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freudig dient, und denkt nicht einmal ansatzweise daran, dass es anders sein könnte. Glücklicherweise haben die Forscher im Untergrund ihr Ziel noch nicht erreicht. Alle bisherigen Exemplare waren wenig virulent und sorgten bei den Befallenen für das vorübergehende Auftreten unterschiedlichster Halluzinationen. Doch eines nicht so fernen Tages werden die Bemühungen der Schup- penhäutigen von Erfolg gekrönt sein, falls ihnen nie- mand zuvor in die Suppe spuckt. Ursprünglich waren die Schlangenmenschen wenig erfreut über die Anwesenheit von Menschen in der Nähe ihrer geheimen Labors. Mit- tlerweile empfinden sie es jedoch als praktisch, dass immer ausreichend Versuchsobjekte freiwillig zu ihnen kommen. In ihrer Gewissheit, den Menschen haushoch überlegen zu sein, schreckt sie die Gefahr einer möglichen Entdeckung ihrer Labors nicht. Und die bisherigen Erfahrun- gen scheinen ihnen in diesem Punkt Recht zu geben. Selbst gelegentlich austretende stinkende Chemikali- enwolken hat niemand zum Anlass genommen, die Phänomene näher unter die Lupe zu nehmen. Die Charaktere könnten beispielswei- se involviert werden, als ein guter Freund von seiner Geisterjagd auf dem Grundstück mit einem enor- men Sprung in der Schüssel zurück- kehrt und sie herausfinden wollen, welches Ereignis seinen Verstand derart zerrütten konnte. Das Spukhaus von Neuwied- Oberbieber (Cthulhu Now) Dieser Fall ist – im Gegensatz zu den vorher angeführ- ten – recht gut dokumentiert und war Anfang der 1990er eine Zeit Thema in den Medien. Ziel des öffentlichen In- teresses war ein augenscheinlich normales Wohnhaus im Neuwieder Stadtteil Oberbieber am Lila Platz. Auf einer Landkarte findet man Neuwied etwa zehn Kilometer nordwestlich von Koblenz. Das be- sagte Haus grenzt an eine befahre- ne Durchgangsstraße und steht bis auf ein Transformatorhäuschen, das sich an eine Seitenwand schmiegt, frei. Im Haus gibt es drei separate Wohnungen, jeweils eine im Erdge- schoss, eine im ersten Stock und die letzte im ausgebauten Dachgeschoss. Erbaut wurde das Gebäude im Jahr 1932 in dem damals üblichen Bau- stil. Soweit also gibt es keine beson- deren Merkmale. Es ist schwer, den Ursprung der Geistergeschichten zu finden, die dem Gebäude in der Dorfgemein- schaft den Ruf eines Spukhauses eingetragen haben. Definitiv sind diese noch in der Zeit vor dem Medienrummel zu suchen. Allerdings spricht man im Ort nicht gerne offen darüber, und schon gar nicht mit Fremden. Ein Neugieriger aus der Gegend, der versuchte, mehr Details ans Tageslicht zu bringen, schrieb in einem Forum, er habe den Eindruck gewonnen, man wolle unangenehme Wahrheiten unter den Teppich keh- ren. Von den geisterhaften Bewohnern erzählt man sich, es seien drei an der Zahl: Ein kleines Mädchen, eine alte Frau sowie ein alter Mann, der angeblich ein Kundiger in magischen Dingen (gewesen) sein soll. Interessanterweise manifestierten sie sich nur, wenn Personen mit einem labilen psychischen Zustand im Haus wohnen, die für ihre Einflüsterungen empfänglich sind. Ihre Anstrengungen zielen darauf ab, die Bewohner zu terrorisieren, indem sie mit Gegenständen werfen oder Unfälle provozieren. Einen Eindruck von dem, was die Geister anrichten, bekommt man, wenn man den Bericht von Prof. Dr. Ernst Senkowski liest, der 1991 das Haus zweimal gemeinsam mit einem Medium und einem PSI- Der Weg ins Schattenreich. Das Spukhaus in Neuwied-Oberbieber. H. P. Lovecrafts Cthulhu – das Rollenspiel Spuk im Gemäuer, Teil 2 26 Spuk im Gemäuer, Teil 2 Sample file

Pegasus Cthulhu Cthuloide Schauplätze - …watermark.drivethrurpg.com/pdf_previews/140343-sample.pdf · gegebenenfalls Einfl uss auf das zu nehmen, was in un-serer Welt geschieht

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freudig dient, und denkt nicht einmal ansatzweise daran,

dass es anders sein könnte. Glücklicherweise haben die

Forscher im Untergrund ihr Ziel noch nicht erreicht. Alle

bisherigen Exemplare waren wenig virulent und sorgten

bei den Befallenen für das vorübergehende Auftreten

unterschiedlichster Halluzinationen. Doch eines nicht

so fernen Tages werden die Bemühungen der Schup-

penhäutigen von Erfolg gekrönt sein, falls ihnen nie-

mand zuvor in die Suppe spuckt. Ursprünglich waren die

Schlangenmenschen wenig erfreut über die Anwesenheit

von Menschen in der Nähe ihrer geheimen Labors. Mit-

tlerweile empfi nden sie es jedoch als

praktisch, dass immer ausreichend

Versuchsobjekte freiwillig zu ihnen

kommen. In ihrer Gewissheit, den

Menschen haushoch überlegen zu

sein, schreckt sie die Gefahr einer

möglichen Entdeckung ihrer Labors

nicht. Und die bisherigen Erfahrun-

gen scheinen ihnen in diesem Punkt

Recht zu geben. Selbst gelegentlich

austretende stinkende Chemikali-

enwolken hat niemand zum Anlass

genommen, die Phänomene näher

unter die Lupe zu nehmen. Die

Charaktere könnten beispielswei-

se involviert werden, als ein guter

Freund von seiner Geisterjagd auf

dem Grundstück mit einem enor-

men Sprung in der Schüssel zurück-

kehrt und sie herausfi nden wollen,

welches Ereignis seinen Verstand

derart zerrütten konnte.

Das Spukhaus von Neuwied-Oberbieber (Cthulhu Now)

Dieser Fall ist – im Gegensatz zu den vorher angeführ-

ten – recht gut dokumentiert und war Anfang der 1990er

eine Zeit Thema in den Medien. Ziel des öffentlichen In-

teresses war ein augenscheinlich normales Wohnhaus im

Neuwieder Stadtteil Oberbieber am

Lila Platz. Auf einer Landkarte fi ndet

man Neuwied etwa zehn Kilometer

nordwestlich von Koblenz. Das be-

sagte Haus grenzt an eine befahre-

ne Durchgangsstraße und steht bis

auf ein Transformatorhäuschen, das

sich an eine Seitenwand schmiegt,

frei. Im Haus gibt es drei separate

Wohnungen, jeweils eine im Erdge-

schoss, eine im ersten Stock und die

letzte im ausgebauten Dachgeschoss.

Erbaut wurde das Gebäude im Jahr

1932 in dem damals üblichen Bau-

stil. Soweit also gibt es keine beson-

deren Merkmale.

Es ist schwer, den Ursprung der

Geistergeschichten zu fi nden, die

dem Gebäude in der Dorfgemein-

schaft den Ruf eines Spukhauses

eingetragen haben. Defi nitiv sind diese noch in der Zeit

vor dem Medienrummel zu suchen. Allerdings spricht

man im Ort nicht gerne offen darüber, und schon gar

nicht mit Fremden. Ein Neugieriger aus der Gegend, der

versuchte, mehr Details ans Tageslicht zu bringen, schrieb

in einem Forum, er habe den Eindruck gewonnen, man

wolle unangenehme Wahrheiten unter den Teppich keh-

ren. Von den geisterhaften Bewohnern erzählt man sich,

es seien drei an der Zahl: Ein kleines Mädchen, eine alte

Frau sowie ein alter Mann, der angeblich ein Kundiger in

magischen Dingen (gewesen) sein soll.

Interessanterweise manifestierten sie sich nur, wenn

Personen mit einem labilen psychischen Zustand im Haus

wohnen, die für ihre Einfl üsterungen empfänglich sind.

Ihre Anstrengungen zielen darauf ab, die Bewohner zu

terrorisieren, indem sie mit Gegenständen werfen oder

Unfälle provozieren. Einen Eindruck von dem, was die

Geister anrichten, bekommt man, wenn man den Bericht

von Prof. Dr. Ernst Senkowski liest, der 1991 das Haus

zweimal gemeinsam mit einem Medium und einem PSI-

Der Weg ins Schattenreich.

Das Spukhaus in Neuwied-Oberbieber.

H. P. Lovecrafts Cthulhu – das Rollenspiel Spuk im Gemäuer, Teil 2

26 Spuk im Gemäuer, Teil 2

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Berater namens Gerald Dittel besuchte. Gerufen wurden

sie von der im Dachgeschoss wohnenden Familie Höhler,

die so sehr unter den Heimsuchungen zu leiden hatte, dass

die Ehefrau mit den Kleinkindern zur Zeit des Besuchs das

Haus bereits verlassen hatte. Zu den Vorfällen bis zu die-

sem Zeitpunkt gehörte beispielsweise das plötzliche Aus-

brechen von Feuer in einer Ecke des Schlafzimmers, ohne

dass eine natürliche Ursache ersichtlich gewesen war.

Möbel wurden umgeworfen oder beschädigt, Gegenstän-

de verschwanden und tauchten unvermutet an anderer

Stelle wieder auf, rote Flecken wie von Blut erschienen

und verschwanden auf dem Küchenfußboden, Lampen

änderten unvermittelt ihre Helligkeit, und die Mitbewoh-

ner aus dem unteren Stockwerk beschwerten sich über das

nächtliche Gebell nicht vorhandener Hunde. Beängstigend

waren vor allem allerlei scharfe und spitze Gegenstände,

die von Geisterhand geführt durch die Luft zischten, man-

ches Mal aus dem Nichts auftauchten, um dann mit großer

Wucht mehrere Zentimeter tief in eine Wand getrieben zu

werden. Bemerkenswerterweise wurde bei solchen geis-

terhaften Attacken nie jemand ernsthaft verletzt. Auch die

Besucher um Senkowski wurden Zeugen extremer Pol-

tergeistphänomene, bei denen merkwürdigerweise aus-

schließlich Gegenstände bewegt wurden, deren Name mit

einem „S“ beginnt. Dem Medium Henny Mittler gelang

es, Kontakt mit verschiedenen Geistern aufzunehmen, die

offenbar in den Mauern des Hauses im Diesseits festgehal-

ten wurden. Einer davon war der Geist einer Frau namens

Siegried, die im Haus ihr Kind verbrannt und sich selbst

auf dem Dachboden erhängt hatte, nachdem 1943 ihr

Mann abgeholt worden war. Nachforschungen ergaben,

dass das Haus bis zum 2. Weltkrieg von Juden bewohnt

worden war, so dass eine Verschleppung des Ehemannes

durch die Nationalsozialisten realistisch erscheint. Darü-

ber hinaus konnten sich Anwohner erinnern, dass es tat-

sächlich einmal in dem Haus gebrannt und sich eine Frau

erhängt hatte. Ein anderer von Hass zerfressener Geist

versetzte das Medium durch seine Forderung nach Rache

für ein Leben ohne Liebe in Angst, das mit einem brutalen

Mord abrupt beendet worden war.

Daneben erschienen noch andere Geister vor dem

inneren Auge des Mediums, was Grund zu der Annah-

me gibt, dass möglicherweise etwas im Haus die Geis-

ter daran hindert, den Weg ins Jenseits zu fi nden. Die

Gruppe um Gerald Dittel identifi zierte den unreif wir-

kenden Jürgen Höhler als die Fokusperson, einmal weil

seine psychosozialen Charakteristika passten und weil er

meist im Zentrum der Poltergeistaktivitäten stand. An-

scheinend wirkte er als eine Art Katalysator, der es den

Geistern ermöglichte, auf die materielle Welt Einfl uss zu

nehmen. Mag Jürgen Höhler auch einen nicht unerhebli-

chen Anteil an den Spukphänomenen gehabt haben, wie

auch immer man das erklären will, so war er nicht deren

einzige Ursache. Man darf nicht vergessen, es hatten in

dem Gebäude schon vorher ungewöhnliche Ereignisse

stattgefunden, die das Haus in Verruf gebracht hatten.

Außerdem hörten die Erscheinungen auch nach dem

Auszug der Höhlers nicht sofort auf. Eine jugoslawische

Familie, die in der mittleren Wohnung wohnte, wurde

so massiv von Spukerscheinungen heimgesucht, dass

sie fl uchtartig das Haus verließen, wobei sie Möbel und

wichtige Dokumente zurückließ. Seit dieser Zeit wurde

es still um das Haus, und die Menschen, die heute darin

leben, bestreiten, jemals etwas Ungewöhnliches erlebt zu

haben. Aber wer weiß was passiert, wenn wieder eine

labile Persönlichkeit, eine „Katalysatorperson“, einzieht

und durch ihre Präsenz das aufweckt, was möglicherwei-

se bis heute geduldig wartend in den Mauern des Hauses

schlummert.

Das Spukhaus von Neuwied-Oberbieber im SpielDer Gedanke birgt eine gewisse Faszination: Ein beson-

derer Ort bleibt so lange harmlos und unauffällig, bis die

richtige Person dort auftaucht. Wie bei mancher chemi-

schen Reaktion sind beide Teile getrennt voneinander

völlig ungefährlich, gibt man sie aber zusammen, entsteht

eine explosive Mischung, die großen Schaden anrichten

kann, wenn man nicht die nötige Vorsicht walten lässt.

Der Chemiker weiß recht gut, welche Stoffe gefährlich

zu mischen sind, doch welcher Art die spirituellen Zu-

taten sein müssen, um wie im chemischen Experiment

einen Sprengstoff zu erhalten, das weiß bislang niemand

zu sagen. Das wiederum freut natürlich jeden Spielleiter,

bleibt doch für ihn mehr freier Raum, in dem er seine

Fantasie von der Leine lassen kann.

Also was könnte das Haus an fi nsteren, schwer fassba-

ren Geheimnissen bergen? Sicherlich sollten es mehrere

Faktoren sein, die üblicherweise nichts miteinander zu

tun haben, aber aufgrund einer üblen Laune des Schick-

sals an diesem Ort gebündelt auftreten. Möglicherweise

verläuft nur wenige Meter über dem Boden ein Knoten-

punkt von Kraftlinien oder Ley-Linien, wie sie die Ge-

omanten postulieren. Die gebündelte Erdkraft könnte

von sensiblen Zeitgenossen gespürt werden. Ein in der

Magie kundiger Mensch (oder sonst eine Wesenheit)

könnte die Energien als Kraftquelle für magische Rituale

anzapfen. Warum sollten hier nicht vor langer Zeit fi nste-

re Beschwörungen durchgeführt worden sein, die einen

Makel der Verderbtheit hinterlassen haben? Denkbar ist,

dass an dieser Stelle die Barrieren, die unsere Welt von

anderen Dimensionen, Sphären, den Traumwelten, etc.

trennen, ungewöhnlich dünn sind. Wesen von jenseits

des Schleiers sind in der Lage, herüberzuschauen und

Nur selten lassen sich Geister auf Film bannen.

Spuk im Gemäuer, Teil 2 H. P. Lovecrafts Cthulhu – das Rollenspiel

Spuk im Gemäuer, Teil 2 27

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gegebenenfalls Einfl uss auf das zu nehmen, was in un-

serer Welt geschieht. Diese Wesen können im einfachs-

ten Fall die Seelen von Verstorben sein, aber ein Blick

in ein Nachschlagewerk über Mythoswesen bietet in

diesem Punkt weitere Inspiration. Da die Legenden des

Spukhauses sogar explizit darauf hinweisen, bietet sich

einmal mehr die Möglichkeit, den Geist eines verstorbe-

nen Zauberers auftreten zu lassen, der nur darauf war-

tet, durch den Körper eines schwachen Menschen seine

zerstörerischen Pläne zu Ende zu bringen, die durch sein

vorzeitiges Ableben nicht verwirklicht werden konnten.

Damit kommen wir zu der zweiten Komponente, die be-

nötigt wird, um das Unheil in Gang zu bringen. Aus spiel-

technischer Sicht ist das sicherlich ein Mensch mit einem

großen magischen Potential (hoher Manawert), das weit

oberhalb des menschlichen Durchschnitts angesiedelt

ist – sozusagen ein magisches Genie. Allerdings kam er

nie mit Magie in Berührung, geschweige denn hat er die

Möglichkeiten, sein Talent zu kontrollieren. Diese Gabe,

für ihn wohl eher ein Fluch, ermöglicht es ihm, Dinge

wahrzunehmen, die andere Menschen nicht bemerken.

Dieses Anderssein führt in letzter Konsequenz vermutlich

zu einem gestörten Verhältnis zu den Mitmenschen, und

wir erhalten jemandem, den man als labile Persönlichkeit

bezeichnen könnte. Diese Person gerät unter den Einfl uss

des Wesens hinter dem Schleier, wodurch nun Wissen

und Kraft zueinander fi nden. Die Art des Verhängnisses,

das über Oberbieber (und den Rest der Welt) hereinbre-

chen wird, bestimmt allein die Kreativität des Spielleiters.

Hier nur ein mögliches Beispiel: Die oben beschriebenen

Spukphänomene setzten wieder ein, nur gewinnen sie im

Verlauf der Zeit an Intensität und treten schließlich auch

in der Umgebung auf. Brände brechen unvermittelt und

mit solcher Macht aus, dass die Gebäude innerhalb von

Minuten in den Flammen vergehen. Oder ein extremer

Kalter Fleck lässt über Nacht eine Familie in ihrer Woh-

nung erfrieren, obwohl es Sommer ist! Gegenstände und

Menschen verschwinden spurlos aus dem Ort. Manche

Personen tauchen verwirrt und orientierungslos wieder

auf, wohingegen andere verschwunden bleiben, weil sich

die Wesen von der anderen Seite an ihnen gütlich ge-

tan haben. Der trennende Schleier zwischen den Welten

wird ständig dünner, und sollte er ganz zerreißen, so wird

die Hölle auf Erden losbrechen. Aber da sind zum Glück

noch die Spielercharaktere, die mutig genug sind, um

sich dem Spuk entgegenzustellen, aber haben sie auch

die Mittel, das Verhängnis noch aufzuhalten?

Quellen und Weiterführendes

http://www.burg-frankenstein.de/

http://www.menedemos.de/sagenuhlberg.htm

http://www.geister-und-gespenster.de

http://www.ortederangst.de

http://www.allmystery.de/

http://www.weihenstephan.org/

~lubitzlo/transwelten

http://www.spukorte.com/

http://gespensternet.de/

http://www.das-spukhaus.de/

http://www.hagzissa.de/

Die nicht mehr ganz so neue Ausrüstung eines professionellen Geisterjägers (um 1930).

Die Central-BibliothekEin universeller Szenario-Schauplatz

von Sebastian Weitkamp

H. P. Lovecrafts Cthulhu – das Rollenspiel Spuk im Gemäuer, Teil 2

28 Spuk im Gemäuer, Teil 2

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Die Central-BibliothekEin universeller Szenario-Schauplatz

von Sebastian Weitkamp

Eine Schriftrolle, wie sie schon vor Christi Geburt in Bibliotheken aufbewahrt wurde.

„Ok, mein Historiker geht in die Bibliothek und versucht noch

etwas zum Kult der Schwarzen Spinne herauszufi nden … Jau,

17 auf 54, geschafft. Was fi ndet er?“ — „Ja gut, dein Historiker

erfährt, dass … “

Dies ist sicherlich eine Szene, die sich schon tausend-

fach an den Tischen einer Cthulhu-Runde abgespielt hat.

Im besten Fall wird der Spieler nun eine Spielhilfe aus-

gehändigt bekommen. Aber was passiert eigentlich in der

Bibliothek? Immerhin handelt es sich bei einer solchen

um den zentralen Wissenstempel des Cthulhu-Genres,

werden dort doch äonenalte Arkana

auf knisternden Pergamentbögen für

kommende Generationen bewahrt.

Spielleitern, die den schnöden Akt

der Informationsbeschaffung etwas

atmosphärischer gestalten wollen,

seien deshalb die folgenden Ausfüh-

rungen an die Hand gegeben. Na-

türlich macht es keinen Sinn, stun-

denlanges Wälzen von Folianten auf

der Suche nach verborgenen Ge-

heimnissen auszuspielen. Doch wer

abseits des profanen Fertigkeitswurf

die Recherche rollenspielerisch ein-

bauen möchte, kann feststellen, dass

der Besuch einer Bibliothek mitun-

ter lebensgefährlich sein kann.

Historisches über Bibliotheken

Das aus dem Griechischen stammen-

de Wort Bibliothek kann in erster Li-

nie mit Aufbewahrungsort übersetzt

werden. Es gibt sie, seit der Mensch

angefangenen hat, schriftliche Zeug-

nissee zu hinterlassen. Dabei war

es vollkommen egal, worauf die-

se hinterlassen wurden: Ton- oder

Steintafeln, Leder, Papyrus oder Pa-

pier. Bereits die babylonischen Keilschrifttafeln waren

nachweislich in Bibliotheken zusammengefasst. Eine

der wichtigsten Bibliotheken des Altertums befand sich

in Alexandria, ging allerdings 47 vor Christus im Krieg

gegen Cäsar in Flammen auf. Sie wurde von den ptole-

mäischen Königen Ptolemaios I. Soter und Ptolemaios II.

Philadelphos wenige Jahrhunderte vor Christus gegrün-

det und soll an die 700.000 Schriftrollen umfasst haben.

Im Mittelalter entwickelten sich große und umfangrei-

che Schriftensammlungen in den kirchlichen Klöstern,

Die Central-Bibliothek H. P. Lovecrafts Cthulhu – das Rollenspiel

Die Central-Bibliothek 29

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In den verschiedenen Räumlichkeiten kann der interessierte Leser durchaus einige

Stunden verbringen.

etwa in Paris oder Salamanca. Der Grund dafür ist ein-

fach: Der Klerus war der einzige Stand, der schreiben und

lesen konnte. Dies setzte sich schließlich immer stärker

auch beim Adel durch. Gerade in der Zeit des Humanis-

mus im 16. Jahrhundert entstanden beeindruckende Bi-

bliotheken wie die in Wien (1526), München (1558) oder

Heidelberg (1553).

Bis dahin waren die papierenen Hinterlassenschaften

eine Domäne des Adels und des Klerus. Dies änderte

sich mit der ersten öffentlichen Bibliothek Bodleiana,

die 1602 in Oxford ihre Pforten öffnete. Den weiteren

Durchbruch in dieser Richtung brachte die Zeit der Auf-

klärung bzw. die Französische Revolution und die Sä-

kularisierung der kirchlichen Besitz-

tümer. Bücher wurden zwar nicht

Allgemeingut, erschlossen sich aber

stetig neue Leserschichten.

In enger Verwandtschaft zur Bi-

bliothek steht deshalb die Büche-

rei. Letztere dient eher dem „Otto

Normalleser“, der auf der Suche

nach kurzweiliger Lektüre ist. Hier

werden Romane, Krimis, Populär-

wissenschaftliches, Reiseberichte

und Kinder- und Jugendliteratur

vorgehalten. Die Volksbücherei soll

die allgemeine Bildung sicherstellen,

weshalb die Werke auch für den hei-

mischen Gebrauch zu entleihen sind.

In unserem Fall gehen Bibliothek

und Bücherei in einer Art Univer-

salbibliothek auf. Eine mittelgroße

Stadt hat nicht immer die Möglich-

keit, Hochgeistiges und Nützliches

ihren Bürgern gleichermaßen zu

bieten, also hat die Central-Bibliothek

eine „normale“ Leihbücherei und

eine wissenschaftliche „Abteilung“.

Aus Letzterer können die Bücher al-

lerdings nicht entliehen werden.

In der Regel sind Büchereien und

Bibliotheken in der Hand öffentli-

cher Körperschaften und werden

von der Allgemeinheit fi nanziert. Daneben gibt es pri-

vate Sammlungen meist fi nanzkräftiger Mäzene, die nur

in einigen Fällen andern Nutzern offen stehen. Häufi g

handelt es sich dabei um wertvolle Kollektionen, die von

adeligen Familien angelegt wurden und Schriften bis aus

der Zeit des Mittelalters aufbewahren. In blaublütigen

Kreisen galt es als schick, sich mit einem Büchertempel

zu schmücken, der die Gelehrtheit und Belesenheit ihres

Halters symbolisieren sollte. In diese Kerbe schlug auch

verstärkt das Bürgertum im 19. Jahrhundert, welches in

der Bildung die Chance sah, das fehlende blaue Blut in

den Adern gesellschaftlich zu kompensieren. Die Feder

ist ja bekanntlich mächtiger als das Schwert.

Die Central-Bibliothek

Der neo-klassizistische Bau steht im Zentrum der kleinen

Stadt. Die Bibliothek hat 1854 als bescheidene Lesehalle

angefangen. Nachdem die Stadtväter es etwas repräsen-

tativer haben wollten, wurde später ein größerer Bau er-

richtet. An der Stirnseite grüßt die Göttin der Gelehrsam-

keit Minerva die Eintretenden als Statue über dem Portal.

Das Innere besticht durch intellektuell-dezenten Protz.

Einerseits wollte man einen respektablen Elfenbeinturm

der Bildung errichten, andererseits bot das gelehrte Ge-

wissen, die demütige Bescheidenheit der großen Denker

nicht außer Acht zu lassen.

Die Belegschaft besteht aus zwei Hausmeistern, Putz-

frauen, Bibliothekaren und Magazinern, welche die nicht

immer ausgestellten Werke aus den tiefen Schatzkam-

mern des Kellers holen.

In der Empfanghalle befi ndet sich eine Bronzebüste

des Professors Florian Veit Putz. Er wird als Mäzen und

Gönner geehrt. Leider ist er vor einigen Jahren gestor-

ben. Als Kind der Stadt hat er an einer Universität in

Norddeutschland Karriere gemacht, er blieb aber in all

der Zeit der Heimat eng verbunden. Immer wieder hat

er der wachsenden Bibliothek Donationen gemacht, und

als sein Stündlein schließlich geschlagen hatte, vermach-

te er seine umfangreiche Büchersammlung, die aus allen

Teilen der Welt zusammengetragen ist, der Central-Bibli-

othek (vgl. unten „Der Choral der Schlangen“).

Im Erdgeschoss befi ndet sich die allgemeine Abtei-

lung, wo mehr oder weniger intellektuelles Lesefutter für

alle bereitgehalten wird. Ist die Bibliothek in einer Uni-

versitätsstadt angesiedelt, bietet es sich an, die Bibliothek

zur reinen Gelehrtenbibliothek umzubauen. In einem

kleinen Saal daneben ist die Lesehalle untergebracht, wo

jede Menge Zeitungen und Zeitschriften ausliegen. Nicht

jeder kann sich ein Abonnement der hiesigen Stadtzei-

tung leisten, um aber auf dem aktuellen Stand zu blei-

ben, nutzen viele das Angebot und stöbern auf der Suche

H. P. Lovecrafts Cthulhu – das Rollenspiel Die Central-Bibliothek

30 Die Central-Bibliothek

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