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Prof. Dr. Werner Sacher Prof. Dr. Werner Sacher Elternarbeit mit Elternarbeit mit „schwer erreichbaren“ Eltern „schwer erreichbaren“ Eltern Workshop im Rahmen im Rahmen der Tagung „Schule ohne Eltern ist wie Segeln ohne Wind“ des Regionalen Übergangsmanagements Mansfeld-Südharz am 23. 04. 2013

Prof. Dr. Werner Sacher Elternarbeit mit schwer erreichbaren Eltern Workshop im Rahmen im Rahmen der TagungSchule ohne Eltern ist wie Segeln ohne Wind

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Prof. Dr. Werner SacherProf. Dr. Werner SacherElternarbeit mitElternarbeit mit

„schwer erreichbaren“ Eltern„schwer erreichbaren“ Eltern

Workshop im Rahmen im Rahmen der Tagung „Schule ohne Eltern ist wie Segeln ohne Wind“

des Regionalen ÜbergangsmanagementsMansfeld-Südharz am 23. 04. 2013

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I. Verständnis und UrsachenI. Verständnis und Ursachenvon „Schwererreichbarkeit“von „Schwererreichbarkeit“

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NachbarschaftsaustauschNachbarschaftsaustausch

Welche Gruppen von Eltern sind schwererreichbar?

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„Schwererreichbar“ sind

• eher Eltern von Gymnasiasten u. Realschülern als Eltern von Grund- u. Hauptschülern

• eher Eltern von guten Schülern als Eltern von schwachen Schülern

• eher bildungsnahe Eltern als bildungsferne Eltern• Eher Eltern mit Migrationshintergrund als Eltern

ohne Migrationshintergrund

Bayer. Repräsentativstudie (Sacher 2004)

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• Manifeste „Schwererreichbarkeit:weitgehende Vermeidung von Kontakten äußere Emigration

• Latente „Schwererreichbarkeit“:ritualisierte Kontakte, die nur des äußeren Anscheins wegen unterhalten werden innere Emigration

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Arten von „Schwererreichbarkeit“

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Latent „schwererreichbar“ sind

• eher Eltern von Gymnasiasten als alle anderen• eher Eltern von schwachen Schülern als Eltern von

guten Schülern• eher Bildungsferne Eltern als bildungsnahe Eltern• eher Eltern mit Migrationshintergrund als Eltern

ohne Migrationshintergrund

Bayer. Repräsentativstudie (Sacher 2004)

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„Schwererreichbarkeit“ ist keine Persönlichkeitseigenschaft,sondern kommt zustandedurch Kontaktbarrieren!

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Wovon Elternengagement für die Bildung der Kinder abhängt

• Motivation der Eltern• Erwünschtheit des Engagements seitens der Schule und

der Kinder• Lebensumstände und Lebensgeschichte der Eltern

Walker, J. M. T., et al. (2005): Parental Involvement: Model Revision through Scale Development. In: The Elementary School Journal, Volume 106, Number 2, pp. 85-104

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Harris & Goodall 2007:• Schlechte aktuelle oder frühere Erfahrungen mit der Schule • Praktische Kontakthindernisse• Eindruck, den Ansprüchen der Schule nicht genügen zu können:

Defizit-Hypothese!• Verhalten von Lehr- und Fachkräften• Reservierte und ablehnende Einstellungen der Kinder und

Jugendlichen• Merkmale der Schule• Desinteresse der Eltern an der Schule• Eindruck, dass die Schule nicht wirklich an Kontakten interessiert

ist.

Kontaktbarrieren für

„schwer erreichbare“ Eltern

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Haack 2007, S.53f.:• Lehrkräfte attribuieren internale Bedingungen für das

Kontaktverhalten der Eltern (unzureichendes Verständnis der Erziehungsverantwortung, Desinteresse, fehlende Kompetenzen usw.) und übersehen externale Bedingungen, welche Kontakte erschweren können.

• Eltern attribuieren externale Bedingungen (Arbeitsbelastung, Zeitmangel, unangemessene Kompetenzerwartungen von Lehrkräften usw.) und übersehen internale Bedingungen, die sie durchaus ändern könnten.

Hinderliche Ursachenzuschreibungen

für „Schwererreichbarkeit “

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II. Maßnahmen zur II. Maßnahmen zur Vermeidung und zum Abbau Vermeidung und zum Abbau von „Schwererreichbarkeit“von „Schwererreichbarkeit“

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• Elternfreundliche Schule bzw. Organisation mit Willkommensatmosphäre• Präzisieren des Ziels, der Erwartungen, des Aufwands für das erwartete

Engagements und des Nutzens für das eigene Kind• Konkrete Maßnahmen, fokussiert auf Lernen und Förderung der Kinder• Sicherung der Zugänglichkeit von Kontaktangeboten durch

– Angemessene Termine: flexible Sprechzeiten, Abende, Samstage u. Wochenenden, vor Beginn der Arbeitszeit und des Unterrichts; ggf. mit den Arbeitgebern verhandeln

– Kinder-Betreuung– Fahrgemeinschaften

• Benutzung der Alltagssprache, Vermeiden von Fachsprache und Amtsdeutsch• Bevorzugung individueller Eltern-Lehrer-Kontakte od. zumindest der Arbeit mit

kleinen Gruppen (6-8)• Pflegen informeller Kontakte• Ansprechen ausgewählter Zielpersonen in den schwer erreichbaren Gruppen

1. Klare und nachdrückliche Elternarbeit:

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• Nicht Eltern haben Hol- und Bringschuld für Information• Anrufe bei Eltern• Individuelle Briefe, E-Mails, SMS• Offizielle Einladung + persönliche Ansprache• Präsenz an Plätzen und bei Veranstaltungen in der Gemeinde, wo

man die Eltern trifft: Nachbarschaftszentren, Kulturveranstaltungen, Sportveranstaltungen

• Angebot von Gesprächen in der Nachbarschaft, in Restaurants, Cafès, Bibliotheken etc.

• Einladung an der Wohnungstür• Hausbesuche

2. Auf Eltern zugehen

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Schulbasierte Elternaktivitäten:• Beitrag von Eltern zu einzelnen Unterrichtsstunden• Gruppenbetreuung im binnendifferenzierten Unterricht (z. B.

als Lese- oder Spielmütter)• Betreuung von Förder-, Nachhilfe- oder

Hausaufgabengruppen• Mitarbeit in Projekten und Arbeitsgemeinschaften

Heimbasierte Elternaktivitäten:• Hohe Erwartungen / starkes Zutrauen der Eltern• Autoritativer Erziehungsstil (Baumrind 1991)• Bildungsfreundliche Atmosphäre• Kommunikation mit dem Kind

3. Aktivierende Elternarbeit

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• Einbeziehung von Großeltern, älteren Geschwistern, anderen Familienmitgliedern, Nachbarn und Freunden

– Einladen zu Gesprächen und Veranstaltungen

– Projekte mit ganzen Familien

– Gemeinsame Exkursionen: zu kulturellen Einrichtungen, Bürgerzentren, Sportvereinen, Betreuungs- und Beratungseinrichtungen, Religionsgemeinschaften, Betrieben …

• Interesse an den Familien und ihren Bedürfnissen zeigen, ggf. auch auf andere Probleme eingehen (Wohnung, Arbeit ...)

4. Familienzentrierte Elternarbeit

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• Vernetzung der Professionals:– Einbeziehung von Lehrkräften und päd. Fachkräften mit

Migrationshintergrund– Kooperation mit lokalen Institutionen und Partnern (Einrichtungen der

Erziehungshilfe, Sozialhilfe, Jugendfürsorge und Jugendhilfe, – Wohlfahrtsverbänden, Arbeitsagenturen, Wirtschaftsverbänden, kirchlichen

Einrichtungen, Kulturvereinen, Jugendgruppen usw.)

• Vernetzung der Eltern:– Förderung von Peer-to-peer-Kontakten– Einbindung in Helfer-Netzwerke, Nachbarschaftsnetzwerke,

Stadtteilnetzwerke etc.– Organisation informeller Treffen bei Respektspersonen, Elterntreffs,

Erzählcafés– Organisation von Beratung und Betreuung durch Elternbetreuer, Aktiveltern,

Bildungslotsen, Elternmentoren, „parent liaisons“, „Home school worker“ etc.

5. Vernetzung

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• Volle Einbindung der Eltern (auch der „schwererreichbaren“) in alle Entscheidungsprozesse: bei Zielsetzungen, Evaluation, Schulentwicklung usw.

• Kommunikation und Zusammenhalt der Eltern untereinander verbessern!

• Initiativen der Elternschaft unterstützen und organisieren• Eltern Verantwortung für andere Eltern übertragen.

6. Zusammenhalt in der Elternschaft stärken

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7. Lösungsorientierte Elternarbeit

(Ellinger 2002)

• Entwicklung von Vorstellungen des gewünschten Zustandes

• Wahrnehmungsveränderung: Spuren des gewünschten Zustandes in Vergangenheit u. Gegenwart positive Veränderung des Blicks auf Gegenwart u. Zukunft

• Anregen eigener Handlungen: Akzeptanz von Problemen als etwas ganz Normales Erste kleine Veränderungen durch Eltern Übertragung der Problemlösefähigkeit auf andere Lebensbereiche

Selbstvertrauen, Erfahrung von Selbstwirksamkeit („Empowerment“)

Fokussierung auf Lösungen statt auf Ursachen!

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Literatur

Baumrind, D. (1991). Parenting styles and adolescent development. In: Brooks-Gunn, J.; Lerner, R.; Peterson, A. C. (Eds.): The encyclopedia of adolescence. New York: Garland, pp. 746–758.

Ellinger, S. (2002): Lösungsorientierte Elternarbeit in der Ganztagsschule. In: Zeitschrift für Heilpädagogik, 53, 12, S.486-493.

Haack, M. K. (2007): Parents’ and Teachers’ Beliefs about Parental Involvement in Schooling. Dissertation Presented to the Faculty of The Graduate College at the University of Nebraska. Lincoln, Nebraska, May, 2007.

Harris, A.; Goodall, J. (2007): Engaging Parents in Raising Achievement. Do Parents Know They Matter? University of Warwick.http://www.dcsf.gov.uk/research/data/uploadfiles/DCSF-RW004.pdf

Sacher, W. (2004): Elternarbeit in den bayerischen Schulen. Repräsentativ-Befragung zur Elternarbeit im Sommer 2004. Nürnberg: Lehrstuhl für Schulpädagogik (SUN Schulpädagogische Untersuchungen Nürnberg, Nr. 23).

Sacher, W. (2008): Elternarbeit. Gestaltungsmöglichkeiten und Grundlagen für alle Schularten. Bad Heilbrunn: Klinkhardt.

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Literatur

Sacher, W. (2011): „Schwererreichbare“ Eltern – Kontaktbarrieren und Zugänge. In: Lernchancen 14, 83, S.36 – 39.

Sacher, W. (2012): Schule: Elternarbeit mit schwer erreichbaren Eltern. In: W. Stange, R. Krüger, A. Henschel, C. Schmitt: Erziehungs- und Bildungspartnerschaften. Elternarbeit in Kooperation von Schule, Kita, Jugendhilfe und Familie. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften, S.297 – 303.

Sacher, W. (2012): An manche Eltern und Familien kommt man einfach nicht heran… Vorurteile, Kontaktbarrieren und Zugänge bei sogenannter Schwererreichbarkeit. In: AJS-Informationen. Analysen, Materialien, Arbeitshilfen zum Jugendschutz, 1 / 2012, S.4 – 8.

Sacher, W. (2013): „Schwererreichbarkeit“ – eine unüberwindliche Grenze der Elternarbeit? In: Pädagogik 5/2013, Beltz-Verlag (im Druck).

Walker, J. M. T.; Wilkins, A. S.; Dallaire, J. R.; Sandler, H. M.; Hoover-Dempsey, K. V. (2005): Parental Involvement: Model Revision through Scale Development. In: The Elementary School Journal, Volume 106, Number 2, pp. 85-104.