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Pensionsriickstellungen: M6gliche Ans~itze aus versicherungsmathematischer Sicht*) Edgar Neuburger (Mtinchen) 1. Einleitung AnlaB zu dieser Untersuchung gab die Diskussion um die ,,richtige" Bewertung des Ansatzes ftir die Pensionsrtickstellung in der Handelsbilanz nach dem Bilanzrichtliniengesetz. Ohne Zweifel handelt es sich bei der Pensionsrackstellung um einen Bilanzposten der 1. i. allg. von groBer Bedeutung ist, 2. schwer zu prttzisieren ist, da Vorgttnge zu berticksichtigen sind, die sich erst in Zukunft realisieren werden, also ungewisse Vorgtinge, um die sich ja bekanntlich die Wahrschein- lichkeitstheorie bemOht. Bei der Bestimmung eines solchen Postens mtissen nun viele Aspekte berOcksichtigt werden, die traditionsgemtiB auf ganz unterschiedlichen Wissensgebieten gelehrt werden. Damit sucht m.E. zuntichst jeder, der sich mit diesem Problem befaBt, die LOsung des Problems mit den Mitteln seines Fachgebietes. Dabei wird er feststellen, dab er zur Lt~sung des Problems noch Kenntnisse aus den angrenzenden Fachgebieten benOtigt, die er sich, soweit seiner Ansicht nach notwendig, aneignen dtirfte; auf diese Weise kommt er dann zu einem Ansatz. So entstehen, konkret ftir unser Problem betrachtet, wie die Literatur tiber dieses Thema zeigt, je nach Ausgangspunkt die unterschiedlichsten Vorstellungen tiber die richtige Bewer- tung von PensionsrOckstellungen; dabei gestaltet sich erfahrungsgemt~B die an sich notwendi- ge Diskussion tiber die Grenzen der einzelnen Wissensbereiche hinweg schwierig. Es kommt noch eines hinzu, das bei diesem Problem besonders schwer wiegt: alle sind sich ei- nig, dab die ,,richtige" Bewertung solcher langfristiger Verbindlichkeiten von enormer Bedeu- tung ist, doch gibt es kein empirisches Kriterium for die Korrektheit des gewtihlten Ansatzes: ein falscher Ansatz wirkt sich, wenn tiberhaupt, erst nach vielen Jahren oder Jahrzehnten aus, und wenn, dann laBt sich immer noch trefflich dartiber streiten, ob gerade der falsche Ansatz dieses Postens der ausschlaggebende Grund ftir die vorgefundene ungtinstige wirtschaftliche Entwicklung war. Mit artderen Worten: im Gegensatz z.B. zur Technik, in der jeder t2berzeu- gungsversuch, dab z. B. gerade diese Maschine schneller eine bestimmte Leistung vollbringt als eine andere, vor der Realittit kapitulieren muB, wenn eben die 2. Maschine schneller das glei- che schafft, gibt es ein derartiges empirisches Kriterium im Hinblick auf die richtige Bewer- tung von Pensionsverpflichtungen nicht: es ist mehr wie in der Politik: hat man einen ,,richti- gen" Ansatz gefunden, so ist es entscheidend, die Mehrheit derer, auf die es ankommt, far sei- hen Ansatz zu gewinnen, also bessere Argumente zu finden, wobei eben, da ja die Richtigkeit gegentiber der Realittit nicht festgestellt werden kann, die ,,besseren" Argumente diejenigen sind, die mehr zu tiberzeugen vermt~gen, unabhttngig davon, ob sie auch, gemessen an der Re- alittit, die besseren sind. Pointierter ausgedrtickt: derzeit ist bei der Frage der ,,richtigen" Be- wertung einer Pensionsverpflichtung ein empirisches Kriterium nicht bekannt, wird m.E. wohl auch nicht gesucht, so daB die richtige Bewertung lediglich intersubjektiv, also hinsicht- lich einer herrschenden Meinung tiberprtift werden kann, wobei es durchaus nicht ausge- schlossen werden kann, daB neben der Oberzeugungskraft der Argumente z.B. auch die Hau- figkeit deren Wiederholung for die intersubjektive Anerkennung von Bedeutung ist. *) l~berarbeitete Fassung eines Vortrags auf der 40. Mitgliederversammlung der DGVM am 29. 4. 1988 345

Pensionsrückstellungen: Mögliche Ansätze aus versicherungsmathematischer Sicht

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Pensionsriickstellungen: M6gliche Ans~itze aus versicherungsmathematischer Sicht*)

Edgar Neuburger (Mtinchen)

1. E i n l e i t u n g

AnlaB zu dieser Untersuchung gab die Diskussion um die ,,richtige" Bewertung des Ansatzes ftir die Pensionsrtickstellung in der Handelsbilanz nach dem Bilanzrichtliniengesetz. Ohne Zweifel handelt es sich bei der Pensionsrackstellung um einen Bilanzposten der

1. i. allg. von groBer Bedeutung ist, 2. schwer zu prttzisieren ist, da Vorgttnge zu berticksichtigen sind, die sich erst in Zukunft

realisieren werden, also ungewisse Vorgtinge, um die sich ja bekanntlich die Wahrschein- lichkeitstheorie bemOht.

Bei der Bestimmung eines solchen Postens mtissen nun viele Aspekte berOcksichtigt werden, die traditionsgemtiB auf ganz unterschiedlichen Wissensgebieten gelehrt werden. Damit sucht m.E. zuntichst jeder, der sich mit diesem Problem befaBt, die LOsung des Problems mit den Mitteln seines Fachgebietes. Dabei wird er feststellen, dab er zur Lt~sung des Problems noch Kenntnisse aus den angrenzenden Fachgebieten benOtigt, die er sich, soweit seiner Ansicht nach notwendig, aneignen dtirfte; auf diese Weise kommt er dann zu einem Ansatz. So entstehen, konkret ftir unser Problem betrachtet, wie die Literatur tiber dieses Thema zeigt, je nach Ausgangspunkt die unterschiedlichsten Vorstellungen tiber die richtige Bewer- tung von PensionsrOckstellungen; dabei gestaltet sich erfahrungsgemt~B die an sich notwendi- ge Diskussion tiber die Grenzen der einzelnen Wissensbereiche hinweg schwierig. Es kommt noch eines hinzu, das bei diesem Problem besonders schwer wiegt: alle sind sich ei- nig, dab die ,,richtige" Bewertung solcher langfristiger Verbindlichkeiten von enormer Bedeu- tung ist, doch gibt es kein empirisches Kriterium for die Korrektheit des gewtihlten Ansatzes: ein falscher Ansatz wirkt sich, wenn tiberhaupt, erst nach vielen Jahren oder Jahrzehnten aus, und wenn, dann laBt sich immer noch trefflich dartiber streiten, ob gerade der falsche Ansatz dieses Postens der ausschlaggebende Grund ftir die vorgefundene ungtinstige wirtschaftliche Entwicklung war. Mit artderen Worten: im Gegensatz z.B. zur Technik, in der jeder t2berzeu- gungsversuch, dab z. B. gerade diese Maschine schneller eine bestimmte Leistung vollbringt als eine andere, vor der Realittit kapitulieren muB, wenn eben die 2. Maschine schneller das glei- che schafft, gibt es ein derartiges empirisches Kriterium im Hinblick auf die richtige Bewer- tung von Pensionsverpflichtungen nicht: es ist mehr wie in der Politik: hat man einen ,,richti- gen" Ansatz gefunden, so ist es entscheidend, die Mehrheit derer, auf die es ankommt, far sei- hen Ansatz zu gewinnen, also bessere Argumente zu finden, wobei eben, da ja die Richtigkeit gegentiber der Realittit nicht festgestellt werden kann, die ,,besseren" Argumente diejenigen sind, die mehr zu tiberzeugen vermt~gen, unabhttngig davon, ob sie auch, gemessen an der Re- alittit, die besseren sind. Pointierter ausgedrtickt: derzeit ist bei der Frage der ,,richtigen" Be- wertung einer Pensionsverpflichtung ein empirisches Kriterium nicht bekannt, wird m.E. wohl auch nicht gesucht, so daB die richtige Bewertung lediglich intersubjektiv, also hinsicht- lich einer herrschenden Meinung tiberprtift werden kann, wobei es durchaus nicht ausge- schlossen werden kann, daB neben der Oberzeugungskraft der Argumente z.B. auch die Hau- figkeit deren Wiederholung for die intersubjektive Anerkennung von Bedeutung ist.

*) l~berarbeitete Fassung eines Vortrags auf der 40. Mitgliederversammlung der DGVM am 29. 4. 1988

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Da jedoch dieser Zustand wegen der Bedeutung des Problems nicht befriedigt, sei der Versuch unternommen, eine MOglichkeit aufzuweisen, die m.E. die Diskussion um die richtige Bewer- tung der Pensionsverpflichtung objektiver zu machen vermag, und zwar dadurch, daB ein be- w~hrtes mathematisches Modell herangezogen wird. Die folgende Frage weist uns einen Weg: warum ist der Mathematiker, speziell der Versiche- rungsmathematiker, mit diesem Problem befaBt?' Die Antwort, so meine ich, ergibt sich aus der folgenden abgewandelten Frage: warum besch~iftigt sich der Versicherungsmathematiker nicht mit dem Problem, wie eine ,,gewisse" Verbindlichkeit zu bilanzieren ist, also eine Ver- bindlichkeit, deren R~ckzahlungsmodalit~ten genau festliegen? Nun, hier steht die Verpflichtung fest, es geh6rt in die Domane der Betriebswirtschaftler, Juri- sten, Finanzmathematiker und Kaufleute, also in die Dom~ne der Fachleute, sich darauf zu ei- nigen, wie ein ordentlicher Kaufmann in einem solchen Fall zu verfahren hat. Und warum ist es mit einer Pensionsverpflichtung anders? Auch hier erscheint die Antwort klar: weil es sich um eine un#ewisse Verbindlichkeit handelt, fur die, wie der Gesetzgeber befunden hat, eine Rackstellung nach vernanftiger kaufm~nnischer Beurteilung zu bilden ist. Zur Beschreibung einer ungewissen Verbindlichkeit, deren Verlauf vom Leben und Sterben yon Personen ab- h~ngt, bietet sich nat0rlich die Wahrscheinlichkeitsrechnung, speziell die Versicherungsmat- hematik an. Und so trat als zus~tzlicher Vertreter eines Fachgebiets der Versicherungsmathe- matiker in Erscheinung. Man sollte nun meinen, der Versicherungsmathematiker h~tte seine Aufgabe darin gesehen, die Fachleute in der Bewaltignng der Beschreibung der UngewiBheit zu unterstiRzen, ansonsten sich aber, als Fachfremder, zu~ckzuhalten. Es ist jedoch etwas geschehen, was man wohl ,,Gebietsiiberschreitung" nennt, n~mlich, der Versicherungsmathe- matiker hat sein f~ir richtig erkanntes Modell insgesamt den Fachleuten vorgestellt, hat sozu- sagen eine vollstandige LOsung den Fachleuten mitgebracht und ist nun erstaunt, dab Zweifel an der Richtigkeit dieser L0sung hochkommen, und unverst~ndiges Erstaunen fiber einige Merkwardigkeiten dieses Modells, wie z.B. darUber, daB u.U. trotz bestehender Verpflich- tungen negative Rackstellungen entstehen kOnnen, oder dab u.U. eine Rackstellung um so hOher wird, je l~inger die in der Versorgungszusage vorgesehene Wartezeit ist, d.h. also, je nie- driger die Verpflichtung insgesamt ist. Bekanntlich handelt es sich dabei um das Modell des versicherungsmathematischen Deckungs- kapitals einer Individualversicherung mit laufender j~lhrlich gleichbleibender Pr~imie, das von den Versicherungsmathematikern als Modell fur den richtigen Ansatz einer Pensionsrackstel- lung gew~ihlt worden ist. Dabei h~itte der Versicherungsmathematiker das Rastzeug gehabt, den Fachleuten ausschlieB- lich bei der Behebung des Problems zu helfen, die Ungewii3heit in den Griff zu bekommen. Der Schlassel liegt in dem Begriff der ZufallsgrOBe, wie ihn die Wahrscheinlichkeitstheorie entwickelt hat. Dieser Begriff ist in der Wahrscheinlichkeitstheorie und deren Anwendungen von zentraler Bedeutung. Ganz allgemein formuliert, werden mittels Zufallsgr6Ben zahlenm~i- Big erfaBbare Merkmale bei zuf~illigen Erscheinungen beschrieben. Mathematisch gesehen geht man von einem Wahrscheinlichkeitsraum (I2, 92, Q) aus, und nennt eine auf f2 definierte funktion X mit Werten in ~ eine ZufallsgrOBe, wenn p{X ~< x} fur jedes xeR erkl~irt ist. Die Vorstellung ist demnach die, dab der ,,Zufall", also die sp~itere Realit~it, ein toeI2 aus- w~thlt, womit ein Wert X(co) gegeben ist, eben die spezielle Realisierung der betrachteten Zu- fallsgrOBe. Versuchen wir, dieses Modell auf die Bestimmung einer Pensionsriickstellung anzuwenden. Betraehten wir eine bestimmte Pensionsverpflichtung. FUr s'2 kann man in diesem Fall die Menge aller mOglichen zukanftigen Entwicklungen dieser Verbindlichkeit w~ihlen, also die Menge aller zukanftigen Verl/iufe, die die betrachtete Verbindlichkeit sp~iter haben kann. Dann bedeutet die ZufallsgrOBe X: I2--, [R die ,,richtige" Rackstellung, und X (to) bedeutet den Wert der Rtickstellung, der nach Abwicklung der Verbindlichkeit, wie sie sich in der Realit~it

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ergeben hat, der richtige gewesen w~ire, wenn man eben das spezielle to vorher schon gekannt hatte, wenn man also bei Bildung tier Rtickstellung schon genau gewuBt hatte, wie die zukOnf- tige Entwicklung dieser Verbindlichkeit verlaufen wOrde. Und hier liegt mein wesentlicher Vorschlag: der Versicherungsmathematiker kOnnte mit dem Fachmann diskutieren, welche Rtickstellung die richtige ist, wenn eine bestimmte zukOnftige Entwicklung unterstellt wird, und kOnnte damit for alle mOglichen zukiinftigen Entwicklungen, also, mathematisch gespro- chen, for alle toel2, die zugeh0rige, nach Ansicht der Fachleute ,,richtige" Riickstellung er- fragen, diskutieren und festlegen, um so die ZufallsgrOBe X, also die nach Auffassung der Fachleute richtige R0ckstellung ffir jede mOgliche zuktlnftige Entwicklung, mOglichst genau zu erfassen. Bei dieser Bestimmung der ZufallsgrOBe ,,richtige R0ckstellung" sind nun often- sichtlich keine Kenntnisse der Wahrscheinlichkeitsrechnung notwendig, die UngewiBheit ist ja bei diesem Modell gerade s~iuberlich abgetrennt, so daB sich die Diskussion ausschlieBlich um das folgende Problem handelt" Vorausgesetzt, die zuktinftige Entwicklung der ungewissen Verbindlichkeit hat einen bestimmten Verlauf. In welcher H6he muB dann eine R0ckstellung in der Bilanz eingestellt werden, damit sie zur Abwicklung dieser Verbindlichkeit genau aus- reicht? Auf diese Weise l~iBt sich die Zufallsgr61~e, also die Funktion X auf g2, bestimmen, indem alle m6glichen zukOnftigen Entwicklungen der betrachteten Verbindlichkeit unterstellt werden, und dann for jeden dieser speziellen F~ille die ROckstellung festgelegt wird. Die Bestimmung der ZufallsgrOBe, und darin besteht nun der Vorteil dieser Methode, hat nun nichts mehr mit UngewiBheit zu tun, zur Bestimmung der ZufallsgrOBe braucht man keine Wahrscheinlich- keitsrechnung. Der Vorteil dieser Methode liegt in der Problemzergliederung: zun~ichst wird die ZufallsgrOBe ,,PensionsrOckstellung"festgelegt, also wie hoch sie for jede zukOnftige Ent- wicklung der betrachteten Pensionsverbindlichkeit sein mOBte. In einem anschlieBenden Schritt wird die Verteilung Px dieser ZufallsgrOBe untersucht; das ist die Frage nach den Rech- nungsgrundlagen. Der 3. Schritt handelt dann vom Bewertungsprinzip, d.h., yon der Bestim- mung und Berechnung einer geeigneten MaBgr6Be, die in der Bilanz als resultierende Riick- stellung in Frage kommt, z.B. g (X), der Erwartungswert der Zufallsgr6Be ,,R0ckstellung", wenn man das Erwartungswertprinzip anwenden will, oder auch ein Wert R, der sich z.B. aus folgender Gleichung ergibt:

p { X > R } < e

mit vorgegebenen kleinem e > 0, d.h. in Worten: man bestimmt die ROckstellung in der Bi- lanz R so, daB das Ereignis, daB die sp~iter tats~tchlich benOtigte ROckstellung Ober R liegt, so unwahrscheinlich ist, daB damit in Praxi nicht gerechnet werden muB. Auf die Frage nach dem richtigen Bewertungsprinzip wollen wir jedoch im folgenden nicht weiter eingehen [1]: im folgenden sei das Erwartungswertprinzip gew~hlt [2].

2. Die ROckstellung fiir eine laufende Pens ionsverpf l i ch tung

Zur Konkretisierung des vorgestellten Verfahrens sei zun~ichst die ROckstellung for eine lau- fende Pensionsverpflichtung betrachtet. Diese ZufallsgrOBe ,,RiicksteUung" bezeichnen wir in Anlehnung an den Barwert mit B. B nimmt also in Abh~ingigkeit vonder zukiinftigen tats~ich- lichen Entwicklung, also in Abh~ingigkeit von coeI2, bestimmte Werte B(to) an. Wir miissen nun diese ZufallsgrOBe charakterisieren. Um unser Problem auf das wesentliche zu beschr~in- ken, gehen wir yon einer mOglichst einfachen Verpflichtung aus, n~imlich der Verpflichtung fiir eine lebensl~inglich laufende, j~ihdich nachschiissig zu zahlende Rente vom Betrag 1. Die ROckstellung, die for diese Verpflichtung in der Bilanz einzustellen ist, wollen wir mit b be- zeichnen. In Oblicher Schreibweise gilt also: b = a~, wenn x das Alter des betreffenden Berech- tigten zum Stichtag ist.

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Wie sehen nun far unser Beispiel die unterschiedlichen zukOnftigen Entwicklungen der Ver- pflichtung und ihrer R0ckstellung aus? Beschranken wit uns zunachst auf den klassischen Fall eines festen Zinssatzes i mit zugehOrigem Diskontierungsfaktor v. In diesem Fall ist nur die Laufzeit N der Renten ungewil]: die Rente kann also kein Jahr, 1 Jahr, 2 Jahre, usw. laufen, und wie viele Jahre diese Rente zu zahlen ist, wird offenbar durch die ZufallsgrOBe N dargestellt:

N: Anzahl der Jahre, for die die Rente zu zahlen ist.

Oder, anders ausgedrOckt:

N: Anzahl der vollendeten Jahre bis zum Tod.

Wie viele Jahresrenten tatsachlich zu zahlen sind, hangt ja yon der zuk0nftigen Entwicklung ab, also yon 09. Die tats~ichliche spatere Realisierung von N ist also N(og). Diskutiert man nun, welchen Wert man jetzt zurOckstellen mul3, wenn man weiB, dab die Rente genau n Jahre lauft, dann kommt man auf den finanzmathematischen Barwert

n

an-7 = ~ V k ,

k = l

mit Diskontierungsfaktor v. FOr den Fall

oJ~(N = n},

ffir den Fall also, dab die Rente genau n Jahre lauft, ware dieser Wert zur0ckzustellen. In die- sem Fall hatten wir damit

N(og) = n

und als notwendige R0ckstellung

B(og) = an~ = a~-v~ p.

FOr ein unterschiedliches m * n, also ft~r den Fall

r mit m * n ware der Betrag

a~

zurOckzusteUen. In diesem Fall hatten wir also

N(aJ) = m

und als zutreffende ROckstellung

B(og) = am~ = a ~ .

Nun, wie diese Beispiele zeigen, laBt sich damit die ZufallsgrOBe ,,Rt~ckstellung for eine lau- fende Rente" in einsichtiger Weise schreiben gemaB

N

B = a ~ = ~ v n , r~=:l

Die zukOnftige Entwicklung 09 legt N (09) fest, und for diesen Fall ware, rOckblickend betrach- tet, die ROckstellung B(co) gerade die richtige gewesen. Der Barwert a x = b ergibt sich nun nach dem Erwartungswertprinzip offenbar zu

ax = b = ~ ( a ~ ) .

Das bedeutet in Worten: for jede mOgliche Laufzeit der Rente

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N(w)

wird der zugehOrige finanzmathematische Barwert

as--~

mit der Wahrscheinlichkeit des Eintreffens dieser Laufzeit gewichtet, und anschlieBend wer- den abe so erhaltenen Werte aufaddiert. Auf diese Weise erh~ilt man also den gewichteten Mit- telwert aller m0glichen Riickstellungswerte:

a x = b = ~ ( a ~ ) = ~ a ~ p { N = n } . n~>0

DaB diese Darstellung mit der allgemein bekannten identisch ist, sieht man leicht aus der fol- genden Gleichungsfolge:

b = g (a~)

= ~ a~lp{N = n} n~>0

n

= E p{N=n} E vk n~>O k = l

Nun hat die Darstellung

= ~ v k ~ p { N = n } k~>l n~>k

= E vkp( N/>k} k~>l

= ~ vk kPx

1 -- ~ Dx+k

n x k>~l

= a x .

ax = g(a~) eine Reihe von Vorziigen. Zun~chst einmal ist sie sehr durchsichtig, da sie ja lediglich in einer Darstellung des finanz- mathematischen Ansatzes mittels einer Zufallsgr01~e beruht: ffir eine feste Laufdauer ist der Wert

an~

einzusteUen, und wenn eben die Laufdauer eine Zufallsgr013e N ist, dann ergibt sich als ,,rich- tiger Ansatz bei Kenntnis der Zukunft"

aN-7- ~

und damit als ,,mittlerer richtiger Ansatz" = Ansatz nach dem Erwartungswertprinzip

g (a~) .

Zum zweiten laBt sich in diesem Fall sehr deutlich klarstellen, wo die Hilfe des Versicherungs- mathematikers erforderlich ist: beim Wert

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,,richtiger Ansatz bei Kenntnis der Zukunft", also bei

aN---'(~

handelt es sich um einen finanzmathematischen Ansatz, den der Fachmann ohne versiche- rungsmathematische Kenntnisse beurteilen und festlegen kann, wobei er natOrlich den rechtli- chen Hintergrund beachten muB, dab es sich insgesamt um eine ungewisse Verbindlichkeit handelt. Entscheidend ist, dab es sich dabei um einen rein finanzmathematischen Ansatz han- delt, dab dabei also keine Kenntnis der Wahrscheinlichkeitsrechnung und damit auch keine Kenntnis der Versicherungsmathematik notwendig ist. Um den richtigen Wert

aN~-~p

festzulegen, bedarf es lediglich finanzmathematischer Kenntnisse. Die Bestimmung

fur jede zukOnftige Entwicklung a~eI2

sottte also der Fachmann vornehmen. Die Hilfestellung des Versicherungsmathematikers liegt dann im Ansatz und in der Berechnungsmethode des Erwartungswertes, was sich in der Ent- wicklung eines fur konkrete Berechnungen geeigneten Algorithmus und in der Entwicklung geeigneter Rechnungsgrundlagen ausdrOckt. t2bersichtlich dargestellt:

l ZufallsgrOBe ,,ROckstellung bei Kenntnis der Zukunft" als rein finanz- mathematischer Ansatz

eigentlicher versicherungsmathematischer Teil (Berechnungsalgorithmus, Wahl der Rechnungsgrundlagen)

Bem.: Der Vollst~indigkeit halber, und weil wir diesen Wert sp~tter for die Bewertung von Pr~i- mien brauchen werden, sei auch der Barwert for eine lebenslanglich laufende, j~thrlich vor- schOssig zu zahlende Rente vom Betrag 1 angegeben: offensichtlich gilt in diesem Fall

N

B = l + a ~ - = a ~ = ~ v n und damit , = o

a• = ~ (av;~) ,

also der Erwartungswert der pr~inumerando bis zum Tode zahlbaren Zeitrente vom Betrag 1.

Die Vorteile dieses Ansatzes zeigen sich nun sofort in kritischen Einw~inden gegen den vorge- stellten Ansatz selbst. Denn der Fachmann wird nun einwenden: neben der Anzahl N der zu zahlenden Rentenraten h~ingt die notwendige ROckstellung bei Kenntnis der Zukunft nun of- fenbar noch stark yon dem Zins ab, der aus der jeweils gebildeten R0ckstellung in den einzel- nen Jahren tats~ichlich erwirtschaflet werden kann. Dieser Zinssatz kann offenbar in den ein- zelnen Jahren unterschiedliche Werte annehmen; welche Werte er konkret annimmt, h~ngt wieder von dem sp~teren Verlauf der betrachteten Verbindlichkeit ab, also vonder zukfinfti- gen Entwicklung weO. Deshalb empfiehlt es sich, fOr jedes zukOnftige Jahr eine spezielle Zu- fallsgrOBe ,,Zinssatz des Jahres k" Ik, k = 1,2 . . . . einzufOhren, wobei fur jede zukiinfige Ent- wicklung co Ik(og) dem Zinssatz der tats~ichlich aus der ROckstellung erzielten Verzinsung des i-ten Jahres entspricht. Hieraus gewinnen wir die ZufallsgrOBen ,,Diskontierungsfaktor" des Jahres k gem~aB

1 V k = - -

1 + I k

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Es sei erwahnt, dab strenge Verfechter des Imparit~tsprinzips der Meinung sind, die Verzin- sung, als zukOnftiger ungewisser Ertrag, darf far die ROckstellung nicht beriicksichtigt wer- den. Diese werden dann eben V k = 1 ftir alle k einsetzen. Der Ansatz far die ZufallsgrOBe ,,RiicksteUung" der betrachteten laufenden Rentenverpflichtung erweitert sich nun zu

N k B=E Ilvj.

k=l j=l

Denn: gilt z.B. r = 1}, ist also die zukianftige Entwicklung so, dab die Rente nur genau einmal zu zahlen ist, dann ist nach diesem Ansatz die ben6tigte Rtickstellung

1 k 1

B(oJ)= E II H k=t ]=1 j=l

Als Rtickstellung zum Jahresanfang benOtigt man in diesem Fall einen Betrag, der zum Jah- resende zusammen mit dem erzielten Zins gerade auf den Betrag 1 angewachsen ist. Welcher Betrag das ist, hangt nun offenbar wieder yon der Entwicklung dieses Jahres ab, spezieller, welche Verzinsung in diesem Jahr erreicht wird. Betrachten wir als wr Beispiel for eine zukiinftige Entwicklung den Fall, daf~ genau n Jahresrenten zu zahlen sind, also

me{N = n}.

Ftir diesen Fall benOtigt man nach unserem Modell als Rtickstellung

S(o)) = ~ ~ Vj(f-o)=Vl(o-))+Vl((,o)V2((,o)+ . . . +V1((,o)V2((,o)...Vn(O.)) . k = l j = l

Auch bier wieder: welche Verzinsung dann tatsachlich in den einzelnen Jahren erzielt wird, und damit: welche Rtickstellung zum Beginn eigentlich ben0tigt wird, hangt yon der spateren Entwicklung, also vom speziellen coel2 ab, das der spiiteren Realitat entspricht. Nun kann ja in der Bilanz keine Zufallsgr0ge eingestellt werden, sondern nut ein Betrag, der selbst wieder aus der ZufaUsgr6Be ,,Riackstellung" zu gewinnen ist. Nach dem Erwartungs- wertprinzip, das wir hier for richtig und geeignet unterstellen wollen, ergibt sich als Rtickstel- lung b der Erwartungswert der ZufallsgrOBe B wieder gem~B:

b = ~(B)

Diesen Wert wollen wir nun berechnen:

b = r

$(B) schreiben wir als iterierten Erwartungswert:

= d~[d ~(B[ N)]

Faktorisieren fiihrt zu:

--- ~ ~ ( B l N = n ) p { N = n } n>~0

Setzen wir B ein, erhalten wir, indem wir noch unterstellen, dab N und die Folge Vj,j = 1, 2, . . . . unabh~ingig sind:

= ~ ~ (k ~ I ] Vj) p{N=n} n~>l =1 j=l

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= ~ I ~ ~ ( l ~ V j ) I p ( N = n } k~>l k = l j = l

v) k~>l j = l

Denn N = 0 bringt bei einer jahrlich nachschiissigen Rente keinen Beitrag. Nattirlich ist in dieser Formel unser frtaheres Ergebnis ftir einen festen Zinssatz als Spezial- fall enthalten: setzt man den zukiinftigen Zins als bekannt und for alle Jahre gleich an, setzt also

Vj=v Vj,

so erh~ilt man unmittelbar wicder b = a~, also dcn schon vorhin erhaltcncn gcwohnten Aus- druck fi~r den versichcrungsmathcmatischcn Barwert cincr Icbensl~inglich laufenden Rcnte. Ist nun dicsc strengc Voraussctzung, n~imlich, dab dcr zukiinftigc Zins konstant ist, notwcn- dig, damit die iibliche Formel gilt? Offcnbar braucht dicsc Voraussctzung nicht so cng gcfaBt zu wcrdcn. Es gcniigt, daft folgende Fordcrungcn erfitllt sind:

1. Die Zinss~itze dcr cinzclnen Jahrc sind unabh~ingig voncinandcr. 2. Die Erwartungswerte dcr Zinss~Itze der einzelncn Jahrc stimmen iibcrcin (d.h.: r

: vvj).

Das sind natOrlich immer noch unrealistische Annahmen, doch immerhin weiter als die iibli- che Voraussetzung des konstanten Zinssatzes. Wit wollen nun unter diesen Voraussetzungen unseren Ansatz vervollstandigen: Ausgehend von unserem frtiheren Resultat

erhalten wir zun~chst wegen der Unabh~ngigkeit der Yj

k

b= ~ p{N~>k} H ~(vj). k>~l j = l

Wegen $ (Vj) = v vj folgt: = E vk kPx"

k~>l

a x *

Allerdings gilt nun nach der Ungleichung von Jensen:

v = 6'(Vj) = > 1 + r 1 +----~ '

d.h.: den Diskontierungsfaktor v kann man nicht so einfach aus dem mittleren Zins

i= $(Ij)

berechnen. Der Fehler, der durch Ansatz dieses mittleren Zinssatzes gemacht wird, ist zwar in praxi vernachlassigbar klein, fiihrt jedoch in der Tendenz zu einer Unterbewertung des Bar- werts.

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Man erkennt damit folgendes: Sind die j~ihrlichen Zinssfitze unabhfingige ZufallsgrOBen mit iibereinstimmendem Erwartungswert, dann ist die iibliche Formel for den Barwert berechtigt mit der MaBgabe, dab nach der Ungleichung von Jensen der mittlere Diskontierungsfaktor v, der in der Formel

a x = b = ~ VnnPx n>~l

auftritt, etwas grOBer ist als 1/(1 + i): 1

1+i

wobei i den mittleren Zinssatz pro Jahr darstellt. Betrachten wit nochmals die Voraussetzungen:

1. Die Zinss~tze der einzelnen Jahre sind unabhfingig.

Diese Voraussetzung ist unrealistisch: man weiS, dab die Zinss~tze der einzelnen Jahre Zeit- reihen mit langfristigen Trends und periodischen Schwankungen darstellen.

2. Die Erwartungswerte der Zinss~tze der einzelnen Jahre stimmen tiberein.

Offenbar ist anch diese These realit~tsfremd, denn natiirlich ~ndert sich, wie die Erfahrung zeigt, der Mittelwert, also der Erwartungswert der Zinss~tze der einzelnen Jahre infolge von Trend- und Saisonalschwankungen yon Jahr zu Jahr. Insgesamt muB man also schlieBen, dab unser fiblicher Ansatz flit den Barwert einer Renten- verpflichtung auf unrealistischen Annahmen beruht. Unsere aUgemeine Formel l~Bt sich noch for den Fall fortentwickeln, dab wit an der Annahme der Unabh~ngigkeit zwar festhalten, jedoch die Annahme des gleichen Erwartungswertes fiir jedes Jahr fallen lassen. Hier geniigt es,

vj = ~(Vj)Vj

zu kennen. Hiermit erhalten wir zunachst

r v~ = I-[ ~ (v~)= 1-I v~ j = l j = l j = l

und damit far den Barwert der Rentenverpflichtung:

k

b= E P{N~>k}H vj k~>l j = l

k

= E II vj. k~>l j = l

Natiirlich h~tten wir dieses Ergebnis auch mit elementaren Mitteln erhalten kOnnen, nur ist jetzt deutlich, dab ftir vj die Beziehung

vJ = ~(VJ) = ~ ( 1 - - ~ j )

mit ij: mittlerer Zinssatz des j-ten Jahres gilt.

1 1

1+ d(Ij) l+ i j

Vom Ergebnis her k6nnen wir sagen, dab wesentliche Anderungen in der HOhe des Barwertes im Vergleich zum gewohnten Ansatz dann auftreten k6nnen, wenn insbesondere die realiter

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bestehende Abh~ingigkeit der Zinss~itze zwischen den Jahren in Betracht gezogen wird. Ent- sprechende Untersuchungen sind m.E. dringend erforderlich.

3. Die R i i c k s t e l l u n g fiir e ine P e n s i o n s a n w a r t s c h a f t

Wir wollen nun auf die Rtickstellung fur eine Pensionsanwartschaft zu sprechen kommen. Betrachtet man die Rtickstellung for eine Pensionsanwartschaft, so treten nattirlich alle die Probleme wieder auf, die schon bei der Rtickstellung for eine laufende Verpflichtung aufge- treten sind; denn eine Anwartschaft ist zun~ichst nur eine aufgeschobene Verpflichtung zur Zahlung von Leistungen. Nur kommt jetzt ein neues Problem hinzu: wie soil das Hineinwach- sen in den Vollanspruch wahrend der Aufschubzeit beriicksichtigt werden? Mit anderen Wor- ten: wie soil das ,,Erdienen" des Vollanspruchs angesetzt werden? Wir wollen hier lediglich auf die ,,deutsche" Antwort dieses Problems eingehen [3]: man un- terstellt, dab der Berechtigte w~ihrend der Anwartschaftszeit ( = Zeit seiner Anstellung im Un- ternehmen) durch seine Arbeitsleistung sozusagen eine laufende Pramie in der HOhe, die er bei AbschluB einer vergleichbaren Versicherung leisten mtiBte, als Gegenleistung erbringt, so dab gemaB tiblichem Ansatz als Riickstellung zu einem Stichtag einzustellen ist:

mVx = mbx - m bP

mit mbx �9 Barwert der zuktinftigen Leistungen im Alter x + m mbP: Barwert der zukiinftigen Pramien im Alter x + m

Dabei bedeutet wie tiblich

x: versicherungstechnisches Alter des Berechtigten zum Beginn des Wirtschaftsjahres des Eintritts in das Unternehmen

m: Anzahl der abgelaufenen (vollendeten) Wirtschaftsjahre vom Beginn des Wirtschaftsjah- res des Eintritts bis zum betrachteten Stichtag.

x + m stellt damit das Alter des Berechtigten zum betrachteten Stichtag dar. Bevor wir diesen Ansatz verfolgen, wollen wir zun~ichst die ZufallsgrOBe ,,Wert einer Renten- anwartschaft" n~iher betrachten, vonder wir schlieBlich auf den Anwartschaftsbarwert kom- men. Wir wollen dabei der Einfachheit halber eine jahrlich Vorschtissige Rentenleistung unter- stellen. Da man im Laufe des Jahres f~illig werdende Leistungen immer auf ihren aquivalenten Wert zum Beginn des Jahres umrechnen kann, stellt diese Forderung keine Einschr~inkung der Allgemeinheit dar. Sei

Rk: ZufallsgrOBe ,,Rente des k-ten Jahres", k = 1,2 . . . . . .

Welche Werte diese ZufallsgrOBen annehmen, h~ingt nattirlich vonder erteilten Zusage, zu- dem wieder vonder zukiinftigen Entwicklung o9 e s'2 ab. Betrachten wir z. B. ein spezielles Jahr k. Ist einschlieBlich des k-ten Jahres der Versorgungsfall noch nicht eingetreten, oder ist im k-ten Jahr der Anspruch entfallen, dann nimmt ftir dieses o9 R k den Wert 0 an:

R k (09) = 0 ,

ist der Versorgungsfall bis zum k-ten Jahr eingetreten, und sind der Berechtigte selbst oder Hinterbliebene des Berechtigten mit Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen im k-ten Jahr noch am Leben, dann nimmt for dieses o9, also for diese spezielle zuktinftige Entwicklung, R k einen Wert R an, der sich nach der erteilten Zusage und i. allg. nach den Daten zum Eintritt des Versorgungsfalles ergibt, also:

R k (o9) = R .

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Page 11: Pensionsrückstellungen: Mögliche Ansätze aus versicherungsmathematischer Sicht

Je nach Verlauf der Verpflichtung ist z. B. R k (co) zunfichst fur gewisse k die Rente bei Eintritt des Versorgungsfalles infolge yon Invaliditfit oder Erreichen der Altersgrenze, dann ffir weite- re k die Witwenrente, wenn eben der Berechtigte selbst vor Ableben seiner Ehefrau stirbt. Ffir andere co, also andere zuktinftige Entwicklungen stellt R k (to) z.B. die Witwenrente bei Akti- ventod dar, wobei dann dieser Betrag fiir diese Jahre k unverfindert bleibt, die die Witwe noch lebt. Fiir andere to stellt Rk(to ) z.B. die vorgezogene Altersrente dar, usw. Mit anderen Wor- ten:

Rk: ~'2--~ f. k = 1, 2, . . .

stellen ZufallsgrOBen dar, die fiir jedes zukUnftige Jahr k alle Rentenbetrfige annehmen kOn- hen, die sich infolge der erteilten Zusage nach allen mOglichen zukOnftigen Entwicklungen er- geben. Die ,,richtige" Rtickstellung fur eine einzelne Rentenleistung ohne BerOcksichtigung einer Ge- genleistung R k (to) bei einem speziellen Verlauf der zuktinftigen Entwicklung to wfire dann

k - 1

Rk (to) H v j ( to ) , j = 0

und die Rfickstellung fur diese spezielle zukfinftige Entwicklung co k - I

Bx (to) = ~ Rk (to) H vj ( to). k~>0 j = 0

Damit erhalten wir ftir die Zufallsgr6Be ,,Rfickstellung for die Pensionsanwartschaft ohne Be- rticksichtigung einer Gegenleistung", also ftir den Wert der Rentenanwartschaft B x des Be- rechtigten mit Eintrittsalter x den Ausdruck

k - I

Bx= E Rk H Vj(to). k~>O j =0

Um unsere Formeln iibersichtlicher darstellen zu kOnnen, und da zudem auf das Zinssatzpro- blem ausreichend hingewiesen worden ist, wollen wir im folgenden einen festen jfihrlich kon- stanten Zins i, d.h. Diskontierungsfaktor v annehmen. Die folgenden Betrachtungen werden dadurch nicht wesentlich eingeschrfinkt. Auf diese Weise erhalten wir die Zufallsgr66e ,,Rtick- stellung far eine Rentenanwartschaft" gem~ff5

B x = ~ v k R k �9

k~>0

Ist z.B. die spezielle zukfinftige Entwicklung to derart, dab nach m Jahren der Versorgungs- fall durch Eintritt der Invaliditfit mit einer Jahresrente von R (m) eintritt, und nach m 1 Jahren der Berechtigte stirbt unter Hinterlassung einer Witwe, die eine Rente in H0he von 60070 der Mannesrente erh~lt, und die Witwe selbst nach m E Jahren stirbt, dann erhalten wir ffir diese spezielle zukUnftige Entwicklung to die folgende Realisierung der ZufallsgrOBe ,,Rtickstellung ffir eine Rentenanwartschaft":

B x (to) = R (m) v k + 0.6 ~ v k . [ _ k = m k = m 1

Der Vorteil dieser Darstellung des Wertes der Rentenanwartschaft besteht nun darin, dab wir hier einen rein finanzmathematischen Ansatz vor uns haben, so dab ftir das Verst~indnis und die Beurteilung dieser Formel keine Kenntnisse in Wahrscheinlichkeitsrechnung oder Versi- cherungsmathematik notwendig sind: der Fachmann wird verstehen, dab hier eine finanz-

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Page 12: Pensionsrückstellungen: Mögliche Ansätze aus versicherungsmathematischer Sicht

mathematische Darstellung der Riickstellung fiir eine Rentenanwartschaft for eine spezielle zuktinftige Entwicklung vorliegt, fiber die diskutiert werden kann. Auch wird er einsehen, dab zur Bestimmung einer Bilanzriickstellung stimtliche so gewonnenen Riickstellungen der einzel- nen zukfinftigen Entwicklungen zu betrachten sind. Den Anwartschaftsbarwert bx als resultierende Rttckstellung erhalten wir schlieBlich nach dem Erwartungswertprinzip zu

b~ = g (Bx).

Bei einem jahrlich gleichbleibenden Zins stimmt dieser Wert mit dem bekannten versiche- rungsmathematischen Anwartschaftsbarwert iiberein. Wir wollen uns nun dem Problem zuwenden, das Hineinwachsen des Berechtigten in den Voll- anspruch zu beschreiben, also die Gegenleistung des Berechtigten geeignet zu beriicksichtigen. Wie erwahnt, wollen wir hier nur die bekannte Methode betrachten, gemaB der die Gegenlei- stung des Berechtigten als fiktive Pramie angesetzt wird. Seien hierzu zun~ichst die folgenden ZufallsgrOBen definiert:

N: Anzahl der vollendeten Jahre vom Beginn des Wirtschaftsjahres des Eintritts bis zum Zeitpunkt des Austritts aus dem Aktivenbestand

Bem.: Um eine einfache Schreibweise zu erreichen, empfiehlt es sich, far N < z - x zu for- dern, mit z = Altersgrenze. Pk: Fiktive Pr~imie des k-ten Jahres. Sie sei der Einfachheit halber als jahrlich vorschiissig

zahlbar angesetzt, und sie laufe bis lfingstens zum Zeitpunkt des Eintritts des Versor- gungsfalles (d. h. Pk = 0 fiir k/> N).

Wir kOnnen nun definieren:

N B P = ~ vkPk -- ~ vkPkl{N~>k} �9

k=0 k>~0

B x stellt die ZufallsgrOBe ,,Wert der zuktlnftigen fiktiven Pr~imien zum Eintrittsalter x" dar. Der Pramienbarwert ergibt sich damit nach dem Erwartungswertprinzip zu

mit

1 ---- ~ vk~(Pkl{N:>k}) k:>O

= ~ vkp{N~>k}e (Pk lN~ > k ) k~>O

= ~ vkkpx~d'(PklN~>k), k~>O

kPx a = p{N/> k}:

Wahrscheinlichkeit eines x-jfihrigen Aktiven, nach k Jahren aktiv zu sein (je nach Zusage bei Reaktivierung ist diese Wahrscheinlichkeit geeignet aus den Grundwahrscheinlichkeiten zu be- stimmen). Dieser Ansatz ffir die Prfimie ist nun sehr allgemein. Um die Pramie einzugrenzen, wollen wir als 1. an die Pr~imie die folgende Forderung stellen:

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1. Die Pr~imie ist so anzusetzen, daft aus den angesammelten Mitteln einschlieBlich ihrer Ver- zinsung die zugesagten Leistungen erfUllt werden k0nnen.

Diese Forderung fUhrt zu

B P " B x (~quivalenzgleichung) .

Man muB sich klar dariaber sein, daB damit die Forderung der ausreichenden Finanzierung far jedes ~ e ~ gestellt ist, d.h. , fur j ede zukUnftige Entwicklung der Verpflichtung ist die P ramie so anzusetzen, dab aus ihr die Leistung erfiillt werden kann; die A.quivalenz wird also punkt- weise gefordert. Das bedeutet z.B., dab ft~r Aktive, die in der Wartezeit ausscheiden, die Pr~i- mie entfallt, und dab fur solche Berechtigte, die als Aktive die Altersgrenze erreichen, die Zahlung der Pramie ftir den vollen Zeitraum unterstellt werden kann; des weiteren h~ingt na- ttirlich diese Pr~mie in diesem Fall noch davon ab, wie lange der betrachtete Berechtigte als Rentner lebt, und ob er, die Zusage einer Witwenrente unterstellt, vor seiner Ehefrau stirbt, und des weiteren davon, wie lange in diesem Fall seine Witwe lebt. Man kann und wird i. allg. also, kurz gesagt, ftir jede m0gliche zukianftige Entwicklung, also fur jedes ~oeC2, eine andere Pr~tmie erhalten. Wir wollen die so definierte Pr~mie ,,Bedarfspramie" nennen, da sie genau dem erforderlichen Bedarf entspricht. Es sei darauf hingewiesen, dab diese Bedarfspramie bei Diensteintritt natt~rlich nicht vereinbart oder angegeben werden kann: sie h~mgt ja yon der zu- ktinftigen Entwicklung ab und ist erst bei Wegfall der Verpflichtung bestimrnt. Wir werden je- doch sehen, dab dieser Sachverhalt far den Ansatz der Pensionsriackstellung unerheblich ist.

Als zweites wollen wir einen fiir alle Jahre gleiche Aufwandsverteilung fordern. Wir stellen also die folgende Forderung:

2. Die Pr~imie ist so anzusetzen, dab jedes Jahr mit der gleichen Pr~mie belastet wird.

Da die Pramie nur so lange zu zahlen ist, solange der Berechtigte zum Aktivenbestand geh0rt, bedeutet das fur jedes to E I2:

Pk(Og)-----P(to) f. k < N ( o g )

= 0 f. k ~> N(~o).

Durch diese beiden Forderungen ist die Bedarfspr~mie bestimmt, wie die folgenden ~berle- gungen zeigen: zun~ichst folgt aus der 2. Forderung:

N N

B P= ~ VkPk = P ~ v k = p a ~ . k = 0 n = 0

Einsetzen dieses Ergebnisses in die ,~quivalenzgleichung fiahrt zu

B e = P a ~ = B x x

also zu p _ Bx

a~-~T

Wit woUen nun auf die Rtickstellung zu sprechen kommen, versicherungsmathematisch for- muliert also auf den Begriff der Reserve. Mit der Bedarfspr~mie Pk ergibt sich die Reserve nach m Jahren mit Aufzinsungsfaktor r = 1 + i zu

m - I

mVx = ~ rm-k(Pk--Rk) , k = 0

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Page 14: Pensionsrückstellungen: Mögliche Ansätze aus versicherungsmathematischer Sicht

d.h., far jedes oo als Differenz der aufgezinsten eingenommenen Pr~mien und der aufgezin- sten geleisteten Renten (retrospektive Darstellung der Reserve). Diese Reserve einschliefJlich der noch ausstehenden Pramien reicht for jede zuktinftige Entwicklung und alle Jahre m aus, um die zugesagten Leistungen zu erfiillen, wie die folgenden Oberlegungen zeigen: Zunachst definieren wir:

Wert der noch ausstehenden Pramien nach m Jahren:

Wert der noch ausstehenden Leistungen nach m Jahren:

Damit ergibt sich:

B P = ~ VkPm+k m x k~0

mBx = ~ VkRm+k kNO

mVx+mBP=mVx+ E VkVm+k k~>0

m-1 m-I = r m ~ vkPk--r m ~ vkRk+r m ~ vkPk

k=0 k=0 k>~m

= rm Ik~/>O v k P k - - ~ vkRk+ ~ k ~ > O k~>m vkRk t

= 0 nach der ~quivalenzgleichung

= ~ VkRm+k k~>O

= mBx �9

Mithin gilt also auch (punktweise!) die folgende Darstellung far die Reserve (prospektive Dar- stellung):

mVx = mBx- B v m x "

Damit ist mVx zusammen mit den zukiinftigen Pr~imien for jede zukfinftige Entwicklung 09 ge- nau ausreichend, die zugesagten Leistungen zu erftillen; wiirde man also die zukOnftige Ent- wicklung kennen, dann kOnnte man auch die richtige Riickstellung angeben. Nun ist aber die zukiinftige Entwicklung nicht bekannt, so dab man zu einer resultierenden Riickstellung wie- der durch das Erwartungswertprinzip kommt gemafl:

mVx = ~(mVx) .

Dies w~ire die rnittlere Rtickstellung far Anwiirter und Rentner. Nun hat man jedoch nach m Jahren in jedem Einzelfall die Information, ob der Berechtigte zu diesem Zeitpunkt schon Rentner geworden oder ob er noch Anwarter ist. Also wird man zumindest diese Information ausnutzen und die Rtickstellung getrennt far Anw~trter und Rentner bilden gem~iB:

ff (mVx) = ff(mVx IN t> m)p{N/> m}+ g(mVx I N < m)p{N < m}

= mvAp{N t> m}+ mvRp(N < m}.

Betrachten wir n~iher mV~= ~<mVxl N ~>m),

die Riickstellung fitr den Anw~irter. Zunachst gilt auf {N/> m}: m-I

mVx = ~ rm-k(Pk--Rk)- k=0

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Page 15: Pensionsrückstellungen: Mögliche Ansätze aus versicherungsmathematischer Sicht

Wegen R k = 0 auf {N >~m} folgt: m - 1

= rmp ~ v k k = 0

= s ~ P ,

Mit Sm~: Endwert der prlinumerando rn Jahre lang zahlbaren Zeitrente vom Betrag 1. Diese Gleichung lfil}t sich gut interpretieren: fiir zukttnftige Entwicklungen co, die zu {N/> m} geh6ren, bei denen also nach m Jahren der Versorgungsfall noch nicht eingetreten ist, entfal- len far die ersten m Jahre alle Leistungen:

Rk(co)=0 f. k~<m und coE{N~>m}.

Damit stellt sich in diesem Fall die Riickstellung ftir jede zuktinftige Entwicklung co einfach als die Summe der aufgezinsten Pramien dar, ein sicherlich befriedigendes Ergebnis. FOr die resultierende Rtickstellung fiir Anw~irter folgt dann nach dem Erwartungswertprinzip in retrospektiver Darstellung:

mVx A = ~ (mVx I N >1 m) = Sm~ e ~ (P I N/> m) .

Als prospektive Darstellung erhalten wir offenbar

V A ---- ff (mBx - P aN_--Z~m + ~ ] N t> m) 111 x -

ausftihrlicher

mVA= fflmBx-k aN-~ Bx a ~ ] N~>m] (*)

Interessant ist es, dieses Resultat mit der tiblichen Definition des Teilwertes zu vergleichen, also mit dem Ansatz einer Durchschnittspr~imie gem~iB:

(B~) = 15 ~ (a~-~) " ~ (Bx).

Dies ft~hrt zur t~blichen Durchschnittspr~mie gem~il3

15= r _ bx r (a~-cy) a a

x

und damit (in prospektiver Darstellung) zu dem gewohnten Ansatz

~A = ~t~ (.~Bx- 15 a ~ I N i> m) i n x

= d~(max I N ~> m ) - 15 # (ak-s~T?l N ~> m) mit

e ( a ~ T v I N i> m) = aa+m .

Der Unterschied zu Gleichung (,) wird besonders einsichtig durch die Schreibweise

~7 A = ~ mB~ ~ ( a ~ ) a ~ l N / > m . i n x

Man sieht deutlich, daB der Unterschied in der zusgtzlichen Mittelwertbildung liegt. Diese ,Zwischendurchschnittsbildung" ist ft~r die Individualversicherung auch notwendig: mug doch bei Abschlug eines Versicherungsvertrags eine Pr~mie vereinbart werden. Anders stellt sich jedoch die Lage bei der Ri~ckstellung far Pensionsverpflichtungen dar: die Pr~imie ist hier

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Page 16: Pensionsrückstellungen: Mögliche Ansätze aus versicherungsmathematischer Sicht

nur eine Hilfsgr0Be, es ist nicht erforderlich, diesen Betrag bei Zusageerteilung zu ermitteln. Ermittelt werden mul3 die R0ckstellung selbst, und die kann, wie gezeigt, problemlos mit Hilfe der Bedarfspr~mie und des Erwartungswertprinzips angegeben werden. Es sei darauf hingewiesen, dab beim Ansatz einer Durchschnittspr~imie fiir jede zukiinftige Entwicklung auf (N i> m} die R0ckstellung im Einzelfall sich ebenfalls auf

mVx = I ~ S ~

stellt, also auf die verzinslich angesammelten Pr~tmien. Dieser Wert stellt jedoch nicht die ftir diesen Berechtigten anzusetzende R0ckstellung dar, da ja in diesem Fall die .~quivalenzglei- chung nicht punktweise gilt. Bem.: Wird neben der R0ckstellung auch eine resultierende Pramie verlangt, dann ergibt sie sich bei unserem Ansatz der Bedarfspramie nach dem Erwartungswertprinzip zu

~(P)

Zum AbschluB sei noch for mVx A gem~B G1. (*) ein rechenbarer Algorithmus angegeben. Hier- zu schreiben wir zunachst nach dem Satz vom iterierten Erwartungswert:

v A = s ~ ( P I N l>m) = Sm~" ~ [ ~ ( P I N) IN/>m] m x

Nun gilt

~ ( P I N ) = ~ ( a m B x I N ) - ~ ( B x l N ) a n

wegen der Mel~barkeit von a~-~v bez0glich der von N erzeugten tr-Unteralgebra. ~ (P I N) stellt eine diskrete Zufallsgr0Be mit den Werten

(B x IN = n) , n = 0 , 1 . . . .

a, +--~

dar, die mit den Wahrscheinlichkeiten

p{N= n}, n = 0 , 1 . . . . angenommen werden. Damit ergibt sich far v A" m x"

Sm~ r (Bx I N = n) P {N = n}. V A - m x p { N ~ m } ~

n ~>m a n

Dieser Ausdruck laBt sich wie folgt in eine tibliche versicherungsmathematische Form brinen" Sei der Barwert b x der Zusage zum Alter x dargestellt gem~B [4]

V--1 b - 1 DL

x----~xa n~ ~ x+n

(z. B.: DE = R D~v 1/2ixaix + ~/2 bei Zusage einer Rente R bei Eintritt des Versorgungsfalles im Alter x durch Invalidit~t). Hierbei bedeutet v = z - x mit z = Pensionierungsalter. In DE_ 1 ist die Ablaufleistung zu bert~cksichtigen. Man beachte, dab nach unserer Definition N < v! Aus

bx = ~ (BO

= ~I~(Bxl N)] V--1

= ~ e ~(B~[N=n) p{N=n} n=0

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Page 17: Pensionsrückstellungen: Mögliche Ansätze aus versicherungsmathematischer Sicht

schlieBen wir auf

e(Bx IN = n)p{N = n} = DL+n --6V,'

Dieser Schlul3 l~iBt sich in etwas umst~indlicher Rechnung direkt herleiten, er ergibt sich jedoch auch daraus, dab man Teilzusagen betrachtet, die jeweils nur die Leistungen bei Eintritt des Versorgungsfalles nach n Jahren vorsehen. Damit erhalten wir schlieBlich als Rtickstellung

V A _ S T v - 1 L m x ~ D x + n

mPxDx a n = In a~-~ v--1

_ am~ ~ DL+n

D a a~-gV ' x + m n = m

in 13bereinstimmung mit SchrOder [5]. Einen anderen Vorschlag unterbreitet Schmauck [6], der in unserer Schreibweise wie folgt lautet:

axam ~ v(_J Dt+n ,TA- m x D a a x + m n = m ax ,n - - '~

Ein ahnlicher Ansatz findet sich in [7]. Diesen Ansiitzen liegen j~ihrlich fallende Durch- schnittspriimien zugrunde, die so bernessen sind, dab auch vorzeitige Leistungen durch ledig- lich bis zum Einsetzen dieser Leistungen laufende Priimien finanziert werden. Entsprechend erhiilt man bei diesern Ansatz for eine Zusage auf reine Altersrente

~ A _ - A m x - - mYx

also den tiblichen Teilwert, im Gegensatz zum Ansatz (.). Abschliel3end sei erwahnt, dab m vA als gewichteter Mittelwert der bis zu einem Stichtag aufge- zinsten Bedarfspramien zuktinftiger Versorgungsleistungen offenbar alle betriebswirtschaftli- chen Eigenschaften der finanzmathematischen Rtickstellung einer (gewissen!) Verbindlichkeit besitzt, die nach einer festen Anzahl von Jahren zu erftillen ist, und die durch einen jahrlich gleichen Aufwand angesammelt wird. Sie kann z.B. hie negativ sein; zudern hiingt sie nur von den zuktinftigen Leistungen ab, zeigt also keinen Wartezeiteffekt: je hOher die Verpflichtung ist, desto hOher ist auch die Rtickstellung. Anders ausgedrtickt: bei gleicher Laufzeit der Ver- pflichtung ftihren zuktinftig gleiche Verpflichtungen auch zu gleichen Rtickstellungen, unab- hlingig von den Verpflichtungen der Vergangenheit. Wegen dieser Eigenschaften hat Schr6der [5] m.E. mit Recht diesen Rtickstellungsansatz ,,Betriebswirtschaftlichen Teilwert" genannt.

LITERATUR

[1] Dieses Problem ist ausfiihrlich in Abschnitt 3.1 der folgenden Arbeit diskutiert: Neuburger, E.: An- satz der Rticksteltungen for Verpflichtungen aus Vorrubestandsregelungen - ein Beitrag zur Bewer- tung von ungewissen Verbindlichkeiten, BB 1985, S. 767, insbesondere S. 77 f.

[2] Vgl. Hoem, J. M., und Aalen, O. 0.: Actuarial Values of Payment Streams, Scand. Actuarial J. 1978, S. 38f., und die dort angegebene Literatur

[3l Andere Ans~itze z.B. Neuburger, E.: Zur Bewertung voi~ Pensionsverpflichtungeri, BB 1988, S. 173 f., und die dort angegebene Literatur

[4] Vgl. Heubeck, K.: Richttafeln, KOln 1983. Dort: Textband, S. 39. Ausfiihrlich: Neubur#er, E.: Mo- derne Rechenverfahren for Pensionsrtickstellungen und ihre OberprOfung. Die Steuerliche Betriebs- prtifung 1983, S. 129f., insbesondere G1. (.)

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[5] SchriJder, W.: Berficksichtigung der Fluktuation bei der Ermittlung von R0ckstellungen, BetrAV 1987, S. 113ff., insbesondere S. 119

[6] Schmauck, U.: Notiz zum Teilwertverfahren, in: Wegweiser ffir die Altersversorgung, Stuttgart 1986, S. 223 ff.

[7] Neuburger, E.: Bericht zum Seminar und Prfifung fiber Pensionsversicherungsmathematik, Aufgabe 4, Bl~itter DGVM 1987, Band XVIII, S. 251f.

Zusammenf assung

Die Arbeit stellt ein Modell ffir den Ansatz der Pensionsrfickstellung vor, dessen Angemessenheit aul3er- halb der mathematischen Zusammenhange beurteilt werden kann. Insbesondere ffihrt es for Pensions- anwartschaften zu einem ,,betriebswirtschaftlichen" Teilwert, dem die bekannten Ungereimtheiten (z. B. Wartezeiteffekt, negative Rfickstellung) des fiblichen versicherungsmathematischen Teilwerts fehlen; letzterer bedarf bekanntlich als Modell der Individualversicherung einer bei Vertragsabschlul3, also vorab vereinbarten Pramie. Diese Forderung kann ffir den Ansatz der Pensionsrfickstellung entfallen: da hier die Pr~imie nur rechnerische Bedeutung hat, kann sie als reine Bedarfspr~imie, deren HOhe erst bei Weg- fall der Verpflichtung festliegt, angesetzt werden.

Summary

This paper puts foward a model for the valuation of pension reserves, the adequacy of which can be judged outside the mathematical context. As far as deferred pensions are concerned, this model reflects an operational concept of reserve accruals which avoid the well-known absurdities (deformation by waiting periods, negative results etc.) of the Age of Entry Normal Method that is prevailing in Germany. The latter method being a model for individual insurance, requires the definition of a level premium that is fixed at the date of entry, i.e. a priori. The proposed model can do without this requirement; since the premium is merely a mathematical parameter, it can be defined as a pure required premium, the amount of which is determined when the liability has lapsed.

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