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Arch. exper. Path. u. Pharmakol., B(]. 211, S. 362 366 (195o). Aus der Universitgts-Kinderklinik Leipzig (Direktor: Prof. Dr. A. PEIPER}. Praktisehe Bemerkung zur Sehreibweise yon Penieillin-Blutspiegelkurven. gon F. H. Dos]'. Mit 3 Textabbi]dungen. (Eingegangen am 10. April 1950.) Blutspiegelkurven werden im allgemeinen dureh Diagramme zur Dar- stellung gebracht, deren Koordinatensystem einen linearen Mal~stab beider Achsen aufweist. Diese Darstellungsart hat den grol~en Vortei|, dab die Kurvenbilder in visueller Hinsicht unmittelbar den Vorstellungen entsprechen, die sieh der unbefangene Betrachter yon dem zugrunde- liegenden, zeitlichen Ablanf der ])inge zu machen pflegt. Eine derartige Kurvenschreibung ist zudem unabh/ingig yon der angewendeten Be- stimmungsmethodik, sie bietet keinerlei zeiehnerische Schwierigkeiten und kann auch mit ungeschultem Bliek yon jedermann im Diagramm ab- ge]esen werden. Obwohl daher nichts selbstverst/in¢l|icher x~/~re, als auch bei der Auf- stellung yon Penicillin-Blutspiegelkurven ausschlie61ich dieses einfache, lineare D~rstellungsverfahren zu w/~hlen, zeigten doch sehon die ersten, nach der Entdeckung des Penicillins bekanntgewordenen Blutspiegel- kurven ein v6llig anderes Bild, das auf eine ganz auf~ergew6hnliche, bis dahin nicht iiblich gewesene Ordinatennnterteilung zuriickzufiihren ist. Dieser eigentiimliche Mal~stab der Ordinate leitet sich aus der in (ter S~rologie verbreiteten Gepflogenheit ab, das Untersuchungsmaterial bei quantitativen Bestimmungen in fort]aufender Reihe solange um das I)oppelte zu verdfinnen, bis die im angewendeten Testverfahren eben noch wirksame Grenzkonzentration gefunden ist. Nach diesem Grundsatz werden bekamltlich auch die PenicilIin-Bestimmungen ausgeffihrt, so dab z. B. bei Untersuchungen des Blutserums als Einzelergebnisse fiir den jeweiligen Penicillinspiegel nur solche Werte 4enkbar sind, die unter- einander Glieder einer geometrischen Reihe mit dem Faktor 2 bilden. Teiit man jetzt den Ordinatenmal~stab des Diagramms nicht in der iiblichen Weise linear, sondern entsprechend der geometrischen Ver- diinnungsreihe ebenfalls in geometrischer Progression, so entsteht jener eigentiimliche, auch heute vielfach noch bevorzugte Kurventyp, der (lie ~:V[Sglichkeit zu zahlreichen Irrtiimern nahelegt, und mit dessen Problematik wit uns hierunter besch/iftigen wo]len.

Praktische Bemerkung zur Schreibweise von Penicillin-Blutspiegelkurven

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Arch. exper. Path. u. Pharmakol., B(]. 211, S. 362 366 (195o).

Aus der Universitgts-Kinderklinik Leipzig (Direktor: Prof. Dr. A. PEIPER}.

Praktisehe Bemerkung zur Sehreibweise yon Penieillin-Blutspiegelkurven.

gon F. H. Dos]'.

Mit 3 Textabbi]dungen.

(Eingegangen am 10. April 1950.)

Blutspiegelkurven werden im allgemeinen dureh Diagramme zur Dar- stellung gebracht, deren Koordinatensystem einen linearen Mal~stab beider Achsen aufweist. Diese Darstellungsart hat den grol~en Vortei|, dab die Kurvenbilder in visueller Hinsicht unmittelbar den Vorstellungen entsprechen, d ie sieh der unbefangene Betrachter yon dem zugrunde- liegenden, zeitlichen Ablanf der ])inge zu machen pflegt. Eine derartige Kurvenschreibung ist zudem unabh/ingig yon der angewendeten Be- st immungsmethodik, sie bietet keinerlei zeiehnerische Schwierigkeiten und kann auch mit ungeschultem Bliek yon jedermann im Diagramm ab- ge]esen werden.

Obwohl daher nichts selbstverst/in¢l|icher x~/~re, als auch bei der Auf- stellung yon Penicillin-Blutspiegelkurven ausschlie61ich dieses einfache, lineare D~rstellungsverfahren zu w/~hlen, zeigten doch sehon die ersten, nach der Entdeckung des Penicillins bekanntgewordenen Blutspiegel- kurven ein v6llig anderes Bild, das auf eine ganz auf~ergew6hnliche, bis dahin nicht iiblich gewesene Ordinatennnterteilung zuriickzufiihren ist. Dieser eigentiimliche Mal~stab der Ordinate leitet sich aus der in (ter S~rologie verbreiteten Gepflogenheit ab, das Untersuchungsmaterial bei quanti tat iven Bestimmungen in fort]aufender Reihe solange um das I)oppelte zu verdfinnen, bis die im angewendeten Testverfahren eben noch wirksame Grenzkonzentration gefunden ist. Nach diesem Grundsatz werden bekamltlich auch die PenicilIin-Bestimmungen ausgeffihrt, so dab z. B. bei Untersuchungen des Blutserums als Einzelergebnisse fiir den jeweiligen Penicillinspiegel nur solche Werte 4enkbar sind, die unter- einander Glieder einer geometrischen Reihe mit dem Faktor 2 bilden. Teiit man jetzt den Ordinatenmal~stab des Diagramms nicht in der iiblichen Weise linear, sondern entsprechend der geometrischen Ver- diinnungsreihe ebenfalls in geometrischer Progression, so entsteht jener eigentiimliche, auch heute vielfach noch bevorzugte Kurventyp, der (lie ~:V[Sglichkeit zu zahlreichen Irrt i imern nahelegt, und mit dessen Problematik wit uns hierunter besch/iftigen wo]len.

Praktische Schreibweise yon Penicillin-Blutspiegelkurven. 363

Zu diesem Zweck greifen wir ein in der ])~sch. med. Wschr. yon BUCKLA~D ~ verSffentlichtes Blutspiegeldiagramm (Abb. l) heraus, das in der Penicillin-Literatur aueh anderw~rts ~-~ in ganz ~thnlicher Form und Auffassung verbreitet ist; in Abb. 1 ist die Ordinate entspreehend der waehstumshemmenden m~ximalen Serumverdiinnung bzw. dem zugehSrigen PenicillingehMt pro em a Blutserum in geo- metrischer Progression unter- teilt. Bevor wir auf Einze]- heiten eingehen, wollen wir die gleichen Kurven in das ge- w6hn]iehe, lineare Koordina- tensystem umgezeichnet zur Darstellung bringen (2;bb. 2). Wie man sieht, ergibt sich bei einem Vergleich ein vSllig anderer Verlauf der Penieil]in- Blut spiegelkurve,indem die ab- steigenden Kurventeile nieht geradlinig, wie in Abb. l, sondern bogenf6rmig dem Nu]l- wert zustreben.

Da die Penicillin-Kurvenschrei- bung mit geometrisch unterteilter Ordinate, wie sich weiter unten noch ergeben wird, als eine be- sondere Form der sogenannten hMblogarithmischen Darstellungs- weise aufgefal3t werden kann, ist der geradlinige Kurvenabfall in Abb. 1 nicht als Zufall, sondern als I-Iinweis dafiir aufzufassen, dab die Ausscheidung des Penicillins aus dem Organismus naeh einem fiir die meisten k6rperfremden Stoffe geltenden Exponentialge- setz verl/~uft; hierauf sind wir 7 friiher naher eingegangen.

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Abb. 1. Penieillin-Blu'~spiegelkttrven naeh in t ramus- kuliirer Verabreichung -con 35000 bzw. 30000 :E bei geometrisch unter tef l ter Ordinate (nach BVCKLAND).

• 30 5"0 30 /30 /50 rain ,NO Ze#

Abb. 2. Dieselben Kurven wie in Abb. 1, umgezeichnet bei linearer Ordinatentei lung.

l~ber die phi~nomenologische Xurvenbetrachtung hinaus gewinnt die G:geniiberstellung der beiden Schreibweisen jedoch eine praktisch recht groBe Bedeutung, die wir an folgenden einfachen r ragen vor Augen ffihren wollen :

a) An welcher Stelle des Diagramms sind diejenigen Werte einzu- tragen, die man erh~lt, wenn man bei Mlf~lligem Interesse ffir genauere Penicillin-Blutspiegeluntersuehungen solehe Serumverdiinnungen zur

364 F.H. Dosa':

Bes t immung a.nsetzL die ,~uBerhalb der geometrischen Reihe liegen, und ~mf diese Weise :Ergebnisse erhglt, die au f dem geometrisch unter tei l ten Ordinatenras ter n icht vorgesehen sind ?

b) Welchen Penicillinapiegel ha t m a n bei genauerer Auswertu~g des Diagramms an einem beliebigen, n icht unbediI~gt in t t6he einer der vor- gesehenen Ordina tenmarken liegenden Kl t rvenpunkten abzulesen ?

e) Wo im Diagr,~mm ist der Penieillinspiegel null einzutragen bzw. abzulesen ?

Beim Verfahren mit linearer Ordinatenunterteilulag sind diese Fragen clone jede Schwierigkeit zu beantworten, da hier die Ordinate auf ganz primitive Weise in arithmetiseher Progression mit jeder fiir die l~raxis ben6tigten Genauigkeit unter-

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- - 5 - 4 o, s o

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~ - 2 q---o, o6

Abb. 3. ttiffs- Skala zur U mrechnung der geometrischen in ]ineare Raster-

werte mid umgekehrt .

teilt werden kann, wie sich aus einer ]3etrachtung der Abb. 2 ohne weiteren :Kommentar yon selbst ergibt.

Im Gegensatz hierzu bedarf es bei dem Abb. 1 zugrunde liegenden D~rstellungs- verfahren einer reehnerischen Transforma- tion des Koordinatensystems, deren Aus- fiihrung nicht allerorts gelgufig sein diirfte. und die daher kurz abgeteitet und sowie an einigen einfachen Zahlenbeispielen er- l~tutert sei.

Hierzu bezeichnen wir entsprechend Abb. 1 die Serumverdfinnungen der in geometrischer Progression geraster ten Or- dinate mi t Yl, die zugeh6rigen Penicillin-

spiegel mit Y2 und bringen diese beiden Raster mi t einem linear (arith- metisch) unter te i l ten OrdinatenmaBstab der Rastereinhei t ~] in ein ge- meinsames Netz wie in Abb. 3. Auf diese Weise ergibt sich, dab bei den Serumverdi innungen (Yl) eine absteigende geometrische Reihe mit dem Fak to r 2 vorl iegt ; entsprechend bei den Penicillinspiegeln (Y2) die gleiche, aber aufsteigende geometrische Reihe. Der Ausgangspunkt (eins) liegt im ersten Fall (links) um 1, im zweiten Fall (rechts) um 6 Rastereinheiten ~7 fiber der gewahlten Abszisse. Wir haben also zwischen den Ordinaten- werten Yl, Y2 und ~] bei gleicher H6he die Beziehung :

~j 1 ~1 6 Yl = 2 und y~- -2 , (1,2)

(Serumverdiinnung) (Penicillinspiegel)

und durch Aufl6sung naeh ~ die Ordinatentransformation :

log Yl log y~ . q ' - 1 - - log2 und ~ - - log2 -t-6 , (3,4) (Serumverdiinnung) (Penicillinspiegel)

wghrend fiir (lie Zeit (t, $) die ])arstel lung unver~ndert bleibt, mithin t -~ ~ gilt.

Prak~ische Schreibweise yon Penicillin-Blutspiegelkurven. 365

Nunmehr sind wir in der Lage, beim Zeichnen mit Hilfe von G1. (3) bzw. (4) und beim Lesen mittels GI. (1) bzw. (2) jede beliebige Inter- bzw. Extrapolation an der geometrisch gerasterten Penicillinordinate durchzufiihren. Die LSsung der Fragen a - -c werde an folgende Zahlen- beispielen erlgutert :

zu a) Wo ist in Abb. 1 die Serumverdfinnung 3/4 einerseits und der Penicillinspiegel 0,75 Einheiten/cm a andererseits einzutragen ?

L6sung: Man setzt in G1. (3) Yl ~ 3~ und erhglt ~] ~ 1,4; entsprechend in G1. (4) y~ ~ 0,75 und erh~lt ~ ~ 5,6. Die OrdinatenhShe ergibt sich nun ohne weiteres aus Abb. 3 (Mitte).

Es zeigt sich also, daft die zwischen 2 Serumverdiinnungen bzw. 2 PeniciUinkonzentrationen gelegenen Mittelwerte bei geometrisch geteilter Ordinate nicht etwa in der Mitre zwischen 2 Rasterpunkten eingetragen werden di~r/en, sondern bei der Serumverdi~nnung tie/er, beim Penicillin- spiegel dagegen hgher einzuzeichnen sind (0 .

zu b) Welche Ablesusg entspricht in Abb. 1 demjenigen Ordinaten- punkt, der zwischen der Serumverdiinnung 1 : 1 und 1 : 2 einerseits und zwischen den Penicillinspiegeln 0,5 und 1 Einheit/cm a andererseits liegt ?

LSsung: Man entnimmt aus Abb. 3 ~ ~ 1,5, setzt diesen Weft in G1. (1) ein und erhglt Yl ~ 0,7; entsprechend wird in G1. (2) ~ ~ 5,5 ein- gesetzt, wodnrch sich Y2 ~ 0,7 ergibt.

Es zeigt sich also, dab in der ]Y[itte zwischen der Serumverdfinnung 1 : 1 und 1 : 2 eine Verdtinnung yon 0,7 : 1 oder 1 : 1,4 und entsprechend zwischen dem Penicillinspiegel 0,5 und I ein solcher yon 0,7 Einheiten/cm a abzulesen ist.

zu c) Fiir den Peniciltinspiegel null ergibt sich nach Einsetzen yon Y2 ~ 0 in G1. (4) ein Ordinatenwert yon - - ~ .

Auf Grund dieser Feststellung mfissen die zahlreich in der Literatur niedergelegten, der Abb. 1 entsprechenden Penicillin-Blutspiegelkurven rundweg als fehlerhaft bezeichnet werden, wenn yon den Autoren dadurch, dab sie den aufsteigenden Knrvenast vom Achsenkreuz entspringen lassen, stillschweigend der Ordinatenwert null aus unendlicher Tiefe in das Diagramm selbst verlegt wird! Die Schreibung des aufsteigenden Kurventeiles in solchen Diagrammen w~re nut dann richtig, wenn man - - entsprechend einer Zeichnung yon FL~MI~G 5 ~ denselben yore ersten bestimmten Wert an (in vorliegendem :Fall yore Kulminationspunkt der Kurve an) parallel zur Ordinate, d. h. senkrecht nach unten verlaufend, darstellen wiirde (da sich zwei Parallelen im Unendlichen treffen). Fiir die Praxis erscheint allerdirgs eine derartige Schreibung kaum sinnvoll, so dal~ wir empfehlen mSchten, den aufsteigenden Kurvenast in Dia- grammen mit geometrisch geteilter Ordinate nach dem Vorgehen yon HERELL, NICHOLS und HEILMANN s iiberhaupt wegzuIassen und nur bei linearem Koordinatensystem (entspr. Abb. 2) mit einzutragen.

366 F. ]-[. ])OST: Praktische Schreibweisc yon Penicillin-Blutspiegelkurven.

_D~ k e i n e r l e i e i n l e u c h t e n d e Veran la . s sung b e s t e h t , (tie D a r s t e l l u n g yon

P e n i c i l l i n - B l u t s p i e g e l k u r v e n m i t g e o m e t r i s c h g e r a s t e r t e r O r d i n a t e

i r g e n d w i e a l s z w e c k d i e n l i c h a n z u e r k e n n e n , u n d d a s S c h r e i b e n u n d L e s e n

d e r a r t i g e r K u r v e n be i g e n a u e r e n A n s p r i i c h e n in H i n b l i c k a u f d ie n S t i g

w e r d e n d e n r e c h n e r i s c h e n O p e r a t i o n e n s o g a r a ls u n e r f r e u l i c h b e z e i c h n e t

w e r d e n k a n n , e r b l i c k e n w i t d e n Z w e c k d ieses A u f s a t z e s in de r ]~egriin-

( tung des V o r s c h l a g e s , z u k i i n f t i g b e i m P e n i c i l l i n ausschl ie l~ l ich d a s e in-

f a c h e u n d i i b e r s i c h t l i c h e l i n e a r e K o o r d i n a t e n n e t z zu b e v o r z u g e n , wie d ies

be i d e n B l u t s p i e g e l k n r v e n a n d e r e r S to f fe i ib l i ch i s t .

Literatur .

1 BUCKLAND, F. : Dtsch. reed. Wschr. 1946 I, 121. --- 2 ]~ILLIA~;, H. : Die Peni- cilline, l~reiburg 1948. - - 3 R6)IER, H. : Das Antibiot icum Penicillin. BerlimMiin- chen-Wien 1947. - - ~ v ~ ~ i~[ARWYCK, C.: Dtsch. reed. ~Vschr. 1948 II, 495. - - 5 FLEMING, A.: Proc. Soc. Med. Lond. 37, 101 (1944). - - 8 HERELL, W. E., D. R. NICHOLS and D. 1~. HEIL~L¢NN: J. amer. reed. Assoc. 125, 1003 (1944). ~ DOST, F. H.: Klin. Wschr. 1949 I, 257.

Dr. reed. h~bil. H. DOST, Lvipzig 05 , Oststr. 25.