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[ Zeitschrift fiir angewandte Chemie Neue Bticher ___~___ ___ -~ 354 es in seinem Wesen zu erfassen, scheint danach keineswegs mehr unmoglich. Von seiten der Physik wird uns ferner noch iiber den Durchgang von Elektronen durch Atome berichtet (M i n k o w s k i und S p o n e r), iiber Ultrarotforschung (L a s k i), uber Elektrizitatsleitung in kristallisierten Stoffen unter AusschluD der Metalle ( G u d d e n ) und iiber den Zu- sammenhang zwischen 1- und y-Strahlen (M e i t n e r). Der Chemiker erkennt dabei wieder einmal, dai3 er zumindest soviel Physik verstehen sollte, um die Ergebnisse dieser Autoren zu erfassen, wenn es ihm selbst versagt bleibt, dabei mitzuwirken. Denn unter den genannten tiberschriften werden Fragen der Konstitution der Atome, des Baues und der Reaktionsfahigkeit von Kristallen, der Molekiilstruktur und der Bandenspektren und der unelastischen Elektronenstofie, also der Anregung der Stoffe zu Reaktionen beruhrt, Dinge, die dem Chemiker gewiD nicht unbekannt bleiben diirfen. W. Biltz. [BB. 277.1 Paul Giinther, T a b ell en zur R o n t g e n sp e k t r a la n a - Das Buchlein enthalt eine mit grof3er Sorgfalt durchge- fiihrte Zusammenstellung der notwendigsten Daten fiir den rontgenspektroskogisch arbeitenden Chemiker und Physiker und bietet eine willkommene Erleichterung bei der Berechnung von Rontgenspektrogrammen. Mark. [BB. 265.1 Maximilian Caniillo Neuburger, K r i s t a 11b a u u n d R o n t - g e n s t r a h 1 en. Mit besonderer Beriicksichtigung der expe- rimentellen Ergebnisse der Kristallstrukturforschung. Stutt- gart 1929. Verlag Ferdinand Encke. Verfasser dieses Biichleins hat sicb offenbar die Aufgabe gestellt, einen kurzen tiberblick iiber die Methoden und die bisherigen Ergebnisse der Kristallstrukturforshmg zu geben, und zwar in einer Form, welche auch Fernerstehenden ermog- licht, die wichtigsten Ideen und Gesichtspunkte zu verstehen, und die Bedeutung der Ergebnisse einzuschatzen. Man sol1 - ohne allzu tief in den speziellen Gegenstand eindringen zu miissen - moglichst viel von dem erfahren, was von den Ergeb- nissen der Spezialforschung allgemeine Bedeutung hat. Es ge- hort bei solchen Darstelungen viel wissenschaftlicher Takt und viel Sachkenntnis dam, um das Mai3 der zu erklarenden Grund- begriffe richtig zu wahlen. Man wird leicht verleitet, das Funda- ment zu breit anzulegen, was den Schwerpunkt der Darstellung an eine unrichtige Stelle riickt, noch gefahrlicher aber ist e, wenn aus vielen unklar definierten Begriffen ein Scheinver- standnis aufgebaut wird, dessen wesentlichster Inhdt eine Reihe wissenschaftlich klingender Fachausdriicke sind. Leider drangt sich dem Leser bei der Lekture des vorliegenden Buch- leins - dessen niitzliches Ziel gern zugestanden sein sol1 - an vielen Stellen die 6berzeugung auf, dai3 hier die oben er- wahnten Voraussetzungen fur die gliickliche Abfassmg solcher Darstellungen nicht vorhanden waren. Satze wie: ,,Samtliche Verfahren zur Kristallstrukturbestimmung gestatkn eine Aus- wertung ihrer Diagramme, da sie ja sonst zur Struktmbestim- mung unbrauchbar waren". , . ,,Vollstandige Spektraldiagramme nennt man die erhaltenen Bilder deshalb, weil nicht nur die Reflexe einer Ebenenart in Betracht kommen, da die schrag weggehenden Interferenzstrahlen nicht abgeblendet werden". . . sollten nicht vorkommen. Begriii3enswert ist eine ziemlich vollstandige Zusammen- stellung der bisher bestimmten Kristallstrukturen. 1 y s e. Verlag Julius Springer. Berlin 1924. Mark. [BB. 154.1 Die gaphisehe uud rcehuerisehe Behandlung von Salzlosungen. An Beispielen erlautert von Dr. W. A 1 t h a m m e r. Heraus- gegeben von der Kaliforsrhungsanstalt G. m. b. H., Stai3furt- Leopoldshall. 57 Seiten, 43 Diagramme. 1924. Berichterstatter hat wohl als erster vor fast 20 Jahren in seiner ,,Deutschen Kaliindustrie" (W. Knapp, Halle 1907) unternommen, die den chemisch-technischen Fabrikations- methoden zugrundeliegenden Reaktionen rechnerisch zu zerglie- dern nach Mai3gabe der v a n ' t H o f f schen bis dahin so gut wie abgeschlossenen Lehren. Das damit eingeschlagene Ver- fahren fand nur hier und da freundliches Versandnis, und Trumpf blieb bis heute bei der Mehrzahl unserer ,,kali- kochenden" Chemiker der alte, trotz Goethe nicht richtige Satz: ,,Grau, teurer Freund, ist alle Theorie". Auch die Kaliforschungsanstalt wird ihre Schwierigkeiten haben, hier Wandel zu schaffen und die Herren Praktiker dahin zu belehren, dai3 ,,des Lebens goldner Baum" gar leicht seine Fruchtbarkeit verliert, wenn ihm nicht der Nahrsaft einer ge- sunden und bewahrten Theorie zugefiihrt wird. In diesem Sinne ist die kleine Schrift von A 1 t h a m m e r durchaus zu be- griii3en. Fufiend auf den klassischen Arbeiten von v a n ' t H o f f und seinen Epigonen lehrt der Verfasser, wie die Verarbeitung von allerlei Salzgemischen und ihrer Losungen rechnerisch anzu- packen ist, in allen Fallen ausgehend von der G i b b s ' schen Phasenregel, und soweit erforderlich, die wissenschaftlichen BE- griffe wie ,,Umwandlungspunkt", ,,Schwerpunktprinzip" usw. klar und ausreichend zu kennzeichnen. Ein gliicklicher Gedanke war es, nicht stehenzubleiben bei den der engeren Kaliindustrie angehorenden Problemen, sondern auch andere Vorgange, wie die Darstellung des Kon- versionssalpeters und die Praxis des Ammoniaksodaprozesses, in den Kreis der Betrachtungen einzubeziehen. Durch die in der Schrift zusammenfassend und eingehend gelehrte rechnerische Behandlung kann der Praktiker viel Zei! sparen, denn mannigfache auftauchende Fragen, die friiher durch langwierige empirische Versuchsanstellung mehr oder weniger unvollkommen geklart wurden, konnen am Schreibtisch un- schwer und schnell ihre einwandfreie Beantwortung finden. Bei der Vortrefflichkeit und Verdienstlichkeit der Schrift ist nur zu bedauern, dai3 die beigegebenen Diagramme wegen ihrer Undeutlichkeit geradezu ungenieabar sind. Hieran ist weniger der gewahlte kleine MaSstab schuld, denn selbst bei Zuhilfenahme von schwacheren und starkeren Lupen werden die Bilder mit ihren verkiimmerten Zahlen und Buchstaben kaum klarer. Um die Gebrauchsfahigkeit des Werkchens nicht zu gefiihrten, mochten wir empfehlen, die Diagramme unter Hinzuziehung von erfahrenen Graphikern neu herstellen und drucken zu lassen und den Beziehern zur Verfiigung zu stellen. Als Vorbilder mogen etwa die in B oe k e s Grundlagen der physikalisch-chemischen Petrographie (Berlin 1915) enthaltenen graphischen Darvtellungen Erwahnung finden. Kubierschky. [BB. 293.1 Gmelins Handbueh der auorganischen Chemie. Herausgegeben von der Deutschen Chemischen Gesellschaft. 8. Aufl. Be- arbeitet von R. J. Meyer. Seit langen Jahren erlebten wir kein organisatorisch so bedeutungsvolles Ereignis auf dem Gebiete der anorganischen Chemie, wie das Erscheinen dieses ersten Bandes des neuen Handbuches. Die anorganische Chemie ist im letzten halben Jahrhundert bei uns zulande nicht eben venvohnt worden. Ihre Stellung gemahnte den lachenden Philosophen bisweilen an ihre Be- nennung, die nur sagt, was sie nicht ist, ,,nicht organisch", und die Negation in ihrem Namen schien im Einklang zu stehen mit manchem, was sie erlebte. Die fuhrenden Mhner der organi- schen Wissenschaft, die unsere Universitatsinstitute leiteten - die Chemie der Technischen Hochschulen war vor dem Dr.-Ing. nicht voll leistungsfahig - hatten gewii3 guten Grund, Pflege und Organisation der organischen Disziplin als damals dring- licher in den Vordergrund zu stellen. Als Hilfskonstruktionen - denn die Praxis forderte solche - wurden die unorgani- schen Verbandspriifungen und die Abteilungsvorsteherstellen geschaffen. Aber nicht j e d e m , dem Gott ein Amt gab, gab er den Verstand, und noch keiner hat Schiiler fur eine Sache zu begeistern gewubt, dessen Herz an ganz andern Dingen hing. Der standige Gebrauch rnindenvertig gewordener anorganischcr Laboratoriumsbiicher konnte nur einefragwiirdigeRechtfertigung darin finden, dai3 manche Studenten, trotzdem sie nach ihnen gearbeitet hatten, spater Hervorragendes leisteten. Unsere Deutsche Chemische Gesellschaft behandelte Aufsatze anorga- nischen Inhalts als solche bedingter Zulassigkeit ; und wenn allenfalls die biologische und selbst die physikalische Chemie als Grenzgebiete zu werten, zugestanden werden konnte, so mul3te eine ahnliche Behandlung der anorganischen Chemie den Humoristen wieder an jenes fatale negative Vorzeichen dieser Wissenschaft erinnern. Es kam dahin, dai3 wir keine Zeit- schrift besitzen, die sich als der organischen Chemie besonders zu eigen bekennt, wohl aber eine Zeitschrift fur anorganische Zin k, System Nr. 32.

Paul Günther, Tabellen zur Röntgenspektralanalyse. Verlag Julius Springer. Berlin 1924

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Page 1: Paul Günther, Tabellen zur Röntgenspektralanalyse. Verlag Julius Springer. Berlin 1924

[ Zeitschrift fiir angewandte Chemie Neue Bticher

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es in seinem Wesen zu erfassen, scheint danach keineswegs mehr unmoglich. Von seiten der Physik wird uns ferner noch iiber den Durchgang von Elektronen durch Atome berichtet (M i n k o w s k i und S p o n e r), iiber Ultrarotforschung (L a s k i), uber Elektrizitatsleitung in kristallisierten Stoffen unter AusschluD der Metalle ( G u d d e n ) und iiber den Zu- sammenhang zwischen 1- und y-Strahlen (M e i t n e r). Der Chemiker erkennt dabei wieder einmal, dai3 er zumindest soviel Physik verstehen sollte, um die Ergebnisse dieser Autoren zu erfassen, wenn es ihm selbst versagt bleibt, dabei mitzuwirken. Denn unter den genannten tiberschriften werden Fragen der Konstitution der Atome, des Baues und der Reaktionsfahigkeit von Kristallen, der Molekiilstruktur und der Bandenspektren und der unelastischen Elektronenstofie, also der Anregung der Stoffe zu Reaktionen beruhrt, Dinge, die dem Chemiker gewiD nicht unbekannt bleiben diirfen. W. Biltz. [BB. 277.1

Paul Giinther, T a b e l l e n z u r R o n t g e n s p e k t r a l a n a -

Das Buchlein enthalt eine mit grof3er Sorgfalt durchge- fiihrte Zusammenstellung der notwendigsten Daten fiir den rontgenspektroskogisch arbeitenden Chemiker und Physiker und bietet eine willkommene Erleichterung bei der Berechnung von Rontgenspektrogrammen. Mark. [BB. 265.1

Maximilian Caniillo Neuburger, K r i s t a 11 b a u u n d R o n t - g e n s t r a h 1 e n . Mit besonderer Beriicksichtigung der expe- rimentellen Ergebnisse der Kristallstrukturforschung. Stutt- gart 1929. Verlag Ferdinand Encke.

Verfasser dieses Biichleins hat sicb offenbar die Aufgabe gestellt, einen kurzen tiberblick iiber die Methoden und die bisherigen Ergebnisse der Kristallstrukturforshmg zu geben, und zwar in einer Form, welche auch Fernerstehenden ermog- licht, die wichtigsten Ideen und Gesichtspunkte zu verstehen, und die Bedeutung der Ergebnisse einzuschatzen. Man sol1 - ohne allzu tief in den speziellen Gegenstand eindringen zu miissen - moglichst viel von dem erfahren, was von den Ergeb- nissen der Spezialforschung allgemeine Bedeutung hat. Es ge- hort bei solchen Darstelungen viel wissenschaftlicher Takt und viel Sachkenntnis dam, um das Mai3 der zu erklarenden Grund- begriffe richtig zu wahlen. Man wird leicht verleitet, das Funda- ment zu breit anzulegen, was den Schwerpunkt der Darstellung an eine unrichtige Stelle riickt, noch gefahrlicher aber ist e, wenn aus vielen unklar definierten Begriffen ein Scheinver- standnis aufgebaut wird, dessen wesentlichster Inhdt eine Reihe wissenschaftlich klingender Fachausdriicke sind. Leider drangt sich dem Leser bei der Lekture des vorliegenden Buch- leins - dessen niitzliches Ziel gern zugestanden sein sol1 - an vielen Stellen die 6berzeugung auf, dai3 hier die oben er- wahnten Voraussetzungen fur die gliickliche Abfassmg solcher Darstellungen nicht vorhanden waren. Satze wie: ,,Samtliche Verfahren zur Kristallstrukturbestimmung gestatkn eine Aus- wertung ihrer Diagramme, da sie ja sonst zur Struktmbestim- mung unbrauchbar waren". , . ,,Vollstandige Spektraldiagramme nennt man die erhaltenen Bilder deshalb, weil nicht nur die Reflexe einer Ebenenart in Betracht kommen, da die schrag weggehenden Interferenzstrahlen nicht abgeblendet werden". . . sollten nicht vorkommen.

Begriii3enswert ist eine ziemlich vollstandige Zusammen- stellung der bisher bestimmten Kristallstrukturen.

1 y s e. Verlag Julius Springer. Berlin 1924.

Mark. [BB. 154.1

Die gaphisehe uud rcehuerisehe Behandlung von Salzlosungen. An Beispielen erlautert von Dr. W. A 1 t h a m m e r. Heraus- gegeben von der Kaliforsrhungsanstalt G. m. b. H., Stai3furt- Leopoldshall. 57 Seiten, 43 Diagramme. 1924.

Berichterstatter hat wohl als erster vor fast 20 Jahren in seiner ,,Deutschen Kaliindustrie" (W. Knapp, Halle 1907) unternommen, die den chemisch-technischen Fabrikations- methoden zugrundeliegenden Reaktionen rechnerisch zu zerglie- dern nach Mai3gabe der v a n ' t H o f f schen bis dahin so gut wie abgeschlossenen Lehren. Das damit eingeschlagene Ver- fahren fand nur hier und da freundliches Versandnis, und Trumpf blieb bis heute bei der Mehrzahl unserer ,,kali- kochenden" Chemiker der alte, trotz Goethe nicht richtige Satz: ,,Grau, teurer Freund, ist alle Theorie".

Auch die Kaliforschungsanstalt wird ihre Schwierigkeiten haben, hier Wandel zu schaffen und die Herren Praktiker dahin zu belehren, dai3 ,,des Lebens goldner Baum" gar leicht seine Fruchtbarkeit verliert, wenn ihm nicht der Nahrsaft einer ge- sunden und bewahrten Theorie zugefiihrt wird. In diesem Sinne ist die kleine Schrift von A 1 t h a m m e r durchaus zu be- griii3en.

Fufiend auf den klassischen Arbeiten von v a n ' t H o f f und seinen Epigonen lehrt der Verfasser, wie die Verarbeitung von allerlei Salzgemischen und ihrer Losungen rechnerisch anzu- packen ist, in allen Fallen ausgehend von der G i b b s ' schen Phasenregel, und soweit erforderlich, die wissenschaftlichen BE- griffe wie ,,Umwandlungspunkt", ,,Schwerpunktprinzip" usw. klar und ausreichend zu kennzeichnen.

Ein gliicklicher Gedanke war es, nicht stehenzubleiben bei den der engeren Kaliindustrie angehorenden Problemen, sondern auch andere Vorgange, wie die Darstellung des Kon- versionssalpeters und die Praxis des Ammoniaksodaprozesses, in den Kreis der Betrachtungen einzubeziehen.

Durch die in der Schrift zusammenfassend und eingehend gelehrte rechnerische Behandlung kann der Praktiker viel Zei! sparen, denn mannigfache auftauchende Fragen, die friiher durch langwierige empirische Versuchsanstellung mehr oder weniger unvollkommen geklart wurden, konnen am Schreibtisch un- schwer und schnell ihre einwandfreie Beantwortung finden.

Bei der Vortrefflichkeit und Verdienstlichkeit der Schrift ist nur zu bedauern, dai3 die beigegebenen Diagramme wegen ihrer Undeutlichkeit geradezu ungenieabar sind. Hieran ist weniger der gewahlte kleine MaSstab schuld, denn selbst bei Zuhilfenahme von schwacheren und starkeren Lupen werden die Bilder mit ihren verkiimmerten Zahlen und Buchstaben kaum klarer. Um die Gebrauchsfahigkeit des Werkchens nicht zu gefiihrten, mochten wir empfehlen, die Diagramme unter Hinzuziehung von erfahrenen Graphikern neu herstellen und drucken zu lassen und den Beziehern zur Verfiigung zu stellen. Als Vorbilder mogen etwa die in B o e k e s Grundlagen der physikalisch-chemischen Petrographie (Berlin 1915) enthaltenen graphischen Darvtellungen Erwahnung finden.

Kubierschky. [BB. 293.1

Gmelins Handbueh der auorganischen Chemie. Herausgegeben von der Deutschen Chemischen Gesellschaft. 8. Aufl. Be- arbeitet von R. J. M e y e r .

Seit langen Jahren erlebten wir kein organisatorisch so bedeutungsvolles Ereignis auf dem Gebiete der anorganischen Chemie, wie das Erscheinen dieses ersten Bandes des neuen Handbuches.

Die anorganische Chemie ist im letzten halben Jahrhundert bei uns zulande nicht eben venvohnt worden. Ihre Stellung gemahnte den lachenden Philosophen bisweilen an ihre Be- nennung, die nur sagt, was sie nicht ist, ,,nicht organisch", und die Negation in ihrem Namen schien im Einklang zu stehen mit manchem, was sie erlebte. Die fuhrenden M h n e r der organi- schen Wissenschaft, die unsere Universitatsinstitute leiteten - die Chemie der Technischen Hochschulen war vor dem Dr.-Ing. nicht voll leistungsfahig - hatten gewii3 guten Grund, Pflege und Organisation der organischen Disziplin als damals dring- licher in den Vordergrund zu stellen. Als Hilfskonstruktionen - denn die Praxis forderte solche - wurden die unorgani- schen Verbandspriifungen und die Abteilungsvorsteherstellen geschaffen. Aber nicht j e d e m , dem Gott ein Amt gab, gab e r den Verstand, und noch keiner hat Schiiler fur eine Sache zu begeistern gewubt, dessen Herz an ganz andern Dingen hing. Der standige Gebrauch rnindenvertig gewordener anorganischcr Laboratoriumsbiicher konnte nur einefragwiirdigeRechtfertigung darin finden, dai3 manche Studenten, trotzdem sie nach ihnen gearbeitet hatten, spater Hervorragendes leisteten. Unsere Deutsche Chemische Gesellschaft behandelte Aufsatze anorga- nischen Inhalts als solche bedingter Zulassigkeit ; und wenn allenfalls die biologische und selbst die physikalische Chemie als Grenzgebiete zu werten, zugestanden werden konnte, so mul3te eine ahnliche Behandlung der anorganischen Chemie den Humoristen wieder an jenes fatale negative Vorzeichen dieser Wissenschaft erinnern. Es kam dahin, dai3 wir keine Zeit- schrift besitzen, die sich als der organischen Chemie besonders zu eigen bekennt, wohl aber eine Zeitschrift fur anorganische

Z i n k , System Nr. 32.