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Übung im Öffentlichen Recht für Fortgeschrittene | Sommersemester 2017 12 1. Überblick über die Handlungsformen Polizei- und Ordnungsrecht

Polizei- und Ordnungsrecht · 229 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 mündlich zulässig oder entbehrlich (P) Androhung auf Vorrat? „für jeden Fall der Zuwiderhandlung“ (vgl. aber § 13

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Übung im Öffentlichen Recht für Fortgeschrittene | Sommersemester 2017

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1. Überblick über die Handlungsformen

Polizei- und Ordnungsrecht

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2. Verwaltungsakt Die Gefahrenabwehrverfügung ist im Bereich der Verwaltungsakte die häufigste Handlungsform. Polizeiliche Erlaubnisse existieren in verschiedenen Erscheinungsformen:

Anzeigepflichten Präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt Repressives Verbot mit Befreiungsvorbehalt

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2. Verwaltungsakt: Prüfung der Rechtmäßigkeit

Vorüberlegungen: Welche Gefahr soll abgewehrt werden? Wo ist dieser Gefahrenbereich geregelt? Um welche Art der Maßnahme handelt es sich?

A. Formelle Rechtmäßigkeit

I. Zuständigkeit der Behörde: spezialgesetzlich geregelt? sonst nach LVwG

1) Sachliche Zuständigkeit

2) Örtliche Zuständigkeit

3) ggf. funktionelle Zuständigkeit

z.B. der Behördenleitung

z.B. des Dienststellenleiters oder der Bediensteten des höheren Dienstes

z.B. von Personen mit besonderer Qualifizierung

II. Verfahren

insbes. Anhörung

bei einigen Standardmaßnahmen: besondere Verfahrensanforderungen

III. Form

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2. Verwaltungsakt: Prüfung der Rechtmäßigkeit

B. Materielle Rechtmäßigkeit

I. Ermächtigungsgrundlage

1) Erforderlichkeit einer Ermächtigungsgrundlage

bei Maßnahmen ohne Eingriffscharakter genügt gesetzl. Aufgabenzuweisung

2) Vorhandensein einer Ermächtigungsgrundlage

a) Spezialgesetzliche Ermächtigung

beachte: Gefahr muss hier aus dem Regelungsbereich des Spezialgesetzes stammen (also von Versammlung, Bauwerk, Gewerbe, Anlage, Straßenverkehr etc.)

b) Spezialermächtigung für Standardmaßnahme

aa) klassische Standardmaßnahmen

bb) Maßnahmen zur Datenerhebung

c) Generalklausel

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2. Verwaltungsakt: Prüfung der Rechtmäßigkeit

3) Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen dieser Ermächtigungsgrundlage

a) bei Spezialermächtigung: Erfüllung der besonderen Voraussetzungen

b) bei Generalermächtigung:

aa) Betroffenheit der öffentlichen Sicherheit

Objektive Rechtsordnung

Individualrechte oder -rechtsgüter

Einrichtungen oder Veranstaltungen des Staates oder anderer Hoheitsträger

bb) Gefahr (= konkrete Gefahr)

auch bereits eingetretene Störungen

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2. Verwaltungsakt: Prüfung der Rechtmäßigkeit

II. Auswahl des richtigen Adressaten

1) Richtiger Adressat nach Spezialregelung in oder bei der Ermächtigungsgrundlage 2) Richtiger Adressat nach §§ 217 ff. LVwG

a) Verhaltensstörer

insbes. Kausalität (nur unmittelbarer Verursacher; Ausnahme: Zweckveranlasser)

Einschreiten grds. nur gegen den Störer, nicht gegen Nichtstörer

b) Zustandsstörer

c) Notstandspflichtiger Nichtverantwortlicher

III. Allgemeine Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen

1) Bestimmtheit

2) Möglichkeit der Ausführung

a) keine tatsächliche Unmöglichkeit

b) keine rechtliche Unmöglichkeit

ggf. begleitende Duldungsverfügung an Dritten erforderlich

3) Kein Verstoß gegen (sonstige) Rechtsvorschriften

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2. Verwaltungsakt: Prüfung der Rechtmäßigkeit

IV. Keine Ermessensfehler

1) Insbesondere Verhältnismäßigkeit

Prüfung unter Bezugnahme auf betroffene Grundrechte (keine getrennte Prüfung der Verletzung von Abwehrrechten)

a) Geeignetheit des Mittels

b) Erforderlichkeit des Mittels

c) Angemessenheit des Mittels

2) Insbesondere kein Ermessensfehlgebrauch durch sachfremde Erwägungen

z.B. Verfolgung anderer Zwecke als der Gefahrenabwehr (oder der Abwehr anderer Gefahren als aus dem im Spezialgesetz geregelten Bereich)

3) Insbesondere keine Untätigkeit bei Pflicht zum Einschreiten

grds. Entschließungs- und Auswahlermessen nach dem Opportunitätsprinzip; nur ausnahmsweise Ermessensreduktion durch Pflicht zum Einschreiten

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4. Verwaltungsvollstreckung

beachte: Die Standardmaßnahmen enthalten zum Teil selbst vollstreckende Elemente (z.B. Beschlagnahme)

Differenzierung zwischen

mehraktigem (Regelfall gem. § 229 LVwG) und einaktigem Verfahren (§ 230 LVwG)

gestrecktem (Regelfall gem. § 229 Abs. 1 LVwG) und abgekürztem Verfahren (§ 229 Abs. 2 LVwG)

Differenzierung der Zwangsmittel (§ 235 LVwG)

Zwangsgeld

Ersatzvornahme

Unmittelbarer Zwang

Prägender Grundsatz: Effektivität der Gefahrenabwehr

Vergleichbare Regelungen im Bundesrecht: VwVG

Rechtsschutz: je nach Zwangsmittel; wichtig: § 248 LVwG

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4. Verwaltungsvollstreckung

Differenzierung der Zwangsmittel (§ 235 LVwG)

Zwangsgeld: zur Durchsetzung einer Pflicht zum Handeln, Dulden oder Unterlassen (bei unvertretbaren Handlungen: nur Zwangsgeld, bei vertretbaren: wenn Ersatzvornahme untunlich)

Ersatzvornahme: Durchführung einer vertretbaren Handlung durch die Behörde (Selbstvornahme) oder einen beauftragten Dritten (Fremdvornahme)

Unmittelbarer Zwang: subsidiär, wenn Zwangsgeld/Ersatzvornahme nicht zum Erfolg führen oder untunlich sind

Abgrenzung zur Ersatzvornahme: Einwirken auf Person des Pflichtigen: immer unmittelbarer Zwang; beim Einwirken auf Sachen: wenn dies unmittelbar den Erfolg herbeiführt = Ersatzvornahme; wenn als Beugemittel ggü. dem Pflichtigen = unmittelbarer Zwang

(Ersatz-)Zwangshaft: subsidiär

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4. Verwaltungsvollstreckung

Androhung (gem. § 236 LVwG)

VA (+); Regelung: zwingende Vss. für Vollstreckungsverfahren; Festlegung auf ein Zwangsmittel

Zwangsgeld: Festsetzung erfolgt gem. § 237 LVwG durch VA

Ersatzvornahme/unmittelbarer Zwang:

eA: Realakt = allg. Feststellungsklage

aA: konkludente Duldungsverfügung

Sofortvollzug:

eA: § 18 Abs. 2 VwVG: VA (+); dagegen spricht: Gesetz von 1953, damals war VA rechtsschutzeröffnend

aA: allg. Feststellungsklage

aA: VA (+) konkludente Duldungsverfügung; contra: Adressat in der Regel nicht vor Ort

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4. Verwaltungsvollstreckung: Mehraktiges Verfahren

Rechtsgrundlage: §§ 229 i.V.m. 235 ff. LVwG

Vorprüfung: Grund-VA liegt vor (sonst: sofortiger Vollzug nach § 230 LVwG)

Formelle Rechtmäßigkeit der Vollstreckung

insbesondere Zuständigkeit gem. § 231 LVwG

Materielle Rechtmäßigkeit der Vollstreckung

1. Wirksamer Grund-VA

a) Gerichtet auf Handeln, Dulden, Unterlassen

b) Wirksamkeit (keine Nichtigkeit nach § 113 LVwG)

2. Vollziehbarkeit des Grund-VA

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4. Verwaltungsvollstreckung: Mehraktiges Verfahren

Materielle Rechtmäßigkeit der Vollstreckung

1. Wirksamer Grund-VA

2. Vollziehbarkeit des Grund-VA

a) Gestrecktes Verfahren § 229 Abs. 1 LVwG: Unanfechtbarkeit oder keine aufschiebende Wirkung

b) Abgekürztes Verfahren § 229 Abs. 2 LVwG (nur Ersatzvornahme und unmittelbarer Zwang)

3. Rechtmäßigkeit des Grund-VA?

a) § 229 Abs. 1 Nr. 1 LVwG: unstrittig nicht erforderlich

b) § 229 Abs. 1 Nr. 2: strittig

c) § 229 Abs. 2: strittig

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4. Verwaltungsvollstreckung: Mehraktiges Verfahren

Rechtmäßigkeit des Grund-VA erforderlich?

§ 229 Abs. 1 Nr. 1 LVwG: unstrittig nicht erforderlich (arg.: Umgehung der Rechtsmittelfristen)

§ 229 Abs. 1 Nr. 2 LVwG: strittig

eA: RW hindert Vollstreckung; arg: Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, Vollzug würde dem Betroffenen die Möglichkeit nehmen, über § 80 Abs. 5 VwGO Suspensiveffekt herbeizuführen

aA: Einwendungsausschluss auf Primärebene; arg.: Effektivität der Gefahrenabwehr, allein Wirksamkeit maßgeblich; Berücksichtigung der RW auf Sekundärebene zugunsten des Betroffenen

§ 229 Abs. 2 LVwG: strittig (gleiche Ansichten; pro Einwendungsausschluss spricht hier, dass der Gefahrenabwehrcharakter noch deutlicher im Vordergrund steht)

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4. Verwaltungsvollstreckung: Mehraktiges Verfahren

Materielle Rechtmäßigkeit der Vollstreckung

1. Wirksamer Grund-VA

2. Vollziehbarkeit des Grund-VA

3. Rechtmäßigkeit des Grund-VA?

in der Klausur: Rechtmäßigkeit des Grund-VA prüfen und bei RM den Streit offen lassen!

4. Fristsetzung und Hinweis (= Androhung gem. § 236 LVwG), beachte: bei § 229 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 mündlich zulässig oder entbehrlich

(P) Androhung auf Vorrat? „für jeden Fall der Zuwiderhandlung“ (vgl. aber § 13 Abs. 6 Satz 2 VwVG)

5. Zwangsmittelspezifische Erfordernisse

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4. Verwaltungsvollstreckung: Mehraktiges Verfahren

Materielle Rechtmäßigkeit der Vollstreckung

5. Zwangsmittelspezifische Erfordernisse

§ 237 Abs. 2, 3 LVwG für die Festsetzung des Zwangsgeldes

§§ 250 ff. LVwG bei unmittelbaren Zwang

6. Keine Vollstreckungshindernisse (§ 241 LVwG), ggf. Duldungs-VA

7. Richtiger Vollstreckungsschuldner (§ 232 LVwG)

8. Ermessen, VHM (§ 73 LVwG)

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4. Verwaltungsvollstreckung: Einaktiges Verfahren (Sofortvollzug)

Rechtsgrundlage: § 230 LVwG iVm § 235 Abs. 1 Nr. 2 oder 3 LVwG

Vorprüfung: kein Grund-VA (sonst: mehraktiges Verfahren nach § 229 LVwG)

Formelle Rechtmäßigkeit der Vollstreckung

Zuständigkeit nach § 231 LVwG (die den hypothetischen Grund-VA erlassen würde; vgl. § 230 Abs. 3 LVwG), aber oft: § 168 Abs. 1 Nr. 3 LVwG

Materielle Rechtmäßigkeit

1. Nicht anders abwendbare gegenwärtige Gefahr

2. Rechtmäßigkeit des (hypothetischen) Grund-VA: unstr. (arg.: innerhalb ihrer gesetzlichen Befugnisse)

3. Ordnungsgemäßer Zwangsmitteleinsatz

4. Richtiger Vollstreckungsschuldner

5. Ermessen, VHM

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4. Verwaltungsvollstreckung: Kostenbescheid

Rechtsgrundlage: § 249 LVwG iVm §§ 228 ff. LVwG iVm VVKO

Formelle Rechtmäßigkeit des Kostenbescheids

Materielle Rechtmäßigkeit des Kostenbescheids

1. Kostengrund: ordnungsgemäßer Zwangsmitteleinsatz

a) RGL der Vollstreckung

b) formelle Rechtmäßigkeit der Vollstreckung

c) materielle Rechtmäßigkeit der Vollstreckung, ggf. inzident (vor allem bei Sofortvollzug)

Rechtsgrundlage des Grund-VA

formelle Rechtmäßigkeit des Grund-VA

materielle Rechtmäßigkeit des Grund-VA

2. Kostenhöhe: VVKO

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5. Satzung und Verordnung: Abgrenzung der Handlungsformen

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5. Satzung und Verordnung: Abgrenzung zur Allgemeinverfügung (§ 106 Abs. 2 LVwG)

Allgemeinverfügung im Sinne des § 106 Abs. 2 LVwG:

„Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.“

Abgrenzung zum VA im Sinne des § 106 Abs. 1 LVwG

Arten

adressatenbezogen

sachbezogen

benutzungsregelnd

Besonderheiten im Verfahren

Anhörung entbehrlich: § 28 II Nr. 4 VwVfG

öffentliche Bekanntgabe möglich: § 41 III 2 VwVfG

keine Begründung erforderlich: § 39 II Nr. 5 VwVfG

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Verbandskompetenz (§ 175 I LVwG) Organkompetenz (Bürgermeister §§ 54, 55 LVwG)

Verbandskompetenz (sachliche und örtliche Zuständigkeit) Organkompetenz (Gemeindevertretung §§ 27 I, 28 I Nr. 2 GO)

Abstrakt-generelle Vorschriften, die aufgrund einer gesetzlichen Ermächtigung von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts auf dem Gebiet ihrer Selbstverwaltung

erlassen werden

Satzung

Abstrakt-generelle Vorschriften, die aufgrund einer gesetzlichen Ermächtigung von der Exekutive erlassen

werden

Verordnung

Selbstverwaltungsaufgaben Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung

Ermächtigungsgrundlage § 4 SH GO

Formelle Rechtmäßigkeit

Zuständigkeit

Ermächtigungsgrundlage § 175 LVwG

Vorlagepflichten § 55 III, IV LVwG Ordnungsgemäßer Beschluss der Gemeindevertretung

Verfahren

§ 56 LVwG Schriftform, Ausfertigung § 4 II GO

Form

Materielle Rechtmäßigkeit (Vereinbarkeit mit EGL und höherrangigem Recht, ordnungsgemäße Ermessensausübung)

6. Satzung und Verordnung

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Rechtmäßigkeit einer Verordnung (1/3)

I. Ermächtigungsgrundlage

gem. Art. 45 LV muss VO unmittelbar auf Gesetz beruhen

zB bei Gefahrenabwehrverordnung: §§ 173, 175 LVwG, aber auch spezielle Regelungen (Art. 297 EGStGB iVm LVO)

II. Formelle Rechtmäßigkeit der Verordnung

1. Zuständigkeit

a) sachlich

z. B. Stadt/Gemeinde als Ordnungsbehörde

b) örtlich

z. B. nach § 166 LVwG

c) funktionell

Organkompetenz (Bürgermeister §§ 54, 55 LVwG)

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Rechtmäßigkeit einer Verordnung (2/3)

2. Verfahren

Mitwirkung der kommunalen Vertretungskörperschaft § 55 Abs. 3 LVwG

gem. § 60 Abs. 2 LVwG örtlich zu verkünden

Genehmigungsbedürftigkeit durch das Innenministerium nach § 55 Abs. 4 LVwG

3. Form

§ 56 LVwG: zwingende (Abs. 1) und Soll-Formerfordernisse (Abs. 2)

Abs. 1 Nr. 1: VO muß in der Überschrift als solche gekennzeichnet sein

Abs. 1 Nr. 2: die Ermächtigungsgrundlage für den Verordnungserlas ist anzugeben

Abs. 1 Nr. 3: es ist auf die Erteilung gesetzlich erforderlicher Genehmigungen anderer Stellen hinzuweisen

Abs. 1 Nr. 4 und 5: Ausfertigungsdatum und Erlassbehörde der Verordnung

Abs. 2 Nr. 1: Überschrift der VO soll ihren wesentlichen Inhalt kennzeichnen

Abs. 2 Nr. 2 Satz 1: örtlicher Geltungsbereich und Geltungsdauer sollen angegeben werden

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Rechtmäßigkeit einer Verordnung (3/3)

II. Materielle Rechtmäßigkeit der Verordnung

1. Tatbestandsvoraussetzungen für ihren Erlass

2. Rechtsfolge (idR Ermessen)

3. Allgemeine Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen (Bestimmtheit, Verweisverbot)

4. Verstoß der Verordnung gegen höherrangiges Recht

6. Verhältnismäßigkeit der Verordnung

a. Legitimer Zweck der Verordnung

b. Geeignetheit

c. Erforderlichkeit

d. Angemessenheit

Rechtsschutz:

1. Inzidentkontrolle

2. § 47 VwGO iVm § 5 AG-VwGO

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Rechtmäßigkeit einer Satzung (1/2)

I. Ermächtigungsgrundlage

spezielle EGL: z.B. § 17 GO, § 2 KAG, §§ 1 III, 10 BauGB,

allgemeine EGL: § 4 GO für die Gemeinde

ggf. zu prüfen, ob EGL wirksam

II. Formelle RM der Satzung

1. Zuständigkeit

a. Verbandskompetenz

aus Selbstverwaltungsrecht oder geregelt z. B. aus §§ 1 III, 2 I BauGB

b. Organkompetenz z.B. für Gemeinde: Gemeindevertretung, §§ 27 f GO

2. Verfahren

z.B. Verfahrensprobleme aus GO: §§ 32 III, 22 GO oder Verfahrensprobleme aus §§ 2 ff BauGB

ggf. Vorlage- und Genehmigungspflichten (z.B. § 4 I 3 GO)

3. Form: Schriftform

4. Ausfertigung und Verkündung

ggf. besonders geregelt; für Gemeinde: Ausfertigung durch Bürgermeister, § 4 II GO

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Rechtmäßigkeit einer Satzung (2/2)

III. Materielle RM der Satzung

1. Voraussetzungen der EGL

z.B. § 17 GO

2. Kein Verstoß gegen höherrangiges Recht

insbes. Grundrechte; Rückwirkungsverbote; Bestimmtheitsgrundsatz

3. Ordnungsgemäße Ausübung des Ermessens durch den Satzungsgeber

beachte: Unbeachtlichkeits- /Heilungsvorschriften: § 4 III GO, § 22 V GO, §§ 214 ff BauGB

Rechtsschutz:

1. Inzidentkontrolle

2. § 47 VwGO iVm § 5 AG-VwGO

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Rechtmäßigkeit einer Allgemeinverfügung (1/5) – Wiederholung

A. Formelle Rechtmäßigkeit

I. Zuständigkeit der Behörde: spezialgesetzlich geregelt? sonst nach LVwG

1) Sachliche Zuständigkeit

2) Örtliche Zuständigkeit

3) ggf. funktionelle Zuständigkeit

z.B. der Behördenleitung

z.B. des Dienststellenleiters oder der Bediensteten des höheren Dienstes

z.B. von Personen mit besonderer Qualifizierung

II. Verfahren

Besonderheiten

Anhörung entbehrlich: § 28 II Nr. 4 VwVfG

öffentliche Bekanntgabe möglich: § 41 III 2 VwVfG

keine Begründung erforderlich: § 39 II Nr. 5 VwVfG

III. Form

Polizei- und Ordnungsrecht

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Rechtmäßigkeit einer Allgemeinverfügung (2/5) – Wiederholung

B. Materielle Rechtmäßigkeit

I. Ermächtigungsgrundlage

1) Erforderlichkeit einer Ermächtigungsgrundlage

bei Maßnahmen ohne Eingriffscharakter genügt gesetzl. Aufgabenzuweisung

2) Vorhandensein einer Ermächtigungsgrundlage

a) Spezialgesetzliche Ermächtigung

beachte: Gefahr muss hier aus dem Regelungsbereich des Spezialgesetzes stammen (also von Versammlung, Bauwerk, Gewerbe, Anlage, Straßenverkehr etc.)

b) Spezialermächtigung für Standardmaßnahme

aa) klassische Standardmaßnahmen

bb) Maßnahmen zur Datenerhebung

c) Generalklausel

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Rechtmäßigkeit einer Allgemeinverfügung (3/5) – Wiederholung

3) Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen dieser Ermächtigungsgrundlage

a) bei Spezialermächtigung: Erfüllung der besonderen Voraussetzungen

b) bei Generalermächtigung:

aa) Betroffenheit der öffentlichen Sicherheit

Objektive Rechtsordnung

Individualrechte oder -rechtsgüter

Einrichtungen oder Veranstaltungen des Staates oder anderer Hoheitsträger

bb) Gefahr (= konkrete Gefahr)

auch bereits eingetretene Störungen

Polizei- und Ordnungsrecht

Übung im Öffentlichen Recht für Fortgeschrittene | Sommersemester 2017

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Rechtmäßigkeit einer Allgemeinverfügung (4/5) – Wiederholung

II. Auswahl des richtigen Adressaten

1) Richtiger Adressat nach Spezialregelung in oder bei der Ermächtigungsgrundlage 2) Richtiger Adressat nach §§ 217 ff. LVwG

a) Verhaltensstörer

insbes. Kausalität (nur unmittelbarer Verursacher; Ausnahme: Zweckveranlasser)

Einschreiten grds. nur gegen den Störer, nicht gegen Nichtstörer

b) Zustandsstörer

c) Notstandspflichtiger Nichtverantwortlicher

III. Allgemeine Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen

1) Bestimmtheit

2) Möglichkeit der Ausführung

a) keine tatsächliche Unmöglichkeit

b) keine rechtliche Unmöglichkeit

ggf. begleitende Duldungsverfügung an Dritten erforderlich

3) Kein Verstoß gegen (sonstige) Rechtsvorschriften

Polizei- und Ordnungsrecht

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Rechtmäßigkeit einer Allgemeinverfügung (5/5) – Wiederholung

IV. Keine Ermessensfehler

1) Insbesondere Verhältnismäßigkeit

Prüfung unter Bezugnahme auf betroffene Grundrechte (keine getrennte Prüfung der Verletzung von Abwehrrechten)

a) Geeignetheit des Mittels

b) Erforderlichkeit des Mittels

c) Angemessenheit des Mittels

2) Insbesondere kein Ermessensfehlgebrauch durch sachfremde Erwägungen

z.B. Verfolgung anderer Zwecke als der Gefahrenabwehr (oder der Abwehr anderer Gefahren als aus dem im Spezialgesetz geregelten Bereich)

3) Insbesondere keine Untätigkeit bei Pflicht zum Einschreiten

grds. Entschließungs- und Auswahlermessen nach dem Opportunitätsprinzip; nur ausnahmsweise Ermessensreduktion durch Pflicht zum Einschreiten

Rechtsschutz:

Widerspruch, Anfechtungs- und Verpflichtungsklage, § 80 Abs. 5 VwGO

Polizei- und Ordnungsrecht