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Position
Stand: Februar 2017
www.vbw-bayern.de
Die Struktur der Arbeitskosten in Deutschland
Position – Die Struktur der Arbeitskosten in Deutschland
vbw – Februar 2017
Vorwort X
Vorwort
Kostendisziplin: Tarifparteien und Gesetzgeber sind gefordert
Deutschland und Bayern weisen weltweit mit die höchsten Arbeitskosten auf. Gerade
für einen international ausgerichteten und im globalen Wettbewerb stehenden Standort
stellt das hohe Niveau der Arbeitskosten eine erhebliche Belastung für Wertschöpfung
und Beschäftigung dar.
Das hohe Kostenniveau ist das Ergebnis hoher Löhne und Gehälter, kombiniert mit
einer überdurchschnittlichen Personalzusatzkostenquote. Um dem Kostennachteil un-
seres Standorts zu begegnen, müssen beide Größen in den Blick genommen werden.
Gefordert sind zunächst die Tarifparteien, die durch ihre Lohnpolitik das Kostenniveau
ebenso wie die Flexibilität der Entgeltgestaltung wesentlich bestimmen. In den vergan-
genen Jahren ist die Produktivität relativ schwach gestiegen. Dies muss bei den Tarif-
verhandlungen berücksichtigt werden.
Doch auch Regierung und Gesetzgeber müssen ihren Beitrag leisten. Immerhin ist ein
gutes Viertel der Personalkosten durch gesetzliche Regelungen vorgegeben. Ziel muss
es insbesondere sein, den Gesamtbeitragssatz für die Sozialversicherungssysteme
dauerhaft unter 40 Prozent zu halten. Die Finanzierung gesamtgesellschaftlicher
Aufgaben dürfen nicht dem Arbeitsverhältnis aufgebürdet werden.
In dem vorliegenden Positionspapier wollen wir zum einen Transparenz schaffen und
die Zusammensetzung der Arbeitskosten in der deutschen Wirtschaft darstellen. Zum
anderen zeigen wir auf, wie dem Standortnachteil der hohen Arbeitskosten begegnet
werden kann, damit wir unsere Wettbewerbsfähigkeit stärken, um Wertschöpfung und
Beschäftigung zu sichern.
Bertram Brossardt
10. Februar 2017
Position – Die Struktur der Arbeitskosten in Deutschland
vbw – Februar 2017
Inhalt X
Inhalt
1 Personalkosten im internationalen Vergleich ........................................... 1
2 Personalkostenstruktur in Deutschland .................................................... 3
3 Die Position der vbw ................................................................................... 7
3.1 Produktivitätsorientierte Lohnpolitik ............................................................... 7
3.2 Berücksichtigung der Kostenentwicklung im Ausland .................................... 7
3.3 Flexibilisierung der Entgelte .......................................................................... 7
3.4 Flexibilisierung der Arbeitszeitgestaltung ...................................................... 8
3.5 Senkung der gesetzlich veranlassten Arbeitskosten ..................................... 8
Ansprechpartner / Impressum ....................................................................................... 9
Position – Die Struktur der Arbeitskosten in Deutschland
vbw – Februar 2017
Personalkosten im internationalen Vergleich 1
1 Personalkosten im internationalen Vergleich
Westdeutschland hat weit überdurchschnittliche Arbeitskosten
Im Jahr 2015 summierten sich die Arbeitskosten in der westdeutschen Industrie nach
Angaben des Instituts der deutschen Wirtschaft auf durchschnittlich 40,90 Euro pro
Arbeitnehmer und Stunde. Nur fünf vergleichsweise kleine Staaten wiesen höhere Per-
sonalkosten auf, was zum Teil auch auf Wechselkurseffekte zurückzuführen ist. Zum
Vergleich: In Frankreich lagen die Arbeitskosten bei 37,47 Euro, in Österreich bei 36,18
Euro, in den USA bei 33,96 Euro und in Italien bei 27,92 Euro. Gegenüber dem Durch-
schnitt der übrigen Industrieländer hat Westdeutschland einen Kostennachteil von rund
17 Prozent. Verglichen mit den mittel- und osteuropäischen Staaten sowie den Schwel-
lenländern in Asien und Lateinamerika ist der Kostenabstand noch weitaus größer. So
lagen die Arbeitskosten beispielsweise in Tschechien bei 9,75 Euro, in Ungarn bei 7,84
Euro, in China bei 6,19 Euro und in Bulgarien bei 3,40 Euro.
Abbildung 1
Industrielle Arbeitskosten 2015
Quelle: IW Köln (2016)
2 Personalkosten im internationalen Vergleich Position – Die Struktur der Arbeitskosten in Deutschland
vbw – Februar 2017
Das hohe Arbeitskostenniveau in Westdeutschland ergibt sich aus der Kombination
hoher Bruttolöhne und einer im internationalen Vergleich leicht überdurchschnittlichen
Zusatzkostenquote. Besonders hoch ist in Deutschland der Entgeltanteil für arbeitsfreie
Zeit, was unter anderem am hohen Urlaubsanspruch liegt.
Auf das Bruttoentgelt kommen Zusatzkosten von knapp 27 Prozent. Mit dieser Quote
liegt Westdeutschland im oberen Mittelfeld. Die anderen Länder mit hohen Bruttoent-
gelten haben eine geringere Zusatzkostenquote als Deutschland. Hingegen weisen die
Staaten mit einer höheren Zusatzkostenquote niedrigere Bruttoentgelte auf, sodass
sich auch niedrigere absolute Zusatzkosten ergeben.
Erschwerend für die deutsche Industrie kommt hinzu, dass nur drei Vierteln des Brut-
toentgelts eine unmittelbare Arbeitsleistung gegenübersteht. Ein Viertel beinhaltet auf
Entgelt für arbeitsfreie Zeit wie Urlaub, Krankheit oder Feiertage sowie Sonderzahlun-
gen.
Position – Die Struktur der Arbeitskosten in Deutschland
vbw – Februar 2017
Personalkostenstruktur in Deutschland 3
2 Personalkostenstruktur in Deutschland
Zu den Bruttolöhnen kommen nochmal bis zu 30 Prozent an Zusatzkosten
Die Personalkosten setzen sich aus verschiedenen Komponenten zusammen, wie Ta-
belle 1 verdeutlicht: Das Direktentgelt entspricht dem Entgeltvolumen, dem eine unmit-
telbare Arbeitsleistung gegenübersteht. Zusammen mit dem Entgelt für arbeitsfreie
Tage und den Sonderzahlungen ergeben sie das Bruttoentgelt. Als weitere Bestandtei-
le fallen die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung sowie sonstige Personalzu-
satzkosten an.
Tabelle 1
Personalkostenstruktur
Entgelt für geleistete Arbeit (Direktentgelt) a)
+ Vergütung arbeitsfreier Tage b)
+ Sonderzahlungen c)
= Bruttoentgelt
+ Arbeitgeberaufwendungen für Vorsorgeeinrichtungen d)
+ Sonstige Personalzusatzkosten
= Arbeitskosten
a) inkl. erfolgs- und leistungsabhängiger Sonderzahlungen b) inkl. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall c) nicht erfolgs- oder leistungsabhängig d) u.a. Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung, betriebliche Altersversorgung
In Tabelle 2 auf Seite 4 sind für ausgewählte Wirtschaftszweige die einzelnen Kompo-
nenten der Personalkosten für das Jahr 2015 aufgeführt, jeweils in Relation zum Brut-
toentgelt.
Im Produzierenden Gewerbe Westdeutschlands summierten sich die Bruttolöhne und
-gehälter je Beschäftigten im Jahr 2015 auf 51.000 Euro. Dem standen nur 75 Prozent
an effektiv geleisteter Arbeitszeit gegenüber. 17,3 Prozent des Bruttoentgelts wurde für
arbeitsfreie Zeit wie Urlaub, Krankheit oder Feiertage gezahlt. Weitere 7,7 Prozent
machten fest vereinbarte Sonderzahlungen sowie Beiträge zur Vermögensbildung aus.
4 Personalkostenstruktur in Deutschland Position – Die Struktur der Arbeitskosten in Deutschland
vbw – Februar 2017
Tabelle 2
Struktur der Personalkosten in ausgewählten Branchen in Deutschland
in Prozent des Bruttoentgelts, 2015
Produ-
zierendes
Gewerbea)
Handel Verkehr Finanz-
dienst-
leistungen
Unterneh-
mensdienst-
leistungen
Entgelt für geleistete Arbeit 75,0 77,2 76,9 74,2 77,7
Vergütung arbeitsfreier Tage 17,3 16,7 17,9 16,5 15,7
Urlaub 9,8 9,7 9,9 9,6 9,3
Entgeltfortzahlung 3,6 3,3 4,2 3,3 2,7
Bezahlte Feiertage 3,8 3,7 3,8 3,6 3,7
Sonderzahlungen 7,7 6,1 5,2 9,4 6,5
Vermögensbildung 0,3 0,3 0,2 0,6 0,1
Fest vereinbarte Sonder-
zahlungen
7,3 5,8 5,0 8,8 6,4
Bruttoentgelt 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0
Sozialversicherungsbeiträge
der Arbeitgeber
17,6 18,0 19,4 15,2 15,4
Betriebliche Altersversorgung 4,1 1,5 3,8 10,2 3,7
Sonstige Zusatzkosten 5,1 5,5 3,5 6,8 4,5
Arbeitskosten insgesamt 126,8 125,0 126,7 132,2 123,6
Nachrichtlich:
Anteil der gesetzlich veran-
lassten Arbeitskosten 25,6 26,1 26,9 22,3 23,4
a) Westdeutschland
Quelle: IW Köln (2016)
Zusätzlich zum Bruttoentgelt mussten die Arbeitgeber im Produzierenden Gewerbe
Zusatzkosten in Höhe von 26,8 Prozent leisten. Der größte Block entfällt hier mit
17,6 Prozent auf die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung. Leistungen für die
betriebliche Altersversorgung machten im Schnitt 4,1 Prozent aus, sonstige Personal-
Position – Die Struktur der Arbeitskosten in Deutschland
vbw – Februar 2017
Personalkostenstruktur in Deutschland 5
zusatzkosten summierten sich auf 5,1 Prozent. Die gesamten Arbeitskosten im Produ-
zierenden Gewerbe summieren sich somit auf 64.700 Euro.
Nimmt man das Entgelt für geleistete Arbeit als Basis, so summieren sich alle weiteren
Personalkosten auf 69 Prozent des Direktentgelts. Umgekehrt heißt das, dass nur 59
Prozent der gesamten Arbeitskosten eine unmittelbare Arbeitsleistung entgegensteht.
Fast 26 Prozent der Personalkosten sind durch gesetzliche Vorgaben terminiert. Diese
umfassen das während des gesetzlichen Mindesturlaubs, an gesetzlichen Feiertagen
und im Krankheitsfall gezahlte Entgelt, die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung
sowie sonstige gesetzlich bedingte Aufwendungen wie z. B. Arbeitgeberzuschüsse
zum Mutterschaftsgeld oder Umlagen für das Insolvenzgeld.
In den aufgeführten Dienstleistungsbranchen bewegten sich die Arbeitskosten je Be-
schäftigten im Jahr 2015 zwischen 45.200,- Euro im Verkehrssektor und 86.200,- Euro
bei den Finanzdienstleistern. Die höchste Direktentgeltsquote weisen die Unterneh-
mensdienstleistungen auf. Die Finanzbranche ist durch relativ hohe fest vereinbarte
Sonderzahlungen gekennzeichnet, worunter aber nicht die erfolgsabhängigen Boni
fallen.
Die vergleichsweise niedrigen Quoten für die Arbeitgeberanteile zu den Sozialversiche-
rungsbeiträgen bei den Finanz- und Unternehmensdienstleistungen sind durch das
überdurchschnittliche Lohnniveau in diesen Wirtschaftszweigen begründet. Die Decke-
lung durch die Beitragsbemessungsgrenze führt dazu, dass der relative Anteil an den
gesamten Personalkosten sinkt. Aus diesem Grund sind auch die gesetzlich veranlass-
ten Personalkosten in diesen beiden Sektoren relativ niedriger.
Position – Die Struktur der Arbeitskosten in Deutschland
vbw – Februar 2017
Die Position der vbw 7
3 Die Position der vbw
Sowohl die Entgelte als auch die Zusatzkosten stehen im Fokus
Die hohen Arbeitskosten sind ein erheblicher Standortnachteil der deutschen und bay-
erischen Volkswirtschaft im globalen Wettbewerb. Die Personalkosten sind einer der
wenigen regional variablen Kostenelemente. Andere Kostenarten, beispielsweise für
Material oder Rohstoffe, sind an allen Standorten nahezu gleich. Deshalb sind die Ar-
beitskosten ganz wesentlich entscheidend für die Frage, wo industrielle Wertschöpfung
stattfindet und wo Beschäftigung generiert wird.
Um die Wettbewerbsfähigkeit unseres Standortes zu sichern und damit Wertschöpfung
zu halten und neu zu schaffen, muss der Kostennachteil zurückgeführt werden. Die
Struktur der Personalkosten in der deutschen Wirtschaft macht deutlich, dass man
hierzu sowohl bei Löhnen und Gehältern als auch bei den Zusatzkosten ansetzen
muss. Gefordert sind hier die Tarifvertragsparteien. Angesichts gesetzlich veranlasster
Personalkosten von gut einem Viertel können und müssen aber auch Regierung und
Gesetzgeber ihren Beitrag leisten.
3.1 Produktivitätsorientierte Lohnpolitik
Die tariflichen Entgelterhöhungen müssen dauerhaft moderat ausfallen. Die Löhne und
Gehälter sind der größte und entscheidende Teil der Arbeitskosten. Orientierungsgrö-
ße für die Lohnpolitik ist der gesamtwirtschaftliche Produktivitätsfortschritt. Das, was
durch die Arbeitsleistung zusätzlich erwirtschaftet wird, kann auch in Form höherer
Entgelte an die Beschäftigten verteilt werden.
3.2 Berücksichtigung der Kostenentwicklung im Ausland
Die Lohnpolitik muss auch die Kostenentwicklung in anderen Ländern im Blick haben.
Die deutsche und bayerische Volkswirtschaft sind international ausgerichtet und stehen
im globalen Wettbewerb. Die internationale Konkurrenzfähigkeit wird entscheidend
durch das Entgeltniveau beeinflusst. Die Tarifpolitik darf den Kostennachteil Deutsch-
lands nicht weiter vergrößern, sondern muss dazu beitragen, ihn zu verringern.
3.3 Flexibilisierung der Entgelte
Dem Nachteil des hohen Kostenniveaus muss durch mehr Flexibilität entgegengewirkt
werden. In die Tarifverträge müssen vermehrt Öffnungsklauseln und variable Elemente
eingebaut werden. Denkbar sind Einmalzahlungen, die zeitliche Verschiebung von Ta-
riferhöhungen bis hin zur flexiblen Gestaltung von Sonderzahlungen. Auf diese Weise
8 Die Position der vbw Position – Die Struktur der Arbeitskosten in Deutschland
vbw – Februar 2017
kann der Anteil des Direktentgelts, dem eine tatsächliche Arbeitsleistung entgegen-
steht, erhöht werden.
3.4 Flexibilisierung der Arbeitszeitgestaltung
Maßnahmen zur flexiblen Gestaltung der Arbeitszeit können ebenfalls dazu beitragen,
den Nachteil der hohen Personalkosten auszugleichen. Flexible Arbeitszeitmodelle und
Arbeitszeitkonten ermöglichen es, die betrieblichen Kapazitäten der volatilen Nachfra-
ge anzupassen. Auch dies trägt dazu bei, die tatsächliche Arbeitsleistung in Relation
zu den gesamten Arbeitskosten zu erhöhen.
3.5 Senkung der gesetzlich veranlassten Arbeitskosten
Die gesetzlich induzierte Personalzusatzkostenquote muss stabilisiert und mittelfristig
gesenkt werden. Den größten Block machen die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversi-
cherung aus, auf die etwa 18 Prozent der Personalkosten entfallen. Ziel muss es sein,
den Gesamtbeitragssatz für die Sozialversicherungssysteme dauerhaft unter 40 Pro-
zent zu halten. Um für eine nachhaltige Entlastung zu sorgen, müssen versicherungs-
fremde Leistungen durch das Steuersystem finanziert werden. Die Finanzierung ge-
sellschaftspolitischer Aufgaben darf nicht dem Arbeitsverhältnis aufgebürdet werden.
Mittelfristig sollten die Sozialversicherungsbeiträge so weit wie möglich vom Arbeits-
verhältnis abgekoppelt werden.
Position – Die Struktur der Arbeitskosten in Deutschland
vbw – Februar 2017
Ansprechpartner / Impressum 9
Ansprechpartner
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Leiter Volkswirtschaft
Telefon 089-551 78-133
Telefax 089-551 78-294
Tobias Kochta
Volkswirtschaft
Telefon 089-551 78-422
Telefax 089-551 78-294
Impressum
Alle Angaben dieser Publikation beziehen sich grundsätzlich sowohl
auf die weibliche als auch auf die männliche Form. Zur besseren
Lesbarkeit wurde meist auf die zusätzliche Bezeichnung in weiblicher
Form verzichtet.
Herausgeber:
vbw
Vereinigung der Bayerischen
Wirtschaft e. V.
Max-Joseph-Straße 5
80333 München
www.vbw-bayern.de
© vbw Februar 2017