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Phonetik I: Artikulatorische Phonetik (I) Einführung: Initiation, Phonation und Artikulation Sprechorgane : Trennung von 3 funktionalen Bereichen: Kent_03_05 Sublaryngealer Bereich : Lunge (pulmonales System), Bronchien, Luftröhre (Trachea) -> Initiation Laryngealer Bereich : Kehlkopf (Larynx), wichtig: die Stimmlippen; die momentane Öffnungsfläche zwischen den Stimmlippen: Glottis (Stimmritze) -> Phonation Supralaryngealer Bereich : Hohlräume: Rachen-, Mund- und Nasenraum (Ansatzrohr); Bewegliche Artikulatoren: Zunge, Lippen, Gaumensegel: Vokaltrakt -> Artikulation 1

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Phonetik I: Artikulatorische Phonetik (I)

Einführung: Initiation, Phonation und Artikulation

Sprechorgane: Trennung von 3 funktionalen Bereichen: Kent_03_05• Sublaryngealer Bereich : Lunge (pulmonales System), Bronchien, Luftröhre

(Trachea) -> Initiation• Laryngealer Bereich : Kehlkopf (Larynx), wichtig: die Stimmlippen; die momentane

Öffnungsfläche zwischen den Stimmlippen: Glottis (Stimmritze) -> Phonation• Supralaryngealer Bereich : Hohlräume: Rachen-, Mund- und Nasenraum

(Ansatzrohr); Bewegliche Artikulatoren: Zunge, Lippen, Gaumensegel: Vokaltrakt -> Artikulation

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Die phonetische Betrachtung der Artikulation ist in erster Linie funktional: zentrale (neuronale) Intention -> neuromuskuläre Prozesse -> führt immer zu einem funktionalen (phonetischen) Resultat:

• Initiation : Muskelaktivität -> konstanter subglottaler Druck, Luftströmung • Phonation : Justierung der Stimmlippen -> effektive Schallgenerierung• Artikulation : Artikulatorbewegungen -> definierte geometrische Formung des

Vokaltraktes / Ansatzrohres (definierte akustische Eigenschaft: ÜF) für jeden Laut

Dagegen: Nicht unbedingt: Betrachtung der Aktivität einzelner Muskeln

Anmerkung: Begriff Artikulation im weiteren Sinne: Artikulation = Initiation, Phonation und supralaryngeale Artikulation.

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Aufbau und Funktion des sublaryngealen Systems: Die Initiation Sprechen basiert auf Atmung: Sprechatmung (vs. Ruheatmung). Dazu später mehr. Zunächst:

Atmung generell:• Einatmen: Vergrößerung des Lungenvolumens -> Unterdruck -> Einströmen von

Luft • Ausatmen: Verringerung des Lungenvolumens -> Überdruck -> Ausströmen von

Luft

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Begrenzung der Lunge: Brustkorb und Zwerchfell Grass_02_012 Arten der Atmung: Brustatmung ( Brustkorb) – Bauchatmung (Zwerchfell)

• Brustraummuskeln: o Einatmung: äußere Zwischenrippenmuskeln (Kontraktion)o Ausatmung: innere Zwischenrippenmuskeln

• Bauchraummuskeln: o Einatmung: Zwerchfell (Kontraktion-> Herabziehen des Zwerchfells)o Ausatmung: Obliquus abdominis

(Es wird nur jeweils ein wichtiger Muskel für jede Funktion angegeben)

Unterscheidung: zwei Arten der Atmung: Kroe02_02 Grass_02_02• Ruheatmung : normales Atmen ohne Sprechen • Sprechatmung : längere Phase des Ausatmens

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Das Lungenvolumen: BordHarris_04_24 BordHarris_04_30• Maximalkapazität der Lungen (ca. 7l) • Vitalkapazität (nutzbar, ca. 5l)• Nicht nutzbarer Rest: Residualvolumen (ca. 2l)

Gegenüberstellung: • Ruheatemvolumen (ca. 1l) • Sprechatemvolumen : bis hin zur Vitalkapazität -> nutzt das: max. inspiratorische /

expiratorische Reservevolumen

Änderung des Lungenvolumens durch 2 Mechanismen: • Kraftwirkung durch Einatmungs-/Ausatmungsmuskulatur

o Einatmungsmuskulatur erzeugt Unterdrucho Ausatmungsmuskulatur erzeugt Überdruck

• Kraftwirkung durch elastische Rückstellkraft (Luftballoneffekt)

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Funktion des sublaryngealen Systems: Kroe02_02 Grass_02_02Erstellung eines konstanten subglottalen (Über-)Drucks während des Sprechens (während der Produktion einer Äußerung) Der „Luftballoneffekt“ bewirkt: Zu Beginn der Ausatmung (Sprechen) ist sogar noch Einatmungsmuskulatur aktiv! -> Studie: Draper, Ladefoged et al. (1967)

Erstellung eines subglottalen (Über-)drucks bedeutet auch immer: Möglichkeit eines Luftstroms, wenn innerhalb und oberhalb des Kehlkopfes kein Verschluss (bzw. keine starke Enge) gebildet wird.

Fazit: Die (neuro-)muskulären Prozesse sind vergleichsweise komplex während das phonetisch-funktionale Ziel der Initiation vergleichsweise einfach beschreibbar ist.

Wir werden sehen: Dies gilt auch für die Phonation und für die Artikulation.

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Die Luftstrommechanismen: Sprechen kann man nicht unbedingt nur während des Ausatmens:Zwei Richtungen des Luftstroms:

• egressiv (nach außen): Normalfall • ingressiv (nach innen): (Bsp.: geseufztes „ja“)

Die akustischen Merkmale aller Laute entstehen aufgrund von Luftströmung.Drei Ursachen für Entstehung von Luftströmung können vorliegen:

• pulmonal : Produktion der meisten Laute: „pulmonal egressiv“ (Ursache des Sprachschalls: Lungenaktivität)

• glottal : glottaler Verschluss mit Aufwärtsbewegung des Kehlkopfes: „glottal egressiv“ -> Plosive werden zu Ejektiven PM_095glottaler Verschluss mit Abwärtsbewegung des Kehlkopfes: „glottal ingressiv“ -> Plosive werden zu Implosive PM_095

• velar : velarer Verschluss mit Vergrößerung des verschlossenen Mundraumes: „velar ingressiv“ -> Click-Laute (Schnalzlaute, Kusslaut ...) PM_094

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Aufbau und Funktion des laryngealen Systems: Die Phonation Luftstrom durch den Kehlkopf -> Stimmlippenschwingung -> Schallentstehung

Aufbau des Kehlkopfes: Die KnorpelDrei wichtige Knorpel: Grass_02_03

• Ringknorpel (Cricoid): Oberer Abschluss der Luftröhre; Basis• Schildknorpel (Thyroid): gelenkig mit Ringknorpel verbunden; Kippbewegung

möglich; Sichtbarer Teil: „Adamsapfel“ • Stellknorpel (Arytenoid), Ariknorpel: gelenkig mit Ringknorpel verbunden;

Translations- und Rotationsbewegungen sind möglich; Stimmbandfortsatz: Prozessus vocalis; Muskelfortsatz: Processus muscularis

Die Stimmlippen (Stimmbänder) verlaufen von den Stellknorpeln zum Schildknorpel; Stimmritze (Glottis): Fläche zwischen den Stimmlippen PM_010Phonetisch sekundär: Kehldeckel: Schutz vorm Verschlucken: Die Speiseröhre verläuft hinter der Luftröhre

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Die Phonation Entstehung von Schall (Phonationsschall, Primärschall) im Bereich der Stimmritze aufgrund der Schwingung der Stimmlippen. Grass_02_04 PM_010

Stimmlippenschwingung entsteht aufgrund phasenrichtiger Zufuhr aerodynamischer Energie aus der Initiation (aus dem pulmonalen System) auf die Stimmlippen (siehe unten)

Periodisch wiederkehrende Öffnung und Schließung der Stimmritze. -> Periodische Unterbrechung des Luftstroms -> periodische Luftstrom- und Luftdruckschwankungen -> (Phonations-)SchallFrequenz: 70-450 Hz; -> Grundfrequenz; Frequenz des Stimmtons PM_012 Grass_02_07 PM_048

Video: QuarksCo_Phonation, QuarksCo_Bernoulli, QuarksCo_Tonhoehe

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Gegenüberstellung: neuromuskuläre – aerodynamische Prozesse movie_endoscopy

Neuromuskuläre Öffnungs-/Schließbewegungen der Stimmlippen

Aerodynamische Öffnungs-/Schließbewegungen der Stimmlippen

Durch Bewegung der Ariknorpel initiiert

durch Luftstrom und Luftdruck initiiert

Abduktion / Adduktion PhonationLangsam: einmal pro Laut; unter 20Hz (50ms)

Schnell: Grundtonhöhe: 70-450Hz

Phonation kann nur auftreten, wenn die Stimmritze „locker verschlossen“ ist Die Stimmritze darf nicht zu weit geöffnet sein; Die Stimmlippen dürfen auch nicht zu stark zusammengepresst sein. -> Phonation benötigt eine bestimmte Voreinstellung der Stimmlippen

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Voreinstellung der Stimmlippen für: • stimmhafte / stimmlose Laute Grass_02_06• gepresste / normale / behauchte Phonation (Phonationstyp) Grass_02_08

(dagegen: Knarrstimme: hohe med. Kompression, wenig subglott. Druck, wenig Stimmlippenspannung)

Erläuterung des Phonationsvorganges: PM_012 Grass_02_07• aerodynamische Energie (Luftstrom / Luftdruck) wird umgewandelt in:

(mechanische) Stimmlippenschwingung• Periodisches Öffnen / Schließen der Stimmritze -> Schallentstehung: periodische

Luftdruck- und Luftstromschwankungen; periodische Impulse gelangen in den Vokaltrakt; Anregung der „Luftsäule“ im Vokaltrakt PM_048

Stimmlippen sind ein mechanisch-elastisches System („Saite“); ein schwingungsfähiges System; ein „Oszillator“:Auslenkung der Stimmlippen: Die Stimmlippen schwingen je nach Längsspannung in ihrer Eigenfrequenz (-> als Grundton hörbar)

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Mechanismen zur Energiezufuhr / zur Aufrechterhaltung der Schwingung: Grass_02_07• subglottaler Druck -> Aufdrücken der verschlossenen Stimmlippen• Luftstrom -> Unterdruck im Bereich der Enge (Bernoulli-Effekt) -> Zurückholen

der Stimmlippen

Länge der Stimmlippen -> Tonhöhe: Grundfrequenz F0 Frau 13-20 mm 180 - 450 Hz (mittel: 220 Hz)Mann 17-24 mm 70 - 250 Hz (mittel: 110 Hz)

Anmerkung:„Stimmbruch“: hormonell gesteuerte geschlechtsspezifische Verlängerung der Stimmlippen um bis zu 1 cm

Also: Zusammenhang: Länge der Stimmlippen – Tonhöhe (wie bei Saite)Daneben: Zusammenhang: Sprechlautstärke – subglottaler Druck (Lungendruck)

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Die beiden Arten der Schallerzeugung bei der Sprachproduktion• Phonationsschall: aufgrund periodischer Stimmlippenschwingung; -> periodisch,

Grundtonhöhe F0 PM_048• Reibeschall / Friktionsschall: aufgrund von Verwirbelung eines Luftstrom hinter

(stromabwärts) einer Engestelle. PM_049Mögliche Engestellen: Flüsterdreick im Kehlkopf; Hauchstellung im Kehlkopf; Engebildungen im Mundraum; an Lippen und Zähnen, durch die Zunge; z.B.: bei den stimmlosen Reibelauten [f, s, , , x]

Die Kehlkopfmuskulatur• intrinsische Kehlkopfmuskulatur: Justierung der Kehlkopfknorpel zueinander;

Justierung des Stimmlippenabstandes• extrinsische Kehlkopfmuskulatur: Justierung der Kehlkopflage(-höhe):

(Kehlkopfheber / -senker)

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Intrinsische Kehlkopfmuskulatur: PM_014 Grass_02_05(Benennung nach den Knorpeln, von denen die Muskeln ausgehen: Cricoid (Ringknorpel) – Thyroid (Schildknorpel) – Arytenoid (Stellknorpel))

cricoarytenoideus posterior (Posticus) (PCA)

Glottisöffner (Abduktor) -> Rotation der Ariknorpel

Cricoarytenoideus lateralis (LCA)

Glottisschließer (Adduktor) -> Rotation der Ariknorpel; mediale Kompression; realisiert auch: Flüsterposition;

Interarytenoideus (IA, Int) (transversus/obliquus)

Glottisschließer (Adduktor) -> Translation der Ariknorpel; schließt auch das Flüsterdreieck

Cricothyroideus (CT) Stimmlippenlängung (F0 steigt)Thyroarytenoideus internus (Vocalis) (TA, Voc)

Stimmlippenversteifung

Thyroarytenoideus externus Stimmlippenkürzung

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Extrinsische Kehlkopfmuskulatur: PM_016Unterteilung: Kehlkopfheber / -senkerAuswirkung der extrinsischen Kehlkopfmuskulatur / der Zungenmuskulatur auch auf die Spannung der Stimmlippen: -> intrinsische Tonhöhe

Grundsatz: Es besteht in erster Näherung Unabhängigkeit zwischen dem laryngealen und supralaryngealen System:

Tonhöhe und Stimmqualität <-> Stimmlippenspannung und -stellung;Funktionskreis: Phonation(z.B. Hyperfunktionelle Dysphonie -> übertriebene Konstriktion der Phonationsmuskulatur -> Stimmklang: rau, knarrend, gepresst)(z.B. Hypofunktionelle Dysphonie -> Schwäche der Kehlkopfmuskulatur -> Stimmklang: leise, matt, behaucht)

Vokalqualität (im engen Sinne) <-> Zungen-, Kiefer-, Lippenstellung Funktionskreis: Artikulation (auch: Gaumensegel)

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Achtung: Fehlfunktion des Gaumensegels (-> Hyper-/Hyponasalität (über/unter)) wird oft zur Stimme gerechnet! -> Begriff: „Resonanz“ / „Bildung von Resonanzräumen“

Anmerkung: Nochmals detailliert: Die Öffnungsarten der Stimmritze:Öffnung sieht in beiden Fällen anders aus:

• Adduktion: dreieckig: Grass_02_06Die Ariknorpel sind voneinander entfernt (adduziert). Die Stimmlippen schwingen nicht.

• Normale Phonation: ehr rundlich: Grass_02_07Die Ariknorpel sind abduziert. Die Stimmlippen schwingen.

Normale Phonation tritt bei stimmhaften Lauten (z.B: bei Vokalen auf) abl_mamaAdduktions-Abduktionsgesten entstehen bei stimmlosen Lauten abl_papa

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Aufbau und Funktion des supralaryngealen Systems: Die ArtikulationErinnerung: Funktionelle Einteilung der Sprechorgane:

• Sublaryngeales System: konstanter Druck, Energie zur Phonation;• Laryngeales System: (Roh-)schallerzeugung (-> Stimmklang)• Supralaryngeales Systems: Modifikation des Rohschalls (-> Vokalklang)

Zunächst: vokalische Artikulation: • Erzeugung des Rohschalls an den Stimmlippen• Ausbreitung des Rohschalls im Rachen-, Mund- und evtl. Nasenraum• Je nach (Länge und) Form des Vokaltraktes entsteht eine bestimmte Vokalqualität.

Vokaltrakt (VT) / Ansatzrohr: Der Luftraum von Glottis bis Mund / Nase

Video: QuarksCo_Artikulation

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Supralaryngeale Artikulatoren: Kroe02_01 PM_017• bewegliche Organe zur Formung des VT• das sind: Zunge, Lippen, Kiefer und Gaumensegel• Funktion: Einstellung einer bestimmten (Länge und) Form des VT.

Mediosagittalschnitt: Schnitt durch die Medianebene der Spechorgane• Kontur 1: Unterlippe und Zunge: hochbeweglich• Kontur 2: Oberlippe, Gaumen, Rachenwand: letztere eher unbeweglich

Die unbeweglichen supralaryngealen Strukturen determinieren die Artikulationsstellen:labial, dental, alveolar, palatal, velar, uvular, pharyngal, glottal

-> Artikulationsstellen entsprechen dem Artikulationsort von Konsonanten.

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Die Zunge (Lingua)Liefert Möglichkeit zu starken Änderung der Ansatzrohrform; Zunge = Muskulatur von Bindegewebeschicht und Schleimhaut ummantelt

Physiologische Einteilung der Zunge: PM_017• pharyngaler Teil (1/3): mit Kehldeckel (Epiglottis), Zungenbein (Hyoid) und

Unterkiefer (Mandibulum) verbunden• oraler Teil (2/3): frei beweglicher Teil; dazwischen: v-förmige Furche

Phonetisch-funktionale Einteilung der Zunge: • Zungenspitze (Apex) und Zungenblatt (Lamina)• Zungenrücken (Dorsum) und Zungenwurzel (Radix)

-> Zungenspitzenartikulation: apikal, laminal -> Zungenrückenartikulation: dorsal

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Wichtige Muskelgruppen der Zunge (nicht vollständig): PM_020 PM_021• Intrinsische Zungenmuskulatur: ändert die Zungenform

o Longitudinalis superior: Anhebung der Zungenspitzeo Longitudinalis inferior: Antagonist: Absenkung der Zungenspitze

• Extrinsische Zungenmuskulatur: ändert Zungenlage insgesamto Genioglossus posterior -> hoher Vorderzungenvokal [i] BoHa_04_65o Styloglossus -> hoher Hinterzungenvokal [u] BoHa_04_69o Hyoglossus -> tiefer Vorder-(/Hinter)zungenvokal -> [a] BoHa_04_68

• Hauptbewegungsrichtungen von Zungenrücken und Zungenspitze PM_022hoch (Konsonanten, hohe Vokale) – tief (nicht hohe Vokale) Vorverlagerung (vorne) – Rückverlagerung (hinten)

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Die Lippen (Labia) PM_027Ober- und Unterlippe; bestehen aus Muskulatur und Bindegewebe.Vokalische Artikulation: Spreizung ([i]), Rundung ([u]), weite Öffnung ([a]).Konsonantische Artikulation: Verschluß ([p],[b],[m]), Hebung von Ober- und Unterlippe; Unterlippe an obere Schneidezähne ([f],[v]).

Einige Muskelgruppen (nicht vollständig): • Orbicularis oris: ringförmig um Ober und Unterlippe verlaufend, ->

Verschlussbildung (z.B. [p]), Lippenrundung (z.B. [o, u])• levator labii: Anhebung der Oberlippe (z.B. bei [f])• Risorius: Zurückziehen der Mundwinkel (Lippenspreizung, [i])

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Das Gaumensegel (Velum) mit Zäpfchen (Uvula) PM_017dünner beweglicher „Lappen“ im Anschluß an den harten Gaumen (Palatum)wichtiger Muskel: levator palatini: Hebung des Gaumensegles Phonetische Funktion des Gaumensegels: akustische Ab-/Ankopplung des Nasenraumes an Mund- und Rachenraum.

Phonetisch-funktionale Betrachtung: • Senkung des Gaumensegels -> Nasale, nasalierte Laute• Hebung des Gaumensegels -> bei Obstruenten (= Plosive und Frikative) wichtig

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Der Unterkiefer (Mandibulum) PM_026nach hinten offene knöcherne u-förmige Bogenstruktur; der vordere Teil: KinnUnterscheidung: Muskulatur zur Hebung / Senkung des UnterkiefersPhonetische Funktion: synergetische Zusammenarbeit mit der Unterlippe und der Zunge; z.B. [a]: weite Mundöffnung und gesenkter Zungenrücken auch durch gesenkten Unterkiefer

Der Rachen (Pharynx) PM_017Rachenwand: aus funktional phonetischer Sicht: in guter Näherung unbeweglich

Anmerkung: Kehlkopfsenkung (z.B. bei gerundeten hinteren Vokalen) verlängert die Luftsäule am Ende des Rachenraums

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Exkurs 1: Die Quelle-Filter-Theorie

Die Entstehung von Sprechschall wird oft mittels der Quelle-Filter-Theorie beschrieben:

• Quelle: der Tongenerator -> Stimmlippen, StimmritzeGenerierung des Rohschalls-> hier: Variation des Stimmklangs (z.B. gepresst, normal, behaucht)

• Filter: der Vokaltrakt / das Ansatzrohr Unterschiedliche „Überformung“ des Rohschalls je nach Formung des Ansatzrohres -> hier: Variation des Vokalklangs (z.B. [i, a, u])

• Achtung: dieses Modell gilt nicht für Reibelaute (Frikative); hier kommt ein zweiter Mechanismus der Schallgenerierung hinzu: Generierung von Friktionsrauschen im Mundraum

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Exkurs 2: SpeechTrainer: Visualisierung von Artikulationsbewegungen• Darstellung von mediosagittalen Schnittbildern (Standbilder und Bewegungen)

SpeechTrainer• Darstellung von Artikulationsorganen und deren Bewegungsparameter

o Zungenrücken: 2 Freiheitsgrade: hinten-vorne, tief-hocho Zungenspitze: 2 Freiheitsgrade: hinten-vorne (postalveolar-dental), vokalisch-

konsonantischo Lippen: 2 Freiheitsgrade: geschlossen-offen, ungerundet-gerundeto Gaumensegel: 1 Freiheitsgrad; tief (offen) – vokalisch – hoch (geschlossen)

• Darstellung von artikulatorischen Ablaufpläneno Bsp: [mama]: Nasal und Vokal; abl_mama (auch abl_dada)

durchgängig Phonation beim Nasal: Lippenschluss und Senkung des Gaumensegels

o Bsp. [papa]: stimmloser Plosiv (Verschlusslaut) und Vokal: abl_papa Nicht durchgängig Phonation (auch abl_tasse) Beim stimmlosen Plosiv: glottale Ab- und Adduktionsgeste

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Exkurs 3: Evolution der Sprechorgane Sprechen stellt einen enormen Selektionsvorteil für in Gruppen lebende Arten dar.

Absenkung des Larynx (Kürzung des Gaumens) liefert: bessere Variation der Ansatzrohrform: Grass_02_11Die Eckvokale [i] [a] benötigen ausgeprägte Verengungen und weite Hohlräume; gleichlang aber entgegengesetzt;

Absenkung des Larynx geschieht auf Kosten von primär lebenserhaltenden Funktionen -> Gefahr des Verschluckens und damit des Erstickens.

Schimpanse: Fixierung des Kehldeckels durch Gaumensegels -> Trennung von Kauen im Mund und Atmen durch Nase und Rachen-> Absenkung des Kehldeckels nur beim Schlucken Mensch: Keine Fixierung des Kehldeckels durch Gaumensegel möglich: Der Weg der Nahrungsaufnahme kreuzt sich mit dem Weg der Atemluft.

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Die neuronale Kontrolle der Sprachproduktion Bisher betrachtet: die Muskulatur, welche die Artikulationsbewegungen realisieren. Frage jetzt: Wie werden die Artikulatoren und ihre Muskulatur gesteuert? -> Gehirn, Nervensystem

Die Grobstruktur des Nervensystems Das menschliche Nervensystem besteht aus:

• Zentralnervensystem (ZNS: Gehirn + Rückenmark) und: • peripherem Nervensystem (PNS: versorgt die Körperoberfläche).

Das Zentralnervensystem: von unten nach oben: • Rückenmark • Hirnstamm mit verlängertem Mark, Brücke, Mittelhirn, Zwischenhirn.

(Zwischenhirn mit Kernen der zwölf Gehirn- und Kranialnerven) • Kleinhirn (cerebellum): hat Verbindung zum PNS wie zu den motorischen Zentren:

Koordinationsstelle für präzise muskuläre Kontrolle (unterbewusst)

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• Großhirn (cerebrum): zwei Hälften (Hemisphären) (verbunden über Balken), außen: Rinde des Großhirns (cortex): 4 Lappen (lobi): Bewusstsein, Willkürsteuerung. Grobstruktur des Gehirns: PM_029 BoHa_04_12Die Kranialnerven: PM_tab01

Frontallappen: (lobus frontalis): für motorisch-efferente, d.h. nach außen gerichtete Tätigkeiten zuständig. Hier liegt auch das Broca-Zentrum (Zentrum der Sprachproduktion; Paul Broca: 1824-1880: franz. Chirurg und Anthropologe) 3 weitere (hintere) Lappen: hauptsächlich für sensorische Verarbeitung zuständig. Darunter: der Schläfenlappen (lobus temporalis) : Verarbeitung der Gehörseindrücke, hier liegt das Wernicke-Zentrum (Zentrum der Sprachwahrnehmung, des Verstehens; Carl Wernicke: deutscher Physiologe) Wernicke- und Broca-Zentrum liegen in Nachbarschaft zueinander -> Verbindung Sprachproduktion - Sprachwahrnehmung ist gegeben.

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Das periphere Nervensystem: Unterscheidung: • efferente Nervenbahnen: Information wird vom ZNS an die Muskulatur geschickt

(z.B. artikulatorische Steuerung) hauptsächlich über Kranialnerven (zur Kopf und Halsregion: phonatorische und supraglottale Artikulation) und über Spinalnerven (Brust- und Bauchregion: Atmung).

• afferente Nervenbahnen: leitet Information von der Peripherie an das ZNS: z.B. von Rezeptororganen in Haut (Tastsinn, taktile Wahrnehmung), von Muskeln (Info über Kontraktionsgrad eines Muskels: propriozeptive Wahrnehmung), vom Gehör (auditive Wahrnehmung).

Arten der Rückmeldung (Reafferenzen) bei der Sprachproduktion: • taktile Reafferenz: z.B. Berührung der Zungenspitze mit Gaumen• auditive Reafferenz: produzierter Schall über das Gehör des Sprechers zurück• propriozeptive Reafferenz: Grad der muskulären Kontraktion (z.B. Grad der

Unterkiefersenkung, Grad der Zungenspitzenhebung)

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Reafferenzen: Rückmeldung über den aktuellen Zustand der Sprechwerkzeuge auch während des Sprechaktes.Reafferenzen werden zur fortlaufenden bewussten oder unterbewussten Kontrolle des Sprechens eingesetzt und können die aktuelle Sprachproduktion beeinflussen.

PM_035

Beispiele: • Der „Lee-Effekt“: Ein Sprecher beginnt zu Stottern, wenn das akustische Signal

zeitverzögert zurückgemeldet wird (verzögerte auditive Rückkopplung)• Spracherwerb: spielerisches Ausprobieren der Sprechorgane: „Los-Artikulieren“

und wahrnehmen, was passiert (Achtung: Aber auch die Sprachwahrnehmung ist noch nicht entwickelt).

• „Beißblockexperiment“: Wir können sofort verständlich sprechen. Also: Sprechgesten sind auf unteren Ebenen (Ebene einzelner Artikulatoren und neuromuskulärer Einheiten) nicht festgelegt, nicht „neuronal fest“ gelernt.

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Reafferenzen sind wichtig für flexible Realisierung von Sprechgesten:

Servo-Mechanismen: unbewusste Steuerungsmechanismen

Sprechgesten sind „dynamische koordinative Strukturen“: Jede Sprechgeste wird von mehr als einem Artikulator realisiert. Jeder Laut wird von mehreren Gesten aufgebaut.

Exkurs: Das Konzept der Sprechgeste -> nach Transkription

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Ebenen der Sprachproduktion und der artikulatorische Steuerung • Motorische und sensorische Zentren in Großhirnrinde (Kortex); bewusste Planung

und Ausführung einer Äußerung; o Ebene des „motorischen Plans“: Koordinierung der Sprechgesten;

• Subkortikal (Kleinhirn, ...., Nervenbahnen): Koordinationsstelle für präzise muskuläre Kontrolle; o Ebene des „motorischen Plans“: Koordinierung der Sprechgesten; o Ebene zur Steuerung von Einzelmuskeln, die im Zusammenspiel Laute

realisieren;

Beispiel: neuronale, muskuläre und artikulatorisch-akustische Prozesse bei der Äußerung „Ich bin nur ein Phonetiker“ PM_tab02a PM_tab02b PM_tab02c

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Experimentelle Untersuchungsmethoden zur Artikulation

Messung von neuromuskulärer Aktivität: • Elektromyographie (EMG) : ist für jeden Muskel möglich -> alle Artikulatoren.

Beispiele: o Aktivität des levator palatini -> Grad der Hebung des Gaumensegels -> man

erkennt Obstruenten / Nasaleo Aktivität des Voc. -> Stimmlippenspannungo Aktivität des PCA, Int. (IA) -> glottale Abduktion, glottale Adduktion -> man

erkennt: stimmlose / stimmhafte Laute

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Messung der Stimmlippenschwingung (Phonation) und der Kehlkopfartikulation (Ab-/Adduktion):

• Laryngographie (Lx) = Elektroglottographie (EGG) : Messung der Kontaktstärke (-fläche) der Stimmlippen zueinander movie_EGG

• Photoelektroglottographie (PGG) : Messung der glottalen Öffnungsfläche (Lichtdurchlässigkeit an der Glottis)o Laute vs. Leise Phonation: PM_015

• Laryngoskopie (Laryngostroboskopie, Hochgeschwindigkeits laryngos kopie) : Aufsicht auf die Stimmlippen (Messung der glottalen Öffnungsfläche, Messung des Stimmlippenabstandes und der Stimmlippenform). Messung der glottalen Öffnungsfläche als Funktion der Zeit: benötige mind. 1000 Bilder/s. ( -> 10 Bilder eines glottalen Schwingungszyklus bei f0=100Hz). Problem der Stroboskopie: Stimmlippenschwingungen sind nicht exakt periodisch. movie_endoscopy

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Messung der Form und Bewegung der Artikulatoren / des Vokaltraktes • Röntgenbilder / -filme (Röntgenkinematographie) : (mediosagittale) Position und

Form von Lippen, Zunge, Kehlkopf, Gaumensegel, ... movie_X-RAYhistorische Mediosagittalschnitte: PM_038

• Magnetresonanztomographie (MRT, MRI), Computertomographie (CT) : dreidimensionale Form der Artikulatoren / des Vokaltraktes; (statisch: benötige 10-20s für eine vollständige 3D-Aufnahme) movie_MRI

• Elektromagnetische Artikulographie (EMA) : Messung einzelner Oberflächenpunkte auf Lippen, Kiefer, Vorderzunge; (dynamisch: hohe zeitliche Auflösung möglich: 400 Messungen/s, aber nur geringe räumliche Information: nur 5-20 Messpunkte)

movie_EMADie Messapparatur: PM_039 ; gemessene Bewegungsdaten: PM_040

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Messung der Kontaktfläche zwischen Zunge und hartem Gaumen:• (Elektro)palatographie (EPG) : Messung der Kontaktfläche zwischen Zunge und

hartem Gaumen; (gute zeitliche Auflösung, aber wieder nur beschränkte räumliche Information) movie_EPGEin künstlicher EPG-Gaumen: PM_036 Gemessene Kontaktflächen als Funktion der Zeit: PM_037

Messung von aerodynamisch relevanten Variablen: Lungenvolumen, Luftdruck und Luftstrom: (ist bereits im Übergangsbereich zur akustischen Phonetik)

• Ganzkörper-Pletysmograph : Messung des Lungenvolumens• Rothenbergmaske : Messung von oralem und nasalem Luftstrom• Inverses Filtern : Berechnung des glottalen Luftstroms aus dem oralen Luftstrom• Druckaufnehmer : Messung des Luftdrucks (Luftdruckschwankungen) im

Ansatzrohr, z.B. knapp oberhalb der Glottis

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