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Pflanzliche Selbstheilung unter dem Mikroskop ZfP-Sonderpreis der DGZfP beim Regionalwettbewerb Jugend forscht FREIBURG Jugend forscht 2013 Johannes Reinhart Schule: Hans-Thoma-Gymnasium Lörrach

Pflanzliche Selbstheilung unter dem Mikroskop forscht/RW Freiburg...Pflanzliche Selbstheilung unter dem Mikroskop ZfP-Sonderpreis der DGZfP beim Regionalwettbewerb Jugend forscht FREIBURG

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  • Pflanzliche Selbstheilung unter dem Mikroskop

    ZfP-Sonderpreis der DGZfP beim Regionalwettbewerb Jugend forscht

    FREIBURG

    Jugend forscht 2013

    Johannes Reinhart

    Schule:

    Hans-Thoma-GymnasiumLörrach

  • Pflanzliche Selbstheilung unter demMikroskop

    Der Regenerationsprozess epicuticularer Wachse der Calathea Rosea analysiertmithilfe von Rasterkraftmikroskopie

    Regionalwettbewerb Jugend forscht 2013

    Johannes Reinhart

    Schülerforschungszentrum phænovum Lörrach-Dreiländereck

    Hans-Thoma-Gymnasium Lörrach

  • Inhaltsverzeichnis

    Inhaltsverzeichnis

    1 Einleitung 1

    2 Theoretische Grundlagen 22.1 Aufbau der p�anzlichen Cuticula . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.2 Chemische Zusammensetzung der Wachse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.3 Morphologie der Wachse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.4 Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32.5 Selbstheilungsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

    3 Vorgehensweise, Methoden 33.1 Rasterkraftmikroskopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

    3.1.1 Software . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43.1.2 Artefakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

    3.2 Auswertung der Bilder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63.3 Auswahl der P�anzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73.4 Versuchsaufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

    3.4.1 Entfernen der Wachsschicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73.4.2 Variation von Umweltfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

    4 Ergebnisse 94.1 Ober�ächenstrukturen und Wachse verschiedener P�anzen . . . . . . . . . . . . . 94.2 Selbstheilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104.3 Morphologie und Struktur der Wachse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124.4 Variation von abiotischen Umweltfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

    4.4.1 Bodenfeuchtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134.4.2 Beleuchtungsstärke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

    5 Fazit 14

    6 Danksagung 15

    7 Literatur 15

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  • Einleitung

    1 Einleitung

    Das Problem von zerkratzen Smartphonedisplays ist weit verbreitet, oft weisen Handy-, Ipod-Displays oder Uhrengläser nach längerer Nutzung oder Aufbewahrung in der Hosentasche häss-liche Kratzer auf. Auch Blätter von P�anzen sind mechanischen Belastungen und Einwirkungenausgesetzt und müssen dadurch entstandene Schäden reparieren. Wie funktioniert dieser Prozessund von welchen Umweltbedingungen hängt er ab?

    Abb. 1: P�aume, epicuticulare Wachsesind als weiÿ-bläulicher Belagsichtbar

    Die Ober�äche von Blättern stellt eine multifunk-tionale Schnittstelle zwischen der P�anze und ih-rer Umgebung dar. Sie erfüllt wichtige Funktionenwie Schutz vor Wasserverlust, mechanischer Beschä-digung oder energiereicher Strahlung. Dazu be�n-den sich Wachse auf P�anzenteilen wie Blätter oderFrüchte, die manchmal als reifartige Substanz (bei-spielsweise auf P�aumenfrüchten, Abb. 1) sichtbarsind.

    Werden die Wachse beschädigt, müssen sie von derP�anze neu gebildet werden. Dieser Regenerierungspro-zess spielt sich im Nanometerbereich ab. In der Wissen-schaft war es eine lange Zeit nicht möglich, sich Einbli-cke in die Welt dieser Gröÿenordnung zu scha�en. DieAu�ösung von Lichtmikroskopen ist aufgrund physika-lischer Eigenschaften des Lichtes auf 0,2 µm begrenzt.Es erforderte komplexere und hochentwickelte Techniken, um in die Nanowelt vorzudringen.Mithilfe von Rasterelektronen- und Rastertunnelmikroskopie ist dies heutzutage möglich. Je-doch stellen sich diesem Verfahren Limitierungen: Eine elektrisch leitende und unbeweglicheOber�äche ist erforderlich. Aufnahmen von Zellen oder Ähnlichem können so nur mit enormemPräparationsaufwand (Schockgefrieren, mit Gold beschichten, ...) gemacht werden. Eine neuereTechnik, die Rasterkraftmikroskopie, ermöglicht es, starre Objekte, die auch nicht elektrisch lei-ten, zu mikroskopieren. Häu�g wird dieses in der Physik verwendet, um kleinste Nanopartikel zuuntersuchen. Das Mikroskopieren von biologischen oder sogar lebenden Objekten ist aufgrundder damit verbundenen Schwierigkeit nicht weit verbreitet. Das Rasterkraftmikroskop bietet dieeinzige Möglichkeit, biologische Gebilde in ihren kleinsten Details zu beobachten, ohne diese da-bei zu zerstören. Deshalb habe ich mich der Herausforderung gestellt, den dynamischen Prozessdes Nachwachsens der Wachse auf lebenden P�anzenblättern mithilfe eines Rasterkraftmikrosko-pes zu untersuchen. Erkenntnisse hieraus können die Grundlage bilden für mögliche technischeAnwendungen zur Selbstreparatur von künstlichen Ober�ächen.

    Um den Selbstheilungsprozess der Wachsschicht nachweisen zu können, habe ich die Wachse vonder Blattober�äche entfernt, und die nachwachsende Wachsschicht über mehrere Tage beobach-tet. Die mikroskopischen Aufnahmen sollen zeigen, wie das Nachwachsen der Wachse abläuft.Auÿerdem wird untersucht, wie die P�anze bei veränderten Umweltbedingungen die Wachspro-duktion anpasst. Dazu wurde der Versuch mehrmals bei unterschiedlichen Umweltbedingungendurchgeführt. Reaktionen auf veränderte Umweltfaktoren können Aufschluss über Anpassungs-prozesse der P�anze an von der Umgebung bedingten Gegebenheiten geben.

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  • Theoretische Grundlagen

    2 Theoretische Grundlagen

    2.1 Aufbau der pflanzlichen Cuticula

    Abb. 2: Schichtung der p�anzliche Cuticula: DasSchema zeigt die äuÿersten Schichten derEpidermis von P�anzenblättern. Die Wachs-schicht ist hier als Wachs�lm (e) mit Wachs-kristallen (f) dargestellt. Darunter be�ndetsich die Cuticula (d) mit intracuticularenWachsen. Diese ist mit der sich darunter-be�ndenden Zellwand (b) durch Pektin (c)verbunden. Darunter liegt die Zellmembran(a) der äuÿersten Zelle.

    Die Cuticula ist eine dünne Schicht aus Polysacchariden, Cutin und Wachsen, die auf den äu-ÿersten P�anzenzellen au�iegt. Auf ihr be�nden sich weitere, sogenannte epicuticulare Wachse[1]. Die Cuticula bildet eine Barriere zur Verminderung der Transpiration, dem Wasserverlustdurch Verdunstung. Auÿerdem bietet sie Schutz vor Mikroorganismen und Verletzungen durchmechanische Einwirkungen. Wächst die Cuticula schneller als die darunterliegende Zellschicht,faltet diese sich zu Cuticularfältelungen auf, was bei einigen P�anzen zu einer geringeren Be-netzbarkeit der Blattober�äche führt.

    2.2 Chemische Zusammensetzung der Wachse

    Im Allgemeinen wird der Begri� �Wachs� für eine Vielzahl von natürlichen oder künstlichen Pro-dukten verwendet, die in der chemischen Zusammensetzung sehr unterschiedlich sein können,aber gemeinsame Eigenschaften wie Knetbarkeit bei Raumtemperatur, eine grobe bis feinkris-talline Struktur, und farbliches Durchscheinen sowie Polierbarkeit [2] aufweisen. Die meistenp�anzlichen Wachse weisen diese Eigenschaften auf. Die Wachse von P�anzenblättern bestehenhauptsächlich aus aliphatischen Kohlenwassersto�en und deren Derivaten mit Kettenlängen von20 bis 40 Kohlensto�atomen. Unter ihnen �ndet man hauptsächlich Alkohole, Ketone, Fettsäu-ren und Aldehyde. Alkane und zyklische Verbindungen sind in geringer Menge vorhanden [3].Weitere Bestandteile bestimmen Form und Eigenschaften der Wachskristalle, welche sich beiverschiedenen P�anzen stark unterscheiden können. Für Mikroorgansimen toxische Komponen-ten der Wachse schützen vor Befall. Die chemische Zusammensetzung der Wachse bestimmtauÿerdem die Benetzbarkeit der Blattober�äche. Durch hydrophobe Bestandteile wird die Be-netzbarkeit durch Wasser verringert. Dieser E�ekt kann durch die Struktur der Wachse verstärktwerden.

    2.3 Morphologie der Wachse

    Epicuticulare Wachse unterscheiden sich sehr in Struktur und Aufbau. Man unterscheidet zwi-schen dünnen Wachs�lmen, Wachsschichten und Wachskristallen. Wachs�lme sind oft nur wenigeNanometer dünn und bestehen aus nur wenigen Molekülschichten. Sie liegen direkt auf der Cu-ticula auf. Wachsschichten sind mehrere Mikrometer dicke Schichten, die oft Brüche aufweisen,welche entstehen, wenn die darunterliegende Cuticula schneller wächst, als die Wachsschicht. Sokönnen einzelne Wachsblöcke entstehen. Solche konnte ich bei der Kalanchoe Blossfeldiana (Kap.4.1 Abb. 10d) nachweisen. Wachskristalle treten in unterschiedlichen Formen auf, so können sichPlättchen, Stäbchen, Röhrchen oder Blöcke bilden [4]. Die unterschiedlichen Formen basieren aufUnterschieden in der chemischen Zusammensetzung [5]. Aus der Struktur der Wachse resultie-ren wichtige Eigenschaften der Blattober�äche, beispielsweise kann die Benetzbarkeit verringertwerden.

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  • Vorgehensweise, Methoden

    2.4 Funktion

    Die Ober�äche von P�anzenblättern stellt eine multifunktionale Schnittstelle zu ihrer Umgebungdar. Sie verleiht der P�anze überlebenswichtige Eigenschaften, die aus den chemischen Eigen-schaften der Wachse und deren Nanostrukturen (Kap. 2.2) resultieren. Die epicuticularen Wachsebilden eine Barriere als Schutz gegen Wasserverlust durch Verdunstung. Diese Barriere schütztauch vor schadenden Mikroorganismen. Die Wachse sind hydrophob und verringern damit dieBenetzbarkeit der Blätter. Die aus den Nanostrukturen der Wachse resultierende Rauhigkeit derOber�äche unterstützt diesen E�ekt. Auch die Adhäsion von Schmutzpartikeln oder eventuellenschadenden Mikroorganismen wird durch die raue Ober�äche verringert. Zusammen entsteht da-durch ein Selbstreinigungsprozess; bei Regen rollen Wassertropfen leicht von der Blattober�ächeab und nehmen dabei Schmutzpartikel mit. Dieser E�ekt wird oft als Lotuse�ekt bezeichnet,da er an der Lotusp�anze besonders stark ausgeprägt ist. Eine weitere Eigenschaft der Wachseist die Re�exion und Absorption von energiereicher Strahlung. Sie bieten desweiteren Schutzgegen mechanische Belastungen. Eine weitere besondere Eigenschaft ist, dass bei einem vorbei-ziehenden Luftstrom durch die Ober�ächenrauheit Turbulenzen entstehen, die einen besserenWärmeaustausch mit der Umgebung ermöglichen und die Ober�äche abkühlen [6].

    2.5 Selbstheilungsprozess

    Der Selbstheilungsprozess ist eine wichtige Eigenschaft, um eine ständige Wachsschutzschichtaufrechtzuerhalten. Wenn Wachse, beispielsweise durch mechanische oder chemische Einwirkun-gen, entfernt werden, werden diese von der P�anze regeneriert.P�anzenwachse werden in den Epidermis-Zellen hergestellt. Der Transportmechanismus derWachse durch die Zellwand und Cuticula ist von der Wissenschaft noch nicht ganz geklärt.Manche Hypothesen gehen davon aus, dass die Wachse aus Poren in der Cuticula kommen,solche konnte man jedoch nicht nachweisen [1]. Es wird vermutet, dass Lipidmoleküle und Be-standteile der Wachse einzeln durch die Cuticula durch bestimmte Kanäle di�undieren und sichspäter selbst zusammensetzen [1]. Da durch die Neubildung von Wachs die Wachsschicht eindynamisches Gebilde, und keine feste konstante Barierre, darstellt, stellt sich die Frage, wie sehrdiese an regulierenden Prozessen beteiligt ist; deswegen bezieht sich ein groÿer Teil dieser Arbeitauf die Änderung des Selbstheilungsprozesses bei unterschiedlichen Umweltbedingungen.

    3 Vorgehensweise, Methoden

    3.1 Rasterkraftmikroskopie

    Um den Selbstheilungsprozess qualitativ und quantitativ untersuchen zu können, habe ich einRasterkraftmikroskop verwendet. Dieses bietet gegenüber einem normalen Lichtmikroskop denVorteil einer hohen Au�ösung im Nanometerbereich und die Möglichkeit, Strukturen in Längeund Höhe zu vermessen. Auch sind keine besonderen Vorbereitungen wie eine aufwendige Be-schichtung � wie es bei anderen Rastersondenmikroskopen der Fall ist � notwendig. Ich habe eineasyScan-2-AFM-System der Firma Nanosurf verwendet. Das Schülerforschungszentrum phæno-vum Lörrach hat mir ein solches zur Verfügung gestellt.Ein Rasterkraftmikroskop (engl.: Atomic Force Microscope (AFM)) ist ein hochau�ösendes Ras-tersondenmikroskop (engl.: Scanning Probe Microscope (SPM)). Es verwendet eine dünne Nadel,die am Ende eines Biegebalkens, Cantilever genannt, befestigt ist. Die Nadel berührt die Ober-�äche. Die Kraft, die dabei aufgewandt wird, kann gemessen werden. Das Mikroskop regelt diePosition der Nadel so, dass die auf die Ober�äche ausgeübte Kraft konstant bleibt, indem es denCantilerver entweder in Richtung Ober�äche bewegt, oder von ihr weg. Bewegt sich die Spitzeüber die Ober�äche, kann ein Höhenfeld erstellt werden, das das Höhenpro�l der gemessenenOber�äche darstellt. Eine solche Aufnahme dauert je nach Au�ösung und Bildgröÿe etwa 5 bis30 min.

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  • Vorgehensweise, Methoden

    Abb. 3: Funktion eines Rasterkraftmikroskopes

    Mit dem easyScan-2-AFM-System ist es möglich, in zwei verschiedenen Modi zu messen. ImContact-Mode berührt der Cantilever die Ober�äche. Dabei wird der Cantilever verbogen. EinLaser, der vom Cantilver re�ektiert wird, tri�t auf einen Photodetektor, sodass die Verbiegunggemessen werden kann. Im Tapping-Mode dagegen schwingt der Cantilever auf seiner Resonanz.Die Amplitude der Schwingung nimmt bei kleiner Distanz zur Ober�äche ab. So lässt sich aufdas Pro�l der Ober�äche schlieÿen. Der Tapping-Mode hat die Vorteile, dass sowohl Ober�ächeals auch Cantilever wenig durch die Messung abgenutzt werden. Ich habe den Tapping-Modebevorzugt verwendet.

    3.1.1 Software

    Die Software Nanosurf EasyScan 2 [7] steuert das Mikroskop an und speichert die aufgenomme-nen Höhenpro�le als .nid Dateien ab. Diese können mithilfe von Bearbeitungsprogrammen, wieGwyddion [8], in Bilder umgewandelt werden.Wichtig ist es, die Messparameter optimal einzustellen, damit die Bilder möglichst scharfund genau werden. Darunter sind u.a. die Messgeschwindigkeit, Bildgröÿe, Au�ösung unddie Angaben zur Regelung der Höhe des Cantilevers. Ein wichtiger Messparamter ist dieMessgeschwindigkeit. Wird der Cantilever zu langsam über die Blattober�äche gezogen, dauerteine Messung zu lange und es kann zu einem sogenannten Drift kommen. Wird der Cantileverzu schnell über die Ober�äche gezogen, so kommt es zu Schwingungen der Nadel und dasOber�ächenpro�l kann nicht exakt bestimmt werden. Ich habe daher bei meinen Messungenbesondere Sorgfalt auf diese Einstellung gelegt. Die Gröÿe des abzuscannenden Bereiches (ImageSize) soll einen Überblick über möglichst viele Wachskristalle geben, aber auch die Möglichkeitbieten, einzelne Wachsinseln zu unterscheiden. In meinen Messungen betrug die Mess�äche6.3µm × 6.3µm. Die Au�ösung (Points/Line) habe ich möglichst hoch eingestellt. Dabei mussteich beachten, dass durch eine Erhöhung der Au�ösung eine längere Messdauer bedingt wird.

    Setpoint: 55% - 65%I-Gain 800 - 1500P-Gain 1000 - 1200D-Gain 0

    Time/Line 1.7s - 2sImage Size 6.3µm × 6.3µmPoints/Line 256 - 512

    Tabelle 1: Messparameter

    Bei dem Scannen der Blattober�äche versucht die Softwaredes Rasterkraftmikroskopes, den Abstand des Cantilevers zurOber�äche konstant zu halten. Je nach Ober�ächenstrukturwird die Nadel von der Fläche weiter weg, beziehungsweisenäher hin bewegt. Dabei wird ein PID-Regelkreis verwendet,dessen einzelne Komponenten (Gains) individuell angepasstwerden können. Der Setpoint gibt den Sollwert an. Hierbeiist zu beachten, dass zu hohe Gains künstliche Schwingungenerzeugen können. Diese werden gegebenenfals als Artefakteauf den Bildern sichtbar. In der Tabelle 1 habe ich die fürmeine Versuche optimalen Messparameter zusammengefasst.

    3.1.2 Artefakte

    Die Messungen mit dem AFM können durch verschiedene Faktoren gestört werden. Dies führtin den Aufnahmen/Bildern zu Verfälschungen und Fehlern, sogenannten Artefakten. Um die

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  • Vorgehensweise, Methoden

    Bilder richtig interpretieren zu können, ist eine genaue Analyse der Fehlermöglichkeiten nötig.Im Folgenden soll auf die am häu�gsten vorgekommenden Artefakte näher eingegangen werden:

    Drift entsteht, wenn sich die zu scannende Probe während des Messvorganges bewegt, odersich durch thermische Ausdehnung verändert. Gescannte Objekte erscheinen dann verzerrt(s. Abb. 4a). Durch schnelleres Scannen und gutes Fixieren der Probe kann der Driftzum gröÿten Teil behoben werden. Oft werden, wenn das Mikroskop einige Zeit gescannthat, die Bilder automatisch besser. Die Bearbeitungssoftware Gwyddion bietet Funktionenzum automatischen Erkennen und Kompensieren dieses Driftes in bereits durchgeführtenAufnahmen.

    Bei den Messungen ist darauf zu achten, dass die Nadel sehr spitz ist. Ist die Spitze desCantilevers stumpf, so werden auch die Aufnahmen unscharf. Unter Umständen kann esauf dem Cantilever Doppelspitzen geben, sodass Objekte doppelt erfasst werden. Ins-besondere nach längeren Scannvorgängen kann dies auftreten. Auf dem Bild sind Objektedann zweifach vorhanden (Abb. 4b).

    Abb. 4: Artefakte: a) AFM-Aufnahme einer Blattober�äche mit Drift, Objekte erscheinen läng-lich und nach rechts oben gezogen. b) AFM-Aufnahme einer Blattober�äche mit einemCantilever mit doppelter Spitze, Objekte und Strukturen treten doppelt auf

    Unter Umständen können bei Scannvorgängen Schwingungen des Cantilevers auftreten.Diese können durch elektromagnetische Schwingungen aus der Umgebung, sowie Vibratio-nen des Bodens oder auch gröÿere vibrierende Geräte in der Umgebung des Mikroskopesverursacht werden. Auch die künstliche Beleuchtung von an Wechselstrom angeschlossenenLichtquellen verursacht solche Schwingungen. Eine weitere Ursache von Schwingungen sindzu hohe Gain-Einstellungen im Regler des Mikroskopes. Diese Schwingungen sind dann alsStreifen in den Aufnahmen zu erkennen (s. Abb. 5). Um ein möglichst schwingungsfreiesBild zu bekommen, habe ich den Versuch in einem Kellerraum durchgeführt. Das Raster-kraftmikroskop stand zusätzlich auf einem schwingungsdämpfenden Tisch.

    Bei einigen Bildern der Versuche war es schwer, zwischen Artefakt und echten Strukturen zuunterscheiden. Die durch Schwingungen verursachten Bildmuster lieÿen sich aber durch eine Än-derung der Messparameter schnell identi�zieren. Änderte sich das Muster nach mehreren Mess-vorgängen aber nicht, bin ich davon ausgegangen, dass es sich um eine echte Struktur handelte.Besonders schwer zu identi�zieren war ein artefaktähnliches Muster am Efeu. Aufnahmen miteinem Rasterelektronenmikroskop (REM) der Uni Basel konnten dieses aber als Cuticularfälte-lungen nachweisen (Abb. 6).

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  • Vorgehensweise, Methoden

    Abb. 5: a) AFM-Aufnahme mit 50 Hz - Schwingung, es entsteht ein streifenartiges Muster vonrechts unten nach links oben. Die Scannrichtung war hier von links nach rechts. b)AFM-Aufnahme des Bildausschnittes mit umgekehrter Scannrichtung, Scannrichtungvon rechts nach links, die Streifen zeigen in die andere Richtung

    Abb. 6: a) Korrekte AFM-Aufnahme, streifenartiges Muster auf Hedera helix (Efeu), bei dem essich um Cuticularfältelungen handelt. b) Eine REM-Aufnahme zeigt auch Cuticularfäl-telungen, es handelt sich folglich um kein Artefakt

    3.2 Auswertung der Bilder

    Die durch die Messung entstandenen Höhenpro�le wurden mit der Software Gwyddion ausgewer-tet. Diese kann .nid-Dateien ö�nen und daraus zwei- und dreidimensionale Ansichten als Bilderanzeigen. Gwyddion bietet Tools zum Bearbeiten und Analysieren der Messungen. So könnenQuerschnitte des Ober�ächenpro�ls als Graphen angezeigt oder auch die Gröÿe einzelner Wachs-inseln ausgemessen werden. Hierduch konnte die prozentuale Wachsbedeckung der Ober�ächeermittelt werden. Mit Gwyddion kann auch der Drift kompensiert oder auftretende Schwingun-gen mittels FFT-Filter entfernt werden.Die entstandenen Bilder wurden zu Präsentationszwecken mit dem BildbearbeitungsprogrammGimp [9] weiterverarbeitet. So konnten Details hervorgehoben und wichtige Stellen markiertwerden. Die aus den Bildern gewonnenen Daten, wie Bedeckung der Ober�äche oder Anzahl derWachsinseln, wurden mit dem Messdatenprogramm Gnuplot [10] graphisch dargestellt.

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  • Vorgehensweise, Methoden

    3.3 Auswahl der PflanzenArt Familie

    Calathea rosea MarantaceaeScindapsus aureus Araceae

    Kalanchoe blossfeldiana CrassulaceaeHedera helix Araliaceae

    Phalaenopsis bellina OrchidaceaeDracaena marginata Asparagaceae

    Tabelle 2: Untersuchte P�anzen und ihreFamilien

    Ich habe für meine Versuche verschiedene P�anzennach folgenden Kriterien ausgewählt: Verfügbarkeit,Handhabbarkeit (nicht zu groÿ), glatte Blattober�ä-chen (um einfaches Mikroskopieren zu ermöglichen),sowie Biegsamkeit der Blätter (zur optimalen Mon-tage am Rasterkraftmikroskop). Dabei habe ich dar-auf geachtet, dass die P�anzen aus unterschiedlichenP�anzenfamilien stammten. Im Einzelnen habe ichdie in Tabelle 2 aufgelisteten P�anzen verwendet.

    3.4 Versuchsaufbau

    Abb. 7: Versuchsaufbau: a) Computer, b) P�anze, c) Rasterkraftmikroskop, d) Steuereinheit,e) Cassy, f) Lux-Sensor, g) Feuchtesensor h) Lichtquelle

    Da die Versuche den möglichst natürlichen Prozess der Regeneration der Wachsschicht aufzeigensollten, wurden die Blätter zum Mikroskopieren nicht von der P�anze abgetrennt. Dazu musstedas P�anzenblatt möglichst gut �xiert werden, um Artefakte zu vermeiden.Das Blatt habe ich am Probenhalter mithilfe von doppelseitigem Klebeband befestigt. Darüberwurde das Mikroskop gestellt und mithilfe der drei Stellschrauben an die Probe möglichst naheangenähert. Als Cantilever wurde ein Tap190Al-G von der Firma NanoAndMore GmbH verwen-det.

    3.4.1 Entfernen der Wachsschicht

    Um eine Regeneration beobachten zu können, musste die Ober�äche beschädigt werden. Dazuhabe ich mit unterschiedlichen Methoden versucht, die bestehende Wachsschicht zu entfernen:

    Chemische Methode: Mit Dichlormethan kann ein Groÿteil der Wachse gelöst werden.Durch kurzes Eintauchen in Dichlormethan wurden die Blätter jedoch so stark beschädigt,dass eine Regeneration der Wachse nicht mehr möglich war. Ein einfaches �Abwischen�der Wachse mit Dichlormethan konnte die Wachse hingegen nur teilweise entfernen. Dasgleiche Verfahren mit Methanol zeigte ähnliche Ergebnisse.

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  • Vorgehensweise, Methoden

    Mechanische Methode: Durch Auftragen eines kleinen Tropfens (Durchmesser 1,5 cm)von Klebsto� war es möglich, die Wachse nach Trocknen des Klebers vollständig zu entfer-nen (Abb. 8). Am besten eignete sich hierfür UHU Plus Schnellfest 2-K-Epoxidkleber. Umeine vollständige Entfernung der epicuticularen Wachse zu erreichen, wurde dieser Prozesszweimal durchgeführt.

    Abb. 8: Entfernen der Wachsschicht mit Klebsto�: Klebsto� wird aufgetragen und trocknen ge-lassen (links). Nach dem Entfernen ist die entwachste Stelle sichtbar (rechts)

    3.4.2 Variation von Umweltfaktoren

    Ein Groÿteil der Untersuchungen bestand darin, die Änderung des Wachsregenerationspro-zesses bei veränderten Umweltfaktoren zu beobachten. Dazu habe ich Beleuchtungsstärkeund Bodenfeuchte verändert. Um die Veränderung quantitativ bestimmen zu können, wurdefür die Beleuchtungsstärke ein Lux-Sensor (LEYBOLD 666 243 LUX-SENSOR,) und für dieBodenfeuchtigkeit ein Feuchtesensor (Feuchte-Sensor S 524 0572) verwendet. Beide Sensorenwaren an das Messwerterfassungssystem Cassy [11] angeschlossen.Die Bodenfeuchte habe ich durch unterschiedliche Wasserzufuhr geregelt. Die Beleuchtungs-stärke konnte mithilfe von Energiesparlampen gesteuert werden. Dazu wurden zwei 30 WattOSRAM Dulux intelligent longlife Glühbirnen verwendet. Energiesparlampen sind aufgrundihres Spektrums besonders gut für die Beleuchtung von P�anzen geeignet, da diese insbeson-dere den roten und blauen Anteil des sichtbaren elektromagnetischen Spektrums nutzen [12].Abbildung 9 zeigt das mit einem Leybold-Spektrometer aufgenommene Spektrum dieser Lampen.

    Abb. 9: Spektrum der verwendeten Energie-sparlampe. Hauptsächlich der rote undblaue Farbanteil werden von der P�an-ze genutzt

    Eine Messreihe hat jeweils eine Woche gedauert. Die ersten drei Tage wurde die P�anze denzuvor festgelegten Bedingungen (Beleuchtungsstärke, Bodenfeuchte) ausgesetzt, damit sich derSto�wechsel den äuÿeren Bedingungen zum Beginn der Messungen angepasst hat. Danach wurdedie Wachsschicht entfernt und in den folgenden vier bis fünf Tagen - in etwa gleichmäÿigenPerioden von ca. 2 Stunden - Aufnahmen der entwachsten Stellen mit dem Rasterkraftmikroskopgemacht. Bei den Messungen wurden die Umweltbedingungen konstant gehalten. Die Beleuchtungwurde gegebenenfalls pro Tag 10 Stunden angestellt, um einen Tag-Nacht Wechsel zu simulieren.

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  • Ergebnisse

    4 Ergebnisse

    4.1 Oberflächenstrukturen und Wachse verschiedener Pflanzen

    Nach mehreren Versuchen ist es mir gelungen, Aufnahmen mit dem Rasterkraftmikroskop vonBlattober�ächen lebender P�anzen zu machen. Diese zeigen unterschiedliche Strukturen vonWachsen und der unterliegenden Cuticula. Die Ober�ächen von den verschiedenen P�anzenunterscheiden sich stark. Gröÿere Strukturen (etwa 20 µm) stellen die Konturen von der un-terliegenden Zellschicht dar. Kleinere Strukturen entstehen durch Wölbungen der Cuticula. Diefeinsten Strukturen der Ober�äche entstehen durch die Anordnung von Wachskristallen.

    Abb. 10: AFM-Aufnahmen von verschiedenen Blattober�ächen: a) Calathea rosea (Marantacae),b) Dracaena marginata (Asparagaceae), c) Hedera helix (Araliaceae), d) Kalanchoeblossfeldiana (Crassulaceae), e) Orchidee, f) Scindapsus aureus (Araceae)

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  • Ergebnisse

    Die Rasterkraftmikroskopaufnahme Abb. 10a der Calathea Rosea zeigt eine dicke Wachsschichtmit Wachskristallen. Diese Aufnahme wurde mit einem Contact-Cantilever gemacht. Die Streifenauf dem Bild sind Artefakte.Aufnahme 10b zeigt die äuÿeren Konturen der Zellen der Epidermis sowie gröÿere Wachskristall-plättchen (etwa 800nm im Durchmesser) der Dracaena Marginata.In Aufnahme 10c des Hedera Helix' sind gröÿere Wachskristalle in Form von runden Klümpchenmit einem Durchmesser von 1 - 2 µm sichtbar. Nicht zu sehen sind hier Cuticularfältelungen,wie sie bereits bei einem jungen Efeublatt gezeigt wurden (Kap. 3.1.2 Abb. 6c). Es handelt sichhierbei um ein älteres Blatt.Die Kalanchoe (Abb. 10d) besitzt eine dicke Wachskruste mit gröÿeren Wachsblöcken. Dieseentstehen, wenn eine dicke Wachskruste aufbricht und sich die Spalten vergröÿern. Dies ist derFall, wenn die Cuticula und Epidermis schneller als die fragile Wachsschicht wachsen.Die Aufnahme der Orchidee (Abb. 10e) zeigt eine dicke aber �ache Wachsschicht ohne Brücheoder Spalten.Auf der AFM-Aufnahme des Philodendrons (Abb. 10f) ist eine dicke vielschichtige Wachsbe-deckung sichtbar. Erkennbar sind zwei Arten von Strukturen: Noppenartige Strukturen, welcheVerformungen der Cuticula darstellen und quer verlaufende Streifen, welche durch die Wachsbe-deckung entstanden sind.

    4.2 Selbstheilung

    Bei einem Groÿteil der oben genannten P�anzen war es nur sehr schwer möglich, Rasterkraftmi-kroskopaufnahmen von dem dynamischen Prozess der Regenerierung von epicuticularen Wachsenzu machen. Dabei ergaben sich manchmal folgende Schwierigkeiten: Oft waren die Blätter auf-grund ihrer Form nur sehr umständlich am AFM zu befestigen und bewegten sich dadurch etwas.Auch konnte nicht bei allen P�anzen die Wachsschicht optimal entfernt werden. Am besten wares mir möglich, den Selbstheilungsprozess der Wachsschicht an der lebenden Calathea rosea aufmikroskopischer Ebene zu beobachten. Diese P�anze habe ich daher für alle folgenden Versuchs-reihen verwendet. Die Untersuchungen des Wachswachstumes an der P�anze haben gezeigt, dassdie Regeneration sofort nach dem Entfernen des Wachses beginnt. Die Geschwindigkeit der Re-generation konnte durch Änderungen der Umweltfaktoren eindeutig beein�usst werden.Abb. 11 zeigt die Bedeckung der Ober�äche mit Wachs in Bezug zur Zeit nach Entfernen desWachses. Dazu wurden aus jedem aufgenommenem Bild die Wachskristalle markiert und derenFlächenanteil am gesamten Aufnahmebereich berechnet.

    Abb. 11: Wachswachstum der Calathea rosea über einen Zeitraum von 70 Stunden

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  • Ergebnisse

    Die Messpunkte zeigen, dass es sich um ein Beschränktes Wachstum handelt. Ein BeschränktesWachstum B(t) zeichnet sich dadurch aus, dass es eine Sättigungsgrenze S gibt, die dasWachstum begrenzt. Die Änderungsrate des Wachstums ist proportional zum SättigungsmankoS − B(t), sodass B′(t) = k · (S − B(t)). k wird als Wachstumsfaktor bezeichnet und hat dieEinheit 1h . Das Wachstum lässt sich dann als B(t) = S − (S − B(0)) · e

    (−k·t) beschreiben.Mit Gnuplot konnte diese Fitfunktion mit folgenden Parametern an die experimentellen Datenangenähert werden: S = 0.63 ± 0.03, B(0) = 0 ± 0.01, k = 0.04±0.004h . Diese ist rot in Abb. 11dargestellt. Die Sättigungsgrenze ist hier blau eingezeichnet. Au�ällig ist dabei, dass dieSättigungsgrenze nicht bei 100% liegt, sondern bei nur 62%. Die P�anze ist also nicht fähig,die Wachsschicht vollständig zu regenerieren. Auch spätere Versuche weisen diesen Grenzwertauf (s. Abb. 15). Gröÿere Beschädigungen, die zur vollständigen Entfernung der Wachsschichtinnerhalb eines gröÿeren Bereiches führen - wie es in meinen Versuchen der Fall war - sindin der Natur als solche auch eher unwahrscheinlich. Für kleinere �Reparaturen� reicht dieRegenerationsfähigkeit trotzdem völlig aus.

    Abb. 12: Neugebildete Wachsschicht der Calathea rosea nach einer bestimmten Zeit

    11

  • Ergebnisse

    Vier der Messpunkte aus Abb. 11 wurden aus den vier Bildern aus Abb. 12 erstellt, welche hierden Wachstumsprozess verdeutlichen sollen. Das erste Bild (Abb. 12a) der Ober�äche wurde20min nach dem Entfernen der Wachsschicht aufgenommen. Auf einer Fläche von 40µm2 sindsieben Wachsinseln, die 2% der Ober�äche bedecken, sichtbar. Die Wachsinseln wurden in derAbbildung blau markiert und hervorgehoben. Die kleineren Wachsinseln haben eine annäherndrunde Form, die gröÿeren Wachse sind rundlich-unförmig. Von diesen Anfangsinseln begann derWachs�lm zu wachsen. Nach etwa einer Stunde haben sich die Wachsinseln sichtlich vergröÿert(Abb. 12b). Neue Wachsinseln sind dazugekommen. Der hinzugekommene Teil ist hier mitgrüner Farbe markiert. Nach 143 Minuten sind etwa 4% der Ober�äche bedeckt. NeugebildetesWachs ist hier gelb markiert. Die Wachsinseln haben nun eine dendritische Form. 17h später sindbereits 35% der Ober�äche mit einer einfachen Wachsschicht bedeckt. Die Anzahl der einzelnenWachsschichten ist deutlich gestiegen. Einige Wachsinseln haben sich bereits verbunden.

    Aus den Aufnahmen einer Messreihe habe ich ein Video zusammengestellt, indem das Entstehen,Vergröÿern und Zusammenwachsen von Wachsinseln deutlich sichtbar ist:

    Regeneration epicuticularer Wachse der Calathea roseahttps://www.youtube.com/watch?v=PzcYAWZtAbM

    4.3 Morphologie und Struktur der Wachse

    Die kristalline Struktur und die Anordnung der Wachsmoleküle machen die Morphologie derWachskristalle aus. Bei den Regenerierungsversuchen war au�ällig, dass die einzelnen Wachsin-seln immer eine ähnliche Höhe aufwiesen, auch nach längerer Zeit. Auf manchen Wachsinselnhaben sich weitere Schichten entwickelt. Auch diese hatten immer die gleiche Höhe.Abb. 13 zeigt den Schnitt durch eine Wachsinsel im frühen Regenerationsstadium. An den Rän-dern der Insel sind deutlich die senkrechten Kanten erkennbar mit einer Stufenhöhe von etwa6,4 nm. Die Beobachtung, dass alle Wachsinseln eine gleiche Höhe aufweisen, wollte ich statis-tisch nachweisen. Aus 23 Höhenpro�len verschiedener Wachsinseln hat sich ein Mittelwert von5,32 nm mit einer Standardabweichung von ± 1,34 nm ergeben.

    Abb. 13: Höhenpro�l durch eine der sich neubildenden Wachsinseln

    Abb. 14: Modell [3]

    Diese Beobachtungen decken sich mit einem Modell über die Anordnungder Moleküle [3]. Nach dem Modell stehen die einzelnen Moleküle derWachsinseln senkrecht nebeneinander, sodass die Höhe einer Wachsinselder Länge der Moleküle entspricht. Diese Struktur würde durch Van-der-Waals-Kräfte gestützt werden. Durch Hinzufügen von neuen Molekülenan den Rändern, können die Wachsinseln vergröÿert werden.

    12

    https://www.youtube.com/watch?v=PzcYAWZtAbM

  • Ergebnisse

    4.4 Variation von abiotischen Umweltfaktoren

    4.4.1 Bodenfeuchtigkeit

    Wissenschaftler haben festgestellt, dass es einen sehr starken Zusammenhang zwischen Trocken-heit und Wachsausbildung gibt. So wurde beobachtet, dass die Wachsproduktion von Tabak-p�anzen nach mehrmaligem Aussetzen an Trockenheit mehr als verdoppelt wurde [13]. Dieskonnte bei meinen Messungen des Wachswachstumes unter Veränderung der Bodenfeuchtigkeitnicht gezeigt werden. Das lag unter anderem daran, dass die Blätter während den Messungen zuwelken begannen, sodass eine Mikroskopie nicht mehr möglich war. Während der Versuchsreihenbei verschiedenen Beleuchtungsstärken, wurde die Bodenfeuchte konstant bei etwa 70% gehalten.

    4.4.2 Beleuchtungsstärke

    Der Wachstumsprozess wird durch die Beleuchtungsstärke beein�usst. Bei starker Beleuchtunglief der Wachstumsprozess schneller ab als in Dunkelheit. Nach etwa 40 Stunden war die starkbeleuchteten Ober�äche zu 50% bedeckt, die Blattober�äche ohne Beleuchtung nur zu 15%.Abb. 15 zeigt das Wachswachstum bei unterschiedlichen Beleuchtungsstärken.

    Abb. 15: Wachswachstum in Abhängigkeit von der Beleuchtungsstärke

    Die rote Kurve zeigt das Wachswachstum bei natürlicher Sonnenbeleuchtung mit einer durch-schnittlichen Beleuchtungsstärke von 5000lux bei einer Beleuchtungsdauer von 10 Stundenpro Tag. Wie in Kapitel 4.2 wurden die Messpunkte aus den einzelnen Bildern gewonnen, dieFitfunktion entspricht einem begrenzeten Wachstum der Form B(t) = S − (S − B(0)) · e(−k·t).Die Werte dazu sind in Tabelle 4 aufgelistet. Die gelbe Kurve zeigt das Wachswachstum beiDunkelheit. Im Vergleich zur roten Kurve verläuft das Wachstum eher linear, die Regene-ration ist sichtbar langsamer. Die pinke und grüne Kurven zeigen das Wachswachstum beiunterschiedlich starker künstlicher Beleuchtung. Auch hier ist das Wachstum schneller bei derstärkeren Beleuchtung. Die genauen Bedingungen zu den Messreihen sind in Tabelle 3 aufgelistet.

    Messreihe Nr. Beleuchtungsart Beleuchtungsdauer pro Tag Durchschnittliche Beleuchtungsstärke1 Sonne 10h 5000lux2 künstlich, ESL 10h 3000lux3 künstlich, ESL 10h 1500lux4 keine Beleuchtung 0h

  • Fazit

    Um das Wachstum mathematisch zu beschreiben, wurden die Messdaten mit einer Funktionfür begrenztes Wachstum angenähert. Die Werte dazu sind in Tabelle 4 aufgelistet. Wie schonin Kapitel 4.2 ist die Sättigungsgrenze bei ca. 60% au�allend. Nur in Messreihe Nr. 4 ist eingroÿer Fehler aufgrund starker Streuung der Messpunkte sowie Fehlen von Messpunkten na-he der Sättigungsgrenze. Man kann eine direkte Korrelation zwischen Beleuchtungsstärke undWachstumsfaktor feststellen (Abb. 16).

    Messreihe Nr. Sättigungsgrenze S Startwert B(0) Wachstumsfaktor k1 0.62 (± 0.03) 0.00 (± 0.01) 0.04h−1(±0.004h−1)2 0.62 (± 0.04) -0.01 (± 0.04) 0.02h−1(±0.003h−1)3 0.60 (± 0.11) 0.00 (± 0.11) 0.015h−1(±0.005h−1)4 3.74 (± 78.27) -3.1 (± 78.26) 0.00070h−1(±0.015h−1)

    Tabelle 4: Fitfunktionen der Form B(t) = S − (S −B(0)) · e(−k·t)

    Abb. 16: Zusammenhang zwischen Beleuchtung und Wachstumsfaktor

    5 Fazit

    Die Untersuchung von Blattober�ächen mit einem Rasterkraftmikroskop erwies sich zwar alssehr schwierig, ermöglichte es aber, die Struktur der Wachse verschiedener P�anzen, sowiederen Selbstheilungsprozess zu beobachten. Aus den Aufnahmen konnte die Geschwindigkeitdes Wachstumsprozesses aufgezeigt und mithilfe des mathematischen Modells des BegrenztenWachstumes beschrieben werden.Dabei wurde festgestellt, dass das Wachstum von äuÿeren Umweltbedingungen wie der Beleuch-tungsstärke abhängt. Die Anpassung der Wachsproduktion an Lichtverhältnisse ist eine wichtigeFähigkeit der P�anze, um sich vor energiereicher Strahlung zu schützen. Dickere Wachsschichtenre�ektieren und/oder absorbieren Strahlung wie UV-Licht [6]. Der Einfall dieser Strahlung kanndurch Wachsproduktion reguliert werden.Ein Zusammenhang zwischen Photosynthese und Wachsproduktion ist auch möglich. DiePhotosynthese ist zuständig für die Bereitstellung von Energie in Form von energiereichenSto�en. Wird die Photosynthese durch geringere Beleuchtung eingeschränkt, kann dies dazuführen, dass auch die aufwändige Synthese von Wachsen vermindert wird.Im Zusammenhang mit dem Regenerierungsprozess epicuticularer Wachse entstehen weitereForschungsfragen: Wie verhält sich das Wachswachstum bei anderen P�anzen? Von welchenweiteren Umweltbedingungen hängt der Prozess ab? Diesen Fragen möchte ich gerne in weiterenVersuchen nachgehen.Erkenntnisse aus der Erforschung des Selbstheilungsprozesses der Wachsschicht können Anreizefür technische Anwendungen geben. Schon heute gibt es eine Vielzahl an technischen Produkten

    14

  • Danksagung

    auf dem Markt, die durch Übertragen von Prinzipien aus der Natur in die Technik entstandensind. Beispielsweise hat man sich die Funktionsweise der selbstreinigenden Eigenschaft vonP�anzenblättern zunutze gemacht, sodass man heute �selbstreinigende Wandfarbe� mit dem�Lotuse�ekt� kaufen kann. Vielleicht gibt es bald das Handy mit selbstreparierendem Display?

    6 Danksagung

    Ich möchte mich an dieser Stelle herzlichst bei Herrn Dr. Thilo Glatzel bedanken, für die Hilfeleis-tung in technischen Details rund um Rasterkraftmikroskopie sowie ausdauernde Unterstützungbei diesem Projekt. Ein besonderer Dank gilt Herrn Hermann Klein für die ständige Motivationund Hilfestellung bei dem Verfassen der Arbeit. Desweiteren möchte ich mich beim phænovumLörrach und bei der Universität Basel für die Bereitstellung der Materialien bedanken.

    7 Literatur

    [1] Koch, Kerstin und Ensikat, Hans-Jürgen und Bhushan Bharat und Barthlott, Wilhelm:Self-healing of voids in the wax coating on plant surfaces In: Phil. Trans. R. Soc. A 13, vol.367 no. 1894 1673-1688, 2009

    [2] B.I.-Taschenbuchverlag, In: Meyers Grosses Taschenlexikon, Band 23, Mannheim, 1990,S.283

    [3] Koch, Kerstin und Ensikat, Hans-Jürgen: The hydrophobic coatings of plant surfaces: Epi-cuticular wax crystals and their morphologies, crystallinity and molecular self-assembly In:Micron Volume 39, Issue 7, Oktober 2008, Pages 759�772

    [4] Barthlott, Wilhelm und Neinhuis Christoph und Cutler, David und Ditsch, Friedrich undMeusel, Iris und Theisen, Inge und Wilhelmi, Hiltrud: Classi�cation and terminology ofplant epicuticular waxes In: Botanical Journal of the Linnean Society (1998), 126: 237�260.

    [5] Koch, Kerstin und Neinhuis, Christoph und Ensikat, Hans-Jürgen und Barthlott, Wilhelm:Self assembly of epicuticular waxes on living plant surfaces imaged by atomic force micros-copy (AFM) In: Journal of Experimental Botany, Vol. 55, No. 397, 2004, pp. 711±718

    [6] Koch, Kerstin und Bhushan, Bharat und Barthlott, Wilhelm: Multifunctional surface struc-tures of plants: An inspiration for biomimetics In: Progress in Materials Science Volume54, Issue 2, 2009, Pages 137�178

    [7] Nanosurf EasyScan 2 Control Software

    [8] Gwyddion 2.30 - Free SPM data analysis software: Modular aufgebaute Software zumAnalysieren und visuellem Darstellen der Daten von Rasterprobenmikroskopien.

    [9] Gimp: GNU Image manipulation program

    [10] Gnuplot 4.6: Kommandozeilengesteuertes Programm zur gra�schen Darstellung von Mess-daten

    [11] Cassy: Computer Assisted Science System

    [12] David M. Gates, Harry J. Keegan, John C. Schleter, and Victor R. Weidner: SpectralProperties of Plants In: Applied Optics, January 1965, Vol. 4, No. 1, pp. 1-19

    [13] Kimberly D. Cameron, Mark A. Teece, und Lawrence B. Smart: Increased Accumulationof Cuticular Wax and Expression of Lipid Transfer Protein in Response to Periodic DryingEvents in Leaves of Tree Tobacco In: Plant Physiology, January 2006, Vol. 140, pp. 176�183

    15

    FreiburgRW Freiburg.pdfEinleitungTheoretische GrundlagenAufbau der pflanzlichen CuticulaChemische Zusammensetzung der WachseMorphologie der WachseFunktionSelbstheilungsprozess

    Vorgehensweise, MethodenRasterkraftmikroskopieSoftwareArtefakte

    Auswertung der BilderAuswahl der PflanzenVersuchsaufbauEntfernen der WachsschichtVariation von Umweltfaktoren

    ErgebnisseOberflächenstrukturen und Wachse verschiedener PflanzenSelbstheilungMorphologie und Struktur der WachseVariation von abiotischen UmweltfaktorenBodenfeuchtigkeitBeleuchtungsstärke

    FazitDanksagungLiteratur