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6 Einsatz von CAE-Systemen 6.1 Einführung Bei der Projektierung von Automatisierungsanlagen sind Basic- bzw. Detail-Engineer- ing bevorzugte Einsatzgebiete für CAE-Systeme. Zweckmäßigerweise wird zwischen CAE-Systemen für den Entwurf von Steuer- bzw. Regelalgorithmen und CAE-Syste- men für die Erarbeitung von Unterlagen für das Basic- sowie Detail-Engineering un- terschieden. Bekannte Systeme für den Entwurf von Steuer- bzw. Regelalgorithmen sind z. B. MATLAB Simulink [62], WinFact [63] und WinMOD [64]. Schwerpunkt der sich anschließenden Betrachtungen sind jedoch CAE-Systeme für die Erarbeitung von Unterlagen für das Basic- sowie Detail-Engineering. Bezüglich der CAE-Systeme für den Entwurf von Steuer- bzw. Regelalgorithmen wird auf o. g. CAE-Systeme ver- wiesen. 6.2 Typischer Funktionsumfang 6.2.1 Überblick Vergleicht man bekannte CAE-Systeme für die Erarbeitung von Unterlagen für das Basic- sowie Detail-Engineering wie z. B. EPLAN PPE [65] bzw. PRODOK [66] mitein- ander, so lassen sich typische Funktionen erkennen, die in nahezu allen CAE- Systemen der gleichen Leistungsklasse vorhanden sind und hier unter dem Begriff „typischer Funktionsumfang“ zusammengefasst werden. Da ein Teil der Projektie- rungsunterlagen (vgl. Bild 2-5 auf S. 8) beim Basic- und ein Teil beim Detail- Engineering erarbeitet wird, sind im typischen Funktionsumfang sowohl Funktionen für Basic- als auch für Detailengineering enthalten. Für das Basic-Engineering werden im Wesentlichen Funktionen für die Erarbeitung von z. B. x EMSR-Stellenliste, x Signalliste, x Verbraucherliste, x EMSR-Stellenblättern, x Geräteliste usw. benötigt. Darüberhinaus unterstützen manche CAE-Systeme beim Basic-Engineering auch die Erarbeitung von R&I-Fließschemata. Beim Detail-Engineering handelt es sich im Wesentlichen um Funktionen für die Erar- beitung von x EMSR-Stellenplänen sowie x Montageunterlagen (Kabelliste, Kabel- sowie Klemmenpläne, Schaltschranklay- outs). Es ist daher zweckmäßig, nachfolgend den typischen Funktionsumfang detaillierter und dabei jeweils getrennt für Basic- bzw. Detail-Engineering zu betrachten. T. Bindel, D. Hofmann, Projektierung von Automatisierungsanlagen, DOI 10.1007/978-3-8348-2082-2_6, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2013

Projektierung von Automatisierungsanlagen || Einsatz von CAE-Systemen

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Page 1: Projektierung von Automatisierungsanlagen || Einsatz von CAE-Systemen

6 Einsatz von CAE-Systemen

6.1 Einführung Bei der Projektierung von Automatisierungsanlagen sind Basic- bzw. Detail-Engineer-ing bevorzugte Einsatzgebiete für CAE-Systeme. Zweckmäßigerweise wird zwischen CAE-Systemen für den Entwurf von Steuer- bzw. Regelalgorithmen und CAE-Syste-men für die Erarbeitung von Unterlagen für das Basic- sowie Detail-Engineering un-terschieden. Bekannte Systeme für den Entwurf von Steuer- bzw. Regelalgorithmen sind z. B. MATLAB Simulink [62], WinFact [63] und WinMOD [64]. Schwerpunkt der sich anschließenden Betrachtungen sind jedoch CAE-Systeme für die Erarbeitung von Unterlagen für das Basic- sowie Detail-Engineering. Bezüglich der CAE-Systeme für den Entwurf von Steuer- bzw. Regelalgorithmen wird auf o. g. CAE-Systeme ver-wiesen.

6.2 Typischer Funktionsumfang

6.2.1 Überblick

Vergleicht man bekannte CAE-Systeme für die Erarbeitung von Unterlagen für das Basic- sowie Detail-Engineering wie z. B. EPLAN PPE [65] bzw. PRODOK [66] mitein-ander, so lassen sich typische Funktionen erkennen, die in nahezu allen CAE-Systemen der gleichen Leistungsklasse vorhanden sind und hier unter dem Begriff „typischer Funktionsumfang“ zusammengefasst werden. Da ein Teil der Projektie-rungsunterlagen (vgl. Bild 2-5 auf S. 8) beim Basic- und ein Teil beim Detail-Engineering erarbeitet wird, sind im typischen Funktionsumfang sowohl Funktionen für Basic- als auch für Detailengineering enthalten. Für das Basic-Engineering werden im Wesentlichen Funktionen für die Erarbeitung von z. B. EMSR-Stellenliste, Signalliste, Verbraucherliste, EMSR-Stellenblättern, Geräteliste usw.

benötigt. Darüberhinaus unterstützen manche CAE-Systeme beim Basic-Engineering auch die Erarbeitung von R&I-Fließschemata. Beim Detail-Engineering handelt es sich im Wesentlichen um Funktionen für die Erar-beitung von EMSR-Stellenplänen sowie Montageunterlagen (Kabelliste, Kabel- sowie Klemmenpläne, Schaltschranklay-

outs). Es ist daher zweckmäßig, nachfolgend den typischen Funktionsumfang detaillierter und dabei jeweils getrennt für Basic- bzw. Detail-Engineering zu betrachten.

T. Bindel, D. Hofmann, Projektierung von Automatisierungsanlagen,DOI 10.1007/978-3-8348-2082-2_6, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2013

Page 2: Projektierung von Automatisierungsanlagen || Einsatz von CAE-Systemen

198 6 Einsatz von CAE-Systemen

6.2.2 Funktionsumfang für das Basic-Engineering

Bild 6-1 zeigt – im Allgemeinen vom Verfahrensfließschema (seltener vom R&I-Fließschema) in Papierform ausgehend – beispielhaft die Abfolge typischer für das Basic-Engineering benötigter Funktionen (z. B. Anlegen der Anlagenstruktur, Anlegen von EMSR-Stellen, Anlegen von EMSR-Stellenelementen, Generieren von Projektie-rungsunterlagen) und beschreibt auf diese Weise den typischen Funktionsumfang für das Basic-Engineering. Die Produktionsanlage wird im Allgemeinen zunächst auf Basis des meist in Papier-form vorliegenden Verfahrensfließschemas in z. B. Werke, Komplexe, Anlagen, Teil-anlagen, Anlagenteile etc. gegliedert (vgl. auch Bild 3-75 auf S. 101). In diesen Ebe-nen werden die EMSR-Stellen angelegt und die zugehörigen verfahrenstechnischen Daten bzw. Rohrleitungsdaten zusammengetragen. Gleichzeitig mit dem Anlegen von EMSR-Stellen wird das R&I-Fließschema entwickelt. Anschließend wird die EMSR-Stelle instrumentiert, d. h. gemäß Funktionen, die mit den im Bild 3-23 auf S. 40 aufgeführten Kennbuchstaben gekennzeichnet werden, sind in der EMSR-Stelle entsprechende EMSR-Stellenelemente (Geräte) anzulegen und ihnen Spezifikationen zuzuweisen.153 Die in der Angebotsphase benötigten Pro-jektierungsunterlagen werden schließlich unter Verwendung vom Hersteller des CAE-Systems mitgelieferter Formulare154 quasi „auf Knopfdruck“ generiert, d. h. zeitrau-bendes Ausfüllen von Listen entfällt. Parallel zum Anlegen von EMSR-Stellen werden – falls es die projektspezifischen Gegebenheiten erfordern – allgemeine Funktionsplä-ne (z. B. in Form von Programmablaufplänen, Petri-Netzen oder Funktionsplänen der Ablaufsteuerung nach DIN EN 60848 [47]) erarbeitet. Da dies nicht von allen CAE-Systemen für die Projektierung von Automatisierungsanlagen unterstützt wird, wurden die diesbezüglichen Funktionen im Bild 6-1 aus dem typischen Funktionsumfang aus-geklammert.

153 Im Allgemeinen enthalten die CAE-Systeme bereits einen Grundstock an Spezifi-

kationen. 154 Die CAE-Systeme verfügen über Formulareditoren, mit denen Formulare geän-

dert bzw. neu erstellt werden können.

Page 3: Projektierung von Automatisierungsanlagen || Einsatz von CAE-Systemen

6.2 Typischer Funktionsumfang 199

Bild 6-1: Typischer Funktionsumfang für das Basic-Engineering

6.2.3 Funktionsumfang für das Detail-Engineering

Bild 6-2 zeigt – vom Basic-Engineering ausgehend – beispielhaft die Abfolge typischer für das Detail-Engineering benötigter Funktionen (z. B. Einrichten der „Ortswelt“, Ent-wicklung des Verkabelungskonzepts sowie ggf. Zuweisung von Typicals, Generieren von Projektierungsunterlagen) und beschreibt auf diese Weise den typischen Funk-tionsumfang für das Detail-Engineering.

Basis: Verfahrensfließ-

schema (ggf. R&I-Fließschema) in Pa-

pierform

3. Anlegen von EMSR-Stellenelementen (z. B. Sensoren, Messum-former, informationsverarbeitende Komponenten wie SPS-Bau-gruppen, Aktoren, Meldeleuchten, …) sowie Anlegen und Zuwei-sen konkreter Gerätespezifikationen (dadurch gleichzeitig Erfas-sen des elektrischen Energieverbrauchs)

2. Anlegen von EMSR-Stellen und Eingabe der zugehörigen ver-fahrenstechnischen Daten (z. B. Temperaturen, Drücke, Durch-flüsse, …) bzw. Rohrleitungsdaten (z. B. Nennweite, Material, ...), Entwickeln des R&I-Fließschemas

1. Anlegen der Anlagenstruktur (z. B. Werke, Komplexe, Anlagen, Teilanlagen, …)

4. Generieren der in der Angebotsphase benötigten Projektierungs-unterlagen (z. B. EMSR-Stellenliste, Verbraucherliste, EMSR-Stel-lenblätter, EMSR-Geräteliste, Gerätespezifikationen, …)

Page 4: Projektierung von Automatisierungsanlagen || Einsatz von CAE-Systemen

200 6 Einsatz von CAE-Systemen

Bild 6-2: Typischer Funktionsumfang für das Detail-Engineering

Das Verkabelungskonzept ist entsprechend den Hinweisen aus Abschnitt 3.2 (vgl. Bild 3-4, Bild 3-5 sowie Bild 3-6), Abschnitt 4 sowie Anhang 5 zu entwickeln. Ohne Beschränkung der Allgemeinheit werden die Erläuterungen dabei auf elektrische Lei-tungsverbindungen konzentriert, weil sie in analoger Weise auch für pneumatische, hydraulische bzw. optische Leitungsverbindungen gelten (die Dokumentation drahtlo-ser Verbindungen wird im Rahmen des vorliegenden Buches nicht behandelt). Im Allgemeinen umfasst die ebenfalls zu entwickelnde örtliche Gliederung („Ortswelt“) gemäß Abschnitt 3.3.4.4 (Bild 3-76 auf S. 102) sowie Anhang 6 mindestens die Ebe-nen „Feld“:

- Aufstellungsort für die verfahrenstechnischen Komponenten (z. B. Behälter, Apparate, Aggregate),

- Einbauort für Mess- bzw. Stelleinrichtungen, örtliche separate Wandler sowie örtliche Verteiler (in der Feldebene installierte Klemmenkästen),

„Schaltraum“: - Aufstellungsort für Schaltschränke, - Einbauort für SPS-Technik, separate Wandler (z. B. Potentialtrennstufen) so-

wie Rechenglieder,

Basis: Basic-Engineering

3. Entwickeln von EMSR-Stellenplan-Typicals und Zuweisung zu EMSR-Stellen

2. Verbinden der EMSR-Stellenelemente (Geräte) entsprechend Verkabelungskonzept über Kabel, Klemmenleisten, Klemmen und Anschlüsse etc.

1. Entwickeln des Verkabelungskonzepts und Einrichten der „Ortswelt“ (örtliche Gliederung der Automatisierungsanlage)

4. Generieren der für die Abwicklungsphase benötigten Projektie-rungsunterlagen (z. B. EMSR-Stellenpläne, Kabelliste, Kabel- sowie Klemmenpläne,…)

Page 5: Projektierung von Automatisierungsanlagen || Einsatz von CAE-Systemen

6.2 Typischer Funktionsumfang 201

„Prozessleitwarte“: - Aufstellungsort für Schaltschränke, - Einbauort für Komponenten zur Bedienung und Beobachtung (z. B. Kompakt-

regler, Rechentechnik für Bedien- und Beobachtungssysteme von Prozess-leitsystemen).

Jede Ebene kann – abhängig vom konkreten Anwendungsfall – mit Unterebenen un-tergliedert werden (vgl. Anhang 6). Um EMSR-Stellenelemente gemäß Verkabelungs-konzept über Kabel, Klemmenleisten, Klemmen Anschlüsse etc. miteinander verbin-den zu können, werden in Montagegerüsten155, örtlichen Verteilern156 sowie Schalt-schränken und Baugruppenträgern Steckplätze, die wie Platzhalter für die konkreten EMSR-Geräte zu betrachten sind, eingerichtet. Damit die EMSR-Stellenpläne quasi „auf Knopfdruck“ generiert werden können, muss der EMSR-Stelle zuvor meist ein sogenanntes Typical (Stromlaufplan mit Platzhaltern für z. B. Betriebsmittelkennzeichnungen, Gerätebezeichnungen, Anschluss- zw. Klem-menleistenbezeichnungen) zugewiesen werden.157 Kabelliste, Kabel- sowie Klem-menpläne, etc. lassen sich in der gleichen Weise wie EMSR-Stellenliste, Verbraucher-liste, EMSR-Stellenblätter usw. erzeugen. Da nicht jedes CAE-System für die Projektierung von Automatisierungsanlagen das Erstellen von Montageanordnungen (Hook-up’s) bzw. Schaltschrank-Layouts unter-stützt, wurden die diesbezüglichen Funktionen im Bild 6-2 aus dem typischen Funk-tionsumfang ausgeklammert.

155 Montagegerüste werden vorzugsweise als Unterebenen in der Ebene „Feld“ ein-

gerichtet und dienen beispielsweise zur Aufnahme örtlich installierter Messum-former von Messeinrichtungen.

156 Örtliche Verteiler werden wie Montagegerüste vorzugsweise als Unterebenen in der Ebene „Feld“ eingerichtet und dienen im Allgemeinen zur Aufnahme von Klemmenleisten, von denen aus sogenannte Stammkabel zur Ebene „Schalt-raum“ geführt werden (vgl. Abschnitt 3.2, Bild 3-4 bzw. Bild 3-5).

157 Vom Hersteller des CAE-Systems werden i. Allg. Typicals mitgeliefert, die mit gleichfalls mitgelieferten Editoren geändert bzw. neu erstellt werden können.