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Impulse für Gottesdienst, Gemeinde und Schule

2., durchgesehene Auflage

Band 2: Aufbauformen

Verlag W. Kohlhammer

Bibliolog

Uta Pohl-PatalongMaria Elisabeth Aigner

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2., durchgesehene Auflage 2013

Alle Rechte vorbehalten© 2009 W. Kohlhammer GmbH StuttgartReproduktionsvorlage: Textwerkstatt Mergenhagen/Veith MünchenUmschlag: Gestaltungskonzept Peter HorlacherGesamtherstellung:W. Kohlhammer Druckerei GmbH + Co. KG, Stuttgart

ISBN 978-3-17-023483-3

Umschlagabbildung: Marc Chagall: Abraham et les trois anges © VG Bild-Kunst, Bonn 2012

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Inhalt

Vorwort ..................................................................................................................7

1 Erweiterte Formen des Bibliologs....................................................................11

1.1 Bibliolog mit nicht erzählenden Texten.......................................................12 1.2 Bibliolog mit Objekten ................................................................................30 1.3 Sculpting ......................................................................................................44 1.4 Encounter .....................................................................................................56 1.5 Die Aufbauformen in der Praxis..................................................................68

2 Bibliolog als Haltung .......................................................................................71

2.1 Bibliolog – mehr als eine Methode..............................................................71 2.2 Die Haltung gegenüber Menschen...............................................................73 2.3 Die Haltung gegenüber biblischen Texten...................................................75 2.4 Bibliolog und seine spirituelle Dimension...................................................85 2.5 Bibliolog und die Bedeutung des Körpers...................................................94

3 Bibliologische Zugänge zu Themen ohne Textgrundlage .............................101

3.1 Drei bibliologische Zugänge ohne Textgrundlage.....................................102 3.2 Bibliologische Zugänge mit und ohne Text:

Unterschiede, Gemeinsamkeiten, Besonderheiten....................................113

Vorwort

Bibliolog hat sich in den letzten Jahren im deutschsprachigen Raum in geradezu erstaunlicher Weise rasch und nachhaltig etabliert und dabei längst die Grenzen zu anderen europäischen Ländern (und mittlerweile auch nach Südafrika) über-schritten. Dieser Weg, gemeinsam mit einer Gruppe, Gemeinde oder Schulklasse einen biblischen Text zu entdecken und auszulegen, trifft offensichtlich auf einen verbreiteten Wunsch: Die Bibel als interessant und bedeutsam für das eigene Le-ben heute zu entdecken und dabei Menschen als Subjekte von Erfahrungen und Deutungen zu verstehen und zu beteiligen. Bibliolog beruht dabei auf der jüdischen Auslegungsweise des Midrasch, die sich dem „schwarzen Feuer“ als den Buchstaben der biblischen Texte über das „wei-ße Feuer“ der Zwischenräume des Textes und seine kreative Füllung nähert. Von dem jüdischen Nordamerikaner Peter Pitzele entwickelt, sind seit 1999 in Europa zunächst Bibliolog-Fortbildungen und mittlerweile ein breites Netzwerk von Bibliologinnen und Bibliologen entstanden. Diese arbeiten in ganz unterschiedli-chen Handlungsfeldern – vom Gemeindegottesdienst bis zum Religionsunter-richt, von der Gemeindegruppe bis zur Stadtführung, vom Kindergarten bis zum Pflegeheim. In einer ersten Phase bildete sich dabei eine klar konturierte Grundform heraus, die die Besonderheiten dieses Ansatzes gegenüber in Europa bekannteren Zu-gängen wie Bibliodrama oder Bibeltheater erkennen ließ und das Besondere des Bibliologs methodisch und hermeneutisch deutlich machte. Diese Form wird im ersten Bibliolog-Band „Bibliolog. Impulse für Gottesdienst, Gemeinde und Schule, Band 1: Grundformen“ ausführlich dargestellt, so dass in diesem Band immer wieder darauf verwiesen werden kann (zitiert als „Bd. 1“). Mit zuneh-mender Praxis haben sich jedoch Erweiterungsmöglichkeiten dieser Grundform entwickelt, die den Bibliolog in unterschiedlicher Hinsicht bereichern: Zum ei-nen erweitert sich der Textbestand für den Bibliolog um nicht erzählende Texte wie Psalmen, Brieftexte, Propheten- oder Gesetzestexte. Zum anderen wird die sprachlich orientierte Grundform des Bibliologs methodisch erweitert, indem zu-sätzlich Aspekte der biblischen Texte sichtbar gemacht werden (durch Objekte und Aufstellungen) oder die biblischen Gestalten miteinander in einen direkten Dialog treten. Alle diese erweiterten Formen greifen auf die Arbeit von Peter Pitzele zurück, haben sich jedoch mittlerweile in eigenen Aufbaukursmodulen konturiert, die nach einiger bibliologischer Praxis in der Grundform besucht werden können (zu finden unter www.bibliolog.de). Während in dem 2005 in erster und 2007 in zweiter Auflage erschienenen Vor-gängerband die vier Aufbauformen kurz vorgestellt wurden, hat es sich mit zu-nehmender Praxis als notwendig erwiesen, diesen Formen in ihrer Methodik und ihren Chancen, aber auch in ihren Schwierigkeiten deutlich mehr Raum zu wid-men. Dies war der Anlass dafür, Bibliolog jetzt in zwei Bänden vorzustellen, von denen der erste die Grundform und der zweite die Aufbauformen thematisiert. So

Vorwort 8

wie Band 1 nicht das Absolvieren eines Grundkurses ersetzen kann, ersetzt auch dieser Band nicht den Besuch entsprechender Aufbaukursmodule. Das erste Kapitel dieses Buches beschreibt ausführlich und detailliert die Auf-bauformen „Bibliolog mit nicht erzählenden Texten“, „Bibliolog mit Objekten“, „sculpting“ und „encounter“. Jeder Aufbauform ist ein konkret durchgeführter Bibliolog vorangestellt, der anhand der Formulierungen der Leitung (zum besse-ren Verständnis durchgehend kursiv gedruckt) und der erinnerten Äußerungen von Teilnehmenden die spezifischen Chancen der jeweiligen Form deutlich wer-den lässt. Anschließend werden die methodischen Zugänge, die jeweiligen Vari-anten der Formen und auch ihre „Stolpersteine“ dargestellt und anhand von Pra-xisbeispielen konkretisiert. Gerade die erweiterten Formen haben den Reflexionsbedarf darüber, was den Bibliolog inhaltlich ausmacht, noch einmal erhöht. Es ist immer deutlicher ge-worden, dass Bibliolog nicht eine – inhaltlich unterschiedlich zu füllende – reli-gionspädagogische „Methode“ ist, sondern ein eigener hermeneutischer Zugang, der sich Menschen und Texten in spezifischer Weise nähert. Dieser Zugang wird im zweiten Kapitel als „Haltung“ beschrieben. Diese Grundhaltung des Biblio-logs ist wesentlich von Wertschätzung und Respekt geprägt, die gleichermaßen den Menschen wie auch den biblischen Texten gegenüber zum Ausdruck kommt. Sie ist jedoch nicht auf diese Ebenen beschränkt, sondern schließt eine spirituelle Dimension ein, die hier erstmals entfaltet wird. Sie beinhaltet auch die Bedeu-tung des Körpers im Bibliolog, die auf den ersten Blick aufgrund der sprachli-chen Orientierung zurücktritt, verborgen jedoch eine wichtige Rolle spielt. Die „Haltung“ des Bibliologs bildet dann auch die Grundlage für die ersten ex-perimentellen Versuche, „bibliologisch“ ohne biblische Textgrundlage zu arbei-ten. Ohne dass dies „Bibliologe“ im eigentlichen Sinne des Wortes – als Begeg-nung zwischen Texten und Menschen – wären, können der methodische Zugang, vor allem aber die wertschätzende Grundhaltung in Erkundungen von Gegen- ständen oder Fragestellungen umgesetzt werden. Wie solche Experimente, sich mit den methodischen Zugehensweisen des Bibliologs an bestimmte Dinge, Themen und Sachverhalte anzunähern, aussehen können, wird im dritten Kapitel vorgestellt und reflektiert. Dabei wird noch einmal besonders deutlich, wie stark der Bibliolog eine eigene inhaltliche Zugangsweise darstellt. Viele Menschen sind direkt oder indirekt an der Entstehung dieses Buches betei-ligt. Danken möchten wir zunächst allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern un-serer Bibliolog-Kurse, die uns durch ihre kreativen Beiträge in der Praxis ange-regt haben, weiterzudenken, unsere Reflexionen auszutauschen und zu Papier zu bringen. Jens Uhlendorf, Alexander Deeg und Markus Saur danken wir herzlich für ihre wertvollen Hinweise, die in das Buch eingeflossen sind und es bereichert haben. Dank gebührt auch Maike Schult und Jennifer Battram für ihre Korrektu-ren, Ines Mergenhagen für das Layout sowie Jürgen Schneider für sein verlegeri-sches Engagement. Dass der zweite Band in seiner Co-Autorinnenschaft eine österreichisch-katho-lische und eine deutsch-evangelische Perspektive vereinigt, bringt die Verbrei-tung des Bibliologs über Deutschland und den evangelischen Bereich hinaus

Vorwort 9

zum Ausdruck. In unseren jeweiligen Kontexten arbeiten wir beide seit etlichen Jahren sowohl im kirchlichen als auch im universitären Bereich mit dem Biblio-log und bilden in diesem Zugang in diversen Bereichen aus. Als Autorinnen war es uns wichtig, den unterschiedlichen Erfahrungen und Sichtweisen aus den je-weiligen Kontexten Rechnung zu tragen. Unser Eindruck ist, dass die damit ver-bundenen Diskussionen bei der diskursiven Entstehung des Buches sich als sehr produktiv für das Ergebnis erwiesen haben. Uns haben sie in vielerlei Hinsicht bereichert und beglückt. Möge das Buch vielen anderen Menschen – quer durch die verschiedenen Konfessionen, Kulturen und Theologien hindurch – für ihre vertiefte Bibliologpraxis Hilfestellung und Inspiration sein. Wenn das gelungen ist, haben wir uns jedenfalls weiter auf den Spuren von Susan und Peter Pitzele bewegt, von denen wir als erstes gelernt haben, was es heißt, Menschen und Tex-ten Respekt entgegenzubringen. Have fun! Hamburg/Graz 2009, Uta Pohl-Patalong und Maria Elisabeth Aigner

1. Erweiterte Formen des Bibliologs

Bibliolog beginnt in der Grundform, in der die Teilnehmenden sich im Rahmen eines erzählenden Textes mit einer biblischen Gestalt identifizieren und als diese von ihren Plätzen aus auf Fragen antworten, die die Bibliologin oder der Biblio-loge ihnen stellt. Diese Grundform kann für sich stehen und mit ganz unter-schiedlichen Texten und Gruppen immer wieder neue erhellende Einsichten in biblische Texte und lebendige Erfahrungen mit der Bibel ermöglichen. Nach längerer Erfahrung mit dem Anleiten von Bibliologen in der Grundform auf der Grundlage eines Bibliolog-Grundkurses gibt es jedoch auch die Möglichkeit, diese Form um bestimmte Aufbauformen zu erweitern. Die erste Aufbauform besteht in der Erweiterung des Textrepertoires für den Bibliolog um Texte, die keine Handlung beinhalten, so genannte „nicht narrati-ve“ oder „nicht erzählende“ Texte. Dazu zählen bestimmte Passagen aus den Evangelien (wie beispielsweise die Seligpreisungen oder viele Teile des Johan-nesevangeliums), vor allem aber Brieftexte, Psalmen, große Teile der propheti-schen Texte, aber auch Texte aus dem Gesetzescorpus, den Sprüchen oder der Offenbarung. Besonders für den Gottesdienst kann es attraktiv sein, die nicht immer leicht eingängigen Episteltexte bibliologisch lebendig und lebensnah mit der Gemeinde zu entdecken. Die Psalmen in ihrer poetischen Sprachkraft eröff-nen in bibliologischer Erschließung auf besondere Weise Erfahrungen mit Gott und den Menschen. Und auch weniger bekannte biblische Bücher und Textstel-len können im Bibliolog Menschen noch einmal anders nahe gebracht werden als im Lesen und Hören. Diese nicht narrativen Texte lassen sich bei entsprechender Berücksichtung ihrer Besonderheiten und durchaus auch Schwierigkeiten biblio-logisch sehr gut gestalten und bieten dann manchmal noch überraschendere und erhellendere Erkenntnisse, als dies bei erzählenden Texten der Fall ist. Die anderen drei Aufbauformen zielen darauf, die Begegnung mit dem Text zu intensivieren und zu vertiefen, indem sie die sprachliche Ebene der Grundform in unterschiedlicher Hinsicht um die visuelle und die kommunikative Ebene ergän-zen und erweitern. Das „weiße Feuer“ wird geschürt, indem Verhältnisse, Bezie-hungen oder Konstellationen im biblischen Text sichtbar gemacht und in ihren Deutungsvarianten erkennbar werden. Dies geschieht in drei verschiedenen For-men: – mit dem Einsatz von Objekten, die die Rollen im Raum in ihrem Verhältnis

zueinander positionieren– mit dem Einsatz des Körpers, der in Gestik, Mimik und Körperhaltung Szenen

oder Beziehungen sichtbar macht (sculpting)– mit der Inszenierung von Begegnungen zwischen biblischen Gestalten, die

Beziehungen und Aspekte des Textes im dialogischen Gespräch ausleuchten(encounter)

Für alle diese Formen bildet die Grundform die Basis, die in der Durchführung auch immer wieder verwendet wird. Jede dieser Aufbauformen kann in einem