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Prof. Dr. Oliver Scheytt, Isabel Ufer: Praktikanteneinsatz in Kulturbetrieben. Empfehlungen für einen wechselseitigen Erfolg

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Page 1: Prof. Dr. Oliver Scheytt, Isabel Ufer: Praktikanteneinsatz in Kulturbetrieben. Empfehlungen für einen wechselseitigen Erfolg

Organisation und Personal E 2.2

Organisationsentwicklung

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Praktikanteneinsatz in Kulturbetrieben

Empfehlungen für einen wechselseitigen Erfolg

Prof. Dr. jur. Oliver Scheytt, Isabel Ufer

Der Nutzen, die Chancen und die Möglichkeiten eines Praktikums in einer Kulturinstitution werden in diesem Beitrag beschrieben. Durch die jeweilige Sichtweise des Praktikanten bzw. des Arbeitge-bers wird polarisiert und auf Einsatzmöglichkeiten sowie Probleme aufmerksam gemacht.

Gliederung Seite

1. Das Praktikum als ein relevanter Entwicklungsfaktor im Kulturbetrieb 2 1.1 Formen von Praktika 2 1.2 Praktikanteneinsatz als Entwicklungsfaktor 3 1.3 Was bedeutet ein Praktikum für die kulturelle Einrichtung? 4 1.4 Was bedeutet ein Praktikum für den Praktikanten? 5 2. Praktikanteneinsatz – Tätigkeitsfelder 6 2.1 Analyse und Anforderungsprofile 6 2.2 Innerbetriebliche Einsatzfelder 7 2.3 Praxisbeispiel RUHR.2010 GmbH 9 3. Chancen vs. „Generation Praktikum“ 11 3.1 Vor- und Nachteile aus Sicht des Kulturbetriebes 12 3.2 Vor- und Nachteile aus Sicht des Praktikanten 13 4. Checklisten für ein erfolgreiches Praktikum 14 4.1 Hilfestellung für Praktikumsbetriebe 14 4.2 Hilfestellung für Praktikumssuchende 16 5. Resümee 17

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Organisationsentwicklung

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1. Das Praktikum als ein relevanter Entwicklungsfaktor im Kulturbetrieb

1.1 Formen von Praktika

Praktikum ist nicht gleich Praktikum: Auch in Kulturbetrieben kann ein Praktikum verschiedene Formen annehmen. Pflichtpraktikum im Studium, Praktikum als Voraussetzung zur Aufnahme eines Studiums, freiwilliges Praktikum, Volontariat oder Traineeship sind in kulturellen Einrichtungen denkbar.

Übersicht über Praktikumsarten

• Pflichtpraktikum: Vor allem an Fachhochschulen sind Praktika integraler Bestandteil des Studiums. Das an der Hochschule theore-tisch Erlernte soll praktisch erprobt und verfestigt werden. Die Vorgaben für Pflichtpraktika legt jede Hochschule selbst fest – sie variieren meist in Dauer, Zeitpunkt, Dokumentation, Inhalt und Anerkennung.

• Vorpraktikum: Das Vorpraktikum und damit erste praktische Er-fahrungen im Kulturbetrieb sind für manche Studiengänge Voraus-setzung für eine Studienplatzbewerbung bzw. Immatrikulation für das gewählte Studienfach.

• Freiwilliges Praktikum: Unabhängig von Studien- und Ausbil-dungsinhalten bietet ein freiwilliges Praktikum im Kulturbereich verschiedene Chancen (s. 3.).

• Volontariat: Das Volontariat schließt meist an das Studium an, ist jedoch noch Teil der Ausbildung und mit 18-24 Monaten vom zeit-lichen Aufwand schon von einem „klassischen“ Praktikum zu un-terscheiden.

• Traineeship: Ähnlich wie das Volontariat ist ein Traineeprogramm vor allem für die Förderung junger Hochschulabsolventen gedacht, die durch den Einsatz in verschiedenen Abteilungen vor allem für Führungspositionen ausgebildet werden.

Ein Praktikum im Kulturbetrieb kann somit sehr differenzierte Formen annehmen und lässt sich dementsprechend flexibel an die jeweiligen Strukturen und Bedürfnisse der Institution angleichen.

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1.2 Praktikanteneinsatz als Entwicklungsfaktor

Der Praktikanteneinsatz in Kultureinrichtungen kann in mehrfacher Hinsicht als Entwicklungsfaktor relevant werden. Aufgabe des Be-triebs ist es, den Praktikanten weiterzubilden, ihm Einblicke in den Alltag des Berufslebens zu gewähren. Auf der anderen Seite können insbesondere in expandierenden kulturellen Organisationen und Insti-tutionen mit saisonal abhängiger Beschäftigung Praktikanten wichtige Arbeitskraft mit einbringen.

Gerade hinsichtlich möglicher Mitarbeiterrekrutierung bietet ein Prak-tikum dem Arbeitgeber über einen längeren Zeitraum die Möglichkeit, potenzielle Angestellte besser kennenzulernen, als durch gängige Be-werbungsunterlagen und Vorstellungsgespräche. Auf diese Weise kön-nen Kulturbetriebe ihren Nachwuchs beäugen und den Aufwand für die Personalsuche erheblich einschränken. Die oft sehr lange Einarbei-tungsphase entfällt durch die bereits vorher im Praktikum gesammel-ten Erfahrungen und Eindrücke – außerdem die Eingewöhnung in die Strukturen der Organisation.

Dabei sind die jungen – zumeist Hochschulabsolventen oder Studen-ten – gleichzeitig Träger neuer Impulse, die sie von jahrelangen „be-triebsblinden“ Mitarbeitern unterscheiden. Ein Praktikant im Kultur-betrieb bringt frischen Wind in fest gefahrene Strukturen und kann Schwachstellen und Verbesserungsmöglichkeiten häufig schnell er-kennen. Für die Entwicklung eines kulturellen Betriebes sind die Er-gebnisse und Forschungsmethoden der Kulturwissenschaften ent-scheidend. Ein studentischer Praktikant ist je nach Studienrichtung beispielsweise mit Methoden zur Besucherbefragung oder Zielgrup-penanalyse vertraut und kann die theoretisch erlernten Inhalte prak-tisch anwenden.

Insbesondere in Kulturbetrieben mit Projektarbeit sind Praktikanten gefragt – können sie in Stoßzeiten die Projektteams um wertvolle Ar-beitskraft ergänzen und stärken. Ein Beispiel dafür ist die Mitarbeit in Projektteams von Theater- oder Musikfestivals, die meist saisonal bedingt einen variierenden Bedarf an Teammitgliedern haben. Dieser zeitlich begrenzte Bedarf entspricht häufig den Vorstellungen der Praktikanten für eine bestimmte Einsatzdauer. Urlaubszeiten anderer Mitarbeiter können entlastet und auch liegen gelassene Aufgaben und Arbeitsfelder durch Praktikanten aufgearbeitet werden. Dabei kann der Praktikant den Auftrag für eine selbstständige Projektarbeit übertragen bekommen und somit seine Arbeit selbstverantwortlich ausführen.

Entwicklungsfaktor: Mitarbeiterrekrutierung

Entwicklungsfaktor: Neue Perspektiven

Entwicklungsfaktor: Entlastung

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E 2.2 Organisation und Personal

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Nicht zu vergessen ist die nicht unerheblich Kosteneinsparung, die ein Praktikant im Gegensatz zu einem fest angestellten Mitarbeiter mit sich bringt. Die hohen Lohnnebenkosten eines Festangestellten entfal-len und eine gesetzlich festgelegte Praktikantenvergütung gibt es nicht. Allerdings gibt es in diesem Punkt verschiedene Meinungen, deren Gegenüberstellung allerdings erst in Kapitel 3 erfolgt. Fakt ist, dass Praktikanten zumeist die billigste Lösung für Engpässe oder sonstige zeitweise Beschäftigung sind.

1.3 Was bedeutet ein Praktikum für die kulturelle Einrichtung?

Mit dem Einsatz von Praktikanten in Kulturbetrieben sind einige Er-wartungen und Ansprüche verbunden. Neben den eben genannten Entwicklungsfaktoren, die durch den gezielten Praktikanteneinsatz mobilisiert werden können, bedeutet die Einrichtung eines Praktikan-tenplatzes zunächst einmal die Aufstellung eines Aufgabenbereiches im Abgleich mit den jeweiligen Qualifikationen des Praktikanten.

Die Bedeutung für die Institution kann je nach Ausgestaltung des Praktikums und je nach kultureller Branche variieren: So kann der Praktikant etwa unersetzliches Teammitglied in einer Spielzeit sein oder auch lediglich Teil einer ganzen Gruppe von regelmäßig wech-selnden Praktikanten.

Die Einarbeitung, Betreuung und Beschäftigung des Praktikanten kann für einen – oftmals kleinen – kulturellen Betrieb aber auch ein

Argument sein, auf eine solche Stelle zu ver-zichten. Es können einfache Probleme sein, wie die Verfügbarkeit eines zusätzlichen Ar-beitsplatzes oder der Einsatz in einem be-stimmten innerbetrieblichen Bereich, die auch die Einrichtung einer Praktikantenstelle erschweren oder sogar unmöglich machen.

Entwicklungsfaktor: Kosteneinsparung

Aufgabendefinition

Probleme

Beeinflussung

Wichtig ist in jedem Fall, dass sowohl dem Un-ternehmen, als auch dem Praktikanten im Vor-hinein klar ist, welche Aufgaben, Bereiche und Schwerpunkte Bestandteile des Praktikums sind. Praktika sind für die meisten Institutionen nicht nur reine Ausbildung von zeitweise integ-rierten – zumeist jungen – Menschen. Sie ge-winnen externe neue Arbeitskräfte hinzu, die die Entwicklung des Betriebes in unterschiedlicher Weise beeinflussen können.