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Praktische Anwendungen des KKS im Hoch- und Ingenieurbau – Ausführungen an der Brücke L 53 N. Effler 1) 1) V&C Stahlbetonschutz V&C Kathodischer Korrosionsschutz GmbH Alxingergasse 34 A-1100 Wien Kurzfassung Von der Theorie zur Praxis wird eine kurze Zusammenfassung über den elektrochemischen Hintergrund des kathodischen Korrosionsschutzes (KKS) gegeben. Das Bauvorhaben auf der Lieserschluchtbrücke L53 an der A 10 Tauernautobahn gibt dabei einen guten Überblick der verschiedensten KKS Systeme auf dem heutigen Stand der Technik. Im Rahmen des Erhaltungsprojektes (1800 m 2 ) und des Forschungsprojektes (600 m 2 ) werden die Einsatzgebiete und Anwendungen, die Vorteile und Eigenschaften der Systeme und das Monitoring vorgestellt. Nach der Instandsetzung sorgt ein Monitoringsystem für eine permanente Überwachung und Kontrolle des Korrosionsschutzes sowie für die Sicherheit des Bauwerkes. 1. Einführung Der kathodische Korrosionsschutz (KKS) als eine permanente, aber auch vorbeugende Korrosionsschutzmethode findet in einem weiten Gebiet des Hoch- und Ingenieurbaus Anwendung. Praktisch überall dort, wo die Bewehrung im Beton korrodiert, kann der Korrosionsschutz appliziert werden. In Österreich, wo sich immer deutlicher ein Sanierungsstau abzeichnet, betrifft es vorrangig die Brückenbau- und Kunstwerke der Autobahnenstrecken. Seit zehn Jahren werden in Österreich schon erfolgreich Brückentragwerke mit KKS erhalten, meist als Teil eines Gesamtinstand- setzungsprojektes. Doch auch neben Parkhäusern finden sich hierzulande weitere Anwendungsfälle. Die hohe Lebensdauer von 20 bzw. 40 Jahren lässt diese Methode zu einer attraktiven Alternative oder Ergänzung herkömmlicher Instandsetzungen werden.

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Praktische Anwendungen des KKS im Hoch- und Ingenieurbau – Ausführungen an der Brücke L 53

N. Effler1)

1)V&C Stahlbetonschutz V&C Kathodischer Korrosionsschutz GmbH Alxingergasse 34 A-1100 Wien

Kurzfassung

Von der Theorie zur Praxis wird eine kurze Zusammenfassung über den elektrochemischen Hintergrund des kathodischen Korrosionsschutzes (KKS) gegeben. Das Bauvorhaben auf der Lieserschluchtbrücke L53 an der A 10 Tauernautobahn gibt dabei einen guten Überblick der verschiedensten KKS Systeme auf dem heutigen Stand der Technik. Im Rahmen des Erhaltungsprojektes (1800 m2) und des Forschungsprojektes (600 m2) werden die Einsatzgebiete und Anwendungen, die Vorteile und Eigenschaften der Systeme und das Monitoring vorgestellt. Nach der Instandsetzung sorgt ein Monitoringsystem für eine permanente Überwachung und Kontrolle des Korrosionsschutzes sowie für die Sicherheit des Bauwerkes.

1. Einführung

Der kathodische Korrosionsschutz (KKS) als eine permanente, aber auch vorbeugende Korrosionsschutzmethode findet in einem weiten Gebiet des Hoch- und Ingenieurbaus Anwendung. Praktisch überall dort, wo die Bewehrung im Beton korrodiert, kann der Korrosionsschutz appliziert werden. In Österreich, wo sich immer deutlicher ein Sanierungsstau abzeichnet, betrifft es vorrangig die Brückenbau- und Kunstwerke der Autobahnenstrecken. Seit zehn Jahren werden in Österreich schon erfolgreich Brückentragwerke mit KKS erhalten, meist als Teil eines Gesamtinstand-setzungsprojektes. Doch auch neben Parkhäusern finden sich hierzulande weitere Anwendungsfälle. Die hohe Lebensdauer von 20 bzw. 40 Jahren lässt diese Methode zu einer attraktiven Alternative oder Ergänzung herkömmlicher Instandsetzungen werden.

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2. Elektrochemischer Hintergrund

Der Bewehrungsstahl ist im alkalischen Beton durch eine sehr dünne Passivschicht vor Korrosion geschützt. Dringen Chloride bis zur Bewehrung vor, kommt es bei Überschreiten eines kritischen Chloridgehaltes in Anwesenheit von Feuchtigkeit und Sauerstoff zu einer lokalen Zerstörung der Passivschicht. Eine Folge dieser Zerstörung kann Korrosion sein. Der Korrosionsherd bildet die Anode und der danebenliegende - noch passive Stahl - bildet die Kathode, das heißt ein Korrosionstrom fließt im Beton. Die Metallauflösung ist die anodische und die Sauerstoffreduktion die kathodische Teilreaktion. Die leitende Verbindung besteht sowohl durch den Bewehrungsstahl als auch durch die Porenlösung des Betons. Oft gibt die Karbonatisierung den Startschuss für die Korrosion, da durch das Eindringen von CO2 die Alkalinität des Betons, das heißt die Grundlage für die Passivschicht, verloren geht. Außerdem nimmt die Dichtigkeit des Betongefüges ab, wobei der Weg für das Eindringen von aggressiven Stoffen gebahnt ist. Der kathodische Korrosionsschutz setzt dort an, wo in den elektrochemischen Vorgang der Korrosion eingegriffen werden kann. Der Ausgangszustand der Bewehrung (im Korrosionszustand) kann durch das Stahl/Betonpotential definiert werden und trifft Aussagen über den Korrosionszustand. Durch die Applikation eines Anodensystems auf der Betonoberfläche bei bestehenden Bauwerken wird dem Korrosionsstrom ein Schutzstrom entgegengesetzt. Durch das Anlegen eines Schutzstromes wird der Bewehrungsstahl polarisiert, d.h. das Stahl/Betonpotential wird in die negative Richtung verschoben. Deshalb auch die Bezeichnung: „Kathodischer Korrosions-schutz“, da in die kathodische Teilreaktion eingegriffen wird. Durch die Polarisation der Bewehrung wird der Bewehrungsstahl in einen künstlichen Zustand versetzt, sodass er thermodynamisch, elektrisch und chemisch praktisch nicht mehr korrodieren kann. Ein infinitesimaler kleiner Korrosionsstrom fließt weiter, ist jedoch zu vernachlässigen.

Abb. 1: Links: Ausgangszustand bei Korrosion an der Bewehrung; Rechts: Prinzip des KKS, Anlegen eines Schutzstromes

3. Anwendungen

Überall dort, wo die Bewehrung im Beton korrodieren kann, findet der KKS Anwendung. In Österreich sind es hauptsächlich Brückenbauwerke, die durch Tausalz angegriffen werden, oder Parkgaragen, in denen Tausalz auf den Reifen der Autos

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eingebracht werden (dort wird vor allem das Salz nicht natürlich, wie z.B. durch Regen von der Oberfläche abgetragen.) Abb. 2: Anwendungen von KKS in Österreich International wird der KKS schon seit 1974 (USA) zum Schutz vor Korrosion eingesetzt und hält seit 1983 Einzug in Europa. Vorreiter des KKS in Europa sind die skandinavischen Länder sowie Großbritannien, aber auch in Holland, Belgien, Italien und Österreich ist der KKS seit zehn Jahren bekannt. Verschiedene Anwendungen sind anzutreffen: Hafenanlagen und deren Bauwerksteile, die unter Wasser stehen, Fundamente im salzwasserhaltigem Sandboden und vorgespannte Stahlbetonrohre in Saudi Arabien. Abb. 3: Anwendungen von KKS: v.l.n.r.: Hafenanlage, Behälter mit Salzwasser, Behälter unterirdisch geschützt, vorgespannte Stahlbetonrohre

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3. KKS Systeme auf der L 53

3.1 Projektbeschreibung

Die Lieserschluchtbrücke an der A 10 Tauernautobahn wurde 1971 errichtet. Die Brücke besteht aus zwei getrennten aber identischen Tragwerken für jede Richtungsfahrbahn. Damals war es nicht üblich, eine Brückenlängsentwässerung auszuführen, wodurch das gesammelte Niederschlagswasser durch die ungünstige Exposition bestimmte Tragwerksteile ständig durchnässte. Im Winter wurden zusätzlich noch Tausalze mit dem Wasser mittransportiert. Diese gefährliche Mischung hat im Laufe der Zeit Korrosion verursacht. Als wirksame Gegenmaßnahme wurde 1996 eine Entwässerung angebracht, die die Korrosion zwar verlangsamte, aber nicht stoppen konnte. 1999 wurde beschlossen, KKS als zweite Maßnahme einzusetzen, um die Korrosion endgültig zu stoppen. Der Einsatz von KKS in der Generalsanierung ist ein Teil der Gesamtinstandsetzung. Der kathodische Korrosionsschutz beinhaltet die Bauwerksteile, Bögen, Kragarme, Stützen (Kämpfer) und Querträger. Insgesamt wurden 1800 m2 mit einer leitenden Beschichtung und 600 m2 mit verschiedenen Anodensystemen versehen. Abb. 4: L 53 Lieserschluchtbrücke

3.2 Einteilung in Schutzzonen

Die Bauwerksteile wurden in Schutzzonen, die jeweils bis zu 130 m2 groß waren, unterteilt. Die Einteilung in Schutzzonen ist abhängig von der Ausdehnung der Korrosionsstellen, dem unterschiedlichen Chlorid- und Feuchtigkeitsgehalt, der unterschiedlichen Bewehrungsdichte sowie von den konstruktiven Merkmalen. Die Ausdehnung der Korrosionsstellen wurde schon im Vorfeld durch eine Potentialfeld-messung verifiziert. Es konnten dadurch Bereiche mit hoher, mittlerer und kleiner Korrosionswahrscheinlichkeit unterschieden und bestimmt werden. Die Einteilung in Schutzzonen ist eine notwendige Maßnahme, um den Schutzstrom gezielt zu kontrollieren und den Bedingungen im Bauwerk anzupassen, damit eine möglichst homogene Schutzstromverteilung erreicht werden kann. Schlussendlich wird durch eine homogene Verteilung die Lebensdauer des Anodensystems wesentlich beeinflusst.

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Abb. 5: Einteilung in Schutzzonen; Schutzzone 17 Bogenoberfläche und Bogenseitenfläche

3.3 KKS Systeme

Zu einem KKS System gehören folgende Komponenten: ein Anodensystem bestehend aus Primäranode und Sekundäranode, der Bewehrung (Kathode), ein Gleichrichter (Gleichstromquelle), Überwachungssensoren und Elektroinstallationen. Im Rahmen diverser Forschungsarbeiten sind verschiedene Anodensysteme zum Einsatz gekommen. Das erste Beispiel zeigt den Einsatz von Titannetzbändern. An einem Endquerträger mit einer Fläche von 11 m2 wurden in jeweils 40 cm Abstand Titannetzbänder mit einer Breite von 2 cm in ca. 2 cm tiefe Fugen eingebettet. Dieses Anodensystem ist hauptsächlich durch den Verbrauch des Anodenmaterials bestimmt, welches aus Titan besteht und somit relativ inert ist. Die Lebensdauer ist mit 40 Jahren angegeben. Die Installation ist sehr einfach und bedarf weniger Vorbereitungsarbeiten. Diese Methode ist für hohe Chloridkontaminationen aber nur begrenzt anwendbar, da der Abstand der Bänder sehr gering werden würde. In diesem Fall wäre der Einsatz eines oberflächen-übergreifenden Titannetzes vorteilhaft. Titannetzbänder werden hauptsächlich bei Neubauten eingesetzt (z.B. in Italien). Die Bänder werden dann gleich mit dem Bewehrungskorb mitinstalliert.

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Abb. 6: KKS System: in Fugen gebettete Titannetzbänder Bei der Sanierung von 1800 m2 Fläche wurde das Anodensystem „Leitende Beschichtung“ verwendet. Die Lebensdauer wird mit 20 Jahren angegeben, da noch kein längerer Einsatz bekannt ist. Die Installation kann durch „Spritzen“ oder „Rollen“ ausgeführt werden. Vor der Installation ist eine Oberflächenvorbereitung (Reinigung und Reparatur der Betonoberfläche) notwendig. Die vorherrschende Stromdichte ist für diese Anwendung (~2 % Chlorid bezogen auf das Zementgewicht) ausreichend, für höhere Salzkonzentrationen verkürzt sich jedoch die Lebensdauer des Systems. Die Anwendung erfolgt bei Brücken, Parkgaragen und anderen Stahlbetonwerken, jedoch nicht bei permanent in Wasser eingetauchten Bereichen. Abb. 7: KKS System: die leitende Beschichtung wird auf die Bogenoberfläche gespritzt Im Rahmen des Forschungsprojektes wurde ein Säulenkopf als individuelle Schutzzone ausgebildet, da im Bereich der ersten 1,50 m eine hohe Bewehrungsdichte aufzufinden war. Insgesamt wurden ca. 6 m2 mit einem leitfähigen Mörtel beschichtet. Die Mörtelschicht wurde in einer Stärke von 8 mm auf die vorbearbeitete Fläche wie ein herkömmlicher Spritzbeton aufgetragen. Die Lebensdauer wird mit 25 Jahren angegeben, wobei die Erwartungen durch die gute Haftung zwischen Mörtel und

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Betonoberfläche steigen. Es sind auch höhere Stromdichten einstellbar. Bei leitenden Beschichtungen sind die Anwendungen ähnlich. Abb. 8: KKS System mit leitfähigem Mörtel auf den Säulenkopf gespritzt An einem ca. 13 m2 großen Querträger, dort wo zwei Querträger durch eine Fuge getrennt sind, wurden im Trennbereich diskrete Anoden eingesetzt. Im Bereich der hinteren Bewehrung, d.h. zwischen den Querträgern, war eine Installation des KKS notwendig, da durch den Tausalzangriff das Oberflächenwassers in die Fuge ein-dringen konnte. Die Zugänglichkeit zum Bereich der Korrosion war sehr beschränkt, es mussten daher in diesem Fall diskrete Anoden eingesetzt werden. Diese zylinderförmigen Anoden werden in 40 cm tiefe Bohrlöcher eingebettet. Eine radiale Schutzstromverteilung ist somit gewährleistet. Durch den Einbau verschiedener Ausführungen, können, wenn nötig, unterschiedliche Schutzstromdichten eingestellt werden. Die Anwendungen solcher Anoden beschränken sich hauptsächlich auf Bereiche, die nicht oder nur schwer von der betreffenden Seite zugänglich sind (z.B. Balkone). Abb. 9: KKS System mit diskreten Anoden in Bohrlöcher eingebettet Eine weitere Komponente im KKS System ist die Bewehrung, die als Kathode dient. Über die elektrisch miteinander verbundene Bewehrung fließt der Schutzstrom wieder zurück zum Gleichrichter. Pro Schutzzone sind im Regelfall zwei Bewehrungs-anschlüsse installiert. Mit Hilfe einer geeigneten Schweißvorrichtung wird der Anschluss an den Bewehrungsstahl nur durch das Freilegen der Bewehrung in einem Bohrloch ausgeführt.

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Der Gleichrichter stellt die nächste wichtige Komponente dar. Er liefert den nötigen Schutzstrom (Gleichstrom) für jede Schutzzone. An der L53 liefert im Regelfall ein Gleichrichter den Schutzstrom für drei Schutzzonen. Die Größe einer Gleichrichter-einheit hängt vom Strombedarf der Schutzzone ab. Die Gleichrichtereinheiten hängen in einem Netzwerk über ein Kommunikationskabel zusammen. Durch eine Kontroll-einheit werden alle Daten abgerufen und gesteuert. Diese Anordnung ermöglicht es, die Gleichrichtereinheiten an der Schutzzone selbst zu montieren, Kabelwege einzusparen und eine über GSM ferngesteuerte Datenerfassung zu realisieren. Der Weg zur Baustelle ist somit hinfällig. Die Speicherung der Messdaten erfolgt im Gleichrichter bzw. im Industriecomputer vor Ort. Abb. 10: Gleichrichtereinheiten sind durch ein Kommunikationskabel zu einem Netzwerk verbunden Zur Überwachung und Kontrolle werden im Regelfall zwei Referenzelektroden eingebaut. Die Elektroden werden in Bohrlöchern direkt an der Bewehrung installiert. Bei der L53 kamen CMS-Elektroden bzw. Mangandioxid- und Silberchloridelektroden zum Einsatz. Durch ein stabiles Potential an der Referenzelektrode wird das Stahl/Betonpotential messbar. Das Stahl/Betonpotential ist für den KKS ein Kriterium für die Wirksamkeit. Man kann über das Potential darauf schließen, wie sehr der Stahl durch den KKS polarisiert wurde. Das wichtigste Kriterium ist jedoch das „100 mV Kriterium“, welches durch eine Depolarisationsmessung bestimmt werden kann. Abb. 11: Mangandioxid-Referenzelektrode zur Messung der Wirksamkeit des KKS

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Eine weitere Komponente stellt die Elektroinstallation dar. Die Kabel der Referenz-elektroden, Anodenanschlüsse und Kathodenanschlüsse wurden in einem Neben-verteiler zusammengefasst und über einen Hauptverteiler zu den Gleichrichtern geführt. Abb. 12: Elektroinstallation: Ansicht eines Nebenverteilers

4. Ausführungen am Beispiel der Lieserschluchtbrücke L53

Am Beispiel der Lieserschluchtbrücke soll nun kurz der Arbeitsablauf für die Installation eines KKS Systems mit leitender Beschichtung beschrieben werden. 1. Reinigung der Oberfläche mit Druckwasserstrahlen

Lockere Betonteile müssen entfernt werden. Die Betonoberfläche muss von Staub und Öl durch Druckwasser gereinigt werden.

Abb. 13: Oberflächenzustand vor Reinigung Abb. 14: Lose Betonteile

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2. Oberflächentest und Reparatur Nach der Reinigung und Reparatur mit zementhaltigem Material, wird die Oberfläche auf Kurzschlüsse kontrolliert. Beim Oberflächentest wird die Oberfläche mit einem Metallbesen abgefahren. Etwaige metallische Einbauten oder Nägel, die eine Verbindung mit der Bewehrung haben, müssen entweder entfernt, oder isoliert werden. Die Isolierung erfolgt lokal durch Epoxydharzmörtel.

Abb. 15: Test auf potentielle Kurzschlüsse Abb. 16: Isolierung eines potentiellen

Kurzschlusses 3. Applikation des Anodensystems „Leitende Beschichtung“

Das Anodensystem wird in zwei Schritten appliziert. Zuerst wird die Primäranode, ein Kupfer/Niobium/Titandraht, an der Betonoberfläche befestigt. In diesen Draht wird der Schutzstrom eingespeist und dann auf die Sekundäranode vollflächig verteilt. Die Leitende Beschichtung „EMACO CP 30“, die die Sekundäranode darstellt, wird anschließend im Spritzverfahren appliziert. Die Trockenschichtdicke beträgt schlussendlich ca. 500 µm. Da die leitende Beschichtung schwarz ist, wird noch eine zusätzliche, dekorative Beschichtung („Masterseal F 1130“) aufgetragen, die auch als mechanischer Schutz wirksam wird.

Abb. 17: Installation der Primäranoden Abb. 18: CP 30 beschichtete Stütze

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4. Elektroinstallation und Gleichrichteranlage Nach der Applikation der dekorativen Beschichtung kann sofort mit der Installation aller Kabel und Nebenverteiler begonnen werden. Dazu gehören auch die Gleichrichter, die in diesem Fall am Widerlager montiert sind. Sämtliche Kabel verlaufen in Kabeltassen von den Schutzzonen entlang des Längsträgers zu den Gleichrichtereinheiten.

Abb. 19: Elektroinstallationen am Querträger Abb. 20: Gleichrichtereinheiten für die Schutzzonen 5. Stromversorgung und Datenverwaltung

Die Stromversorgung wird normalerweise durch Netzstrom realisiert. Wenn aber in nächster Nähe kein Netzstrom verfügbar ist, ist es sinnvoll die Stromversorgung mit einer Solaranlage durchzuführen. Aus Forschungsgründen wird bei der L 53 Solarstrom (Gleichstrom) und Netzstrom eingesetzt. Es sei erwähnt, dass die Leistung einer 100 Watt Glühbirne ausreichen würde, um den nötigen Schutzstrom für 5000 m 2 Fläche zu liefern. Die Datenverwaltung findet in jeder Gleichrichtereinheit, jedoch hauptsächlich in der Kontrolleinheit, dem Master des Netzwerkes, statt. Die Gleichrichtereinheiten sind in einem Netzwerk mit der Kontrolleinheit verbunden. Über die Kontroll-einheit, die aus einem Industriecomputer und einem Modem besteht, können die Daten vor Ort, aber auch über das GSM Netzwerk im Büro, abgerufen, verwaltet und ausgewertet werden.

Abb. 21: Solarmodule Abb. 22: Aufbau des Steuerungsnetzwerkes

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6. Einstellung der Schutzströme und Inbetriebnahme des Systems Nach Beendigung der Installationen, wird das KKS System in Betrieb genommen. Über die Kontrolleinheit können der Schutzstrom eingestellt und die Schutzzonen in Betrieb genommen werden. Dazu sind einige Kontrollmessungen, wie die Aufnahme der Naturpotentiale oder eine Depolarisationsmessung, nötig.

Abb. 23: Beispiel aus der Software für die Steuerung 7. Kontrolle und Überwachung

Ein Monat nach der Inbetriebnahme sind eventuell Nachregelungen nötig. Da das System permanent in Betrieb ist, ist eine längerfristige Kontrolle und Überwachung erforderlich. Diese erfolgt normalerweise einmal jährlich. Hierzu werden die Daten über die Kontrolleinheit abgerufen. Die erhaltene Ansicht gibt ein Beispiel über die wichtigsten Daten für die Auswertung: die Naturpotentiale, das Potential bei eingeschaltetem Strom („On-Potential“), das Potential bei ausgeschaltetem Strom („Off-Potential“) und das „100 mV Kriterium“ nach vier Stunden.

Abb. 24: Beispiel für die Auswertung der Daten

5. Normen und Richtlinien

In Österreich gibt es seit dem 1.Juli 2000 eine EN / ÖNORM 12696 „Kathodischer Korrosionsschutz von Stahl in Beton“. Schon seit 1997 existiert in der Schweiz eine Richtlinie und es gibt seit Jahren amerikanische NACE-Standards, die bei uns ebenso Verwendung finden.