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PD Dr. Arnold Hinz
Institut für Pädagogische Psychologie und Soziologie, PH Ludwigsburg
Prävention essstörungsrelevanter Körperbildwahrnehmungen:
Entwicklung und Evaluation einer Unterrichtseinheit in Klasse 4
Theoretischer Hintergrund: Körperbildwahrnehmungen sind mit Essstörungen sowohl über die Symptomatik als auch über die Ätiologie assoziiert. DSM-IV-TR (2003, S. 652), Kriterium für Anorexia nervosa: „Störungen in der Wahrnehmung der eigenen Figur und des Körpergewichts“
Metaanalyse von Stice (2002): Körperunzufriedenheit ist der konsistenteste und stärkste Risikofaktor für Essstörungen
Arnold Hinz
PH Ludwigs-burg
PRÄVEN-TION
ESSSTÖ-RUNGS-RELEVA-NTER
KÖRPER-BILD-WAHR-NEHM-UNGEN
Äußere Körperformen ändern sich bei Mädchen früher, stärker und sichtbarer als bei Jungen. Vor der Pubertät haben Mädchen 10 – 15 % mehr Fettgewebe als Jungen, nach der Pubertät etwa 100 % mehr Fettgewebe. Diese biologisch sinnvolle Veränderung (Reserve bei Schwangerschaft, Geburt und Stillzeit) steht dem gesellschaftlichen Schönheits- und Schlankheitsideal konträr entgegen.
Deutliche Verschlechterung der Körperzufriedenheit der Mädchen in der Pubertät
früh entwickelte Mädchen haben ein höheres Risiko für eine geringere Körperzufriedenheit und für die Entwicklung einer Essstörung (Killen et al., 1992)
Arnold Hinz
PH Ludwigs-burg
PRÄVEN-TION
ESSSTÖ-RUNGS-RELEVA-NTER
KÖRPER-BILD-WAHR-NEHM-UNGEN
Programme zur Prävention von Essstörungen Seit den 1990er Jahren auch in Deutschland vielfältige, aber nicht immer evaluierte Programme
Trotz der Verbreitung der Körperunzufriedenheit entwickelt nur eine Minderheit das klinische Syndrom einer Essstörung. Dies verunmöglicht bei kleineren Stichproben eine Evaluation anhand der Punktprävalenzrate.
Ergebnis der Metaanalyse von Stice & Shaw (2004) zu den Effekten von 38 Präventionsprogrammen im angloamerikanischen Raum:
Besonders erfolgreich waren Programme für Risikogruppen, interaktive und mehrstufige Programme: größere Effekte bei mädchenspezifischen Programmen und bei älteren Teilnehmerinnen (> 15 Jahre)
Wissen Internalisierung des Schlankheitsideals
Körperzufriedenheit Diätverhalten
d .38 .19 .13 .11
Arnold Hinz
PH Ludwigs-burg
PRÄVEN-TION
ESSSTÖ-RUNGS-RELEVA-NTER
KÖRPER-BILD-WAHR-NEHM-UNGEN
Präventionsprogramme, die bereits im Grundschulalter ansetzen, sind eher selten (bislang nur: Kater, Rohwer & Londre, 2002; Smolak, Levine & Schermer, 1998)
Die Informationsvermittlung über Essstörungen (z.B. durch den Einsatz von genesenen Magersuchtspatienten) hatte bei Mann et al. (1997) sowie bei Carter, Steward, Dunn & Fairburn (1997) negative Effekte
Arnold Hinz
PH Ludwigs-burg
PRÄVEN-TION
ESSSTÖ-RUNGS-RELEVA-NTER
KÖRPER-BILD-WAHR-NEHM-UNGEN
„Philosophie“ des Präventionsprogramms „Mein Körper und ich“
Adaptives Coping gelingt besser, wenn man auf Belastungen vorbereitet wurde (hier vor allem: Vorbereitung auf Fettablagerungen in der Pubertät).
Die Prävention sollte möglichst früh einsetzen (hier: Klasse 4)
Eine Stärkung des Körperbewusstseins kann nicht nur kognitiv erfolgen (Einbau von Entspannungsübungen, Körperübungen etc.).
Angesichts der schulischen Praxis ist eine umfassende Implementation nur koedukativ und bei einem kurzen Programm zu erreichen.
keine Weitergabe von Wissen über Essstörungen (Gefahr von Neugier und Nachahmungshandlungen)
Arnold Hinz
PH Ludwigs-burg
PRÄVEN-TION
ESSSTÖ-RUNGS-RELEVA-NTER
KÖRPER-BILD-WAHR-NEHM-UNGEN
Stunde Inhalt Ziele
0 - Hausaufgabe: Steckbrief über sich selbst (… was mir alles an mir gefällt)
- Auseinandersetzung mit dem eigenen Ich
1 - Vorstellen des eigenen Steckbriefs- Reise durch den eigenen Körper
- sich vor anderen präsentieren können- Stärkung des Selbstbewusstseins- Sensibilisierung für den eigenen Körper
2 -Lesetext: Erwachsen werden 1- Körperübung: Autowaschanlage
- Wissenserwerb über Körperverän- derungen- Akzeptanz dieser Körperveränderungen
3/4 -Meditation: Ich mag mich so, wie ich bin- Lesetext: Erwachsen werden 2 (Vergleichsbilder Mädchen vor/während der Pubertät)
-Selbstakzeptanz des Körpers- Wissenserwerb- Erkennen der Normalität der Körperveränderungen in der Pubertät und Akzeptanz dieser Veränderungen
5 -Gruppenübung: Warme Dusche- Abschlussspiel
-Erhöhung der Selbstakzeptanz- Ergebnissicherung
Inhalte des Präventionsprogramms „Mein Körper und ich“Arnold Hinz
PH Ludwigs-burg
PRÄVEN-TION
ESSSTÖ-RUNGS-RELEVA-NTER
KÖRPER-BILD-WAHR-NEHM-UNGEN
Schau dir die beiden Abbildungen an und male alle Körperstellen, die sich während der Pubertät verändern, mit einem Farbstift an.
Mädchen vor der Pubertät Mädchen während und nach der Pubertät
Arnold Hinz
PH Ludwigs-burg
PRÄVEN-TION
ESSSTÖ-RUNGS-RELEVA-NTER
KÖRPER-BILD-WAHR-NEHM-UNGEN
Arnold Hinz
PH Ludwigs-burg
Präven-tion
ess-störungs-relevanter
Körper-bildwahr-nehmun-gen.
Veränderungen in der Pubertät
Mädchen Jungen
Arnold Hinz
PH Ludwigs-burg
PRÄVEN-TION
ESSSTÖ-RUNGS-RELEVA-NTER
KÖRPER-BILD-WAHR-NEHM-UNGEN
Arnold Hinz
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PRÄVEN-TION
ESSSTÖ-RUNGS-RELEVA-NTER
KÖRPER-BILD-WAHR-NEHM-UNGEN
Veränderungen in der Pubertät
Mädchen Jungen
Brüste
Haare am Körper
Tiefere Stimme
Blutungen
Schlechte Laune
Körper wächst in die Höhe und in die Breite
Pickel
Finden Jungs toll
Stimmungsschwankungen
Fettige Haare
Stärkeres Schwitzen
Weichere, rundere Form an Beinen, Po und Hüften
Aus Mädchen werden Frauen
Breite Schultern
Tiefere Stimme
Pickel
Finden Mädchen toll
Fettige Haare
Stärkeres Schwitzen
Schlechte Laune
Wachstumsschub
Mehr Muskeln
Männlicheres Aussehen
Aus Jungen werden Männer
Arnold Hinz
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PRÄVEN-TION
ESSSTÖ-RUNGS-RELEVA-NTER
KÖRPER-BILD-WAHR-NEHM-UNGEN
Lehrerheft
Prävention von Essstörungen in der Grundschule
Arnold Hinz
PH Ludwigs-burg
PRÄVEN-TION
ESSSTÖ-RUNGS-RELEVA-NTER
KÖRPER-BILD-WAHR-NEHM-UNGEN
Dieses Heft gehört ____________.Ich bin ___________ Jahre alt.
Programmevaluation
DesignNichtrandomisiertes Kontrollgruppendesign mit Prätest und Posttestmessung
Intervention5-stündiges Unterrichtsprogramm an drei aufeinander folgenden Tagen durch den/die Klassenlehrer/in im normalen Schulunterricht; in den Kontrollklassen keine Intervention
Stichprobe189 Mädchen (IK = 71; KK = 118) und 209 Jungen (IK = 83, KK = 126) in sieben Interventions- und 11 Kontrollklassen aus Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Hamburg
Von den Interventionsschülern konnten 92.9 % und von den Kontrollschülern 90.6 % bei beiden Messungen erreicht werden.
Arnold Hinz
PH Ludwigs-burg
PRÄVEN-TION
ESSSTÖ-RUNGS-RELEVA-NTER
KÖRPER-BILD-WAHR-NEHM-UNGEN
Evaluationsinstrument-Selbsteinschätzung der körperlichen Entwicklung (siehe Kracke & Silbereisen, 1994)- Wissen über Körperveränderungen in der Pubertät (15 Items, α = .61/.75)- Körperzufriedenheit (9 Items, α = .75/.75)- gezügeltes Essverhalten (5 Items von Franzen & Florin, 1997, α = .82/.88)
DurchführungPrätestmessung wenige Tage vor Beginn der Intervention; Posttestmessung 4-5 Wochen nach der Prätestmessung
Arnold Hinz
PH Ludwigs-burg
PRÄVEN-TION
ESSSTÖ-RUNGS-RELEVA-NTER
KÖRPER-BILD-WAHR-NEHM-UNGEN
Akzeptanz des Präventionsprogramms
0
5
10
15
20
25
30
35
40
45
sehr gut gut ging so w enigergut
gar nichtgut
Prozent
Bei der Bewertung des Unterrichts kein signifikanter Geschlechtsunterschied, jedoch signifikante Unterschiede zwischen den Klassen (von 1.3 bis 2.3)
Arnold Hinz
PH Ludwigs-burg
PRÄVEN-TION
ESSSTÖ-RUNGS-RELEVA-NTER
KÖRPER-BILD-WAHR-NEHM-UNGEN
Ergebnisse
Ziel-variablen
Bedingung
Prätest Posttest Bedingung (IG/KG)
Effekt-stärke
M (SD) M (SD) F p d
Wissen über Pubertät
IG 6.0 (2.7) 10.4 (2.8)174.59 .000 1.48
KG 7.3 (2.7) 7.5 (3.0)
Körper-zufrieden-heit
IG 28.1 (4.6) 29.0 (4.2)2.80 .095 .10KG 28.5 (4.8) 29.0 (4.8)
Gezügeltes Essverhal-ten
IG 14.1 (4.6) 15.4 (4.7).14 .710 .06
KG 14.5 (4.3) 15.5 (4.5)
Arnold Hinz
PH Ludwigs-burg
PRÄVEN-TION
ESSSTÖ-RUNGS-RELEVA-NTER
KÖRPER-BILD-WAHR-NEHM-UNGEN
Multivariate Varianzanalyse nach dem allgemeinen linearen Modell (Pillai-Spur)
Wissen über Pubertät
6
10,4
7,3 7,5
6
8
10
Prätest Posttest
Interventionsklassen Kontrollklassen
Je höher der Wert, desto größer ist das Wissen (min. = 0, max. = 15)
Arnold Hinz
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PRÄVEN-TION
ESSSTÖ-RUNGS-RELEVA-NTER
KÖRPER-BILD-WAHR-NEHM-UNGEN
Gezügeltes Essverhalten
14,1
15,4
14,5
15,5
13
15
Prätest Posttest
Interventionsklassen Kontrollklassen
Je höher der Wert, desto weniger gezügeltes Essverhalten (min. = 5, max. = 20)
Arnold Hinz
PH Ludwigs-burg
PRÄVEN-TION
ESSSTÖ-RUNGS-RELEVA-NTER
KÖRPER-BILD-WAHR-NEHM-UNGEN
Körperzufriedenheit
28,1
29
28,5
29
27
28
29
Prätest Posttest
Interventionsklassen Kontrollklassen
Je höher der Wert, desto größer ist die Körperzufriedenheit (min. = 9, max. = 36)
Arnold Hinz
PH Ludwigs-burg
PRÄVEN-TION
ESSSTÖ-RUNGS-RELEVA-NTER
KÖRPER-BILD-WAHR-NEHM-UNGEN
Körperzufriedenheit bei Mädchen, die ihre körperliche Entwicklung als
gleich weit oder als weiter einschätzen (77 % der Mädchen)
27,4
28,628,5
28
27
28
29
Prätest Posttest
Interventionsklassen Kontrollklassen
Je höher der Wert, desto größer ist die Körperzufriedenheit (min. = 9, max. = 36)
Arnold Hinz
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PRÄVEN-TION
ESSSTÖ-RUNGS-RELEVA-NTER
KÖRPER-BILD-WAHR-NEHM-UNGEN
Interventionseffekt (Gruppe x Zeit) F (1, 126) = 6.25, p = .014; Effektstärke d = .33; T-Test für gepaarte Stichproben Interventionsklassen: t (45) = 2.38, p = .021
Fazit:
sehr gute Akzeptanz des Programms sehr guter Wissenseffekt (d = 1.48; viermal höher als der Durchschnittswert in der Metaanalyse von Stice and Shaw)
für die Gesamtgruppe der Viertklässler kein signifikanter Interventionseffekt bezüglich Körperzufriedenheit und gezügeltem Essverhalten Signifikanter Interventionseffekt bezüglich der Körperzufriedenheit bei gleich weit oder weiter entwickelten Mädchen (Effektstärke: d = .33)
Arnold Hinz
PH Ludwigs-burg
PRÄVEN-TION
ESSSTÖ-RUNGS-RELEVA-NTER
KÖRPER-BILD-WAHR-NEHM-UNGEN
Weitere Forschung:
Randomisierung durch Suche nach Lehrern, die in zwei Parallelklassen unterrichten
Untersuchung der Programmeffekte bei größeren Stichproben
Fortführung des Präventionsprogramms in den weiteren Klassenstufen
Ergänzung des Programms durch Präventionsbausteine wie „Frauenbild in der Werbung“, „Ernährung“, „Bewegung“, „Lebensgenuss“, „Sexualität“
Follow-up-Messungen
Arnold Hinz
PH Ludwigs-burg
PRÄVEN-TION
ESSSTÖ-RUNGS-RELEVA-NTER
KÖRPER-BILD-WAHR-NEHM-UNGEN
Ich danke für Ihre
Aufmerksamkeit!
Arnold Hinz
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ESSSTÖ-RUNGS-RELEVA-NTER
KÖRPER-BILD-WAHR-NEHM-UNGEN
Arnold Hinz
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KÖRPER-BILD-WAHR-NEHM-UNGEN
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