Peter Pörtner VON ARKTISCHEN FLANIERMEILEN

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Peter Prtner

Von arktischen Flaniermeilen Motto: wenn sich der fhn erhebt aus seinen schlnden, lscht man die feuer aus, die schiffe suchen eilends den hafen, und der finstre geist geht ohne schaden, spurlos, ber die erde. SCHILLER Tell 1, 3. Warte mal auf die Watte! Solang die Wolken so angebissen aussehen knnen wir nicht rechtens weiter diskutieren Schau, wie vergeblich all diese Neuzchtungen

sind, Kind. Die Vollkommenheit der Biegung der Gebogenheit konventioneller Gabeln knnen sie nicht erreichen Und wie weit sind sie entfernt von dem Galaxien zerraspelnden Schrei in mir Still Lausche Kind Und (ge-) Horche

Die bessere Hlfte des Lebens (Auf einen Kirschbaum an einem See in Tky) Sehr schrg deinen gedrehten, in sich, um sich gedrehten Leib bers Wasser gebeugt, nein gestreckt, moosbeschwert, aber das kleine Gewicht nimmst du hin, wie nichts. Ja mehr, es macht dich leichter, als zge es dich dem Himmel zu. Aber doch bestehst du auf deinem Schrgsein, stolzer Alter, und deine weitesten ste tunkst du, trunken ohne Ksse, wie Rssel ins heilige und ganz und gar nicht nchterne Wasser. Und die holden Tret- boote, liebespaargefllte, in Schwanengestalt, umspielen dich in veritablen Mengen.

Aber doch ist das keine Schwanengefahr; nur halbwidrige Strung des Gegengefunkels unter den ersten, sehr ersten, verwunderten Blten. - Zeig dich, unsichtbarer Grtner in der Luft, der du die Blten, fast einzeln, ans Licht ziehst. Bltenflsterer, Hervorschmeichler krzesten Rauschs.

Das Leben Zeichnet sich aus durch aereale Pseudogreifbarkeit. Wir greifen unser Leben aus der Luft, in der es nicht liegt. Wir kreisen in einem Luftschiff durch unser Leben, durch unser Hirn, und suchen einen Ausweg ins Leben und ins Denken; und dorthin, wo sich die Blicke treffen und vergnglich verknoten. Wo sich die Hnde einander tragen. Und eine Art Geigenton in der Luft liegt, steht, schwebt; der klingt wie eine Saite aus lang gezogenem Tau; wie eine Saite aus gezwirbeltem Lcheln; wie eine wohlgemute Lge zum Frhstck. An einer sehr schnen Bucht in Griechenland. Der apokalyptische Hans, von Patmos drben, kommt vorbei,

mit frischen Frchten. Das wre erfreulich und quicklich, wenn er sie nur gewaschen und nicht noch mit seinen langen Zottelhaaren getrocknet htte! Johannes, also wirklich! Das ist nun echt keine Offenbarung! (Wisst ihr eigentlich, dass sein ses Mdium Apo Kalypso heit?!

Im Vorbeistehen Die Strmpfe ber die Kniekehle des Halses gezogen Die Violine in der Farbe des Baumes dahinter (wie sollte es anders sein) Virtuosinnen des Dastehns Ganz leise: attempto! attempto! (so gut das auf Japanisch geht) wurd eine Gei- ge je so ge- hal- ten? Alle Heurigen wrden zusammen- brechen knnten sie das sehen

Der Junge mit seinen Texten strt /

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Ist euch schon einmal aufgefallen was das fr ein Wort ist: abgestimmt.

Seltsame Sentenzen, deren Wahrheit selbst mich, den Schreiber, berrascht hat: Was braucht es Meer Ein Baum im Wind Ein Flugzeug darber Im leeren Himmel Eine Musik aus der Re- und Konserve Daherstakelnde Beine Intensitt des Mchteseins Wozu sind Kinder da Dass man sie bei der Hand nimmt (Vivaldi Htte sie singen lassen All die weisen Waisen) Aber jetzt bannt man Euer Lachen auf Schirme Ihr zarten Weisen gezerrt von eurer Mutter Hand (Hier beginnt die Grammatik; sich in sich selbst zu verlaufen)

Was einst auf dem Wasser zu singen wahr Hustet meiner herz- Liebsten ugelein Plagiat von Garten- Laube auf die Lauge gepfropft

Nachttischnotizen, authentisch ...das Paradies die komfortable Welten- sphre subtil und offensichtlich (aufgetischt) sanftes Wellenwerk eindeutig Zentrifugalkopie alle Geschichten sind Geschichten vom Meermann und der See- jungfrau Zelebrationen des Malheurs wenn schon nicht vergeblich dann schon so tief wie das Meer oder mehr wie die See aus weien Wolken heute einmal nicht ikonisch-ironisch Gottvater: Grgott! (!) Identifikation durch Wegschleuderung

seiner selbst von sich selbst

Rheumatische Rume Vielleicht bist du wirklich, dieselben Rume teilend, mit dem, mit der, eingesperrt in deinen eigenen (Raum), den du gar nicht haben willst, nicht einmal mit dir selbst. Da kommt ein vllig weier Schmetterling; setzt sich (setzen Schmetterlinge sich?) auf den Boden vor dir. Und fliegt dann wieder auf und weg. Um die Ecke.

Kairos, auf drei Hunde gekommen Da fhrt einer drei Muse an der Leine (in Wirklichkeit Hunde, aber) das berspielen des Elends scheint ein Volkssport zu sein hier und irgendwo Mein Gott hat der links neben mir Lippen Wie mssen die Fritten erschrecken bevor sie zwischen seinen Zhnen das Zeitliche segnen Kein schner Frittentod (und schner Land in dieser Zeit) Das Leben des Schnees bleibt ein Dauerthema in der Diskussion Die Schwne schreien sich aus Die Kinder stimmen ein und zu Was fr eine se Not das Dadasein ist Wie billig der richtige Augenblick

Celans Poren Er zehrt vom Zero und zur gleichen Zeit steht auf dem Opferaltar der Gegenwart eine weie Schale gefllt mit Perlen auf denen ein silberner Lffel liegt und rastet Ihr Musen hrt das ist hrt freilich nur die nchterne Beschreibung einer blauginsternen Schaufensterdeko- ration in Tokio nicht mehr als eine poesielustquar- tierli- zensierte Tinktur und ein Elixier fr das Tauklistier das nur in klysmophilen aber braven Klstern verabreicht wird wo

die Schriften de Sades unter Schrzen oder falschem Namen in der hinteren Reihe stehen Deshalb und dennoch chzen die Bibliotheksregale wie aber nur wie unter einer schweren Last Das melancholische und hoch gestimmte Singen wissenden Zwitscherholzes (ist das mglich die Ikone trinkt ihre Trnen) Oboenfarbener Oliven- ton verbittert bitter schlicht und schn und s Hohes Holz der Liebe erprobtes Instrument des Todeselans eine Schssel eine Schale

eine Urne voller Perlen por- zelangeborener Perlen (Unterdrcktes Ende obigen Gedichts: Der Lffel ist weg Wer hat ihn wohin ab- gege- ben Wer)

Adam lauscht Irgendwo im Inneren sammeln sich die Abgase Es entsteht ein Druck Die Wortmaschine der old-timer ohne Katalysator startet durch auf Hochtouren im Leerlauf Der Druck erreicht die Hand die Fingerspitzen und die verhelfen gerstet mit einem Schreibgert dem inneren Wort- maschinenleerlaufabgasdruck dazu sich in Linien zu verlieren wie zum Beispiel hier in diesen welche nein eher: Die Sonnenschirme tragen ihre Mdchen spazieren Die Hte ben Auslauf auf fremden Beinen Die Hunde lassen sich von weien kleinen Blten beschnuppern Die Gedenktafeln lesen in den Augen der Betrachter Die Glser rkeln und strecken sich in feuchten Hnden Die Vter klammern sich an ihre Babys Ein Koffer schiebt eine Dame (mit schwarzem Schal und schwarzer Brille) vor sich her Ein Fcher schttelt ein Mnnlein mit lichtblauer Mtze Ein Baumwipfel ficht mit dem Wind

Ein Korn springt in einen Taubenschnabel Nicht baumelnde sondern strudelnde Beine in shorts die Kinderwgen promoten und dann dieser Alte mit seinem Windhund der ihm bis zur Schulter geht Und jetzt der Jngere mit seinem (nennen wir ihn) Hund der ihm bis zu den Fukncheln geht Und nun geht einer (zum Photographieren) in die Knie vor einer die er schon seit dreiig Jahren zu seinem Idol zu machen versucht (und sie wendet sich ab wie immer schon und wie ein Idol) Der Asphalt zieht sich auf Teppichart unter den Touristen- Horden weg Und viele Worte spucken viele Mnder aus Und es flattern die Mnder jetzt wie glitzernde Alufolienfetzen ber dem See ber den falschen Schwnen ber dem kleinen roten Tempel und ber den Schirmen die Ausgang haben aber keinen finden Ein Kinderschrei versucht die ffentliche Toilette zu sprengen Aber die Liebespaare halten einander fest an der Hand halten sich gegenseitig fest wie Trophen (du bist meine ich bin deine) Aber jetzt mal ernst: Alles ist doch irgendwie wie Liebe // bilateraler Betrug // Triumph ber das Unwahrscheinlichste das ewige Ohrensausen und schmausen Evas und Adams vom endlosen Reien des Vorhangs des Letzten Gerichts

Komorebi Wenn der stuntman Lichtpulver durch die Zedernste streut das sich wie Tau und Mehltau auf die Augen der Engel am Nachbartisch legt Wenn ein Regen wie es bisweilen geschieht aus dem Paradies niedergeht stehen ich und die anderen Handlungsreisenden am Wegrand und staunen Die quer gestellten Brcken ber den Sandflssen beherrschen die Szene mit zunehmenden Gelchter Eine Versicherungs- gesellschaft unterbricht ihren festtglichen Verdauungsspaziergang und ritzt eine

integrative Botschaft in die sichtbar sensible und schmerzens- offene Haut eines Baums Das rhrt den Hndler der Sonnen und Winde verkauft fast bis zum Schreien und er verbannt das Geschehen ins nur Erdachte (was freilich nicht wirklich und keinesfalls dauerhaft gelingt) vulgo: Liebe Leserin du darfst die Magie der Vogel- und Mogelstimmen nicht unterschtzen Denn wenn du es doch tust hat das unerfreuliche und unerbauliche Folgen fr dein Daseinskonto

an dem du den Grad der Gelungenheit deiner Weltinterpretations- brsenspekulationen ablesen und frsen kannst Frag dich lieber ob du deinen Wagen voll- geladen hast ob der Mond schon auf- gegangen ist ob der Frhtau dich in die Berge lockt ob die Nacht gewillt ist an Land zu kommen ob du mit Nglein besteckt sein willst ob die Freude so richtig gtterfunkt und ob du eine Seele dein nennst und wenn ja wessen Da bleibt das Geschenk eines trstlichen Moments nicht aus: Ein rothaariger Amerikaner

der sein ses knapp dreijhriges seines Schnullers genieendes Tchterchen gestisch gelungen belehrt wie man Tauben erschiet und die Sonne von den Silikonwolken ganz weich gemacht pinselt ihr Licht auf die Flche des Sees die Flchen der Tische und die flachen Antlitze der Menschen und der noch lebendigen Tauben Die Welt scheint wirklich ein Spielzeug eine Blechtrompete (grade geht ein bezopfter japanischer Falkner mit seinem Falken vorbei) eine Trte in den Patschhnden einer autistischen Gottheit zu sein auch wenn der kleine gelbe Ball die ideale

Linie dauernd neu erfindet Warum ist die Welt nicht wenigstens halb so voll- verkommen wie ein kleiner runder Teil von ihr eine Seifenblase? (in Narita) Wie gern ich in Flughfen sprachlos bin die Lippen nur ntzlich zum Nippen (duty free deluxe) Schwarze Augen ber der Thekenkante Nur die Blicke der Gttinnen verwehter Zeiten waren verwegener Ich halte das Heft

in der klammernden Hand auch wenn es nicht das eines Schwertes ist Ganz hoher Mittag unsprbar Die Nomaden strmen das gate Nummer fnfundvierzig (ber Sibirien) Beim turbulent kredenzten Rotwein im Unfreien ber den Wolken kommen einem seltsame Gedanken bedauerlich dass das Leben eine gestundete Verzichtserklrung ist until the coffee comes you are probabely finished already Fremde Gedichte lesen sich hier wie Beleidigungen denen ich

nur zustimmen kann und vielleicht ist der gefhlte Stillstand ja das Gratifizierendste am Leben wenn du nicht fhlst wie

Thesen zur Erleichterung der Verstndlichkeit Es gibt keine manifeste Musik deshalb liebe Musik mehr noch als jede gelungene Skulptur und (Gott sei es gedankt!) auch Sprache ist nie manifest auch wenn sie sich selbst so nennt Vollkommene Sprache sprht wenn das Nichts sich lust- voll schttelt wie ein Hund der aus dem Wasser steigt Der Hund der aus dem Wasser und Schaum steigt ist eine

Venus der Sinnstiftung und ich bin gerade jetzt sein sehr ergebener Botticelli und Scardanelli Anders und altmodisch gesagt: wirklich existiert nur das Messer mit dem Lotte Scheibe um Scheibe Sein vom Laib des Nichts schneidet Und jedes Subjekt ist reine Empfngnis Soweit die Verstndnishilfen

Erntesegen auf der Halbinsel Noto oder Von hier aus gesehen kommt er (Amida) ber die westlichen Berge Heumahd auf dem Asphalt auf Herzfels und -feld Mit sichelnden Zungen mhen die Mher das Gestein Die Wasserharfe spielt auf Die Ohren in den Wnden verdrehen ihre Muscheln Seit der letzten quatortaufe (oder Neptuns- oder Linientaufe) gehen sie falsch Das Muschelpack muss weg Statt dessen glaube den Bergen wenn sie dich berhren

wenn sie mit ihren blauen Zungen deine Ohrlppchen taxieren wenn sie delphinenhaft ins Gewlk tauchen und schlielich (Christusimitate) mit gebreiteten Armen davonfliegen wie eben Berge es nur knnen Glaube den Bergen dann tust du gut an ihnen Mach es so: Mit deinen einfachen Worten schreite zur Tat Mit den Flussarmen der Gedanken fasse umfasse den zweifelnden Blick mit dem ber marmorkalte Schulter die Wolke dort

dir entsagt aber sei unverhohlen getrost dein Psychopomp bleibt dir treu dein einziger und eigener bleibt dir treu (ich muss es so sagen:) im goldgrnen Saitenspiel des Bambus und zart krallt sich die Lotosblte die lallende zappelnde Erdenlot kappende im endlosen Aderlass rasend ermattende halogene (weil salzentschlpfte) schne Seele Seele dieses Wort es lebe dreimal

hoch (Wr ein s Gems & lustge Lustnahrung meinem Gemte) Leben ist unter einem Wasserfall auf einem Schirm stehen

momenta I wenn in dem geschlossenen Raum in dem du sitzt sich pltzlich ein Wind bewegt und dich streift II wenn du dir ohne dich umzuschauen ganz sicher zu sein glaubst dass die Weide an der du gerade vorbeigegangen bist dir verwundert (wie betroffen) nachblickt III wenn dein Schweigen dir vorkommt wie die Wiedergabe der Filmaufnahme eines Lachsacks bei der der Ton ausgefallen ist IV

wenn dich das Boot auffallend lautlos am Schilf vorbeirudert und ein Geruch aus dem Wasser steigt wie von japanischem Rucherwerk und der Wind (der aus dem geschlossenen Raum) dazwischenfhrt weil er die Stille nicht ertrgt V wenn du dich nach Jahrhunderten ausgrbst vor- sichtig wie ein gebter Archologe und dich darber wunderst wie gut du dich erhalten hast so gut dass du dich von dir gar nicht mehr unterscheidest VII wenn der Sinn

sich und dich so genau verfehlt dass er bei sich und dir ankommt VI wenn die Klammern die Bodenlosigkeit so brutal packen dass sie glaubt sich in Sicherheit wiegen zu knnen VI a eine geschlossene Klammer ist ja doch eine Sicherheitsnadel und nichts anderes als eine geschlossene Kammer IX wenn du dir in einer Schlange vor einem Bankautomaten einmal selbst begegnest und dir so vertraut bist dass du dich nicht erkennst aber wenigstens freundlich zu dir bist und dir zum Beispiel nicht auf den Fu trittst oder ins Gesicht spuckst (denn

in diesem Augenblick hat sich dein Leben gelohnt, basta!)

Fr Schiefer-Orthopden Fernleihe das ist ein schnes Wort und furchtbar tiefsinnig wenn man es auf das Leben bezieht Wenn ich mir denke dass mein Leben eine Fernleihe ist (das ist natrlich eine seltsame Redeweise) dann wird es mir ganz anders Dann stellt sich nmlich heraus dass ich in Bezug auf mein Leben ein Fernlaie bin der auf dem Weg der Fernleihe (wie hab ich das nur gemacht?) zu seinem Dasein kam Um das noch zu

ergnzen: Ich halte das Rlpsen fr einen Daseinsbeweis sondergleichen bin aber froh dass nicht alle so denken abgesehen von grundstzlichen berlegungen bin ich begeistert von diesem Unterlippentrger aber trau mich nicht zur fragen wie er heit

Am Meiji-Schrein Ein lila Schirm bt sehr geschickt das Inderweltsein Es gibt eine Hand die ihn sicher hlt eine weibliche und doch scheint dieser lila Schirm zu fliegen Die Gravitation ist sein kleinstes Problem Vielleicht leidet er der Dumme mehr unter seiner Farbe Und die Sonne blendet kstlich als htten alle Piraten dieser Welt alle Wolken darber geentert und gekidnappt So dass das Inderweltsein eines lila Schirms und meiner Sowenigkeit

nur noch darin besteht der Sonnengttin standzuhalten Und dann kommt auch noch ein helllila kimono vorbei der schwebt, ja, der seine Trgerin wie ein mit Helium gefllter Ballon nach oben zieht und trgt Jetzt liebe Sonne versteh ich gar nichts mehr und das ist gut so Zur Besttigung kracht und knackt und brselt neben mir eine Eiswaffel in Engelstrompetenbltenform Ein Hoch! auf alle falschen Glcksversprechen dieser Welt Und Nietzsche kriegt einen Kuss

(Stimme aus dem Off (mein ganz persnlicher Gottvater?):) Jetzt reichts aber!