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1. Einleitung Der Fall des Schiedsrichters Robert Hoyzer * , der nach eigener Auskunft durch schiedsrichterliche Fehlent- scheidungen im Jahr 2004 Einfluss auf den Ausgang verschiedener Spiele im Rahmen des DFB-Vereinspo- kals, der 2. Bundesliga sowie der Regionalliga nahm, hat seit dem Wochenende des 22./23. Januar 2005 in Fuss- ball-Deutschland (und inzwischen auch in Österreich) hohe Wellen geschlagen. Unweigerlich kommt älteren Fussballinteressierten der Bundesliga-Skandal in der Saison 1970/71 in den Sinn, an dem seinerzeit zehn Ver- eine beteiligt waren und der zur Sperre von 52 Profis führte 1 . Allerdings waren damals Schiedsrichter nicht in die Spielmanipulationen involviert. Doch nunmehr ist das selbst für Juristen nahezu Undenkbare geschehen! Im Jahr 1988 traf PFISTER anlässlich eines Vortrags über die persönliche Verantwortlichkeit des Schieds- richters noch folgende Aussage: «Bei Fussballspielen stehen häufig grosse Vermö- gensinteressen, sei es der Vereine, sei es der Spieler, auf dem Spiel; ein Schiedsrichter kann diese Interessen be- einflussen und grosse Schäden verursachen – gerade weil er unanfechtbare <Tatsachenentscheidungen> auf dem Rasen trifft und zu treffen hat. Da es sich hierbei um reine/primäre Vermögensschäden handelt, kommt eine Haftung des Schiedsrichters – abgesehen von Fäl- len der absichtlichen Schädigung (§ 826 BGB, z.B. Be- stechung) 2 , die keine rechtlichen Probleme aufwerfen und hier nicht weiter behandelt werden sollen – nur auf vertraglicher Anspruchsgrundlage in Frage.» 3 Soweit ersichtlich ist dies die einzige – zudem in einer Fussnote verborgene – Stelle in dem bislang überschaubaren Schrifttum zur Schiedsrichterhaftung 4 , an der die Bestechlichkeit von Schiedsrichtern als Rechtsproblem beiläufig erwähnt wird. Nunmehr müssen entgegen PFISTERS damaliger Ein- schätzung die Fälle einer absichtlichen Schädigung durch bestochene oder bestechliche Schiedsrichter zu Ende ge- dacht werden. Die nachfolgenden Ausführungen können insoweit nur eine erste Problemannäherung bieten. Ziel dieses Beitrags kann es nur wenige Wochen nach dem Vor- fall nicht sein, in Unkenntnis sämtlicher rechtlich rele- vanter Umstände abschliessende Antworten auf die an- gedeuteten Haftungsfragen zu geben. Indes sollen die zahlreichen rechtlichen Klippen aufgezeigt werden, die es erfolgreich zu umschiffen gilt, bevor ein Gericht Geschä- digten Schadensersatz zusprechen könnte. Dabei wird im Hinblick auf die rechtlichen Erwägungen zu den Haf- tungsfragen aus Gründen der Vereinfachung unterstellt, dass sich die Manipulationen des Schiedsrichters vom be- weispflichtigen Geschädigten nachweisen lassen (z.B. auf- grund eines Geständnisses wie im Fall Hoyzer). Rechtli- che Hindernisse bestehen sodann weniger hinsichtlich der persönlichen Haftung des bestochenen Schiedsrichters Hoyzer als vielmehr bezüglich der bereits frühzeitig an- genommenen Haftung des Deutschen Fussball Bundes (DFB) 5 oder des Ligaverbandes e.V. (Ligaverband) für das Fehlverhalten der eingesetzten Schiedsrichter. 4 causa sport 1/2005 Sport international Schiedsrichter – Schiebung – Schadensersatz? Prof. Dr. iur. Peter W. Heermann, LL.M., Universität Bayreuth * Die Entwicklung ist berücksichtigt bis 21.3.2005. 1 Vgl. hierzu etwa FAZ vom 2. 2. 2005, S. 32 («Aus Un- schuldsbeteuerungen wurden Meineide»). 2 Im Originaltext erfolgte der Klammerzusatz nicht im Fliesstext, sondern sogar nur in einer Fussnote! 3 PFISTER, Die persönliche Verantwortlichkeit des Schieds- richters in zivil- und strafrechtlicher Hinsicht, in: Württem- bergischer Fussballverband e.V. (Hrsg.), Der Schiedsrichter und das Recht, 1989, S. 61, 73 und S. 85 Fn. 59. 4 Vgl. daneben KUHN, Der Schiedsrichter zwischen bürgerli- chem Recht und Verbandsrecht – Eine Darstellung schieds- richterlicher Rechtsprobleme nach deutschem und US-ame- rikanischem Recht, 2001 (Diss. Bayreuth, 2000); LIEB, Der Schiedsrichter – Erfüllungsgehilfe?, in: Württembergischer Fussballverband e.V. (Hrsg.), Der Schiedsrichter und das Recht, 1989, S. 48 ff. 5 So bezeichnete ein Hamburger Rechtsanwalt gegenüber der dpa eine Haftung des DFB im Fall Hoyzer als «wahrschein- lich», vgl. www.spiegel.de/sport/fussball/0,1518,338539, 00html (besucht am 26. 1. 2005); a.A. indes VERFASSER in: Stuttgarter Nachrichten vom 26. 1. 2005, S. 32 («Der HSV muss Fehler nachweisen»).

Prof. Dr. iur. Peter W. Heermann, LL.M., Universität Bayreuthsportrecht.org/cms/upload/04schiedsrichter/Heermann-Schiedsrichte… · Saison 1970/71 in den Sinn, an dem seinerzeit

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1. Einleitung

Der Fall des Schiedsrichters Robert Hoyzer*, der nacheigener Auskunft durch schiedsrichterliche Fehlent-scheidungen im Jahr 2004 Einfluss auf den Ausgangverschiedener Spiele im Rahmen des DFB-Vereinspo-kals, der 2. Bundesliga sowie der Regionalliga nahm, hatseit dem Wochenende des 22./23. Januar 2005 in Fuss-ball-Deutschland (und inzwischen auch in Österreich)hohe Wellen geschlagen. Unweigerlich kommt älterenFussballinteressierten der Bundesliga-Skandal in derSaison 1970/71 in den Sinn, an dem seinerzeit zehn Ver-eine beteiligt waren und der zur Sperre von 52 Profisführte1. Allerdings waren damals Schiedsrichter nicht indie Spielmanipulationen involviert. Doch nunmehr istdas selbst für Juristen nahezu Undenkbare geschehen!

Im Jahr 1988 traf PFISTER anlässlich eines Vortragsüber die persönliche Verantwortlichkeit des Schieds-richters noch folgende Aussage:

«Bei Fussballspielen stehen häufig grosse Vermö-gensinteressen, sei es der Vereine, sei es der Spieler, aufdem Spiel; ein Schiedsrichter kann diese Interessen be-einflussen und grosse Schäden verursachen – geradeweil er unanfechtbare <Tatsachenentscheidungen> aufdem Rasen trifft und zu treffen hat. Da es sich hierbeium reine/primäre Vermögensschäden handelt, kommteine Haftung des Schiedsrichters – abgesehen von Fäl-len der absichtlichen Schädigung (§ 826 BGB, z.B. Be-stechung)2, die keine rechtlichen Probleme aufwerfenund hier nicht weiter behandelt werden sollen – nur aufvertraglicher Anspruchsgrundlage in Frage.»3

Soweit ersichtlich ist dies die einzige – zudem ineiner Fussnote verborgene – Stelle in dem bislangüberschaubaren Schrifttum zur Schiedsrichterhaftung4,an der die Bestechlichkeit von Schiedsrichtern alsRechtsproblem beiläufig erwähnt wird.

Nunmehr müssen entgegen PFISTERS damaliger Ein-schätzung die Fälle einer absichtlichen Schädigung durchbestochene oder bestechliche Schiedsrichter zu Ende ge-dacht werden. Die nachfolgenden Ausführungen können

insoweit nur eine erste Problemannäherung bieten. Zieldieses Beitrags kann es nur wenige Wochen nach dem Vor-fall nicht sein, in Unkenntnis sämtlicher rechtlich rele-vanter Umstände abschliessende Antworten auf die an-gedeuteten Haftungsfragen zu geben. Indes sollen diezahlreichen rechtlichen Klippen aufgezeigt werden, die eserfolgreich zu umschiffen gilt, bevor ein Gericht Geschä-digten Schadensersatz zusprechen könnte. Dabei wird imHinblick auf die rechtlichen Erwägungen zu den Haf-tungsfragen aus Gründen der Vereinfachung unterstellt,dass sich die Manipulationen des Schiedsrichters vom be-weispflichtigen Geschädigten nachweisen lassen (z.B. auf-grund eines Geständnisses wie im Fall Hoyzer). Rechtli-che Hindernisse bestehen sodann weniger hinsichtlich derpersönlichen Haftung des bestochenen SchiedsrichtersHoyzer als vielmehr bezüglich der bereits frühzeitig an-genommenen Haftung des Deutschen Fussball Bundes(DFB)5 oder des Ligaverbandes e.V. (Ligaverband) für dasFehlverhalten der eingesetzten Schiedsrichter.

4 causa sport 1/2005

Sport international

Schiedsrichter – Schiebung – Schadensersatz?Prof. Dr. iur. Peter W. Heermann, LL.M., Universität Bayreuth

* Die Entwicklung ist berücksichtigt bis 21.3.2005.

1 Vgl. hierzu etwa FAZ vom 2. 2. 2005, S. 32 («Aus Un-schuldsbeteuerungen wurden Meineide»).

2 Im Originaltext erfolgte der Klammerzusatz nicht imFliesstext, sondern sogar nur in einer Fussnote!

3 PFISTER, Die persönliche Verantwortlichkeit des Schieds-richters in zivil- und strafrechtlicher Hinsicht, in: Württem-bergischer Fussballverband e.V. (Hrsg.), Der Schiedsrichterund das Recht, 1989, S. 61, 73 und S. 85 Fn. 59.

4 Vgl. daneben KUHN, Der Schiedsrichter zwischen bürgerli-chem Recht und Verbandsrecht – Eine Darstellung schieds-richterlicher Rechtsprobleme nach deutschem und US-ame-rikanischem Recht, 2001 (Diss. Bayreuth, 2000); LIEB, DerSchiedsrichter – Erfüllungsgehilfe?, in: WürttembergischerFussballverband e.V. (Hrsg.), Der Schiedsrichter und dasRecht, 1989, S. 48 ff.

5 So bezeichnete ein Hamburger Rechtsanwalt gegenüber derdpa eine Haftung des DFB im Fall Hoyzer als «wahrschein-lich», vgl. www.spiegel.de/sport/fussball/0,1518,338539,00html (besucht am 26. 1. 2005); a.A. indes VERFASSER in:Stuttgarter Nachrichten vom 26. 1. 2005, S. 32 («Der HSVmuss Fehler nachweisen»).

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Heermann · Schiedsrichter – Schiebung – Schadenersatz? Sport International

causa sport 1/2005 5

2. Die rechtlichen Beziehungen zwischen den Beteiligten

Die rechtlichen Beziehungen zwischen den Beteiligtensind komplex6. Hervorzuheben ist zunächst der Um-stand, dass die im DFB-Vereinspokal sowie in denFussball-Bundesligen und -Regionalligen eingesetztenSchiedsrichter allein in vertraglichen Beziehungenzum DFB stehen. Sämtliche dieser Schiedsrichter sindeinerseits Mitglieder ihrer Heimatvereine (so ist z.B.der Schiedsrichter Robert Hoyzer Mitglied des VereinsHertha BSC Berlin), andererseits besteht zwischen denSchiedsrichtern und dem DFB ein Geschäftsbesor-gungsvertrag mit dienstvertraglichen Elementen nach§§ 675, 611 BGB7.

Ordentliche Mitglieder des DFB sind gem. § 7 Abs. 2Satzung (DFB) die Landes- und Regionalverbände sowie der Ligaverband. Mitglieder der Landes- undRegionalverbände können nur Vereine sein (z.B. Bo-russia Dortmund 09 e.V.), nicht jedoch Kapitalgesell-schaften, auf die Vereine vielfach ihren Lizenzspielbe-trieb ausgegliedert haben (z.B. Borussia DortmundGmbH & Co. KGaA). Soweit diese Kapitalgesellschaf-ten am Spielbetrieb der Bundesliga oder der 2. Bundes-liga teilnehmen, sind sie jedoch unmittelbare Mitglie-der im Ligaverband, vertreten durch die DeutscheFussball Liga GmbH (DFL), und damit zugleichmittelbares Mitglied im DFB. Entsprechendes gilt fürLizenzvereine, die an den Bundesligen teilnehmen undihren Lizenzspielbetrieb (noch) nicht auf eine Kapital-gesellschaft ausgegliedert haben (z.B. HamburgerSportverein – HSV). Diese Lizenzvereine sind zu-gleich Mitglied in den Landes- und Regionalverbändenund erlangen auch auf diese Weise die mittelbare Mit-gliedschaft im DFB.

Der DFB und der Ligaverband haben im Jahr 2001einen sog. Grundlagenvertrag abgeschlossen, in demder DFB dem Ligaverband u.a. die Bundesliga und die2. Bundesliga als Vereinseinrichtungen des DFB zurErmittlung des Deutschen Fussballmeisters und derTeilnehmer an den europäischen Wettbewerben aus denLizenzligen gegen Zahlung überlassen hat. Der Liga-verband räumt seinerseits in sog. Lizenzverträgen sei-nen Mitgliedern und Lizenznehmern, d.h. Lizenz-vereinen und Bundesliga-Kapitalgesellschaften, dieErlaubnis ein, die Vereinseinrichtungen, d.h. dieBundesliga und die 2. Bundesliga als Spielklassen, ge-mäss den vom Ligaverband und vom DFB jeweils fest-

gelegten Benutzungsvorschriften8 zu benutzen (§ 3Abs. 1 Lizenzvertrag).

Hinsichtlich der rechtlichen Einbindung derSchiedsrichter in dieses rechtliche Beziehungsgeflechtist zwischen der Durchführung von Fussballspieleninnerhalb der Regionalligen und des DFB-Vereins-pokals, die durch den DFB organisiert werden, sowieFussballspielen innerhalb der Bundesliga sowie der 2. Bundesliga, die in der Verantwortung des Ligaver-bandes liegen, zu differenzieren:

Die den Landes- und Regionalverbänden angehö-renden Vereine nehmen als mittelbare Mitglieder desDFB aufgrund sportlicher Qualifikation an den Regio-nalligen und an dem DFB-Vereinspokal teil, wobeidiese Vereinseinrichtungen seitens des DFB zur Verfü-gung gestellt werden. Die Einbeziehung der Mitgliederdes Ligaverbandes in den DFB-Vereinspokal ergibtsich aus § 7 Spielordnung (Ligaverband). Danach werden die Spiele um den DFB-Vereinspokal vomSpielausschuss des DFB geleitet. Die Teilnahmebe-dingungen ergeben sich aus der Satzung sowie denOrdnungen und Durchführungsbestimmungen desDFB in ihrer jeweils gültigen Fassung. Die Vereine und

6 Zur Verbandsstruktur im deutschen Fussballsport vgl. auchHOLZHÄUSER, Der strukturelle Aufbau professioneller deut-scher Sportligen nach Ausgliederung aus Bundesfachsport-verbänden – Teil 1, SpuRt 2004, 144, 145 ff.

7 KUHN (Fn. 4), S. 73 ff.8 Hierzu zählen insbesondere Ligastatut, die Spielordnung

des DFB, die Rechts- und Verfahrensordnung des DFB, dieSchiedsrichterordnung des DFB, die Jugendordnung desDFB, die Anti-Doping-Richtlinien des DFB mit den dazuerlassenen sonstigen Aus- und Durchführungsbestimmun-gen.

Deutscher Fussball Bund (DFB)

Ligaverband e. V.

Geschäftsführung:Deutsche Fussball Liga

GmbH(DFL)

Lizenz-vereine

Mutter-vereine

Bundesliga-Kapitalgesellschaften

Landesverbände Regionalverbände

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Kapitalgesellschaften der Bundesliga und der 2. Bundesliga sind verpflichtet, an den Spielen um denDFB-Vereinspokal teilzunehmen. Damit sind die Mit-glieder des Ligaverbandes aufgrund ihres Lizenzver-trags, der insoweit einen Vertrag zugunsten Dritter, d.h.des DFB als Veranstalter des DFB-Vereinspokals, dar-stellt, zur Teilnahme an diesem Wettbewerb verpflich-tet. Demgegenüber sind die übrigen Vereine aufgrundder Verbandssatzungen bei Vorliegen der sportlichenQualifikation zur Teilnahme berechtigt. Zur Erfüllungseiner vertraglichen bzw. verbandsrechtlichen Pflich-ten gegenüber den Teilnehmern am DFB-Vereinspokalbedient sich der DFB der Schiedsrichter als seiner Er-füllungsgehilfen i.S.d. § 278 Satz 1 BGB. Die Schieds-richter stellen demgegenüber keine anderen verfas-sungsmässig berufenen Vertreter i.S.d. § 31 BGB9

dar10.Komplizierter gestaltet sich die rechtliche Einbezie-

hung der Schiedsrichter in den Spielbetrieb der Fuss-ball-Bundesligen. Soweit der Ligaverband nach § 3Abs. 1 Lizenzvertrag seinen Lizenznehmern die Er-laubnis erteilt, die Vereinseinrichtungen des DFB zubenutzen, setzt er den DFB als Erfüllungsgehilfeni.S.d. § 278 Satz 1 BGB ein. Diese Vereinseinrichtun-gen werden u.a. auch durch die Schiedsrichterordnungdes DFB bestimmt. Nach § 13 Abs. 1 SchiedsrichterO(DFB) ist der DFB berechtigt, Schiedsrichter der Mit-gliedsverbände für Bundesspiele als Schiedsrichter,Schiedsrichter-Assistenten und Vierte Offizielle ein-zusetzen. Die Berufung für diese Einsätze geht derWahrnehmung der Pflichten dieser Schiedsrichtergegenüber den Mitgliedsverbänden vor. Nach § 10 derSpielO (Ligaverband) werden vom DFB-Schieds-richterausschuss zu allen Bundesspielen Schiedsrichterund Schiedsrichter-Assistenten sowie gegebenenfallsVierte Offizielle angesetzt. Der Ligaverband hat gegendie Ansetzung von Schiedsrichtern ein Einspruchsrechtbeim Schiedsrichter-Ausschuss. Wie sich zudem aus § 6 Abs. 3 des Grundlagenvertrags zwischen dem DFBund dem Ligaverband ergibt, erfolgt die Zahlung an dieSchiedsrichter für deren Einsatz in Bundesligaspielendurch den DFB, wobei der Ligaverband die entspre-chenden Aufwendungen in voller Höhe erstattet. Letzt-lich setzt der DFB damit seinerseits die Schiedsrichterals Erfüllungsgehilfen i.S.d. § 276 BGB ein11. Der Li-gaverband hat den DFB ermächtigt, mit Schiedsrich-tern weitere Erfüllungsgehilfen hinzuzuziehen, die mitWillen des Schuldners, d.h. des Ligaverbandes, bei der

Erfüllung von dessen Pflichten aus dem Lizenzvertragmitwirken12.

3. Vertragliche Ansprüche der Bundesliga-Lizenzvereine oder -Kapitalgesellschaften

3.1 Gegenüber dem Schiedsrichter

Weder die Bundesliga-Lizenzvereine noch die Bundes-liga-Kapitalgesellschaften stehen in unmittelbaren ver-traglichen Beziehungen zu den im DFB-Vereinspokaloder den Spielen der Bundesliga bzw. 2. Bundesligaeingesetzten Schiedsrichtern. Insoweit kommt einevertragliche Haftung allein aufgrund besonderer recht-licher Konstruktionen in Betracht.

3.1.1 Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter

3.1.1.1 Allgemeines

Vertragliche Schadensersatzansprüche zugunsten derBundesliga-Lizenzvereine oder -Kapitalgesellschaftenkönnten bestehen, sofern die zwischen dem DFB undseinen Schiedsrichtern abgeschlossenen Geschäftsbe-sorgungsverträge mit dienstvertraglichen Elementen(§§ 675, 611 BGB) Schutzwirkungen zugunsten dergeschädigten Teilnehmer am DFB-Vereinspokal undden Bundesligen entfalten13. Dies erscheint nicht aus-geschlossen.

Sport International Heermann · Schiedsrichter – Schiebung – Schadenersatz?

6 causa sport 1/2005

9 Vgl. zu dieser Rechtsfigur grundlegend BGHZ 49, 19, 21;aus dem Schrifttum vgl. stellvertretend HEERMANN/GÖTZE,Zivilrechtliche Haftung im Sport, 2002, § 5 I. 3.c) aa) (S. 50ff.) mit weiteren Nachw.

10 KUHN (Fn. 4), S. 58; a.A. SCHÖNTAG, Rechtliche Problemeum den Schiedsrichter, Diss. Augsburg, 1975, S. 95, aller-dings ohne Bezug zum professionellen Fussballsport undzu den insoweit inzwischen veränderten Verbandsstruktu-ren.

11 In diesem Sinne auch KUHN (Fn. 4), S. 115 ff.; PFISTER (Fn. 3),S. 61, 62 f.

12 Zuletzt hat die DFL für die Fussball-Bundesligen die al-leinige Kontrolle über die einzusetzenden Schiedsrichter gefordert, vgl. www.spiegel.de/fussball/0,1518,druck-340408,00.html (besucht am 5. 2. 2005).

13 Zum Schiedsrichtervertrag als Vertrag zugunsten Drittervgl. auch KUHN (Fn. 4), S. 105 ff.

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Heermann · Schiedsrichter – Schiebung – Schadenersatz? Sport International

causa sport 1/2005 7

3.1.1.2 Haftungsausfüllende Kausalität?

Sodann hätte der Geschädigte einen Schaden substan-tiiert darzulegen14. Auszugehen ist vom Grundsatz derNaturalrestitution (§ 249 Abs. 1 BGB). Eine insoweiterforderliche Neuansetzung des Spiels kann ein besto-chener Schiedsrichter nachträglich jedoch nicht herbei-führen. Deshalb müssten die geschädigten Dritten denNachweis führen, welche finanziellen Schäden ihnendurch das vom Schiedsrichter manipulierte Spiel ent-standen sind.

Dabei stellen sich erhebliche Kausalitätsprobleme.Der geschädigte Dritte müsste im Zweifel nämlich be-weisen, dass der Schaden kausal auf der Pflichtverlet-zung des Schiedsrichters beruht (sog. haftungsausfül-lende Kausalität). In diesem Zusammenhang kommtdem Schutzzweck der verletzten Norm besondere Be-deutung zu. Die entscheidungsrelevante (Kontroll)-Frage lautet: Sollten durch die verletzte Norm (vorlie-gend die Pflichten aus dem Schiedsrichtervertrag)gerade auch die vom Kläger geltend gemachten Schä-den vermieden werden? Oder sollte durch die Tätigkeitdes jeweiligen Schiedsrichters lediglich die Durchführ-barkeit der einzelnen Wettkampfspiele gewährleistetwerden15?

Es ist überaus zweifelhaft, ob die vertraglich ge-schuldete Pflicht des Schiedsrichters darauf abzielensoll, die Vermögensinteressen der am Wettkampf be-teiligten Vereine und Kapitalgesellschaften zu schüt-zen. Die durch die Fussballspiele berührten Vermö-gensinteressen der am Ligabetrieb teilnehmendenLizenzvereine und Kapitalgesellschaften stellen le-diglich «reine Reflexe aus der Teilnahme am Sport-betrieb» dar16. Damit stellen die Gesichtspunkte derhaftungsausfüllenden Kausalität zwischen derPflichtverletzung und dem entstandenen Vermögens-schaden sowie des Schutzzwecks der verletzten Ver-tragspflicht kaum nachzuweisende Anspruchsvor-aussetzungen dar.

3.1.1.3 Schutzbedürftigkeit des Dritten?

Zudem wäre vor der Geltendmachung eines Schadens-ersatzanspruchs aus einem Schiedsrichtervertrag zu-gunsten Dritter zu klären, ob überhaupt eine Schutz-bedürftigkeit des jeweiligen Dritten besteht. Diese wirdvom BGH abgelehnt, wenn dem Dritten eigene vertragli-che Ansprüche – gleich gegen wen (vorliegend ist an denDFB und den Ligaverband zu denken, vgl. Abschnitte

3.2 und 3.3) – zustehen, die denselben oder zumin-dest einen gleichwertigen Inhalt haben wie diejenigenAnsprüche, die ihm über eine Einbeziehung in denSchutzbereich eines Vertrages zukämen17. Nur soweitderartige Ansprüche nicht bestehen, ist der Dritte zumSchadensausgleich auf eine Haftungsausweitung desSchuldners durch Geltendmachung eines Anspruchs auseinem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter an-gewiesen.

3.1.2 Sachwalterhaftung

Denkbar ist zudem die Haftung eines Schiedsrichtersgegenüber Dritten aus culpa in contrahendo aufgrundInanspruchnahme besonderen persönlichen Ver-trauens18. Der Schiedsrichter ist auch aufgrund seinerVerpflichtung gegenüber dem Verband tätig, und dieLeitung des Wettkampfes erfordert eigene Entschei-dungen des Schiedsrichters, die er nicht treffenkönnte, wäre er blosser Vertreter des Verbandes.Selbst wenn man deshalb die Grundsätze der Sach-walterhaftung auf den Schiedsrichter für anwendbarhielte19, so beständen doch – wie bereits bei den Er-wägungen zu einem Schadensersatzanspruch auf-grund eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunstenDritter angedeutet (vgl. Abschnitt 3.1.1.2) – kaum zuüberbrückende Zweifel im Hinblick auf den für eineerfolgreiche gerichtliche Anspruchsdurchsetzung er-forderlichen Nachweis der haftungsausfüllendenKausalität.

14 Vgl. allgemein zu den Grundsätzen und Besonderheiten desSchadensersatzes im Sport HEERMANN/GÖTZE (Fn. 9), § 16(S. 170 ff.).

15 Vgl. in diesem Zusammenhang § 1 Abs. 1 SchiedsrichterO(DFB): Zur Durchführung eines den Fussballregeln ent-sprechenden Spielbetriebs im Bereich des DFB und seinerMitgliedsverbände ist es erforderlich, dass die Spiele vongeeigneten und gut ausgebildeten Schiedsrichterinnen undSchiedsrichtern geleitet werden.

16 KUHN (Fn. 4), S. 109 im Anschluss an PFISTER (Fn. 3), S. 61,74.

17 BGHZ 70, 327, 329 f.; 133, 168, 173 f., 176; vgl. zur feh-lenden Gleichwertigkeit eines Prospekthaftungsanspruchsund eines Anspruchs aus Vertrag mit Schutzwirkungzugunsten Dritter zuletzt BGH ZIP 2004, 1810, 1811 f.

18 Vgl. hierzu KUHN (Fn. 4), S. 117 ff.19 KUHN (Fn. 4), S. 119.

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3.2 Gegenüber dem DFB

Für die nachfolgenden Erwägungen wird unterstellt,dass ein Schiedsrichter den Ausgang eines Spiels imDFB-Vereinspokal, welcher vom DFB veranstaltetwird, manipuliert hat und es sich bei dem Geschä-digten um einen Bundesliga-Lizenzverein oder eineBundesliga-Kapitalgesellschaft handelt. Nach § 12Abs. 3 Satzung (DFB) sind die Mitgliedsverbändeberechtigt, alle Einrichtungen und Anlagen des DFBin dem in der Satzung und den Ordnungen bestimm-ten Umfang zu nutzen. Zudem legt § 7 Abs. 2 SpielO(Ligaverband) fest, dass die Vereine und Kapitalge-sellschaften der Bundesliga und der 2. Bundesligaverpflichtet sind, an den Spielen um den DFB-Ver-einspokal teilzunehmen. Dementsprechend stellt derDFB die von ihm organisierte Vereinseinrichtungdes DFB-Vereinspokals zur Ermittlung des Deut-schen Pokalsiegers bereit. Aus § 13 Abs. 1 Satz 1SchiedsrichterO (DFB) folgt die Berechtigung desDachverbandes, die Schiedsrichter der Mitgliedsver-bände für Bundesspiele (hierzu zählen auch dieSpiele um den DFB-Vereinspokal) einzusetzen, umden Spielbetrieb entsprechend den Fussballregelndurchzuführen. Dementsprechend steht die Schieds-richteransetzung für die Pokalbegegnungen regel-mässig in der Verantwortung des DFB. Damit trifftden Verband auch ohne ausdrückliche Vereinbarungdie verbandsrechtliche (Neben-)Pflicht (§ 241 Abs. 2BGB), adäquat ausgebildete und zuverlässigeSchiedsrichter für die einzelnen Spiele am DFB-Ver-einspokal zu benennen und einzusetzen. DiesePflicht ist Ausfluss der verbandsrechtlichen Förder-pflicht des DFB gegenüber seinen unmittelbaren,aber auch mittelbaren Mitgliedern. Eine Verletzungdieser Pflicht kann zu einem vertraglichen Scha-densersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. § 278 Satz 1 BGB führen. Bei der praktischenDurchsetzung eines solchen Anspruchs wären ver-schiedene rechtliche Hürden zu überwinden.

3.2.1 Handeln des Erfüllungsgehilfen bei Gelegenheit der Vertragserfüllung?

Zunächst würde der Verband für einen von ihm als Er-füllungsgehilfen eingesetzten Schiedsrichter nur haf-ten, sofern dessen schuldhafte Handlung in einem in-neren sachlichen Zusammenhang mit der Aufgabe

steht, die der Schuldner (DFB) dem Erfüllungsgehilfen(Schiedsrichter) im Hinblick auf die Vertragserfüllungzugewiesen hat. Für schuldhafte Handlungen des Er-füllungsgehilfen nur bei Gelegenheit der Vertragserfül-lung haftet der Schuldner hingegen nicht20. Unter sol-che Handlungen fallen grundsätzlich vorsätzlicheStraftaten21 oder auch rein privatnützige Tätigkeiten desGehilfen. Ein Spielausgänge eigenmächtig manipulie-render Schiedsrichter handelt jedoch nicht nur bei Gele-genheit der Pflicht zur Bereitstellung adäquat ausgebil-deter und zuverlässiger Schiedsrichter, vielmehr ist seinEinsatz unmittelbar auf die Erfüllung einer entspre-chenden verbandsrechtlichen Förderpflicht gerichtet.

3.2.2 Haftungsausfüllende Kausalität?

Sodann hätte der Geschädigte einen Schaden substan-tiiert darzulegen. Auszugehen ist wiederum vomGrundsatz der Naturalrestitution (§ 249 Abs. 1 BGB).Allerdings kann in einem inzwischen fortgeschrittenenPokalwettbewerb nachträglich der ohne das schädi-gende Ereignis bestehende Zustand, d.h. Neuansetzungdes manipulierten Spiels, in einer mit den Verbandssta-tuten zu vereinbarenden Weise kaum mehr hergestelltwerden. Deshalb kommt unter diesen Umständen nureine finanzielle Entschädigung in Betracht. So hätteetwa der Hamburger Sportverein den Nachweis führenmüssen, welche finanziellen Schäden dem Vereindurch das von Schiedsrichter Hoyzer manipulierteAusscheiden im DFB-Vereinspokal beim Regional-ligisten SC Paderborn entstanden sind. Dies wären imWesentlichen die Einnahmen aus dem Spiel in derzweiten Pokalrunde gewesen (entgangener Gewinni.S.d. § 252 BGB), sofern man unterstellen kann, dassder HSV ohne die Manipulationen des Schiedsrichters

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8 causa sport 1/2005

20 HEINRICHS in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch – Kom-mentar, 64. Aufl., 2005, § 278 Rn. 20; ausführlich zumFehlverhalten des Gehilfen bei der Erfüllung GRUNDMANN

in: Münchener Kommentar zum BGB, Band 2, 4. Aufl.,2001, § 278 Rn. 47; LÖWISCH in: v. Staudinger, Kommentarzum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz undNebengesetzen, Zweites Buch (§§ 255–292), Neubearbei-tung, 2001, § 278 Rn. 43 ff.

21 Im Fall Hoyzer ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen denSchiedsrichter wegen Mittäterschaft an gewerbs- und ban-denmässigem Betrug (§§ 263 Abs. 3 Nr. 1, 25 Abs. 2 StGB),vgl. FAZ vom 14. 2. 2005, S. 25 («Hoyzer in Haft, Koopsuspendiert, DFB für Videobeweis»).

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die Partie beim SC Paderborn gewonnen hätte. Dieskann nachträglich aber trotz der seinerzeitigen 2:0-Füh-rung des Bundesligisten und der zweifelhaften Schieds-richterentscheidungen zugunsten des Regionalligistennicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeitangenommen werden. Das Blatt hätte sich – theoretisch– auch aufgrund überlegenen Spiels des SC Paderbornund nachlassender Spielstärke des Bundesligisten wen-den können. Die hypothetischen Einnahmen aus weite-ren Pokalrunden hätte der HSV nicht geltend machenkönnen, da nicht feststeht, dass der Verein in der zwei-ten Runde siegreich gewesen wäre.

Ist der Schadensnachweis damit bereits problema-tisch, so stellen sich zudem kaum überwindbare Kau-salitätsprobleme. Der Geschädigte müsste im Zweifelnämlich nachweisen, dass der Schaden kausal auf derPflichtverletzung des Verbandes beruht (sog. haftungs-ausfüllende Kausalität). Dabei kommt dem Schutz-zweck der verletzten Norm besondere Bedeutung zu.Es ist zumindest zweifelhaft, ob durch die verletzteNorm – vorliegend die verbandsrechtliche Förder-pflicht – gerade auch die vom Kläger geltend gemach-ten Schäden vermieden werden sollten. Stattdessenkönnte man auch argumentieren, dass der Einsatz derSchiedsrichter durch den DFB lediglich die Durchführ-barkeit der einzelnen Pokalspiele sowie des Pokalwett-bewerbs gewährleisten soll22.

3.2.3 Verbandsrechtlicher Haftungsausschluss?

Abschliessend stellt sich die Frage, ob ein Schadenser-satzanspruch nicht am Haftungsausschluss gem. § 56Satzung (DFB) scheitert. Danach können aus Entschei-dungen der DFB-Organe, der Rechtsorgane des DFBund der Ausschüsse des DFB keine Ersatzansprüchehergeleitet werden. Der sachliche Anwendungsbereichder Haftungsausschlussklausel scheint unter Zugrun-delegung ihres Wortlauts aber im Hinblick auf etwaigeSchadensersatzansprüche, wie sie im Fall Hoyzer imHinblick auf eine Pflichtverletzung des Verbandes gel-tend gemacht werden könnten, nicht eröffnet zu sein.

3.3 Gegenüber dem Ligaverband

Für die Erwägungen in diesem Abschnitt wird unter-stellt, dass der Ausgang eines Spiels in der Bundesligaoder in der 2. Bundesliga durch einen vom DFB einge-setzten Schiedsrichter manipuliert worden ist. Vertrag-

liche Ansprüche sind sodann gegen den Ligaverbandzu richten, weil dieser sich als Veranstalter der genann-ten Wettbewerbe gegenüber den teilnehmenden Li-zenzvereinen und Kapitalgesellschaften verpflichtethat. In § 3 Abs. 1 Lizenzvertrag räumt der Ligaverbandden Lizenzvereinen und Bundesliga-Kapitalgesell-schaften die Erlaubnis ein, die Bundesliga und die 2.Bundesliga als Spielklassen gemäss den vom Ligaver-band und vom DFB jeweils festgelegten Benutzungs-vorschriften zu benutzen. Der Ligaverband ermitteltdie Fussballmeister in den genannten Spielklassen ineigener Verantwortung und hat damit auch die Durch-führung eines den Fussballregeln entsprechendenSpielbetriebs durch den Einsatz von Schiedsrichtern si-cherzustellen. Hierzu bedient er sich des DFB als Er-füllungsgehilfen i.S.d. § 278 Satz 1 BGB. Zudem hatder Ligaverband den DFB ermächtigt, mit Schiedsrich-tern weitere Erfüllungsgehilfen hinzuzuziehen, dieletztlich mit Willen des Schuldners, d.h. des Ligaver-bandes, bei der Erfüllung von dessen Pflichten gegen-über den Lizenznehmern mitwirken. Eine Verletzungdieser Pflichten des Ligaverbandes kann zu einem ver-traglichen Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1BGB i.V.m. § 278 Satz 1 BGB führen. Die gerichtlicheDurchsetzung eines solchen Anspruchs weist einigerechtliche Unwägbarkeiten auf:

3.3.1 Handeln des Erfüllungsgehilfen bei Gelegenheit der Vertragserfüllung?

Die Haftung des Ligaverbandes für ein Fehlverhaltenvon Schiedsrichtern erfordert in diesem Fall eine dop-pelte Anwendung von § 278 Satz 1 BGB. Der Ligaver-band bedient sich im Verhältnis zu seinen Mitgliedern,d.h. den Lizenznehmern, des DFB als seines Erfül-lungsgehilfen, der seinerseits aufgrund entsprechenderErmächtigung die Schiedsrichter als seine Erfüllungs-gehilfen hinzuzieht. Unter diesen Voraussetzungensind auch die Schiedsrichter als Erfüllungsgehilfen desSchuldners, d.h. des Ligaverbandes, anzusehen23. ImÜbrigen gelten die Ausführungen zu Abschnitt 3.2.1.entsprechend.

22 Vgl. Fn. 15.23 Allgemein zur Haftung des Schuldners für vom Erfüllungs-

gehilfen zugezogene weitere Gehilfen LÖWISCH (Fn. 20), §278 Rn. 23.

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3.3.2 Haftungsausfüllende Kausalität?

Im Rahmen eines Ligawettbewerbs wird der Ligaver-band während der laufenden Spielsaison durchSchiedsrichter manipulierte Spiele vielfach nochmalsansetzen können (sog. Naturalrestitution i.S.d. § 249Abs. 1 BGB). Hierdurch könnten etwaige Schädennachträglich beseitigt werden. Allerdings könnten sichauch insoweit erhebliche praktische Probleme ergeben.So kann das zu wiederholende Spiel bereits unumkehr-bare Fakten geschaffen haben. Zu denken ist an Gelbeoder Rote Karten, die in dem manipulierten Spiel ge-zeigt wurden und zur Sperre der betroffenen Spieler inspäteren, nicht manipulierten Spielen führten24. Esstellt sich zudem die Frage, ob die zusätzlichen Ein-nahmen eines Wiederholungsspiels etwa aus dem Ver-kauf von Eintrittskarten oder der Vermarktung der ent-sprechenden Fernsehrechte letztlich nicht sogar zueiner ungerechtfertigten finanziellen Besserstellungführen. Noch komplizierter gestaltet sich die Situation,wenn die Erforderlichkeit der Nachholung des Spielserst nach Saisonabschluss erkennbar wird und es durchNeuansetzung des Spiels nachträglich zu erheblichenVerschiebungen der Schlusstabelle (Abstiegsränge?Qualifikation für internationalen Wettbewerb?) kom-men kann. In jedem Fall müsste die sich teilweise amTabellenrang nach dem jeweiligen Spieltag richtendeAuszahlung der Einnahmen aus der Vermarktung derTV-Rechte nachträglich angepasst werden.

Zu den übrigen Aspekten der haftungsausfüllendenKausalität wird auf die Ausführungen zu Abschnitt3.2.2 Bezug genommen.

3.3.3 Verbandsrechtlicher Haftungsausschluss?

Im Hinblick auf den deutschen Profifussball hat der Ligaverband in § 3 Satz 2 Lizenzvertrag folgendeKlausel verankert:

Schadensersatzansprüche gegen den Ligaverband,die DFL Deutsche Fussball Liga GmbH oder den DFBaufgrund der Lizenzerteilung, des Erlöschens der Li-zenz, Lizenzentziehung, Lizenzverweigerung, Benut-zungsregelungen und Entscheidungen hierüber oderetwaiger Auflagen sind ausgeschlossen, es sei denn, einTeilnehmer wiese nach, dass die Schädigung vorsätz-lich oder grob fahrlässig und rechtswidrig durch einOrgan oder Beauftragten des Ligaverbandes, der DFLFussball Liga GmbH oder des DFB erfolgt ist, und der

Teilnehmer seinerseits sämtliche Rechtbehelfe zur Ab-wendung des Schadens ergriffen hat und der Geschä-digte nicht anderweitig Schadenersatz verlangen kann.

Im konkreten Fall soll also zugunsten des Lizenzge-bers (Ligaverband), seines geschäftsführenden Organs(DFL) sowie des Dachverbandes (DFB) im Hinblickauf Massnahmen in Lizenzierungsverfahren insbeson-dere die Haftung für einfache Fahrlässigkeit ausge-schlossen werden. Eine systematische Auslegung derHaftungsausschlussklausel legt die Vermutung nahe,dass hiervon nur Haftungsfragen im unmittelbaren Zu-sammenhang mit dem Lizenzierungsverfahren erfasstwerden. Damit bezieht sich die Haftungsprivilegierungnicht auf etwaige Schadensersatzansprüche, die vonBundesligisten im Fall von Schiedsrichtern, die infolgeBestechung den Ausgang von Bundesliga-Spielen ma-nipuliert haben, gegenüber Ligaverband, DFL oderDFB geltend gemacht werden könnten.

4. Deliktische Ansprüche der Bundesliga-Lizenzvereine oder -Kapitalgesellschaften

4.1 Gegenüber dem Schiedsrichter

4.1.1 § 823 Abs. 1 BGB

Die Teilnehmer am DFB-Vereinspokal sind – wie be-reits festgestellt – durchweg mittelbare Mitglieder desDFB. Als verletztes absolutes, d.h. gegenüber jeder-mann wirkendes, sonstiges Recht i.S.d. § 823 Abs. 1BGB kommt damit auf Seiten der Bundesliga-Lizenz-vereine bzw. -Kapitalgesellschaften insbesondere dieMitgliedschaft in einem Verband in Betracht. Aller-dings wird man eine Verletzung dieses von der Recht-sprechung geschaffenen sonstigen Rechts25 kaum annehmen können, weil die Manipulationen vonSchiedsrichtern keinen mitgliedschaftsbezogenen Ein-griff darstellen und derartige Verletzungshandlungen

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24 Vgl. hierzu auch FAZ vom 18. 2. 2005, S. 35 («Nicht nurder LR Ahlen erwägt eine Berufung/‚Jetzt sind wir die Be-trogenen‘ – Wackelt der Spielbetrieb der zweiten Liga?»).

25 Grundlegend BGHZ 110, 323 – Schärenkreuzer; aus demSchrifttum siehe stellvertretend SUMMERER in: Fritz-weiler/Pfister/Summerer (Hrsg.), Praxishandbuch Sport-recht, 1998, 2. Teil/Rn. 126 ff. (S. 127 ff.) mit weiterenNachw.

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ausserhalb der Schutzzone der Verbandsmitgliedschaftliegen26. Entsprechende Bedenken bestehen gegenüberder Annahme eines Eingriffs in das von der Recht-sprechung entwickelte Recht am eingerichteten undausgeübten Gewerbebetrieb27. Insoweit mangelt es ander erforderlichen Betriebsbezogenheit des Eingriffs.

4.1.2 § 823 Abs. 2 BGB i.V.m.§ 263 Abs. 3 Nr. 1 StGB

Im Fall Hoyzer ermittelt die Staatsanwaltschaft gegenden Schiedsrichter wegen Mittäterschaft an gewerbs-und bandenmässigem Betrug (§§ 263 Abs. 3 Nr. 1, 25Abs. 2 StGB)28. Diese strafrechtliche Norm stellt einSchutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB dar. Auch in die-sem Zusammenhang stellt sich wieder die Frage derhaftungsausfüllenden Kausalität. Es erscheint nichtausgeschlossen, dass die Schäden, soweit sie substan-tiiert vorgetragen werden können, vom Schutzzweckder verletzten Norm erfasst sind.

4.1.3 § 826 BGB

Schliesslich verbleiben den geschädigten Bundesliga-Lizenzvereinen oder -Kapitalgesellschaften gegen be-stochene Schiedsrichter, die Einfluss auf den Spielaus-gang genommen haben, Schadensersatzansprüchewegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung (§ 826BGB)29.

4.2 Gegenüber dem DFB

4.2.1 § 823 Abs. 1 BGB

Selbst wenn man die Verletzung eines sonstigen Rechtsi.S.d. § 823 Abs. 1 BGB – wiederum dürften allein dieVerletzung der Mitgliedschaft in einem Verein oder einEingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewer-bebetrieb in Betracht kommen – annehmen könnte,wäre eine gerichtliche Durchsetzung des Schadenser-satzanspruchs mit zusätzlichen erheblichen Unwägbar-keiten behaftet. Es erscheint insbesondere zweifelhaft,ob der DFB selbst schuldhaft eines der genannten sons-tigen Rechte der Geschädigten verletzt hat und ob dieGeschädigten den Nachweis eines Schadens sowie derKausalität zwischen Rechtsverletzung und Schadens-eintritt führen könnten.

4.2.2 § 831 Abs. 1 BGB

4.2.2.1 Grundlagen

Nach § 831 Abs. 1 Satz 1 BGB haftet der Geschäftsherr(DFB) für Schäden, die ein von ihm bestellter Verrich-tungsgehilfe im Rahmen seiner Tätigkeit einem ande-ren widerrechtlich zufügt. Verrichtungsgehilfe i.S.d.Vorschrift ist, wer mit Wissen und Wollen des Ge-schäftsherrn weisungsabhängig in dessen Interessen-kreis tätig wird. Schiedsrichter sind im Hinblick auf ih-ren Einsatzort sowie durch die Bindung an dieFussballregeln, denen sie zum Durchbruch verhelfensollen, weisungsgebunden. Unerheblich ist insoweit,dass sie auf dem Spielfeld letztlich keinen Weisungenunterworfen sind. Nach § 831 BGB ist weiterhin ein in-nerer sachlicher Zusammenhang zwischen der Ausfüh-rung der Verrichtung und der Schädigung erforderlich,womit Schäden ausgeschlossen werden sollen, die le-diglich «bei Gelegenheit» der Verrichtung erfolgtsind30. Wie bereits in Abschnitt 3.2.1 dargelegt, erfolgtdas betrügerische Handeln eines den Spielverlauf ma-nipulierenden Schiedsrichters nicht nur bei Gelegen-heit der Verrichtung.

Bei Anwendbarkeit dieser Anspruchsgrundlage trifftden Geschäftsherrn eine Haftung für vermutetes Ver-schulden. Wiederum stellt sich die Frage der Nachweis-barkeit eines Schadens sowie der haftungsausfüllendenKausalität. Indes wird man im Hinblick auf den DFBdurchaus erwägen können, inwieweit durch dessenPflichten zur Ausbildung, Überwachung, Schulung undAuswahl von Schiedsrichtern für Spiele im Rahmen derBundes- und Regionalligen sowie des DFB-Vereins-pokals zugleich auch die Vermögensinteressen der durchbestochene Schiedsrichter geschädigten Bundesliga-

26 Vgl. zu diesem Kriterium WAGNER in: Münchener Kom-mentar zum BGB, Band 5, 4. Aufl., 2004, § 823 Rn. 166; J. HAGER in: v. Staudinger, Kommentar zum BürgerlichenGesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen,Zweites Buch (§§ 823–825), 13. Bearbeitung, 1999, § 823Rn. B 143 f.; K. SCHMIDT, Die Vereinsmitgliedschaft alsGrundlage von Schadensersatzansprüchen, JZ 1991, 157,159.

27 Grundlegend BGHZ 3, 270; 43, 359; 45, 296, 307.28 Vgl. FAZ vom 14. 2. 2005, S. 25 («Hoyzer in Haft, Koop

suspendiert, DFB für Videobeweis»).29 So bereits PFISTER (Fn. 3), S. 61, 73 und S. 85 Fn. 59.30 Vgl. hierzu auch HEERMANN/GÖTZE (Fn. 9), § 3 II. 3. c) (S.

35).

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Lizenzvereine und -Kapitalgesellschaften geschützt wer-den sollen.

4.2.2.2 Exkulpation nach § 831 Abs. 1 Satz 2BGB?

Nach der bislang öffentlich – d.h. in erster Linie nichtvon Juristen – geführten Diskussion erscheint die Frageumstritten, ob sich der DFB als Geschäftsherr entlastenkönnte. Nach § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB haftet der Ge-schäftsherr nicht, wenn ihm der Nachweis gelingt, dassihn kein Verschulden bei der Auswahl oder Überwa-chung des Gehilfen trifft oder der Schaden selbst bei Be-achtung aller Anforderungen eingetreten wäre. Der DFBhat bereits seit Jahren ein bewährtes System der Ausbil-dung, Fortbildung und Überwachung nicht nur desSchiedsrichternachwuchses, sondern auch der hauptamt-lich tätigen Schiedsrichter installiert und praktiziert, des-sen Effektivität erstmals durch den Fall Hoyzer ernsthaftin Frage gestellt worden ist. Dies deutet darauf hin, dasssich der DFB erfolgreich wird exkulpieren können.

Anders könnte sich die Rechtslage darstellen, wennder DFB bereits vor der Aufdeckung der Affäre im Ja-nuar 2005 konkrete Hinweise auf ein Fehlverhalten einesSchiedsrichters gehabt haben sollte. Mit vergleichbarenFällen hat sich die Rechtsprechung bereits im Hinblickauf die Überwachung von Fernfahrern durch Fuhrunter-nehmer beschäftigt und insoweit festgestellt, dass derGeschäftsherr aktiv werden müsse, wenn Berichte vonMitfahrern, die Auswertung des Fahrtenschreibers odersonstige Indizien Zweifel an der Zuverlässigkeit und Ge-wissenhaftigkeit des Fahrers aufkommen liessen31.

4.2.2.2.1 Der Fall Robert Hoyzer

Für die Erfolgsaussichten einer Exkulpation im FallHoyzer ist insbesondere bedeutsam, welche Tatsachenin dem Fax mitgeteilt wurden, das der staatliche Wett-anbieter ODDSET nach dem Erstrunden-Pokalaus-scheiden des HSV beim SC Paderborn am 23. 8. 2004an den DFB schickte32. Das Fax enthält folgende Aus-sagen33:

«Am 20.08.2004 erhielt ODDSET grosse Einsätzeauf einen Heimsieg im Spiel Paderborn – HamburgerSV (DFB Pokal 1. Runde am 21.08.2004). Auffälligwar, dass Paderborn in diesem Spiel klarer Aussensei-ter war (Quote 5,60 – 3,70 – 1,30). Diese Einsätze er-folgten in Berlin. Bei Betrachtung des Spiels fiel auf,

dass der Hamburger SV zwar 2:0 in Führung lag, Pa-derborn dann aber in der 35. Minute einen äusserstfragwürdigen Elfmeter erhielt und im Anschluss darander Hamburger SV noch eine rote Karte wegenSchiedsrichterbeleidigung (Mpenza). Als es gegenSpielende 3:2 für Paderborn stand und der HSV Chan-cen zum Ausgleich hatte, erhielt der SC Paderborn er-neut einen mindestens ebenso fragwürdigen Elfmeter,der das Spiel mit 4:2 für den Gastgeber entschied. DerGrosskunde hatte somit die meisten seiner Gewinn-kombinationen durchgebracht. Der leitende Schieds-richter war ein Herr Robert Hoyzer aus Berlin. Beiweiterer Untersuchung des Sachverhalts konnte festge-stellt werden, dass es in der Woche 23/2004 ebenfallszu Unregelmässigkeiten gekommen sein könnte. […]Durch das 3:2 gewann auch hier der Berliner Gross-kunde die meisten seiner Kombinationen. Auch diesesSpiel wurde von Herrn Robert Hoyzer aus Berlin gelei-tet. Bei beiden Spielen erfolgten die Grosseinsätze aus-schliesslich in Berlin. Die Gewinnausschüttung war inbeiden Wochen in Berlin deutlich höher als im rest-lichen Bundesgebiet.»

Es erscheint zweifelhaft, ob der DFB allein auf-grund dieser Mitteilung bereits im August 2004 denSchiedsrichter Hoyzer von seinen weiteren Aufgabenhätte entbinden müssen. Ein ausdrücklicher Verdachtwird in dem Fax nicht geäussert. Zudem ist zu beden-ken, dass bis zu diesem Zeitpunkt in Deutschland nochkein Fall der Beteiligung eines Schiedsrichters anSpielmanipulationen bekannt geworden war. Erfahrun-gen mit Spielmanipulationen hatte man zwar bereits imeuropäischen Ausland gesammelt34, aber auch hierauslässt sich kaum ein konkreter Hinweis auf eine zwin-gende Beteiligung des Schiedsrichters ableiten. Zudemist zwischen dem DFB und dem staatlichen Wettanbie-ter streitig, ob Letzterer bereits im August 2004 dieKriminalpolizei einschaltete, ob dieser Umstand gege-

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31 BGH VersR 1961, 330, 332; vgl. auch WAGNER (Fn. 26), § 831 Rn. 29, 34.

32 Vgl. hierzu www.spiegel.de/sport/fussball/0,1518,grossbild-431725-339499,00.html (besucht am 1. 2. 2005).

33 Zu einer Kopie des Fax vgl. www.spiegel.de/sport/fussball/0,1518,grossbild-431725-339499,00.html (besucht am 1. 2.2005).

34 Vgl. FAZ vom 2. 2. 2005, S. 32 («Da ist noch was: Der ver-steckte Fussball-Skandal 2004 in Portugal»); FAZ vom 3. 2.2005, S. 36 («Im Land von Toto nero: Italien reagiert ge-langweilt auf den Wettskandal in der Bundesliga»).

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benenfalls dem DFB bekannt gemacht wurde und wel-che Massnahmen der Verband daraufhin ergriff35. InUnkenntnis dieser Umstände ist keine seriöse Aussagedazu möglich, wie sich ein polizeiliches Ermittlungs-verfahren auf die Prüfungspflichten des DFB ausge-wirkt haben könnte. Damit wird es letztlich von dengesamten Umständen des Einzelfalls abhängen, ob derDFB den Entlastungsbeweis führen könnte.

4.2.2.2.1 Der Fall Dominik Marks

Gleichfalls im August 2004 soll nach Presseberichten36

der Bundesligaklub Arminia Bielefeld den DFBschriftlich aufgefordert haben, den inzwischen ge-sperrten Berliner Schiedsrichter Dominik Marks abzu-setzen. Gegenstand der Beschwerde sollen «unzähligeFehlentscheidungen» des Schiedsrichters im Regional-ligaspiel zwischen den Amateuren von Hertha BSCund Bielefeld am 11. 8. 2004 gewesen sein. Bielefeldsoll seinerzeit den DFB aufgefordert haben, denSchiedsrichter Marks nur weit unterhalb der drittenLiga einzusetzen. Daraufhin soll der Schiedsrichter-Obmann des DFB mitgeteilt haben, dass es ArminiaBielefeld nicht zustehen würde, die Schiedsrichter undihre Ansetzungen in diesem Masse zu kritisieren. In-zwischen wird Marks nicht nur die Manipulation desgenannten, sondern auch noch einer Zweitligapartieam 3. 12. 2004 zur Last gelegt. Auch in diesem Fallkann erst in Kenntnis sämtlicher Einzelfallumständeeine Aussage zu den Erfolgsaussichten einer Exkul-pation des Verbandes getroffen werden. Am 9.3.2005wurde der Schiedsrichter Marks verhaftet. Er steht un-ter dem Tatverdacht des gewerbsmässigen und banden-mässigen Betrugs in drei Fällen und der versuchtenVerabredung von Verbrechen und Geldwäsche, bestrei-tet jedoch sämtliche Vorwürfe37.

4.3 Gegenüber dem Ligaverband

Soweit den Spielverlauf manipulierende Schiedsrichterim Rahmen von Spielen der Bundesliga oder der 2. Bundesliga eingesetzt werden, gelten die Ausführun-gen in Abschnitt 4.2.1 entsprechend. Denn bei der Gel-tendmachung deliktischer Schadensersatzansprüche istder Geschädigte – anders als bei vertraglichen Scha-densersatzansprüchen – nicht auf Anspruchsgegner be-schränkt, zu denen er in vertraglichen Beziehungensteht. Darüber hinaus scheidet eine Haftung des Liga-

verbandes nach § 831 Abs. 1 Satz 1 BGB aus. Zumeinen haben die Schiedsrichter Verrichtungsgehilfen-eigenschaft allenfalls im Verhältnis zum DFB, zumanderen kommt der DFB nicht als Verrichtungsgehilfedes Ligaverbandes in Betracht. Denn der Dachverbandkönnte zwar als selbständiges Unternehmen ohne wei-teres Erfüllungsgehilfe des Ligaverbandes sein (vgl.bereits Abschnitt 3.3), eine Qualifikation als Ver-richtungsgehilfe scheitert jedoch an der fehlendenAbhängigkeit und Weisungsgebundenheit des DFB imVerhältnis zum Ligaverband.

5. Fazit

Die Manipulation von Spielausgängen durch besto-chene oder bestechliche Schiedsrichter hat nunmehrauch den deutschen Fussballsport erfasst. Die damit fürden betroffenen Schiedsrichter, den DFB sowie den Ligaverband verbundenen Haftungsrisiken sind unter-schiedlich ausgestaltet. Schadensersatzansprüche ge-gen einen solchen – zumal geständigen – Schieds-richter sind gleichwohl nicht unproblematisch,aufgrund des regelmässig begrenzten Privatvermögensindes wirtschaftlich eher von geringem Interesse. At-traktiver erscheinen insoweit gegen den DFB oder denLigaverband e.V. zu richtende Schadensersatzansprü-che. Aber auch diese sind mit erheblichen Unwägbar-keiten – insbesondere bezüglich des Nachweises derhaftungsausfüllenden Kausalität – behaftet.

Am 11. 2. 2005 hat der Hamburger Sportverein vordem DFB-Schiedsgericht seinen Einspruch gegen dieWertung des DFB-Pokalspiels gegen den SC Pader-born, das dem Erstligisten im August 2004 ein frühesPokalausscheiden beschert hatte, zurückgezogen. ImGegenzug ist dem HSV durch den DFB als Wieder-gutmachung eine finanzielle Entschädigung zugespro-chen worden, die sich bei wirtschaftlicher Betrachtungauf einen Betrag in Höhe von insgesamt 2 MillionenEuro belaufen soll. Aus rechtlicher Sicht ist die Höhe

35 Vgl. www.spiegel.de/sport/fussball/0,1518,druck-340601,00.html (besucht am 7. 2. 2005).

36 Vgl. stellvertretend FAZ vom 17. 2. 2005, S. 34 («DieSchiedsrichterzunft schwankt zwischen Selbstreinigungund Korpsgeist»).

37 Vgl. FAZ v. 11. 3. 2005 («Schiedsrichter dringend verdäch-tig – Haftbefehl gegen Dominik Marks»).

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der Entschädigung nach den vorangegangenen Er-wägungen nur bedingt nachvollziehbar, erst bei Be-rücksichtigung der verbandspolitischen Auswirkun-gen erscheint sie angemessen. Aber wie oft kann (odermuss) sich ein Verband solch kostenintensive Prob-lemlösungen leisten? Hierbei ist jedoch dem besonde-ren Umstand Rechnung zu tragen, dass der Schieds-richter Robert Hoyzer eigene Manipulationenanlässlich dieses von ihm geleiteten Pokalspiels zuge-geben hatte.

In der Folge haben zahlreiche Vereine, die in ande-ren, von dem gleichen Schiedsrichter geleiteten Par-tien (DFB-Vereinspokal, 2. Bundesliga, Regionalliga)jeweils unterlegen waren, Einspruch gegen die Wer-tung der betreffenden Spiele vor dem DFB-Sport-gericht eingelegt. In den meisten Fällen hat allerdingskein Geständnis des Schiedsrichters Hoyzer vorgele-gen. Vermutlich aufgrund der damit verbundenenBeweisprobleme sind beispielsweise fünf von sechsEinsprüchen, über die am 25. 2. 2005 verhandelt wer-den sollte, zurückgezogen worden. Der Einspruch desFC St. Pauli gegen die Wertung des Regionalliga-Spiels gegen den VfL Osnabrück wurde zurückgewie-sen, da der Antragsteller beweispflichtig gebliebenwar und der Schiedsrichter selbst keine Manipulationzugegeben hatte38.

Damit stellt sich die Situation derzeit (Stand: 21. 3.2005) folgendermassen dar: Der Hamburger Sportver-ein erhält als Ausgleich für das von SchiedsrichterHoyzer manipulierte Spiel im DFB-Vereinspokal ge-gen den SC Paderborn eine finanzielle Entschädigung.Hinsichtlich der Zweitligapartie der laufenden Saisonzwischen LR Ahlen und Wacker Burghausen (1:0) undder Regionalliga-Partie zwischen den Amateuren vonHertha BSC und Bielefeld (2:1), bei denen Hoyzergleichfalls Manipulationen eingeräumt hatte, hat dasDFB-Sportgericht auf Antrag der unterlegenen Ver-eine die Gültigkeit der Spiele revidiert und Spiel-wiederholungen angeordnet. Gegen diese Entschei-dung hat sodann LR Ahlen beim DFB-Bundesgerichterfolglos Rechtsmittel eingelegt, nunmehr soll einSchiedsgericht angerufen werden. Insgesamt sind darüber hinaus dreizehn weitere Einsprüche gegenSpiele im DFB-Vereinspokal, in der Bundesliga undder 2. Bundesliga sowie in der Regionalliga eingelegtworden. Die meisten Einsprüche sind inzwischendurch die Antragsteller zurückgezogen worden, in drei Fällen wurde der Einspruch mangels Beweisen

zurückgewiesen. In verschiedenen Verfahren sindRechtsmittel eingelegt worden, über die noch nichtentschieden worden ist.

Die teilweise erstaunlich detaillierten Statuten derbeteiligten Verbände enthalten bislang keine Regelun-gen, die auf die Anfang 2005 in Deutschland aufgetre-tene (Haftungs-)Problematik zugeschnitten sind. Diesgilt auch für die entsprechenden Haftungsausschluss-klauseln in der Satzung des DFB sowie den Lizenzver-trägen des Ligaverbandes (vgl. Abschnitte 3.2.3 und3.3.3). Die rechtliche Bewertung der Haftungsproble-matik wird durch die im Laufe der Zeit gewachsenenkomplexen rechtlichen Beziehungen zwischen sämt-lichen Betroffenen – DFB, Ligaverband, Bundesliga-Lizenzvereine und -Kapitalgesellschaften, Schieds-richter – nur unwesentlich erschwert. Eine Anbindungdes Schiedsrichterwesens für Bundesspiele an den Li-gaverband e.V. wird bereits diskutiert.

Das Risiko von Sportwettkämpfen und Spielausgän-gen, die von Schiedsrichtern manipuliert worden sind,wird sich auch künftig nicht völlig ausschliessen las-sen39. Überaus problematisch ist neben der Verschul-densfrage der Umstand, dass infolge Manipulationenaufgetretene Schäden sich selbst im Fall von zeitnahenerneuten Spielansetzungen nur in begrenztem Umfangausgleichen lassen (vgl. etwa Abschnitte 3.2.2 und3.3.2). In den manipulierten Spielen oder in derenFolge werden regelmässig kaum mehr umkehrbareFakten geschaffen (z.B. Qualifikation für die nächstePokalrunde; Erreichen eines Aufstiegs-/Abstiegsran-ges in der Abschlusstabelle; berechtigte oder unberech-tigte Gelbe und Rote Karten, die zu Spielsperren fürdie betroffenen Spieler führen), die sich mit zuneh-mender Dauer des Wettbewerbs auf weitere – nicht ma-nipulierte – Spiele oder gar den Spielbetrieb in dernachfolgenden Saison auswirken. Selbst wenn letztlichSchäden einzelner Ligamitglieder offensichtlich sind,lassen sich diese kaum beziffern, der Kausalitätsnach-weis ist ungewiss. Hier kann man sicherlich mit Be-weiserleichterungen und der Schadensermittlung nach§ 287 ZPO begrenzt weiterhelfen. Die Imageschäden der

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38 Vgl. hierzu www.spiegel.de/sport/fussball/0,1518,343747,00html (besucht am 28. 2. 2005).

39 Dies gilt auch für den Fall, dass man der Forderung des Fifa-Präsidenten und des Fifa-Exekutivkomitees nach Einführungvon Profi-Schiedsrichtern – vgl. hierzu FAZ v. 25. 2. 2005, S. 35 und FAZ v. 9.3.2005, S. 36 – nachkommen sollte.

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Verbände lassen sich auf diese Weise allerdings nichtbeheben. Letztlich könnte der den Ligasport beherr-schende Solidaritätsgedanke Lösungsansätze bieten, er

würde hierbei jedoch vor eine Belastungsprobe mit un-gewissem Ausgang gestellt.

The manipulation of match results by bribed or cor-ruptible referees has now reached the sport of soccerin Germany. This gives rise to liability risks, especiallyfor the referees concerned, for the German football as-sociation – the Deutsche Fussball Bund (DFB) – andalso for the league association – Ligaverband e.V. –which take in the clubs and listed companies of theGerman Bundesliga (first division) and second divi-sion. Claims for damages against the referee are notreally an attractive economic proposition, since thereferee will generally only have limited personal as-sets. Asserting claims for damages vis-à-vis the DFBor the Ligaverband e.V., by contrast, involves a consi-derable number of imponderables. One problem is thatof providing the necessary proof of the referee’s cor-

ruptibility. Even if the referee has made a confession –as in the Hoyzer case – it is doubtful whether thesports clubs can be convicted to have committed abreach of duty and whether a causal relationship canbe proven to exist between their breach of duty and thedamage that has occurred, which must be presented ina substantiated manner. Is the alleged damage actuallycovered by the protective function of the standard thathas been infringed? Even a prompt match replay willnot permit the damage that has been caused to be rec-tified in cases where irreversible facts have comeabout in the manipulated matches or subsequent tothese (qualification for the next round of the cup, forinstance). Compensation payments enforced by thecourts will ultimately remain the exception.