel e. V. Fortsetzung auf Seite 4 Seite 5 Seite 7 von Anja Soboh und Giselher Hickel anhand von Berichten der UN-Organisation OCHA und den israelischen Organisationen B‘Tselem und Peace Now Nr.1 • Juli 2012 www.palästina-israel-zeitung.de

PalästinaIsraelZeitung · Tribunals zu Palästina, das 2009 nach der blutigen israelischen Offensive „Gegosse-nes Blei“ gegen den Gazastreifen gegrün-det wurde. Die dritte Sitzung

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Page 1: PalästinaIsraelZeitung · Tribunals zu Palästina, das 2009 nach der blutigen israelischen Offensive „Gegosse-nes Blei“ gegen den Gazastreifen gegrün-det wurde. Die dritte Sitzung

Nach der weltweiten Resonanz auf seine Streitschrift „Empört Euch“ ist der Diplo-mat und Literat Stéphane Hessel der be-kannteste 94-jährige Europäer. Er hat das KZ Buchenwald überlebt und wurde 1948 Sekretär der UN-Menschenrechtskommis-sion während der Erarbeitung der Char-ta der Menschenrechte. Und heute ist der kerzengerade Greis Präsident des Russell-Tribunals zu Palästina, das 2009 nach der blutigen israelischen Offensive „Gegosse-nes Blei“ gegen den Gazastreifen gegrün-det wurde. Die dritte Sitzung des Tribunals in Südafrika untersuchte vom 5. bis 7. No-vember 2011 die Frage: „Verletzt das israeli-sche Vorgehen gegen die Palästinenser das Apartheidsverbot des Völkerrechts?“ Die Bundestagsabgeordnete Annette Groth be-richtet darüber in ihrem Interview auf Seite 4. Hier dokumentieren wir, wie Stéphane Hessels in seinem jüngsten Buch Bilanz zieht: „In der ... israelisch-palästinensi-schen Frage haben wir es auf der einen Seite mit einem Recht ohne Macht und auf der anderen Seite mit einer Macht ohne Recht zu tun. Beide Seiten sind in eine Sackgasse geraten: Israel mit seiner ... Übermacht, ... und ihm gegenüber die Pa-lästinenser mit ihrem Recht, das sich auf ein völlig abstraktes und von niemandem eingehaltenes internationales Recht stützt, dessen bloße Anrufung schon fast als anti-semitische Provokation aufgefasst wird. Es gibt eben Länder, die sich stark genug füh-len, um sich über gemeinsame Regeln hin-wegzusetzen. Da werden immer die Verei-Handala, „Flüchtlingskind“ Naji el-Ali (1938-1987)

© Kahled el-Ali, Bahrein

PalästinaIsraelZeitungfür Völkerrecht und Menschenrechte

„Palästina, Land meiner Träume“ Gemälde von Ibrahim Hazimeh (Ausschnitt)

Augenzeugen berichten aus Bethlehem und südlich von Hebron

Interview mit Annette Groth: Für Menschenrechte im Bundestag

Mark Braverman im Interview: Die Kirche darf angesichts israelischer Apartheid nicht schweigen

Bin ich Antisemit? Eine Selbstprüfung

Internationaler Aufruf zum Ende der Blockade von Gaza

Themen

Seite 4

Seite 3

Seite 6

Diese Zeitung möchte über die lauten und leisen Realitäten in Palästina und Israel informieren. Sie will unbekann-te oder ungern wahrgenommene Fakten mitteilen. Zum Maßstab nimmt sie hierfür die Allgemeinen Menschenrechte und das Völkerrecht. Herausgeber ist unsere „Ar-beitsgemeinschaft Völkerrecht und Menschenrechte in Palästina und Isra-el e. V.“ Das Hauptthema dieser Ausgabe ist die israelische Politik der Vertreibung: Immer mehr Palästinenser werden aus den Rest-gebieten des von ihnen seit vielen Jahr-hunderten bewohnten Landes gedrängt. Für jede einzelne Familie, für Kinder, Er-wachsene und Alte ist das ein Drama des Leids und des schreienden Unrechts. Doch hört man derzeit häufig, da keine erschüt-ternden Fotos von Explosionen durch die Medienwelt schwirren:„ In Israel/Palästina ist es zur Zeit still.“ Tatsächlich wird der Blick auf der einen Seite nach Syrien, auf der anderen nach Ägypten gezogen. Da-zwischen scheint Ruhe zu herrschen. Wie die Raupe Nimmersatt Auf den ersten Seiten beschreibt der Hintergrundbericht zur Politik des Land-raubs die Methoden, wie Israel den größ-ten Teil des palästinensischen Westjord-anlands ethnisch säubert. Wie eine Raupe still aber stetig ein Blatt vertilgt, so verleibt sich der Staat Israel seit 45 Jahren Fremd-land ein. Aber dies bleibt meist unterhalb der Schwelle dessen, was deutschsprachi-ge Medien berichten. Aufmerksame Beo-bachter reiben sich allerdings erstaunt die Augen und fragen: Wie konnte es kom-men, dass für den von der UNO vorgese-henen Staat Palästina fast kein Land mehr da ist? Menschenrechtsarbeit ist Öffentlichkeitsarbeit „Israel wird sich nicht alleine aus dem Sumpf ziehen können. Es braucht die Un-terstützung und den Druck aus Europa und Deutschland,“ sagt der deutsche Jude Prof. Rolf Verleger. Direkte Einflussmög-lichkeiten für eine Änderung der Nahost-politik unserer Regierung haben wir nicht. Aber wir sind überzeugt, dass eine bessere Informiertheit der Bevölkerung die nötige Öffentlichkeit schafft, um Druck auszu-üben und Politiker wie Annette Groth (S. 4) und Albrecht Schröter (S. 6) zu unterstützen. Man kann sich an unserer Arbeitsgemeinschaft beteiligen (S. 8). Peter Bingel

Großer alter Konflikt –kleiner neuer Anfang

Stéphane Hessel: Empörung für Palästina

Stéphane Hessel im November 2011 als Präsident des Russell-Tribunals zu Palästina in Südafrika

(Foto G. Rath)

Vertreibung ist seit der Staatsgründung Israels im historischen Palästina eine Rea-lität. 700.000 Menschen wurden im Verlauf der kriegerischen Auseinandersetzungen Ende der Vierzigerjahre zu Flüchtlingen. Infolge der militärischen Besetzung der Westbank einschließlich Ostjerusalems, des Gaza-Streifen, der Sinai-Halbinsel und der Golanhöhen im Sechs-Tage-Krieg 1967, kam es zu neuen Vertreibungen. Diese halten bis heute an. Nach UNO-Angaben sind 40 Prozent der Bewohner der West-bank und zwei Drittel der Bevölkerung von Gaza Vertriebene. Insgesamt schwan-ken die Zahlen der vertriebenen Palästi-nenser zwischen 3,7 Millionen (UNO) und 5,2 Millionen (palästinensische Quellen). Offensichtlich muss eine künftige Frie-densregelung die palästinensische Flücht-lingsfrage berücksichtigen. Aber es geht nicht nur um Vorgänge in der Vergan-genheit. Unter der israelischen Besatzung geht die Vertreibung weiter. Die Methoden sind vielfältig. Sie sind langfristig darauf angelegt, den israelischen Siedlungsraum schrittweise auszudehnen, die ursprüngli-che palästinensische Bevölkerung zu re-duzieren und auf einige Gebiete im Land zu konzentrieren. In Oslo betrogen: Die Menschen in Zonen Mit den Osloverträgen, die 1993 im Rahmen von Friedensverhandlungen zwi-schen der israelischen Regierung und der palästinensichen Führung geschlossen wurden, entstand die Palästinensische Au-tonomiebehörde (PA), die „Regierung“ der palästinensischen Gebiete. Die Westbank wurde in drei Zonen geteilt. Was als Vor-stufe zu eigener palästinensischer Staat-lichkeit propagiert wurde, ist inzwischen zu einem Instrument für deren Verhinde-rung geworden:Zone A (etwa 18 %) umfasst überwiegend die Gebiete der größeren palästinensi-

Israels Politik der Vertreibung

schen Städte, wo die PA die Verantwor-tung für die Zivilverwaltung und öffentli-che Sicherheit hat.Zone B (etwa 20 %) ist das Gebiet der palästinensischen Dörfer und Kleinstädte: Die PA verantwortet hier die Zivilverwal-tung, während für Sicherheitsfragen is-raelische und palästinensische Behörden gemeinsam zuständig sind.Zone C (etwa 62 %) umfasst die israe-lischen Siedlungen, Armeestützpunkte und Naturreservate. Sie schließt auch fast das gesamte Jordantal sowie den Teil der Westbank ein, der am Toten Meer liegt. Israelische Regierung und Armee haben hier die volle Kontrolle, auch über die le-benswichtige Infrastruktur und die Bau-tätigkeit. Keine Baugenehmigung: Abriß von Häusern In Zone C leben etwa 150.000 Palästi-nenser, darunter viele Beduinen. Die pa-lästinensischen Familien sind kinderreich, der Wohnraum knapp. Traditionell ist die Gündung einer neuen Familie mit dem Bau eines neuen Hauses verbunden. An-träge auf Baugenehmigungen werden aber fast immer abgelehnt. Illegale Bautätigkeit ist deshalb die Vo-raussetzung dafür, dass junge Menschen ihren Wunsch nach Familie und Kindern auf eigenem Grund und Boden verwirk-lichen können. Die Folge: Die israelische Armee zerstört im Jahr durchschnittlich 200 palästinensische Häuser. Über 3.000 Gebäude sind derzeit in Zone C vom Ab-riß bedroht. Siedlungskolonien In Westbank und Ostjerusalem leben 2,5 Millionen Palästinenser und 500.000 Sied-ler in 149 Siedlungen und 100 Außenpos-ten. Nach internationalem Recht sind alle diese Siedlungen illegal (Artikel 49 der IV. Genfer Konvention). Die israelische Regie-

herausgegeben von der Arbeitsgemeinschaft Völkerrecht und Menschenrechte in Palästina und Israel e. V.

Fortsetzung auf Seite 4

Seite 5

Seite 7

von Anja Soboh und Giselher Hickel anhand von Berichten der UN-Organisation OCHA und den israelischen Organisationen B‘Tselem und Peace Now

Nr.1 • Juli 2012 www.palästina-israel-zeitung.de

Page 2: PalästinaIsraelZeitung · Tribunals zu Palästina, das 2009 nach der blutigen israelischen Offensive „Gegosse-nes Blei“ gegen den Gazastreifen gegrün-det wurde. Die dritte Sitzung

PalästinaIsraelZeitung

Fortsetzung von Seite 1

Seite 2 • Juli 2012

Hintergrundinformationen und aktuelle Karten zum Nahostkonflikt sowie monatliche Berichte über die Situation in den besetzten palästinensischen Gebieten gibt es bei OCHA – United Nations Office for the Coordination of the Humanitarian Affairs: http://www.ochaopt.org/default.aspx

rung ist für den Bau der Siedlungen ver-antwortlich. Etwa ein Drittel des Landes, auf dem Siedlungen gebaut wurden, ist zudem palästinensisches Privateigentum. Die nicht offiziell genehmigten Außen-posten sind zwar auch nach israelischem Recht illegal. Dennoch werden sie von is-raelischen Firmen mit Strom und Wasser versorgt und stehen unter dem Schutz des Militärs. Im vergangenen Jahr verzeichnete die israelische Friedensorganisation Peace Now einen Anstieg der israelischen Bau-aktivität in der Westbank um 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr: mindestens 3.500 neue Wohneinheiten. Die Mehrheit der Siedler lebt wegen ökonomischer Vortei-le in der Westbank und Ostjerusalem, nur ein Viertel beruft sich auf religiöse oder nationalistische Motive. Siedlergewalt Die Aggressivität dieser Siedlungspolitik kommt durch die gewalttätigen Übergriffe israelischer Siedler auf Palästinenser un-verhohlen zum Ausdruck. Die Anzahl der Übergriffe stieg im Jahr 2011 um mehr als das Dreifache im Vergleich zu 2009. Sie reichen von verbalen Bedrohungen, dem Stehlen oder Zerstören von Privateigen-tum, der Behinderung des Zugangs zu Pri-vatgrundstücken, Angriffen auf Vieh und Farmland über Körperverletzungen bis hin zu Brandanschlägen auf Moscheen und Tötungen. In über 90 Prozent der Fälle, in denen Palästinenser Anzeige gegen Siedler erstatten, kommt es nicht zur Anklage.

Zäune und Mauern Im Jahr 2002 begann Israel mit dem Bau der Sperranlange, die aus 30 km Beton-mauern und 693 km Trennzäunen beste-hen wird.

Die damalige Regierung begründete dies mit den in Israel von Palästinensern ver-übten Selbstmordattentaten nach Ausbruch der Zweiten Intifada. Diese und jede ande-re Form von Gewalt gegenüber Zivilisten verstößt ebenso gegen Völker- und Men-schenrechte wie israelische Angriffe auf die palästinensische Zivilbevölkerung. Daher ist es Israel nach internationalem Recht ge-stattet, zum Schutz der eigenen Bevölke-rung seine Grenzen zu sichern. Dies muss

jedoch auf den international anerkannten Grenzen geschehen, in diesem Fall der Grünen Linie (der Waffenstillstandslinie von 1949). Weil die Sperranlage jedoch zu 85 Prozent in der Westbank verläuft, urteilte der Internationale Gerichtshof in Den Haag 2004, der Verlauf sei nicht mit internationa-lem Recht vereinbar und müsse verändert werden. Übrigens hat es seit April 2006 kein von Palästinensern aus der Westbank verübtes Bombenattentat in Israel gegeben, obwohl erst 62 Prozent der Sperranlange fertig gebaut sind. Checkpoints und Straßenblockaden Innerhalb der Westbank gibt es 64 durchgehend und 24 teilweise bemann-te Checkpoints der israelischen Armee.Daneben zählt UNOCHA 426 mit einem Fahrzeug unpassierbare Straßensperren in Form von Betonblöcken, Erdwällen, Toren, Zäunen und Gräben. Sie schränken die Be-wegungsfreiheit drastisch ein. Hinzu kom-men zahlreiche Straßen, die ausschließlich von Israelis benutzt werden dürfen.

Geisterstadt Hebron Hebron mit dem Grab des Patriarchen Abraham ist die einzige palästinensische Stadt, in deren Zentrum es israelische Siedlungen gibt. Ein Teil der Stadt (Zone H2) steht unter vollständiger israelischer Kontrolle. Hier sind 2.000 Soldaten für den Schutz von 500 radikalen Siedlern zuständig. In und um Hebron gibt es 122 Checkpoints und Straßensperren. Hinzu kommen Ausgangssperren, Verhaftungen und Einschüchterungen. Tausende Paläs-tinenser verließen ihre Häuser und zogen in andere Stadtteile. Über 1.000 Geschäfte wurden geschlossen. Heute gleichen Teile von Herbrons Altstadt einer Geisterstadt.

Ostjerusalem – the East Side Story 1967 wurde der Ostteil Jerusalems von Israel annektiert. Obwohl die Annexion von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannt wird, erklärte 1980 die Knesset, das israelische Parlament, Jerusalem zur „ewigen Hauptstadt Israels“. Durch den Bau der Trennmauer wurde Ostjerusalem in zwei Teile geteilt und israelische Sied-lungen ins Stadtgebiet integriert.

Jährlich lassen israelische Behörden durch-schnittlich 100 palästinensische Häuser zerstören, die ohne Genehmigung gebaut wurden. Gegen 1.500 Gebäude bestehen Abrissverfügungen. Die palästinensischen Bewohner Ostjerusalems besitzen keinen israelischen Pass, sondern einen Jerusa-lemer Personalausweis mit einer unbe-fristeten Aufenthaltsgenehmigung. Diese kann im Falle längerer Abwesenheit, zum Beispiel wegen eines Studiums im Aus-land, entzogen werden. Derzeit droht etwa 60.000 palästinensischen Besitzern der Ver-lust solcher Jerusalemer Ausweise.

Bleiben ist Widerstehen Das alles sind doch nur einige der Me-chanismen, die im Sinne eines stetigen Drucks auf die palästinensische Bevölke-rung sie dazu drängen, das Land zu verlas-

Frühmorgens am Bethlehem Checkpoint (Foto J. Ramoba)

Militärpräsenz in Hebrons Altstadt (Foto D. Skorupa)

Siedlergewalt gegen Palästinenser (Foto B.Gieselmann)

Hausabriss (Foto SABEEL) [Seit 1967 sind mind. 27.000 palästinensische Häuser in Westbank und Ostjerusalem zerstört worden (Angabe von Israeli Committee against House Demolitions www.icahd.org)]

Mauer vor Bethlehem: Welcher Friede? (Foto Anna-C. Birgersson)

Mauergraffiti in Bethlehem (Foto Caroline E. Borden)

Ausführliche Fassung mit Quellenangaben unter

www.palaestina-israel-zeitung.de

1946 UN-Teilungsplan 1947 1949 - 1967 2000

sen. Die beharrliche Weigerung gegen die Vertreibung, das einfache „Dableiben“, ist deshalb die am meisten geübte Form des gewaltlosen Widerstandes.

Familie in Jerusalem vor den Trümmern ihres Schaf-stalls (Foto EAPPI, E. Sheerin)

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PalästinaIsraelZeitung Juli 2012 • Seite 3

Monat schwanger war, von zwei Siedlern heftig geschlagen. Dass jede ihrer Fami-lie mehrere Waffen besitzt und sie damit herumfuchteln, macht uns Angst. In den letzten drei Monaten wurden zwei Zie-gen von Siedlern erschossen. Einer unse-rer drei Brunnen liegt direkt neben dem Grenzzaun zur Siedlung. Die Siedler be-drohen uns, wenn wir dort Wasser holen. Deshalb benutzen wir ihn nicht mehr. Die Siedlungserweiterung direkt ne-ben uns geht weiter. Dort drüben sind schon wieder neue Häuser im Bau und seit letztem Monat auch die große Mauer zur Befestigung des Hügels. Unser Nach-bardorf Saadet Tha lah können wir nur noch über einen Umweg erreichen. Die Straße da unten war einmal der Weg, der dorthin führte. Er wurde konfisziert, ge-teert und darf jetzt von uns nicht mehr

benutzt werden. Für das ganze Dorf haben wir in-zwischen Abrissbeschei-de, einschließlich unse-res Gemeindehauses und unseres kleinen Biblio-thek-Busses. Uns wollen sie vertreiben. Die Siedler hingegen werden in die C-Gebiete gelockt, weil es hier hochsubventionierten, bil-ligen Wohnraum gibt, die Steuern niedrig sind und jede Siedlung durch das Militär geschützt wird.“ „Ich hasse die Israelis nicht, ich habe viele is-raelische Freunde. Aber die israelische Politik un-ternimmt nichts, um den Siedlungsbau zu stoppen.

Für mich ist er aber das größte Hindernis auf dem Weg zum Frieden zwischen Pa-lästinensern und Israelis.“

Magdalene Schwan-Storost

Eid Suleiman (29) lebt in Um Al Kher, einem Dorf in den Hügeln süd-lich von Hebron. Seine Frau arbeitet dort als Lehrerin. Eid Suleiman stellt aus Abfallmaterialien Kunstwerke her und arbeitet für verschiedene Menschenrechtsorganisationen. Um Al Kher hat 130 Einwohner und liegt nur durch einen Drahtzaun getrennt direkt neben der israelischen Sied-lung Carmel. „Ich gehöre zu einer Beduinenfa-milie aus dem Stamm der Jahalin. Bis zur Staatsgründung Israels lebten wir in der Negevwüste, von wo wir nach 1948 vertrieben wurden. Hier in Um Al Kher kauften wir Land zum Kultivieren und als Weideland für unsere Schafe. 1980 entstand auf einem Teil unseres Hügels ein kleiner israelischer Militärü-bungsplatz. Die Soldaten waren in ein paar Campingwagen untergebracht. Wir haben zunächst nicht protestiert, weil wir erwarteten, dass sie irgendwann wieder abziehen. Das taten sie auch nach zwei Jahren. Plötzlich tauchten aber Bulldozer auf, planierten den Großteil unseres Hügels und es wurde ein Zaun gezogen. Schließ-lich wurden in diesem abgesteckten Areal 30 Campingwagen aufgestellt, in die Siedler einzogen. Nach und nach verschwanden die provisorischen Un-terkünfte und wurden durch Häuser er-setzt. Schon damals haben wir mit Hilfe eines Rechtsanwalts versucht, vor dem Israelischen Obersten Gerichtshof einen Baustopp zu erreichen. Ohne Erfolg. Das Gebiet wurde zur militärischen Sperrge-biet erklärt. Wir konnten nichts machen.“

„Zwanzig Jahre lang gab es zwischen uns und den Siedlern keine Kontakte. Wir lebten einfach nebeneinander her. Das änderte sich 2000 mit dem Aus-bruch der Intifada. Unsere Häuser wur-den durchsucht. Es gab Festnahmen. 2006 entfernten die Siedler den Grenz-zaun auf einer Seite. Wieder erschienen Bulldozer und planierten weitere Teile unseres Landes. Wir haben sofort die Po-lizei gerufen, die aber nur einen kurz-fristigen Baustopp durchsetzen konnte. Sobald die Polizeistation geschlossen war, gingen ab dem späten Nachmittag bis nachts die Bauarbeiten weiter. Auf unsere Proteste hin erfuhren wir, das sei jetzt Staatsland. Unsere Kaufverträ-ge von 1950 wurden nicht anerkannt. 2008 bezogen die Siedler die neuen Häu-ser und seitdem bedrohen sie uns: Rufen Beleidigungen, scheuchen unsere Schafe weg, werfen Steine. Im April 2009 wur-de Roqaya al-Hazalin, die im neunten

Eid Suleiman aus Um Al-Kher(Foto M. Schwan-Storost)

Augenzeugenbericht südlich von Hebron: Siedler als Nachbarn

Magdalene Schwan-Storost (64) aus Vo-erde am Niederrhein, Lehrerin, Schiedsfrau und Mediatorin ar-beitete von Februar bis Mai 2012 in der Menschenrechtsbeo-bachtung mit EAPPI (Ecumenical Accom-paniment Program-me in Palestine/Isra-el) südlich von Hebron. Sie und andere TeilnehmerInnen an diesem Freiwilligen-programm von Weltkirchenrat und Pax Christi können zu Vorträgen eingeladen werden (www.eappi-netzwerk.de).

Augenzeugenbericht aus Bethlehem: Ich habe Angst: Die Mauer wird uns umringen

Abdul aus Al Walaja bei Bethlehem (Foto L. Haensel)

Liva Haensel, (35) ist Journalistin mit Fo-kus auf Palästina und Israel in Berlin. Sie war von Novem-ber bis Februar mit EAPPI im Bethlehem Team. Ihr Blog: www.dreiecksbezie-hung.net

Omar Issar mit Sohn Mohammed vor dem Mauerfun-dament, Al Walaja: Sein Grundstück wird durch den

Mauerbau vollkommen von der Westbank abgetrennt sein. Seine Familie wird es nur durch einen Tunnel

verlassen können, den Israel eigens dafür gebaut hat. (Foto L. Haensel)

Abdul, 10 Jahre, lebt in dem Dorf Al Walaja bei Bethlehem, Al Walaja ist ein Dorf in der Nähe von Bethlehem, in dem rund 2000 Menschen leben. Die Mauer soll künftig das gesamte Dorf umzingeln, um die benachbarten jüdi-schen Siedlungen Gilo und Har Homa von der Westbank zu trennen und zu israelischem Gebiet zu machen.

„Letzte Woche gab es fünf Explosionen hier in der Nähe meines Hauses. Die Is-raelis sprengen die Hügel, um so die Ba-sis für die Mauer zu schaffen. Das erste Mal hörte ich einen Knall von ganz weit her. Ich lief hin und sah viele israelische Soldaten. Sie schlugen die Bauern und sägten unsere Olivenbäume ab. Ich bete dafür, dass noch ein Wunder passiert. Dass wir hier in Frieden leben können und alles an seinen alten Platz zurück-kehrt so wie früher. Vor der Zukunft habe ich Angst. Was für ein Leben sollen wir hier führen? Die Mauer wird uns umringen, wir sind eingesperrt und können nur durch ei-nen Tunnel nach Beit Jala gelangen. Ich habe seit ein paar Jahren Rheuma und muss regelmäßig nach Bethlehem ins Krankenhaus. Ich habe jeden Tag Schmerzen. Was passiert, wenn mich die Soldaten nicht in die Klinik lassen? “

Abdul ist das jüngste Kind von insge-samt vier Geschwistern. Seine Familie wohnt an einem Abhang mit Blick auf Beit Jala. 2006 erhielt die Familie eine “land confiscation order” – drei Seiten auf Heb-räisch. Offziell ist es den Bewohnern von Al Walaja nicht erlaubt, in ihrem Dorf zu bauen oder zu renovieren, weil sie in Area C leben und nicht in Area A. Abduls Haus wurde in der Vergangenheit von israeli-schen Bulldozern zerstört. Der Vater baute das Haus wieder auf.

Die Mauer beinhaltet auch eine Land-konfiszierung des Staates Israel von 1600 Dunum Ackerfläche (1 Dunum=1000 m2). Das Dorf klagt seit 2004 dagegen am Obersten Gerichtshof in Jerusalem, wo 550 ähnliche Fälle von Dörfern und Ge-meinschaften wegen Landkonfiszierung durch den Staat Israel der Bearbeitung harren. Nichtsdestotrotz gehen die Bau-arbeiten für die Mauer täglich in rasanter Geschwindigkeit voran.

Liva Haensel

Konfisziertes palästinensisches Land zwischen Bethlehem und Jerusalem (Foto L. Haensel)

Der Mauerbeginn in Al Walaja trennt das Dorf vonisraelischer Siedlung Har Homa (Foto L. Haensel)

[2 Mio Olivenbäume in Westbank und Ostjerusalem sind während der letzten 20 Jahre für den Mauer- und Siedlungsbau abgesägt oder von Bulldozern der israeli-schen Armee entwurzelt worden (www.icahd.org).]

Page 4: PalästinaIsraelZeitung · Tribunals zu Palästina, das 2009 nach der blutigen israelischen Offensive „Gegosse-nes Blei“ gegen den Gazastreifen gegrün-det wurde. Die dritte Sitzung

Seite 4 • Juli 2012 PalästinaIsraelZeitung

Fortsetzung von Seite 1

Interview mit Annette Groth, Menschen-rechtspolitische Sprecherin der Partei Die LINKE

Frau Groth, wer eine deutsche Außen-politik will, die sich für die Rechte der Palästinenser einsetzt, muß die LINKE wählen? Ja, zur Zeit schon. Als einzige Partei haben wir das Existenzrecht Israels im Parteiprogramm, leider noch nicht das Existenzrecht Palästinas. Ich habe oft gehört, dass das Thema Nahost nicht gerade karrierefördernd ist, was für Politiker wie für Journalisten gilt. Das ist höchst bedauerlich. Es ist leichter, sich für Menschenrechte in Afrika oder der Ukraine einzusetzen als in Palästina/ Israel. Da wird schnell die „Antisemitismus-Keule“ geschwungen.

Sie waren im November beim Russell-Tribunal zu Palästina in Südafrika? Ja, das war sicherlich die interessanteste internationale Konferenz, auf der ich war: so viel geballte positive Energie und tolle Leute, Erzbischof Desmond Tutu zum Bei-spiel. Die eindruckvollste Persönlichkeit war der Präsident: der 94-jährige Stéphane Hessel, der einzige noch lebende Mitautor der UN-Menschenrechts-Charta und Holo-caust-Überlebender. Das Tribunal unter-suchte die Frage, ob Israels Politik ver-gleichbar mit einer Apartheidspolitik ist. Zwei Tage lang haben über 20 Juristen und Menschenrechtsaktivisten, die meisten von ihnen Augenzeugen aus der Westbank, Gaza und Israel, ihre Aussagen gemacht zu der systematischen Vertreibung der Palästinenser, zu gezielten Tötungen und dergleichen. Der Spruch der hochkarätig besetzten Jury war ein einstimmiges „Ja: Die Politik der israelischen Regierung ist eine Apartheidspolitik.“ Für deutsche Ohren ist dies vermutlich etwas provokant. Aber selbst Sigmar Gabri-el sagte dies nach seinem Besuch in Hebron. Dort blockieren 400 fanatische jüdische Siedler die Altstadt und terrorisieren die palästinensische Bevölkerung. Ich war Gabriel für seine Äußerung dankbar. Allerdings war er damit bloß ein bis zwei Tage im Brennpunkt der Medien. Wenn jemand von uns so etwas gesagt hätte, wäre es immer wieder bei der so beliebten Beschimpfung der LINKEN hoch gekocht worden. In dem Johannesburger Museum, in dem wir tagten, hing ein Poster an der Wand mit einem Bulldozer, der für die weiße Regierung Südafrikas Häuser von Schwarzen in diesem Distrikt zerstörte. Das war symbolkräftig, denn es hätte auch die Westbank oder Ostjerusalem zeigen können, wo man Häuser zerstört.

Wer in einer Partei Karriere machen will, hält sich beim Thema Palästina zurück

Ich werde nicht vergessen, wie ein süd-afrikanischer Gewerkschaftsführer wort-wörtlich nach den Zeugenaussagen sagte: ‚Ich hätte es nie geglaubt, aber das ist noch schlimmer als unter unserer Apartheid. Wir wußten wenigstens, wofür und wie lang wir verurteilt wurden, aber die Palästinenser können willkürlich verhaftet werden und in der Administrativhaft monate- und jahrelang vergeblich darauf warten, einem Richter vorgeführt werden.‘

Der Appell im Schlußdokument richtet sich auch an die europäischen Regierungen, Druck auf Israel auszuüben, die Apartheid zu beenden. Und wenn dies nicht gesche-he, müssten andere Maßnahmen ergriffen werden.

In Deutschland ist das Russell-Tribunal fast unbekannt. Leider war ich dort die einzige euro-päische Abgeordnete. Nun wird dafür ge-worben, etliche Abgeordnete für die im Oktober in New York stattfindende letzte Sitzung des Russell-Tribunals zu gewinnen. Es wird die Frage untersuchen, inwieweit die Organisationen der Vereinten Nationen durch ihre Kooperation mit Israels Regie-rung diese unterstützen.

Was wünschen Sie sich? Die internationale Gemeinschaft guckt zu. Israel kommt ungestraft davon. Und von uns gibt’s noch Waffen als Belohnung. Aber wir haben eine menschenrechtiche Pflicht, die Wahrheit über Palästina/ Isael zu sagen. Auch viele Kirchenleute und Pfarrer stehlen sich davon und sind zu feige, klar Position zu beziehen. Wenn man sich da herum mogeln will und „aus-gewogen“ sein will, zitiere ich gern Bischof Desmond Tutu: „Wenn du in Situationen des Unrechts neutral bist, hast du die Seite des Unterdrückers gewählt.“ Ich wünsche mir, dass sich viel mehr Menschen mit dem Thema Israel/Pa-lästina beschäftigen. Ein israelischer Men-schenrechtsaktivist sagte mir einmal: „Es ist gerade als Deutsche Eure Pflicht, uns im Kampf gegen Ungerechtigkeit zu un-terstützen! Besonders Ihr Deutsche mit Eurer Geschichte!“

Das Gespräch führte Christian Kercher am 27. 3. und 5. 6. 2012 im Büro von

Annette Groth, Berlin. Ungekürzt nachzulesen unter

www.palaestina-israel-zeitung.de

Annette Groth, Bundestagsabgeordnete. (Foto privat)

So lautet der Titel des Buches von Manfred Flügge über Hessels Le-benswerk (Berlin, 2012). Was diesen „glücklichen Rebellen“ so anziehend macht, ist seine positive Weltsicht, seine Ausstrahlungskraft verbun-den mit einer kämpferischen Hal-tung. Das erklärt seine weltweite Wirkung auf die Menschen jeden Al-ters wenn er fordert: Empört euch ! Diese Forderung erhebt der 94jährige in seiner 30-seitigen Broschüre, die 2010 in Frankreich erschien, über Nacht zu einem Bestseller wurde, und eine Reise in viele Sprachen antrat. Mit einem so durchschla-genden Erfolg hat niemand gerechnet. Am wenigsten der Autor selbst. Aber offen-sichtlich traf er einen Nerv der Zeit.

In seiner Streitschrift ruft er zum friedli-chen Widerstand und zivilem Ungehorsam auf, gegen Diktatur und Willkür, gegen die Herrschaft des Finanzkapitalismus und Unterdrückung, Er warnt vor der Zerstö-rung unserer Umwelt. Er appelliert an un-ser Gewissen und fordert das unbedingte Einhalten der Menschenrechte und die Rückbesinnung auf humanistische Werte.

Wer ist dieser 1917 in Deutschland ge-borene Jude, der in Frankreich aufwuchs und von Mitterand mit dem Titel ‚Bot-schafter Frankreichs‘ geehrt wurde? In seiner Person vereinigen sich der Diplo-mat und Anstifter, der Kunstfreund und Widerständler, der Poesieliebhaber und Weltbürger, der Politiker und Humanist. Ihm ist es gelungen diese unterschiedli-chen Facetten zu einem Gesamtbild von

Stéphane Hessel, ein glücklicher Rebell

Glaubwürdigkeit und Würde zu vereinen. Er verkörpert den Grandseigneur im bes-ten Sinne des Wortes. Im Mai 1941 schloss sich Stéphane Hessel der Résistance an. Im Juli 1944 wurde er von der Gestapo verhaftet, gefoltert und in das KZ Buchen-wald deportiert. Anfang April 1945 gelang ihm die Flucht aus dem Zug nach Bergen-Belsen. Gleich nach dem Krieg arbeitet er in der UNO und wirkte mit an der Formu-lierung der Charta für Menschrechte, wie sie dann im Dezember 1948 auch unter-zeichnet wurde.

Sein ganzes Leben ist bis heute geprägt vom Einsatz zur Wahrung der Menschen-rechte. Er prangert ihre Verletzungen an, wo immer sie auch geschehen. Trotz sei-nes hohen Alters gibt er keine Ruhe. In seinen Büchern und weltweiten, öffentli-chen Auftritten wirbt er für Recht und Ge-rechtigkeit, Frieden und Humanität, Ver-antwortung uns Zivilcourage. Die Welt verdankt ihm viel. Unserer Ar-beit soll er ein Vorbild sein.

Sabine Werner

Von Stéphane Hessel: Tanz mit dem Jahrhundert. Erinnerungen, Zürich und Hamburg 2002 Ô ma mémoire. Gedichte, die mir unentbehrlich sind, Düsseldorf 2010 Empört euch!, Berlin 2011 Wege der Hoffnung mit Edgar Morin, Berlin 2012 Empörung – Meine Bilanz, München 2012 Über Stéphane Hessel: Antje Starost u.a.: Der Diplomat Stéphane Hessel, Dokumentarfilm 1995

Die mitgenomme-nen Hausschlüssel

sind ein Symbol der palästinensischen

Heimatvertriebenen für ihren Verlust.Hier der ‚größte

Schlüssel der Welt‘ aus dem Aida Flücht-lingslager in Bethle-

hem auf der Biennale in Berlin (Foto ck)

nigten Staaten und Israel genannt. Beiden Problemfällen gemeinsam ist das Versagen der ‚internationalen Gemeinschaft‘, die dem Recht keine Geltung verschafft. Denn diese setzt sich aus Staaten zusammen, die mehr an der Wahrung ihrer eigenen Inter-essen... interessiert sind. Sehr hilfreich ist hierbei die Problemwahrnehmung durch die Bürger. Während des Algerienkrieges war es diese Wahrnehmung, in deren Ver-lauf langsam, zögernd und unbeholfen, aber doch real immer mehr Druck aufge-baut wurde, bis schließlich der Waffen-stillstand gefordert wurde... . Leider fehlen solche Kräfte in Israel. Kann man sie von außen mobilisieren? Das ist der Sinn meines Engagements als Förderer des Russell-Tribunals zu Palästi-na. Dieses Tribunal liefert allerdings nur einen symbolischen Beitrag. Es verfügt weder über die Polizei noch über die Ver-waltung, um ein Urteil ...durchsetzen zu können. Aber es repräsentiert doch eine dieser Initiativen, die der Gewissensbil-dung dienen und einen Beitrag leisten können, damit die großen, unlösbar schei-nenden Probleme allmählich einer Lösung nähergebracht werden. Fortschritt kommt zustande, wenn überzeugte Menschen wie

die Mitglieder des Russell-Tribunals zu Pa-lästina oder seinerzeit des ersten Russell-Tribunals für Vietnam aktiv werden, wenn in Stellungnahmen Klartext gesprochen wird und wenn unerträgliche Regelverstö-ße gebrandmarkt werden.“

(aus: St. Hessel, Empörung – Meine Bilanz, München, 2012, S. 192 f.

© 2012 Droemersche Verlagsanstalt Th.Knaur Nachf. GmbH & Co. KG, München)

„Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen be-gabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.“

Erklärung der Menschenrechte, UN-Vollversammlung am 10.12.1948, Artikel 1

Stéphane Hessel (rechts) beim Russell-Tribunal zu Palästina in Johannesburg, Südafrika 2011 (Foto G.Rath)

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Juli 2012 • Seite 5 PalästinaIsraelZeitung

Der US- amerikanische jüdische Psy-chologe und Autor Mark Braverman prangert die Politik der israelischen Re-gierung gegenüber den Palästinensern an und kritisiert das Schweigen der Kirchen, die sich selbst mit ihrer gut gemeinten Theologie nach Ausschwitz den Mund dazu verbieten. Nach einer Vortragsreise Bravermans durch vier deutsche Städte sprach Christian Ker-cher am 17. 3. 2012 in Berlin mit ihm. Welche Erfahrungen haben Sie in Deutschland mit den Themen Ihres Bu-ches gemacht? Ich erlebte einen Hunger bei den Men-schen in Deutschland, die sich auskennen und leidenschaftlich einsetzen für Ge-rechtigkeit für die Palästinenser und Isra-elis, die unter einem tragisch fehlgeleite-ten Regime leiden. Das Wort ‚Befreiung‘ paßt. Die Deutschen wollen dazu befreit werden, sich dem Anliegen zu widmen, ohne zu denken, dadurch betrögen sie ihre Freundschaft mit den Juden. Das ist offensichtlich ein großes Thema. Interes-santerweise ist es das auch in den USA, besonders unter den Christen. Vielleicht ist es hier noch intensiver, unmittelbar schmerzlicher. Aber letztlich intensiviert das noch das Bedürfnis der Deutschen, in Übereinstimmung mit ihren Prinzipien ihre Stimme zu erheben. Inwiefern haben Sie sich selbst dazu be-freit? Obwohl ich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Nordamerika ohne jegliche Erfahrung von Anitsemitismus aufgewachsen bin, habe ich die Altlast der Angst geerbt. „In jeder Generation steht ein Tyrann auf, der das Überleben des jüdischen Volkes bedroht.“ So beginnt die Liturgie am Passahfest. Gott rettet uns zwar davor, aber wir müssen aufpas-sen. Ich fühlte mich unwohl dabei, aber so bekam ich es beigebracht, dass wir in einer feindlichen Welt leben, vor der wir uns schützen müssen. Die Deutschen wa-ren unsere Feinde aufgrund dessen, was sie uns angetan hatten. Wir boykottier-ten deutsche Waren. Keiner hätte einen Volkswagen oder deutsches Bier gekauft. Und die Araber, wie wir sie nannten, sind unsere Feinde aufgrund dessen, was sie uns antun würden, wäre da nicht Israel, um uns zu beschützen. Ich bin glücklich heute sagen zu können, dass ich mich be-freit habe von dieser Angst und dem Haß auf den anderen. Und dass ich unsere pro-phetische Traditionen des Mitleids mit den

Schwächsten entdeckt habe und der Of-fenheit für die Universalität des Leidens. Wie kam es dazu? Das war vor sechs Jahren, als ich zum ersten Mal die Westbank besuchte. Ich überwand die Mauer, die mein Volk ge-baut hat, um sich vor dem angeblichen Feind zu schützen. Den traf ich und sie-he da: die Palästinenser hatten keine Angst vor mir. Ich hörte ihr Narrativ von 1948, das von ihrer ethnischen Säuberung und Enteignung. Aber noch wichtiger war, die Menschen selbst kennenzuler-nen und in ihnen meinen Bruder, meine Schwester zu sehen. Sie umarmten mich. Sie waren dankbar für mein Kommen. Das war ein starkes Bekehrungserlebnis. Haben Sie einen israelischen Paß? Fangen Sie nicht damit an. Ich könnte morgen einen israelischen Paß haben und auf dem Land eines enteigneten Palästi-nensers leben. Jeder Jude auf der Welt hat nach dem israelischen „Rückkehrergesetz“ das Recht auf die israelische Staatsbür-gerschaft. Nein, niemals würde ich sie beantragen, so lang die vertriebenen Pa-lästinenser kein Recht haben, zurückzu-kehren. Sehen Sie einen Ausweg für die Israelis? Man kann sich nicht als Opfer oder als Täter definieren. Man bleibt stecken im-mer in bezug auf den anderen. Beides ist zerstörerisch für die Seele. Was ich 2006 von der Westbank-Seite der Mauer aus entdeckt habe, ist, dass es die Israe-lis sind, die sich selbst gefangen genom-men haben. Die Palästinenser wissen, wer sie sind. Sie werden unterdrückt, aber sie haben keine Angst. Sie sind wütend, aber sie hassen Israel nicht. Doch die is-raelische Gesellschaft basiert größtenteils auf Angst und Rassismus. Wie sie über die Palästinenser reden, ist die Projekti-on ihrer Angst. So haben die jüdischen Bürger Israels keine Zukunft. Sie wer-den erst ein nachhaltiges Projekt haben, wenn sie bereit sind, die Mauer abzurei-ßen, die Palästinenser zu integrieren und das Land zu teilen. Es gibt genug für alle. Der sogenannte politische Friedenspro-zeß funktioniert offensichtlich nicht, weil die israelischen Regierungen das ganze Land haben und keinen souveränen Staat Palästina zulassen wollen. Und weil Israel die Palästinenser nicht loswerden kann, so setzt es ein Maximum an Kontrolle und Beschränkung durch. Außerdem sind die USA kein ehrlicher Makler. Vielmehr ist meine Regierung Israels Bankier und echtsanwalt. Deswegen kommt es jetzt darauf an, dass eine globale Bewegung von unten wächst, die das israelische Re-gime delegitimiert und die Unterstützung unserer Regierungen für Israel nicht län-ger toleriert.

Deshalb kamen Sie nach Deutschland? Ja. Es war ermutigend, hier in den vier Städten Menschen zu treffen, die bereit sind, sich genau dieser Aufgabe zu stellen. Deutschland ist wichtig für diese Protest-bewegung, aber auch anders herum: Sie ist die Gelegenheit für die Deutschen, ihr Trauma des Dritten Reichs zu überwin-den. Denn sie haben es noch nicht über-wunden. Solange sie es für unmöglich halten, die Palästinenser zu unterstützen und damit die Israelis und Juden bei der Befreiung von ihrer Angst zu unterstüt-zen, solange bleiben Sie in den Dreißiger- und Vierzigerjahren des 20. Jahrhunderts stecken! Jetzt ist die Gelegenheit, sich zu emanzipieren!

Was gibt Ihnen in den USA Hoffnung? Die Kirchen. Die Katholiken, die wis-sen, dass Katholizität mehr meint als ihre eigene Kirche und Hierarchie. Die großen protestantischen Kirchen, die ihr Geld in den Rentenfonds den Unternehmen ent-ziehen, die von Israels Militärpolitik in den besetzten Gebieten profitieren und bei Pilgerreisen ins Heilige Land zu den lebendigen Steinen fahren, den palästi-nensischen Christen, anstatt nur zu den toten Steinen. Auch diejenigen unter den Evangelikalen, deren Theologie ihnen nicht sagt, sie müßten die Sammlung der Juden im Staat Israel als Voraussetzung für die Wiederkehr Jesu Christi fördern, sondern die um seine Predigt vom ReichGottes wissen, das den Witwen und Wais-en, also den Unterdrückten gilt, und den Einsatz für Gerechtigkeit fordert. Diese Christen gruppieren sich um dieses An-liegen, um Einfluß auf die amerikanische Regierung zu nehmen, die Israel aktiv Bei-hilfe leistet bei seiner Apartheidspolitik. Unser Vorbild ist die Bürgerrechtsbe-wegung für die Afro-Amerikaner in den Sechzigern. Sie fing klein an in den bap-tistischen Kirchen der Südstaaten, bis sie alle Kirchen und die Gesellschaft erreich-te. Wir haben die prophetische Theolo-gie von Martin Luther King Junior. Lesen Sie seinen Brief aus dem Gefängnis in Birmingham, Alabama. Und das Kairos-Papier der Christen Südafrikas von 1985, das die Politik der Rassentrennung und Apartheid Häresie nennt und die Kir-chen auffordert, sie nicht länger zu un-terstützen. Denken Sie daran, die Welt hat Südafrika duch Protest und Boykott von der Apartheid erlöst, und zwar so-wohl die Schwarzen als auch die Weißen. Allerdings muß ich als jüdischer Psy-chologe dem Pastor sagen, der meinte, er müsse im interreligiösen Gespräch das Thema Palästina/Israel aussparen aus Re-spekt für die Rabbiner, denn er sei schul-dig für die Verfolgung der Juden über die Jahrhunderte bis zum Höhepunkt im Ho-

Martin Luther King als Vorbild - Die Kirche darf angesichts der israelischen Apartheid nicht schweigen

Mark Braverman, Er war entäuscht, als er hörte, dass ‚brav‘ auf deutsch nicht ‚tapfer‘ heißt. (Foto L. Haensel)

locaust: „Mach das nicht mit deiner christ-lichen Schuld. Was Jesus von dir will, ist etwas anderes.“ Ich bete für den Tag, an dem die Christen nicht die Erlaubnis eines Juden brauchen, um Jesus wirklich nach-zufolgen. Aber für den Moment sehe ich dies als meine Aufgabe. Das Ausmerzen des Antijudaismus im christlichen Glauben ist zweifellos eine gute Sache. Aber Teil davon ist die Folgerung aus der Überzeu-gung gemäß der Hebräischen Bibel: ‚Die Juden sind Gottes geliebtes Volk‘, dass es eine Immobilienklausel im Ersten Bund Gottes mit seinem Volk gibt, nämlich: das Land. - „Und das“, sagen viele Christen, „geben wir ihnen. So sind unsere Hände wieder rein.“ - Aber das kann nicht die Antwort sein: den Opfern Macht zu geben und sie ähnliches andere antun zu lassen. Was gibt Ihnen Kraft für Ihr Engage-ment? Wie geh ich mit den Anflügen von De-pression und Verzweiflung um? [lacht] Da-gegen, dass ich in Synagogen nicht spre-chen darf und Verräter genannt werde? Es ist die Gemeinschaft der Engagierten, das starke Gefühl der Zusammengehörigkeit. So stark fühlte ich mich noch nie zugehö-rig. Ich fühle mich auch in den Kirchen zu Hause. Nicht dass ich konvertiert bin, aber es ist, als hätte ich den größten Reformer des Judentums, Jesus, umarmt. Mich für die Rechte der Palästinenser einzusetzen fühlt sich jüdischer an als alles andere in meinem Leben.

Ungekürzt nachzulesen unter www.palaestina-israel-zeitung.de

Grabeskirche in der Jerusalemer Altstadt (Foto ck)

Mark Braverman: Verhängnisvol-le Scham. Israels Politik und das Schweigen der Christen, Gütersloher Verlagshaus 2011. € 29,99

„Letzte Gelegenheit, Jesus... Sei brav und bekehre dich zum Christentum: zum netten, vernünftigen, höflichen Christentum und wir würden dich freilassen ... - Niemals!„

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PalästinaIsraelZeitungJuli 2012 • Seite 6

Shadi Zmorrod, Jessika Devlieghere und Nayed Othman vor der Zirkusschule (Foto ck)

Die Obsttüten-Aktion von pax christi empfiehlt Verzicht auf Waren aus israeli-schen Siedlungen und fordert ihre klare Kennnzeichnung. Farbig bedruckte Papier-tüten sollen Kunden aufklären, dass Obst und Gemüse mit der Ursprungsangabe „Israel“ vielfach aus völkerrechtswidrigen Siedlungen stammen. „In Großbritannien besteht längst Kennzeichnungspflicht: Wa-ren aus völkerrechtswidrigen Siedlungen werden dort eindeutig deklariert“, infor-miert der Sprecher der Nahost-Kommissi-on von pax christi, der katholischen Frie-densbewegung, Dr. Manfred Budzinski und betont: „Das stillschweigende Hin-nehmen von Völkerrechtsbruch kommt uns nicht länger in die Tüte. Angesichts der derzeitigen unklaren Kennzeichnung empfehlen wir Kaufverzicht, wenn die Waren aus Siedlungen stammen können. Denn Besatzung schmeckt bitter.“

Besatzung schmeckt bitter Beim Verbraucherportal, www.lebens-mittelklarheit.de, so Budzinski weiter, könne man für eine klare Kennzeichnung dieser Waren votieren. Der Europäische Gerichtshof hat 2010 geurteilt, dass Sied-lungen nicht zum Staatsgebiet Israels zäh-len. Schon seit 2005 sind israelische Unter-nehmen verpflichtet, bei Exporten in die Europäische Union Zusatzangaben zu ma-chen, anhand derer die hiesigen Zollbe-hörden Siedlungsprodukte erkennen kön-nen. Die Verbraucher werden hingegen im Unklaren gelassen. Kostenlose Bestellung aller Materialien zur Obsttüten-Aktion „Besatzung schmeckt bitter“ unter:

pax christiHedwigskirchgasse 3, 10117 Berlin,

[email protected].

Normalerweise trauen sich aktive Poli-tiker nicht. Sie denken, es würde sie die Karriere kosten. So betonen sie stets ihr Verständnis für den Jüdischen Staat, der Palästinenser unterdrückt. Dass diese Loy-alität auf Kosten der Glaubwürdigkeit und des aufrechten Gangs geht – nun ja, so ist das eben in der Politik. So war das bisher. Es geht aber auch anders. Man kann sich gegen Israels Be-satzungspolitik einsetzen und trotzdem im Amt bleiben. Das zeigte nun der Je-naer Oberbürgermeister Dr. Albrecht Schröter (SPD). Kaum für die zweite Amtszeit wiedergewählt, war er einer der neun namentlich zeichnenden Unterstüt-zer der pax-christi Aktion „Besatzung schmeckt bitter“. Hiermit unterstützt also ein aktiver Politiker den Boykott von Wa-ren aus den besetzten Gebieten. Die zio-nistischen Nationalisten sehen darin einen drohenden Dammbruch. Entsprechend scharf waren die Reaktionen. Nur ein klei-ner Teil davon wurde öffentlich, aber dies war heftig: Benjamin Weinthal, Berliner Korrespondent der „Jerusalem Post“, titel-te am 30.5. „NGOs: German mayor’s Israel boycott anti-Semitic“, behauptete also, dies sei ein Boykott ganz Israels und zog dazu NGOs aus dem Hut - und zwar „führende“ („leading German NGOs“) -, die dies flugs „antisemitisch“ nannten. Warum sachlich, wenn‘s auch persönlich geht? Die folgenden Tage können für OB

Bin ich Antisemit? Eine Selbstprüfung

„Der Friedensprozeß ist tot. Was wir brauchen, ist mehr Frieden, weniger Pro-zeß. Vor 20 Jahren, als die Verhandlungen begannen, gab es noch eine Grundlage für eine Lösung. Heute ist fast nichts mehr zum Verhandeln übrig. Die israelische Be-satzung hat alles aufgefressen. Was macht unser Leben als Palästinenser aus? Verhee-rendes Unrecht: Das Wuchern der Siedlungen, willkürliche Verhaftungen, Hauszerstörungen und die Einschnürung unserer Bewegungsfreiheit! An unserer Zirkusschule trotzen wir wei-terhin den negativen Energien, indem wir Kinder und Jugendliche stärken. Durch die Freude am schöpferischen Tun geben wir ihnen ein konstruktives Ventil. Es ist unse-re Form des gewaltosen Widerstands. Kul-tur ist kein Luxus. Durch die Förderung des künstlerischen Ausdrucks geben wir der inneren Überlebensfähigkeit Nahrung.“

Shadi Zmorrod und Jessika Devlieghere, Gründer und

Leiter der Palästinensischen Zirkusschule in Birzeit bei Ramallah, www.palcircus.ps

Friedens-verhandlungen? Was für ein Zirkus!

Auch Politiker dürfen für Völkerrecht sein

Rolf Verleger ist Psychologie-Profes-sor in Lübeck, Autor des Buches „Is-raels Irrweg. Eine jüdische Sicht“ und war Mitglied im Zentralrat der Juden in Deutschland 2006-2009.

Schröter nicht angenehm gewesen sein, aber er stand das durch. Er sagte, aus sei-ner Zeit in der DDR sei er gewohnt, seine Meinung auch gegen Widerstände beizu-behalten. Und so setzte er sich mit seinen Kritikern vor Ort zusammen, gestand ih-nen zu, dass er einen generellen Boykott israelischer Waren ablehne – dieser hatte sowieso nur in Weinthals Fantasie existiert – und setzte so ein Zeichen: Für Juden, aber gegen Unrecht im Namen des Juden-tums. Für andere Politiker zur Nachah-mung empfohlen!

Rolf Verleger

Leider bekam ich nicht den Anruf eines Meinungsforschers, der herausfinden woll-te, ob ich Antisemit sei. Weil das Thema aber wichtig ist und weil ich wissen will, wo ich stehe, muß ich mich selbst erfor-schen. Dabei hilft mir mein Lebenslauf schon aus Altersgründen nicht, und auch aus meiner elterlichen Familie sind keine einschlägigen Erfahrungen vorhanden. Was also tun? Hilfe kam vom Deutschen Bundestag. Er veröffentliche im Januar 2012 einen Anti-semitismusbericht als Drucksache 17/7700. Dort ist nachzulesen, wie man Antisemiten mit Hilfe der Meinungsforschung ermittelt. Jedenfalls hat ein nach eigener Aussage unabhängiger Expertenkreis als Verfasser des Berichts herausgefunden, daß abgese-hen von Straftaten aus dem rechten Spek-trum latend antisemitische Denkmuster bei zwanzig Prozent der Bevölkerung bis in die Mitte der Gesellschaft vorhanden seien. Auf der Grundlage dieses Berichts nehme ich jetzt meine Selbstprüfung vor. Erste Frage: Juden haben in Deutsch-land zu viel Einfluß. Eher ja oder eher nein? Bei dieser Frage komme ich ins Grübeln. Es gibt nämlich Juden, die bei uns viel Einfluß haben, und solche, die ihn nicht haben. Keinen oder wenig Einfluß hat zum Beispiel Dr. Rolf Verleger, dessen kritischer Leserbrief zum Antisemitismus-bericht von einer großen Tageszeitung nur zu einem kleinen Teil und auch dieser noch sinnentstellt abgedruckt wurde. Aber mir fallen auch die Gegenbeispiele ein: Da lädt eine Evangelische Gemeinde in Frankfurt nach Intervention aus der Jüdi-schen Gemeinde einen Redner wieder aus. Da sperrt die Stadtverwaltung in München nach Intervention der Deutsch-Israelischen Gesellschaft AG München dem jüdischen Historiker Ilan Pappe den zunächst be-reitgestellten Vortragssaal. Da verhindern deutsche Stadtverwaltungen nach jüdischer Intervention die Nakba-Ausstellung über die Vertreibung mehrerer hunderttausend Palästinenser anläßlich der Gründung des Staates Israel. In allen diesen Fällen bestand die „Gefahr“ israelkritischer Äußerungen. Und in all diesen Fällen wurde das Recht auf freie Meinungsäußerung ausgehebelt. Wer aber ein Grundrecht aushebeln kann, hat sicher zu viel Einfluß. Wenn ich nun aufgrund meiner Kenntnis der Vorgänge die Eingangsfrage nicht klischeehaft, son-dern wahrheitsgemäß mit Ja beantworte, bin ich dann Antisemit? Zweite Frage: Bei der Politik, die Isra-el macht, kann ich gut verstehen, dass man etwas gegen Juden hat. Eher ja oder eher nein? Viele Aspekte der israe-lischen Politik sehe ich sehr kritisch, zum Beispiel unterschiedliche Rechtssysteme für Juden und Palästinenser, Vertreibung von

Palästinensern aus ihren angestammten Wohngebieten u. a. in Ostjerusalem, Kolo-nisierung des Westjordanlandes, Über-grif-fe von Siedlern auf ihre palästinensischen Nachbarn, systematische Mißachtung von UN-Resolutionen. Diese Politik wird von Juden verantwortet. Ich habe also konse-quenterweise etwas gegen diese Juden. Die beschriebene Politik wird zwar bei weitem nicht von allen, aber von sehr vielen Juden in Israel und Deutschland befürwortet. Ich habe also auch etwas gegen diesen unkriti-schen Teil der Juden. Bin ich Antisemit? Dritte Frage: Viele Juden versuchen, aus der Vergangenheit des Dritten Rei-ches heute ihren Vorteil zu ziehen. Eher ja oder eher nein? Diese Frage ist so schief formuliert, daß die Antworten nicht besser sein können. Es geht ja nicht um Einzelne, die Vorteile ziehen wollen. Offen-sichtlich ist aber doch, daß die Katastrophe der Juden während der nationalsozialisti-schen Herrschaft für heutige Juden und den Staat Israel in mancherlei Hinsicht Vorteile bietet. Nur vor dem Hintergrund des Ho-locaust ist zum Beispiel zu verstehen, daß von jüdischer Seite die Meinungsfreiheit in Deutschland partiell ausgehebelt werden kann. Und nur vor dem Hintergrund des Holocaust ist auch zu verstehen, daß die Weltgemeinschaft die zu Frage zwei be-schriebene Politik fast klaglos durchgehen läßt, daß die deutsche Regierung U-Boo-te nach Israel liefert und zum Teil bezahlt, daß man Israel die Atombombe ohne Wi-derspruch gestattet. Wenn ich dieses alles so sehe, bin ich dann Antisemit? Eigentlich bin ich froh, daß mich der Mei-nungsforscher nicht angerufen hat. Denn ihm hätte ich meine Gründe für die Ant-worten sicher nicht darlegen können. Und so komme ich zu zwei Ergebnissen: Zwar weiß ich immer noch nicht, ob ich Antise-mit bin, aber ich weiß, daß der Antisemitis-musbericht an der fehlenden Argumentati-onsmöglichkeit der Befragten krankt.

Karl-Otto Körber

Oh Israel, Du machst es Deinen Freunden nicht leicht! So vieles in Deinem Verhalten möchten wir ja so gern verstehen, aber Du erklärst es uns nicht. Was ist ein jüdischer Staat, der Du ja sein willst? Ein Staat nur für Juden, oder besonders für Juden? Ist das religiös gemeint oder ethnisch? Du willst eine Demokratie sein, aber Du behandelst nicht alle deine Staatsbürger gleich. Nach allgemeinem Sprachgebrauch bedeutet eine Demokratie, dass alle Bürger eines Landes gleich sind vor dem Gesetz und der Verwaltung. Aber in Israel haben die 20 Prozent Nichtjuden deutlich weniger Rechte und werden in vielen Bereichen benachteiligt. Erkläre uns doch bitte, Israel, warum das trotzdem eine Demokratie sein soll. Oder wird es mal eine Demokratie, wenn in Israel nur noch Juden leben? Erläutere uns doch bitte Dein kindlich anmutendes Verhalten beim Thema „Nu-kleare Bewaffnung“! Du tust in der Öffentlichkeit so, als hät-test Du keine und drängst Deine Partner dazu, das ebenfalls so zu halten. Was soll dieses kindische Versteckspiel? Wie soll man Dich ernst nehmen, wenn Du Dich in so wichtigen Fragen so wenig erwachsen zeigst? Was meinst Du, wenn Du von Deiner Ar-mee als der moralischsten der Welt redest? Jeder, der es wissen will, weiß, dass es in der israelischen Armee Soldat(inn)en gibt, die grausam sind, schikanieren, brutal und menschenverachtend gegen-über dem Gegner handeln. Das gibt

Das kommt gar nicht in die Tüte: Obst aus Siedlungen

Oh Israel, Du machst es Deinen Freunden nicht leicht!

es in anderen Armeen auch, das ist zu beklagen. Du nennst es aber weltweit einzigartig moralisch. Leidest Du uter Realitätsverkennung? Erläutere uns doch bitte Dein schizophren anmutendes Ver-halten beim Thema „Vergangenheitsbe-wältigung“. Auf der einen Seite achtest Du streng darauf, dass alle anderen das Unrecht, dass man Deinem Volk angetan hat, nicht vergisst. Auf der anderen Seite „vergisst“ Du offenbar das Unrecht, das Du anderen angetan hast. Ja, Du verbietest sogar den Angehörigen der von Dir Getöteten und Vertriebenen, dieses Leides öffentlich zu gedenken. Erkläre uns doch bitte, warum das Leiden der Juden immer in unserem Bewusstsein bleiben sollte, nicht aber das Leiden der Palästinenser. Oh, Israel, Du drohst einem Nachbarland ganz offen mit Krieg. Gleichzeitig sagst Du, dass sich Deine Nachbarn von Dir nicht bedroht fühlen müssten. Dabei hast Du doch schon einige Kriege gegen Nachbarn geführt. Der Iran hat Dich noch nicht an-gegriffen. Jetzt verwehrst Du auch noch einem Kritiker die Einreise in Dein Land statt ihn einzuladen, sich Land und Leute anzusehen, um ihm Gelegenheit zu geben, vielleicht seine Meinung zu ändern Schwer machst Du es Deinen Freunden und Partnern, oh Israel! Vielleicht liegt es daran, dass Du zu oft die Erfahrung gemacht hast, es sei nicht von Nachteil für Dich, anders zu sein als andere und sich über sonst übliche Regeln von An-stand, Menschlichkeit, Völkerrecht und Menschenrecht hinwegzusetzen. Vielleicht müssten sich Deine Freunde und Partner an die Brust schlagen und sich eingestehen, dass sie Dir, dem jungen Staat Israel, zu viel haben durchgehen lassen.

Georg Fritzen

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Juli 2012 • Seite 7 PalästinaIsraelZeitung

Buch- & FilmbesprechungenSusan Abulhawa: Während die Welt schlief. Roman. DIANA-Verlag, München 2012, TB, 432 Seiten, € 8,99 Diesem Roman, der bereits in über 20 Spra-chen übersetzt wurde, liegt die Geschichte ei-ner palästinensischen Familie zugrunde, die seit Jahrhunderten in dem Dorf En Hod lebt, und als Folge der israe-lischen Staatsgründung 1948 aus ihrer Heimat vertrieben wird. An den heranwachsenden Generationen dieser Familie zeigt sich die Katastrophe – die Nakba – in allen Facetten der Not, des Verlustes der Heimat und Geborgen-heit, die Erfahrungen von Leid, Tod und Gewalt. Die Autorin läßt aber nie die Hoff-nung aus dem Blick. Die Familie erlebt auch das Glück von Freundschaft und Liebe, von Rettung und Zusammenhalt. In diesem Zusammenspiel der Kräfte nimmt der Leser intensiv Anteil am Schick-sal dieser Familie, die stellvertretend für die palästinensische Gesellschaft steht. Dieses Buch ist hervorragend geeignet für Menschen, die mehr über das Leben in Palästina von 1941 bis heute erfahren wollen. Denn „die Welt schläft immer noch“ – möchte man sagen, wenn man das Buch erschüttert aus der Hand legt. Sabine Werner

Ulrich Kadelbach: Bethlehem. Zwischen Weihrauch und Trä-nengas. Als ökume-nischer Begleiter in Palästina. Gerhard Hess Verlag, 2011, 204 Seiten. € 16,80 Ulrich Kadelbach be-schreibt seine Begegungen während des Einsatzes in Bethlehem im Rahmen des „Ökumenischen Begleitprogramms in Pa-lästina und Israel“ (EAPPI). Der Leser folgt dem Blick des pensionierten Pfarrers aus Württemberg, der in der markanten Wes-te des Menschenrechtsbeobachters Zeuge wird bei den alltäglichen Schikanen und menschenrechtswidrigen Übergriffen der israelischen Behörden, aber auch bei dem gewaltlosen Protest der Palästinenser, die trotz ihrer deprimierenden Situation immer wieder Gelassenheit, Hoffnung und Wi-derstandskraft zeigen. Kadelbach war als Mitarbeiter von EAPPI zur Neutralität ver-pflichtet, aber es wird auf jeder Seite deut-lich, dass sein Herz für die unter den Un-gerechtigkeiten leidenden Palästinensern schlägt, und er zitiert dazu den Friedens-nobelpreisträger Desmond Tutu: „Wenn du dich in ungerechten Situationen neutral verhält, hast du die Seite des Unterdrü-ckers gewählt.“ Er berichtet auch von Israelis, die sich für die Besatzungspolitik ihrer Regierung schämen und auf die Sei-te der Palästinenser stellen, etwa die Ve-teranenorganisation „Breaking the Silence“, die Ärzteorganisation „Physicians for Hu-man Rights – Israel“ oder „Other Voice“, die ausgerechnet in Sderot, der gefährde-ten Stadt am Gazastreifen, beheimatet ist. In Kadelbachs Bericht sind historische Rückblicke eingeflochten. „Wie eine Landschaft beim abendlichen Sonnen-licht ein völlig neues Profil zeigt, so ge-winnt die Gegenwart unter der histori-schen Perspektive oft neue und ungeahnte Schattierungen und Differenzierungen.“

Kadelbach fordert, dass in den Dialog zwischen Synagoge und Kirche auch die Moschee einbezogen werden müsse. Al-lerdings macht sein Bericht klar, dass es in Palästina letztlich nicht um religiöse Auseinandersetzungen, sondern um die Durchsetzung der Menschenrechte geht. Dr. Martin Breidert, Pfarrer i.R

Söldner gegen die Zukunft oder „Die einzige Demokratie im Nahen Osten“. Ein Hörbild zum Zionismus von Jürgen Jung. 2 CD, zusammen 146 Minuten, Melzer Verlag, Frankfurt am Main 2011, € 14,99

Der Zionimus wird von seinen Anfän-gen bis zu den jüngsten verhängnisvollen Auswirkungen in Form der Überfälle auf Gaza und die Gaza-Flotille mit Darstellun-gen seiner Geschichte und durch Äußerun-gen seiner wichtigsten Vertreter analysiert. Die Schauspieler Beate Himmelstoß und Jürgen Jung sprechen mit verteilten Rollen zum Beispiel Theodor Herzl, Ariel Sharon, Ben Gurion, aber auch jüdische Antizio-nisten. In die Sachdarstellung eingestreut sind Verse von Erich Fried und kurze Mu-sikstücke. – Sehr empfehlenswert! kö

Palästina und die Palästinenser: 60 Jahre nach der Nak-ba, hg. von Heinrich-Böll-Stiftung und Christian Sterzing, Schriften zur Demokratie, Band 25, Berlin 2011, 376 Seiten, kostenlos bestellen unter www.boell.de Die Beiträge internationaler Autoren in diesem Sammelband vermitteln vielfältige Einblicke in Geschichte, Politik und Alltag des palästinensischen Volkes. Eine ver-gleichbare Publikation zum Thema gibt es zurzeit nicht. ck

Wir weigern uns Feinde zu sein: Dokumentarfilm, 90 Minuten, DVD 2011 von Stefanie Landgraf und Johannes Gulde, www.terramedia-online.de, € 17,- für den Privat-gebrauch. Mit umfangrei-chem didaktischem Material und Lizenzen € 69,- oder 190,- ; Schirmherr des Projekts: Landesbischof Dr. Johannes Friedrich

Geschichte ist immer eine Sache der Perspektive. Und ein Machtinstrument. Deswegen wollten der israelische Psycho-logieprofessor Dan Bar On und sein paläs-tinensischer Freund, Pädagogikprofessor Sami Adwan ein neues Geschichtsbuch für die Schulen in Nahost. „Das Histori-sche Narrativ des Anderen kennen“ hieß ihr Projekt mit Modellschulen, das vom Jerusamer Peace Research Institute of the Middle East (PRIME) durchgeführt wurde. Leider wird ihr Buch kaum benutzt, weder im palästinsischen noch im israelischen Geschichtsunterricht. Jetzt gibt es wenigs-tens diesen außerordentlich gelungenen Film über zwölf deutsche Jugendliche, die auf ihrer Begegnungsreise durch Israel und das besetzte Westjordanland das besagte Schulbuch im Gepäck haben. Und was Ge-schichte und Gegenwart für die Zuschau-er lebendig macht, sind ihre Reaktionen auf die Augenzeugen in der Krisenregion. Sie treffen zum Beispiel Daoud Nasser bei

Bethlehem, der sich unter dem Motto „Wir weigern uns Feinde zu sein“ allein mit ju-ristischen Mitteln der Gewalt der jüdischen Siedler widersetzt, und die israelische Fa-milie Shahak, die eine Tochter durch ein palästinensisches Selbstmordattentat ver-loren hat und trotzdem heute mit Palästi-nensern zusammen arbeitet. Kritisch anzu-merken ist, dass die Friedensbewegung in Israel, anders als es der Film nahelegt, nur eine kleine Minderheit ist. Trotzdem ist die-se Filmreise allen zu empfehlen, die den Nahostkonflikt verstehen lernen wollen. „Der Staat Israel ist ein verwirklichter Traum“, so der Holocaust-Überlebende Reuven Moskovitz im Gespräch mit den Jugendlichen. „Tatsache aber ist, daß seine Fundamente nicht auf Liebe und Frieden gebaut sind. Ich möchte mein Leiden nicht in den Dienst einer Gewalt- und Kriegspolitik gestellt sehen, mit der die Palästinenser als Vertriebene und Heimatlose verewigt werden“ ck

Marlène Schnieper, Nakba - Die offene Wunde: Die Vertrei-bung der Palästi-nenser 1948 und die Folgen, Rotpunktverlag, Zürich 2012 , 380 Seiten, € 28,00 »Wir müssen alles tun, um sicherzugehen, dass sie [die Pa-lästinenser] niemals zurückkommen ... Die Alten werden sterben, die Jungen werden vergessen.« Dies notierte Israels Staatsgründer David Ben Gurion am 18. Juli 1948 in seinem Tagebuch. Nakba - das arabische Wort für Katastrophe - ist die sys-tematische Vertreibung der Palästinenser aus ihrer angestammten Heimat im Zuge der israelischen Staatsgründung 1948 bis heute. Den „größten bewaffneten Raub des 20. Jahrhunderts“ nennt der palästinensi-sche Intellektuelle Azmi Bishara die Nakba. Marlène Schnieper, Schweizer Publizistin und jahrelange Nahost-Korrespondentin, beschreibt den schon in den zionistischen Anfängen benutzten, verhüllenden Begriff des „Transfers“ – der Vertreibung der an-sässigen arabischen Bevölkerung – die dann grausame Wirklichkeit wurde. Durch Interviews mit acht Palästinensern, die ent-weder die Vertreibung und Flucht selbst erlebt haben oder ihre Nachkommen sind, erfährt der Leser hautnah, was die Nakba für die Palästinenser existenziell bedeutet. Die kluge Auswahl historischer Fakten, die sachliche Darstellung auch schockierender Begebenheiten, ihr ausgewogener Stil, die Fülle von Informationen über das Land und die Menschen machen das Buch zu einem Standardwerk.

Sabine Werner

Reuven Moskovitz, israelischer Friedensaktivist und Amer Mohammed, Deutsch-Palästinenser (Foto ck)

Leben im Gazastreifen: Gefangen im Land, zur Luft und auf der See 1. Es gibt Fische im Meer, aber keinen Zugang zu den Fanggründen Offiziell verhindern israelische Marine-soldaten den Zugang palästinensischer Fi-scherboote auf drei nautische Meilen vor der Küste und blockieren damit 85 Pro-zent der Fischgründe Gazas. In Wirklich-keit wird der Zugang sogar auf eine Meile beschränkt. Seit Beginn der Blockade im Juni 2007 verringerte sich der Fischfang um 7.000 Tonnen, was einen Verlust von 26,5 Mio. Dollar bedeutet. Die Einschrän-kungen haben 90 Prozent der Fischer Ga-zas in die Armut getrieben. Das Fischen wurde zudem zu einem gefährlichen Gewerbe: 2011 gab es 72 Be-richte darüber, dass israelische Militärboo-te das Feuer auf palästinensische Fischer-boote eröffnet hätten. Vier Fischer wurden verletzt, einer vermisst gemeldet. *2. Es gibt Schulen und Universitäten, aber keine Arbeitsplätze 3. Nelken sind schön, aber der Export von Blumen allein reicht nicht. 4. Das Mittelmeer tröstet, aber das Trinkwasser ist verseucht. 5. Die Öffnung des Grenzüberganges Rafah bedeutet kaum Bewegungs- freiheit.

ck (www.medico.de)

Internationaler Aufruf für ein Ende der Gaza-Blockade Am 14. Juni dauert die Abriegelung des Gazastreifens fünf Jahre. In dem gemeinsamen Aufruf von 50 Hilfs- und UN-Organisationen am Jahrestag heißt es: „Seit über fünf Jahren leiden mehr als 1,6 Millionen Menschen unter ei-ner völkerrechtswidrigen Abriegelung des Gazastreifens. Mehr als die Hälfte hiervon sind Kinder. Wir fordern mit ei-ner Stimme: Beendet die Abriegelung jetzt.“ Die Abriegelung des Gazastrei-fens und seine Trennung von Westbank und Ostjerusalem ist Teil einer israeli-schen Politik der Fragmentierung der palästinensischen Gebiete, sagt Tsafrir Cohen, Nahostreferent von medico in-ternational. „Will die Bundesregierung am Ziel einer Zweistaatenlösung fest-halten, muss sie massiven Druck auf Is-rael ausüben, die Abriegelung aufzuhe-ben. Ansonsten droht die Zersplitterung der Palästinensergebiete unumkehrbar zu werden.“

(www.medico.de)

* Die Ausführungen von 2 bis 5 finden Sie auf unserer Webseite

„Gaza ist zum Synonym für Verletzungen des Internationa-len Rechts und der Unmensch-lichkeit gegen eine Zivilbevöl-kerung geworden. So wird es in die Geschichtsbücher eingehen. Jeder westliche Politiker trägt hier eine Mitverantwortung.“

John Ging, Leiter der UNRWA in Gaza (United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees

in the near East)

Page 8: PalästinaIsraelZeitung · Tribunals zu Palästina, das 2009 nach der blutigen israelischen Offensive „Gegosse-nes Blei“ gegen den Gazastreifen gegrün-det wurde. Die dritte Sitzung

Die PalästinaIsraelZeitung wird herausgegeben von der Arbeitsgemeinschaft Völkerrecht und Menschenrechte in Palästina und Israel e. V. Redaktion: Peter Bingel, Christian Kercher (v.i.S.d.P.), Dr. Karl-Otto Körber • Redaktionsadresse: c/o C. Kercher, Christstraße 42, 14059 Berlin, Tel. 030-364 662 69,

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Gestaltung: Peter Swoboda • Druck: WirmachenDruck.de • Auflage: 4000Die Zeitung wird auf Bestellung gratis zugeschickt, mit der Bitte um Spenden auf das Konto der Arbeitsgemeinschaft:

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Impressum

Belagerungszustand

Hier auf dem Rücken der Hügel. Im Angesicht des Sonnenuntergangs/

Und des Kraters der Zeit/ Nahe den Gärten, ihres Schattens

beraubt/ tun wir, was Gefangene tun und Arbeitslose:/

Wir ziehen die Hoffnung groß./ Wir stehen hier, wir sitzen hier, wir sind

immer hier. Ewig hier./ Nur in einem Punkt sind wir uns einig:

wir wollen existieren./ Ansonsten sind wir verschiedener

Meinung:/ Über die Form der Flagge (mein leben-diges Volk, du tätest gut daran, dich für die schlichte Form eines Esels zu

entscheiden)/ Über den Text der neuen National-hymne (ihr solltet das Gurren der

Tauben nehmen)/ Über die Pflichten der Frauen (ach, würdet ihr doch eine Frau an die Spitze des Geheimdienstes stellen)/ Wir streiten uns über Prozente, übers

Öffentliche und das Private./ Nur über eins streiten wir uns nicht:/

Wir wollen sein./ Belagerung – das heißt warten. Warten

im Sturm auf einer schiefen Leiter./ Der Tote bedrängt mich, wenn ich einen

neuen Tag erlebe./ Er fragt mich: „Wo bist du gewesen?/ Die Worte, die du mir als Geschenk

überreicht hast:/ Gib sie an die Wörterbücher zurück!“/ Er lehrt mich: es gibt keine Ästhetik/

Jenseits der Freiheit. Mahmoud Darwish

Mahmoud Darwish, bekanntester palästinensischer Dichter * 1941 - ✝ 2008

Meinung über Israel Nach einer Forsa-Umfrage im Auftrag des Stern vom Mai 2012 sind 70 Prozent der Deutschen der Auffassung, Israel verfolge seine Interessen ohne Rücksicht auf andere Völker. Dies waren 11 Prozentpunkte mehr als 2009. 59 Prozent halten das Land für aggressiv – 10 Punkte mehr als vor drei Jahren. Daß Israel die Menschenrechte achtet, meinen nur 21 Prozent. Lediglich 36 Prozent der Befragten fanden Israel sym-pathisch, 2009 waren es noch 45 Prozent. 65 Prozent meinen, Deutschland solle den Staat Palästina anerkennen.

(TAZ vom 24. Mai 2012)

Wirtschaftliche Unterdrückung Die materiellen Schäden, die Israels Be-satzungspolitik den Palästinensern zufügt, liegen bei etwa 6,9 Mrd. US$ pro Jahr. Das Volkseinkommen in Palästina ist durch die Besatzung fast halbiert. Das sind Ergeb-nisse einer Untersuchung der Palästinensi-schen Autonomiebehörde gemeinsam mit dem UN-Entwicklungsprogramm UNDP vom Herbst 2011.

EU-Entwicklungsprojekte zerstört Seit 2001 hat Israel mindestens 82 Pro-jekte im Wert von etwa Euro 50 Mio. zer-bombt oder anderweitig zerstört, die die Europäische Union und ihre Mitgliedsstaa-ten in den Palästinensergebieten finan-ziert haben. Darunter sind auch etliche Projekte der deutschen Entwicklungshilfe. Dies ergab ein detailliertes Dokument der EU-Kommission vom März 2012, das der britische EU-Parlamentarier Chris Davies vorstellte.

Dieter Neuhaus

Trotz erfolgreichem Hungerstreik: Der Widerstand gegen Willkürhaft geht weiter Israel hat das Abkommen mit den 2000 hungerstreikenden palästinensischen Häft-lingen, das am 14. Mai 2012 unterzeichnet wurde, nicht eingehalten. Nach Auskunft der Menschenrechtsorganisation ADDAMEER wurde die Administrativhaft inzwischen für mehr als 25 Palästinenser erneut um 6 Mo-nate verlängert. In anderen Fällen wurden die Häftlinge entlassen und kurz darauf wie-der inhaftiert. Auch Familienbesuche wur-den in vielen Fällen weiterhin verweigert. Von den etwa 4.600 Palästinensern in israe-lischen Gefängnissen sitzen mehr als 300 in Administrativhaft. Deren Abschaffung war die erste Forderung der Hungerstreikenden. Sie darf nach internationalem Recht nur in absoluten Ausnahmefällen angeordnet wer-den, weil sie ohne Anklageerhebung und Gerichtsverfahren erfolgt. In Israel dient sie häufig dazu, Menschenrechtler aus der friedlichen Widerstandsbewegung einzu-schüchtern und Nachahmer abzuschrecken. Richard Falk, Sonderberichterstatter des UN-Menschenrechtsrates, stellte im April fest, dass seit dem Krieg von 1967 unge-fähr 750.000 Palästinenser, darunter 23.000 Frauen und 25.000 Minderjährige eine Haft durchgestanden haben. Das entspricht etwa 20 Prozent der gesamten palästi-nensischen Bevölkerung. Er sei entsetzt über die anhaltenden Menschenrechtsver-letzungen in israelischen Gefängnissen. „Auch Israels breite Anwendung der Ver-waltungshaft ist wider alle internationalen

Palästina Tage München 2012:10. 7. 2012 „Frauen unter Besatzung“, Vortrag von Amal Krieshe, Direktorin der Palestinian Working Woman Society for De-velopment (PWWSD), Gasteig, 19.30 Uhr

12. 7. 2012 Dr. Abed Schokry aus Gaza: „Leben in Gaza in den letzten 5 Jahren – Welche Zukunftsperspektiven hat Palästina“ Ökumenisches Zentrum, Wil-mersdorfer 163, Berlin, 19.30 Uhr 12. 7. 2012 „Gleiche Rechte für alle Bür-ger!“ Vortrag von Haneen Zoabi, Knes-set-Abgeordnete, Palästinenserin in Israel, Gasteig, München, 19.30 Uhr 18. 9. 2012: Michael Lüders: Iran. Der falsche Krieg: Wie der Westen seine Zu-kunft verspielt, Autorenlesung; Herford, VHS, 19 Uhr

4. 10. 2012 „Umgeben von feindlichen Siedlern“ - Daoud Nasser aus Bethlehem berichtet von seinem Friedensprojekt Tent of Nations, Café Canape, Wiesloch, 20 Uhr

10. 10. 2012 Menschenrechtsbeobach-tung in Bethlehem: Edelgard Meyer zu Uptrup berichtet über ihren EAPPI-Einsatz; VHS Heidelberg, 19 Uhr 4. 11. 2012 Auftakt Jubiläumswoche ‚Buch für die Stadt‘ Köln ist „Thymian und Steine - eine palästinensische Lebens-geschichte“ mit der Autorin Sumaya Farhat Naser; Aktion des Kölner Stadt-Anzeiger

8. 11. 2012 Evelyn Hecht-Galinski: „Das elfte Gebot. Israel darf alles“, Autorenle-sung; Palatin, Wiesloch, 20 Uhr 13. 11. 2012: Sumaya Farhat-Naser: Le-ben in Palästina, Herford, VHS, 19 Uhr 28. 11. - 1. 12. 2012 Weltsozialforum zum Thema Free Palestine in Porto Alegre, Brasilien

Saeed Amireh aus dem Dorf Nil’in nörd-lich von Ramallah kommt im Herbst 2012

Kleine Meldungen

Veranstaltungen

Seite 8 • Juli 2012 PalästinaIsraelZeitung

Standards eines fairen Verfahrens“, so Falk. Der Hungerstreik wurde von lebendigen Protesten in der palästinensischen Bevöl-kerung begleitet. Der massenhafte Hun-gerstreik von Gefangenen war eine neue Form des Widerstandes in der Geschichte Palästinas. Die Politikerin Hanan Ashrawi zeigte sich überzeugt von der “Macht des gewaltlosen Widerstandes gegen Israels il-legale Besatzung von Palästina.“

ck

Rechtsbeugung

Das Recht wird so gebeugt: das Recht des Rechts dem Recht das Unrecht

Werner Finck

zu einer Vortragstour nach Deutschland. Details und Information über den ge-waltlosen Widerstand gegen Enteignung für Siedlungen, Mauerbau und Siedlerstra-ße dort: www.versoehnungsbund.de/amireh

Weitere Veranstaltungen unter www.palaestina-heute.de

Arbeitsgemeinschaft sucht Mitwirkende

Die „Arbeitsgemeinschaft Völker-recht und Menschenrechte in Paläs-tina und Israel e. V.“ ist auf die Mit-wirkung vieler angewiesen. Engagierte Einzelne und Gruppen in einer Rechts-form organisiert, können Vereinsmit-glieder werden. Es geht um Mitwirkung bei Mitgliedertreffen, um Anregungen für die Redaktionsarbeit der Palästina-IsraelZeitung, Mitwirkung bei ihrer Verbreitung, überhaupt um Austausch und Vernetzung. Weitere Initiativen im Sinne der satzungsgemäßen Zwecke sind denkbar. Die PalästinaIsraelZei-tung ist nicht für bereits Informierte gedacht, vielmehr zum Weitergeben: Gruppen können diese Zeitung etwa bei Veranstaltungen auslegen. Einzelne können beispielsweise acht Exemplare zum Weiterverteilen bestellen und dafür zehn Euro überweisen. Natürlich sind wir hochdankbar für Spenden, für die wir Zuwendungsbestätigungen ausstel-len. Auf Wunsch senden wir die Satzung der Arbeitsgemeinschaft gerne zu. Zum geschäftsführenden Vorstand gehören:

Peter Bingel, KönigswinterDr. Karl-Otto Körber, Bad Honnefund Sabine Werner, Königswinter

Anschrift des Vereins: Peter Bingel, Am Ordensgut 2 53639 Kö[email protected] Bestellung von Zeitungen: siehe Redaktionsadresse im Impressum

Konto der Arbeitsgemeinschaft: AG Völkerrecht und Menschenrechte in Pal. u. Isr.Nr. 705 800 014BLZ 38060186 Volksbank Bonn Rhein-Sieg

Tulkarm, Westbank: Jeden Dienstag protestieren die Frauen für ihre Angehörigen in israelischen Gefängnis-sen vor dem Internationalen Roten Kreuz. Der Vater des Mädchens sitzt seit 2 Jahren in Haft. (Foto L. Haensel)

Karikatur von Klaus Stuttmann