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7/2003 | 15.09.2003PKV PUBLIKInformationen des Verbandes der privaten Krankenversicherung e.V.
Der Gesundheitskonsens leistet keinen Beitragzu einer nachhaltigen, generationengerechtenFinanzierung unseres Gesundheitswesens
Weitere Themen in dieser AusgabeLiquidation trotz OP-Verbot? Das LG
Köln sagt „nein“! > Seite 82 +++ Leser
schreiben > Seite 83 +++ Persönliches > Seite84 +++ Impressum > Seite 84
Die gesetzliche Krankenversicherungsollte auf die sozial Schutzbedürftigenbegrenzt werdenDie gesetzliche Krankenversicherung
auf die gesamte Bevölkerung auszuwei-
ten hält der renommierte Staatsrechtler
Prof. Dr. Helge Sodan, der auch
Präsident des Verfassungsgerichtshofes
des Landes Berlin ist, für falsch.
Dies würde den wichtigen Wirtschafts-
zweig der privaten Krankenver-
sicherung existenziell gefährden, denn er
könnte von Zusatzversicherungen kaum
leben. Im Interview mit PKV Publik
fordert er vielmehr eine Rückbesinnung
auf die Ursprünge der deutschen GKV,
d.h., der Versichertenkreis der GKV
sollte deutlich reduziert und auf die
wirklich sozial Schutzbedürftigen be-
grenzt werden.
> Seite 74
Psychische Krankheiten: Keine ErfindungenJüngst widmete ein bekanntes Magazin
seine Titelgeschichte – und der Redak-
teur ein ganzes Buch – dem Ideenreich-
tum insbesondere der Psychiater, Krank-
heiten zu erfinden, und witterte dahinter
vielfältige ökonomische Interessen.Wenn
dem so wäre, müßte dies den Kosten-
trägern und insbesondere der privaten
Krankenversicherung sehr zu denken
geben.
Seite 78
Trotz einiger mutiger Weichenstellungen
von Regierung und Opposition in nächt-
lichen Gesprächsrunden verfehlt der Kon-
sens das Ziel der Gesundheitsreform, für
mehr Nachhaltigkeit und Generationen-
gerechtigkeit in der Finanzierung zu sor-
gen. Die notwendige neue Balance zwi-
schen Kapitaldeckung und Umlagefinan-
zierung wurde nicht angegangen, obwohl
die PKV überzeugende Angebote vorge-
Sana setzt Expansionskurs mit neuerStrategie fort Der Marktführer unter den privaten
Krankenhausbetreibern stellt die Wei-
chen für qualifiziertes Wachstum. Hierzu
verdoppelt er sein Eigenkapital und
ändert seine Rechtsform.
> Seite 79
MEDICPROOF baut Pflegeberatung ausDie Tochtergesellschaft des PKV-Ver-
bands für medizinische Gutachten hat im
Jahr 2002 die Pflegeberatung ausgebaut.
Gleichzeitig sank die Zahl der Begutach-
tungen von Antragstellern um 10 % .
> Seite 80
Zwei Ereignisse standen im Mittelpunkt der gesundheitspolitischen Debatte der letz-ten Wochen: Der zwischen Regierung und Opposition vereinbarte „Gesund-heitskonsens“ sowie das Gutachten der Rürup-Kommission. > Seite 74
legt hatte.Wurde dieser Konsens auf Basis
der bisherigen Systemstrukturen entwik-
kelt, so legt die Rürup-Kommission der
Politik zwei Alternativen zur Enscheidung
vor, die mit unserem bewährten Gesund-
heitssystem vollständig brechen würden.
Während die Bügerversicherung zwangs-
läufig zur Zwei-Klassen-Medizin führen
würde, vergrößerte das Pauschalprämien-
system den Staatseinfluss.
PKV UND POLITIK
74 PKV Publik 7/2003
Brief aus Berlin und Köln
Zwei Ereignisse standen im Mittelpunkt
der gesundheitspolitischen Debatte der
letzten Wochen: Der zwischen Regierung
und Opposition vereinbarte „Gesund-
heitskonsens“ sowie das am 28. August
2003 übergebene Gutachten der Rürup-
Kommission.
Trotz einiger mutiger Weichenstellungen
von Regierung und Opposition in nächt-
lichen Gesprächsrunden enttäuscht der
Konsens, sollte die Gesundheitsreform
doch für mehr Nachhaltigkeit und Genera-
tionengerechtigkeit in der Finanzierung
sorgen. Tatsächlich kam es jedoch zu kei-
nem Schritt in diese Richtung.Die notwen-
dige neue Balance zwischen Kapitaldek-
kung und Umlagefinanzierung wurde nicht
angegangen, obwohl die PKV überzeugen-
de Angebote – etwa beim Krankengeld mit
Kapitaldeckung – vorgelegt hatte.
Chance für Kapitalaufbau erneut vertanLeider hatte die Verhandlungsrunde nicht
den Mut zu einer grundlegenden Umsteue-
rung gehabt und die Leistungskomplexe
Zahnmedizin, Krankengeld und private
Unfälle in kapitalgedeckte Verfahren aus-
gegliedert. Dies hätte für eine zukunfts-
sichere Finanzierungsform gesorgt und die
Lohnzusatzkosten deutlich reduziert. Da-
mit wurde erneut eine Chance für den not-
wendigen Aufbau eines Kapitalstocks ver-
tan. Diese Weichenstellung ist jedoch un-
umgänglich, um unsere Kinder und nach-
wachsenden Generationen vor nicht mehr
tragbaren Belastungen zu schützen.
Zwar ist die Ausgliederung des Zahnersat-
zes aus dem Leistungskatalog der GKV
ein richtiger Schritt hin zu mehr Eigenver-
antwortung. Doch mit der Umsetzung
werden weder mehr Wettbewerb noch ei-
ne nachhaltige Finanzierung erreicht. So
ist es ein ordnungspolitischer Sündenfall,
dass Zahnersatz künftig von der GKV „in
einem gesonderten Strang“ angeboten
werden soll. Damit wird es der der GKV
ermöglicht, zu privilegierten und markt-
fernen Bedingungen auf dem funktionie-
renden Markt der Zusatzversicherung zu
agieren und den Wettbewerb zu verzerren.
Während in allen anderen Wirtschafts-
und Gesellschaftsbereichen mit guten
Gründen dereguliert und entstaatlicht
wird,erhält die GKV als mittelbare Staats-
verwaltung zusätzliche Kompetenzen.
Auch ist das politische Ziel nicht erreicht
worden, einen „fairen Wettbewerb“ zwi-
schen Sozialversicherung und Privatver-
sicherung herzustellen.Während die PKV
gezwungen ist, Kalkulationsvorschriften
zu beachten und in ihren Tarifen die Wirk-
lichkeit abzubilden, ist die GKV durch
Quersubventionierungen in der Lage, die
Absicherung des Zahnersatzes zu nicht
kostendeckenden Preisen anzubieten. Zu-
dem verfügt sie mit ihrem Bestand über
das Adressenmonopol, während die PKV
um die ihr bis dahin unbekannten Versi-
cherten erst werben muss. Von einem fai-
ren Wettbewerb kann also keine Rede
sein. Ungeachtet dieses gravierenden
Nachteils werden aber die Unternehmen
der PKV auf Basis der neuen gesetzlichen
Regelung den Versicherten attraktive Ta-
rife anbieten, zwischen denen sie entspre-
chend ihren individuellen Präferenzen
wählen können.
Der von den gesetzlichen Kassen für die
Absicherung des Zahnersatzes unabhän-
gig vom Einkommen ihrer Versicherten zu
erhebende Einheitsbeitrag verstößt über-
dies ganz offensichtlich gegen das Solidar-
prinzip. Ein weiterer eklatanter Verstoß
gegen dieses Prinzip liegt in der Ermächti-
gung der GKV, künftig freiwillig Versi-
cherten Tarife mit Beitragsrückgewähr
oder Selbstbehalte mit Beitragsminde-
rung anzubieten. Selbstverständlich wer-
den sich nur junge und gesunde Versicher-
te hierfür entscheiden – zum Nachteil der
anderen Versicherten im Kollektiv. Am
gesamten Ausgabenvolumen der GKV än-
dert dies nichts.
Evolutorischer Ansatz statt radikaler Re-formen mit zweifelhaftem AusgangWährend der Gesundheitskonsens auf Ba-
sis der bisherigen Systemstrukturen entwi-
ckelt wurde, fordert die Rürup-Kommis-
sion eine politische Werteentscheidung
zwischen zwei Systemen, die mit unserem
gegenwärtigen, im historischen und inter-
nationalen Vergleich trotz aller Kritik
außerordentlich bewährten System, voll-
ständig brechen.Die Kommission sieht für
eine langfristig tragfähige Reform nur die
Entscheidung zwischen einem Pauschal-
prämienmodell und der „Bürgerversiche-
rung“. Damit ignoriert sie weitere tragfä-
hige und deutlich leichter erreichbare Al-
ternativen. Denn die von der Rürup-Kom-
mission geforderte Weichenstellung der
Politik ist keineswegs auf die Alternative
Pauschalprämienmodell oder Bürgerver-
sicherung begrenzt.
Will man das politische Ziel einer nachhal-
tigen, generationengerechten Finanzie-
rung des Gesundheitswesens mit wettbe-
werblichen Strukturen bei Krankenver-
PKV UND POLITIK
75PKV Publik 7/2003
bundene Ziel,mehr Felder für Wettbewerb
zu erschließen, ist zu unterstützen und
kann selbstverständlich auch vor der PKV
nicht halt machen.Allerdings stößt die von
der Kommission geforderte Mitgabe der
Alterungsrückstellung auf bisher – wie das
Ergebnis aller eingesetzten Experten-
Kommissionen zeigt – nicht zu überwin-
dende Hürden. Dies gilt auch für den im
Bericht skizzierten Weg.Wie etwa will man
für einen Versicherten zum Zeitpunkt des
Wechsels exakt quantifizieren, welche
Kosten er in Zukunft verursacht. Dazu
müsste man eine konkrete, individuelle
Prognose abgeben, man müsste die Fort-
schritte der Medizin antizipieren, man
müsste die Kostenentwicklung kennen und
eine sichere Prognose über die individuelle
Lebenserwartung machen können. Über-
dies muss sich die Einschätzung des abge-
benden Unternehmens mit der des aufneh-
menden decken – bei der Informations-
und Interessenasymmetrie eine gewagte
Annahme.
Gleichwohl erklärt die PKV ausdrücklich
ihre Bereitschaft, konstruktiv an einer Lö-
sung mitzuarbeiten, die den Wechsel er-
leichtert, die aber auch die Interessen der
nicht wechselnden Versicherten berück-
sichtigt.Und worauf überdies zu achten sein
wird – sie muss administrierbar sein. L
sicherern wie bei Leistungserbringern er-
reichen – und jede verantwortliche, zu-
kunftsgerichtete Politik muss dieses Ziel
zur Grundlage ihrer Entscheidungen ma-
chen – und dabei den Versicherten mehr
Selbstbestimmung und Wahlfreiheit ein-
räumen, müssen die bestehenden Struktu-
ren mutig weiterentwickelt werden. Dazu
gehören eine Konzentration des Leistungs-
katalogs der GKV sowie die Ausweitung
der Kapitaldeckung und eine deutlich ge-
stärkte Vertragskompetenz der PKV
gegenüber den Leistungserbringern.
„Bürgerversicherung“ führt zwangsläufigzur Zwei-Klassen-Medizin Insbesondere die Einführung einer von
Teilen der Kommission vorgeschlagenen
„Bürgerversicherung“ – oder richtiger:
Volkseinheitsversicherung – ist abzuleh-
nen. Sie bedeutet das Ende von Wettbe-
werb und Wahlfreiheit, bedeutet Bevor-
mundung, Bürokratie und Kontrolle. Ihre
Einführung setzte voraus, dass alle Versi-
cherten einer Meldepflicht unterliegen.
Bei freier Kassenwahl müssten sie sich von
einer bundeseinheitlichen Meldestelle der
GKV erfassen und registrieren lassen, um
Nicht- oder Doppelmeldungen zu vermei-
den. Dies ist nur eine von vielen Folgen ei-
ner „Bürgerversicherung“, die zu einem
bürokratischen Monster ausarten würde.
So würde sie auch zwangsläufig zu einer
Zwei-Klassen-Medizin führen. Während
heute Leistungserbringer gesetzlich und
privat Versicherte auf gleich hohem Quali-
tätsniveau behandeln, würde Spitzenme-
dizin dann – internationale Vergleiche zei-
gen dies – zum Privileg Weniger werden.
Und wo das Verständnis für diese neue
Form der zusätzlichen Geldbeschaffung
ganz aufhört: gerade die Parteien, die für
Nachhaltigkeit und Generationengerech-
tigkeit eintreten, würden mit einer „Bür-
gerversicherung“ die demographieanfälli-
ge Umlagefinanzierung auf die gesamte
Bevölkerung ausdehnen.Wie können Poli-
tiker, die für die Interessen von Jungen
und Nachwachsenden eintreten, einen sol-
chen Schritt rechtfertigen?
„Pauschalprämienmodell“ vergrößertStaatseinfluss im Gesundheitswesen nochGegenüber dem Modell der Volksversi-
cherung hat das von Rürup selbst propa-
gierte Pauschalprämienmodell den Vor-
zug, die kapitalgedeckte – und damit de-
mographiefeste – PKV bei unveränderter
Versicherungspflichtgrenze unberührt zu
lassen. Das Gutachten anerkennt insofern
die unüberwindbaren rechtlichen Hürden,
in das Geschäftsfeld der PKV einzugrei-
fen. Es anerkennt, dass nur mit einer star-
ken privaten Krankenversicherung Wett-
bewerb und Einheitlichkeit der Versor-
gungsstrukturen sowie ein hoher Quali-
tätsstandard zu gewährleisten sind.
Allerdings mag man bezweifeln, dass Pau-
schalprämien der geeignete Finanzierungs-
weg sind. Sie setzen massive staatliche
Transferzahlungen von rd. 25 Mrd. Euro
jährlich voraus. Der Staat würde so einen
dominierenden Einfluss auf das Gesund-
heitswesen nehmen. Damit ginge ein we-
sentlicher Vorzug dieses Systems in
Deutschland – die vergleichsweise staats-
ferne Steuerung und Verwaltung durch die
unmittelbar Systembeteiligten – verloren.
Das mit dem Pauschalprämienmodell ver-
76
DAS INTERVIEW
PKV Publik 7/2003
Die GKV auf die gesamte Bevölkerung auszuweiten hält der renommierteStaatsrechtler Prof. Dr. Helge Sodan, der auch Präsident des Verfassungs-gerichtshofes des Landes Berlin ist, für falsch. Im Interview mit PKV Publikfordert er im Gegenteil, den Versichertenkreis der GKV deutlich zu reduzierenund auf die wirklich sozial Schutzbedürftigen zu begrenzen.
1
2
Die gesetzliche Krankenversicherung sollte aufdie sozial Schutzbedürftigen begrenzt werden
Der zwischen SPD, CDU/CSU und Bünd-
nis 90/Die Grünen vereinbarte Kompromiss
zur „Gesundheitsreform“ sieht vor, dass der
Zahnersatz künftig pflichtweise über Kopf-
pauschalen bei der GKV versichert wird, die
Versicherten alternativ aber auch einen Tarif
der PKV wählen können. Bestehen hierge-
gen rechtliche Einwände?
Prof. Sodan: Es ist sehr zweifelhaft, ob in
bezug auf die Versorgung mit Zahnersatz
ein fairer Wettbewerb zwischen GKV und
PKV stattfinden wird. Insoweit ist vor al-
lem zu berücksichtigen, dass durch die be-
absichtigte einseitige Steuerfinanzierung
sogenannter krankenversicherungsfrem-
der Leistungen zugunsten der GKV die ge-
setzlichen Krankenkassen Bundeszuschüs-
se von geschätzten insgesamt 4,5 Milliar-
den Euro per annum und damit in Höhe
von ca. 20 % der Jahresumsätze der PKV’n
erhalten sollen. Die damit verbundene
Wettbewerbsverfälschung verstieße nach
meiner Auffassung gegen Grundrechte pri-
vater Krankenversicherer: nämlich den all-
gemeinen Gleichheitssatz in Verbindung
mit dem Grundrecht der Berufsaus-
übungsfreiheit. Dass ein echter Kranken-
versicherungsmarkt besteht, lässt sich zu-
mindest im Hinblick auf diejenigen Mit-
glieder einer gesetzlichen Krankenkasse
begründen, deren Beitritt auf einer freiwil-
ligen Versicherung beruht. Besonders die
einseitige Steuerfinanzierung krankenver-
sicherungsfremder Leistungen führt zur
Gefahr der „Quersubventionierung“: Es
wäre ein erheblicher Verfassungsverstoß,
wenn die Steuermittel durch gesetzliche
Krankenkassen auch dazu verwendet wür-
den, für die Versorgung mit Zahnersatz
niedrigere Beiträge zu erheben, als es pri-
vaten Krankenversicherern möglich wäre.
Generalanwalt des Europäischen Ge-
richtshofs Jacobs führte in seinen Schluss-
anträgen vom 22. Mai 2003 in einem Ver-
fahren, das sich auf die Regelungen der
Festbeträge für Arzneimittel bezieht, aus,
dass die gesetzlichen Krankenkassen in
Deutschland nicht nur untereinander, son-
dern auch mit den privaten Krankenversi-
cherern konkurrieren und angesichts ei-
nes solchen Wettbewerbs die Wettbe-
werbsvorschriften des europäischen Ge-
meinschaftsrechts anwendbar sein sollten.
Vernünftig wäre es, nach einer Ausgliede-
rung der Versorgung mit Zahnersatz aus der
GKV das Zahnersatzrisiko über eine priva-
te Pflichtversicherung zu regeln, wie es An-
träge der beiden Oppositionsfraktionen im
Deutschen Bundestag vorsahen. Dass dieser
Vorschlag in den „Konsensgesprächen“
nicht durchgesetzt werden konnte, halte ich
für einen schwerwiegenden Fehler, der zu
erheblichen juristischen und politischen
Problemen führen wird.
Wie beurteilen Sie die Erfolgsaussicht der
angekündigten Verfassungsbeschwerden pri-
vater Krankenversicherer gegen die im „Bei-
tragssatzsicherungsgesetz“ vom 23. 12. 2002
geregelte und am 1. 1. 2003 in Kraft getretene
Erhöhung der Versicherungspflichtgrenze?
Prof. Sodan: Das Beitragssatzsicherungs-
gesetz ist bereits deshalb verfassungswid-
rig, weil die erforderliche Zustimmung sei-
tens des Bundesrates nicht erfolgt ist. Zu
dieser formellen Verfassungswidrigkeit
kommen schwerwiegende Einwände ge-
gen die materielle Verfassungsmäßigkeit
hinzu. Ein Arbeiter oder Angestellter, des-
sen regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt im
Jahre 2003 nicht den Betrag von 45.900
Euro übersteigt, ist in der GKV pflichtver-
sichert. Mit einer derart hohen und letzt-
lich willkürlich festgelegten Grenze hat
sich der Gesetzgeber nicht nur von der al-
ten „Friedensgrenze“ zwischen GKV und
PKV, sondern vor allem auch vom Prinzip
der Schutzbedürftigkeit gelöst, das für ei-
Prof. Dr. Helge Sodan
Der Gesetzgeber muss daher strenge Re-
gelungen schaffen, welche eine „Quersub-
ventionierung“ ausschließen; durch staatli-
che Aufsicht ist die Einhaltung der Anfor-
derungen sicherzustellen.
Sehr zweifelhaft ist ferner, ob sich das an-
gestrebte Konkurrenzverhältnis zwischen
der ungleich größeren, fast über eine Mo-
nopolstellung verfügenden GKV und der
deutlich kleineren PKV bei der Versor-
gung mit Zahnersatz mit den Wettbe-
werbsvorschriften des europäischen Ge-
meinschaftsrechts vereinbaren ließe. Der
77
DAS INTERVIEW
PKV Publik 7/2003
ne Sozialversicherung grundlegend ist.
Nach meiner Auffassung verstößt eine so
hohe Versicherungspflichtgrenze gegen
das Grundrecht Zwangsversicherter auf
freie Entfaltung der Persönlichkeit, weil
sie sich als unverhältnismäßig erweist.
Überdies ergibt sich aus der gegenwärti-
gen sozialgesetzlichen Regelung ein Prob-
lem signifikanter Ungleichbehandlung.
Ein Arbeiter oder Angestellter, dessen
Jahresarbeitsentgelt nicht 45.900 Euro,
sondern 45.901 Euro beträgt, ist derzeit
versicherungsfrei – mit den möglichen
Vorteilen des Abschlusses einer privaten
Krankenversicherung.Wer diese Versiche-
rungspflichtgrenze auch nur geringfügig
verfehlt, ist versicherungspflichtig. Ein für
diese Ungleichbehandlung verschiedener
Gruppen rechtfertigender Grund lässt
sich jedoch nicht finden. Auch das soge-
nannte Sozialstaatsprinzip ermächtigt
nicht zu beliebiger Sozialgestaltung. Die
gegenwärtige Versicherungspflichtgrenze
verstößt gegen das Gebot der Belastungs-
gleichheit und daher gegen den allgemei-
nen Gleichheitssatz.
Aus Sicht der PKV ist insbesondere deren
Grundrecht der Berufsfreiheit zu beach-
ten, das wegen der deutlich verringerten
Möglichkeiten, neue Versicherungsneh-
mer zu gewinnen, zumindest mittelbar be-
troffen ist. Auch insoweit sehe ich keine
hinreichende Rechtfertigung für die
Grundrechtsbeeinträchtigungen. Mit der
in ständiger Rechtsprechung als besonde-
ren Gemeinwohlbelang bezeichneten Si-
cherung der finanziellen Stabilität der
GKV hat das Bundesverfassungsgericht
(BVG) dem Gesetzgeber keine „Blanko-
vollmacht“ zur beliebigen Einschränkung
etwa der Berufsfreiheit ausgestellt. Trotz
der vorgenannten schwerwiegenden Ein-
wände lässt sich allerdings die konkrete
Erfolgsaussicht von Verfassungsbeschwer-
den, deren Entscheidung in die Zuständig-
keit des Ersten Senats des BVG fallen
dürfte, nur schwer voraussagen.
sozial schutzbedürftigen Zwangsvereinig-
ten auf freie Entfaltung der Persönlichkeit
und die zumindest mittelbaren Beein-
trächtigungen der Berufsfreiheit privater
Krankenversicherer wären nicht zu recht-
fertigen.
Da mittlerweile mehr als 90 Prozent der
Bevölkerung in der GKV sind, wäre genau
der umgekehrte Weg sinnvoll, eine Rück-
besinnung auf die Ursprünge der deut-
schen GKV: Der von ihr erfasste Versi-
chertenkreis sollte deutlich auf die wirk-
lich sozial Schutzbedürftigen reduziert
werden. Das wesentlich durch Otto von
Bismarck beeinflusste Gesetz betreffend
die Krankenversicherung der Arbeiter
vom 15. Juni 1883 bezog in diese Sozialver-
sicherung nur die Arbeiter mit den nied-
rigsten Löhnen ein und konzentrierte den
Versicherungsschutz auf einen tatsächlich
schutzbedürftigen Personenkreis, so dass
der Krankenversicherung der Arbeiter sei-
nerzeit lediglich etwa 10 Prozent der Be-
völkerung angehörten.
Eine erheblich „abgespeckte“ und auf die-
se Weise leichter finanzierbare GKV
könnte – nach Wegfall eines Konkurrenz-
verhältnisses zur PKV – aus Steuermitteln
unterstützt werden. Im übrigen aber und
damit ganz überwiegend wäre die Kran-
kenversicherung den wettbewerblichen
Strukturen der wirtschaftlicheren privaten
Krankenversicherung anzuvertrauen. Da-
rin würde ein echter Systemwechsel liegen,
vor dem der Gesetzgeber aber – noch – zu-
rückscheut. So wird denn mit großer Wahr-
scheinlichkeit in diesem Jahr eine „Ge-
sundheitsreform“ auf der Grundlage eines
Systems beschlossen werden, das schon
wegen des kontinuierlichen Ausgabenan-
stiegs als Folge des medizinischen Fort-
schritts und der zunehmenden Zahl älterer
Menschen keine Zukunft haben kann.
Kaum abzuschätzen sind zudem die sich
aus der EU-Osterweiterung für die sozia-
len Sicherungssysteme Deutschlands erge-
benden Belastungen.
3In der Reformdiskussion geht es nicht nur
um die Berücksichtigung anderer Ein-
kunftsarten, sondern auch um die Einbezie-
hung aller bisher noch privat versicherten
Personenkreise in die Pflichtversicherung.
Wie beurteilen Sie die Chancen einer Bür-
gerversicherung unter verfassungsrechtli-
chen Gesichtspunkten?
Prof. Sodan: Die wettbewerbsferne, un-
wirtschaftliche Einheits-Krankenversiche-
rung wäre vollendet, wenn die gesamte
Bevölkerung in Deutschland in die GKV
einbezogen würde. Dies liefe der finanzi-
ellen Stabilität und damit der Funktions-
fähigkeit der GKV gerade zuwider. Wäh-
rend früher von „Volksversicherung“ die
Rede war, verwenden einige interessierte
Politiker seit kurzem die verharmlosende
Bezeichnung „Bürgerversicherung“ und
finden damit Zustimmung bei denjenigen,
die gegen eine vermeintliche „Zwei-Klas-
sen-Medizin“ als Folge des Dualismus von
GKV und PKV polemisieren. Ob die
zwangsweise Einbeziehung auch von Be-
amten und Selbständigen in die GKV
wirklich deren Finanzgrundlagen nachhal-
tig bessern würde, ist unter Wirtschaftswis-
senschaftlern seit langem umstritten: Zu
bedenken ist insoweit vor allem, dass viele
Beamte mit relativ niedrigen Einkommen
nicht gerade hohe Beiträge zur GKV leis-
ten könnten; dies gilt in wirtschaftlichen
Krisenzeiten auch für nicht wenige Selb-
ständige.
Ökonomisch unsinnig aber wäre es vor al-
lem, die wirtschaftlich funktionierende
PKV und damit einen wichtigen Wirt-
schaftszweig in Deutschland zu ruinieren.
Allein vom Abschluss von Zusatzversiche-
rungen dürften diese kaum leben können;
sie wären daher existentiell gefährdet. Ge-
gen eine „Bürgerversicherung“ ergäben
sich zugleich schwerwiegende verfas-
sungsrechtliche Einwände. Die mit einer
solchen umfassenden gesetzlichen
Zwangs-Krankenversicherung verbunde-
nen Eingriffe in das Grundrecht der nicht
PKV Publik 7/2003
PKV UND GKV
78
Kreislauf-Krankheiten abgelöst haben.
Unter den führenden 10 Krankheiten wer-
den sich 4 weitere psychische (Alkoholab-
hängigkeit, Schizophrenie, Zwangs- sowie
manisch-depressive Krankheit) finden.
Darauf ist der Versorgungsalltag bei ge-
setzlich wie bei privat Krankenversicher-
ten bisher unzureichend vorbereitet.
Unzureichend erkannt und – falls doch –unzureichend behandelt Eine Reihe multinationaler Erhebungen
zeigt, dass diese Krankheiten häufig unzu-
reichend erkannt und – falls doch – unzu-
reichend behandelt werden. Die Erken-
nensquote der Depression liegt z.B. bei 50
Prozent. Die Zwangskrankheit hat nicht
umsonst den Spitznamen "hidden disea-
se"; es dauert rund 8 Jahre, bis sie endlich
adäquat behandelt wird. Dies bedeutet für
die Kostenträger keineswegs, Geld zu spa-
ren. Im Gegenteil: Die häufig begleitenden
körperlichen Symptome sind Anlass für
umfangreiche und wiederholte somatische
Abklärungen. Es ist eindeutig belegt, daß
unerkannte oder fehlbehandelte psychisch
Kranke z.T. in dramatischem Maße somati-
sche Krankenhäuser in Anspruch nehmen.
Und dies trotz der in Deutschland weltweit
besten psychosomatischen Versorgung.
Die Kehrseite der "erfundenen Krankhei-
ten" sind am Ende höhere Kosten. Be-
denkt man dann auch noch das damit ver-
bundene subjektive Leid der Betroffenen,
hat das erwähnte Magazin weder den Ver-
sicherern noch den Kranken einen Dienst
erwiesen. Am Ende hat das Magazin zur
Stigmatisierung psychisch Kranker beige-
tragen und ihre Chancen für eine effiziente
Behandlung verringert. JF
Rund 7 Prozent (1998) aller Krankenhaus-
fälle Privatversicherter sind Folge psychi-
scher Krankheiten, also deutlich mehr als
im Durchschnitt (5 %). Dabei verursachen
sie bei Privatversicherten 14 Prozent
(Durchschnitt: 13 %) aller Belegungstage.
Dem Magazin zufolge wäre diese Gruppe
besonders empfänglich für die "Verfüh-
rungskünste" der "Erfinder". Und ihre
Versicherer wie die Versichertengemein-
schaft wären die ökonomischen Opfer.
So ist es aber – man ist versucht zu sagen
leider – nicht, zumindest nicht statistisch,
von Einzelfällen abgesehen. Seit 40 Jahren
hat die Forschung immer wieder Unter-
schiede zwischen den sozialen Gruppen
belegt. Demnach ist die höhere Inan-
spruchnahme durch Privatversicherte
nicht Folge höherer Erkrankungsrisiken
(Morbidität), sondern eher dadurch be-
dingt, dass die Inanspruchnahme durch ge-
setzlich Versicherte unzureichend ist .
Die diagnostische Verteilung (Grafik)
zeigt aber,daß manche Krankheiten (ange-
geben sind die ICD-9-Kodes) unter–,ande-
re überrepräsentiert sind,vor allem als Fol-
ge des gesetzlich beschränkten Zugangs
zur Privatversicherung: So manifestieren
sich die Schizophrenien (295) in so jungen
Jahren, dass es den Betroffenen kaum
möglich ist, die Versicherungspflichtgrenze
zu übertreffen. Ähnlich ist es bei Alkohol-
krankheit (303),wobei hinzukommen mag,
daß bei Privatversicherten diese Diagnose
"vermieden" und stattdessen eine "Neuro-
se" (300) diagnostiziert wird. Der geringe-
re Anteil der Demenzen (290) erklärt sich
am ehesten aus der besonderen Alters-
struktur Privatversicherter.
Der WHO und Weltbank zufolge werden
Depressionen (in 296 und 300) im Jahre
2020 in den entwickelten Ländern die füh-
rende Ursache für in Behinderung ver-
brachte Lebensjahre sein und die Herz-
Psychische Krankheiten: Keine ErfindungJüngst widmete ein bekanntes Magazin seine Titelgeschichte – und der Redakteur ein ganzes Buch – dem Ideenreichtuminsbesondere der Psychiater, Krankheiten zu erfinden, und witterte dahinter vielfältige ökonomische Interessen. Wenn demso wäre, müßte dies den Kostenträgern und insbesondere der privaten Krankenversicherung sehr zu denken geben
Belegungstage: Diagnostische Verteilung
PKV Insgesamt
31110%
3095%
3083%
3073%3064%3052%
3036%
3014% 300
19%
2989%
29612%
2959%
2904%
2907% 291
3%
29526%
29613%
3009%
3015%
30311%
3044%
3096%
79
PKV UND KRANKENHAUS
PKV Publik 7/2003
was angesichts des Privatisierungs- und In-
vestitionsbedarfs der deutschen Kranken-
hauslandschaft ein entscheidendes Ziel der
Sana ist. Ein Börsengang sei allerdings
nicht geplant, wie Geschäftsführer Ulrich
Bosch klarstellte. Denn der Kreis der An-
teilseigner soll in der Grundstruktur nicht
verändert werden. Als Unternehmen der
PKV wird Sana auch langfristigen, quali-
tätsbezogenen Zielen folgen.
„Qualität vor Quantität“Weitere Instrumente der neuen Strategie
stellte Geschäftsführer Dr. Andreas Tek-
klenburg vor: Das Sana-DRG-Steuerungs-
board, das DRG-Benchmarkingprojekt,
die Portfoliostrategien,die Patientenpfade,
den Einsatz von Key Account Managern
und die Integrierte Versorgung. Mit „Qua-
lität vor Quantität“ verbindet sich die For-
mel, die richtige Medizin auf Grundlage
sichtbarer Evidenz und wissenschaftlich
abgesichert, am richtigen Ort (“nicht jeder
alles“, durch vereinbarte Vorgehenswei-
sen), zu einem vernünftigen Preis (kalku-
lierbar und transparent) auf Anhieb richtig
zu erbringen. „Mit der neuen Strategie
nimmt Sana die aktuelle Entwicklung in
der Politik vorweg und ist Impulsgeber ei-
ner qualitäts- und patientenorientierten
Medizin in Deutschland,“ so Dr. Reinhard
Schwarz abschließend.
Die Sana-Kliniken-Gruppe verantwortete
im vergangenen Jahr einen Umsatz von
1.700 Mio. Euro und zählt zu den Top 50
Dienstleistern in Deutschland. Zum Sana
Verbund gehören 60 Krankenhäuser, 20
Seniorenzentren sowie 11 Dienstleistungs-
gesellschaften. Nahezu eine halbe Mio. Pa-
tienten wurden 2002 in den Sana-Kranken-
häusern stationär behandelt. Sch
Unter dem Motto „Qualität vor Quan-
tität“ hat die Sana eine neue Unterneh-
mensstrategie entwickelt. Sie erlaubt es,
die weitreichenden Änderungen im Kran-
kenhausbereich wie die Abrechnung nach
DRGs (Diagnostic Related Groups) und
die Behandlung nach Patientenpfaden
(Clinical Pathways) effektiv zu nutzen und
den eigenen Expansionskurs fortzusetzen.
Zu den wesentlichen Maßnahmen für eine
zeitnahe Umsetzung der neuen Strategie
zählen die Verdoppelung des Eigenkapi-
tals auf 80 Mio.Euro und die Änderung der
Rechtsform in eine GmbH & KGaA.
Nachfrage kommunaler Träger hält anDie neue, mit Aufsichtsrat und PKV-Gre-
mien abgestimmte Strategie wurde in
München, dem Sitz der Sana, im Rahmen
einer Pressekonferenz von den drei Ge-
schäftsführern der Sana-Kliniken GmbH
vorgestellt. Zu den Eckpunkten zählen die
Fokussierung auf das Kerngeschäft Akut-
krankenhäuser sowie die Bildung medizi-
nischer Kompetenzzentren für Erkrankun-
gen des Herz-Kreislauf-Systems und des
Bewegungsapparates. Leistungen der Re-
habilitation,Anschlussheilbehandlung und
Altenpflege werden künftig durch den Ab-
schluss von Kooperationsverträgen einge-
kauft. Integrierte Versorgungsangebote
sollen durch regionale Netzwerke ausge-
baut werden.Wachstum wird vorzugsweise
in Regionen mit bereits starker Sana-Prä-
senz forciert. Die Nachfrage von kommu-
nalen Trägern nach Managementverträgen
hält an, zunehmend wird jedoch eine diffe-
renzierte Ausgestaltung gewünscht. Die
neue Strategie soll auch „die herausragen-
de medizinische Qualität der Sana-Häuser
und ihre Wirtschaftlichkeit dauerhaft si-
chern,“ betonte Dr. Reinhard Schwarz,
Vorsitzender der Geschäftsführung.
Zur Umsetzung der neuen Strategie haben
die Sana-Gesellschafter die erwähnte Ver-
doppelung des Eigenkapitals beschlos-
sen. Weiterhin soll auf der nächsten Ge-
sellschafterversammlung Mitte Oktober
die Rechtsformänderung in eine GmbH
& Co. KGaA verabschiedet werden.
Die Gesellschafter-Anteile der Sana-
GmbH werden –
in Form von
Aktien – in
Kommanditantei-
le umgewandelt.
Damit verein-
facht sich die Ka-
pitalbeschaffung
und die Sana öff-
net sich weiteren
privaten Kran-
kenversicherern
als möglichen Ge-
sellschaftern. Bei-
des führt zu höhe-
rer Flexibilität,
Sana setzt Expansionskurs mit neuer Strategie fort Der Marktführer unter den privaten Krankenhausbetreibern stellt mit neuer Unternehmensstrategie die Weichen für qualifi-ziertes Wachstum. Voraussetzungen hierfür sind eine Verdoppelung des Eigenkapitals und eine Änderung der Rechtsform.
v.l.n.r.: Dr. Andreas Tecklenburg, Dr. Reinhard Schwarz und Ulrich Bosch.
80
PKV UND PFLEGE
PKV Publik 7/2003
gehalten. Verzögerungen entstehen etwa
durch stationäre Krankenhausbehandlun-
gen des Pflegebedürftigen oder durch
Schwierigkeiten bei der Terminvereinba-
rung mit Angehörigen.Aber auch eine ver-
schärfte Qualitätskontrolle der Gutachten
verlängerte die Bearbeitungszeit um ein
bis zwei Tage – ebenfalls als Folge der er-
wähnten BSG-Urteile. Weil eine einmal
mitgeteilte Pflegestufe bei einem Irrtum
des Gutachters nicht mehr zurückgenom-
men werden kann, müssen die Gutachten
hieb- und stichfest sein und werden noch
kritischer als zuvor auf Fehler geprüft.
Erhebliche Unterschiede zwischen ambu-lanter und stationärer PflegeBei den Ergebnissen der Erstgutachten –
der Begutachtung nach erster Antragstel-
lung – zeigen sich erhebliche Unterschiede
zwischen ambulant und stationär gepfleg-
ten Antragstellern. Im stationären Bereich
werden wesentlich weniger (9,63 %) von
den Gutachtern als nicht pflegebedürftig
angesehen, als bei Pflege zu Hause
(21,39 %). Bei der häuslichen Pflege be-
kommt die Hälfte der Pflegebedürftigen
die Stufe I (50,39 %), während bei der sta-
tionären Pflege die Stufe II mit 40,7 % am
häufigsten vergeben wird (siehe Tabelle 1).
Auch Alter und Geschlecht der Antragstel-
ler wurden ausgewertet: 57,9 % sind Frau-
en. Bei den Männern war die Altersgruppe
von 66 bis 80 Jahren am stärksten vertreten
(16 %), bei den Frauen die von 81 bis 90
Jahren (28,3 %). Besonders deutlich wird
die unterschiedliche Lebenserwartung in
den Pflegeheimen. Dort liegt der Anteil
der 81 bis 90jährigen Männer bei 14,5 %,
bei den Frauen hingegen bei 35 % (siehe
Tabelle 2).
Die MEDICPROOF–Gesellschaft für me-
dizinische Gutachten ist als 100%ige Toch-
ter des PKV-Verbandes für die Prüfung der
Voraussetzungen der Pflegebedürftigkeit
nach dem SGB XI zuständig und damit
vergleichbar dem Medizinischen Dienst
der GKV. Ursache für den Auftragsrück-
gang ist nach dem jetzt vorgelegten Ge-
schäftsbericht die Rechtsprechung des
Bundessozialgerichts zu den Wiederho-
lungsuntersuchungen. Hierunter ist die er-
neute Begutachtung zur Überprüfung der
festgestellten Pflegestufe zu verstehen, die
regelmäßig zu erfolgen hat. Die BSG-Ur-
teile vom 22. August 2001 haben diese
Möglichkeit aber stark eingeschränkt.
Zahl der Gutachter gesunkenIn der privaten Pflegepflichtversicherung
hat dies dazu geführt, dass ca. 10.000 Gut-
achten weniger durchgeführt wurden. Der
Umsatz der MEDICPROOF GmbH sank
somit auf 3,4 Mio. Euro (2001: 3,7 Mio. Eu-
ro), die Zahl der Gutachter um 80 auf 933.
Derzeit decken 862 ärztliche Gutachter
und 71 Pflegefachkräfte als freie Mitarbei-
ter für MEDICPROOF das gesamte
Bundesgebiet ab. Vor allem sind es prakti-
sche Ärzte (23 %), gefolgt von Allgemein-
medizinern (21 %), Fachärzten für innere
Medizin (14 %) und Arbeitsmedizinern
(12 %). Die meisten sind niedergelassene
Ärzte (21 %), gefolgt von den Ärzten, die
in Krankenhäusern oder Kliniken ange-
stellt sind (18 %). Knapp 5 % sind haupt-
amtlich beim medizinischen Dienst der
Krankenversicherung (MDK), 8 % im öf-
fentlichen Gesundheitsdienst und 9 % bei
arbeitsmedizinischen Diensten beschäftigt.
Etwa 14 % der freien Mitarbeiter,davon 20
Pflegefachkräfte, arbeiten ausschließlich
freiberuflich als Gutachter. Jeder Gutach-
ter hatte im Durchschnitt neun Aufträge im
Monat zu erledigen. In Nordrhein-Westfa-
len, Baden-Württemberg und Bayern – je-
weils Länder mit hoher PKV-Versicherten-
dichte – waren es zum Teil deutlich mehr.
Die MEDICPROOF GmbH vermittelt
Aufträge von allen 43 privaten Kranken-
versicherern, die die Pflegepflichtversiche-
rung betreiben, sowie den Pflegeversiche-
rungen der Postbeamtenkrankenkasse und
der Krankenversorgung der Bundesbahn-
beamten. Insgesamt ist sie damit für rd. 8,8
Mio. Privatversicherte in Deutschland zu-
ständig. Die durchschnittliche Bearbei-
tungsdauer lag im Berichtsjahr für ambu-
lante Begutachtungen bei 25 Tagen und für
die Begutachtung in Pflegeheimen bei 22
Tagen. Die angestrebte Bearbeitungszeit
von 3 Wochen wird in 73 % der Fälle ein-
MEDICPROOF baut Pflegeberatung ausDie Tochtergesellschaft des PKV-Verbands für medizinische Gutachten, MEDICPROOF, hat im Jahr 2002 die Pflegeberatungausgebaut. Gleichzeitig ist die Zahl der Begutachtungen von Antragstellern um 10 % auf 110.188 zurückgegangen.
Tabelle 1:
Private PflegeversicherungEinstufung der Erstgutachten 01.01. – 31.12.2002
nicht pflegebedürftig Stufe 1 Stufe 2 Stufe 3
ambulant 21,39 % 50,39 % 22,99 % 5,22 %
stationär 9,63 % 35,19 % 40,70 % 14,48 %
81
PKV UND PFLEGE
PKV Publik 7/2003
nur 0,4 % – immerhin aber 103 Einzelfälle
– Pflegemängel festgestellt wurden. Die
Versorgungsqualität in Pflegeheimen
scheint also besser zu sein als es in der Öf-
fentlichkeit gelegentlich diskutiert wird.
Zunehmende Pflegeberatungsleistungenzur Stärkung der häuslichen PflegeMit 4,6 % wesentlich mehr Defizite gibt es
nach dem Urteil der Gutachter bei der Ver-
sorgung zu Hause, und zwar vor allem
dort, wo Pflegebedürftige allein leben und
von keiner Pflegeperson betreut werden.
Um die häusliche Pflege zu stärken und die
Pflegebereitschaft zu fördern, erbringt
MEDICPROOF zunehmend Pflegebera-
tungsleistungen. Grundlage dafür ist ein
pflegewissenschaftlich überprüftes Kon-
zept, das vor allem auf Unterstützung und
Entlastung pflegender Angehöriger setzt.
Speziell geschulte Pflegefachkräfte vermit-
teln dabei gezielt die notwendigen Fertig-
keiten und das erforderliche Wissen für ei-
ne erfolgreiche Pflege Be
Bei sachlich begründeten Einwendungen
des Versicherten wird ein Zweitgutachten
durchgeführt. Die Einwendungen sind
allerdings seit 1998 insbesondere im ambu-
lanten Bereich deutlich gesunken, von
6,3 % auf jetzt 3,9 %. Im stationären Be-
reich waren lediglich 2,3 % der Antragstel-
ler nicht einverstanden (1998: 3,4 %). Die
höchste Einspruchquote gibt es mit 7,6 %
bei den Kinderbegutachtungen. Der über-
wiegende Teil der Einwendungen (45,1 %)
richtet sich gegen die Ablehnung einer
Pflegestufe. Im stationären Bereich gibt es
aber auch Einwendungen gegen eine zu
hohe Pflegestufe, denn die Zuzahlungen
der Bewohner für Unterkunft und Verpfle-
gung in den Heimen steigen bei einer Hö-
herstufung ebenfalls.
Die Pflege- und Versorgungsqualität sindbesser als ihr RufIm Jahr 2002 wurde durch die Gutachter
der MEDICPROOF anhand eines vorge-
gebenen Bewertungsschemas die Versor-
gungsqualität aller begutachteten Versi-
cherten eingeschätzt. In jedem Fall musste
angegeben werden, ob eine „angemesse-
ne“, eine „defizitäre“ oder eine „nicht si-
chergestellte“ Pflege vorliegt. MEDIC-
PROOF räumt ein, dass es sich dabei um
eine vergleichsweise wenig differenzierte
Graduierung von „Pflegequalität“ han-
delt. Die Definition erlaube jedoch eine
einfache Auswertung aller Versorgungsfor-
men (siehe Grafik).
Überraschendes Ergebnis war, dass von
insgesamt 24.068 Auswertungen im statio-
nären Bereich (5. Säule der Abbildung)
Pflege- und Versorgungsqualität von Privatversicherten
Tabelle 2:
Private Pflegeversicherung: Antragstellungen nach Altersstufen und Geschlecht
Alter der Antragsteller ambulant stationär ambulant und stationär
männlich weiblich männlich weiblich männlich weiblich
bis 19 Jahre 0,6 % 0,4 % 0,3 % 0,2 % 0,5 % 0,3 %
20 bis 65 Jahre 8,1 % 4,7 % 3,6 % 2,0 % 7,0 % 4,0 %
66 bis 80 Jahre 17,9 % 17,5 % 10,8 % 14,7 % 16,0 % 16,7 %
81 bis 90 Jahre 15,8 % 25,8 % 14,5 % 35,0 % 15,4 % 28,3 %
91 Jahre und älter 2,8 % 6,4 % 4,5 % 14,3 % 3,2 % 8,6 %
100 % 100 % 100 %
125
1.102386
384 221
879
12
43 84
19 106
65
202
23.9651.15918.21642.2703.677
100 %
90 %
80 %
70 %
60 %
50 %
40 %
30 %
20 %
10 %
0 %Ambulanter Pflegedienst
Private Pflegepersonen
Kombinationspflege
Betreutes Wohnen
Vollstationäre Einrichtung
keine Pflegeperson
angemessen defizitär nicht sichergestellt
82
PKV UND RECHT
PKV Publik 7/2003
die Operation unter seiner Aufsicht nach
fachlicher Weisung erbracht worden sei.
Denn dies setze voraus, dass der Chefarzt
in der Lage gewesen sei, von seiner Auf-
sicht durch aktives Eingreifen in die Ope-
ration Gebrauch zu machen.
Chefarzt muss aktiv eingreifen könnenDass der Chefarzt die Vor- und Nachbe-
handlung einschließlich Diagnose und
Therapiewahl durchgeführt habe, führe
nicht dazu, dass der Wahlleistungsvertrag
als wirksam bzw. teilwirksam anzusehen
sei. Denn bei vorgesehenen Operationen
orientiere sich der Privatpatient bei der
Auswahl der Klinik gerade danach, wel-
cher Chefarzt ihn von seiner Qualifikation
her am besten operieren könne. Demge-
genüber hätten Diagnostik und Therapie
aus Sicht des Patienten eher untergeordne-
te Bedeutung, zumal sie für den Patienten
häufig bereits feststünden, bevor er sich in
stationäre Behandlung begebe. Deshalb
sei bei bestehendem Operationsverbot der
Wahlleistungsvertrag nicht nur hinsichtlich
der Hauptleistungspflicht wegen Unmög-
lichkeit unwirksam, sondern auch hinsicht-
lich sämtlicher im Rahmen der Wahlarzt-
leistungen erbrachten Leistungen.
Auch eine wirksame besondere Individual-
vereinbarung über die Behandlung durch
einen qualifizierten Oberarzt unter Lei-
tung des Chefarztes sei nicht schlüssig dar-
gelegt worden. Zwar habe der Chefarzt
den Patienten vor der Operation darüber
aufgeklärt, dass ihn sein Oberarzt operie-
ren werde. Jedoch erscheine die behaupte-
te Individualvereinbarung vor dem Hinter-
grund des § 22 BPflV als unwirksam. Aus
dieser Vorschrift ergebe sich nämlich, dass
Auch wenn es sich hierbei um eine eher sel-
tene Konstellation handelt, ist das Behar-
ren des Herzchirurgen auf seinem Liquida-
tionsrecht doch nur ein Beispiel für die un-
ter Chefärzten weit verbreitete Sichtweise,
dass nicht zwischen dem „normalen“ Fix-
Gehalt, das das Krankenhaus dem Arzt
zahlt, und den Erlösen aus der Privatbe-
handlung von Krankenhauspatienten
(wahlärztliche Leistungen) unterschieden
werden muss. So wie die Zahlung des „nor-
malen“ Gehalts durch vorübergehende
Abwesenheit (Urlaub, Vortrags- oder
Lehrtätigkeit, Krankheit) nicht beeinflusst
wird, sollen auch die Liquidationserlöse
aus der Behandlung von Wahlleistungspa-
tienten unabhängig davon fließen, ob der
Chefarzt zur persönlichen Leistungser-
bringung in der Lage ist.Die Ausführungen
des LG Köln sind vor diesem Hintergrund
über den – zugegeben speziellen – Einzel-
fall hinaus von grundsätzlicher Bedeutung.
Hohe Anforderungen an die persönlicheLeistungserbringungDas Gericht stellt fest, dass der Wahlarzt-
vertrag nach § 306 BGB a.F. wegen anfäng-
licher objektiver Unmöglichkeit nichtig ist.
Der Chefarzt könne nämlich aufrund des
ihm auferlegten Operationsverbotes be-
reits vor bzw. im Zeitpunkt des Vertrags-
schlusses die privatärztliche Leistung nicht
höchstpersönlich erbringen, was grund-
sätzlich Voraussetzung für eine gesonderte
privatärztliche Liquidation stationärer
Leistungen sei. Denn gemäß § 10 Abs. 2
BPflV werde grundsätzlich die vom Kran-
kenhaus erbrachte Gesamtleistung – ein-
schließlich aller ärztlichen Leistungen – im
Rahmen eines einheitlichen Pflegesatzes
abgerechnet. Die Anforderungen an die
persönliche Leistungserbringung des
Chefarztes seien hoch. Grundsätzlich sei
erforderlich, dass sich der Wahlarzt zu Be-
ginn, während und zum Abschluss der Be-
handlung mit dem Patienten persönlich be-
fasse und insbesondere die bedeutenden
und riskanten Hauptleistungen, wie etwa
die – für den Patienten maßgebliche – Ope-
ration (es ging um einen Mehrfachbypass)
selbst erbringe. Dabei sei es nicht ausrei-
chend, dass die Maßnahmen von ihm über-
wacht würden. Denn diese Verpflichtung
bestehe bereits gegenüber jedem Patien-
ten im Rahmen der allgemeinen Kranken-
hausleistungen.
Typischerweise schließe ein Patient einen
Wahlarztvertrag ab, um sich der besonde-
ren, fachlich qualifizierten Behandlung
durch den Chefarzt sicher zu sein.Bei einer
anstehenden herzchirurgischen Operation
werde der Patient besonderen Wert auf die
persönliche Durchführung durch den qua-
lifizierten Chefarzt legen und gerade in
dieser Erwartung eine persönliche Be-
handlung durch einen Universitätsprofes-
soren wünschen. Diese Operation sei dem
Chefarzt jedoch infolge seiner Erkrankung
nicht möglich gewesen.
Aufsicht setzt gegebenenfalls aktives Ein-greifen bei der Operation vorausSeine Anwesenheit bei der Operation stel-
le keine höchstpersönliche Behandlung
dar. Denn dem Chefarzt sei es infolge sei-
ner Erkrankung gerade versagt gewesen,
persönlich in das Operationsgeschehen
einzugreifen. Die Durchführung der Ope-
ration selbst habe er dem Geschick seines
Oberarztes überlassen müssen. Insoweit
könne auch nicht die Rede davon sein,dass
Liquidation trotz OP-Verbot? Das LG Köln sagt „nein“!Das Landgericht Köln hat mit Urteil vom 14. Mai 2003 (Az.: 25 O 80/03) die Honorarklage eines Herzchirurgen abgewie-sen, der trotz eines Operationsverbots – als Folge einer Hepatitis-B-Infektion – mit einem Patienten eine wahlärztliche Be-handlung (Chefarztbehandlung) vereinbart hatte.
83
LESER SCHREIBEN
PKV Publik 7/2003
eine besondere Liquidationsberechtigung
des Arztes grundsätzlich gerade nur bei
Zusage der persönlichen Behandlung be-
stehe,während ohne zusätzliche Vergütung
die Behandlung durch den Oberarzt eröff-
net gewesen sei.
Dass es in der Herzchirurgie an dem Klini-
kum üblich gewesen sein solle, dass Kas-
senpatienten von Assistenzärzten operiert
würden,könne dem mit Erfolg nicht entge-
gen gehalten werden. Denn bei komplexen
Operationen der vorliegenden Art sei da-
Betr.: Auch die PKV gerät ins Schlingern,
Leserbrief, PKV Publik 6/2003, S. 71)
Dieser Brief: „Auch die PKV gerät ins
Schlingern“ kann so nicht stehen bleiben.
Er verzerrt die Verhältnisse vollkommen.
Beamte haben schon immer und überall
Vorteile. In der heutigen Zeit sei nur die
Unkündbarkeit genannt. Die Versiche-
rungsbeiträge steigen nicht ins unermessli-
che, weil die Arztrechnungen steigen, son-
dern weil der modernen Medizin Rech-
nung getragen werden muss. Die Arztrech-
nungen können gar nicht ins unermessliche
steigen,weil die GOÄ feste Sät-
ze mit einer Steigerung bis zum
maximal 3.5 fachen Satz vor-
sieht. Dieser muss außerdem
begründet werden.
Abdingen auf andere Faktoren
darüber sind reine private Ent-
scheidungen und nicht Sache
der Privatversicherung. Natürlich können
Rechnungen im Gesamtwert durch Ein-
satz moderner diagnostischer oder Be-
handlungsmethoden steigen, aber doch
nicht durch zunehmende Erhöhung.
Hier wird wieder einmal alles verdreht. Es
wird auch vergessen, dass die GOÄ seit
vielen Jahren nicht mehr angepasst wurde.
Im allgemein gestiegenen Kostenansatz
besteht hier eine Minderbezahlung der
„Reine Polemik amThema vorbei“
Leistungen und nicht eine erhöhte Arzt-
rechnung.
Viele Beamte erhalten außerdem noch
Beihilfen, die ebenfalls in dem Brief nicht
erwähnt werden. Meines Erachtens ist der
Brief von Prof. Keinemann reine Polemik
am Thema vorbei.
Dr. Salzmann, [email protected]
Betr.: Auch die PKV gerät ins Schlingern,
Leserbrief, PKV Publik 6/2003, S. 71)
Ich bin teurer Patient (Lebertransplan-
tiert) und kann dem Beitrag nur zustim-
men, auch wenn ich nicht nachvollziehen
kann, dass hier schon wieder ein Beamter
jammert. Denn die Ursachen liegen
wohl an anderer Stelle: In den Bestimmun-
gen heißt es, dass der Arzt bei Privat-
patienten „bis zum“... 2,3-fachen bzw. 1,8-
senlage selbst festlegt. So erhalte ich Rech-
nungen für Laborleistungen eines einzigen
Termins in Höhe von über 1200,– Euro,
und das mehrfach im Jahr.
Und die Kassen wehren sich nicht!!
Selbst dann nicht, wenn ich sie darauf hin-
weise und um Prüfung der Notwendigkeit
bitte.
Meines Erachtens ist es nötig,dass die Kas-
sen Prüfstellen einrichten, die teure Leis-
tungen für teure Patienten (wie mich) lau-
fend kontrollieren und nachhaken. Und
Ärzte zur Verantwortung ziehen, wenn die
Aufwendungen nicht gerechtfertigt sind.
Dazu gehört aber, dass die Kassen an ei-
nem Strang ziehen.Um Mißverständnissen
vorzubeugen: mein Hausarzt ist gut und
zuverlässig, aber ich kann nicht entschei-
den, was wirklich notwendig ist. Das aber
können Sie!
Günter Schmettow
Kirchäckerweg 11
91077 Kleinsendelbach
„Und die Kassen wehren sich nicht – selbst wenn ich sie darauf hinweise . . .“
von auszugehen, dass jedenfalls auch ein
Oberarzt an der Operation teilnehme und
im Bedarfsfall einschreiten könne. Ohne
den ausdrücklichen Hinweis darauf, dass
bei der Behandlung durch den Vertreter
Leistungen des allgemeinen Kranken-
hausvertrages zum Preis der gesondert be-
rechenbaren Wahlleistungen erbracht
würden, sei die behauptete Individualver-
einbarung nicht als wirksam anzusehen,
zumal sie entgegen der in § 22 Abs.2 BPflV
vorgeschriebenen Schriftform lediglich
mündlich geschlossen sei. Mi
fachen Satz abrechnen kann. Ich habe
noch nie eine Rechnung bekommen, die
unter dem Höchstsatz liegt. Es heißt doch
nicht, sie müssten den Höchstsatz nehmen,
oder ??!!
Und die Kassen wehren sich nicht !!!
Der Arzt bestimmt die Höhe seiner Leis-
tungen, die er abrechnet, selbst, indem er
den Umfang der Medizin nach seiner Kas-
84
Impressum
Herausgeber: Verband der privaten Krankenversicherung e. V.Postfach 51 10 40, 50946 Köln Bayenthalgürtel 26, 50968 KölnTelefon: (0221) 37662-0Telefax: (0221) 37662-10Internet: http://www.pkv.deE-Mail: [email protected]
Verantwortlich: Dr. Volker LeienbachRedaktion: Christian WeberProduktion: Karin HeldMitarbeiter dieser Ausgabe: Andreas Besche, Prof. Dr. J. Fritze, Jürgen Miebach,Dr. Reinhard Schwarz, Dr. Christoph UleerKarikaturen: Dirk Meissner, KölnTitelfoto: BPA
Verlag: Versicherungswirtschaft GmbH Klosestr. 20-24, 76137 KarlsruheTelefon (0721) 35090Herstellung: LUTHE Druck und Medienservice KG, Köln
Erscheinungsweise: Neunmal jährlichAbonnementpreis: Jährlich € 6,50 inkl. Versand und MehrwertsteuerISSN 0176-3261
Nachdruck der Texte honorarfrei.Belegexemplar erbeten.Die nächste Ausgabe erscheint am 01.11.2003.
Am 21. September vollendet Dr. Horst
Hoffmann sein 65. Lebensjahr. Als Vor-
standsvorsitzender der Continentale
Krankenversicherung a.G. gehörte er von
PERSÖNLICHES
Professor Dr. Hanns-Jürgen Weigel, frü-
herer Vorstandsvorsitzender der Halle-
sche-Nationale Krankenversicherung aG
(heute HALLESCHE Krankenversiche-
rung a.G.), wird am 13. September 60 Jah-
re alt. Er war Mitglied des PKV-Haupt-
ausschusses.
Am 21. September wird Klaus Bohn,Vor-
standsvorsitzender der Mannheimer
Krankenversicherung AG, 60 Jahre alt. Er
ist Mitglied des Mathematisch-statisti-
schen wie des Betriebstechnik-Ausschus-
ses des PKV-Verbandes.
Dr. Horst Hoffmann
1986 bis 2002 dem Hauptausschuss des
PKV-Verbandes an. Von ihrer Gründung
in den siebziger Jahren an begleitete er
die von allen PKV-Unternehmen getra-
gene SANA-Kliniken GmbH, seit 15. 06.
1994 als Aufsichtsratsvorsitzender. Unter
seiner Verantwortung entwickelte sie sich
zur größten Klinikkette Deutschlands.
Als einer der Vordenker des Verbandes
trat er ebenso konsequent wie manchmal
auch vehement für eine klare ordnungs-
politische Positionierung der PKV ein,
zumal im Blick auf die demographische
Entwicklung. In diesem Sinne vermochte
er sich auch im Gesamtverband der
Deutschen Versicherungswirtschaft, des-
sen volkswirtschaftlichen Ausschuss er 10
Jahre lang leitete, Gehör zu verschaffen.
„Seiner“ Continentale hält er nach wie
vor die Treue, derzeit als stellvertretender
Vorsitzender des Aufsichtsrates.
Am 27. September wird Gerhard Leu-
tritz, Vorstandsvorsitzender i.R. der
Pfarrerkrankenkasse V.a.G. (heute
PAX-FAMILIENFÜRSORGE Kran-
kenversicherung a.G. im Raum der Kir-
chen), 85 Jahre alt.
Am 7. August verstarb im Alter von 63
Jahren Direktor Manfred Rogotzki,Vor-
standsmitglied der DBV Winterthur
Versicherungen. Herr Rogotzki war
von 1984 bis 1989 im Wettbewerbs-
und Außendienstausschuss des PKV-
Verbandes.