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THEATER IM PFALZBAU PFALZBAU BÜHNEN HEFT N o 03

PFALZBAU BÜHNENHEFT No 0 3...Taksi To isTanbul Ensembleproduktion Comedia Köln Inszenierung Manuel Moser Studiobühne, Einheitspreis 7 €, ermäßgi t 4 € Familienpaket 15 €

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  • TheaTer im Pfalzbau

    PFALZBAU BÜHNENHEFTNo 03

  • VerzeichnisVerzeichnis 02

    GrussworT Tilman Gersch 03

    ProGrammübersichT 04

    Kurz unD wichTiG 06

    Stunde 0? 07

    Faustrecht 08

    Le Petit Prince 10

    Half Broke Horses 11

    4. Sinfoniekonzert 12

    5. Sinfoniekonzert 13

    Der Barbier von Sevilla 14

    Schatten (Eurydike sagt) 15

    Hair 16

    Servus Peter – Oh là là Mireille 17

    Balé da Cidade de São Paulo 18

    Taksi to Istanbul 20

    Sein oder Nichtsein 21

    Dreier steht Kopf 22

    Tatort: Schlachtfeld 23

    Schwerpunkt OFFENE WELT 24

    Vorhaut 26

    Homework 28

    Feridun Zaimoglu: Siebentürmeviertel 29

    Complex Ristić 30

    Muttersprache Mameloschn 32

    Ajax 33

    Ottoman Sufi Night 34

    Anna von Hausswolff 35

    Mutter Courage 36

    Ball im Savoy 38

    The Kraut 39

    Wild Grass 40

    Effi Briest 42

    Junger Pfalzbau 44

    ProGrammVorschau 46

    imPressum 48

    Liebes Publikum,

    mit dem internationalen Festival OFFENE WELT nahmen wir im März 2015 erstmals brisante Fragen von Migration und interkulturellem Zusammenleben in den Blick. Seit damals hat sich die Situation zugespitzt, es entstehen neue Herausforderungen, neue Reibungspunkte und sicher auch neue Chancen durch den Zuzug so vieler Menschen aus anderen Kulturen. In diesem Jahr werden wir uns zweifach mit den aktuellen Frage-stellungen auseinandersetzen. Im März erwartet Sie ein Programmschwerpunkt OFFENE WELT mit Theater vom Balkan, aus Serbien, Brasilien und Ludwigshafen, Musik aus Schweden, einer Lesung von Feridun Zaimoglu und einer Ausstellung von Sakir Gökçebaǧ. Als Auftakt zu den Festspielen Ludwigshafen im Oktober 2016 zeigen wir, neben einem herausragenden Gastspiel, die Ergebnisse mehrerer in unserer Stadt entstandener Bür-gerprojekte. Mit Ihnen und den Menschen, die nach der Flucht hier Aufnahme gefunden haben, werden wir dann ein großes Fest feiern. Wegen kurzfristig ausbleibender Dritt-mittel können wir Ihnen ein Festival im Umfang des letzten Jahres nicht bieten.

    Wenn uns der Strom der Flüchtlinge verunsichert, wenn Ängste und Ablehnung wach-sen, kann es nur zuträglich sein, sich die eigene Geschichte in Erinnerung zu rufen. Auch sie berichtet von Krieg, Terror, Vertreibung – und von einem Neubeginn, der unter ande-rem die Integration von mehreren Millionen Flüchtlingen erforderte. Drei sehr unter-schiedliche Stücke zu diesem Thema haben mich in den letzten Monaten beschäftigt. Ajax, Mutter Courage und Faustrecht zeigen die Auswirkungen von Krieg und Gewalt auf die menschliche Psyche und helfen zu verstehen, warum die Welt uns im Moment so aus den Fugen geraten scheint. Ich habe sie in Karlsruhe, Pforzheim und Ludwigshafen er-arbeitet, im Februar und März sind sie an den Pfalzbau Bühnen zu sehen.

    Unser Programm der kommenden Monate hat einige, auch internationale Höhepunkte zu bieten. Das Beijing Dance Theatre und das Balé da Cidade de São Paulo sind zwei berühmte Tanzcompagnien, die im Abstand von wenigen Wochen hier gastieren. Aus Karlsruhe kommt das Badische Staatstheater mit Jan Philipp Glogers hochgelobter Jelinek-Inszenierung Schatten (Eurydike sagt), und das Staatstheater Stuttgart zeigt Fontanes Effi Briest in der Regie von Jorinde Dröse. Das und vieles mehr macht Ludwigshafen und das Theater im Pfalzbau zu einem Ort, an dem es für und durch die Kultur heißt: Herzlich willkommen!

    In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine gute Zeit mit dem Programm der Pfalzbau Bühnen.

    Ihr

    Tilman Gersch Intendant der Pfalzbau Bühnen

    02 03

  • sa, 13.02.16 uraufführunG, wa 19:30 uhrso, 14.02.16 19:30 uhrDi, 16.02.16 19:30 uhr

    F a u s t

    Nach Romanen von Gert Ledig

    Koproduktion Pfalzbau Bühnen mit dem Badischen Staatstheater Karlsruhe Textfassung Barbara Wendland Inszenierung Tilman Gersch Hinterbühne, Einheitspreis 21 €, ermäßigt 11 €

    so, 14.02.16 18:00 uhrDi, 16.02.16 18:00 uhr

    Stunde 0?(Was bleibt uns in den Trümmern unserer Welt)Lesung literarischer Texte der Nachkriegszeit Gläsernes Foyer, Eintritt frei

    mo, 15.02.16 11:00 uhr

    Theaterstück nach dem gleichnamigen Buch von Antoine de Saint-Exupéry

    TNT Theatre In französischer Sprache Große Bühne, Einheitspreis 21 €, ermäßigt 11 €

    mi, 17.02.16 20:00 uhrDo, 18.02,16 20:00 uhr

    4. SinfoniekonzertWerke von Frédéric Chopin und Peter Tschaikowsky

    Philharmonisches Orchester Breslau Dirigent Daniel Raiskin Solist Alexei Volodin, KlavierBASF-Feierabendhaus, Preise 46 €, 40 €, 32 €, 25 € zzgl. 3 € an der Abendkasse

    fr, 19.02.16 mT, TG 19:30 uhrso, 21.02.16 TG 3, TG 5, TG 6, wa 19:30 uhr

    Opera Buffa von Gioachino Rossini

    Pfalztheater Kaiserslautern In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln Musikalische Leitung Markus Bieringer Inszenierung Alvaro Schoeck Große Bühne, Preise 44 €, 37 €, 30 €, 23 €

    Di, 23.02.16 s 2 19:30 uhr

    (Eurydike sagt)Von Elfriede Jelinek

    Badisches Staatstheater Karlsruhe Inszenierung Jan Philipp Gloger Große Bühne, Preise 33 €, 28 €, 23 €, 18 €

    mi, 24.02.16 19:30 uhr

    Von Gerome Ragni und James Rado Musik Galt MacDermot

    Junges Staatsmusical Wiesbaden Regie und Choreographie Iris Limbarth Musikalische Leitung Frank Bangert Große Bühne, Einheitspreis 24 €, ermäßigt 15 € Familienpaket 52 €

    fr, 26.02.16 br 1 19:30 uhrsa, 27.02.16 al 2, Ja 19:30 uhr

    Balé da Cidade de São PauloChoreographien Mauro Bigonzetti, Luis Arrieta und Itzik Galili

    Große Bühne, Preise 44 €, 37 €, 30 €, 23 €

    so, 28.02.16 TG 1, TG 4 19:30 uhr

    Servus Peter – Oh là là Mireille!Ursli und Toni Pfister mit dem Jo Roloff Trio Große Bühne, Einheitspreis 28 €, ermäßigt 18 €

    mo, 29.02.16 11:00 / 19:30 uhr

    Nach einem Roman von Jeanette Walls

    American Drama Group Für Jugendliche ab 14 Jahren In englischer Sprache Große Bühne, Einheitspreis 21 €, ermäßigt 11 €

    mo, 29.02.16 19:00 uhrDi, 01.03.16 11:00 uhr

    Taksi To isTanbulEnsembleproduktion Comedia Köln Inszenierung Manuel Moser Studiobühne, Einheitspreis 7 €, ermäßigt 4 € Familienpaket 15 €

    Di, 01.03.16 com 2, wa 19:30 uhrmi, 02.03.16 sen 2 14:30 uhr

    Sein oder Nichtsein Komödie von Nick Whitby Nach dem gleichnamigen Film von Ernst Lubitsch

    Stadttheater Pforzheim Inszenierung Caroline Stolz Große Bühne, Preise 26 €, 22 €, 18 €, 14 € SEN Einheitspreis 14 €

    fr, 04.03.16 10:00 / 16:00 uhr

    Von Carsten Brandau

    Theaterhaus Ensemble Frankfurt Für Kinder ab 5 Jahren Inszenierung Rob Vriens Große Bühne, Einheitspreis 5 €, ermäßigt 3 € Familienpaket 10 €

    fr, 04.03.16 com 1 19:30 uhrsa, 05.03.16 s1, TG 6 19:30 uhr

    VorhautKomödie von Necati Öziri

    Ballhaus Naunynstraße BerlinInszenierung Miraz Bezar Große Bühne, Preise 26 €, 22 €, 18 €, 14 €

    so, 06.03.16 11:00 uhr

    Lesung und Gespräch zum Ersten WeltkriegMit Nicole Heesters und Andreas HoppeIm Anschluss Expertengespräch mit dem Historiker Wolfgang Schivelbusch und Maria Böhmer (CDU, MdB)Gläsernes Foyer, Einheitspreis 12 €

    Di, 08.03.16 19:30 uhr

    SiebentürmeviertelLesung von Feridun Zaimoglu Gläsernes Foyer, Einheitspreis 12 €

    mi, 09.03.16 20:00 uhr

    DER RISTIĆ KOMPLExTheaterstück in serbo-kroatischer Sprache mit deutschen Übertiteln Deutschlandpremiere Internationale Koproduktion Slovensko mladinsko gledališč e Ljubljana; HNK Ivana pl. Zajca Rijeka; BITEF, Beograd; MOT, SkopjeRegie Oliver Frljić Hinterbühne, Einheitspreis 18 €, ermäßigt 10 €

    Do, 10.03.16 19:30 uhrfr, 11.03.16 19:30 uhr

    Lingua mãe MameloschnMuttersprache MameloschnStück von Marianna Salzmann

    ATO cia. cênica In portugiesischer Sprache mit deutschen Übertiteln

    Europapremiere Studio, Einheitspreis 18 €, ermäßigt 10 €

    mi, 09.03.16 20:00 uhrmi, 10.03.16 20:00 uhr

    5. SinfoniekonzertWerke von Richard Strauss und Béla Bartók

    Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-PfalzDirigent Karl-Heinz SteffensSolist Pinchas Zukerman, ViolaBASF-FeierabendhausPreise 46 €, 40 €, 32 €, 25 € zzgl. 3 € an der Abendkasse

    Do, 10.03.16 11:00 / 19:00 uhr

    AJAXVon Sophokles Projekt mit Jugendlichen

    Junger Pfalzbau Inszenierung Tilman Gersch Hinterbühne, Einheitspreis 12 €, ermäßigt 7 € Familienpaket 25 €

    sa, 12.03.16 20:00 uhr

    Ottoman Sufi Night Von Sheikh Bahauddin Adil Große Bühne, Einheitspreis 19 €

    so, 13.03.16 20:00 uhr

    Anna vonHausswolffKonzert Große Bühne, Einheitspreis 18 €, ermäßigt 15 €

    mo, 14.03.16 s 2, Ja 19:30 uhrDi, 15.03.16 11:00 uhrmi, 16.03.16 TG 4 19:30 uhr

    Mutter Courage und ihre Kinder Eine Chronik aus dem Dreißigjährigen Krieg von Bertolt Brecht Musik Paul Dessau

    Koproduktion Theater Pforzheim und Pfalzbau BühnenInszenierung Tilman GerschGroße Bühne, Preise 26 €, 22 €, 18 €, 14 € Vorstellung am 15.03., 11:00 Uhr: Einheitspreis 11 €

    fr, 18.03.16 com 2 19:30 uhrsa, 19.03.16 TG 2, TG 5, wa 19:30 uhrso, 20.03.16 sen 1 14:30 uhr

    Ball im SavoyOperette von Paul Abraham

    Landestheater Coburg Inszenierung Tobias Materna Musikalische Leitung Roland Fister Große Bühne, Preise 38 €, 32 €, 26 €, 20 € SEN Einheitspreis 21 €, ermäßigt 11 €

    mi, 23.03.16 br 2, TG 3 19:30 uhr

    Wild GrassBeijing Dance Theater Ein Abend in drei Teilen: Dead Fire / Farewell, Shadows / Dance of Extremity Choreographie Wang YuanyuanGroße Bühne, Preise 44 €, 37 €, 30 €, 23 €

    Do, 24.03.16 com 1 19:30 uhr

    The KrauT Ein Marlene-Dietrich-Abend von Dirk HeidickeMit Susanne Bard (Marlene) und Jens-Uwe Günther (Klavier)Regie und Ausstattung Klaus NoackMusikalische Leitung Jens-Uwe GüntherGroße Bühne, Preise 26 €, 22 €, 18 €, 14 €

    mi, 30.03.16 al 1, wa 19:30 uhrDo, 31.03.16 s 2, TG 6 19:30 uhr

    Effi BriestNach dem Roman von Theodor Fontane

    Schauspiel Stuttgart Inszenierung Jorinde DröseGroße Bühne, Preise 33 €, 28 €, 23 €, 18 €

    04 05

  • Gab es sie wirklich, die Stunde 0 nach dem Zweiten Weltkrieg, wo die Uhren hoff-nungsvoll auf Neuanfang gestellt wurden und man den Blick zurück tunlichst unterließ, weil er so deprimierend und schuldbeladen ausfiel? Dass die Schrift-steller diese Zeit aus sehr unterschiedlichen Blickwinkeln wahrnahmen und mit vielfälti-gen künstlerischen Mitteln die zeitgeschichtlichen Ereignisse spiegelten, zeigt ein Blick auf das Schaffen deutscher Dichter der 45er bis frühen 50er Jahre.

    Bei der Lesung Stunde 0? geben Mitarbeiter des Theaters im Pfalzbau bedeutenden Au-toren der unmittelbaren Nachkriegszeit eine Stimme. So wie Gert Ledig in seinen Texten in erster Linie seine eigenen grausamen Kriegserlebnisse künstlerisch und kunstvoll ver-arbeitete, arbeiten auch andere Schriftsteller ihr individuelles Erleben während der Na-zizeit auf: Der Dramatiker Günther Weisenborn schildert in seinem Erfolgsstück Die Ille-galen das Wirken von Widerstandsgruppen im „Dritten Reich“, Paul Celan thematisiert die Vernichtung der Juden in seiner Todesfuge, dem wohl bedeutendsten Gedicht der Nachkriegszeit. Thomas Mann sinniert aus dem Exil darüber, warum er nicht nach Deutschland zurückkehrt, Wolfgang Borchert, Heinrich Böll, Arno Schmidt und Wolfgang Koeppen schildern in Erzählungen das karge und ganz auf’s Überleben aus-gerichtete Dasein in der Trümmerlandschaft nach den Zerstörungen des Krieges. Was bleibt uns in den Trümmern dieser Welt / Für Zuflucht aus dem Labyrinth der Trauer? fragt Ina Seidel, die meistgelesene Lyrikerin dieser Tage, und Hans Erich Nossack schil-dert in seiner faszinierenden Erzählung Der Untergang ausführlich die Bombardierungen Hamburgs durch die Alliierten im Sommer 1943.

    Lassen Sie sich durch diese eindrücklichen Texte in die Stimmung, die Ängste, Trauma-ta und Erwartungen der Nachkriegszeit versetzen, die Entstehungszeit von Gert Ledigs Romanen – eine Zeit zwischen tiefer Schuld, Verarbeitung von Kriegsgräueln, aber auch erster Hoffnung auf einen Neubeginn unter anderen Vorzeichen. Fort mit den Trümmern / und was Neues hingebaut! schreibt Bertolt Brecht kämpferisch in seinem Aufbaulied.

    Stunde 0? (Was bleibt uns in den Trümmern unserer Welt) Lesung aus Texten der Nachkriegszeit

    GLÄSERNES FOYER, Eintritt frei

    So, 14.02.16, 18:00 Uhr Di, 16.02.16, 18:00 Uhr

    Kurz und wichtigKleine Seemänner, große SchiffeDie Aufführungen von Kleine Seemänner, große Schiffe von Kindern für Kinder wurden verschoben: Die Premiere findet nun am Freitag, 5. Februar 2016 um 16 Uhr statt, die zweite Vorstel-lung ist am Samstag, 6. Februar 2016 um 16 Uhr. Die kleinen Akteure sind auf einem guten Weg, brauchen aber noch etwas mehr Zeit für die Proben.

    Le Petit PrinceMit der französischsprachigen Produktion Le Petit Prince nach dem gleichnamigen Buch von Antoine de Saint-Exupéry gastiert das TNT Theatre am Montag. 15.02.16 um 11:00 Uhr im Theater im Pfalzbau.

    Casting Der kleine HorrorladenBald starten die Proben für die Ludwigshafener Aufführung des Musicals Der kleine Horrorladen in der Regie von Iris Limbarth. Interessierte junge Menschen aus Ludwigshafen und Umgebung (Alter zwischen 15 und 25 Jahren) können sich beim Casting am 15. Februar um 18 Uhr, Treffpunkt Pforte, vorstellen. Weitere In-formationen erhalten Sie beim Team des Jungen Pfalzbau, Tele-fon 0621/504-2561.

    Tatort: SchlachtfeldEine Lesung mit literarischen Texten zum Ersten Weltkrieg unter dem Titel Tatort: Schlachtfeld ist am Sonntag, 06.03.16 um 11:00 Uhr im Gläsernen Foyer zu hören. Nicole Heesters und Andreas Hoppe lesen Texte von Autoren wie Stefan Zweig, Thomas Mann, Ernst Jünger u.a. Im Anschluss findet ein Expertengespräch mit dem Historiker Wolfgang Schivelbusch und Maria Böhmer (CDU, MdB) statt.

    Wort und Wein am 9. AprilDer Schauspieler Sergej Gößner entstammt der bekannten Lud-wigshafener Ringer-Familie. In Tilman Gerschs Inszenierung von Brechts Mutter Courage am Theater Pforzheim spielt er die Rolle des Eilif. Als Gast in der Reihe Wort und Wein liest er am 9. April Literatur aus der Pfalz.

    Klaus Arp (1950 bis 2016)

    Die Mitarbeiter der Pfalzbau Bühnen trauern um den Dirigenten und Komponisten Professor Klaus Arp, der am 4. Januar 2016 im Alter von 65 Jah-ren verstorben ist. Klaus Arp war nach seinem Studium an der Hamburger Musikhochschule zu-nächst an der Hamburgischen Staatsoper tätig, wurde dann 1. Kapellmeister am Stadttheater Koblenz und später Chefdirigent des Rundfunk- orchesters des Südwestfunks in Kaiserslautern. 1993 übernahm er die Professur für Orchesterlei-tung der staatlichen Musikhochschule Heidel-berg-Mannheim. Als Leiter des Beethovenchors Ludwigshafen bereicherte er unser Programm mit hochwertigen musikalischen Beiträgen. Er wird uns fehlen.

    Bertolt Brecht

    Wolfgang Borchert

    Ina Seidel

    06 07

  • Opa, erzähl vom Krieg!“ – es gibt nicht mehr viele Großeltern, die dieser Bitte nachkommen können. Die Generation, die das Grauen von Frontkämpfen und Bombennächten selbst erlebt und die Erinnerung an Hunger, Flucht und Vertrei-bung oft ein Leben lang mit sich getragen hat, verabschiedet sich nach und nach von uns. Mit ihr verschwindet das Bewusstsein für die immensen Auswirkungen, die solch traumatische Erlebnisse auch auf die Nachkommen, sogar auf Enkel und Urenkel, haben können. Als Gert Ledigs Roman Vergeltung 1999, Jahrzehnte nach seiner ersten Veröf-fentlichung, wieder aufgelegt wurde, war auch er bereits verstorben. Umso mehr dank-ten Kritik und Leser ihm für diese authentische Chronik eines Bombenangriffs auf eine deutsche Stadt, die seine Zeitgenossen noch allzu sehr verstört hatte. Auch seine ande-ren beiden Romane, Stalinorgel und Faustrecht, sind glaubwürdige Zeugnisse der Ent-menschlichung infolge von Krieg und Zerstörung. Die Romantrilogie wird gleichermaßen als historisches Dokument und als literarisches Wagnis geschätzt.

    Unsere Theateradaption macht sich die Plastizität der Figuren und Dialoge in Ledigs Nachkriegsroman Faustrecht zunutze. Die Geschichte mehrerer junger Menschen, die in den Ruinen der zerstörten Stadt München ums Überleben kämpfen und nicht in der La-ge sind, eine geeignete Zukunftsvision und für sich die neu entstehende Gesellschaft zu entwickeln, bildet die Basis für das szenische Konvolut, das tief ins kollektive Unbe-wusste unseres Landes dringt und nach der Brüchigkeit und dem Preis unseres Wohl-stands und unserer Sicherheit fragt. Regisseur Tilman Gersch erzählt von den Motiven, die ihn zur szenischen Umsetzung der Romantrilogie bewegt haben.

    Faustrecht Nach Romanen von Gert Ledig

    HINTERBÜHNE

    Sa, 13.02.16, 19:30 Uhr, Uraufführung, WA So, 14.02.16, 19:30 Uhr Di, 16.02.16, 19:30 Uhr

    Koproduktion Pfalzbau Bühnen mit dem Badischen Staatstheater KarlsruheFür die Bühne bearbeitet von Barbara Wendland Inszenierung Tilman Gersch Bühne und Kostüme Henrike Engel Musik Alex Gunia Dramaturgie Marlies Kink/Barbara Wendland Mit Michel Brandt (Rob), Luis Quintana (Edel), Sven Daniel Bühler (Hai), Marthe Lola Deutschmann (Olga)

    Einheitspreis 21 €, ermäßigt 11 €

    Einführung vor jeder Vorstellung, jeweils um 19:00 Uhr. Treffpunkt Eingang Hinterbühne Nachgespräch am So, 14.02.16 und am Di, 16.02.16 im Anschluss an die Vorstellung

    Gert Ledig trat direkt nach dem Zweiten Weltkrieg mit meh-reren Romanen in Erscheinung, die sich mit dem brutalen Kriegsgeschehen und der Nachkriegszeit auseinandersetz-ten. Was macht diesen Autor so bedeutsam, dass Sie sein Werk heute wieder einem Publikum präsentieren möchten?Gert Ledig hat eine sehr packende direkte Sprache. Er verwickelt den Leser in kürzester Zeit plastisch in die Geschehnisse der Zeit. Er selbst hat an der Ostfront gekämpft, darüber erzählt Die Stalinorgel, sein schon damals hochgelobter Erstlingsroman. Als Ingenieur war er später in der „kriegswichtigen Industrie“ einge-setzt und erlebt so auch den Luftangriff auf München. Das hat Ledig in apokalyptischen Bildern in Vergeltung verarbeitet. In Faustrecht entwirft er sehr lebensnah das Bild der Stunde Null im Winter 1945/46. Im zerstörten München sehen wir junge Kriegs-heimkehrer im Kampf ums Überleben. Das ist eine fesselnde Tri-logie deutscher Geschichte, die mich sehr interessiert hat.

    Wie entstand aus diesen drei Texten eine schlüssige Büh-nenbearbeitung?Barbara Wendland hat den sehr dialogreichen Roman Faust-recht, der sich am ehesten für das Theater eignet, geschickt ver-dichtet. Zitate aus den anderen Romanen werden so eingefloch-ten, dass daraus biografische Erfahrungen der Figuren entste-hen. Das erweitert den Abend in Sprache und Horizont. Im Fokus steht aber die spannende „Nichtzeit“ zwischen Kriegsende und politischem Neuanfang.

    Der Roman schildert einen Ausschnitt aus dem Leben dreier Kriegsheimkehrer und einer Frau, die alle nach einer neuen Lebensperspektive suchen. Was macht diese Menschen und ihre Erlebnisse für uns heute interessant?Die Ratlosigkeit, wie es weitergehen soll. Die Erfahrung, mit Schuld leben zu müssen. Die elementare Erfahrung der Niederla-ge, die absolute Unbehaustheit, menschlich wie politisch. Meine Eltern haben die Flucht aus Pommern und Schlesien erlebt. Mein Großvater musste in beiden Weltkriegen kämpfen. Viel gespro-chen wurde darüber nicht. Ich glaube, dass sich in vielen Famili-en die Frage nach sozialer und seelischer Prägung durch diese Zeit bis heute stellt.

    Als Erinnerungsfetzen fließen Zitate aus anderen Werken des Autors in die Inszenierung ein. Welche Ebenen eröffnen sich dadurch für die Zuschauer und wie werden diese Erin-nerungen in der Aufführung dargestellt?Durch die Collagetechnik wird deutlich, dass die Figuren nicht geschichtslos in die Stunde Null fielen, sondern Situationen er-lebt haben oder zu verantworten hatten, mit denen sie nun nicht zurecht kommen. Wir haben den Musiker Alex Gunia auf der Büh-ne, der mit seiner Musik eine weitere atmosphärische und seeli-sche Ebene schafft.

    Wie wird die Ausstattung der Aufführung, die in den Händen von Henrike Engel liegt, gestaltet sein, mit der Sie ja schon mehrfach zusammen gearbeitet haben: eher naturalistisch oder in einer symbolischen Annäherung? Wir arbeiten mit historischen Versatzstücken. Der Raum soll aber dem großen Thema entsprechend keine naturale Einengung ha-ben. Wichtig ist, dass der Zuschauer in der Bühnenatmosphäre die verschiedenen Örtlichkeiten erfassen kann. Also letztlich symbolisch mit realistischen Details.

    Realisiert wird die Inszenierung in einer Koproduktion mit dem Badischen Staatstheater Karlsruhe. Die Schauspieler stammen von dort und die Ausstattung wird in den dortigen Werkstätten hergestellt. Wie hat sich das Projekt entwickelt und nach welchen Kriterien haben Sie z.B. die Besetzung der Rollen vorgenommen?Über die Besetzung der Rollen mit Schauspielern des Badischen Staatstheaters Karlsruhe habe ich mich sehr gefreut. Der Schau-spieldirektor Jan Linders und die Dramaturgin Marlies Kink, die natürlich auch die neu engagierten Kollegen bestens kannten, haben mich gut beraten. Im Jargon sagt man, sie liegen „wie ge-spuckt“ auf den Rollen. Beeindruckt hat mich, dass auch sie, mit Anfang Zwanzig, sehr neugierig in den eigenen Familien nach Be-richten über die Zeit während und nach dem Krieg geforscht ha-ben. Sie erzählten so lebendig davon, dass mir klar wurde, wie präsent die Geschichten um den Zweiten Weltkrieg noch immer in den Menschen sind.

    08 09

  • n ur wenige literarische Werke sind von solch emotionaler Kraft wie die Erzählung Antoine de Saint-Exupérys, für die man eigentlich erst im Erwachsenenalter reif ist, wenn man sie als philosophisches Kompendium betrachten will. Anderer-seits hat er mit der Figur des kleinen Prinzen ein solch entwaffnendes Wesen geschaf-fen, das in der Begegnung mit dem Erzähler, der für die Welt der Erwachsenen steht, eine ganz klare, unverblümte Sprache spricht, so dass sich manche Sätze aus dem Büchlein ein Leben lang einprägen.

    Saint-Exupéry war nicht nur Autor, sondern auch Pilot, der eines Tages in der Wüste mit seinem Flugzeug notlanden musste. Allein und auf sich gestellt, auf der Suche nach Wasser oder Spuren menschlichen Lebens, wird er am Morgen nach dem Absturz von folgender Bitte geweckt: „Bitte zeichne mir ein Schaf!“ Und so macht er die Bekannt-schaft des kleinen Prinzen. Nachdem er in die Zivilisation zurückgekehrt ist, schreibt Saint-Exupéry den Petit Prince. Dieser hat sich eines Tages auf die Reise gemacht, weil er zu viele Schwierigkeiten mit einer Rose auf seinem eigenen kleinen Planeten hatte.Im Laufe seiner Reise durch das Universum trifft der kleine Prinz auf einen egoistischen König, einen beifallsheischenden Eitlen, einen pathetischen Trinker, einen gierigen Ge-schäftsmann, einen pflichtbewussten Laternenanzünder und einen einsam forschenden Geographen. Letzterer empfiehlt ihm den Planeten Erde, der einen guten Ruf habe. Durch die wachsende Liebe zum kleinen Prinzen, der dem Piloten durch seine vermeint-lich kindliche Sicht der Dinge einen Spiegel vorhält, begegnet der Erzähler sich selbst. Am Ende setzt der kleine Prinz seine Pilgerfahrt fort, nachdem er die Wüste wieder ver-lassen hat.

    Das TNT Theatre geht bei der Umsetzung dieses charmanten Werkes mit feinem Esprit und übersprühender Energie vor, die sein Renommee ausmachen, es lässt poetische Texte und Pragmatismus, Tanz und Komödie, Musik und Darstellungskraft zu einem Ganzen verschmelzen. Eine bedeutende Rolle nimmt die Bewegung ein: die Darsteller bringen die Poesie des Textes dank einer ausgeklügelten Choreographie zum Klingen. Die Devise des TNT Theatre stammt von dem berühmten russischen Direktor Meyer-hold, der über das Theater sagte, es müsse „eine Tragödie mit einem Lächeln auf den Lippen“ sein.

    TNT TheatreRegie Eric Tessier-Lavigner

    Einheitspreis 21 €, ermäßigt 11 € Dauer 1 Stunde 45 Minuten

    Le Petit Prince Schauspiel nach Antoine de Saint-Exupéry in französischer Sprache

    GROSSE BÜHNE

    Mo, 15.02.16, 11:00 Uhr

    w ir befinden uns am Anfang des 20. Jahrhunderts auf einer Ranch an der Grenze zu Texas mitten in der Wüste. Die kleine Lily hat keine einfache Kind-heit und muss mit ihrer Familie nach Neumexiko ziehen, der Vater ist Invalide, die Mutter fühlt sich für jegliche Arbeit zu schwach. Bereits in jungen Jahren muss sie lernen, mit anzupacken und Verantwortung zu übernehmen, und verlässt schließlich früh das elterliche Haus. Wie hart dieses Schicksal im ersten Moment auch klingen mag, so sehr hat es Lily jedoch für ihr späteres Leben geprägt: Sie entwickelt sich zu einer star-ken, selbstbewussten Frau, deren Leben für die damalige Zeit erstaunlich fortschrittlich verläuft. Sie beginnt an verschiedenen Orten zu unterrichten, zähmt wilde Pferde, kämpft für ihre Rechte, lernt Autofahren und fliegt ein Flugzeug. In Chicago trifft sie auf ihre große Liebe, heiratet und bekommt zwei Kinder. Immer neue Herausforderungen erwarten sie, von denen sie sich aber in keiner Weise unterkriegen lässt – egal wie sehr sie mit ihrem Verhalten aneckt oder wie schwer und problematisch ihr Leben und ihre Ehe auch sein mögen.

    Bereits in The Glass Castle hatte die US-amerikanische Autorin Jeannette Walls ihre Fa-miliengeschichte zu Papier gebracht, in der ihre Großmutter Lily Casey eine kleinere Rol-le spielte, die in Half Broke Horses (auf Deutsch Ein ungezähmtes Leben) zur Hauptper-son wird. Die erzählenswerte Lebensgeschichte dieser außergewöhnlichen Frau gibt dem Zuschauer einen einzigartigen Eindruck, wie beschwerlich, aber auch abenteuer-lich das Leben für eine Frau zur damaligen Zeit sein konnte. Die American Drama Group präsentiert mit dieser englischsprachigen Aufführung die Adaption eines weiteren Lite-raturklassikers, wie zuvor schon David Copperfield oder Moby Dick.

    American Drama GroupFür Jugendliche ab 14 Jahren In englischer Sprache

    Einheitspreis 21 €, ermäßigt 11 € Dauer 2 Stunden 15 Minuten

    Half Broke Horses Nach einem Roman von Jeanette Walls

    GROSSE BÜHNE

    Mo, 29.02.16, 11:00 Uhr Mo, 29.02.16, 19:00 Uhr

    Nach eiNem romaN voN JeaNette Walls

    half BrokehorsesGrosse BUehNe mo, 29.02.1619:00 Uhr

    The American Drama Group Europe presents TNT theatre in

    HALF BROKE HORSES by Jeannette Walls

    “By special arrangement with Lions Gate Films and Jeannette Walls”

    Adapted for the stage by Paul Stebbings and Phil Smith Music Paul Flush. Directed by Christian Flint Producer Grantly Marshall

    GASTSPIEL IN ENGLISCHER SPRACHE

    Theater im Pfalzbau Ludwigshafen 29. Februar 2016, 11.00 und19.00 Uhr

    Weitere Information: [email protected] www.adg-europe.com

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  • r ichard Strauss offenbart mit seiner Tondichtung Don Juan nach einem Gedicht-fragment von Nicolaus Lenau eine Nähe zu Richard Wagner, dessen Tristan und Isolde eine ähnliche Ruhelosigkeit und beständiges Weiterfließen in der orche-stralen Polyphonie und Harmonik erkennen lässt. Auffällig ist die kraftvolle, in Sinnen-freude schwelgende Diesseitigkeit der Komposition: Die farbige Leuchtkraft des Or-chesterklangs und die bereits in den Tondichtungen entwickelte psychologische Differenzierung werden zu wichtigen stilistischen Voraussetzungen für für das Bühnen-schaffen des Komponisten. Tod und Verklärung entstand unmittelbar nach Don Juan. Entgegen der irrigen Ansicht, diese Komposition reflektiere ein eigenes Erleben, nannte Strauss selbst die Idee zu Tod und Verklärung einen „Einfall wie ein anderer“. Nichtsdes-totrotz ist der Naturalismus der Komposition frappierend, denn Strauss schildert den physischen Tod mit einer geradezu klinischen Genauigkeit ohne emotionale Anteilnahme.

    Bartók selbst sagte über sein Konzert für Viola und Orchester: „ Es ist fertig und auch nicht...“, und dieser Widerspruch ist dem Werk anzumerken. Bartók konnte das Konzert nur noch skizzieren, dem mit seiner Arbeitsweise vertraute Tibor Serly kam nach Bartóks Tod die schwierige Aufgabe zu, die Skizzen zu einer spielbaren Komposition zusammen-zufügen. Bartóks Manuskript enthielt jedoch die Werkidee nur im Rohzustand, während die Angaben zur eigentlichen Instrumentation tatsächlich äußerst lückenhaft waren. So gesehen lässt sich kaum darüber hinwegtäuschen, dass es sich beim Konzert für Viola und Orchester eigentlich um eine Komposition von Tibor Serly handelt, basierend auf Themen, Skizzen und Ideen Béla Bartóks.

    5. Sinfoniekonzert BASF-FEIERABENDHAUS

    Mi, 09.03.16, 20:00 Uhr, Sinf A Do, 10.03.16, 20:00 Uhr, Sinf B

    19.00 Uhr, Einführung Monika Kursawe Richard Strauss Don Juan op. 20 / Tod und Verklärung op. 24 Béla Bartók Konzert für Viola und Orchester

    Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-PfalzDirigent Karl-Heinz Steffens Solist Pinchas Zukerman, Viola

    Preise 46 €, 40 €, 32 €, 25 € zzgl. 3 € an der Abendkasse

    SINFONIEKONZERT

    Mi, 09.03.16 20:00 UhR Sinf ADo, 10.03.16 20:00 UhR Sinf BBASF-FEIERABENdhAUS

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    Pinchas Zukerman

    D as NFM Philharmonische Orchester Breslau, Orchester der Kulturhauptstadt Europas 2016, wurde 1945 gegründet. Der Klangkörper trat das Erbe einer gro-ßen städtischen Musiktradition an, die weit bis ins 19. Jahrhundert zurück-reicht. Komponisten wie Johannes Brahms, Edvard Grieg oder Gustav Mahler zählten zu seinen Gastdirigenten.

    In jüngerer Zeit arbeitete das Orchester viel mit Daniel Raiskin zusammen, der auch die-ses Konzert leiten wird. Der russische Dirigent, Chef der Rheinischen Philharmonie Kob-lenz und der Artur-Rubinstein-Philharmonie in Polens zweitgrößter Stadt Lodz, hat sich mit einem breit gefächerten Repertoire und anspruchsvollen Programmen einen Namen gemacht. Er arbeitet mit zahlreichen internationalen Orchestern und ist auch als Opern-dirigent tätig.

    Der Solist des Abends ist der 1977 in St. Petersburg geborene Alexei Volodin, der für sein Fingerspitzengefühl und seine technische Brillanz von der Kritik hoch gelobt wird. Er ist bei den renommiertesten Orchestern überaus gefragt und gehört zweifellos zu den herausragenden Pianisten seiner Generation, den die internationale Presse als „betö-renden Klangfarbenmagier“ betitelt. Sein außergewöhnlich vielfältiges Repertoire reicht von Beethoven und Bach über Tschaikowsky, Rachmaninoff, Prokofjew und Skrjabin bis zu Gershwin, Schtschedrin und Kapustin.Beim 4. Sinfoniekonzert erklingen Werke von Frédéric Chopin und Peter Tschaikowsky. Vom tragischen, pessimistischen und dennoch tröstlich klingenden Thema des ersten Satzes über den emotionsgeladenen, poetischen zweiten Satz bis hin zur temperament-vollen polnischen Folklore mit dem Geist der aufblühenden nationalen Musik: Chopin legt in seinem zweiten Klavierkonzert eine farbenreiche Gefühlspalette offen. Sehn-sucht, Träumerei, die Kühnheit der jugendlichen Jahre, Schmerz und Hoffnung werden hier vereint. All das verwandelte Chopin meisterhaft in weitgeschwungene Melodiebö-gen und perlende Läufe.

    Tschaikowskys 5. Sinfonie, eine seiner am stärksten durchgeformten Arbeiten, wirkt wie aus einem Guss und besticht durch „die innere Zusammengehörigkeit aller Themen und Motive, die zwingende Logik der gesamten Entwicklung und das Festhalten an einer Grundstimmung, einer nicht weichlich-wehmütigen, sondern herb-stolzen Resignation“, so der Tschaikowsky-Biograph Richard Stein. Dabei beeindruckt u.a. der mächtige Fi-nalsatz, dessen Schlussherrlichkeit eine starke Bildhaftigkeit und Assoziationsfülle transportiert.

    4. Sinfoniekonzert Frédéric Chopin: 2. Klavierkonzert f-Moll op. 21

    Peter Tschaikowsky: Sinfonie Nr. 5 e-Moll op. 64

    BASF-FEIERABENDHAUS

    Mi, 17.02.16, 20:00 Uhr Do, 18.02.16, 20:00 Uhr

    Philharmonisches Orchester BreslauDirigent Daniel Raiskin Solist Alexei Volodin, Klavier

    Preise 46 €, 40 €, 32 €, 25 € zzgl. 3 € an der Abendkasse

    Alexei Volodin

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  • „Ein verliebter Alter will am anderen Morgen sein Mündel heiraten; ein junger Liebhaber kommt ihm zuvor und macht sie am gleichen Tag, vor der Nase und im Hause des Vor-munds, zu seiner Frau. Das ist die ganze Geschichte, aus der man nun mit gleichem Er-folg eine Tragödie oder eine Komödie, ein Rührstück oder eine Oper machen könnte“, schrieb der französische Dichter Beaumarchais. Er machte daraus seine Komödie Der Barbier von Sevilla oder die unnütze Vorsicht, den ersten Teil seiner Figaro-Trilogie.

    Der italienische Komponist Gioachino Rossini schrieb auf dieser Stoffgrundlage nicht nur eines seiner erfolgreichsten Werke, sondern ein unbestrittenes Meisterwerk der ge-samten Buffo-Gattung, auch wenn die Uraufführung am 20. Februar 1816 in Rom zu den spektakulärsten Opernskandalen der Musikgeschichte zählt. Das Publikum nahm Rossini offenbar zunächst übel, dass er mit seiner Oper dem erfolgreichen Barbier von Giovanni Paisiello aus dem Jahr 1782 Konkurrenz machte. Doch bereits ab der zweiten Aufführung überwog die Begeisterung und Rossinis Barbier versetzte ganz Europa in einen regelrechten Taumel.

    Die Figuren der Handlung sind gleichermaßen liebevoll wie prägnant gezeichnet, seien es der geizige Bartolo, sein raffiniertes Mündel Rosina, der umtriebige Barbier Figaro, der galante Graf Almaviva oder der intrigante, bestechliche Musiklehrer Basilio. Das Hauptkennzeichen dieser Opera buffa ist jedoch das aberwitzige, rasante Tempo, in dem eine sich nahezu überschlagende Musik die Handlung charakterisiert und voran-treibt.

    Der Barbier von Sevilla Opera buffa von Gioachino Rossini

    GROSSE BÜHNE

    Fr, 19.02.16, 19:30 Uhr, MT, TG 2 So, 21.02.16, 19:30 Uhr, TG 3, TG 5, TG 6, WA

    Pfalztheater KaiserslauternIn italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln Musikalische Leitung Rodrigo Tomillo Inszenierung Alvaro Schoeck Bühne Anna Kirschstein Kostüme Marcel Zaba Chor Johannes Köhler Mit Daniel Kim (Graf Almaviva), Wieland Satter (Bar-tolo), Monika Hügel (Rosina), Daniel Böhm (Figaro), Alexis Wagner (Basilio), Christina-Mirl Rehm (Berta), Peter Floch (Fiorello), Radoslaw Wielgus (Ambrogio), Peter Hamon (Ein Offizier), Shin Nishino (Ein Notar)

    Preise 44 €, 37 €, 30 €, 23 €

    Der BarBier von Sevilla

    Fr 19.02.16

    19:30 Uhr MT, TG 2

    So 21.02.16

    19:30 UhrTG 3, TG 5, TG 6, Wa

    GroSSe Bühne

    „Der Regisseur Jan Philipp Gloger hat mit seiner Karlsruher Inszenierung des Stücks Schatten (Eurydike sagt) durchaus eine große Rettungstat geleistet. ... Gloger destilliert in dieser Deutschen Erstaufführung mit fünf großartigen Schauspielerinnen fünf Frauen-figuren aus Jelineks Sprachflut heraus, die sich nicht mehr zum Objekt degradieren las-sen wollen, fünf illusionsfreie, selbstironische, lebenskluge, mitunter schwermütige Frauen – und eine deutliche Geschichte. So ein stringentes und doch vielfarbiges Mus-ter hat noch kaum einer aus Jelineks Sprachteppichen herausgelesen.“ Dieser Auszug aus der Jurybegründung von Barbara Behrendt für den Nachspielpreis des Heidelber-ger Stückemarkts beschreibt das Anliegen und die Qualität der Karlsruher Aufführung anschaulich.

    Der Mythos von Orpheus und Eurydike – erstmals erzählt aus der Sicht der Frau. Fünf Schauspielerinnen feiern, klagen an und fragen, wie und wieso Orpheus die Frau zur Muse stilisiert und zugleich reduziert, entmachtet und ihrer Individualität beraubt hat. Als er sie aus dem Totenreich ins Leben zurückholen will, ist Eurydike fassungslos und bleibt zurück – sie will nicht mehr Orpheus‘ Objekt der Begierde sein, entsagt der Lei-denschaft.

    Regisseur Jan Philipp Gloger stellte sich mit dieser Inszenierung erstmals dem Karlsru-her Publikum vor. Nach dem Studium in Gießen und Zürich avancierte er sehr schnell zu einem der gefragtesten Regisseure für Schauspiel und Oper im deutschsprachigen Raum. Er inszenierte am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg, an den Opernhäusern in Zürich und Frankfurt und war Hausregisseur am Staatstheater Mainz. 2012 eröffnete er die Bayreuther Festspiele mit Der fliegende Holländer. Für die Inszenierung von Elfrie-de Jelineks Winterreise in Mainz wurde er in der Kritikerumfrage der Zeitschrift „Theater heute“ als bester Nachwuchsregisseur nominiert und in die Liste der engeren Auswahl zum Theatertreffen 2012 in Berlin aufgenommen.

    SCHATTEN (Eurydike sagt) Deutsche Erstaufführung

    GROSSE BÜHNE

    Di, 23.02.16, 19:30 Uhr, S 2

    Einführung 19:00 Uhr, Gläsernes Foyer

    Badisches Staatstheater KarlsruheInszenierung Jan Philipp Gloger Bühne und Kostüme Marie Roth Musik Kostia Rappaport Video Christopher Otto Dramaturgie Birgitt A. Ostermann, Jens Peters Mit Veronika Bachfischer, Annette Büschelberger, Florentine Krafft, Antonia Mohr, Lisa Schlegel

    Preise 33 €, 28 €, 23 €, 18 € Dauer ca. 1 Stunde 45 Minuten

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  • bei zwei Hair-Aufführungen im Dezember 2015 schafften es die Darsteller und Darstellerinnen des Jungen Staatsmusicals Wiesbaden buchstäblich, die Zu-schauer von den Sitzen zu reißen. Es wurde getanzt und mitgesungen und am Ende stehend applaudiert. Kein Wunder, denn kaum ein Musical passt so perfekt zu dem semiprofessionellen Wiesbadener Ensemble. 1987 wurde es als Jugendclub des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden gegründet, seitdem sind mehr als 300 junge Menschen in über 40 Produktionen dort aufgetreten. Für manche, wie die Schauspiele-rin Jasna Fritzi Bauer, war es der Sprung zu einer großen Karriere, für andere einfach eine großartige Freizeitbeschäftigung. Im Jahr 2000 übernahm Iris Limbarth die Leitung des Jugendclub-Theaters, weiterhin ist es fester und sehr erfolgreicher Bestandteil des Spielplans am Hessischen Staatstheater. Auch in Ludwigshafen arbeitet Iris Limbarth inzwischen mit jungen Darstellern und Darstellerinnen aus der Stadt. Am 7. Dezember 2015 hatte auf der Hinterbühne die Produktion The Full Monty Premiere, die Proben zum Musical Der kleine Horrorladen starten bald.

    Schauplatz von Hair ist der Central Park in New York. Der junge Farmer Claude ist auf dem Weg zur Musterung und gelangt so in die pulsierende Großstadt. Mit Faszination und Befremdung begegnet er im Park einer Hippie-Gruppe, erlebt seinen ersten Dro-genrausch und verliebt sich hoffnungslos. Aber der Ausbruch aus seiner kleinen Welt ist von kurzer Dauer, nach wenigen Tagen muss er zur Armee und schließlich als Soldat in den Vietnamkrieg. Bis heute gehen Songs wie The Age of Aquarius oder Where do I go? unter die Haut, weil in ihnen das ganze Gefühlsspektrum einer Jugend zwischen Eupho-rie, Protest und Rausch zum Ausdruck kommt. Kein anderes Musical bezieht politisch so eindeutig Stellung und nimmt Partei für diejenigen, die aus der Gesellschaft aussche-ren, um nach einer utopischen Lebensform zu suchen.

    Beachten Sie auch das Casting zum Musical Der kleine Horrorladen in der Regie von Iris Limbarth am 15. Februar um 18 Uhr, Treffpunkt Pforte. Mehr unter kurz und wichtig S. 6

    Hair von Gerome Ragni und James Rado Musik Galt MacDermot

    GROSSE BÜHNE

    Mi, 24.02.16, 19:30 Uhr

    Junges Staatsmusical WiesbadenRegie und Choreographie Iris Limbarth Bühne Reinhard Wust Kostüme Heike Korn Musikalische Leitung Frank Bangert Mit dem Ensemble des Jungen Staatsmusicals Wiesbaden

    Einheitspreis 24 €, ermäßigt 15 € Familienpaket 52 € Dauer 2 Stunden 10 Minuten, eine Pause

    Weitere Termine: Mi, 27.04.16, 19:30 Uhr Do, 28.04.16, 19:30 Uhr

    mit ihrer Musikshow Servus Peter – Oh là là Mireille verneigen sich Toni und Urs-li Pfister vor den Idolen ihrer Kindheit und lassen die Schlager-Eleganz der siebziger Jahre wiederaufleben. Als Cindi und Bert, Katja Ebstein und Nana Mouskouri konnte man das deutsch-schweizer Trio bereits bei seinem Programm Wie wär’s, wie wär’s – Die Geschwister Pfister in der Toskana mit großem Vergnügen bewun-dern, das die drei im Rahmen der Festspiele Ludwigshafen auf den Pfalzbau Bühnen präsentierten. Und den gleichen Perfektionismus, mit dem sie in die Haut dieser Ikonen der Nachkriegszeit geschlüpft sind, legen sie auch als Peter Alexander und Mireille Mathieu an den Tag. Toni Pfister hat die Mimik und Gestik des großen Peter Alexander offensichtlich so genau studiert, dass seine schlaksigen Bewegungen, jedes Schulter-zucken und der treuherzige Dackelblick wie Reminiszenzen des charmanten Schmähs des Originals aufscheinen. Stargast der Alexander-Show, zu der der Gastgeber inmitten einer schnuckeligen Chippendale-Kneipe mit Seventies-Interieur lädt, ist der „Spatz von Avignon“, deren reimverliebte Hits Ursli Pfister mit glockenheller Stimme und markan-tem Haareschütteln zum Besten gibt.

    Mit Servus Peter – Oh là là Mireille scheinen die Geschwister Pfister zu den Ursprüngen zurückzukehren, als sie 1991 mit Melodien fürs Gemüt begannen, das kleine Glück zu besingen. Ihre Kunst besteht darin, ihrem Idol in der Parodie Respekt zu erweisen und es nicht bloßzustellen. Im Gegenteil, man hat das Gefühl, dass sie die Figur, die sie ver-körpern, schlichtweg lieb haben. Und so ist es nur konsequent, mit vollem Ernst in den Kitsch abzutauchen und der Rührung die Schleusen zu öffnen.

    SERVUS PETER – OH Là Là MIREILLE Geschwister Pfister

    GROSSE BÜHNE

    So, 28.02.16, 19:30 Uhr, TG 1, TG 4

    Ursli und Toni Pfister mit dem Jo Roloff Trio

    Einheitspreis 24 €, ermäßigt 15 €

    Servus Peter –

    Ursli und Toni PfisterGroße BühneSo 28.02.16 19:30 Uhr TG 1, TG 4

    Oh là là Mireille!

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  • e s war schon eine umwerfende Mischung, die das Balé da Cidade de São Paulo dem Publikum mitbrachte: ein Höchstmaß an Körpergefühl und Musikalität, ge-paart mit enormem technischem Vermögen und großer Ausdruckskraft – das Ganze getränkt von überschäumender Lebensfreude und gewürzt mit einer ordentli-chen Prise Humor. Die Beifallsstürme wollten gar nicht enden. Leonberger Kreiszeitung 19. Juli 2004

    Das Balé da Cidade de São Paulo gastiert nicht zum ersten Mal im Theater im Pfalzbau, und immer wieder hat es mit seiner universellen Tanzsprache, seiner technischen und interpretatorischen Vielfalt und nicht zuletzt wegen der Virtuosität seiner Tänzer das Pub- likum zu Begeisterungsstürmen hingerissen. Das zweitägige Gastspiel in Ludwigshafen präsentiert drei Choreographien herausragender zeitgenössischer Choreographen und verspricht erneut, ein Ohren- und Augenschmaus zu werden.

    „Dieser packende Rhythmus, dieser Song, rettet mir das Leben vor dem Abgrund. Ich spreche aus, was ich vermute (nicht weiß), in den Pausen, die mein Schicksal einlegt.“so schreibt Luiz Arrieta über die Musik seiner Choreographie BandOnéon von Astor Piazzolla, in dem zehn Tänzer in den originellen Kostümen von Lino Villaventura tempe-ramentvoll die Bühne erobern.

    Mauro Bigonzettis Choreographie Antiche Danze ist ein vollkommen von der Musik ins-piriertes Stück, in dem sich der Musikgeschmack der Renaissance mit der Sinfonie- kultur des 19. Jahrhunderts verbindet. Aus dieser Verschmelzung entspringt die choreo-graphische Idee: Alltagsgesten, Stakkato-Bewegungen, Tanzpassagen mit großer Dynamik; Duette, Solos und Gruppen in Kostümen aus zeitgenössischen Materialien, aber in der Asthetik der Antike. Kurz, die Choreographie entfaltet diesen Kontrast zwi-schen Tradition und Modernität. Und welche Compagnie wäre denn besser aufgestellt, um ein solches Konzept von Traditionen und deren Bruch lebendig zu machen, als das Balé da Cidade de São Paulo?

    Itzik Galili schuf seine Choreographie O Balcão de Amor zur Musik von Pérez Prado. 20 Tänzerinnen des Ensembles bewegen sich in diesem Stück auf einem schmalen Grat zwischen Phantasie und Realität und in einem Traum vom Glück.

    Balé da Cidade de São PauloGROSSE BÜHNE

    Fr, 26.02.16, 19:30 Uhr, BR 1 Sa, 27.02.16, 19:30 Uhr, AL2, JA

    Choreographien Antiche Danze von Mauro Bigonzetti BandOnéon von Luis Arrieta O Balcao de Amor von Itzik Galili

    Preise 44 €, 37 €, 30 €, 23 € Dauer ca. 2 Stunden

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  • w ie ist das Leben in Deutschland? Wie gefällt Dir die Stadt, in der Du lebst? Wo fühlst Du Dich zu Hause? Und welche Vorstellungen erweckt Istanbul in Dir?Diese und andere Fragen stellte das Team des COMEDIA Theaters Kölner Kindern und Jugendlichen. Erkennungszeichen war ein gelbes „Taksi“, mit dem das Ensemble durch die Stadt fuhr und bei Straßenfesten, auf Schulhöfen und an Jugend-zentren Halt machte.

    Aus den Antworten, die die Kinder und Jugendlichen gaben, haben Hannah Biedermann und Manuel Moser einen lockeren Handlungsfaden entwickelt. Die drei Schauspieler Sibel Polat, Faris Metehan Yüzbaşioğlu und Harun Çiftçi verkörpern dabei unterschied-liche Erfahrungen: Von Kindern, die schon immer in Deutschland leben oder erst seit kurzem. Sie erzählen von denen, die gekommen sind und von anderen, die weg wollen. Manche fühlen sich nirgendwo zu Hause. Beim lebhaften Schlagabtausch lässt das Schauspieler-Trio weder Klischees noch Tabus aus. Mit Behauptungen wie „alle Südlän-der sind locker“ oder „Du tanzt aber wie eine deutsche Kartoffel“ wird jede Nationalität auf die Schippe genommen und stereotype Äußerungen wie diese werden als das ent-larvt, was sie letztlich sind: bloße Vorurteile.

    In einem fiktiven Road-Trip von Deutschland nach Istanbul begegnen die Zuschauer skurrilen Figuren, kleinen Geschichten, großen Fragen, Ängsten und Träumen und sich selbst.

    D ie Komödie Sein oder Nichtsein basiert auf dem gleichnamigen Film von Ernst Lubitsch aus dem Jahre 1942 und wirft einen abgründig augenzwinkernden Blick auf das Theatergenre. Caroline Stolz, künstlerische Direktorin am Theater Pforzheim, erfahrene Regisseurin und Spezialistin für anspruchsvolle Unterhaltung, hat die temporeiche Theaterfarce inszeniert.

    1939 probt eine Warschauer Theatertruppe ein antifaschistisches Stück. Da die polni-sche Regierung jedoch keinen Konflikt mit dem Hitlerregime provozieren will, führt man schließlich Shakespeares Tragödie Hamlet auf. Zum Entsetzen des Schauspielers Josef Tura, der die Titelfigur spielt, verlässt der Fliegerleutnant Sobinsky während des Mono-logs „Sein oder Nichtsein“ die Vorstellung und trifft sich zum Rendezvous mit Turas Frau Maria. Während des Zweiten Weltkrieges kommt Sobinsky nach England. Als dort ein Professor Silewski unter den polnischen Fliegern bekannt gibt, in das besetzte War-schau zu reisen, leitet der Leutnant eine Botschaft an Maria Tura weiter. Doch es stellt sich heraus, dass Silewski noch nie etwas von der berühmten Diva gehört hat, demnach ein Doppelagent ist und eine Adressenliste von polnischen Untergrundkämpfern an den Gestapochef von Warschau weitergeben will. Um dem entgegenzuwirken, begibt sich Sobinsky ebenfalls nach Warschau und bittet das Theaterensemble um Hilfe. Die Schau-spieler reagieren prompt und schlüpfen in die Rollen der deutschen Besatzer. Ein eben-so atemloses wie absurdes Verwechslungsstück voller Wortwitz und Entsetzen nimmt seinen Lauf, währenddessen die Darsteller von einer aufregenden Situation in die nächs-te schliddern. Am Ende greifen sie zu einer aberwitzigen List, um den Nazischergen zu entkommen.

    Mit Sein oder Nichtsein präsentiert das Pforzheimer Schauspielensemble eine schwar-ze Komödie, ein ebenso unterhaltsames wie substantielles “Theater auf dem Theater”. In Anlehnung an die Schwarz-Weiß-Ästhetik der Filmvorlage sind sowohl Kostüme wie auch das Bühnenbild rein in Beige-, Braun und Schwarztönen gehalten.

    Taksi to Istanbul Ensembleproduktion

    STUDIOBÜHNE

    Mo, 29.02.16, 19:00 Uhr Di, 01.03.16, 11:00 Uhr

    Comedia KölnFür Jugendliche ab 10 Jahren

    Text Hannah Biedermann und Manuel Moser Regie Manuel Moser Ausstattung Maurice Dominic Angrés Musik Öğünç Kardelen Mit Sibel Polat, Faris Metehan Yüzbaşioğlu, Harun Çiftçi

    Einheitspreis 7 €, ermäßigt 4 € Familienpaket 15 €

    Sein oder Nichtsein Komödie von Nick Whitby

    GROSSE BÜHNE

    Di, 01.03.16, 19:30 Uhr, COM 2, WA Mi, 02.03.16, 14:30 Uhr, SEN 2

    Theater PforzheimNach dem gleichnamigen Film von Ernst Lubitsch Inszenierung Caroline Stolz Mit Markus Löchner, Katja Thiele, Sergej Gößner, Robert Besta, Joanne Gläsel, Jens Peter, Konstanze Fischer, Fredi Noël, Mario Radosin, Tobias Bode, Thomas Peters, Klaus Geber und Thorsten Klein

    Preise 26 €, 22 €, 18 €, 14 € SEN Einheitspreis 14 €

    StudiobühneMo, 29.02.16, 19:00 UhrDi, 01.03.16, 11:00 Uhr

    enSembleproduktion Text von Hannah Biedermann

    und Manuel Moser

    Taksi To isTanbul

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  • i n der Welt der Zahlen geht es ordentlich, ja, wenn man so will hierarchisch zu. Der Logik folgend, ist Einer natürlich immer der Erste und Zweier immer der Zweite. Kei-ner der Beiden kommt auf die Idee, die bestehende Ordnung in Frage zu stellen. Sie haben die Rechnung allerdings ohne Dreier gemacht. Der bringt ihre Welt ins Wanken, denn er will sich nicht damit abfinden, als ewiger Dritter nie mitspielen zu dürfen. Und so sagt er der Ordnung der Welt den Kampf an, indem er sich über die Reihenfolge der Zahlen hinwegsetzt. Dreier will hinter die Hülle der bloßen Zahlen blicken: „Ihr sagt im-mer nur, der Wievielte ihr seid – aber der wievielte WAS seid ihr denn? Wer seid ihr ei-gentlich?!“

    Carsten Brandau hat mit Dreier steht Kopf ein charmantes Stück Anarchie geschrieben. Es erinnert die Erwachsenen daran, wieviel Spaß es macht, eine bestehende Ordnung auf den Kopf zu stellen. Dass es Regeln gibt in einer Welt, in der viele, viele Menschen zusammenleben, hat etwas Beruhigendes und gibt uns Sicherheit. Trotzdem muss nicht jede Regel generell gut sein. Manchmal gibt es bessere Regeln als die bestehenden. Mit seinem klugen und sehr witzigen Stück gewann Carsten Brandau ein Stipendium zum deutschen Kindertheaterpreis und war zudem Preisträger des niederländisch-deut-schen Autorenwettbewerbs „Kaas und Kappes 2013“. Die Jury zeichnete ihn aus, weil es ihm „gelungen ist, für ein sehr junges Publikum einen komplizierten, aber reizenden Text zu erschaffen, der mathematisch klingt und gleichzeitig wichtige Sachen thematisiert: Wer bin ich? Wer bist du? Wie passen wir zusammen? Dies alles ist so locker und hu-morvoll geschrieben, dass jeder sich davon einnehmen lässt und mitgeht.“

    Dreier steht Kopf Von Carsten Brandau

    HINTERBÜHNE

    FR, 04.03.16, 10:00 Uhr FR, 04.03.16, 16:00 Uhr

    Tatort: Schlachtfeld Lesung und Gespräch zum Ersten Weltkrieg

    GLÄSERNES FOYER

    So, 06.03.16, 11:00 Uhr

    Theaterhaus Ensemble Für Kinder ab 5 Jahren

    Spiel Günther Henne, Oliver Kai Mueller, Uta Nawrath Regie Rob Vriens

    Einheitspreis 5 €, ermäßigt 3 € Familienpaket 10 €

    Eine Produktion vom Haus der Kultu-ren der Welt, Berlin, im Rahmen des Projekts „100 Jahre Gegenwart“ Mit Nicole Heesters und Andreas Hoppe Im Anschluss Expertengespräch mit dem Historiker Wolfgang Schivelbusch und Maria Böhmer (CDU, MdB) Konzeption Dr. Sonja Valentin Weitere Informationen zur bundesweiten Lesereihe unter hkw.de/tatort

    Preis 12 €

    h undert Jahre nach dem Ersten Weltkrieg haben die Gewaltkonflikte unserer Zeit ganz neue Formen angenommen. Wenn anstelle von Staaten einzelne Milizen, Warlords und Terrorgruppen zu den entscheidenden Akteuren werden, lassen sich Kriege oft kaum noch als solche erfassen. Doch auch der Erste Weltkrieg als welt- umspannendes Kriegsereignis war schon ein komplexes Gebilde unterschiedlichster Parteiungen und Partisanen, Paramilitärs und kriegstreiberischer Intellektueller. Manch-mal war nicht klar, wer eigentlich gegen wen und für was kämpfte, denn Freundschaften, Loyalitäten und Überzeugungen gerieten oft in Konflikt mit der nationalen Identität.

    Nicole Heesters und Andreas Hoppe lesen literarische Texte, Briefe und Zeitungsartikel aus der Zeit des Ersten Weltkriegs, um vor dem historischen Hintergrund zu einem neu-en Verständnis heutiger Phänomene wie Terror und Bürgerkrieg, militärische Interven- tionen, Flucht und Vertreibung zu kommen.

    Ein Expertengespräch mit dem Historiker Dr. Wolfgang Schivelbusch und Maria Böhmer (CDU, MdB) im Anschluss an die Lesung vertieft die Auseinandersetzung mit einem Krieg, der wie kaum ein anderer Künstler*innen und Literat*innen seiner Zeit beschäftigt hat und der – vor dem Hintergrund gegenwärtiger Entwicklungen – dazu auffordert, Fra-gen nach politischer und ziviler Verantwortung neu zu stellen.

    Nicole Heesters

    Andreas Hoppe

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  • 4.3. – 13.3.16

    Programmschwerpunkt OFFENE WELT 2016

    In der gegenwärtigen Debatte über den Umgang mit Flüchtlingen ist es nicht leicht, ei-nen klaren Standpunkt zu finden. Und klüger, es sich dabei erst gar nicht leicht zu ma-chen. Schaffen wir das oder schaffen wir das nicht? Vielleicht liegt diese Entscheidung nur zu einem kleinen Teil bei uns. Unendlich viele Menschen sind jetzt unterwegs, auf der Suche nach Schutz und einem besseren Leben. Wer will es ihnen verdenken, dass sie an unsere Tür klopfen. Es ist einfach ein Zeichen dieser Zeit.

    Über all den Fragen, Schlagzeilen, traurigen und bewegenden Bildern gerät in den Hin-tergrund, dass Migration meistens eine Erfolgsgeschichte ist, auch und gerade hier in Ludwigshafen. Die Gesellschaft bleibt in Bewegung, und selbst da, wo kulturelle Unter-schiede als Störfaktor wahrgenommen werden, gibt es die Chance zur Weiterentwick-lung. Konflikte, sofern sie bewältigt werden, sind produktiv. Aber dazu braucht es Offen-heit und die Bereitschaft, sich und das allzu Gewohnte in Frage zu stellen.

    Unser Programmschwerpunkt OFFENE WELT nimmt Regionen in den Fokus, die einen Querschnitt des kulturellen Reichtums unserer Erde zeigen. Künstler und Künstlerinnen aus Lateinamerika, Skandinavien, der Türkei, vom Balkan und aus Deutschland analy-sieren unser soziales Miteinander unter dem Aspekt des culture clash. Sie legen den Finger in offene Wunden, befragen die Eltern und Großeltern, suchen ihren Platz zwi-schen Vergangenheit und Zukunft und sind authentisch in einem künstlerischen Aus-druck, der aus den unterschiedlichsten globalen Einflüssen etwas ganz Neues schafft.Andere Künstler schlagen ab jetzt ihre Zelte in Ludwigshafen auf und recherchieren vor Ort, wo Migration gelingt und wo noch etwas zu tun ist. Dank großzügiger Unterstützung durch die BASF entstehen in den nächsten Monaten Projekte mit Bürgern und Bürgerin-nen der Stadt. Wir zeigen sie bei der nächsten OFFENEN WELT, als Auftakt zu den Festspielen Ludwigshafen 2016. Und freuen uns auf anregende Begegnungen mit Ihnen im ersten Teil der OFFENEN WELT vom 04. bis zum 13.03.16 in den Pfalzbau Bühnen.

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  • e rinnert sich noch jemand an die „Beschneidungsdebatte“, die vor ein paar Jahren die politischen Auseinandersetzungen beherrschte? Damals war ein Vierjähriger nach der rituellen Beschneidung mit Nachblutungen in einem Kölner Kranken-haus behandelt worden. Die anschließende Gerichtsverhandlung ergab, dass die Be-schneidung des Jungen „Körperverletzung“ und zu verbieten sei. Danach entbrannte eine heftige Diskussion um „körperliche Unversehrtheit“ und freie Ausübung der Religi-onen, die den islamischen und jüdischen Gemeinden am Herzen lag. Wo fangen „Per-sönlichkeitsrechte“ an, wo hört „Religionsfreiheit“ auf?

    Am Ballhaus Naunynstraße Berlin nahm man sich des Themas auf eine etwas andere und weit weniger ernsthafte Art an, dafür aber mit großem Unterhaltungspotential. Autorin Necati Öziri erzählt in Vorhaut die Geschichte eines Silvesterabends in einem Berliner Krankenhaus. Oberschwester Jasmin (Melek Erenay) ist auf einen ruhigen Dienst bei Sekt und Knabberzeug eingerichtet, als die schwangere Ela (Lodi Doumit) mit verfrühten Wehen eingeliefert wird. Im Schlepptau hat sie ihre illustre Familie Bülükoglu. Mutter Elif (Sema Poyraz) ist mit gefüllten Weinblättern zur Stelle. Bruder Abraham (Timur Isik), philosophisch belesener Bodybuilder, flirtet eifrig mit Krankenschwester Schwenzer (Katharina Koch) und Schwager Mohammed (Eray Egilmez) entdeckt vor dem Kreißsaal seine wahre sexuelle Bestimmung und träumt vom ersten Christo-pher-Street-Day in Ramallah. Kindsvater Christian aus Niederpierscheid im Eifelkreis Bitburg-Prüm (Michael Wenzlaff) schließlich ist wild entschlossen, die Vorhaut seines künftigen Stammhalters gegen alle blutrünstigen religiösen Bräuche und notfalls auch gegen die türkische Schwiegermutter zu verteidigen. Christian „Es reicht mir! Ich forde-re hiermit die sofortige Beendigung der Unterdrückung der Mehrheitsgesellschaft in Deutschland!!“ Mohammed und Abraham (zusammen): „Alter! Was für ’ne Mehrheit? Guck dich doch mal um!“

    Bei der absurden und grotesk-komischen Beschneidungskomödie führte Miraz Bezar Regie. Er rollt in seinem schrillen Boulevardstück ohne Rücksicht auf Befindlichkeiten und politische Korrektheit die Vorhaut-Frage volksnah auf. Es entsteht ein greller Abend voller satirischer Seitenhiebe auf religiöse Bräuche, das Aufeinandertreffen unterschied-licher gesellschaftlicher Vorstellungen und familiärer Strukturen. Ein Stück über ein Fleischstück, an dessen umstrittener Länge Deutschlands Zukunft zu hängen scheint. Ein prä-ziser Griff zwischen die Beine mit vielen Fragen: Gefüllte Weinblätter oder But-terbrot? Korantreue Christen oder jüdische Bodybuilder? Saugglocke oder Geburtszan-ge? Knochenharte Gutmenschen und watteweiche Fundamentalisten wollen es wissen!

    VORHAUT Komödie von Necati Öziri

    GROSSE BÜHNE

    Fr, 04.03.16, 19:30 Uhr, COM 1 Sa, 05.03.16, 19:30 Uhr, S1, TG 6

    Ballhaus Naunynstraße Berlin Inszenierung Miraz Bezar Bühne Katharina Faltner Kostüme Sofia Vannini Dramaturgie Tuncay Kulaoğlu Mit Lodi Doumit, Eray Egilmez, Melek Erenay, Timur Isik, Sema Poyraz, Katharina Koch, Michael Wenzlaff Eine Produktion von Kultursprünge im Ballhaus Naunynstraße gemeinnützige GmbH. Erstproduktion gefördert durch den Hauptstadtkulturfonds und die Interkulturelle Projektförderung des Landes Berlin

    Preise 26 €, 22 €, 18 €, 14 €

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  • D as hat man so noch nicht gelesen: Feridun Zaimoglu führt seine Leser ins Istan-bul der 30er-Jahre und mitten hinein in eine fremde und faszinierende Welt, in der sich ein deutscher Junge behaupten muss. Eine Familiensaga der besonde-ren Art, emotionsgeladen, abgründig und spannend. Wolf weiß nicht, wie ihm geschieht. Nach dem Tod seiner Mutter hat er mit seinem Vater gelebt, der aber nach einer War-nung vor der Gestapo plötzlich Deutschland verlassen muss. Es ist das Jahr 1939, und Wolf findet sich in Istanbul wieder, in der Familie von Abdullah Bey und mitten im Sie-bentürmeviertel, einem der schillerndsten Stadtteile der Metropole, in der Religionen und Ethnien in einem spannungsreichen Nebeneinander leben.

    Was als vorübergehende Maßnahme gedacht war, wird zu einer Dauerlösung, und Wolf muss sich zurechtfinden in diesem überwältigenden Kosmos. Er wird von Abdullah Bey an Sohnes statt angenommen, besucht die Schule und erobert sich seine Stellung unter den Jugendlichen des Viertels. Als er langsam zu begreifen beginnt, welche Rolle Abdullah Bey wirklich spielt, gerät er in große Gefahr. Nach »Leyla«, dem Bestseller über den Weg einer jungen Türkin von Anatolien ins Deutschland der 60er-Jahre, wendet sich Feridun Zaimoglu wieder der Türkei zu und greift dabei die deutsche Emigration auf. Mit großer Sprachkraft und Poesie führt er den Leser in eine Welt, in der Kulturen und Religionen, aber vor allem menschliche Leidenschaften und Sehnsüchte aufeinanderprallen.

    Einheitspreis 12 €

    Siebentürmeviertel Lesung von Feridun Zaimoglu

    GLÄSERNES FOYER

    Di, 08.03.16, 19:30 Uhr

    Feridun Zaimoglu

    Feridun Zaimoglu

    geboren 1964 im anatolischen Bolu, lebt seit etwa 45 Jahren in Deutschland. Er studierte Kunst und Humanmedi-zin in Kiel, wo er seither als Schriftsteller, Drehbuchautor und Journalist arbeitet. Er war Kolumnist für das ZEITma-gazin und schreibt für Die Welt, die Frankfurter Rundschau, Die Zeit und die FAZ. 2002 erhielt er den Hebbel-Preis, 2003 den Preis der Jury beim Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt und 2004 den Adelbert-von-Chamisso-Preis. Im Jahr 2005 war er Stipendiat der Villa Massimo in Rom. Im selben Jahr erhielt er den Hugo-Ball-Preis und 2007 den Grimmelshausen-Preis, 2008 den Corine-Preis für seinen Roman Liebesbrand, 2010 den Jakob-Wasser-mann-Literaturpreis und 2012 den Preis der Literaturhäuser. Im Jahr 2015 ist er Stadtschreiber von Mainz.

    D er türkische Künstler Sakir Gökçebağ setzt sich mit dem „Alltäglichen“ ausein-ander, mit Dingen, die uns allen bekannt und sehr vertraut sind. Durch minimale, äußerst subtile Eingriffe unterzieht er sie einer Verwandlung, die ihre ursprüng-liche Funktion vollkommen vergessen lässt. Kleiderbügel, Schirme, Gürtel, Toilettenpa-pier, Orientteppiche oder Gebetsketten werden in neue, überraschende und zweckfreie Ordnungen überführt.

    Für die Ausstellungshalle des Kunstvereins Ludwigshafen schafft er eine neue Installati-on, die dort vom 23. Januar bis zum 10. April 2016 gezeigt wird. Auch im Rahmen unse-res Programmschwerpunkts OFFENE WELT zeigt Sakir Gökçebağ eine seiner Arbeiten. Im Kassenfoyer des Theaters im Pfalzbau begegnet der Zuschauer einem Kunstwerk, das ihm die Grenzen seiner Wahrnehmung bewusst macht und den Blick öffnet für neue, ungeahnte Erfahrungen. Zur Vernissage am 8. März sind der Künstler sowie die Direkto-rin des Kunstvereins Ludwigshafen Barbara Auer anwesend.

    Im Rahmen der Ausstellung Reorientation im Kunstverein Ludwigshafen

    Eintritt frei

    Homework Installation von Sakir Gökçebağ Vernissage

    KASSENFOYER

    Di, 08.03.16, 18:30 Uhr

    Ohne Titel, 2012, 45 x 65 x 45 cm

    Läufer # 2, 2013, 360 x 125 x 12 cm

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  • i nwieweit lassen sich Theater und Politik trennen? Inwiefern lehrt uns politische Wirk-lichkeit den Verfallswert von gesellschaftlichen Visionen? Wie lassen sich kulturelle und ästhetische Identität nach Umbruch und Zerfall beschreiben? Nach dem großen Erfolg mit Aleksandra Zec zur Eröffnung des internationalen Festivals Offene Welt im vergangenen Jahr ist der europäische Star-Regisseur Oliver Frljić mit sei-nem eindringlichen Ensemble wieder zu Gast in den Pfalzbau Bühnen. Auch in seinem jüngsten Projekt Complex Ristić setzt er sich vielperspektivisch mit der Geschichte und dem kulturellen Erbe Ex-Jugoslawiens auseinander. Er trifft mit seinen radikalen Frage-stellungen die klaffende Wunde eines zerrissenen Landes und gräbt sich tief in dessen kollektives Bewusstsein hinein. Im Fokus steht der bedeutende serbische Theaterregisseur Ljubiša Ristić, ein kommu-nistischer Guerillero der Szene, der den Krieg gegen die bürgerliche Gesellschaft als Theaterspiel inszenierte und Mitte der 70er Jahre das jugoslawische Theater, das sich zu der Zeit in einer künstlerischen Krise befand, ästhetisch und politisch revolutionierte. Er gründete die KPGT, ein Kürzel bestehend aus den Anfangsbuchstaben für das Wort Theater auf Kroatisch, Serbisch, Slowenisch und Mazedonisch. Seine Theaterarbeiten standen für die Vision eines pluralistisch vereinten Jugoslawiens – ein multikulturelles Projekt, die gelebte Utopie von Jugoslawien als einem kulturellem Raum, der die besten Autoren, Schauspieler, Regisseure aus der Region vereinte. In den Jahren nach 1991, als sich Ex-Jugoslawien in Folge der blutigen Bürgerkriege aufzulösen begann, nahm Ljubiša Ristić eine bedeutende Position in der Jugoslawischen Linken ein, die von 1990 bis 2000 die bestimmende politische Kraft Serbiens unter der Führung Mira Markovićs war, der Witwe des früheren Präsidenten Slobodan Milošević. Zusammen mit einem mehrköpfigen Team internationaler Künstler und Wissenschaftler hat sich das Ensemble um den Regisseur Oliver Frljić und seinen Dramaturgen Goran Injac und Tomaž Toporišić bei der Stückentwicklung intensiv mit der Frage auseinander-gesetzt, inwieweit sich Ristićs Theater von seinen politischen Aktivitäten trennen lässt, inwieweit Kunst und Politik in Widerspruch stehen und der Bereich des gesellschaftlich Visionären nur auf die Kunst begrenzt sein kann. Entstanden ist ein hoch politischer Theaterabend, ein kraftvoller, poetischer und musikalischer Bilderreigen, der von der Biographie Ljubiša Ristić ausgeht, letztlich aber die Verflechtung von Kunst, Politik, Ge-schichte und Identität zum Gegenstand hat. Complex Ristić ist eine theatrale Reflexion über Vergangenheit und Gegenwart aus der Perspektive einer anderen Generation von Künstlern, die auf der Grundlage der Überbleibsel eines vereinten jugoslawischen Kul-turraums Theater machen, ihre eigene Sprache sprechen, ihre eigene Ästhetik ausge-prägt haben und von dem Blickwinkel zeitgenössischen Bildungswissens ausgehend analysieren, was ihre kulturelle und ästhetische Identität ausmacht. Somit ist Oliver Frljićs Arbeit zugleich immer eine Reflexion, die weit über den rein jugoslawischen Kon-text hinausweist auf brennende Fragen globaler Gesellschaften in Zeiten von Krieg, Krise und Fluchtbewegung.

    Kompleks Ristić Der Ristić Komplex Deutschlandpremiere

    HINTERBÜHNE

    Mi, 09.03.16, 20:00 Uhr

    Einführung 19:30 Uhr Treffpunkt Eingang Hinterbühne

    Bildertheater Internationale Koproduktion Slovensko mladinsko gledališče Ljubljana; HNK Ivana pl. Zajca Rijeka; BITEF, Beograd; MOT, Skopje Regie Oliver Frljić Dramaturgie Goran Injac, Tomaž Toporišić Kostüme Sandra Dekanić, Slavica Janošević Bühnenbild Oliver Frljić, Dalibor Laginja Mit Primož Bezjak, Uroš Kaurin, Jerko Marčić, Nika Mišković, Draga Potočnjak, Matej Recer, Blaž Šef Gefördert durch das slowenische Kulturministerium

    Einheitspreis 18 €, ermäßigt 10 € Dauer 60 Minuten

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  • e in Frauenhaushalt: Großmutter, Mutter und Tochter. Marianna Salzmann, im so- wjetischen Wolgograd geboren und in Deutschland aufgewachsen, webt in Muttersprache Mameloschn (Mameloschn bedeutet übrigens auf jiddisch Mut-tersprache) das Gespinst eines jüdischen Generationendreiecks. Die Frauen gehen sich mit brillanten Dialogen auf die Nerven. Großmutter Lin etwa hat in der DDR gelebt und will auch heute den Traum vom gelingenden Sozialismus nicht aufgeben. Für ihre Tochter Clara ist das kaum erträglich. Sie reagiert unwirsch und aggressiv auf die aus ihrer Sicht rosarote Verbrämung einer ehemaligen DDR mit antisemitischen Unterströ-mungen.

    Für Enkelin Rahel ist das ganz anders. Sie hört der Großmutter gerne zu und scheint zu spüren, dass die Ruhe der Großmutter im Festhalten an der Utopie liegt. Zu ihrer Mutter hat Rahel, wie könnte es anders sein, ein angespanntes Verhältnis. Die jüngste der Frau-en will weg nach New York und es ist wie ein Befreiungsschlag, wenn Rahel in einem Nebensatz meint: Nein, sie werde in Brooklyn auf keinen Fall Ausschau nach einem jü-dischen Mann halten. Mit Männern habe sie nicht so viel am Hut, mit Frauen schon eher.

    In all diesen Erzählungen und Wortgefechten geht es um Fragen der Identität und Zuge-hörigkeit – zu einem Land, einer Religion, einer sexuellen Orientierung. Es geht um so etwas wie Heimat und wie man sie in einem fremden Land findet, oder auch nicht. Als das Stück 2012 am Deutschen Theater Berlin uraufgeführt wurde, spielten die Schau-spielerinnen in einem mit Möbeln voll gepackten Wohnzimmer. Mirah Laline, eine in ihrem Heimatland Brasilien mit mehreren Preisen ausgezeichnete junge Regisseurin, hat Muttersprache Mameloschn in der südbrasilianischen Metropole Porto Alegre ganz puristisch inszeniert. Auf der Bühne sind die notwendigsten Möbel, ansonsten kon-zentriert die brasilianische Erstaufführung sich auf Marianna Salzmanns Dialoge. Auf portugiesisch klingt das wie Musik.

    Lingua mãe Mameloschn Muttersprache Mameloschn Stück von Marianna Salzmann

    STUDIOBÜHNE

    Do, 10.03.16, 19:30 Uhr Fr, 11.03.16, 19:30 Uhr

    Einführung vor jeder Vorstellung 19:00 Uhr Treffpunkt Eingang Hinterbühne Nachgespräch mit Mirah Laline im Anschluss an die Vorstellung

    ATO cia. cênica In portugiesischer Sprache mit deutschen Übertiteln Regie Mirah Laline Mit Ida Celina, Mirna Spritzer, Valquiria Cardoso, Phillipe Philippsen Bühne Rodrigo Shalako Kostüme Rosangela Cortinhas Gefördert vom Goethe-Institut Porto Alegre, Brasilien sowie München

    Einheitspreis 18 €, ermäßigt 10 € Dauer 1 Stunde 30 Minuten

    n ach dem Tod des Achill werden dessen Waffen nicht Ajax, dem besten Kämpfer, sondern Odysseus zugesprochen. Ajax ist in seiner Ehre tief gekränkt und sinnt auf Rache. Um Schlimmes zu verhindern, lenkt die Göttin Athene seinen Zorn auf eine Herde aus Schafen, die Ajax wie besinnungslos schlachtet. Als er seinen Irrtum erkennt, entzieht er sich der Schmach und dem Spott der anderen durch Selbstmord. Gegen den Brauch und den Befehl der Heerführer Menelaos und Agamemnon setzt sich Odysseus dafür ein, dass sein ehemaliger Rivale durch ein ordentliches Begräbnis nach dem Tod Ruhe finden kann.

    In der Regie von Tilman Gersch spielen Jugendliche das antike Theaterstück von So-phokles entlang moderner Leitfragen: Was bringt einen Menschen dazu, eine Gewalttat oder gar einen Amoklauf zu verüben? Was bewegt einen Menschen zu einem Selbst-mordattentat? Gerade in einer Zeit voller Gewalt auf der ganzen Welt zeigt sich die gro-ße Aktualität des antiken Dramas. Die 15 jugendichen Darstellerinnen und Darsteller zwischen 12 und 18 Jahren haben zum Großteil Migrationsgeschichte und bringen Im-pulse mehrerer Kulturen und Sprachen in die Arbeit ein. Kernsätze des 2000 Jahre alten Textes wie „Wohin gehen? Wo bleiben?“ werden in verschiedenen Sprachen gespro-chen und entwickeln auf der Bühne eine starke Eindringlichkeit. Gedanken an Flücht-lingsströme und das Gefühl der Entwurzelung drängen sich auf.

    Tilman Gersch hat jede Rolle mit mindestens zwei Darstellern besetzt. Ajax, den der Re-gisseur als Prototypen eines Attentäters zeichnet, wird von einem deutschen und einem iranischen Jungen gespielt. Dadurch wird die Figur des Ajax nicht in einem bestimmten Kulturfeld verortet. Wie konkret in der jahrtausendealten Geschichte ungeklärte Fragen des 21. Jahrhunderts angesprochen werden, ist nicht zuletzt der Übersetzung Simon Werles zu verdanken. Den Bezug zwischen der Antike und heute bringt Stefanie Schnitz-ler in ihrer Rezension der Premiere auf den Punkt: „Es geht um das Zusammenleben verschiedenartiger Menschen, um Regeln, auf die sich alle einigen können, um Solidari-tät und Gerechtigkeit.“ Die Rheinpfalz, 18.9.2015

    Junger PfalzbauVon Sophokles Inszenierung Tilman Gersch Ausstattung Henrike Engel

    Einheitspreis 12 €, ermäßigt 7 € Familienpaket 25 € Dauer 50 Minuten

    Ajax Projekt mit Jugendlichen

    HINTERBÜHNE

    Do, 10.03.16, 11:00 Uhr Do, 10.03.16, 19:00 Uhr

    HinterbüHneMi 16.09.15, 19:30 UHr, PreMiere

    Do 17.09.15, 11:00 UHrFr 18.09.15, 19:30 UHr, JA

    SA 19.09.15, 19:30 UHr

    von SophokleS

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  • s heikh Bahauddin Adil, Meister eines der ältesten Sufi-Orden, ist der jüngere Bruder und Vertreter von Sheikh Mehmed Adil, dem seit 2014 amtierenden spirituellen Oberhaupt der Sufis. Auf seiner Reise durch viele Länder der Welt fasziniert und berührt Sheikh Bahauddin Adil Menschen durch seine weisen Anspra-chen und seinen hinreißenden meditativen Gesang.Im Jahr 2009 wurde Sheikh Bahauddin im Auftrag seines Vaters für sein außerordentli-ches Lebenswerk mit der höchsten Auszeichnung des Sultans von Malaysia in Kuala Kangsar, Perak geehrt. Viele Institutionen wie z.B. die UNESCO schätzen seine men-schennahen und friedlichen Botschaften und laden ihn gern zu Vorträgen ein.

    Sheikh Bahauddin Adil, geboren im Jahr 1963, studierte in Damaskus. Bald danach ging er nach Zypern. Nach seinem ältesten Bruder Sheikh Mehmed Adil wurde Sheikh Bahauddin zum zweiten Mann im Naqshibandi-Sufi-Orden. Mit seiner begnadeten Stim-me veröffentlichte er 2013 ein Album und arbeitet an weiteren Produktionen. Im Januar dieses Jahres erschien sein fünftes Buch; seine Schriften handeln von Herzlichkeit, Menschlichkeit und Spiritualität.

    Als Sufimus bezeichnet man die mystische Auslebung des Islam, im Westen hauptsäch-lich bekannt durch die drehenden Derwische und Jelaleddin Rumi, den persischen Poeten. So wie sich alles, was lebendig ist, dreht auf dieser Welt, so drehen sich die Der-wische mit ihren weiten weißen Röcken weltentrückt um sich selbst, um eins zu werden mit dem Lebendigen, dem Liebenden, mit Gott.

    Begleitet wird Sheikh Bahauddin Adil, der Tradition entsprechend, von einer original os-manischen Mehter-Kapelle. Ensembles dieser Art wurde schon zu Zeiten des Osmani-schen Reiches genutzt, um Ehrengäste willkommen zu heißen. Die Musiker stammen aus Ludwigshafen und proben im Ludwigshafener Sufi-Verein „Harmonie der Herzen e.V.“, der 2009 von Ayberk Efendi gegründet wurde. Die osmanische Mehter-Kapelle des Vereins tourte bereits durch viele Länder und Hauptstädte Europas.

    Die Ottoman Sufi Night by Sheikh Bahauddin Adil verspricht ein mystisches Erlebnis aus Gesang, Derwischtanz und Sufi-Weisheiten.

    Ottoman Sufi Night von Sheikh Bahauddin Adil

    GROSSE BÜHNE

    Sa, 12.03.16, 20:00 Uhr

    Einheitspreis 19 €

    T he Miraculous nennt die in Kopenhagen lebende zierliche Schwedin ihr neues Album, es ist sehr düster, ein wenig angsteinflößend, aber auch unglaublich schön. Es knüpft an ihr allerorts beliebtes Funeral-Pop-Album »Ceremony« an. Als Kind erzählten Annas Eltern immer Geschichten von einem Ort, den die Familie ger-ne besuchte. Es handelte sich dabei um einen Ort von außergewöhnlicher natürlicher Schönheit, aber mit wechselvoller Vergangenheit: Heimat der traditionellen schwedi-schen Folk-Musik, aber auch Kulisse für die blutige Niederschlagung eines Bauernauf-standes. Kurzum, ein geheimnisvoller Ort voller Magie und Terror, voller Geschichten, Sagen und Geheimnisse. Obwohl Anna nicht verraten will, wo er ist, kehrt sie heute im-mer noch regelmäßig dorthin zurück, manchmal nur in ihrer Phantasie. Diesen Ort nennt sie The Miraculous.

    Einen Großteil der Musik auf The Miraculous schöpft sie aus diesen Geschichten und Bildern, die sich um jenen geheimnisumwobenen Ort ranken. Gleichzeitig macht sie wie-der exzessiven Gebrauch von der „Acusticum“-Pfeifenorgel in Piteå (Nordschweden), deren kolossaler Sound – mit mehr als 9000 Pfeifen ist sie eine der Größten ihrer Art im ganzen Land – heldenhaft auf dem ganzen Album umherschwebt. Im Jahr 2012 einge-weiht und designt von Gerard Woehl, verleiht sie dem Album eine einzigartige Note, erzeugt dramatische Momente und untermalt die brütenden Drone-Sounds und ver-träumten Klanglandschaften, die die Grundlage des Albums bilden.

    Anna von Hausswolff Konzert

    GROSSE BÜHNE

    So, 13.03.16, 20:00 Uhr

    Band Ulrik Ording (Schlagzeug), Joel Fabiansson (Gitarre), Karl Vento (Gitarre) und Filip Leyman (Syn-thesizer)

    Einheitspreis 18 €, ermäßigt 15 €

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  • A nna Fierling, genannt Mutter Courage, fürchtet nichts mehr als den Ruin. Als al-leinerziehende Mutter dreier Kinder hat sie es nicht leicht, schließlich geht es ums Überleben. Das gelingt paradoxerweise dort am besten, wo der Tod beson-ders nah ist: im Krieg, der noch immer seinen Mann ernährt. Mit einem Wagen voller Waren zieht die Courage im Dreißigjährigen Krieg den evangelischen Truppen hinterher und macht ihren Reibach. Ihr Gewissen ist rein, den Kindern ist es ja bislang nicht schlecht ergangen, und wenn man schon den Krieg nicht abschaffen kann, dann sollte er wenigstens Gewinn bringen. Anna Fierling ist stolz darauf, ihren Nachwuchs halb-wegs unbeschädigt durch die lebensfeindlichen Verhältnisse an der Front gebracht zu haben. Nur die Tochter Kattrin hat was abbekommen und ist seither stumm. Auf Dauer aber geht die Rechnung nicht auf. Nacheinander kommen der Courage ihre drei Kinder abhanden, und der Handel geht den Bach herunter. Allein zieht sie schließlich den ver-wahrlosten Truppen hinterher und hofft noch immer aufs große Geschäft, unbelehrbar wie sie ist.Bertolt Brecht schreibt seine Chronik aus dem Dreißigjährigen Krieg im dänischen und schwedischen Exil, kurz vor und nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs. Er ahnt, dass Europa ein ähnlicher Vernichtungsfeldzug bevorsteht, wie es im 17. Jahrhundert der dreißig Jahre währende, unvorstellbar grausame Krieg zwischen Katholiken und Re-formatoren war. In Skandinavien ist 1939 von allgemeiner Mobilmachung nichts zu spü-ren. Wie schon im Ersten Weltkrieg berufen sich die Staaten auf ihre Friedfertigkeit und Neutralität – und halten nach wie vor ihre Handelsbeziehungen zum Aggressor Deutsch-land aufrecht. Brechts Mutter Courage ist ein Appell an die vermeintlichen Pazifisten, sich nicht dem Weltgeschehen zu entziehen, sondern politisch Haltung zu beweisen; aktiv vorzugehen gegen einen Diktator und sein willfähriges Volk, das sich aufmacht, die Welt an den Abgrund zu treiben. Uraufgeführt wird das Stück nicht am Entstehungsort, sondern 1941 in Zürich, in der ebenfalls neutralen Schweiz. Aber da ist es längst zu spät, der Krieg ist in vollem Gange, die Katastrophe nicht mehr aufzuhalten.Mutter Courage ist mehr als ein Antikriegsdrama. Bertolt Brecht hat auch ein Stück über das unbedingte Primat der Ökonomie geschrieben, dem sich jede moralische Frage un-terzuordnen hat. Sein Krieg ist eine Metapher, er steht für eine Welt im Ausnahmezu-stand, in der das Gesetz des Stärkeren gilt. Die Stärkeren, das sind noch immer wir in der Festung Europa. Aber die Festung wackelt. Jahrzehntelang hat auch Deutschland

    MUTTER COURAGE UND IHRE KINDER Eine Chronik aus dem Dreißigjährigen Krieg von Bertolt Brecht

    GROSSE BÜHNE

    Mo, 14.03.16 19:30 Uhr, S2, JA Di, 15.03.16 11:00 Uhr Mi, 16.03.16 19:30 Uhr, TG 4

    Nachgespräch am Mi, 16.03.16 im Anschluss an die Vorstellung im Gläsernen Foyer

    Montag 14.03.16 19:30 Uhr S 2, Ja

    groSSe BühneDienStag15.03.16

    11:00 Uhr

    Mittwoch 16.03.16

    19:30 Uhrtg 4

    Mutter Courage und ihre Kinder

    eine chronik aUS DeM DreiSSigJährigen krieg

    Waffen in die Krisengebiete geliefert, aus denen uns jetzt die Flüchtlinge erreichen, die es lebend nach Europa schaffen. Die Waffenindustrie hat daran gut verdient und kämpft erbittert gegen jeden Versuch, die Lieferungen zu limitieren. Jahrzehntelang haben wir alle auf Kosten der Entwicklungsländer billig eingekauft. Jetzt werden wir zur Verantwor-tung gezogen. Wenn in Bangladesh ein Haus einstürzt, in dem über dreitausend Nähe-rinnen und Näher gegen einen Hungerlohn für deutsche Textilfirmen arbeiten, oder in Pakistan reihenweise junge Männer daran sterben, dass sie für uns die Jeans sandstrah-len, bewegt uns das nicht nachhaltig. Der Gang zu den Textildiscountern macht nicht mehr ganz so viel Spaß, aber er scheint uns unvermeidlich, bei diesen Preisen! Erst wenn die „Dritte Welt“ an unsere Haustür klopft, wird die Lage unangenehm. Dann ist schnell von Krise die Rede, als käme ein Schicksal über uns, gegen das wir machtlos sind – so wie die kleinen Leute in der Mutter Courage, die jede gesellschaftliche Verant-wortung an die „Großen“ delegieren und die Handlungsspielräume, die auch sie sich nehmen könnten, ignorieren. In der Inszenierung von Tilman Gersch ist Anna Fierling eine Frau von heute, mit allen Widersprüchen der modernen Gesellschaft: Eine Kämpferin, wenn es um das Wohl ihrer Kinder geht, aber auch eine knallharte Geschäftsfrau, die Moral und Mitleid den Geset-zen der Wirtschaft unterordnet. Gespielt wird sie von Joanne Gläsel, die durch ihre Rol-le als Hauptkommissarin Eva Klaussner in der Krimiserie Der Ermittler auch dem Fern-sehpublikum bekannt ist und 2002 für den Publikums-Bambi nominiert wurde. Joanne Gläsel war unter anderem am Staatsschauspiel Dresden und an der Schaubühne Berlin engagiert und ist seit vier Jahren festes Ensemblemitglied am Theater Pforzheim. Und auch ein Sohn der Stadt ist dabei: Sergej Gößner aus der berühmten Ludwigshafener Ringer-Familie spielt die Rolle des Eilif. Am 9. April 2016 ist er außerdem in der Veranstal-tung Wort und Wein zu erleben.

    Koproduktion Pfalzbau Bühnen mit dem Theater PforzheimInszenierung Tilman Gersch Ausstattung Andreas Auerbach Musikalische Leitung Frank Rosenberger Dramaturgie Barbara Wendland/Peter Oppermann Mit Joanne Gläsel (Mutter Courage), Konstanze Fi-scher (Kattrin), Sergej Gößner (Eilif), Henning Kall-weit (Schweizer Kas), Jens Peter (Koch), Hanns Jörg Krumpholz (Feldprediger), Lilian Huynen (Yvette Pot-tier), Tobias Bode (Feldwebel), Timo Beyerling (Wer-ber), Fredi Noel (Obrist), Antonia Schirmeister (Bäue-rin); Anna-Maria Barth/ Sofia Katharina Fischer (Vio-line), David Sasowski (Trompete), Heiko Mall (Gitarre), Samuel Bilger/René Lotz (Schlagzeug), Frank Rosenberger (Wanzenklavier und Harmonium)

    Preise 26 €, 22 €, 18 €, 14 € Vorstellung am 15.03., 11.00 Uhr: Einheitspreis 11 € Dauer 2 Stunden 30 Minuten

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  • Das wichtigste Requisit einer formidablen Operette: das Telegramm! In Paul Abrahams durchgeknalltem Revue-Feuerwerk bringen gleich zwei Telegramme die Spaßgesellschaft in Wallung. Telegramm 1: Tangolita erinnert den frisch, aber leider nicht mit ihr verheirateten Aristide daran, dass sie noch ein Gala-Diner bei ihm gut hat. Schließlich verzichtete sie auf den üblichen Scheck, als er sie abservierte. Heute möchte sie dinieren – im Savoy. Telegramm 2: Ein Komponist namens „Pasodob-le“ lädt Aristide zu einer wichtigen Uraufführung ein – natürlich heute Abend, natürlich: im Savoy.

    Die wahre Absenderin dieser Zeilen: Jazz-Komponistin Daisy Darlington, Alibi-Liefe-rantin für Aristide und beste Freundin von – richtig! – Aristides jung vermählter Braut Madeleine. Was so beginnt, geht noch verrückter weiter.

    Der Ball im Savoy feierte seine Uraufführung am 23. Dezember 1932 als letztes großes Kulturereignis der Weimarer Republik im Großen Berliner Schauspielhaus. Hier war 1930 das berühmte Weiße Rössl über die Bühne galoppiert, doch Ball im Savoy ist für das Berlin dieser Zeit noch verrückter, noch mehr Jazz und noch mehr Frivolität – der Stoff, aus dem die ganz großen Erfolge sind. Und noch bevor Berlin das letzte Weihnachten als Hauptstadt einer vergnügten Republik feiert, rattern die Telegramm-Empfänger die Nachricht vom Triumph der neuen Abraham-Operette in alle Zeitungsredaktionen.

    „Abgefahren, schräg und schrill veranstaltet Regisseur Tobias Materna den Ball im Savoy.“ Neue Presse, 26. Oktober 2015

    BALL IM SAVOy Operette von Paul Abraham

    GROSSE BÜHNE

    Fr, 18.03.16, 19:30 Uhr COM 2 Sa, 19.03.16, 19:30 Uhr TG 2, TG 5, WA So, 20.03.16, 14:30 Uhr SEN 1

    Landestheater CoburgInszenierung Tobias Materna Musikalische Leitung Roland Fister Mit Dirk Mestmacher, Anna Gütter, Carolin Soyka, Niklaus Scheibli, Benjamin Hübner Bühne und Kostüme Jan Henrik Neidert und Lorena Diaz Stephens Chor und Ballett Landestheaters Coburg Philharmonisches Orchester Landestheater Coburg

    Preise 38 €, 32 €, 26 €, 20 € SEN Einheitspreis 21 €, ermäßigt 11 € Dauer 3 Stunden

    in The Kraut nimmt die alternde Marlene Dietrich alias Susanne Bard ihre Zuschauer mit auf eine faszinierende Zeitreise in die Vergangenheit und hält aus ihrem zurückge-zogenen Leben heraus musikalische Rückschau auf die Zeit in Paris 1944. Mitte September treffen sich die Dietrich und der Schriftsteller Ernest Hemingway nach der Befreiung von Paris im dortigen „Ritz“ und genießen in der Bar des Hotels ein paar Abende lang eine Atempause innerhalb eines Krieges, von dem sie nicht wissen, wie er ausgehen wird und ob sie ihn überleben werden.

    Marlene singt und erzählt von ihren Ängsten, ihren Hoffnungen, ihrer Wut und ihren Sehnsüchten. Sie berichtet von den zahlreichen Versuchen der Nazis, sie „heim ins Reich“ zu holen und von ihren ewigen Zweifeln, ob sie diesen Rufen nicht doch hätte folgen sollen. Die Diva sinniert, philosophiert und hadert mit sich. Sie gibt ihre großen Erfolge zum Besten, lässt ihre verflossenen Männer Revue passieren und teilt zahlreiche Seitenhiebe auf ihre Kolleginnen aus. Und ganz nebenbei erwacht ein Zeitalter samt sei-ner verschiedenen Protagonisten erneut zum Leben.

    Unter der musikalischen Leitung des Leipziger Komponisten und Pianisten Jens-Uwe Günther schlüpft die Schauspielerin Susanne Bard mit verblüffender Ähnlichkeit zu ihrem großen Vorbild in die Rolle der Diva und ermöglicht dabei einen Blick auf die pri-vate und sorgsam versteckte Seite Marlene Dietrichs. Neben den Liedern der Grande Dame parodiert und interpretiert die Schauspielerin auch zahlreiche Songs anderer Künstler.

    The Kraut Ein Marlene-Dietrich-Abend von Dirk Heidicke

    GROSSE BÜHNE

    Do, 24.03.16, 19:30 Uhr, COM 1

    Nach dem gleichnamigen Film von Ernst Lubitsch Mit Susanne Bard (Marlene) und Jens-Uwe Günther (Klavier) Inszenierung und Ausstattung Klaus Noack Musikalische Leitung Jens-Uwe Günther

    Preise 26 €, 22 €, 18 €, 14 €

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  • m it der Gründung des Beijing Dance Theatre im Jahre 2008 entstand das erste zeitgenössische Ballettensemble in China, das klassisches Ballett mit Modern Dance verschmelzen lässt. Das große Repertoire der Compagnie, basierend auf der klassischen Balletttechnik, greift zusätzlich die traditionellen Elemente der chi-nesischen Kultur auf und verbindet diese mit Elementen des Balletts und des Modernen Tanzes. Mit dem BDT hat Yuanyuan Wang das erste eigenständige Tanzensemble im Riesen-reich China gegründet. Für sie ist der Spagat zwischen dem Ballett, einem europäischen Kulturphänomen des 17. ⁄ 18. Jahrhunderts, und der eigenen traditionsreichen Kultur längst nicht mehr so riesig wie man zunächst annehmen könnte. Mögen beide Kulturen historisch betrachtet auch sehr unterschiedlich sein, lassen sie sich im Kreationspro-zess doch ohne weiteres miteinander verknüpfen: „Choreographiere ich ein Stück, das von einem aktuellen Ereignis irgendwo im Westen inspiriert ist, flechte ich oft Elemente des chinesischen Alltags ein.“, erläutert Wang Yuanyuan. Umgekehrt arbeite sie an ei-nem Thema aus der chinesischen Geschichte, färbe sie es mit Überlegungen – die an keiner Ländergrenze haltmachen. Wang yuanyuan ist davon überzeugt, dass „klassische chinesische Ideen mit Metho-den präsentiert werden können, die ästhetisch westlichen Bühnen zuzuordnen sind“. Ihr eigener Werdegang ist ein hervorragendes Beispiel dieser Synthese von West und Ost. Als Kind begann sie an der Beijing Dance Academy zu tanzen und studierte danach Choreographie. 1998 entwickelte sie ihr eigenes chinesisches Nussknacker-Ballett. Früh zog es sie zu Fortbildungen nach Amerika. Einladungen als Gast-Choreographin folgten: Beim New York City Ballet ebenso wie beim Königlich Dänischen Ballett und beim Shanghai Ballet arbeitete sie immer mit dem Bewusstsein, die „Freiheit des modernen Tanzes“ sichtbar werden zu lassen. Als sie sich schließlich mit Lichtdesigner Han Jiang und Bühnenbildner Tan Shaoyuan zusammentat, um ihre eigene Tanzcompanie zu grün-den, machte sie mit dieser Entscheidung einen großen Schritt in die Unabhängigkeit, der Wagnis und Befreiung zugleich bedeutete.

    WILD GRASS Ein Abend in drei Teilen Dead Fire / Farewell, Shadows / Dance of Extremity

    GROSSE BÜHNE

    Mi, 23.03.16, 19:30 Uhr, BR 2, TG 3

    Der dreiteilige Abend Wild Grass ist inspiriert von der gleichnamigen Gedicht-Anthologie des chinesischen Dichters Lu Xun aus dem Jahre 1927. Der Poet zieht eine ambivalente Bilanz: „Das vergangen