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Fragenbeantwortung unter www.falkfoundation.de Falk Gastro-Kolleg Falk Gastro-Kolleg 3/2017 | 1 Titelbild: Postoperative Anastomoseninsuffizienz im Bereich der Längsnaht eines ileoanalen Pouches nach restaurativer Proktokolektomie bei einem Patienten mit Colitis ulcerosa unter Langzeitimmunsuppression (Quelle: eigenes Bildmaterial). Falk Gastro-Kolleg Darm Perioperative Komplikationen und Strategien bei Patienten unter Langzeitimmunsuppression Zusammenfassung Für Patienten, die aufgrund einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung (CED), nach Organtransplantation, bei rheumatoider Arthritis oder dermatologischer Grund- erkrankung unter Langzeitimmunsuppression stehen, ist interdisziplinär ein Konzept zum perioperativen Management hinsichtlich der Unterbrechung oder Fortführung der immunsuppressiven Therapie unter sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung zu erstellen. Bei Steroiden sollte eine perioperative Dosisreduktion < 20 mg pro Tag angestrebt werden. Patienten, die langfristig hohe Steroiddosen einnehmen, sollten perioperativ eine an den operativen „Stress“ angepasste „Stressdosis“ erhalten. Für Thiopurine ist die Datenlage widersprüchlich, allerdings erscheint ein Absetzen in der Regel wenig sinnvoll, da die Wirkdauer vermutlich auch danach noch viele Wochen anhält. Calcineurininhibitoren werden rasch abgebaut, weswegen Operationen spätestens nach 1 Woche, wahrschein- lich schon wenige Tage nach Absetzen unproblematisch durchgeführt werden können. Methotrexat kann auf Basis der Evidenz aus rheumatologischen Studien perioperativ fortgesetzt werden, wobei es hier pragmatisch erscheint, die Operation 1 Woche nach der letzten Gabe durchzuführen und nach Abschluss der Wundheilung, also 2 Wochen nach der Operation die Einnahme wieder fortzuführen. Die Evidenzlage zur perioperativen Gabe von Tumor-Nekrose-Faktor-α-Antikörpern ist aktuell kontrovers. In Anbetracht der pharmakokinetischen Eigenschaften dieser Biologika und der potenziellen Risiken erscheint es jedoch sinnvoll, diese 4 Wochen präoperativ zu pausieren und erst frühestens 2 Wochen postoperativ wieder anzusetzen. Die Therapie mit den beiden mono klonalen Antikörpern Vedolizumab und Ustekinumab sollte aufgrund der längeren Halbwerts- zeit präoperativ mindestens 4, besser jedoch 8 Wochen pausiert werden. Prinzipiell ist in der Notfallsituation bei dringlicher und absoluter OP-Indikation bei einem Patienten unter Langzeitimmunsuppression, insbesondere unter hoch dosierten Steroiden und/ Dr. Julia Hardt Prof. Dr. Peter Kienle Dr. Julia Hardt Prof. Dr. Peter Kienle* Chirurgische Klinik UMM Universitätsmedizin Mannheim Theodor-Kutzer-Ufer – Mannheim *Korrespondierender Autor

Perioperative Komplikationen und Strategien bei Patienten ... · bis 2 Wochen postoperativ; Sany et al. setzten MTX erst 1 Woche vor der OP ab), kein Unterschied hinsichtlich der

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Fragenbeantwortung unter

www.falkfoundation.de

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Titelbild: Postoperative Anastomoseninsuffizienz im Bereich der Längsnaht eines ileoanalen Pouches nach restaurativer Proktokolektomie bei einem Patienten mit Colitis ulcerosa unter Langzeitimmunsuppression (Quelle: eigenes Bildmaterial).

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Darm

Perioperative Komplikationen und Strategien bei Patienten unter LangzeitimmunsuppressionZusammenfassung

Für Patienten, die aufgrund einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung (CED), nach Organtransplantation, bei rheumatoider Arthritis oder dermatologischer Grund-erkrankung unter Langzeitimmunsuppression stehen, ist interdisziplinär ein Konzept zum perioperativen Management hinsichtlich der Unterbrechung oder Fortführung der immunsuppressiven Therapie unter sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung zu erstellen. Bei Steroiden sollte eine perioperative Dosisreduktion < 20 mg pro Tag angestrebt werden. Patienten, die langfristig hohe Steroiddosen einnehmen, sollten perioperativ eine an den operativen „Stress“ angepasste „Stressdosis“ erhalten. Für Thiopurine ist die Datenlage widersprüchlich, allerdings erscheint ein Absetzen in der Regel wenig sinnvoll, da die Wirkdauer vermutlich auch danach noch viele Wochen anhält. Calcineurininhibi toren werden rasch abgebaut, weswegen Operationen spätestens nach 1 Woche, wahrschein-lich schon wenige Tage nach Absetzen unproblematisch durchgeführt werden können. Methotrexat kann auf Basis der Evidenz aus rheumatologischen Studien perioperativ fortgesetzt werden, wobei es hier pragmatisch erscheint, die Operation 1 Woche nach der letzten Gabe durchzuführen und nach Abschluss der Wundheilung, also 2 Wochen nach der Operation die Einnahme wieder fortzuführen. Die Evidenzlage zur perioperativen Gabe von Tumor-Nekrose-Faktor-α-Antikörpern ist aktuell kontrovers. In Anbetracht der pharmakokinetischen Eigenschaften dieser Biologika und der potenziellen Risiken erscheint es jedoch sinnvoll, diese 4 Wochen präoperativ zu pausieren und erst frühestens 2 Wochen postoperativ wieder anzusetzen. Die Therapie mit den beiden mono klonalen Antikörpern Vedolizumab und Ustekinumab sollte aufgrund der längeren Halbwerts-zeit präoperativ mindestens 4, besser jedoch 8 Wochen pausiert werden. Prinzipiell ist in der Notfallsituation bei dringlicher und absoluter OP-Indikation bei einem Patienten unter Langzeitimmunsuppression, insbesondere unter hoch dosierten Steroiden und/

Dr. Julia Hardt Prof. Dr. Peter Kienle

Dr. Julia HardtProf. Dr. Peter Kienle*Chirurgische KlinikUMM Universitätsmedizin MannheimTheodor-Kutzer-Ufer – Mannheim

*Korrespondierender Autor

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Perioperative Komplikationen und Strategien bei Patienten unter Langzeitimmunsuppression

Einleitung

Zu den Indikationen für eine Langzeitimmunsuppression zählt unter anderem die Therapie von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED), entzündlich rheu-matischen Gelenkerkrankungen sowie von diversen dermatologischen Erkrankungen, wie z. B. der Psoriasis. Darüber hinaus finden Immunsuppressiva auch nach Organ-transplantation ihre Anwendung, wo sie der Abstoßung des Transplantats vorbeugen. Im folgenden Artikel soll ein Überblick über die aktuelle Evidenz zum Thema „peri-operative Morbidität bei Patienten unter Langzeitimmunsuppression und Vermeidung postoperativer Komplikationen durch entsprechende Strategien“ gegeben werden. Der Schwerpunkt liegt hier auf dem peri- und intraoperativen Management von Patienten mit CED, da diese Patienten häufig in therapierefraktärer Situation, schlechtem All-gemein- und Ernährungszustand und oft noch unter immunsuppressiver Therapie stehend operiert werden müssen.

Immunsuppressive Therapie und perioperatives Management bei Patienten mit rheumatologischen und dermatologischen Erkrankungen sowie bei Organtransplantierten

Prinzipiell gilt es hier Nutzen und Risiken einer perioperativen Fortführung der Thera-pie gegen Nutzen und Risiken einer Therapieunterbrechung abzuwägen. Bei Fortset-zung der Therapie gibt es Hinweise auf ein erhöhtes Risiko an Infekten und Wundhei-lungsstörungen. Jedoch kann es bei pausierter Therapie zu einem Krankheitsschub bzw. einer Transplantatabstoßung kommen. Beides kann ebenso wie ein postoperativer Infekt den Operationserfolg und den Patienten selbst relevant gefährden.

Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) empfiehlt angesichts der dürf-tigen Evidenzlage zu dieser Fragestellung eine pragmatische und auf den einzelnen Patienten individuell angepasste Vorgehensweise. DMARDs (disease-modifying anti-rheumatic drugs), wie z. B. Methotrexat (MTX), werden in der Regel weiter gegeben, die meisten Biologika hingegen für mindestens 2 Halbwertszeiten (HWZ) präoperativ pausiert. Bei unklarer Datenlage fallen auch die Empfehlungen der entsprechenden Fachgesellschaft der USA, dem American College of Rheumatology, ähnlich aus: Bei Biologika hängt die Dauer des zu pausierenden Intervalls von den pharmakokinetischen Eigenschaften (u. a. HWZ) der betreffenden Substanz ab [1]. Die Leitlinien der Fach-gesellschaften Kanadas [2] und Großbritanniens [3] schließen sich diesem Vorgehen in etwa an. In Frankreich wird das präoperative Pausierungsintervall zudem an das Risiko-profil des Patienten und das OP-Ausmaß angepasst. Bei Patienten und geplanten Ein-griffen ohne erhöhtes Risikoprofil wird eine Pause von 2 Wochen vor der OP empfoh-len, bei risikoträchtigen Operationen oder Patienten mit erhöhtem Komplikationsrisiko werden die Biologika hingegen über 4–5 HWZ präoperativ pausiert.

Zu organtransplantierten Patienten gibt es de facto keine Evidenz, sodass hier ein er-fahrungsbasiertes, pragmatisches Vorgehen empfohlen wird. D. h. die Immunsuppres-siva werden in der Regel weitergegeben, nur wenn eine Sepsis droht oder sich entwi-

P Prinzipiell gilt es hier Nutzen und Risiken einer perioperativen Fortführung der Therapie gegen Nutzen und Risiken einer Therapie­unterbrechung abzuwägen.

P Die Datenlage bei Patienten mit rheumatologischer bzw. dermatologischer Erkrankung ist schwach.

oder Biologika, eine defensive chirurgische Strategie ratsam. Dies impliziert beispielsweise, dass anstelle primärer Anastomosen Resektionsstomata angelegt werden und bei Colitis-ulcerosa-Patienten in dieser Konstellation auch kein ileoanaler Pouch angelegt wird (Wahl eines dreizeitigen Vorgehens).

Schlüsselwörter

Immunsuppressiva | perioperatives Management | chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED) | Biologika | postoperative Morbidität

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ckelt, wird die Immunsuppression reduziert oder gar abgesetzt. Hier gilt grundsätzlich die Regel, dass bei akuter Lebensbedrohung prinzipiell das Organ geopfert, also die Immunsuppression abgesetzt wird („life before limb“). Die Gabe von mTOR-Inhibi-toren (Everolimus, Sirolimus) soll bei elektiven Eingriffen unterbrochen werden, da sie die Wundheilung negativ beeinflussen. Allerdings wird dies von Transplantations-medizinern unterschiedlich gehandhabt.

Falls es aufgrund einer Notfall-OP-Indikation (z. B. Darmperforation) bei transplantier-ten Patienten nicht möglich sein sollte, Biologika entsprechend zu pausieren, tendie-ren wir erfahrungsbasiert zu einer defensiven Chirurgie (z. B. Diskontinuitätsresektion [Hartmann-OP oder Resektionsstomaanlage] statt Anlage einer primären Anastomose nach notfallmäßiger Darmresektion oder zumindest protektive Stomaanlage, wenn doch eine Anastomose gewagt werden sollte).

Immunsuppressive Therapie und perioperatives Management bei CED-Patienten

Steroide

Auch wenn die Folgen einer Langzeittherapie mit Steroiden wie Osteoporose, Glu-koseintoleranz und Diabetes mellitus, Glaukom und Infektanfälligkeit nicht mehr zur Diskussion stehen [4, 5], so stellt sich doch die Frage, wie das perioperative Manage-ment auszusehen hat. Kumar et al. empfehlen in einem narrativen Übersichtsartikel zum perioperativen medikamentösen Management bei CED-Patienten unter Steroid-medikation im Hinblick auf die Vermeidung infektiöser (Wund-)Komplikationen ins-besondere auf eine regelrechte Blutzuckereinstellung zu achten, da die Patienten pe-rioperativ nicht nur durch die Steroideinnahme per se ein erhöhtes Risiko für septische Komplikationen haben, sondern auch durch die mit der Glukoseintoleranz oder dem Diabetes einhergehende Hyperglykämie. Dennoch raten die Autoren dazu, die Stero-idtherapie perioperativ weiterzuführen und zwar in „Stressdosis“, sofern der Patient > 20 mg Prednisolon pro Tag (oder die Äquivalenzdosis eines anderen Glukokortiko-steroids) über einen Zeitraum von mehr als 3 Wochen erhielt (supprimierte Hypotha-lamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse anzunehmen) oder Merkmale eines Cushing-Syndroms aufweist [6]. Dass die perioperative Gabe von Steroiden nicht nur die Rate an infektiösen Komplikationen steigert [7], sondern auch Einfluss auf die nicht infekt-assoziierte Morbidität nimmt, ergab eine Metaanalyse von 7 nicht-randomisierten Stu-dien mit insgesamt 1532 CED-Patienten mit abdominalem operativem Eingriff. Patien-ten, die eine Tagesdosis > 40 mg Prednisolon erhielten, hatten ein doppelt so hohes Risiko für eine postoperative Komplikation wie Patienten mit Dosen < 40 mg [8].

Um das Risiko für postoperative infektiöse Komplikationen zu minimieren, empfehlen die Autoren der deutschen Leitlinien für Colitis ulcerosa und Morbus Crohn daher, die Prednisolon-Tagesdosis – wenn klinisch möglich – präoperativ interdisziplinär abge-stimmt auf < 40 mg zu reduzieren, idealerweise jedoch auf < 20 mg pro Tag, da die Einnahme von ≥ 20 mg pro Tag über einen Zeitraum von mehr als 6 Wochen mit einer erhöhten postoperativen Komplikationsrate einhergeht [9, 10].

In der eigenen Klinik versuchen wir die Tagesdosis präoperativ auf möglichst < 10 mg Prednisolon zu reduzieren. Falls der Patient > 7,5 mg Prednisolon pro Tag einnimmt, werden intraoperativ und an den 3 ersten postoperativen Tagen 100 mg Hydrocorti-son im Sinne einer angepassten Stressdosis verabreicht. Anschließend erfolgt wieder die Gabe der präoperativen Dosis und – sofern der entzündliche Fokus durch die Ope-ration saniert werden konnte – das schrittweise Ausschleichen der Steroidmedikation.

Thiopurine

Die Datenlage bezüglich der Thiopurine, wie dem Azathioprin (AZA) und dem 6-Mer-captopurin (6-MP), die häufig zur Remissionserhaltung bei CED Anwendung finden, ist zumindest partiell kontrovers. Während die Mehrzahl der Studien von methodisch minderer Qualität und mit hohem Selektionsbias-Risiko keinen Einfluss auf die peri-

P Es gilt grundsätzlich die Regel, dass bei akuter Lebensbedrohung prinzipiell das Organ geopfert, also die Immun suppression abgesetzt wird („life before limb“).

P Bei Notfall­OP sollte bei trans­plantierten Patienten eine defensive Chirurgie am Darm erfolgen.

P Patienten, die > 20 mg Prednisolon pro Tag über mehr als 3 Wochen erhalten haben, sollten perioperativ eine „Stressdosis“ erhalten.

P Bei elektiven Operationen sollte die Prednisolon­Tagesdosis auf < 20 mg pro Tag reduziert werden.

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operative Morbidität zeigte [11, 12], ergab die multivariate Analyse der Daten aus einer schwedischen prospektiven Serie mit 343 abdominal operierten M. Crohn-Patienten eine signifikant erhöhte Rate an intraabdominalen septischen Komplikationen bei Patienten unter Thiopurin-Therapie im Vergleich zu Patienten ohne Thiopurin-Medi-kation (16% vs. 6%, p = 0,044) [13]. Ein relevantes Problem hinsichtlich der Validität der vorhandenen Evidenz ist die Tatsache, dass es keine einheitliche Definition gab, wann eine perioperative pharmakologisch wirksame Thiopurin-Medikation vorlag und wann nicht. So wurden beispielsweise Patienten, die erst wenige Tage Thiopurine erhielten, in der Studie von Colombel et al. in der Thiopurin-Gruppe ausgewertet [11], obwohl nach so kurzer Therapiedauer noch keine negativen Effekte zu erwarten sind [14]. Mahadevan et al. hingegen rechneten Patienten, die teilweise ihre Thiopurin-Medika-tion erst 1 Woche vor OP abgesetzt hatten, zur „Nicht-Thiopurin“-Gruppe [12]. Es scheint somit naheliegend, dass mangels einheitlicher Definition des Begriffs „perioperative Therapie“ bzw. der genauen Zeitintervalle die Unterschiede zwischen den eigentlichen Gruppen verwässert wurden.

Zudem haben sich die meisten Studien, außer der besagten Studie aus Schweden, nicht auf eine homogene Operationsindikation fokussiert, sondern eine Vielzahl von Ope-rationsindikationen inklusive perianale Fisteloperationen eingeschlossen, die hinsicht-lich der Komplikationsrisiken kaum mit größeren Darmresektionen zu vergleichen sind.

Die deutschen Leitlinien äußern sich hierzu etwas divergent: Während die Autoren der Colitis-ulcerosa-Leitlinie zu dem Schluss kommen, dass die Einnahme von AZA kein erhöhtes Risiko für postoperative Komplikationen birgt [9], empfehlen die Autoren der M. Crohn-Leitlinie, wegen der erhöhten postoperativen Morbiditätsrate unter immunsuppressiver Therapie mit AZA und 6-MP, den Nutzen gegen die Risiken einer Fortsetzung bzw. Unterbrechung der Therapie abzuwägen [10].

In der eigenen Klinik wird AZA spätestens 1 Tag präoperativ pausiert, um Interferenzen mit der Narkose zu vermeiden (Interaktionen bekannt), und direkt postoperativ wie-der angesetzt, sofern die Therapieindikation fortbesteht. Liegt der Operationstermin mehr als 4 Wochen in der Zukunft und ist postoperativ keine Weiterführung geplant, wird das Medikament in der Regel abgesetzt. Ansonsten wird es weiter gegeben, da die Wirkung auch nach Wochen noch anhält (wobei die genaue effektive Wirkdauer nach Absetzen unklar ist) und ein Absetzen vor einer Operation innerhalb von 4 Wochen wahrscheinlich nicht sinnvoll ist.

Methotrexat

Zum perioperativen Management von CED-Patienten unter Methotrexat (MTX) liegen keine Studien vor. Allerdings zeigte sich in 2 randomisierten Studien an 388 bzw. 64 Pa-tienten mit rheumatoider Arthritis, bei denen MTX vor einem orthopädischen Eingriff entweder pausiert wurde oder nicht (Grennan et al. pausierten 2 Wochen präoperativ bis 2 Wochen postoperativ; Sany et al. setzten MTX erst 1 Woche vor der OP ab), kein Unterschied hinsichtlich der Rate an postoperativen infektiösen und sonstigen chirur-gischen Komplikationen [15, 16]. Auf Basis der Evidenz, die jedoch in hochwertiger Form ausschließlich aus Studien mit Patienten mit rheumatoider Arthritis stammt, die sich einer orthopädischen OP unterzogen, kann die Therapie mit MTX wahrscheinlich peri-operativ ohne erhöhtes Risiko fortgesetzt werden [17]. Allerdings empfiehlt auch die DGRh, die wöchentliche Dosis perioperativ auf < 20 mg MTX zu beschränken. Des Wei-teren sollte die perioperativ eventuell kompromittierte Nierenfunktion in die Dosis-findung miteinbezogen werden.

In der eigenen Klinik pausieren wir MTX erfahrungsbasiert 1 Woche präoperativ und neh-men die Therapie nach abgeschlossener Wundheilung, also nach 2 Wochen, wieder auf.

Calcineurininhibitoren

Auch hier liegen zum perioperativen Management von erwachsenen Patienten unter Calcineurininhibitoren (CNI) wie Ciclosporin und Tacrolimus keine Studien vor. Eine

P Die Datenlage zu Thiopurinen ist kontrovers, allerdings erscheint ein Absetzen in der Regel wenig sinnvoll, da die Wirkdauer vermutlich noch viele Wochen anhält.

P Methotrexat kann wahrscheinlich perioperativ ohne erhöhtes Risiko fortgesetzt werden, dennoch erscheint ein Pausieren 1 Woche präoperativ sinnvoll.

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kleine Studie, die 51 Kinder einschloss, die aufgrund einer Colitis ulcerosa oder einer Colitis indeterminata kolektomiert wurden, zeigte keine erhöhte Rate an infektiösen und nicht-infektiösen Komplikationen innerhalb der ersten 30 postoperativen Tage bei Kindern, die Thiopurine oder CNI präoperativ erhalten hatten [18]. Aufgrund der niedrigen Fallzahl und des retrospektiven Designs sowie der kombinierten medika-mentösen Therapieregime ist jedoch in Frage zu stellen, ob diese Ergebnisse wirklich aussagekräftig sind.

Angesichts der vorhandenen Evidenzlücke pausieren wir in der eigenen Klinik die CNI erfahrungsbasiert 1 Woche präoperativ und nehmen die Therapie nach abgeschlosse-ner Wundheilung wieder auf. Allerdings ist aus pharmakologischer Sicht auch eine kürzere Pause denkbar, da die Substanzen kurze HWZ aufweisen (z. B. Ciclosporin A: HWZ 5–10 Stunden; Tacrolimus: HWZ 8–16 Stunden). Vermutlich würde es also ausrei-chen, die CNI 1–2 Tage präoperativ zu pausieren.

Tumor-Nekrose-Faktor-α-Antikörper

Ob und inwieweit die perioperative Gabe von Tumor-Nekrose-Faktor (TNF)-α-Blockern das Risiko für postoperative Komplikationen erhöht, wurde bereits in vielen Studien untersucht. Allerdings ist auch hier – ähnlich wie bei den Thiopurinen – sehr hetero-gen definiert, ab wann ein Studienpatient in die Gruppe derer zählt, die TNF-α-Blocker perioperativ erhielten. In einigen Studien wurden Patienten in dieser Gruppe ausge-wertet, selbst wenn sie bis zu 6 Monate präoperativ ihren TNF-α-Blocker abgesetzt hatten. Dies ist in Anbetracht von HWZ von 3 Tagen (z. B. Etanercept) bis 2 Wochen (z. B. Adalimumab) nicht nachvollziehbar. Auch hier besteht somit die Gefahr, dass die tatsächlichen Auswirkungen einer pharmakologisch nachweislich wirksamen peri-operativen Therapie mit TNF-α-Hemmern in den Analysen zugunsten eines nega-tiven Einflusses dieser Medikamente fehlinterpretiert wurden.

TNF­α­Antikörper bei M. Crohn­PatientenInnerhalb der letzten 5 Jahre wurden allein 7 Metaanalysen zum Einfluss der periope-rativen Gabe von TNF-α-Hemmern bei M. Crohn-Patienten veröffentlicht, wobei fast alle aktuellen Auswertungen einen Einfluss auf die perioperativen Komplikationsraten zeigten. Eine Metaanalyse von 14 nicht-randomisierten Studien mit insgesamt 679 Pa-tienten ergab eine erhöhte Rate an Anastomosenkomplikationen in den „low risk of bias“-Studien für Patienten, die perioperativ unter TNF-α-Hemmer-Therapie standen. Zudem ergab sich über alle Studien hinweg ein signifikant erhöhtes Risiko auch für nicht-chirurgische Komplikationen und chirurgische Komplikationen ohne Bezug zur Anastomosenheilung [19]. Zu vergleichbaren Ergebnissen gelangte eine noch aktuel-lere Metaanalyse von 18 Kohortenstudien mit insgesamt 5769 M. Crohn-Patienten. Hier ergab sich eine signifikant erhöhte Rate sowohl an infektiösen (Odds-Ratio [OR] = 1,47; 95% Konfidenzintervall [CI]: 1,08–1,99, 10 Studien mit 2116 Patienten) als auch an nicht-infektiösen (OR = 2,29; 95% CI: 1,14–4,61, 3 Studien mit 729 Patienten) postoperativen Komplikationen [20]. Auch die Metaanalysen von Kopylov et al. und Narula et al. erga-ben eine gesteigerte postoperative Morbidität unter perioperativer TNF-α-Hemmer-Therapie [21, 22], die von Huang et al. und Rosenfeld et al. hingegen fanden keine er-höhten Komplikationsraten [23, 24].

Die deutsche M. Crohn-Leitlinie formulierte angesichts der teils widersprüchlichen Evidenz vorsichtig, dass die perioperative Biologika-Therapie das Risiko postoperativer Komplikationen erhöhen könne und daher in jedem Einzelfall genau geprüft werden müsse, ob die Therapie perioperativ nicht doch unterbrochen werden kann [10].

TNF­α­Antikörper bei Colitis­ulcerosa­PatientenIm Gegensatz zur Biologika-Therapie bei M. Crohn-Patienten fand sich in der großen Metaanalyse von Narula et al. kein Einfluss der Therapie auf die postoperative Kompli-kationsrate bei Colitis-ulcerosa-Patienten [22]. Auch eine dänische Registerstudie mit 1226 Colitis-ulcerosa-Patienten nach Kolektomie, kam zu vergleichbaren Ergebnissen [25]. Hier ist aber zu berücksichtigen, dass die überwiegende Mehrheit der analysier-ten Patienten (ca. 90%!) eben nicht primär mit einem Pouch versorgt wurde, sondern zunächst der risikoärmste Eingriff, nämlich eine subtotale Kolektomie, erfolgte. Das

P Bei Calcineurininhibitoren reicht es aufgrund der kurzen HWZ vermutlich aus, diese 1–2 Tage präoperativ abzusetzen.

P Die Mehrzahl der aktuelleren Metaanalysen hat bei Patienten mit M. Crohn einen negativen Einfluss von TNF­α­Hemmern auf die perioperative Komplikationsrate gezeigt.

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legt den Verdacht nahe, dass sich die behandelnden Chirurgen aus Sorge um eine erhöhte perioperative Komplikationsrate zu diesem defensiven Vorgehen entschlos-sen und dadurch ein potenziell durch die Medikation erhöhtes perioperatives Kompli-kationsrisiko durch die Wahl dieses kleineren Eingriffs nicht evident wurde. Da der Pouch nach subtotaler Kolektomie erst im nächsten Eingriff angelegt wird – in der Regel frühestens nach 3 Monaten, häufig sogar erst viel später –, ist zu diesem Zeit-punkt auch keine pharmakologische Einflussnahme mehr durch den dann schon sehr lange abgesetzten Anti-TNF-α-Antikörper zu erwarten.

Ganz anders sieht es aus, wenn man sich explizit der Literatur zur Pouchchirurgie bei Colitis-ulcerosa-Patienten unter Biologika-Therapie zuwendet. Eine Metaanalyse von Selvaggi et al. aus dem Jahr 2015 untersuchte die Frage, ob es unter perioperativer TNF-α-Hemmer-Therapie zu einer erhöhten Komplikationsrate im Bereich der poucha-nalen Anastomose sowie zu einem Anstieg an infektiösen Komplikationen kommt. Eingeschlossen wurden 7 Studien – darunter auch die beiden kontrollierten Kohorten-studien von Mor et al., Cleveland Clinic [26], und Selvasekar et al., Mayo Clinic [27] – mit 162 Patienten unter TNF-α-Hemmer-Therapie und 468 Kontrollen. Es zeigte sich eine signifikant höhere Rate an frühen (nach Primär-OP, also Pouchanlage) sowie späten (nach Rückverlagerung des protektiven Ileostomas) Anastomosenkomplikationen, weshalb die Autoren im Zweifelsfall zum dreizeitigen Vorgehen raten, um die nega-tiven Auswirkungen der Biologika auf die Pouchheilung zu umgehen (dreizeitiges Vor-gehen: 1. OP: subtotale Kolektomie, endständiges Ileostoma; 2. OP: Restproktektomie, ileoanale Pouchanlage, doppelläufiges Ileostoma; 3. OP: Rückverlagerung des doppel-läufigen Ileostomas) [28]. Letztendlich genauso, wie es bei der überwiegenden Mehr-heit der Patienten aus der oben zitierten Registerstudie aus Norwegen erfolgte.

Die europäische ECCO-Leitlinie und die deutsche Leitlinie empfehlen auf Grundlage dieser Evidenz im Einklang ein mehrzeitiges Vorgehen bei der Proktokolektomie und ileoanalen Pouchanlage bei Patienten unter perioperativer TNF-α-Hemmer-Therapie [9, 29].

Unter Einbeziehung der vorhandenen Evidenz pausieren wir in der eigenen Klinik TNF-α-Hemmer mindestens 4 Wochen präoperativ und setzen die Therapie postope-rativ frühestens nach 2 Wochen und Abschluss der Wundheilung, in der Regel aber erst nach 3 Wochen wieder fort.

Vedolizumab

Bisher liegen zu perioperativen Komplikationen von Vedolizumab lediglich Daten aus einer publizierten Studie vor. Lightner et al. analysierten die Daten von 392 CED-Patienten, die zwischen Mai 2014 und Dezember 2015 an der Mayo Clinic, Rochester, Minnesota, abdominal operiert worden waren. 94 Patienten hatten innerhalb von 12 Wochen präoperativ Vedolizumab erhalten, 126 TNF-α-Hemmer und 172 gar keine Biologika. Sowohl in der uni- als auch in der multivariaten Analyse stellte sich heraus, dass die Vedolizumab-Gruppe signifikant mehr postoperative Komplikationen erlitt (bei 50/94 [53%] trat eine Komplikation auf vs. 33% bzw. 28% in der TNF-α-Hemmer-Gruppe bzw. in der Gruppe ohne Biologika, p < 0,001). Auch postoperative Wundin-fekte waren mit 37% signifikant häufiger in der Vedolizumab-Gruppe als in den beiden anderen Gruppen (10% bzw. 13%, p < 0,001) [30]. Dennoch muss diese Studie mit Vorsicht interpretiert werden, da es sich hier um eine retrospektive Studie handelt und in der Vedolizumab-Gruppe deutlich mehr Patienten zusätzlich Steroide erhalten hatten. Zu-dem waren die Operationsindikationen und -verfahren in den verschiedenen Gruppen heterogen verteilt. So hatten in der Vedolizumab-Gruppe nur 37% der Patienten mit Darmresektion eine Anastomose erhalten, während dieses in den anderen beiden Grup-pen bei 63% bzw. 54% der Fall war. Dies spricht für eine erhebliche Negativselektion der Patienten in der Vedolizumab-Gruppe, worauf in der Diskussion von den Autoren auch hingewiesen wird. So waren in dieser Gruppe vor allem therapierefraktäre Pa-tienten, denen man als letzte Option eben Vedolizumab gab. Schließlich ist noch zu bemerken, dass die höhere Rate an Stomaanlagen zumindest einen Teil der vermehrt aufgetretenen Wundinfekte erklären kann, da die Anlage bzw. das Vorhandensein eines Stomas einen bekannten Risikofaktor für Wundinfektionen darstellt [31].

P Betrachtet man explizit die Daten zur Pouchchirurgie bei Colitis ulcerosa, so ergibt sich eine erhöhte Rate an Anastomosenkomplikationen bei Patienten unter anti­TNF­α. Daher empfehlen alle Leitlinien auch ein mehrzeitiges Vorgehen bei der Pouch­chirurgie in dieser Konstellation.

P Bisher liegen nur wenige Daten zu Vedolizumab und perioperativen Komplikationen vor. Erste Daten legen einen negativen Einfluss dieses Medikaments auf die chirurgische Komplikationsrate nahe.

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Vedolizumab, ein monoklonaler Antikörper gegen α4β7-Integrin in gastrointestinalen Endothelzellen, wurde in den USA im Mai 2014 erstmalig zugelassen. Aufgrund seiner Darmselektivität und seines dadurch besseren Sicherheitsprofils im Vergleich zu an-deren nicht darmselektiven Antikörpern wurde große Hoffnung in dieses Präparat ge-setzt. Zwei randomisierte und placebokontrollierte Studien sowie eine aktuelle „inte-grated safety analysis“ bestätigten dieses vorteilhafte Sicherheitsprofil (keine Zunahme von Infekten im Vergleich zur Placebobehandlung) und zeigten hohe Erfolgsraten hinsichtlich der Remissionsinduktion und -erhaltung [32–34]. Allerdings klammerten alle Studien Patienten mit Stomata oder intestinalen Strikturen aus. Chirurgische Kom-plikationen wurden ebenfalls nicht untersucht. Dabei sollte aufgrund des Wirkmecha-nismus von Vedolizumab (Hemmung der Leukozytenmigration im Darm) gerade den intestinalen Nebenwirkungen besonderes Interesse gelten. Im Rahmen der Anastomo-senheilung und auch bei der Einheilung eines Stomas spielt die intestinale Leukozyten-migration eine entscheidende Rolle. Durch ihre Blockade wird auch die Wundheilung des Darms kompromittiert, was wiederum eine erhöhte Rate an Anastomoseninsuffi-zienzen, davon ausgehenden intraabdominalen Abszessen und Wundheilungsstörun-gen erwarten lässt.

Es bedarf nun nach den Ergebnissen von Lightner et al. weiterer hochwertiger pros-pektiver Studien, die explizit chirurgische und intestinale Komplikationen unter Vedoli-zumab im Vergleich zu anderen Biologika an homogenen, vergleichbaren Patienten-kollektiven untersuchen.

In der eigenen Praxis empfehlen wir aufgrund der langen HWZ von 25 Tagen eine präoperative Pause von mindestens 4, besser jedoch 8 Wochen. Postoperativ wird die Therapie frühestens nach 2, besser erst nach 4 Wochen wieder fortgesetzt.

Ustekinumab

Ustekinumab ist ein humaner monoklonaler Antikörper gegen die Zytokine Inter-leukin-12 und Interleukin-23, der seit 2009 in Europa für die Behandlung der Plaque-Psoriasis, der psoriatischen Arthritis und des M. Crohn zugelassen ist. Daten zum perioperativen Management von M. Crohn-Patienten oder zu postoperativen Kompli-kationen unter Ustekinumab liegen bisher nicht vor.

Bei einer HWZ von 21 Tagen und üblichen Dosierungsintervallen von 8–12 Wochen verfahren wir perioperativ in der eigenen Klinik analog zu Vedolizumab.

Chirurgische Strategien bei CED-Patienten unter immunsuppressiver Therapie

Die chirurgische Strategie hängt von verschiedenen Kriterien ab: Allgemein- und Ernährungszustand (Albumin) des Patienten, Immunsuppressiva, Dringlichkeit der Operation (notfallmäßig vs. elektiv), Ausmaß des Eingriffs (geplante Anastomosen?).

Sofern sich der zu operierende Patient in schlechtem Allgemein- und Ernährungs-zustand vorstellt und sich trotz Ausreizung konservativer Therapieoptionen keine Bes-serung einstellt (z. B. persistierender Ileus bei Crohn-Stenose mit progredienter klini-scher Verschlechterung trotz Magensondenanlage, Volumensubstitution etc.) bzw. sich keine Zeit gewinnen lässt, um die immunsuppressive Therapie ausreichend lang zu pausieren, sollte die chirurgische Strategie im Rahmen der dringlichen oder gar Not-falloperation eine defensive sein. Dies impliziert die Anlage eines Resektionsstomas nach Darmresektion (z. B. nach Ileozökalresektion bei Ileitis terminalis mit langstrecki-ger Stenose und konsekutivem Ileus unter laufender Biologika-Therapie) oder einer Hartmann-Situation, da das Risiko einer Anastomosenkomplikation in diesem Setting intolerabel hoch erscheint und für den Patienten schwerwiegende Morbidität mit sich bringt bis hin zur vitalen Gefährdung. Sollte man sich in dieser Situation doch zu einer Anastomosierung entschließen, sollte diese dann regelhaft durch ein protektives Stoma geschützt werden.

P Bei Patienten in schlechtem Allgemein­ und Ernährungszustand sollte, sofern sich der Zustand präoperativ nicht verbessern lässt oder die OP­Indikation dringlich ist, defensiv operiert werden. D.h., dass auf die Anlage von Anastomosen verzichtet oder zumindest, wenn diese doch angelegt werden, ein protektives Stoma vorgeschaltet werden sollte.

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Ein weiteres klassisches Beispiel für eine defensive chirurgische Strategie ist die Wahl eines dreizeitigen Vorgehens bei Patienten mit therapierefraktärer Colitis ulcerosa, die nach Proktokolektomie einen ileoanalen Pouch erhalten sollen. Das mehrzeitige Vor-gehen ermöglicht in diesem Fall die Erholung des Patienten und das Absetzen der Immunsuppression nach Entfernung des krankmachenden Kolons im Rahmen der subtotalen Kolektomie, die als Diskontinuitätsresektion, also mit Belassen eines Hart-mannstumpfs (ggf. auch im Einzelfall als ausgeleitete Sigmaschleimfistel) und Ausleiten eines endständigen Ileostomas, erfolgt. Der Pouch wird erst in der zweiten Operation angelegt, zu deren Zeitpunkt jene die Anastomosenheilung beeinträchtigenden Fak-toren ausgeschaltet sein sollten. Nach Einheilung des Pouches unter Ileostomaschutz kann schließlich im dritten und letzten Eingriff das Ileostoma zurückverlagert werden.

Diese Empfehlungen zur defensiven chirurgischen Strategie in der Notfallsituation und/oder beim Patienten mit ausgeprägtem Risikoprofil finden sich sowohl in den deutschen als auch den ECCO-Leitlinien für Colitis ulcerosa und M. Crohn wieder [9, 10, 29, 35].

Fazit

Die Evidenzlage zum perioperativen Management von Patienten unter Langzeit-immunsuppression ist in Bezug auf die Mehrzahl der Immunsuppressiva lückenhaft und teils widersprüchlich. Steroide sollten idealerweise interdisziplinär abgestimmt präoperativ reduziert werden, sofern dies die klinische Situation erlaubt. Allerdings muss hier bei hoch dosierter Langzeittherapie auch der erhöhte Kortikosteroidbedarf im Rahmen der Stresssituation durch die OP bedacht werden. Methotrexat kann auf Grundlage der Evidenz aus rheumatologischen Studien vermutlich ohne Risiken fort-gesetzt werden, für Thiopurine und Calcineurininhibitoren liegt letztlich keine ausrei-chende wissenschaftliche Evidenz zur Fragestellung des perioperativen Managements vor. Auch wenn die Datenlage bezüglich der Biologika uneinheitlich ist, so sind doch Beeinträchtigungen der Anastomosen- und Wundheilung anzunehmen, weshalb hier auch unter Einbeziehung pharmakokinetischer Aspekte eine präoperative Therapie-pause von 4–8 Wochen und eine Therapiewiederaufnahme frühestens 2 Wochen postoperativ sinnvoll erscheinen. Falls ein adäquates perioperatives Management bzw. eine angemessene Therapiepause in der Notfallsituation nicht realisierbar ist, sollte im Rahmen des Eingriffes auf primäre Anastomosen verzichtet und das chirurgische Vorgehen möglichst defensiv gestaltet werden.

InteressenkonfliktePK erhielt Vortragshonorare von AbbVie, Falk, MSD, Takeda.

Nützliche Links

Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) zur perioperativen Vorgehensweise unter Therapie mit DMARDs und Biologika bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen: http://dgrh.de/fileadmin/media/Praxis___Klinik/Therapie-Empfehlungen/ perioperativ/periop_final230813_ueberarbeitung_kk.pdf

Société Française de Rhumatologie (SFR): http://www.rhumatologie.asso.fr

Literatur

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Zu empfehlende Literatur

1 Saag KG, Teng GG, Patkar NM, Anuntiyo J, Finney C, Curtis JR, et al. American College of Rheumatology 2008 recommendations for the use of nonbio-logic and biologic disease-modifying antirheumatic drugs in rheumatoid arthritis. Arthritis Rheum. 2008;59(6):762–84.

2 Bombardier C, Hazlewood GS, Akhavan P, Schieir O, Dooley A, Haraoui B, et al. Canadian Rheumatology Association recommendations for the pharmacological management of rheumatoid arthritis with traditional and biologic disease-modifying antirheumatic drugs: part II safety. J Rheumatol. 2012;39(8):1583–602.

3 Ding T, Ledingham J, Luqmani R, Westlake S, Hyrich K, Lunt M, et al. BSR and BHPR rheumatoid arthritis guidelines on safety of anti-TNF therapies. Rheumatology (Oxford). 2010;49(11):2217–9.

4 Rutgeerts PJ. Review article: the limitations of corticosteroid therapy in Crohn’s disease. Aliment Pharmacol Ther. 2001;15(10):1515–25.

5 Lichtenstein GR, Feagan BG, Cohen RD, Salzberg BA, Diamond RH, Chen DM, et al. Serious infections and mortality in association with therapies for Crohn’s disease: TREAT registry. Clin Gastroenterol Hepatol. 2006;4(5):621–30.

6 Kumar A, Auron M, Aneja A, Mohr F, Jain A, Shen B. Inflammatory bowel disease: perioperative pharmacological considerations. Mayo Clin Proc. 2011;86(8):748–57.

7 Ferrante M, D’Hoore A, Vermeire S, Declerck S, Noman M, Van Assche G, et al. Corticosteroids but not infliximab increase short-term postoperative infectious complications in patients with ulcerative colitis. Inflamm Bowel Dis. 2009;15(7):1062–70.

8 Subramanian V, Saxena S, Kang JY, Pollok RC. Preoperative steroid use and risk of postoperative complications in patients with inflammatory bowel disease undergoing abdominal surgery. Am J Gastroenterol. 2008;103(9):2373–81.

9 Dignass A, Preiß JC, Aust DE, Autschbach F, Ballauff A, Barretton G, et al. Aktualisierte Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der Colitis ulcerosa 2011 – Ergebnisse einer Evidenzbasierten Konsensuskonferenz. Z Gastroenterol. 2011;49(9):1276–341.

10 Preiß JC, Bokemeyer B, Buhr HJ, Dignaß A, Häuser W, Hartmann F, et al. Aktualisierte S3-Leitlinie – „Diagnostik und Therapie des Morbus Crohn“ 2014. Z Gastroenterol. 2014;52(12):1431–84.

11 Colombel JF, Loftus EV Jr, Tremaine WJ, Pemberton JH, Wolff BG, Young-Fadok T, et al. Early postoperative complications are not increased in patients with Crohn’s disease treated perioperatively with infliximab or immunosuppressive therapy. Am J Gastroenterol. 2004;99(5):878–83.

12 Mahadevan U, Loftus EV Jr, Tremaine WJ, Pemberton JH, Harmsen WS, Schleck CD, et al. Azathioprine or 6-mercaptopurine before colectomy for ulcerative colitis is not associated with increased postoperative complications. Inflamm Bowel Dis. 2002;8(5):311–6.

Literatur

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13 Myrelid P, Olaison G, Sjödahl R, Nyström PO, Almer S, Andersson P. Thiopurine therapy is associated with postoperative intra-abdominal septic complications in abdominal surgery for Crohn’s disease. Dis Colon Rectum. 2009;52(8):1387–94.

14 Sandborn W, Sutherland L, Pearson D, May G, Modigliani R, Prantera C. Azathioprine or 6-mercaptopurine for inducing remission of Crohn’s disease. Cochrane Database Syst Rev. 2000;(2):CD000545.

15 Grennan DM, Gray J, Loudon J, Fear S. Methotrexate and early postoperative complications in patients with rheumatoid arthritis undergoing elective orthopaedic surgery. Ann Rheum Dis. 2001;60(3):214–7.

16 Sany J, Anaya JM, Canovas F, Combe B, Jorgensen C, Saker S, et al. Influence of methotrexate on the frequency of postoperative infectious complications in patients with rheumatoid arthritis. J Rheumatol. 1993;20(7):1129–32.

17 Visser K, Katchamart W, Loza E, Martinez-Lopez JA, Salliot C, Trudeau J, et al. Multinational evidence-based recommendations for the use of methotrexate in rheumatic disorders with a focus on rheumatoid arthritis: integrating systematic literature research and expert opinion of a broad international panel of rheumatologists in the 3E Initiative. Ann Rheum Dis. 2009;68(7):1086–93.

18 Schaufler C, Lerer T, Campbell B, Weiss R, Cohen J, Sayej W, et al. Preoperative immunosuppression is not associated with increased postoperative complications following colectomy in children with colitis. J Pediatr Gastroenterol Nutr. 2012;55(4):421–4.

19 El-Hussuna A, Krag A, Olaison G, Bendtsen F, Gluud LL. The effect of anti-tumor necrosis factor alpha agents on postoperative anastomotic complications in Crohn’s disease: a systematic review. Dis Colon Rectum. 2013;56(12):1423–33.

20 Yang ZP, Hong L, Wu Q, Wu KC, Fan DM. Preoperative infliximab use and postoperative complications in Crohn’s disease: a systematic review and meta-analysis. Int J Surg. 2014;12(3):224–30.

21 Kopylov U, Ben-Horin S, Zmora O, Eliakim R, Katz LH. Anti-tumor necrosis factor and postoperative complications in Crohn’s disease: systematic review and meta-analysis. Inflamm Bowel Dis. 2012;18(12):2404–13.

22 Narula N, Charleton D, Marshall JK. Meta-analysis: peri-operative anti-TNFα treatment and post-operative complications in patients with inflammatory bowel disease. Aliment Pharmacol Ther. 2013;37(11):1057–64.

23 Huang W, Tang Y, Nong L, Sun Y. Risk factors for postoperative intra-abdominal septic complications after surgery in Crohn’s disease: A meta-analysis of observational studies. J Crohns Colitis. 2015;9(3):293–301.

24 Rosenfeld G, Qian H, Bressler B. The risks of post-operative complications following pre-operative infliximab therapy for Crohn’s disease in patients undergoing abdominal surgery: a systematic review and meta-analysis. J Crohns Colitis. 2013;7(11):868–77.

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25 Nørgård BM, Nielsen J, Qvist N, Gradel KO, de Muckadell OB, Kjeldsen J. Pre-operative use of anti-TNF-α agents and the risk of post-operative complications in patients with ulcerative colitis - a nationwide cohort study. Aliment Pharmacol Ther. 2012;35(11):1301–9.

26 Mor IJ, Vogel JD, da Luz Moreira A, Shen B, Hammel J, Remzi FH. Infliximab in ulcerative colitis is associated with an increased risk of postoperative complications after restorative proctocolectomy. Dis Colon Rectum. 2008;51(8):1202–7; discussion 1207–10.

27 Selvasekar CR, Cima RR, Larson DW, Dozois EJ, Harrington JR, Harmsen WS, et al. Effect of infliximab on short-term complications in patients undergoing operation for chronic ulcerative colitis. J Am Coll Surg. 2007;204(5):956–62; discussion 962–3.

28 Selvaggi F, Pellino G, Canonico S, Sciaudone G. Effect of preoperative biologic drugs on complications and function after restorative proctocolectomy with primary ileal pouch formation: systematic review and meta-analysis. Inflamm Bowel Dis. 2015;21(1):79–92.

29 Øresland T, Bemelman WA, Sampietro GM, Spinelli A, Windsor A, Ferrante M, et al. European evidence based consensus on surgery for ulcerative colitis. J Crohns Colitis. 2015;9(1):4–25.

30 Lightner AL, Raffals LE, Mathis KL, Cima RR, Tse CS, Pemberton JH, et al. Postoperative outcomes in vedolizumab-treated patients undergoing abdominal operations for inflammatory bowel disease. J Crohns Colitis. 2017;11(2):185–90.

31 Konishi T, Watanabe T, Kishimoto J, Nagawa H. Elective colon and rectal surgery differ in risk factors for wound infection: results of prospective surveillance. Ann Surg. 2006;244(5):758–63.

32 Colombel JF, Sands BE, Rutgeerts P, Sandborn W, Danese S, D’Haens G, et al. The safety of vedolizumab for ulcerative colitis and Crohn’s disease. Gut. 2016.

33 Feagan BG, Rutgeerts P, Sands BE, Hanauer S, Colombel JF, Sandborn WJ, et al. Vedolizumab as induction and maintenance therapy for ulcerative colitis. N Engl J Med. 2013;369(8):699–710.

34 Sandborn WJ, Feagan BG, Rutgeerts P, Hanauer S, Colombel JF, Sands BE, et al. Vedolizumab as induction and maintenance therapy for Crohn’s disease. N Engl J Med. 2013;369(8):711–21.

35 Gionchetti P, Dignass A, Danese S, Magro Dias FJ, Rogler G, Lakatos PL, et al. 3rd European evidence-based consensus on the diagnosis and management of Crohn’s disease 2016: part 2: surgical management and special situations. J Crohns Colitis. 2017;11(2):135–49.

Literatur

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Bitte beachten Sie:Bei der Beantwortung der Fragen ist immer nur 1 Antwort möglich.

Die Beantwortung der Fragen und Erlangung des Fortbildungszertifikats ist nur online möglich. Bitte gehen Sie dazu auf unsere Homepage www.falkfoundation.de. Unter dem Menüpunkt Falk Gastro-Kolleg können Sie sich anmelden und die Fragen beantworten. Bitte diesen Fragebogen nicht per Post oder Fax schicken!

Wichtig:Fragenbeantwortung unter

www.falkfoundation.de

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Darm

Fragen zu perioperativen Komplikationen und Strategien bei Patienten unter Langzeit-immunsuppression

Frage 1:Welche Aussage trifft zu? Zum perioperativen Management von Patienten mit chronisch entzündlicher Darmerkrankung (CED) unter Methotrexat (MTX)

EE liegen mehrere randomisierte kontrollierte Studien (RCT) vorEE liegen keine randomisierten kontrollierten Studien vor, jedoch mehrere

KohortenstudienEE liegen diverse Studien der Evidenzlevel I und II vorEE liegt eine aktuelle Metaanalyse von RCT vorEE liegt keine hochwertige Evidenz vor

Frage :Ihnen wird vom gastroenterologischen Kollegen ein Morbus-Crohn-Patient mit endoskopisch nicht passierbarer, langstreckiger Stenose des terminalen Ileums und persistierendem Ileus trotz konservativer Ileustherapie vorgestellt. Aufgrund der bereits indizierten OP wurde die Langzeittherapie mit Prednisolon bereits etwas reduziert auf aktuell 0 mg pro Tag. Was sollte bedacht werden, wenn die OP aufgrund der fortschreitenden klinischen Verschlechterung nicht länger aufgeschoben werden kann?

EE Man sollte unbedingt noch einen Therapieversuch mit Ustekinumab durchführenEE Man sollte auf jeden Fall offen chirurgisch operierenEE Man sollte auf jeden Fall versuchen, dem Patienten ein Stoma zu ersparenEE Intraoperativ sollte der Patient eine an den operativen Stress angepasste Dosis

Hydrocortison erhaltenEE Prednisolon sollte jetzt sofort abgesetzt werden

Frage 3:Welche Antwort trifft nicht zu? Vedolizumab

EE kann perioperativ völlig bedenkenlos weiter verabreicht werdenEE hemmt die Leukozytenmigration im DarmEE ist darmselektivEE hat eine Halbwertszeit (HWZ) von etwa 25 TagenEE ist ein monoklonaler Antikörper gegen α4β7-Integrin in Immunzellen

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Darm

Frage 4:Ihnen wird konsiliarisch ein Patient mit therapierefraktärer Colitis ulcerosa und Zustand nach multiplen medikamentösen Therapien zur Beratung bezüglich der chirurgischen Therapie vorgestellt. Trotz parenteraler und enteraler Zusatzernährung über 14 Tage beträgt das aktuelle Serum-Albumin 18 g/L. Aufgrund des akuten Schubs erhält der Patient Prednisolon hoch dosiert, die letzte Gabe anti-TNF-α erfolgte vor 10 Tagen. Interdisziplinär wird die Indikation zur dringlichen OP gestellt. Welche Antwort trifft nicht zu?

EE Die OP kann laparoskopisch erfolgenEE Es sollte primär ein ileoanaler Pouch angelegt werdenEE In dieser Konstellation sollte ein dreizeitiges Vorgehen gewählt werdenEE Im Rahmen der ersten OP erfolgt die subtotale KolektomieEE Im Rahmen der ersten OP wird ein endständiges Ileostoma angelegt

Frage 5:Welche Antwort trifft nicht zu? Ustekinumab

EE ist ein humaner monoklonaler Antikörper gegen Interleukin-12 und Interleukin-23EE hat eine HWZ von 21 TagenEE kann laut deutscher Leitlinie evidenzbasiert perioperativ fortgesetzt werden,

da keine erhöhte Rate an postoperativen Komplikationen zu erwarten istEE ist seit 2009 in Europa zugelassenEE ist für die Behandlung der Plaque-Psoriasis, der psoriatischen Arthritis und

des M. Crohn zugelassen

Frage 6:Tumor-Nekrose-Faktor (TNF)-α-Antikörper bei M. Crohn-Patienten. Welche Antwort trifft zu?

EE Die Evidenz ist eindeutig und zeigt keine Beeinflussung der perioperativen Morbidität durch TNF-α-Antikörper

EE Es liegen keinerlei Studien zum Einfluss von TNF-α-Antikörpern auf die perioperative Morbidität bei M. Crohn-Patienten vor

EE Etanercept hat eine HWZ von 14 TagenEE Es existieren mehrere Metaanalysen mit jedoch teils heterogenen Ergebnissen

hinsichtlich der Auswirkungen einer perioperativ fortgesetzten Therapie mit TNF-α-Antikörpern auf die postoperative Morbidität

EE Adalimumab hat eine HWZ von 14 Stunden

Frage 7:TNF-α-Antikörper bei Colitis-ulcerosa-Patienten. Welche Antwort trifft zu?

EE Infliximab hat eine HWZ von 2 StundenEE Adalimumab hat eine HWZ von 3 TagenEE Eine aktuelle Metaanalyse ergab eine signifikant erhöhte Rate an frühen und

späten Komplikationen im Bereich der pouchanalen Anastomose bei perioperativer Gabe von anti-TNF-α

EE Bei Patienten unter Anti-TNF-α-Therapie und geplanter Pouchanlage sollte stets ein einzeitiges Vorgehen favorisiert werden

EE TNF-α-Blocker sind zur Behandlung der Colitis ulcerosa nicht zugelassen

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Darm

Frage 8:Leitlinienempfehlungen zum perioperativen Management bei immunsupprimierten CED-Patienten. Welche Antwort trifft zu?

EE Die europäische ECCO-Leitlinie und die deutsche Leitlinie empfehlen ein mehrzeitiges Vorgehen bei der Proktokolektomie und der ileoanalen Pouchanlage bei Patienten unter perioperativer TNF-α-Hemmer-Therapie

EE In der deutschen Leitlinie ist genau festgelegt, welche immunsuppressive Substanz wie lang präoperativ pausiert werden muss

EE Die ECCO-Leitlinie empfiehlt auch unter laufender Biologika-Therapie stets primäre Anastomosen anzulegen und auf Stomata zu verzichten, um dem Patienten weitere Operationen zu ersparen

EE Laut ECCO-Leitlinie sollte MTX immer mindestens 3 Wochen vor OP abgesetzt werden

EE Laut deutscher Leitlinie sollte die Pouchanlage immer einzeitig erfolgen

Frage 9:In Ihrer chirurgischen Elektivsprechstunde stellt sich eine Patientin mit M. Crohn und unter medikamentöser Therapie mit Azathioprin (AZA) refraktärer Ileitis terminalis und kurzstreckiger entzündlicher Stenose ileoterminal vor (MR-Sellink- und Ileokoloskopie-Befunde sind vorhanden). Die Patientin beklagt rezidivierende abdominale Schmerzen p.m. rechter Unterbauch, kann sich aber problemlos ernähren (Albumin 34 g/L). Sie lehnt die ihr angebotene endoskopi-sche Dilatation ebenso ab wie eine Eskalation der medikamentösen Therapie und wünscht dezidiert die OP. AZA hat die Patientin eigen-ständig bereits vor 8 Wochen abgesetzt. Welche Antwort trifft zu?

EE Die Patientin kann nur offen chirurgisch operiert werdenEE Die Patientin erhält in jedem Fall ein StomaEE Der Ernährungszustand ist prekär, weshalb die Patientin stationär aufgenommen

und parenteral zusatzernährt werden mussEE Es sollten wegen der AZA-Therapie weitere 8 Wochen bis zur OP abgewartet

werdenEE Aller Voraussicht nach kann eine laparoskopisch assistierte Ileozökalresektion

mit primärer Anastomose durchgeführt werden

Frage 10:Welche Antwort zu DMARDs (disease-modifying antirheumatic drugs) trifft zu?

EE Sämtliche DMARDs sind bei CED-Patienten kontraindiziertEE MTX zählt nicht zu den DMARDsEE In 2 RCT mit Patienten mit rheumatoider Arthritis zeigte sich keine erhöhte

Komplikationsrate nach orthopädischer OP unter perioperativer MTX-GabeEE MTX und AZA haben den gleichen WirkmechanismusEE MTX und Ciclosporin haben den gleichen Wirkmechanismus